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Postkartenbuch - Katharina Sommer

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:<br />

<strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

„Arbeiten“ 1996- 2005


Einführung 04-10<br />

„Inhaltsverzeichnis“<br />

HandFest/Hände 11-16<br />

Unbehaust 17-20<br />

Seelenwanderung 21-24<br />

Narziss 25-28<br />

Zwischen Krieg und Frieden 29-30<br />

Zeitzüge Different Trains 31-34<br />

Zwei kleine Könige 35-36<br />

Ktaharina <strong>Sommer</strong> 37-38<br />

Auftritte und Ausstellungsbeteiligungen 39-42


„Arbeiten“ 1996- 2005<br />

<strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> :


04<br />

„Der Blick hinter die Maske - die Seelenheilerin als Performerin“<br />

Mit dem performativen Maskenspiel hat <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

einen neuen Weg beschritten und verwandelt sich<br />

und die von ihr gestalteten Objekte in eine komplexe Einheit.<br />

Therapeutische Grundlagen und schauspielerisches<br />

Talent verbinden sich durch die transformative Sehnsucht<br />

im Leben und Werk der Künstlerin. Sie hat mit der kontinuierlichen<br />

Arbeit an ihren künstlerischen Projekten eine stetige<br />

Entwicklung in Ausdruck und Reichweite der Aktionen<br />

erlangt und eine durchgängige Klarheit beibehalten.<br />

Ausgehend von ihrer Profession als Therapeutin begann<br />

sie Anfang der 80er Jahre Masken zu bauen und einzusetzen.<br />

Später folgten Objekte wie Hände und Kronen,<br />

die wie alle ihre tragbaren Kunstobjekte beim Betrachter<br />

gleichzeitig die Gefühle und auch den Intellekt ansprechen<br />

sollen. Mit den von ihr kreierten Maskenspielen und Performances<br />

ermöglicht <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> ihrem Publikum<br />

ein nonverbales Verstehen, dass die Interpretationsmöglichkeiten<br />

für viele eigene innere Vorgänge offen lässt.<br />

Der Blick hinter die Maske ist eine Blick in die Seele. Berührend<br />

und eindringlich zugleich bewirken die Aufführungen<br />

eine Veränderung. Die Maskenarbeit kommt ursprünglich


05<br />

aus dem rituellen und beschwörenden Handeln der Naturvölker<br />

und hat sich in ihrer theatralischen Hochform<br />

aus den Tragödien und Komödien des klassischen griechischen<br />

Theaters entwickelt. Das Maskenspiel wird dem<br />

Theater zugerechnet, da es meist um Rollenspiel geht und<br />

Aufführungen auf einer wiederholbaren Choreographie basieren.<br />

Dabei war es immer das Ziel, ein individuelles Mienenspiel<br />

durch einen stilisierten, symbolhaften Ausdruck<br />

zu ersetzen und dadurch dem Körper mehr gestalterische<br />

Möglichkeiten zu übertragen.<br />

Die Künstlerin hat viele ihrer Aufführungen Performances<br />

genannt, was beim heutigen erweiterten Performance-<br />

Begriff sehr naheliegend ist, denn sie experimentiert mit<br />

Formen von Tanz und Schauspiel, aber auch mit ortsspezifischen<br />

Aktionen für einmalige Projekte. So gesehen fügt<br />

sich ihre genreüberschreitend Arbeit in der Entwicklung<br />

der darstellenden und visuellen Künste ein und behält immer<br />

den therapeutischen Aspekt im Hintergrund.<br />

Meine Zusammenarbeit mit <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> ist sehr<br />

vielfältig und hat seit 1997 mehrere Projekte im Bereich<br />

Installation und Performance umfasst.


06<br />

Mit „Unbehaust“ ist ihr eine berührende Aktion in einem<br />

Darmstädter Privatgarten anlässlich von „Vogelfrei 2 - Kunstentdeckungen<br />

in Privatgärten“ gelungen. Ein rotes Kleid,<br />

eine Frauenmaske mit erschrockenem Gesichtsausdruck<br />

und ein Wäschekorb aus Weide waren ihre Requisiten.<br />

Vor der Arbeit „Engelsgeflüster“ von Moritz Dornauf begann<br />

sie ihr Spiel mit dem Wäschekorb als Behausung und der<br />

Entscheidung darüber, ob sie im Haus drin bleiben soll<br />

oder aus dem Haus rausgehen soll, ob der Wunsch nach<br />

Sicherheit überwiegt oder doch die Neugierde siegt. Begleitet<br />

wurde sie dabei durch einfühlsame Celloklänge von<br />

Adelheid Kolbe, die den inneren Prozess der Entscheidung<br />

deutlich spiegeln konnten.<br />

Im selben Jahr 1997 zeigte die Künstlern ihre Installation<br />

„Zwischen Krieg und Frieden“ anläßlich der Herbsttage<br />

„Über den Tod und über den Tod hinaus“. Im leerstehenden<br />

Stadthaus stand den 35 beteiligten Künstlern jeweils<br />

ein Raum zur Verfügung. <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> hat Äste von<br />

Apfelbäumen mit Leintüchern sorgfältig umwickelt und<br />

dazu Schalen mit Wasser gestellt. In ihrem Raum entstand<br />

eine intensive Arbeit, die den Eindruck eines Kriegslaza-


07<br />

retts und der erschreckenden Aufreihung von Menschen<br />

mit verletzten oder fehlenden Extremitäten hinterlassen<br />

hat. Während einer Performance konnte sie diesen Eindruck<br />

noch verstärken.<br />

Die Tanzperformance „Zwei kleine Könige“ in Zusammenarbeite<br />

mit der französischen Tänzerin Laurence Chevallier<br />

und dem Percussionist Michael Weil entstand als Serie<br />

von zwei Performances im <strong>Sommer</strong> 1999. Die zwei kleinen<br />

Könige trugen Kronen, die den Knospen auf Pflanzenphotos<br />

von Carl Blossfeld nachempfunden waren. Beide Darstellerinnen<br />

wurden somit selbst wieder Teil der Natur, in<br />

der sie sich bewegten. Die Begegnung der beiden kleinen<br />

Könige stand im Mittelpunkt: ihre Zartheit, ihre Ablehnung,<br />

ihre Freundschaft. Gemeinsam haben sie die beiden Orte<br />

und deren natürliches Umfeld erkundet. In Dreieich gab die<br />

Ausstellung „Verborgene Orte“ in einem privaten Park die<br />

wildromantische Kulisse mit einem Teich, einem Holzsteg<br />

und Geländer, einer blumenbewachsenen Böschung und<br />

großen alten Bäumen ab. Dort haben die Performerinnen<br />

eine natürliche Bühne für ihr Zusammenspiel gefunden.


08<br />

Höhepunkt war der Gesang der Sängerin Solange Labbé,<br />

deren Töne über den Teich in der Ferne sehnsuchtsvoll<br />

verklangen.<br />

Bei „Vogelfrei 3“ fand die Aktion der kleinen Könige auf dem<br />

Rosenplatz im Komponistenviertel statt und hatte durch<br />

die Ligusterhecke eine natürlich Begrenzung. Innerhalb<br />

der Spielfläche ereigneten sich erneute Begegnungen, die<br />

aber deutlich städtischer geprägt waren und ebenfalls den<br />

Aspekt der Begegnung in vielen Facetten zeigte.<br />

Das „Hengstbachprojekt“ war Teil der 10. Kunsttage Dreieich<br />

zum Thema „Natur / Spur“. <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> hat<br />

während der Ausstellung (21 beteiligte KünstlerInnen) die<br />

Performance „Seelenwanderung“ aufgeführt. Zuerst sah<br />

man ein weißes Boot und eine Frau im weißen Kleid mit<br />

weißer Maske aus dem dunklen Grün am Bach auftauchen.<br />

Die Künstlerin hat den Zauber des Ortes eingefangen<br />

und die Besucher auf ihrer Wanderung entlang des<br />

Bachlaufs mitgezogen. Das Boot wurde zu ihrem Partner,<br />

ein andere Körper, der die Brücke zum eigenen Selbst<br />

schlagen kann. Ihr Weg war der Lebensweg, zwischen<br />

Geburt und Tod, zwischen der eigenen Seele und der Ver-


09<br />

bindung in andere Welten. Es war ein Weg ins Herz des<br />

Publikums, denn diese Performance ist sicher eine der<br />

eindringlichsten Arbeiten, die ich von <strong>Katharina</strong> kenne.<br />

Auf einen „Schwellenweg“ hat sie ihr Publikum bei „Vogelfrei<br />

5“ (2003) mitgenommen. Beim Betreten der Installation<br />

wurden die Besucher selbst zu Performern, denn sie<br />

durften mit sieben Schritten die sieben Schwellen überwinden<br />

und ihren eigenen Weg darüber finden. Schwellen<br />

markieren in den Augen der Künstlerin die wichtigen<br />

Stationen vom „Alten“ zum „Neuen“ und sind gleichzeitig<br />

Lebensstationen.<br />

In der Performance Narziss schafft schon das unterirdische<br />

Gewölbe der Mathildenhöhe einen eindringlichen Raum in<br />

der Tiefe. Hier unterstützen die Klänge der Wassertrompete<br />

und der Percussion die intensiven Bilder des Tanzes<br />

von Narziss. Im Nebenraum schweben die Bilder von Barbara<br />

Beisinghoff. Reizvoll ist dabei der Gegensatz von Luft<br />

und Wasser zu der mit Masken, Händen, Tanz und Musik<br />

gestalteten Darbietung zum Thema Erde und Feuer.<br />

HandFest ist das erste abendfüllende Stück in Zusammenarbeit<br />

mit der Tänzerin Susanne Triebel und den Mu-


10<br />

sikerinnen Barbara Brauckmann und Christiane Lüder. Es<br />

ist ein bewegender Reigen von Bildern und Szenen zum<br />

Thema Hände entstanden. Die Zuschauer lassen sich<br />

anregen und sind danach in lange Gespräche über das<br />

Thema Hand vertieft.<br />

Diese Beschreibungen können nur exemplarisch für<br />

die Werke von <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> sein und zeigen<br />

die Vielfalt und Bandbreite ihres kreativen Schaffens.<br />

Ihre Arbeit basiert auf einem schauspielerischen und<br />

gestalterischen Gespür, das gepaart ist mit der Leidenschaft<br />

für Symbolik und Tiefe des menschlichen<br />

Erlebens. Die Arbeiten berühren in deutlichen Bildern.<br />

Es ist eine Kunst, die sehr konkret wird und<br />

dabei nicht an der Oberfläche bleibt. Die Aktionen<br />

öffnen den Betrachtern neue Wege und verhelfen<br />

zu Veränderungen durch die besondere Atmosphäre<br />

der von <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> geschaffenen Bilder,<br />

Farben und Klänge.<br />

Ute Ritschel, Juli 2005


„Hände“<br />

11<br />

„... wenn er eine Hand bildet, so ist sie im Raum<br />

allein und es ist nichts ausser einer Hand, und<br />

Gott hat in sechs Tagen nur eine Hand gemacht<br />

und hat die Wasser um sie ausgegossen und die<br />

Himmel gebogen über sie, und hat geruht über ihr<br />

als alles vollendet war, und es war eine Herrlichkeit<br />

und eine Hand.“ R.M. Rilke


12<br />

„.....was wir geschaut und was unsere Hände berührt haben,<br />

das verkünden wir: das Wesen des Lebens.“ 1.Joh.1,1<br />

Warum haben mich Hände so fasziniert? Hände als Symbole<br />

von Kontakt und Berührung sind erdenhaft, konkret,<br />

„zum Greifen nah“, „zum Anfassen“. Damit kommen wir auf<br />

die Erde (Vorder- und Hinterfüße wandeln sich in Hände und<br />

Füße). Füße greifen in den Boden, berühren ihn.<br />

Die Hände greifen in den Raum, schaffen die Verbindung<br />

zum Anderen, zur ganzen Welt. Die Verlorenheit in der Welt<br />

wird gemildert durch die Berührung, die Begrüßung einer<br />

Hand als erstem körperlichen Kontakt. Auch wenn wir Kontakt<br />

über die Augen aufnehmen, wir uns erkennen - erst die<br />

Berührung ist ein „handfester“ Beweis unserer Existenz. Zum<br />

Vorstellen, Denken, Sehen kommt Spüren und Fühlen.<br />

Eine linke und eine rechte Hand, das gute und das böse<br />

Händchen, die geschickte Hand und die ungeschickte: Die<br />

beiden gehören unzertrennlich zusammen, eine kann ohne<br />

die andere wenig. Die linke Hand hält bereit, was die rechte<br />

greifen kann.<br />

Sie berühren einander, arbeiten zusammen und sind doch


13<br />

getrennt. Die eine tut aber auch, was die andere nicht unbedingt<br />

weiß, sie sind wie wir selbst auch zweigeteilt: rechte<br />

und linke Hirnhälfte, Sprache und Bilder - „Die Hand ist das<br />

äußere Gehirn des Menschen“ (E. Kant)- Hände sind unsere<br />

wichtigsten Werkzeuge. Wir lernen über das Erspüren, Bewegen,<br />

die Handlungen. Das Kind spielt mit seinen Händen<br />

und steckt sie in den Mund. Sie sind immer da, aber man<br />

kann sie auch wegstrecken, sie betrachten und befühlen.<br />

Wir schreiben, führen die Tasse, die Gabel, das Auto, halten<br />

die Fäden, bilden eine Schale aus der wir trinken, kratzen<br />

mit ihnen, halten, holen, sammeln . Wir tragen, greifen, zeigen,<br />

ziehen, trommeln, kneten, zupfen, schnipsen, blättern,<br />

falten, bohren, schneiden, rupfen, feilen, kämmen, werfen,<br />

fangen, fechten, stossen, streicheln, spielen, beschützen<br />

und begreifen – wie mühsam ist all das oder unmöglich ohne<br />

Hände. Weich sind sie und zart innen, aber ganz fest und<br />

scharf mit den Fingernägeln. Sie sind Hammer und Zange,<br />

Haken, Bohrer, Stab, Pinzette, Pinsel, Waschlappen und<br />

Taschentuch. Alle Werkzeuge sind ihre Diener und ohne sie<br />

liegen sie still in der Ecke.


14<br />

Außerdem sind es eigenartige Gebilde, jede ist anders, hat<br />

ganz individuelle Eigenarten. So können sie, wenn sie sich<br />

vom Körper wegbewegen, zu eigenen Lebewesen werden.<br />

In der Hand ist eine ganze Landschaft enthalten, wir und<br />

unsere Persönlichkeit spiegeln uns darin. So sind die Hände<br />

Projektionsflächen und Bilder zugleich. Als unsere vertrauten<br />

Begleiter altern sie mit uns und bekommen Flecken und Falten.<br />

Sie sprechen durch Ruhe oder Unruhe, zappeln und<br />

zittern, streicheln und verstecken sich, verschwinden in den<br />

Falten unserer Kleider. Sie erzählen viel über uns.<br />

Und nicht zuletzt – sie streicheln und liebkosen.<br />

Die großen Hände der Performance werden durch ihre<br />

Überdimensionalität zu eigenen Wesen, erhalten eine überhöhte<br />

Bedeutung und kommen dadurch in den Mittelpunkt.<br />

Es sind schön große und weiche Hände - alle Kinder lieben<br />

sie und wenn sie anfangen, mit ihnen zu spielen, werden sie<br />

zum Schildkrötpanzer und zum Auto, zum Dinosaurier, zu<br />

Tisch und Bett, zur Höhle, zur Decke und zum Mantel . . .


15<br />

Performance: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> und Susanne Triebel<br />

Hände, Video: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Musik: Duo Dounia: Barbara Brauckmann, Violoncello<br />

Christiane Lüder, Akkordeon<br />

Kompositionen von John Cage, Georgy Ligeti, Astor Piazolla,<br />

Igor Strawinski, Toyoko Yamashita<br />

Dauer: 55 Minuten<br />

Ort: Bühne mit ansteigenden Zuschauerreihen


„Unbehaust“<br />

17<br />

„Soll i aus mein Haus raus?<br />

Soll i aus mein Haus nit raus?<br />

Einen Schritt raus?<br />

Lieber nit raus<br />

Hausenitraus Hauseraus<br />

Hausenitraus Hauseraus<br />

Rauserauserauserause“<br />

Joachim Ringelnatz<br />

„naus oder nit naus“


18<br />

Es war einmal<br />

eine kleine Frau im roten Kleid<br />

auf allen Vieren trug sie ihr Haus auf dem Rücken<br />

fällt das Haus um - sind die Füße im Himmel<br />

kleines Haus, kleines Haus, eng und fein, besser dort<br />

als nirgends sein<br />

Ein Haus über dem Kopf<br />

Ein Dach über dem Kopf<br />

Versperrt manchmal die Sicht<br />

Ein Dach über dem Haus<br />

Ein Kopf über dem Dach<br />

Weht einem frischer Wind um die Nase<br />

was treibt einen raus ?<br />

nun, die Neugier.


19<br />

Premiere: Vogelfrei, Ausstellung in Privatgärten 1997.<br />

Aufführung bei verschiedenen Veranstaltungen, u.a.<br />

Kirchentag Frankfurt 2001, Goetheplatz<br />

Performance und Maske: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Musik: Adelheid Kolbe, Violoncello<br />

Dauer: 20 Minuten<br />

Orte: im Freien oder in Räumen.


„Seelenwanderung“<br />

21<br />

Weiß<br />

Wasser<br />

Kahn<br />

Trommel<br />

Schwarz


22<br />

Eine junge Seele. Unter den Klängen der Trommel trägt eine<br />

weiß gekleidete Figur ein Boot den Lauf des Baches hinauf.<br />

An der Insel trifft sie auf ihre schwarz gekleidete Mutter. Sobald<br />

sie einen Fuß auf die Erde setzt, stirbt sie erneut. Um<br />

ihren Weg fortsetzen zu können, muss sie weiter. Der Weg<br />

im Wasser, den Bachlauf hinauf, ein Bild für den Moment<br />

des Todes, ein Zurückgehen in der Erinnerung des Lebens.<br />

Eine Zeitreise rückwärts, vorwärts zum neuen Anfang.<br />

Das Wasser war schon immer zwischen den Welten, zwischen<br />

den Ufern.<br />

Weiß<br />

Ist die Farbe des Lichtes, der Reinheit und Vollkommenheit.<br />

Es steht dem Absoluten nah, dem Anfang und dem Ende,<br />

Farbe der Hoffnung in der Trauer, Farbe der jungfräulichen<br />

Braut, Farbe der körperlosen Gespenster und Geister.<br />

Schwebend...<br />

Wasser<br />

Zeigt die Fülle aller Möglichkeiten, den Uranfang alles Seienden.<br />

Es verhilft zur körperlichen, seelischen und geistigen<br />

Reinigung und Erneuerung.


23<br />

Im Wasser steckt die dunkle Tiefe, verbindet sich mit dem<br />

Weiblichen und dem Mond, der Fruchtbarkeit. Gegensatz<br />

ist die Wüste. So ist der Fluss ein Zeichen für die Zeit, Vergänglichkeit<br />

und ständiger Erneuerung. Fließend...<br />

Kahn<br />

Nachen, Barke dient der Überfahrt vom Reich der Lebenden<br />

ins Reich der Toten. Auch die Mondsichel ist eine Barke.<br />

In seiner Form, die ein Fahren in zwei entgegengesetzte<br />

Richtungen erlaubt, ist der Kahn eine Verkörperung des<br />

doppelgesichtigen Gottes Janus. Er gab dem Januar den<br />

Namen: kommend und gehend, nach außen und nach innen<br />

sehend. Still...<br />

Trommel<br />

Ihr rhythmisch erzeugter Klang verdeutlicht verborgene<br />

Klänge. Herzschlag und Atem, Kräfte des Kosmos. In China<br />

wurde der Klang der Trommel mit dem Umlauf der Sonne<br />

in Verbindung gebracht. Der Schamane reitet auf seiner<br />

Trommel wie auf einem Pferd auf seinen Reisen durch die<br />

Geisterwelt. Pochend...


24<br />

Schwarz<br />

Absolut wie das Weiß, zeigt Schwarz die Fülle des Lebens<br />

wie auch den Mangel daran. Als Trauerfarbe steht es, anders<br />

als die Lichtfarbe Weiß, dem Schmerz nahe.<br />

Als Farbe der Nacht und mütterlichen Erde ist sie der Farbe<br />

des Blutes, dem Rot verwandt. Nichts...<br />

„<br />

Aufführung im Rahmen des Hengstbachprojektes im<br />

Herbst 2000, Organisation Ute Ritschel.<br />

Performance, Boot und Maske: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Boot aus Weidenzweigen, einem alten Leinentuch meiner<br />

schwäbischen Großmutter und Bienenwachs.<br />

Orte: Bühne oder im Freien.<br />

Dauer: zwischen 20 und 40 Minuten<br />

Spiel: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Musik: Michael Weil, Percussion .<br />

Gewidmet ist dieses Stück meiner Freundin Margarethe und<br />

ihrer 1999 verstorbenen Tochter Miriam.


„ Narziss“<br />

25<br />

„ Anfangs war er sicher, dass er ein Baum gewesen war,<br />

Der seine Zweige ineinander windet<br />

Und seine Wurzeln ineinander verschlingt.<br />

Dann wusste er, dass er ein Fisch gewesen war . . .<br />

Dann war er ein junges Mädchen gewesen . . .<br />

Nun ist er grün, ausgetrocknet und fleckig,<br />

Mit dem Schatten auf seinem Mund“<br />

aus „Tod des Heiligen Narziss“ von T.S.Eliot


26<br />

Ein eigenartiger Raum tut sich auf, wenn man die engen<br />

Stufen des alten Wasserreservoirs hinuntersteigt. Abgeschnitten<br />

vom alltäglichen Lärm der Stadt, in einem gleichmäßigen<br />

Klima, unabhängig von Jahreszeit, Wind und<br />

Wetter ist dieses unterirdische Gewölbe aus zwei riesigen<br />

Räumen, spiegelgleich rechts und links. Der Fußboden ist<br />

immer teilweise mit Wasser bedeckt, das früher das ganze<br />

Gewölbe füllte. In dieser feuchten Tiefe entfaltet sich die<br />

Erinnerung an Narziss – sein Entstehen aus der Erde. Das<br />

Seelenboot wird aus dem Dunkel geboren. Der Königssohn<br />

in Macht und Aktivität erkennt sich im Spiegel der eigenen<br />

Hände und zieht sich zurück in sich selbst - ein Verschwinden,<br />

aus dem ihn nichts herausholen kann – kein Echo,<br />

kein Licht.<br />

Als Blume erscheint er wieder, als zarte blühende Weiblichkeit,<br />

aus der Erde ans Licht. Die Metamorphose von der<br />

Idee idealer Schönheit und ursprünglicher männlicher Kraft<br />

in Struktur und eine kleine Form.


27<br />

Performance Bilder von Narziss 2001<br />

Im unterirdischen Wasserreservoir der Kunsthalle Mathildenhöhe<br />

wurde diese Performance dreimal einem eingeladenen<br />

Publikum gezeigt (ca. 150 Besucher). Im anderen<br />

Gewölbe fand eine Ausstellung mit Bildern von Barbara<br />

Beisinghoff statt. Ein Videofilm ist im Internet zu sehen.<br />

Performance Narziss - Handling 2001<br />

In der Andreasgemeinde Darmstadt und in der St.Martin<br />

Kirche in Kassel wurde die Performance Handling als Weiterführung<br />

des Narzissprojektes vorgeführt.<br />

Musik<br />

Michael Weil, Percussion / Peter Knodt, Glastrompete,<br />

Algen / Franziska Augustin, Flöten<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Klaerwerk,<br />

Klaus-Heinrich Schader


„ Zwischen Krieg<br />

und Frieden“<br />

29<br />

Der rote Tod noch nah<br />

keine neuen Wunden<br />

aber noch frisch<br />

die Stille grausam<br />

die Stille heilsam<br />

eine Zeit<br />

zeitlos<br />

innehalten.<br />

Überleben<br />

noch nicht<br />

garantiert.


30<br />

Sie trägt ein Kleid, als käme sie von einem Fest. Sie verbindet<br />

Wunden, wäscht Wäsche, rollt Stoffstreifen, schüttelt<br />

Laken aus.<br />

Es ist eine Ruhe, in der das Leid und der Schmerz um so<br />

lauter tönen.<br />

Das sanfte Pflaster der Zeit tut not.<br />

Nach-Krieg-Zeit: Wunden pflegen, immerhin dafür Zeit.<br />

Kein Rennen mehr ums Überleben. Wasser gegen die<br />

Spuren von Dumpfheit, Verletzungen, Hilflosigkeit. Sorgfalt<br />

gegen Schmerz.<br />

Weiße Tücher, rote Flecken, waschen, einfach weitermachen.<br />

Rauminstallation und Performance von<br />

<strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Karton, Schale, Wasser, Leintücher, Apfelbaumäste<br />

aus Cati´s Garten.<br />

Aufführungen vor allem in Kirchen seit 1996. Herbsttage<br />

1997 Darmstadt<br />

Dauer: 25 Minuten<br />

Musik: Adelheid Kolbe, Cellosonate von Bach


„ Zeitzüge<br />

Different Trains“<br />

31<br />

Die Zeit<br />

Der Raum


32<br />

Die Zeit: Der Mond zieht seine Bahn, Wolken wandern<br />

über ihn, verdunkeln ihn und geben ihn frei. Die Endlosschlaufe<br />

der Zeit in der alles immer wieder erscheint und<br />

vergeht: Kind, Mädchen, Frau, alte Frau. Die zarten Bilder<br />

vibrieren und verschwinden auf dem Wasser. So flüchtig<br />

sind sie, als hätten sie kaum existiert. Wie die Spiegelbilder<br />

im Wasser vergehen Geschichten und Personen.<br />

Es ist eine lange Nacht in der (scheinbar) endlosen Geschichte<br />

der Menschheit, aus der Tiefe des unergründlichen<br />

Wassers und mit Blick auf den Mond.<br />

Der Raum: Der Klang, die Geräusche fahrender Züge –<br />

Steve Reich hat sie mit den Erzählungen emigrierter Juden<br />

in Amerika verbunden. Sie sprechen über ihre Erfahrungen<br />

in den Zügen in Europa vor dem Krieg, während der<br />

Verfolgungen, der Deportationen. Die Geschichten werden<br />

durch die Wiederholungen zu einem rhythmischen,<br />

stampfenden Gesang.


33<br />

Installation, Video und Performance <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Musik: Steve Reich<br />

Veranstaltung zum Kongress XML Frauenhoferinstitut<br />

Darmstadt 2001<br />

Ort: Bühne, andere Räume<br />

Dauer: 45 Minuten<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Klaerwerk,<br />

Klaus-Heinrich Schader


„ Zwei kleine Könige“<br />

35<br />

Tanzperformance


36<br />

Die Stele ist entstanden nach einem Pflanzenfoto<br />

von Carl Blossfeld. Er fotografierte die Symmetrie<br />

und Ordnung in den Pflanzenstrukturen auf eine sehr<br />

poetische Weise. Die kleinen Frühlingstriebe der<br />

Kornellkirsche sind nur ein Zentimeter groß. Bloßfeldt<br />

vergrößerte sie auf 15 Zentimeter, in der Stele sind<br />

sie nochmals um ein Vielfaches vergrößert. So werden<br />

sie plötzlich zu Engelsflügeln oder der Krone für<br />

die Kleinen Könige.<br />

Die Begegnungen der beiden Könige sind eingebettet<br />

in eine natürliche Umgebung, eine Wiese, einen<br />

Teich. So entstehen Bilder großer Intensität und zauberhafter<br />

Magie: der Mensch und seine Künstlichkeit<br />

und Kunst.


37<br />

Tanzperformance von <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong> und Laurence<br />

Chevallier<br />

Spiel: Laurence Chevallier, Tanz; <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong>, Performance<br />

Musik: Michael Weil, Percussion,<br />

Aufführungen 1999 Kunstausstellung in Privatgärten<br />

„Vogelfrei“ und „Verborgene Orte“ in Phillipseich.<br />

Organisation und Leitung der Gesamtveranstaltung:<br />

Ute Ritschel, Kulturanthropologin


38<br />

<strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Geboren 1951 in Stuttgart<br />

Studium der Psychologie in Tübingen<br />

Psychodrama, Moreno Institut Stuttgart<br />

Integrative Therapie, Gestalttherapie Fritz Perls Institut<br />

Maskenspiel bei Laura Sheleen und Catherine Rübner<br />

Lehraufträge und Seminare für verschiedene Institute<br />

Psychotherapeutin in Darmstadt<br />

Veröffentlichungen: diverse Artikel und ein Buch: „Maskenspiel<br />

in Therapie und Pädagogik“ 1995<br />

www.maskenspiel-katharinasommer.de


„ Auftritte und Ausstellungsbeteiligungen „<br />

39<br />

1987 „Gesichter der Frauen“ Performance Darmstadt<br />

1991 Frauentheatertage Darmstadt „Figuren“<br />

1995 Veranstaltungsreihe „Künstlerinnen in Kirchen“<br />

1991-1998 Verschiedene Auftritte in Kirchen „Mariengeschichte<br />

- dreimalige Begegnung mit dem Engel“ mit<br />

Anette Bischof. Adelheid Kolbe, Violoncello.<br />

1996 Auftritte zu Ausstellungen des Bildhauers Roger<br />

Rigorth: Völkerkundemuseum Heidelberg und Galerie<br />

Garten, Darmstadt.<br />

1996 Vogelfrei, Kunst in Privatgärten, Performance „Unbehaust“<br />

1999 Kirchentag in Frankfurt und Petrusgemeinde Darmstadt<br />

„Unbehaust“ Adelheid Kolbe, Violoncello<br />

1997 Herbsttage: Ausstellung und Performance über den<br />

Tod und darüber hinaus. „Zwischen Krieg und Frieden“<br />

Adelheid Kolbe, Violoncello<br />

1997 Kunstwochenende der Stadt Darmstadt<br />

1997 Performancevortrag bei Wildwasser Darmstadt<br />

„Verletzungen“<br />

1998 Tage der Offenen Ateliers. Darmstadt<br />

1998 Rüsselsheim, Stadtkirche, Performance


40<br />

1999 Performancevortrag Frauenzentrum Alzey.<br />

1999 Ausstellungsbeteiligung: Atelierhaus Vahle, Arbeiten<br />

aus Papier<br />

1999 Ausstellungsbeteiligung: Vogelfrei Darmstadt, Stelen<br />

1999 Performance „Zwei Kleine Könige I“ mit Laurence<br />

Chevallier. Michael Weil, Percussion<br />

1999 Verborgene Orte, Phillipseich Performance „Zwei<br />

Kleine Könige II“ mit Laurence Chevallier. Michael Weil,<br />

Percussion.<br />

2000 „Sieben Schritte - Sieben Jahre“ Performance im<br />

Märchenmuseum in Bad Oeynhausen, Vernissage von<br />

Barbara Beisinghoff<br />

2001 Performance „Bilder von Narziss“ Wasserreservoir<br />

Mathildenhöhe Darmstadt. Ausstellung von Barbara<br />

Beisinghoff. Peter Knodt, Trompeten; Franziska Augustin,<br />

Flöten; Michael Weil, Percussion<br />

2001„Handling“ Andreasgemeinde Darmstadt, Peter<br />

Knodt, Trompeten und Michael Weil, Percussion<br />

2001 „Handling“ Martinsgemeinde Kassel. Ausstellung<br />

von Moritz Dornauf. Barbara Brauckmann, Violoncello<br />

2001 „Different Trains“ Fraunhofer Institut Darmstadt


41<br />

2002 Performancevortrag Notruf Frauenzentrum Trier<br />

2002 Beteiligung an einer Ausstellung in Gärten „Kunstmeile“<br />

in Bischofsheim<br />

2002 Waldkunstpfad Darmstadt. Performance in Zusammenarbeit<br />

mit dem koreanischen Künstler Kim Young-<br />

Hun. Adelheid Kolbe, Violoncello.<br />

2003 Sieben Schwellen, Fotoinstallation Vogelfrei<br />

2004 „HandFest“ Theater Mollerhaus Darmstadt, Performance/Tanz<br />

von und mit Susanne Triebel, Tänzerin.<br />

Barabara Brauckmann, Violoncello, Christiane Lüder,<br />

Akkordeon.<br />

2005 Performancevortrage „Vom Himmel zur Erde und<br />

zurück...“ über die Arbeit mit Masken mit Susanne Triebel,<br />

Tänzerin


42<br />

Förderung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und<br />

Kunst 1987 „Gesichter der Frauen“ Seminarprojekt mit<br />

öffentlicher Performance.<br />

Förderung der Stiftung Klärwerk zu den Projekten „Bilder<br />

von Narziss“ „Zeitzüge“ 2000 bis 2005


42<br />

Text: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Fotos:<br />

HandFest: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Hände: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Unbehaust: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Seelenwanderung: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Mühle: Roger Rigorth<br />

Narziss: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Zwischen Krieg und Frieden: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Zeitzüge Different Trains: <strong>Katharina</strong> <strong>Sommer</strong><br />

Zwei kleine Könige: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Portrait: Anne Hoffmann<br />

Lay Out: Mara <strong>Sommer</strong><br />

Dank an:<br />

Klaus Heinrich Schader für die Unterstützung durch die Stiftung<br />

Klaerwerk.<br />

Lotte A. Lorenz für Texbearbeitung.

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