Unfallchirurgie
Unfallchirurgie
Unfallchirurgie
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Lernbereich II<br />
Teilbereich:<br />
Lerneinheit II.7<br />
Physiotherapie bei PatientInnen mit<br />
Beeinträchtigungen von Körperstrukturen,<br />
Körperfunktionen, Aktivität u. Partizipation<br />
Physiotherapie bei PatientInnen mit<br />
Beeinträchtigungen des Bewegungssystems<br />
Physiotherapie bei PatientInnen mit Beeinträchtigungen<br />
der Funktionsfähigkeit im Bereich des Hüftgelenks
Physiotherapierelevante Inhalte der Naturwissenschaften und Medizin<br />
Kenntnis der allgemeinen <strong>Unfallchirurgie</strong>:<br />
Frakturen, Frakturversorgung, Frakturheilung, Komplikationen,<br />
Wunde, Infektionen,<br />
Verbrennungen, Erfrierungen<br />
Leitsymptome von Beeinträchtigungen am Bewegungssystem<br />
wichtige Verfahren der Diagnostik und Therapie
<strong>Unfallchirurgie</strong><br />
Aufgaben<br />
Prävention, Traumamanagement, Unfallbehandlung, REHA, Begutachtung
<strong>Unfallchirurgie</strong><br />
Die Traumatologie (griechisch τραυματολογία, trawmatolojía ‐ die Wundenkunde) ist<br />
die Wissenschaft von den Verletzungen und Wunden sowie deren Entstehung und<br />
Therapie.<br />
Sie setzt sich in Form der <strong>Unfallchirurgie</strong> als Zusatzbezeichnung der Chirurgen und in<br />
einigen Staaten auch als Zweig der Orthopädie mit der Versorgung unfallverletzter<br />
Patienten auseinander.<br />
Auch in der Rechtsmedizin ist die Traumatologie oft wichtig, einmal bei Tötungs‐ oder<br />
Körperverletzungsdelikten (dann nennt man sie Viktimologie ‐ die Opferkunde), aber<br />
auch in versicherungsrechtlichen Gutachten z.B. über Arbeitsunfälle mit Obduktion der<br />
berufsgenossenschaftlich versicherten Verstorbenen.
<strong>Unfallchirurgie</strong><br />
Geschichtliches<br />
16. Jh Papyrus Edwin Smith: „eine Krankheit, die ich behandeln werde, eine mit der ich<br />
kämpfen werde, eine, die ich nicht behandeln kann“<br />
1497 Hieronymus Brunschwieg (Schrift über Chirurgie)<br />
1847 ( MORTON), 1853 „Narcose á la reine“ (Queen Victoria), um 1885 routinemäßige<br />
Allgemeinnarkose<br />
1886 HANSMANN Plattenosteosynthese & BIRCHER intramedullärer Stift<br />
LAMBOTTE: Fixatuer externe (frei nach Clendening): „surgery puts disease in a bottle<br />
and the patient in bed“
Trauma<br />
gr. Verletzung, Verwundung<br />
In der Medizin: auch Verletzungsfolge<br />
Definition: durch direkte oder indirekte äußere Gewalteinwirkung eingetretene Störung<br />
der physischen Integrität des Körpers<br />
Chirurg selbst verursacht Traumatisierung
Trauma<br />
Ursachen<br />
• Unfall → Gelegenheitstrauma ⇒ plötzlich und ungewollt von außen einwirkendes<br />
Ereignis, dass zu einer unfreiwilligen Gesundheitsschädigung führt<br />
• Selbstmord<br />
• Mord, Totschlag, Körperverletzung, Missbrauch<br />
• Chirurgischer Eingriff ⇒ Traumatisierung in beiderseitigem Einverständnis
Trauma<br />
Lokale Folgen<br />
• Einteilung nach Art der Gewalteinwirkung und Umfang<br />
(mechanisch → stumpf, spitz; thermisch ...)<br />
• abhängig von Intensität der Gewalteinwirkung<br />
• abhängig von Dauer der Traumatisierung<br />
• abhängig von Eigenschaften des betroffenen Gewebes
Trauma<br />
Lokale Folgen<br />
abhängig von Eigenschaften des betroffenen Gewebes<br />
Wunde (offen)<br />
geschlossen<br />
Commotio (Erschütterung)<br />
Contusio (Prellung)<br />
Compressio (Quetschung)<br />
Ruptur (Laceratio, Zerreißung)<br />
Fraktur<br />
Distorsion<br />
Luxation
Trauma<br />
systemische Folgen<br />
Gewalteinwirkung (mechanisch, chemisch, thermisch, aktinisch, elektrisch)<br />
Gewebeläsion<br />
Schmerz<br />
und<br />
Blutung/ Exsudation<br />
traumatischer Schock<br />
und<br />
Postaggressionsyndrom
Schock<br />
• potentiell vital bedrohliche hämodynamische Störung<br />
• betrifft Makro‐ und Mikrozirkulation<br />
• geht einher mit physischen und psychischem Leistungsknick<br />
• Missverhältnis zwischen vorhandener Blutmenge und Gesamtgefäßvolumen →<br />
Sauerstoffangebot ≠ Sauerstoedarf ⇒ SAUERSTOFFSCHULD<br />
• Blutverlust → Volumenmangelschock oder Hämorrhagie → Dehydratation
Schock<br />
Blutverlust<br />
Nach außen: meist überschätzt<br />
Nach innen: gefährlicher (Körperhöhlen, Weichteile z.B. bei Frakturen)<br />
Blutverlust in ml sofort nach 3 Tagen<br />
Unterschenkelfraktur 300 bis 600 600 bis 1400<br />
Oberschenkelfraktur 600 bis 1000 1400 bis 2400<br />
Beckenfraktur 1700 bis 2400 2500 bis 4000
Schock<br />
Gebräuchliche Messgrößen<br />
• Systolischer Blutdruck<br />
• Diastolischer Blutdruck<br />
• Blutdruckamplitude<br />
• Herzfrequenz
Schockindex<br />
(Allgöwer u. Burri 1967)<br />
orientierender Parameter für das Volumendefizit im Schock<br />
Quotient aus Pulszahl u. systolischem Druck<br />
Abschätzung des realen Blutverlustes (= kompensierter bzw. dekompensierter Schock)<br />
→ ASI 0,5 Normalwert<br />
→ ASI etwa 1 d.h. 30% der zirkulierenden Blutmenge verloren<br />
→ ASI etwa 1,5 bis 2 d.h. 50% der zirkulierenden Blutmenge verloren<br />
→ ASI > 2 d.h. > 50% der zirkulierenden Blutmenge verloren<br />
Grobabschätzung der therapeutisch zu ersetzenden Flüssigkeitsmenge<br />
ZVD etwa 5 bis 10 cmH 2 O<br />
→ Volumenmangel < 5cmH 2 O<br />
→ Hypervolämie > 15 cm H 2 O<br />
Harnausscheidung pro Stunde etwa 70 bis 120 ml<br />
→ Einschätzen der Entwicklung des Schockgeschehens (Therapiebeurteilung)<br />
→ bedrohlich < 50 ml/h
Schockgeschehen<br />
Phaseneinteilung (dynamisch)<br />
1. Kompensation (eretische Vorphase, Frühphase, Präschock, kompensierter Schock,<br />
reversibler Schock, Spannungskollaps, kalte, normotone Tachykardie)<br />
Zentralisation des Kreislaufs<br />
Blutdruckabfall: systolischer Blutdruck wieder normal<br />
HF ↑⇒HMV wieder normal<br />
ASI etwa 1, Haut: kalt, blass, schweißig<br />
2. Dekompensation (Schocksyndrom, manifester Schock, kalte, hypotone Tachykardie)<br />
Vasodilatation (Paralyse der Gefäßmuskulatur)<br />
Blutdruck ↓<br />
HF ↑↑<br />
Makrozirkulation ↓<br />
ASI 1,5 bis 2<br />
3. Irreversibilität (Spätphase, paralytischer Schock, Entspannungskollaps)<br />
Makrozirkulation therapeutisch stabilisierbar, Mikrozirkulation nicht ⇒ Organe (Lunge,<br />
Leber, Niere) definitiv geschädigt<br />
ASI > 2
Schock<br />
Klinik<br />
• Haut: blass‐ livide (zyanotisch), marmoriert, kalt<br />
• Schweiß: kalt<br />
• Gesichstzüge: eingefallen bes. Augen = FACIES HIPPOCRATICA<br />
• Muskulaturdurchblutung ↓⇒Kollaps (Kreislaufkollaps)<br />
• Atemfrequenz ↑ (Tachypnoe), um Sauerstoffschuld auszugleichen<br />
• Durst, Übelkeit, Brechreiz<br />
• Weit fortgeschrittener Schock: zunehmende Bewusstseinstrübung<br />
• Oligurie, Anurie = „Niere im Schock“ (Schockniere, wenn morphologische Schäden)
Schock<br />
Therapie<br />
• Respiratorische Funktion bewahren bzw. wiederherstellen<br />
• Zirkulation bewahren bzw. wiederherstellen
Schock<br />
Zirkulation bewahren bzw. wiederherstellen<br />
Primär:<br />
Beseitigung der Auswirkungen der Ursachen (hypovolämischer Schock) →<br />
Volumenersatz i.v. (∅ p.o., da Zentralisation)<br />
Sekundär:<br />
Versorgung der Blutungsquelle<br />
Suffiziente Schmerzbekämpfung (i.v.), da Schmerz = schockverstärkend<br />
Sauerstoffgabe<br />
Hämorrhagische Diathese (DIC) wegen Sauerstoffmangel ⇒ Heparinisierung,<br />
Substitution von Gerinnungsfaktoren<br />
Phase 3: Vasomotorenkollaps (Dekompensation) ⇒ Gabe von β‐ Blockern (periphere<br />
Vasokonstriktion) nur wenn Blutvolumen ersetzt und nur nach traumatischem Schock!
Schock<br />
Volumenersatz<br />
• Glukose‐ Lösung<br />
• NaCl‐ Lösung<br />
• Ringer‐ Lösung<br />
→ Vorteil: billig und in großer Menge verfügbar<br />
→ Nachteil: schnelle Elimination über Niere d.h. nur kurze Zeit wirksam<br />
• Gelatine‐ Lösung<br />
• Stärke‐ Lösung<br />
→ Vorteil: billig, in großer Menge verfügbar und längere Wirkung<br />
→ Nachteil: UAW<br />
• Blutplasma<br />
• Humanalbumin<br />
• Erythrozytenkonzentrat<br />
→ Nachteil: teuer, Infektionsgefahr und allergische Reaktionen
Postagressionssyndrom<br />
Veränderung des inneren Milieus (Stoffwechseländerung); Gleichgewichtsverschiebung<br />
bes. Atmung, Kreislauf und evtl. Ausscheidung<br />
aggressio = der Angriff<br />
Synonyma:<br />
Maladie postopératoire<br />
Streßadaptationssyndrom<br />
Biologischer Abwehrvorgang<br />
Postaggressionsstoffwechsel
Postagressionssyndrom<br />
Ursachen<br />
Trauma<br />
Schock<br />
Schmerz<br />
Immobilisation<br />
Infektion, Intoxikation<br />
Akute Erkrankungen
Postagressionssyndrom<br />
Ursachen<br />
Genetisch fixiertes Reaktionsmuster unabhängig von der Natur der Aggressio, aber<br />
abhängig vom Schweregrad, peritraumatischen Begebenheiten (mehr als eine Ursache<br />
→ Potenzierung) und individueller Reaktionslage<br />
Sämtliche biologische Vorgänge durch aktive Regulation auf höheres Niveau durch<br />
ausschließlich körpereigene Materialien und Energieleistungen = primär nicht<br />
pathologisch<br />
Totale Erschöpfung der Körperreserven (danach: pathologisch‐ WATERHOUSE‐<br />
FRIDERICHSEN‐ Syndrom)<br />
Bei vorgeschädigtem oder im Verlauf der Traumatisierung geschädigten Organ →<br />
Funktionsverlust (Alter, Polymorbidität, Verletzung) und/ oder Heilungsstörung<br />
(Verletzung, Zweiterkrankung) →<br />
SIRS.... systemic inflammatory response syndrome (wenn Infektion dabei: Sepsis)
Postagressionssyndrom<br />
Physiologie: neurovegetative und hormonelle Antwort auf Dyystress → vitale<br />
Funktionen auf Hochleistung = ERGOTROPIE<br />
Sinn dieser Betrachtungen:<br />
Normaler Ablauf vs. Komplikation<br />
Kalkulierung postoperativer Risiken schon präoperativ
Postagressionssyndrom<br />
Verlauf<br />
1. adrenokorikoide Phase<br />
= Alarmphase → katabol<br />
2. kortikoide Rückbildungsphase<br />
= Flow‐ Phase → anabol<br />
3. anabole Phase<br />
= Reparationsphase → anabol<br />
4. Fettansatzphase (nicht mehr direkt<br />
zum PAS gehörig)<br />
1. bis 3. Tag Kortikosteroide<br />
Katecholamine<br />
Adiuretin<br />
3. bis 6. Tag Wachstumshormon<br />
6. bis 10. Tag Wachstumshormon<br />
Wochen bis Monate
Postagressionssyndrom<br />
Endokrinum<br />
Adiuretin<br />
STH<br />
Aldosteron<br />
Glukokortikoide<br />
Katecholamine<br />
Glukagon<br />
↓<br />
→ Wärmeverlust (Fieber)<br />
→ Energiebedarf ↑<br />
→ Energiebilanz negativ<br />
→ Katabolie (Körpermasse ↓)<br />
→ Stickstoffbilanz negativ<br />
→ diabetogene Stoffwechsellage<br />
Erhöhter Energiebedarf (bis +50%)<br />
→ Energiehaushaltsausgleich:<br />
‐ Glukosemobilisierung<br />
‐ Glukoneogenese ↑<br />
- Protein‐ und Fettabbau ↑<br />
→ metabolische Azidose (Laktat, Ketonkörper)<br />
→ Antidiurese
Postagressionssyndrom<br />
Herz‐ Kreislauf‐ System<br />
Gefäße ↑<br />
Puls ↑<br />
Herzkraft ↑<br />
Schlagvolumen ↑<br />
Herzminutenvolumen ↑<br />
Blutdruck ↑<br />
Koronarien ↓
Postagressionssyndrom<br />
Atmung<br />
Perfusion ↑<br />
Bronchien ↓<br />
Atemfrequenz ↑<br />
Atemzeitvolumen ↓<br />
Atemminutenvolumen ↑
Erste Hilfe nach der "PECH"‐Regel<br />
P = Pause. Schonung<br />
E = Eis, bzw. kühlen mit Leitungswasser (16° Celsius) od. Silikatmasse (Kryopack)<br />
C = Compression (elastischer Verband)<br />
H = Hochlagern der betroffenen Extremität
Wunde<br />
Trauma, dass mit offener Kontinuitätstrennung der äußeren Körperoberfläche (Haut)<br />
einhergeht<br />
Mit oder ohne Substanzdefekt<br />
Wundwinkel<br />
Wundfläche<br />
Wundrand<br />
Wundgrund = tiefster Punkt<br />
Wundumgebung beachten !
Wunde<br />
Form<br />
Spaltwunde (∅ Substanzdefekt)<br />
Lappenwunde (∅ Substanzdefekt)<br />
Defektwunde (Substanzdefekt)<br />
Einfache Wunde (Kutis und Subkutis, aber ∅ tiefer)<br />
Komplizierte Wunde (zusammengesetzte Wunde)<br />
Sonderformen: Erosion (nur Epitheldefekte)<br />
Penetrierende Wunde (Eröffnung von Körperhöhlen)<br />
Traumatische Amputation<br />
Skalpierung
Ätiologie<br />
Schnittwunden<br />
Stichwunde (spitze Gewalt)<br />
Quetschwunden<br />
Platzwunde (stumpfe Gewalt)<br />
Hiebwunde (senkrecht zur Oberfläche)<br />
Schürfwunde<br />
Bisswunde<br />
Schusswunde<br />
Risswunden<br />
Kratzwunde<br />
Schürfwunde (tangential zur Oberfläche)<br />
Pfählung (Eindringen von spitzem Gegenstand)<br />
Kombinierte Wunden versus unkomplizierte Wunde<br />
Wundschock: Wunde blutet bei Entstehung nicht<br />
Wundstupor: Wunde schmerzt bei Entstehung nicht
Chronische Wunden<br />
langsame Entstehung<br />
Immer infizierte Defektwunden ohne Heilungstendenz, ohne Schmerz und ohne Blutung<br />
Ausheilung erst, wenn Ursprung beseitigt<br />
Ulkus z.B. Dekubitus, Ulcus cruris, Ulkus nach Bestrahlung (Röntgenoderm), Ulkus durch<br />
chronische Unterversorgung, Ulkus durch malignen Tumor (Mammakarzinom), Ulzera an<br />
inneren Oberflächen
Chronische Wunden<br />
Fistel z.B. im Verlauf einer Narbe, im Rahmen einer chronischen Entzündung z.B. im<br />
Knochen<br />
Fistelgang, z.T. mehrere Gänge und/ oder Öffnungen<br />
Fistelöffnung<br />
Ätiologie: angeborene und erworbene Fisteln<br />
Ort des Ursprungs: komplette (Ende in Hohlorgan) und inkomplette (blindes Ende) Fisteln<br />
Ort der Mündung: äußere und innere Fisteln<br />
Gewebeaufbau: Röhrenfisteln (Granulationsgewebe im Fistelgang → können von allein<br />
heilen) und Lippenfisteln (innere und äußere Haut stoßen aneinander → heilen nie von<br />
allein) z.B. künstlicher Darmausgang
Wundheilung<br />
Heilung = Vorgang des Baustoffwechsels<br />
Blutgefäße und interstitielles Bindegewebe = Voraussetzung d.h. Sehnen und Knochen<br />
brauchen lange zur Heilung<br />
Regeneration = Neubildung des defektiven Gewebes in ursprünglicher Qualität und<br />
Quantität<br />
Epithel<br />
Endothel<br />
Mesothel<br />
z.T. Knochen<br />
z.B. Heilung unter Schorf nach Erosion<br />
Reparation = Defektheilung ⇒ Narbe (kollagen‐ und faserreiches Ersatzgewebe,<br />
funktionell minderwertig)<br />
Oft beide Varianten bei „einer Wunde“
Wundheilung<br />
Primärheilung (Wundhöhle geschlossen) = Sanatio per primem intentionem (p.p.i.)<br />
Streng lokalisierter, abakterieller, steriler Entzündungsvorgang<br />
Sekundärheilung = Sanatio per secundem intentionem (p.s.i.)
Wundheilung<br />
Heilung ausgelöst durch lädierenden Reiz → ........<br />
Unterhaltung durch korpuskuläre und humorale Faktoren<br />
‐ Blutzellen<br />
‐ Hormone<br />
‐ Sessile Zellen<br />
‐ Enzyme<br />
‐ Gewebshormone<br />
‐ Metallionen<br />
‐ Stoffwechselprodukte<br />
‐ Signalpeptide (Zytokine)<br />
Angioneogenese = erster Heilungsschritt → durch Regeneration<br />
Bindegewebe‐Neubildung = zweiter Heilungsschritt → B‐ Lymphozyten und Monozyten<br />
aus Blut → Fibroblasten<br />
Regeneration des Grenzflächengewebes
Wundheilung<br />
Phasen<br />
1. Exsudative Phase/ Phase der vorläufigen Defektauffüllung<br />
2. Resorptive Phase/ Phase der Wundreinigung<br />
3. Proliferative Phase/ Phase des endgültigen Wundverschlusses/ Zellphase<br />
4. Reparative Phase/ Phase der Narbenkontraktion/ Reifungsphase
Wundheilung<br />
1. Exsudative Phase/ Phase der vorläufigen Defektauffüllung<br />
Wundthrombus<br />
Entzündliche Reaktion (Kapillarerweiterung, Plasmadiapedese, Leukozytenmigration)<br />
→ Wundsekretion<br />
→ Ödeme<br />
→ Rötung<br />
→ Schmerz<br />
2. Resorptive Phase/ Phase der Wundreinigung<br />
Zellaktivierung (Kapillarendothelien, Monozyten → Makrophagen < Histiozyten →<br />
Fibroblasten<br />
Lyse<br />
Resorption, Phagozytose (Wundthrombus, Fibrin)<br />
→ trockene, reizlose Wunde<br />
→ bis 3./ 4. Tag (Exsudationsphase/ Vorbereitungsphase)
Wundheilung<br />
3. Proliferative Phase/ Phase des endgültigen Wundverschlusses/ Zellphase/<br />
fibroblastische Phase<br />
Kapilllarneubildung<br />
Bildung von Granulationsgewebe (Grundsubstanz, Fibrozyten, kollagene Fasern)<br />
Regeneration des Grenzflächengewebes<br />
→ granulierende Wunde<br />
→ rote Narbe<br />
→ 7. bis 14. Tag<br />
4. Reparative Phase/ Phase der Narbenkontraktion/ Reifungsphase/<br />
Differenzierungsphase/ Kollagenphase/ Regenerationsphase<br />
Abnahme des Wassergehaltes, der Zellzahl, Vaskularisierung im Ersatzgewebe<br />
→ Narbenkontraktion<br />
→ blasse Narbe<br />
→ bis 6. Woche
Wundheilung<br />
Wundheilungsstörungen<br />
Frühstörungen (Phase 1 bis 3)<br />
Spätstörungen (Phase 4)<br />
Hypersekretion, mangelnde Sekretresorption → Serom<br />
Nachblutung → Hämatom → Wundränder werden auseinander gedrängt<br />
Wunddestiszenz → Aufreißen der Wundränder nach Phase 3; Ursache: Infektion,<br />
Durchblutung ↓, Granulationsgewebe bildet sich mangelhaft)<br />
Wundrandnekrose<br />
Wundinfektion<br />
Verzögerte Wundheilung<br />
Narbenhypertrophie (Granulationsgewebe um Wundränder erhaben)<br />
Narbenkeloid (Einlagerung von Kalk in die Narbe)<br />
Narbenkontraktur (übermäßige Schrumpfung der Narbe, Gelenke nur eingeschränkt<br />
beweglich)
Wundheilung<br />
Wundtoilette nach FRIEDRICH<br />
Chirurgischer Eingriff an Gelegenheitswunden → totaler Wundverschluss<br />
Überführung von kontaminierter in sterile Wunde<br />
Blutstillung, Fremdkörperentfernung<br />
Nicht zu empfehlen, wenn Wunde schon länger als 8 Stunden besteht (dann nicht primär<br />
verschließen!)<br />
Wenn Wundverschluß nicht spannungsfrei möglich („Rollschinkenphänomen“) →<br />
Alternative: Hautransplantat dazwischen setzen<br />
Kontraindikationen:<br />
− Klinisch erkennbare, infektiöse bzw. septische Wunde z.B. Abszesseröffnung<br />
− Bisswunden<br />
− Schusswunden
Wundheilung<br />
Wundtoilette nach FRIEDRICH<br />
Alternativen:<br />
Wunden offen lassen → Sekundärheilung (dauert aber lang bei großen Wunden)<br />
Nach bestimmter Zeit: verzögerte Naht<br />
Nach erster und zweiter Phase der Wundheilung = verzögerte Primärnaht<br />
In dritter Phase der Wundheilung = Sekundärnaht<br />
Weichteilrekonstruktion
Weichteilrekonstruktion<br />
• freie Haut / Spalthaut → heilt leicht, Diffusionsversorgung, große Flächen abdeckbar<br />
(Meschcraft) aber: gering belastbar, Kontrakturneigung, z.B. von O‐ Arm, Schenkel,<br />
U‐Arm, glatter Fläche am Rumpf<br />
• Vollhaut : hochbelastbar (für Hand u. Fuß) elastisch, aber keine gute Heilung,<br />
Spenderbezirk muss gedeckt werden, limitierte Größe,<br />
Spenderregion: Gelenkbeugeseite, O‐Schenkel, Leiste, Bauch<br />
• kleine lokale Hautlappen: z.B. am Finger als Rotations‐/ VY‐ oder Visirlappen<br />
• lokale Insellappen ( Problem der Blutversorgung!!!)<br />
• langstreckig gestiele Lappen: erhaltene durchblutungssichernde Verbindung zum<br />
Spendegebiet ist vorrausgesetzt, Z.B. Radialislappen (Leitstruktur: A. radialis),<br />
Suralislappen (N. suralis), zur Deckung an Hand, Ellbogen oder frei überall hin<br />
• freie mikrovaskuläre Lappen : vollständige Lösung von Spendergebiet mit<br />
mikrovaskulärem Anschluß im Empfängergebiet, Vorraussetzung sind präOP<br />
Angiographie und Opmikroskop; Vorteile: einzeitige Rekonstruktionen, teils unabhängig<br />
von lokalen Gegebenheiten, Lappen infektresistent druch eigene Durchblutung;<br />
Nachteil lange OP‐Zeit und erhöhtes Risiko; z.B. Gracilislappen oder lat. O‐Armlappen
Keimbesiedlung:<br />
Sterile Wunden (∅ Mikroorganismen) z.B. Operationswunden, thermische und<br />
chemische Wunden z.B. Verätzungen<br />
Unsterile Wunden z.B. Gelegenheitswunden bes. durch Tiere oder Menschen<br />
Kontamination („einfaches“ Vorhandensein von Mikroorganismen)<br />
Infektion (Invasion von Keimen ins Gewebe) ⇒ entzündliche Reaktion<br />
Abhängig von<br />
Zustand/ Ätiologie der Wunde z.B. Schnittwunde ↔ Zerreißen der Wundränder<br />
Abwehrfähigkeit des Patienten<br />
Qualität der Versorgung ⇒ Ziel: Sterilität
Wundinfektion<br />
Lymphangitis (L‐ Gefäße)/ Lymphadenitis (LK):<br />
lokale Entz., roter Streifen, „Blutvergiftung“ , meist durch Streptokokken;<br />
TH.: Ruhigstellung, Abgabe, wenn LK betroffen<br />
Chirurg. Infekte : Abzesse, Phlegmone, Erysipel, Empyem, Osteomyelitis
Entzündung<br />
= lokale Abwehrreaktion<br />
= lokale Adaptationsreaktion<br />
hier: infektiöse Erkrankung (bes. durch Bakterien, seltener durch Parasiten; viral: nur<br />
Tollwut bedeutend für Wundversorgung)<br />
Infektionsquelle: exogen oder endogen<br />
Infektionsmodus/ ‐weg:<br />
Penetration oder Fortleitung, Inokulation (meist während OP)<br />
Herdinfektionen<br />
akut, exsudativ, destruktiv vs. chronisch, granulierend<br />
pyogen/ purulent → eiterbildend<br />
putrid/ nekrotisierend<br />
toxisch (aerob oder anaerob) → Toxinbildende Mikroorganismen (Tetanus, Gasbrand)
Entzündung<br />
Erreger:<br />
Staphylokokken<br />
Streptokokken<br />
Enterokokken<br />
Klebsiellen<br />
Proteus<br />
Pseudomonas<br />
E. coli<br />
Clostridien<br />
- Wundinfektionen<br />
- Abszess<br />
- Phlegmone<br />
- Empyem<br />
- Gangrän<br />
- Furunkel/ Karbunkel<br />
- Panaritium
Entzündung<br />
Symptome: lokal und/ oder allgemein<br />
5 Kardinalsymptome der Entzündung<br />
KALOR = Wärme<br />
DOLOR = Schmerz<br />
RUBOR = Rötung<br />
TUMOR = Schwellung<br />
FUNCTIO LAESA = eingeschränkte Funktion<br />
Außerdem:<br />
Fieber (intermittierend)<br />
Leukozytose<br />
BSG ↑<br />
Akute‐ Phase‐ Proteine ↑ z.B. CRP
Entzündung<br />
Chirurgische Therapieprinzipien<br />
Lokalbehandlung: „Ubi pus ibi evacua“<br />
Chirurgische Eröffnung des septischen Herdes und Entfernung des Inhaltes<br />
Beseitigung der Infektionsquelle (chirurgisch und antibiotisch)<br />
Inzision in gleicher Ausdehnung wie Infiltration<br />
Punktion/ Drainage, wenn begrenzte Infektion im Körperinneren z.B. Leberabszess →<br />
wenn nicht möglich: operative Freilegung<br />
Indikationen für Antibiotika (systemisch):<br />
• Infektionsquelle nicht zu beseitigen<br />
• Septischer Herd nicht lokal begrenzt z.B. diffuse Peritonitis<br />
• Systemische Infektion z.B. Septikämie, Toxinämie, Bakteriämie
Entzündung<br />
Abszess<br />
Eiteransammlung in nicht vorgebildeten Hohlräumen (im Weichgewebe) → später von<br />
Abszessmembran/‐ kapsel umschlossen<br />
Beispiele:<br />
Spritzenabszess nach i.m.‐ Injektion<br />
Lymphknotenabszess zervikal nach Injektion in Mundhöhle<br />
Perityphlitischer Abszess (typhlon = Blinddarm, hier: Zökom) → Erreger aus Appendix,<br />
nicht Zökum, durch Penetration in Bauchwand<br />
Hämatogener Abszess = metastatischer Abszess (Bakteriämie → Sepsis → Pyämie)<br />
(meta = hier: danach, hinterher; stasis = das Stehen → d.h. nach dem eigentl. Geschehen)
Entzündung<br />
Phlegmone<br />
Eiteransammlung im Weichgewebe → diffuse Infiltration mit eitrigem Exsudat<br />
Streptokokken<br />
Suis generis → allein d.h. ∅ als Sekundärerscheinung<br />
Begleiterscheinung z.B. beim Abszess in der Umgebung<br />
Rötung nicht gut begrenzt, Palpation: nicht umgrenzte, sondern diffuse Schwellung<br />
Bsp.:<br />
Loch im Duodenum→ Bauchwandphlegmone<br />
Bauchhöhlenempyem → Bauchwandphlegmone<br />
Gallenblasenempyem → Gallenblasenwandphlegmone
Entzündung<br />
Empyem<br />
Eiteransammlung in anatomisch vorgeprägter Höhle<br />
Beispiele:<br />
Schädelhöhle<br />
Bauchhöhle<br />
Brusthöhle<br />
Gelenkhöhle<br />
Gallenblase<br />
Appendix<br />
Körperhöhlen<br />
Hohlorgane
Entzündung<br />
Gangrän<br />
Infektion einer Gewebsnekrose<br />
Primäre putride Infektion (Gewebeuntergang)<br />
Aseptische Nekrose durch Ischämie mit sekundärer Infektion<br />
Diabetische Gangrän = Mischform (Infektion und Verschluss der Gefäße) → bes.<br />
subkutan<br />
FOURNIERsche Gangrän = Infektion der Perinealregion (Bacillus subtilis) → † nach<br />
einigen Tagen durch toxischen Schock
Entzündung<br />
Furunkel<br />
Infektion der Haarbalgdrüsen<br />
Zentrale Nekrose mit Phlegmone darum<br />
Mehrere konfluierende Furunkel = Karbunkel<br />
Schweißdrüsenabszess<br />
Eitrige Entzündung der Schweißdrüsen
Entzündung<br />
Panaritium<br />
Entzündungen an Fingern/ Füßen an nicht behaarten Stellen<br />
Formen:<br />
Cutaneum<br />
Subcutaneum („Kragenknopfabszess“)<br />
Parunguale (rund um den Nagel)<br />
Subunguale (unter Nagel)<br />
Ossale (Knochen) → vorher: Osteomyelitis<br />
Articulare Tendinosum<br />
Kombination möglich
Entzündung<br />
Toxische Infektionskrankheiten<br />
Tetanus und Gasbrand<br />
Relativ selten<br />
Unbehandelt letal<br />
Zwar primär Herdinfektion, aber schnell generalisiert<br />
Erreger:<br />
→ Clostridium tetani<br />
→ Clostridium histolytica/ perfringens (WELCH‐ FRAENKELscher Bacillus, novyi,<br />
speticum, haemolyticum,....)
Entzündung<br />
Toxische Infektionskrankheiten<br />
Tetanus und Gasbrand<br />
Charakteristik:<br />
Erreger: Clostridien (grampositive anaerobe Stäbchen)<br />
Pathogenität: Ektotoxine (Tetanustoxin/ ‐spasmin bzw. verschiedene Exotoxine beim<br />
Gasbrand)<br />
Vorkommen: ubiquitär, saprophytär ⇒ ständige Gefahr der Aquirierung (Mensch: Träger<br />
auf Haut und im GIT)<br />
Infektionsmodus; endogen und exogen<br />
Umgebungsbedingungen:<br />
Herabgesetzte Sauerstoffspannung<br />
Offengelassene Gelegenheitswunde bei Bestehen von Wundbuchten und devitalisiertem<br />
Gewebe<br />
Lokale Ischämie z.B. AVK, LOGENS‐ Syndrom<br />
Mischflora aus aeroben und anaeroben Mikroorganismen
Entzündung<br />
Toxische Infektionskrankheiten<br />
Tetanus und Gasbrand<br />
Unterschiede<br />
Kriterium Tetanus Gasbrand<br />
Inkubationszeit 3 bis 4 Tage bis 12 Wo. Wenige Stunden bis 3 Tage<br />
Erreger 1 Mehrere<br />
Toxin 1 Mehrere<br />
Gasbildung ∅ Ja (CO 2 , H 2 S → riechend)<br />
Wandheilungsstörungen ∅ Ja<br />
Symptomatik uniform Multiform<br />
Impfung ja ∅
Gasbrand<br />
10 bis 20 / Jahr in Deutschland<br />
Ursachen: postoperativ (> 50%), Gelegenheitsverletzung<br />
Diagnose:<br />
schwere Missfarbigkeit der Wundumgebung u.a. auf Grund von Hämolysen<br />
Pat. beklagt rezidivierenden heftigen Wundschmerz<br />
Fühlbar → Gewebeemphysem, knisternd<br />
Bakterien im Mikroskop erkennbar<br />
Riechbar wegen H 2 S<br />
Nach Eröffnung erkennbar: MK sieht gelockt aus aufgrund des Ektotoxins vs. anderer<br />
Infektionen mit Gasbildung (hier ∅ Myonekrosis, daher ∅ Gelocktheit)<br />
Explosionsartige Ausbreitung u.a. weil Clostridium perfringens Hyaluronidase hat
Gasbrand<br />
Weitere Toxine:<br />
Neurotoxische Substanz<br />
Hämotoxische Substanz<br />
Kardiotoxische Substanz<br />
→ Benommenheit, motorische Unruhe, Schläfrigkeit<br />
→ Hämolyse, Ikterus<br />
→ kardiogener Schock<br />
Pat. im Allgemeinen schwerer betroffen, Gesundheitszustand verschlechtert sich schnell<br />
Differenzierung im Krankheitsbild:<br />
Clostridium perfringens → ausgeprägte Myonekrose<br />
Clostridium ödematis novyi → ausgeprägte Ödeme<br />
Clostridium septicum → (Neurotoxin) ↑⇒Benommenheit, Unruhe, sog. Pararauschbrand
Gasbrand<br />
Therapie:<br />
Primär = Keimzahlreduktion ⇒ Toxinreduktion<br />
Großzügige Amputationen bei peripherem Befall<br />
Bei Befall von Körperhöhlen meist keine Rettung<br />
Sekundär = hyperbare Sauerstofftherapie<br />
Tertiär = obligate Antibiotikatherapie (Penicillin)<br />
Quartär = Intensivtherapie<br />
Ergebnisse:<br />
Unbehandelt: 100% Letalität<br />
Behandelt: 70 bis 80% Letalität<br />
Prophylaxe:<br />
Sorgfältige Wundtoilette, OP‐ Hygiene
Tetanus<br />
In Mitteleuropa 1 von 1 Mio. Einwohner (in Kriegsgebieten häufiger)<br />
Ausgelöst durch Tetanusspasmin<br />
Hohe Affinität zum ZNS<br />
Per Aszension an Nervenbahnen u./o. Toxinämie<br />
Wirkung:<br />
Hemmung der Freisetzung inhibitorischer Transmitter am motorischen Endneuron<br />
Quergestreifte Muskulatur betroffen<br />
Pat. mit Muskelkrämpfen (Spannungszeichen und tonischer Krampf)<br />
Zunächst mimische Muskulatur betroffen, sog. Risus sardonicus oder Facies tetanica<br />
Dann Kaumuskulatur betroffen u.a. Masseter →∅Mundöffnung = Trismus<br />
Dann Nacken‐ und Rückenmuskulatur = Opistotonus (opisten = nach hinten gebeugt)<br />
Bauch‐ und Armmuskulatur<br />
Pharynx‐. Larynx‐ und Atemmuskulatur (unbehandelt ⇒ Erstickung)<br />
z.T. tonischer Krampf durch Kloni (Wechsel zwischen Muskulaturkontraktion und –<br />
dilatation aufgrund von Nervenimpulsen z.B. schwacher Lichtreiz)<br />
Pat. im vollen Bewusstsein ohne Sepsis oder dergleichen
Tetanus<br />
Therapie:<br />
Tetanusspasmin aus ZNS nicht durch Eingriff eliminierbar<br />
Wohl aber der Erreger, der immer lokal begrenzt bleibt, ∅ systemische Ausbreitung<br />
Chirurgische Exzision und systemische Antibiotikatherapie<br />
Passive Impfung bei Erkrankung<br />
Desweiteren symptomatische Behandlung → Muskelrelaxantien<br />
Unbehandelt: Erstickungstod<br />
Behandelt: u.U. 50% Letalität durch während Intensivtherapie aufgepfropfte Infektionen<br />
z.B. Lobärpneumonie<br />
Grundgeimpfte gegen Tetanus sterben in der Regel nicht, evtl. Kopftetanus<br />
Cave: je länger die Inkubationszeit, desto leichter verläuft die Tetanusinfektion
Tetanus<br />
Impfseren:<br />
Tetanustoxoid = Immunogen ohne typisch toxische Wirkung<br />
• Adsorbatimpfstoffe z.B. Tetasorbat®, Tetanol®, Tetavox®, T‐ minum®<br />
• Fluidimpftstoff z.B. Tetamun®<br />
Ak = HTAT (humanes Tetanus AntiToxin) / IgG z.B. Tetagam®, Tetanobolin®
Tetanus<br />
Impfschema:<br />
Aktive Prophylaxe<br />
Gabe von Tetanustoxoid d.h. Ag<br />
Dreimal (2.Impfung nach 4 bis 6 Wochen, 3.Impfung nach 1 bis 2 Jahren)<br />
Grundimmunisierung<br />
Nicht im Verletzungsfall<br />
Simultanprophylaxe<br />
Gabe von Tetanustoxoid und Ak (200 bis 500 IE)<br />
Gleiches Impfschema wie oben<br />
Im Verletzungsfall möglich<br />
Impftherapie<br />
Gleiches Impfschema wie oben<br />
Tetanustoxoid und Ak (300 bis 6000 IE täglich)
Tetanus
Tetanus<br />
Nota bene: Arzt ist verpflichtet, sich über Impfstatus innerhalb von 24 h zu informieren<br />
→ wenn unbekannt: Annahme, dass keine Immunisierung → Patient undbedingt zur<br />
Impfung raten (sonst KUNSTFEHLER)<br />
Impfstatus erfragen (Impfausweis ?)<br />
→ wie viele Injektionen ?<br />
→ wann letzte ?<br />
unbekannt = ohne Impfschutz<br />
↓<br />
Simultanimmunisierung<br />
Bsp.: Patient einmal aktiv immunisiert, dann<br />
< 2 Wo. am selben Tag einmal passiv, nach 2 bis 4 Wo. und 6 bis 12 Mon. nochmals<br />
‐ 2 bis 8 Wo. am selben Tag einmal passiv und aktiv, dann nach 6 bis 12 Mon. nochmals<br />
> 8 Wo. vollständige aktive und passive Immunisierung
Fraktur<br />
vollständige Durchtrennung des Knochens<br />
durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung<br />
Ätiologische Fraktureinteilung<br />
• traumatologisch (Stoß, Schlag, Geschoss, Aufprall)<br />
• pathologisch (= Fraktur ohne adäquates Trauma) bei Knochentumoren,<br />
(osteolytischen) Knochenmetastasen, hochgradiger Osteoporose<br />
• Ermüdungsfrakturen: Schleichende Fraktur durch Überbelastung bei chronischer<br />
Schwäche und Mikrotraumen, meist ohne Fragmentdislokation
Formen von Frakturen<br />
‐ Geschlossene Frakturen<br />
‐ Offene Frakturen<br />
‐ Inkomplette, komplette Frakturen<br />
‐ Nicht dislozierte und dislozierte Frakturen<br />
‐ Kindliche Frakturen
Geschlossene Frakturen<br />
Einteilung des Weichteilschadens n. TSCHERNE U. OESTERN (1982)<br />
G0 Unbedeutende Weichteilverletzung<br />
G1 Oberflächliche Schürfung oder Kontusion durch Fragmentdruck von innen<br />
G2 Tiefe kontaminierte Schürfung, Muskelkontusion drohendes Kompartrnentsyndrom<br />
G3 Ausgedehnte Hautkontusion, Zerstörung der Muskulatur, subkutanes Decollement<br />
Hauptgefäßverletzung oder dekompensiertes Kompartmentsyndrom
Offene Frakturen<br />
Einteilung n. TSCHERNE U. OESTERN (1982):<br />
O1 Durchspießung eines spitzen Knochenfragments durch die Haut von innen<br />
(punktförmige Verletzung)<br />
O2 Ausgedehnte Weichteilverletzung u. Gewebekontusion über dem Frakturgebiet<br />
O3 Ausgedehnte Weichteilzerstörung (tiefere Strukturen, wie Muskel, Gefäß, Nerven)<br />
mit freiliegender Fraktur<br />
O4 Subtotale Amputation (Extremität hängt nur noch an einer Weichteilbrücke)
A0‐Klassifikation (Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese, 1958, Davos)<br />
Frakturierter Knochen<br />
Knochensegment<br />
Morphologie<br />
alle Frakturen eines Knochensegments in 3 Typen, je in 3 Gruppen und 3 Untergruppen<br />
Orientiert sich am Schweregrad der Fraktur, Schwierigkeitsgrad der Behandlung zur<br />
Abschätzung der Langzeitprognose und Therapieplanung<br />
lange Röhrenknochen in proximales, diaphysäres und distales Segment<br />
Malleolen‐Fuß‐ 4. Segment<br />
diaphysär: einfach → Typ A<br />
mehrfragmentär, Keile → Typ B<br />
mehrfragmentär, komplex → Typ C
Weichteilschaden bei offenen und geschlossenen Frakturen<br />
AO‐Klassifikation (Arbeitsgemeinschaft fur Osteosynthese zum gleichzeitigen<br />
Weichteilschaden bei Frakturen:<br />
I. Geschlossene Hautverletzung: IC1 ‐ IC5 Integument closed,<br />
Stadium 1 ‐ 5 = keine Hautverletzung bis Nekrose durch Kontusion)<br />
II.<br />
Offene Hautverletzung: I01 ‐ I05 Integument open,<br />
Stadium 1 ‐ 5 = Hautdurchspießung von innen bis ausgedehntes Decollement<br />
III. Muskel‐ und Sehnenverletzung: MT1 ‐ MT5 muscle + tendon,<br />
Stadium 1 ‐ 5 = keine Verletzung bis Logensyndrom<br />
IV. Neurovaskuläre Verletzung: NV1 ‐ NV5 nerves + v‐essels,<br />
Stadium 1 ‐ 5 = keine Verletzung bis subtotale Amputation mit neurovaskulärer<br />
Durchtrennung
Inkomplette Frakturen<br />
ohne komplette Kontinuitätsdurchtrennung Fissuren, subperiostale Infraktionen<br />
Grünholz‐Bruch (Kinder), Bowing‐Fraktur (fixierte Biegung, plastische Verformung)<br />
Komplette Frakturen<br />
Vollständige Durchtrennung des Knochens
Nicht dislozierte und dislozierte Frakturen<br />
Dislocatio<br />
ad axim Achsenknick<br />
ad latus seitliche Fragmentverschiebung<br />
ad peripheriam Drehfehler durch Rotation der Fragmente<br />
ad lonqitudinem: cum contractione = Verkürzung<br />
cum distractione = Verlängerung
Kindliche Frakturen<br />
Grünholzfraktur<br />
Kortikalis ist ganz oder teilweise gebrochen, Periostschlauch intakt, meist distaler<br />
Unterarm<br />
Wulstfraktur<br />
metaphysärer Wulst, Knochenfragmente sind ohne Dislokation ineinander geschoben<br />
Bowing‐fracture<br />
Knochen verbogen, viele kleine Haarrisse<br />
Epiphysenverletzungen
Epiphysenverletzungen<br />
bei Kindern, eingeteilt nach Verlauf der die Epiphysenfugenlösung begleitenden Fraktur<br />
in Bezug auf die Epi‐ und Metaphyse (AITKEN, 1935; SALTER Und HARRIS, 1963)<br />
Altken 0 = Salter I<br />
Altken I = Salter II<br />
Altken II = Salter III<br />
Altken III = Salter IV<br />
Altken IV = Salter V<br />
Epiphysiolyse ohne Begleitfraktur<br />
Partielle Epiphysiolyse mit Begleitfraktur gegen die Metaphyse<br />
= Aussprengung eines metaphysären Fragments<br />
Partielle Epiphysiolyse mit Begleitfraktur gegen die Epiphyse<br />
= Epiphysenfugenfraktur<br />
Fraktur durch Epi‐ und Metaphyse<br />
Axiale Stauchung der Epiphysenfuge = Crush‐Verletzung<br />
Komplikationen: Wachstumsverzögerung, ‐stop, Schiefwachstum, überschießendes<br />
Längenwachstum
Einteilung der Frakturen nach der Lokalisation<br />
‐ Schaftfraktur<br />
‐ Gelenkfraktur (mit Beteiligung der Gelenkfläche)
Bruchformen<br />
‐ Fissur: Knochenriss<br />
‐ Infraktion: Spaltbruch<br />
‐ Quer‐ Schrägfraktur: schräg zur Längsachse, kurze/starke Gewalteinwirkung<br />
‐ Torsionsfraktur: spiralförmig, Knochen wurde verdreht, mit od. ohne Drehkeil<br />
‐ Biegungsfraktur: Biegungskeil durch Überschreiten der Knochenelastizität<br />
‐ Abrissfraktur<br />
‐ Kompressionsfraktur<br />
‐ Stückfraktur (Zweietagenfraktur, in geringem Abstand zweimal gebrochen)<br />
‐ Etagenfraktur (mehrere Frakturen an einem Knochen (in verschiedener Höhe)<br />
‐ Mehrfragmentfraktur (4‐6 Fragmente)<br />
‐ Trümmerfraktur (> 6 Fragmente)<br />
‐ Defektfraktur
Mehrfachverletzungen<br />
Serienfraktur<br />
Mehrere Frakturen an einer Extremität oder Rippen<br />
Polyfraktur<br />
Frakturen mehrerer Extremitäten
Sichere Frakturzeichen<br />
Groteske Fehlstellung<br />
Abnorme Beweglichkeit<br />
Sichtbare Fragmente (offene Fraktur)<br />
Krepitation<br />
Röntgenologischer Nachweis<br />
Unsichere Frakturzeichen<br />
Schwellung<br />
Hämatom<br />
Functio laesa<br />
Schmerz
Diagnose<br />
1. Anamnese<br />
(Unfallhergang: Anprall, Sturz aus großer Höhe, Hochgeschwindigkeitsverletzung)<br />
2. körperliche Untersuchung (Begleitverletzungen, Weichteilschäden)<br />
3. Röntgen<br />
immer in mind. 2 Ebenen (Seitenvergleich mit der nicht verletzten Seite im<br />
Zweifelsfall, insb. im Kindesalter mit offenen Epiphysenfugen,<br />
angrenzende Gelenke mit röntgen
Frakturheilung<br />
primäre<br />
angiogen, Kontaktheilung mit Osteoüberbrückung des Frakturspaltes ohne Kallusbildung<br />
sekundär<br />
Hämatom => Organisierung => Einsprossung von Fibroblasen<br />
chondrogene => desmale Ossifikation => Kallus => wird zu lamellären Knochen<br />
umgebaut
Fraktur Therapie<br />
!!! LIFE SAVING (Polatrauma –Score)<br />
Vor LIMB SAVING ( MESS‐ Amputations‐Score)<br />
vor DISABILITY LIMITING‐ SURGERY<br />
wenn die Verletzung und der Patient (und seine Bedürfnisse) erkannt werden,<br />
passt die Therapie maßgeschneidert !!!!
Fraktur Therapie<br />
Klassifizierung<br />
A „golden Standard“ bestens bewährt<br />
B bewährt, relative Indikation<br />
C Ausnahme erweiterte Indikation<br />
D keine Indikation , nachteilig<br />
E Behandlungsfehler<br />
F Behandlungsfehler (absolut Falsch!!! Grober Fehler)
Fraktur Therapie<br />
BÖHLER (1929) „ Die Technik der Knochenbruchheilung“ – alles, was reponiert und<br />
retiniert werden kann, kann konservativ behandelt werden!<br />
BIOmechanik: Auswirkung mechan. Bedinugngen auf den lebenden Organismus im Lauf<br />
der Zeit<br />
Biomechan. Osteosynthese: Auswirkung meschn. Bed. Auf die Qualität der<br />
Knochenheilung im Lauf der Zeit
Fraktur Therapie<br />
Prinzip<br />
Anatomische Reposition + Fixation + Ruhigstellung und<br />
funktionelle Übungsbehandlung zur Wiederherstellung der Funktion<br />
Keine Rotationsfehlstellungen belassen, Achsenabknickungen sind bei Kindern bis 30°<br />
und Seitverschiebungen bis Schaftbreite tolerierbar<br />
• Funktionell (ohne Fixation z B. subkapitale Humerusfraktur od. eingestauchte<br />
Schenkelhalsfraktur)<br />
• Konservativ<br />
• Operativ<br />
Bei jeder Immobilisation (Gips, Schienen etc. grundsätzlich Thromboseprophylaxe (heute<br />
meist mit fertigen niedermolekularen Heparinspritzen, 1 x tgl. s.c. Applikation insb. zu<br />
Hause durch den Pat. selbst)<br />
Bei offenen Frakturen / ausgedehntem Weichteilschaden perioperative i.v.‐Antibiose,<br />
z.B. Cefuroxim Zinacef od. Oxacillin Stapenor)
Fraktur Therapie<br />
konservativ<br />
Schlinge, stützende Verbände, Schienung, Gips, Dauerextension, Schiene,<br />
Brace (Heilung durch Kompression)<br />
Ligamentotaxis<br />
Intakte Bänder reponieren und fixieren den Bruch, z.B. bei Handgelenkfrakturen<br />
Vorteile:<br />
kein OP‐Risiko, keine Infektionsgefahr, keine ME, kein KH<br />
Nachteile:<br />
schlechtere Reposition, lange Immobilisation, M. Sudeck. Frakturkrankheit, Achsfehler,
Fraktur Therapie<br />
konservativ<br />
Gips<br />
Gipsfixation der Fraktur in Funktionsstellung über benachbarte Gelenke<br />
Bei frischem Trauma immer gespaltener Gips! oder Gipsschiene, wegen möglicher<br />
Schwellungen. Polsterung vorstehender Knochenteile. Hochlagerung.<br />
Bei Beschwerden im Gips, immer sofortige DMS‐Kontrolle<br />
Cave Druck‐, Kompressionsschäden, Stauung, Ödembildung<br />
Patient hat recht, wenn er sagt, dass es drückt.
Fraktur Therapie<br />
konservativ<br />
Extension<br />
Einbringen eines Kirschner‐Drahtes in den distalen Anteil der Fraktur (z.B. Calcaneus<br />
Tibiakopf od. suprakondylär am Fernur) Zug am distalen Fragment und Lagerung der<br />
Extremität auf einer Lagerungsschiene (Braunsche Schiene) oder mit Gips =<br />
Extensionsgips. Heute meist nur vorübergehende Maßnahme bis zur Op.<br />
Kompl: Kapselbandapparatlockerung, Bohrdrahtosteomyelitis ,Schienendruckschäden<br />
(N.peronaeus), Immobilisaon → Thrombembolien, Dekubitalgeschwüre
Fraktur Therapie<br />
Operatives Osteosyntheseprinzip<br />
Reposition + Adaptation (ggf. mit Kompression des Frakturspaltes + Fixation<br />
Innerhalb von 6 ‐ 8 Std. nach dem Trauma Op. noch sofort möglich, sonst erst nach<br />
Abschwellung d. Bereiches (mittels Hochlagerung, intermittierenden Impulskompression<br />
und Kühlung) um die Fraktur nach 2 ‐10 Tagen.<br />
Erreichbare Stabilität: Lagerungsstabil < übungsstabil < belastungsstabil, angestrebt wird<br />
möglichst mindestens Übungsstabilität.<br />
Heute gefordert: sog. "biologische Osteosynthese ‐nur minimale zusätzliche<br />
Traumatisierung durch die Operation (Schonung der periostalen Blutversorgung und des<br />
Weichteilmantels durch das Osteosynthesematerial (kleinstmöglicher Eingriff)
Frakturtherapie<br />
Osteosynthese<br />
Trauma so gering wie möglich, innerhalb der ersten Stunden<br />
(danach zuviel Hämatom, Schwellung, Entzündung)<br />
lagerungstabil<br />
übungsstabil<br />
belastungsstabil<br />
OP bei: offenen Frakturen, dislozierte Gelenkfrakturen, Mehrfachverletzungen,<br />
Oberschenkelfrakturen beim Erwachsenen, Pseudarthrosen, Epiphysenfrakturen
Fraktur Therapie<br />
Fixationsmöglichkeiten, Osteosynthesematerial<br />
Intra‐ (Marknägel) oder extramedulläre Kraftträger (Platten)<br />
Fixateure externe, Spickdrähte aus Chrom‐Nickel‐Molybdän‐Stahl oder Titan (Vorteil<br />
keine allergische Potenz, Nachteil, weich, teuer)<br />
In Erprobung Platten und Schrauben aus bioresorbierbarem Material (Poly‐L‐Lactid)<br />
Vorteil: keine operative ME mehr nötig<br />
Nachteil: noch Fremdkörperreaktionen, verkleinerte Platten u. Schrauben neuester<br />
Generation sind hier aber bereits besser verträglich
Frakturtherapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
intra‐/extramedulläre Kraftträger<br />
Plattenosteosynthese: axiale Kompression durch Zuggurtung, z.B.: Trümmerfrakturen<br />
Schrauben: fixieren das distal gelegene Fragment am schraubenkopfnahen Fragment<br />
Spongiosaschrauben<br />
Kortikalisschrauben: durchgehendes Gewinde<br />
Marknägel: Stabilisierung langer Röhrenknochen, ggf. Verriegelnungsnägel, KI: lokale<br />
Infektion, offene Fraktur, Epiphysenverletzungen bei Kindern<br />
Prevotnägel<br />
Kirschnerdrähte: fixieren intraoperativ vor endgültiger Stabilisierung, auch als<br />
Adaptationsosteosynthese oder Extensionsdrähte<br />
Zuggurtung durch Drahtschlinge: Patellar‐ Olekranonfrakturen, Übungsstabil<br />
Verdundosteosynthese: bei pathologischen Frakturen, mit Zement<br />
DHS, Kondylenplatte, Winkelplatte: hüftnahe Oberschenkelbrüche<br />
Fixateur externe: bei offenen Frakturen, Beckenringfrakturen<br />
Dynamische Kondylenschraube: Femurfrakturen
Frakturtherapie<br />
Osteosynthese<br />
Vorteile:<br />
schneller Belastung möglich, bessere Ruhigstellung, seltener Pseudarthrose, keine<br />
Kallusbildung,<br />
Nachteile:<br />
OP‐Trauma, Narkose, Metallentfernung
Metallentfernung (ME)<br />
Entfernung bei allen jungen Patienten oder sehr großen od. störenden Implantaten<br />
indiziert. Bei alten Pat. oder Pat. mit eingeschränkter Lebenserwartung kann das<br />
Implantat meist belassen werden.<br />
Zeitpunkt: Je nach Frakturart nach ca. 6 ‐ 24 Monaten, Spickdrähte nach Konsolidierung<br />
der Fraktur, Stellschrauben nach 6 Wo. Bei Kindern möglichst rasche ME.
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Spickdraht<br />
Bohrdraht (wird direkt in den Knochen eingebohrt zur Fixation der Fragmente<br />
gegeneinander)<br />
Indikation: insb. Epiphysenfugenverletzungen abgekippte Radius‐, Mittelhandfrakturen<br />
Durchführung der Spickung Darstellung der Fraktur, Reposition u. Spickung als:<br />
• Offene Spickung (offene Op., offene Darstellung der Frakturzone<br />
• Perkutane Spickung (geschlossenes Verfahren, Einbringen der Bohrdrähte unter<br />
Bildwandlerkontrolle → Adaptationsstabilität bis Übungsstabilität
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Schrauben<br />
als Kortikalis‐ oder Spongiosaschraube (Je nach Lokalisation und<br />
Knochenbeschaffenheit):<br />
• Schrauben zur Plattenfixation<br />
• Zugschraube (solitär): Zur Fixation und Kompression zweier Fragmente aneinander<br />
(mit Gewindebohrung nur im dist. Fragment)<br />
• Stellschraube: Zur temporären Fixation zweier Knochen in einer Stellung (z.B.<br />
Tibia‐Fibula bei Sprengung der Syndesmose
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Platten<br />
• Spann‐Gleitlochplatten = DC‐Platten (= dynamic compression mit exzentrischer<br />
Bohrung b die Schrauben gleiten auf einer schiefen Ebene, dadurch wird eine<br />
dynamische Kompression auf den Frakturspalt erzeugt<br />
• LC‐Platten (= limited contact liegen nicht mehr komplett auf dem Knochen auf (nur zu<br />
ca. 50 %) a bessere Heilung, weniger Mikrozirkulationsstörungen am Periost. Heute als<br />
LC‐DC‐Platten verwendet.<br />
• LISS‐Platten (= less invasive Stabilisation System, auch MIPPO genannt = minimierte<br />
invasive perkutane Plattenosteosynthese), anatomisch vorgeformte Platten, die über<br />
eine Stichinzision entlang des Knochens eingeschoben werden. Die Schrauben werden<br />
dabei perkutan und nur auf einer Kortikalisseite eingedreht (a weniger Traumatisierung<br />
und sind in der Platte winkelstabil (Ind: dist. Fernur + prox. Tibia
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Platten<br />
• Gerade Rundlochplatten (werden kaum noch benutzt)<br />
• Platte mit Plattenspanner (bei Rundlochplatten)<br />
• Rohrplatten (sind im Profi gebogen) in %‐, 1/3‐ und '/‐Rohr<br />
• T‐Platten und L‐Platten einfach und doppelt abgewinkelt<br />
• Löffel‐, Kreuz‐ und Kleeblattplatten<br />
• Winkelplatten z.B. 130° (Schenkelhalsfrakturen, Kondylenplatte 95°)
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Zupgurtung<br />
An Spickdrähten und/oder Schrauben unter Spannung angebrachte<br />
Drahtschlinge = Zerklage (zur Kompensation von Zugkräften durch Muskelsehnenansätze<br />
an dem Fragment, wandelt Zug‐ in Druckkräfte)
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Nägel<br />
Marknägel = intramedulläre Kraftträger (Vorteil: meist belastungsstabile Osteosynthese<br />
vorgebohrt oder nur eingeschlagen, ohne oder mit Verriegelung (quere Schraube durch<br />
Knochen und Nagel → Stabilität gegen Torsionsbewegungen<br />
Formen: Bündelnägel, Rush‐pin‐Nägel Seidel‐Nagel od. UHN = unaufgebohrter Humerusnagel<br />
od. TLN = telescopic locking nail (O‐Arm), Gamma‐Nagel (OS‐Hals), Verriegelungsnagel<br />
gebohrt und als UFN/UTN (Fermur, Tibia Ender‐Nägel (Fernur)<br />
K‐Ind: Nicht bei offenen Frakturen (> I°, wegen Infektionsgefahr), heute wird bei offenen<br />
US‐Frakturen der unaufgebohrte Tibianagel (UTN) und bei offenen OS‐Frakturen<br />
der unaufgebohrfe Femurnagel (UFN) dennoch verwendet (mit gutem Erfolg, Vorteil<br />
der unaufgebohrten Nägel: kein zusätzliches Trauma durch das Bohren)
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Fixateur externe<br />
Insb. bei offenen Frakturen mit Weichteildefekten septischer Patient<br />
Formen: Unilateraler Klammerfixateur dynamischer Monofixateur Orthofix Unifix").<br />
V‐förmiger Fixateur, zeltförmiger/triangulärer und Rahmenfixateur (starr, bilateral).<br />
Hoffmann‐II‐Fixateur Pins sind beliebig zu befestigen), Zangenfixateur (= Pinless Fixateur,<br />
die Pans stützen sich nur am Knochen ab und werden nicht eingebohrt ~> kann<br />
für eine vorübergehende Fixation, z.8. auf der Intensivstation eingesetzt werden),<br />
Bewegungsfixateur (für Handgelenkfrakturen), Hybridfixateur<br />
Vorteil: Keine zusätzliche Traumatisierung an der Frakturstelle durch Fixierung fernab der<br />
Frakturstelle, jederzeit Möglichkeit der Frakturkorrektur<br />
Nachteil: Einschränkung der Muskelbeweglichkeit an den Schrauben/Pins (insb. bei den<br />
bilateralen Fixateuren), Kompl: Bohrlochosteitis pin‐tract Infektion)
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Fixateur interne<br />
Prinzip wie beim Fixateur externe, Fixateur liegt aber im Körper<br />
Ind: Wirbelsäulenfrakturen
Fraktur Therapie<br />
Osteosynthesematerial<br />
Verbundosteosynthese<br />
Kombination aus metallischen Implantaten und Knochenzement sowie meist zusätzlich<br />
noch Spongiosaplastik (Ind. insb. bei pathologischen Frakturen oder Defektfrakturen)<br />
• Endoprothesen = alloplastischer Gelenkersatz, als Hemiendoprothesen = HEP (nur<br />
ein Teil des Gelenkes wird ersetzt, z.B. Fernurkopf und als<br />
• Totalendoprothesen = TEP (Kopf + Pfanne eines Gelenkes werden ersetzt, heute<br />
Routine bei Hüft‐ Knie‐und Schultergelenk)
Fraktur Therapie<br />
Knochendefekte<br />
Knochentransplantation<br />
autolog (aus dem Beckenkamm) oder homolog möglich mit Spongiosaplastik im Bereich<br />
der Fraktur ("Ausfütterung")<br />
Ind: Defektfrakturen, hypovitale Fragmente, Fusionsoperationen (WS)<br />
Knochensegmenttransport<br />
= Kallusdistraktion n. ILIZAROV<br />
Ind: Große Defektfrakturen an OS od. US (> 3 cm), vitales (abgetrenntes)<br />
Knochensegment wird über einen Verriegelungsnagel mit einem Transport‐Fixateur ext.<br />
1 mm/Tag weitertransportiert, dahinter bildet sich Kallus, so können mehrere cm<br />
überbrückt werden und es bildet sich ein neuer Ersatzknochen
Komplikationen der Frakturheilung<br />
• Wundinfektion, Osteomyelitis<br />
• Fettembolie<br />
• Crush‐Syndrom<br />
• Volkmannsche Kontraktur<br />
• Frakturkrankheit<br />
• Gefahren durch Immobilisation<br />
• Kompartmentsyndrom<br />
• Sudeck‐Erkrankung (Complex Regional Pain Syndrome Typ I ‐CRPSI)<br />
• Überschießende Kallusbildung<br />
• Verzögerte Bruchheilung<br />
• Refraktur<br />
• Pseudarthrosenbildung<br />
• Sekundäre posttraumatische Arthrose<br />
• Metallimplantatbruch
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Wundinfektion<br />
geschlossene Frakturen 1 ‐ 3 %, offene 5 ‐ 10 %<br />
posttraumatische Osteomyelitis / Ostitis<br />
TH.: Débridement (Nekroseentfernung bis vitales GWB) + Spülung &<br />
Sequesterentfernung;<br />
Stabilisierung, knöcherner Defektaufbau, Weichteildeckung,<br />
AB‐ Therapie, lokal (Ketten) oder system. (Breitband) während OP<br />
STABILISIERUNG & FIX.EXT.<br />
z.B. bei Schaftfrakturen: Marknagel, aufgebohrt ist Nährraum für Bakterien<br />
Bei offenen Frakturen und Polytrauma
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Fettembolie<br />
traumatisch oder intraoperativ bedingt durch Fettaustritt aus der Röhrenknochen<br />
und/oder Fettstoffwechselveränderung durch das Trauma
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Crush‐Syndrom<br />
bei großen Weichteilverletzungen
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Volkmannsche Kontraktur<br />
ischämische Mm. nach Kompartmentsyndrom<br />
z.B. bei suprakondylärer Humerusfraktur, bei Quetschung und direkten Traumata
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Frakturkrankheit<br />
Durch Ruhigstellung und Gefäß‐/Band‐/Muskelschäden bedingte Schwellungsneigung,<br />
Gelenkversteifung, Schmerzen, Muskelatrophien und Kontrakturen<br />
Therapie und Prophylaxe<br />
Physiotherapie!
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Gefahren durch Immobilisation<br />
Thrombose und Thromboembolie<br />
Lungenembolie<br />
Drucknekrosen (Dekubitus)<br />
Harnweginfekte<br />
Pneumonie<br />
Entzugsdelir<br />
Verwirrtheitszustände
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Kompartment‐Syndrom<br />
Kompartmentsyndrom: meistens Unterschenkel, tibialis‐anterior‐Loge<br />
Klinik: Anamnese, Umfangzunahme, glänzende, gespannte Haut, Schmerzen,<br />
Überwärmung, Pulse geschwächt, Druckmessung<br />
Therapie: Faszienspaltung, sekundärer Wundverschluß
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Sudeck‐Syndrom<br />
Die Bezeichnung Complex Regional Pain Syndrome Typ I (CRPSI) ersetzt die bisherigen<br />
Diagnosen Algodystrophy, Morbus Sudeck und Reflexsympathische Dystrophy.<br />
Der Terminus Complex Regional Pain Syndrome Typ I (CRPS I) ersetzt die frühere<br />
Bezeichnung Reflex Sympathic dystrophy (RSD), Complex Regional Pain Syndrome Typ II<br />
(CRPS II) entspricht der Kausalgie und setzt eine nachweisbare Nervenläsion voraus.<br />
Das Complex Regional Pain Syndrome ist eine Ausschlussdiagnose, charakterisiert durch<br />
Spontanschmerz mit Hyperalgesie, häufig assoziiert mit Allodynie, sowie<br />
vasomotorischen und sudomotorischen Störungen, Beeinträchtigung der Motorik und<br />
trophischen Veränderungen.
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Sudeck‐Syndrom<br />
Complex Regional Pain Syndrome Typ I (CRPSI)<br />
Die Diagnose stützt sich auf klinische Zeichen aus diesen Kategorien:<br />
1. Schmerz/ sensorische Störung<br />
2. Vasomotorik: Hautverfärbung/ Temperarturdifferenz<br />
3. Sudomotorik/ Ödem: Weichteilschwellung, Veränderung der Schweißsekretion<br />
4. Motorische/ Trophische Zeichen: Gelenkseinsteifung, Muskelschwäche, Tremor bis<br />
Dystonie, trophische Störung von Haut , Haar‐ und Nagelwuchs.<br />
Ein Complex Regional Pain Syndrome kann angenommen werden, wenn zumindest<br />
anamnestisch Zeichen aus allen 4 Kategorien vorhanden waren und die klinischen<br />
Symptome durch keine weiter bestehende Pathologie erklärbar sind.<br />
Apparative Untersuchungen können die klinische Diagnosestellung unterstützen und<br />
sollten zur Differentialdiagnose eingesetzt werden.
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Sudeck‐Syndrom<br />
Complex Regional Pain Syndrome Typ I (CRPSI)<br />
neurodegenerative Fehlregulation mit Durchblutunsstörung an Knochen u. Weichteilen<br />
Stadium I: 2‐8 Wochen, teigige Schwellung, livide Haut, Schweiß, verminderter Tonus<br />
Therapie: Ruhigstellung, Calcitonin, Analgesie<br />
Stadium II: 1‐3 Monate, blasse Haut, nachlassende Schmerzen, Muskelatrophie, fleckige<br />
Knochendystrophie<br />
Therapie: Physiotherapie, Analgesie<br />
Stadium III: 3‐6 Monate, Weichteilschrumpfung, Muskelatrophie, Kontrakturen, diffuse<br />
Osteoporose<br />
Therapie: Quengelschienen, warme Bäder, Analgesie
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Überschießende Kallusbildung<br />
kann Hinweis auf eine verzögerte Knochenbruchheilung aufgrund einer unzureichenden<br />
Ruhigstellung sein und sich zu einer hypertrophen Pseudarthrose entwickeln
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Verzögerte Bruchheilung<br />
wenn bis zum 6. Monat Bruch noch nicht verheilt<br />
Ursachen<br />
Therapie<br />
Versuch von Magnetfeld‐ od. Ultraschallstoßwellenbehandlung piezoelektrischer Effekt<br />
zur Stimulation der Kallusbildung/Knochenheilung<br />
ggf. Belastungssteigerung
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Refraktur<br />
Fraktur im vorherigen Bruchbereich, bei nicht vollständiger Konsolidierung
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Pseudarthrosenbildung<br />
Falschgelenk, Scheingelenk, Fractura non sanata Nearthrose<br />
wenn > 6 Monate Bruch noch nicht verheilt<br />
bevorzugt untere Extremität, insb. Tibia und Os scaphoideum‐Frakturen<br />
Formen:<br />
• Atrophe Form bei Fragmentavitalität oder großem Weichteilschaden<br />
• Hypertrophe Form bei mangelnder Ruhigstellung (relativ gute Heilungstendenz)<br />
• Defekt‐Infekt Form bei ausgedehnten Defekten mit oder ohne Infektion<br />
Therapie<br />
Operative Revision, Knochentransplantation od. Callus‐Distraktion
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Sekundäre posttraumatische Arthrose<br />
insb. bei Frakturen mit Gelenkbeteiligung (z.B. Stufe im Gelenk) oder starker Fehlstellung
Komplikationen der Frakturheilung<br />
Metallimplantatbruch<br />
durch Ermüdung, Frühbelastung und/oder Fehlbelastung<br />
(z.B. bei Nichtbeachtung biomechanischer Prinzipien)
GELENKVERLETZUNGEN<br />
• Gelenkprellung = Gelenkkontusion<br />
• Zerrung und Drehung = Distorsion<br />
• Verrenkung = Luxation<br />
• Bandriss = Ligamentruptur, Kapselzerreißungen<br />
• Gelenkknorpelverletzungen<br />
• Gelenkerguss<br />
• Gelenkfraktur= intraartikuläre Fraktur
GELENKVERLETZUNGEN<br />
Gelenkprellung<br />
Durch stumpfe Gewalteinwirkung > evtl. blutiger Gelenkerguss = Hämarthros bei Einriss<br />
der inneren Gelenkhaut (Synovialis) oder Verletzung von Gelenkstrukturen<br />
Gelenkdistorsion<br />
Zerrung und Drehung, Indirekte Gewalt → evtl. Teileinrisse des Bandapparates<br />
Luxation<br />
Direkte oder indirekte Gewalt → Diskontinuität der Gelenkpartner<br />
Häufigkeit: 45 % Schultergelenk, 20 % Ellenbogen, 10 % Hand, 5% Hüfte,<br />
5 % Sprunggelenk u. 5 % AC‐Gelenk<br />
Liqamentruptur<br />
Direkte oder indirekte Gewalt führt zur Instabilität des Gelenkes<br />
vermehrte Aufklappbarkeit
GELENKVERLETZUNGEN<br />
Gelenkfraktur<br />
Fraktur läuft durch die Gelenkfläche, Knorpelabscherverletzung (Flake fracture)<br />
Stufenbildung<br />
Cave! ohne Korrektur posttraumatische Arthrosegefahr<br />
Gelenkknorpelverletzung<br />
Anpralltrauma<br />
Gelenkknorpelverschleiß<br />
Durch Degeneration (Alter), chronische Überlastung oder Fehlbelastung bei<br />
unphysiologischer Fehlstellung, Stufenbildung in der Gelenkfläche bei Gelenkfrakturen<br />
(→ sekundäre, posttraumatische Arthrose)<br />
Gelenkerguss<br />
Reaktion auf einen Reiz im Gelenkinnenraum a Diagnostische und thera‐peutische<br />
Gelenkpunktion durchführen (unter sterilen Kautelen!)
GELENKINFEKTIONEN<br />
Gelenkempyem (Infektion des Gelenkinnenraums), eitrige Synovitis / Synovialitis,<br />
Arthritis purulenta<br />
Ätiologie<br />
• Trauma mit Eröffnung des Gelenkes<br />
• iatrogen! (Punktionen, Injektionen, Arthroskopien, Operationen)<br />
• Übergriff von periartikulären Infektionen, z.B. bei Osteomyelitis (s.u.), Panaritium,<br />
Phlegmone, Weichteilabszessen<br />
• Hämatogene Streuung sept. Herde (selten, Gonokokken, Tuberkulose, Sepsis)<br />
Pathologie<br />
Entzündungsreaktion der Synovialis durch bakterielle Besiedlung des Gelenkinnenraums,<br />
vermehrte Synovialflüssigkeitsproduktion, Gelenkerguss → Ausweitung auf<br />
paraartikuläres Gewebe (Sehnen, Bänder, Kapselapparat, Bursae, Weichteilgewebe)<br />
mögl. = Panarthritis
GELENKINFEKTIONEN<br />
Akute und chronische (wenig virulente Keime, gute Abwehrlage) Verlaufsform mögl.<br />
Keime:<br />
meist Staphylokokken (aureus u. epidermidis), E. coli und Streptokokken<br />
Lokalisation:<br />
Kniegelenk am häufigsten, Schulter‐, Ellenbogen‐, Hand‐, Hüft‐, Sprunggelenk<br />
Klinik:<br />
Gelenkschwellung, Erguss, Überwärmung, Rötung, starke Schmerzen<br />
Fieber und schwere Allgemeinbeeinträchtigung mögl.<br />
Bei chronischer Form: Rezidivierende Ergüsse, kaum Allgemeinsymptome
GELENKINFEKTIONEN<br />
Diagnose<br />
1. Anamnese<br />
2. klinische Untersuchung:<br />
Palpabler Erguss (tanzende Patella), große Schmerzhaftigkeit, Überwärmung und<br />
Rötung der Gelenkumgebung<br />
3. Labor: Erhöhung von BSG, CRP und PNM‐Elastase, Leukozytose<br />
4. Röntgen:<br />
Akut evtl. erweiterter Gelenkspalt sichtbar, bei der chronischen Form evtl.<br />
Unregelmäßigkeiten der Gelenkfläche, subchondrale Sklerosierungen,<br />
Verschmälerung des Gelenkspaltes (schwierige Abgrenzung zur Arthrose)<br />
5. Gelenkpunktion:<br />
Trübes, putrides Sekret a Leukos > 100.000/ml im Ergusspunktat<br />
(Norm: < 180/ml), bakteriologische Untersuchung auf Erreger und Resistenz<br />
6. Arthrosonographie (insb. bei schwer zugänglichem Gelenk: Hüftgelenk)
GELENKINFEKTIONEN<br />
Therapie<br />
Konservativ:<br />
Diagnostische und zugleich therapeutische Gelenkpunktion → Spülung des<br />
Gelenkinnenraums, evtl. Saug‐Spüldrainage,<br />
Ruhigstellung des Gelenkes,<br />
systemische Antibiose
GELENKINFEKTIONEN<br />
Therapie<br />
Operativ:<br />
Indikation<br />
Früher Versagen der konservativen Therapie, heute wird primär bereits eine<br />
Arthroskopie und Spülung empfohlen<br />
Heute Methode der Wahl: Diagnostische u. therapeutische Arthroskopie mit Jet‐Lavage<br />
(Druckspülung mit großlumigem Ausgang), ggf. postoperative Saug‐Spül‐Drainage.<br />
Postop. kontinuierliche passive Bewegung des Gelenkes und systemische<br />
Antibiotikagabe für 2 ‐ 6 Wochen.<br />
Evtl. Synovektomie bei Rezidiven oder chronischem Empyem (auch operatives Mittel bei<br />
der konservativ nicht besserbaren chronischen Polyarthritis)<br />
Ultima ratio bei nicht ausheilbaren Infektionen: Resektion der Gelenkflächen und<br />
Arthrodese (= Gelenkversteifung in Funktionsstellung)
GELENKINFEKTIONEN<br />
Prognose<br />
Bei frühzeitiger Therapie (mit arthroskopischer Spülung) meist Restitutio ad integrum<br />
Komplikationen:<br />
• Übergriff der Gelenkentzündung auf das umgebende Gewebe = Panarthritis mit<br />
schlechter Prognose bezgl. der Gelenkfunktionserhaltung<br />
• Zerstörung des Gelenkes mit Funktionsverlust, Ankylose (Gelenkversteifung)
BURSITIS<br />
Schleimbeutelentzündung<br />
Entzündliche Reaktion der ausgestülpten Reserveräume, Verschiebeschichten der Gelenke<br />
Ätiologie<br />
• Traumatisch bedingt oder mechanische Überbeanspruchung des Gelenkes<br />
(z.B. chronische Reizung der Bursa praepatellaris beim knienden Plattenleger)<br />
• Entzündlich: Gelenkinfektion, lokale Entzündung (Furunkel) ‐ Hämatogene Streuung,<br />
z.B. Gonorrhoe, Tuberkulose ‐ Systemisch: bei Arthritiden, z.B. chronische Polyarthritis<br />
• Metabolisch: Hyperurikämie, Hyperparathyreoidismus<br />
Formen<br />
Bursitis olecrani<br />
Bursitis praepatellaris und infrapatellaris<br />
Bursitis trochanterica und iliopectinea<br />
Bursitis subdeltoidea und subacromialis<br />
Bursitis subachillea
BURSITIS<br />
Pathologie<br />
Reiz → seröser Erguss in den Bursae → chronisch: Wandverdickung, Reiskornphänomen<br />
durch Fibrinniederschlag, knorpelartige Leisten<br />
Klinik<br />
Schwellung, Rötung, Überwärmung<br />
evtl. tastbare Fluktuation, Lymphangitis<br />
Reflektorische, schmerzbedingte Bewegungseinschränkung des Gelenkes<br />
Diagnose<br />
Anamnese<br />
klinische Untersuchung: Lokale Überwärmung, Druckschmerz<br />
Röntgen: Ausschluss knöcherner Verletzungen
BURSITIS<br />
Therapie<br />
Konservativ<br />
Akute Bursitis Ruhigstellung (Gipsschiene, Druckverband), kühlende<br />
Umschläge (Ethacridinlactat, Rivanol ) für 7 ‐ 10 Tagen. Vermeidung der chronischen<br />
Reizung. Evtl. Punktion und Kortikoidinstillation bei nicht bakteriell bedingter Entzündung.<br />
Medikamente: NSA, z.B. Diclofenac (Voltaren®) od. Piroxicam (Felden®)<br />
Operativ<br />
Indikation: Chronisch rezidivierende Bursitiden, fluktuierende bakterielle Bursitis<br />
‐ Akute eitrige Bursitis nur Entlastungsinzision (Bursektomie dann im Intervall)<br />
‐ Exstirpation der Bursa, ggf. Einlage einer Antibiotikakette<br />
‐ Postoperativ Ruhigstellung des Gelenkes (Gipsschiene) für 10 Tage
MUSKEL‐/SEHNENVERLETZUNGEN<br />
Formen<br />
• Muskelzerrung (Muskelfaserschädigung nur histologisch erkennbar)<br />
• Muskelriss (Muskelfaserriss, Muskelbündelriss)<br />
• Muskelquetschungen, Muskelkontusion<br />
• Faszienriss<br />
• Sehnenverletzungen, offen oder geschlossen
MUSKEL‐/SEHNENVERLETZUNGEN<br />
Muskelzerrung und ‐riss<br />
oft am Muskel‐Sehnenübergang<br />
durch direktes (Fußtritt) oder indirektes Trauma (Überbelastung, "over‐use‐Syndrom")<br />
Symptome<br />
plötzlicher Schmerz<br />
Funktionsverlust<br />
Therapie<br />
Konservativ<br />
PECH‐Regel, Schonung<br />
Operativ<br />
Muskelnaht bei ausgedehnten Muskelrupturen
MUSKEL‐/SEHNENVERLETZUNGEN<br />
Muskelquetschungen/‐kontusion<br />
durch direktes Trauma (z.B. Überrollen)<br />
Symptome<br />
Hämatom, Ödem, Cave: Kompartmentsyndrom!<br />
Therapie<br />
Konservativ<br />
PECH‐Regel, Schonung, NSA<br />
Operativ<br />
Indikation: bei großen Hämatomen<br />
Debridement, Faszienspaltung und Drainage der Muskelloge,<br />
Antibiose wegen Infektionsgefahr,<br />
Diurese wegen Crush‐Nieren‐Gefahr
MUSKEL‐/SEHNENVERLETZUNGEN<br />
Faszienriss<br />
Fraktur‐ oder Muskelquetschungsbegleitverletzung<br />
Muskelhernie kann entstehen<br />
Therapie<br />
Bei ausgedehnten Defekten Naht oder plastische Deckung
MUSKEL‐/SEHNENVERLETZUNGEN<br />
Sehnenverletzungen<br />
offen<br />
• Schnitt‐/Stichwunden<br />
meist an der Hand<br />
geschlossen<br />
• indirektes Bagatelltrauma bei degenerativ veränderter Sehne<br />
(z.B. Achillessehnenruptur, Quadrizepssehnenruptur)<br />
• Insertionstendopathie<br />
(z.B. Epicondylitis,Patellaspitzensyndrom, Adduktorengruppe)<br />
Diagnose<br />
1. Anamnese (Unfallhergang)<br />
2. klinische Untersuchung<br />
3. Sonographie<br />
4. Röntgen: Weichteilaufnahmen, CT, NMR
Amputation von Gliedmassen<br />
Definition<br />
Amputation = vollständige Absetzung eines endständigen Körperteiles<br />
Pathologie<br />
Traumatische Amputation<br />
Therapeutische Amputation
Amputation Gliedmaßen | Arm | Bein<br />
Darstellung der Beinamputation Friedrichs III. 1493
Amputationswerkzeug aus dem 18. Jahrhundert
Traumatische Amputation<br />
Partielle, subtotale (Grad 4 einer offenen Fraktur) od. totale Amputation<br />
= Abtrennungswunde einer Gliedmaße → ggf. Versuch der Replantation<br />
Ätiologie<br />
Glatte Amputation (Schnittverletzung)<br />
Zerfetzende Amputation (häufigste Form, z.B. Kreissägenverletzung)<br />
Ausriss‐Amputation (Motorradfahrer, Walzen etc.)<br />
Lokalisation<br />
am häufigsten obere Extremität (Finger, Hand) betroffen<br />
Klinik<br />
Schmerzen,<br />
Blutverlust<br />
evtl. spritzende arterielle Blutung<br />
evtl. Volumenmangelschock
Traumatische Amputation<br />
Akut am Unfallort<br />
Sicherung der Vitalfunktionen<br />
Ausschluss von schwerwiegenden Begleitverletzungen<br />
Kontaktaufnahme mit einer geeigneten Klinik zur Replantation<br />
Amputationsstumpf am Patienten:<br />
Steriler Kompressionsverband, keine Reinigung, keine Unterbindungen, keine<br />
Gefäßklemmen!<br />
Amputat:<br />
Aufbewahren der Gliedmaße bei trockener Kälte (4 °C), z.B. in doppelwandigem<br />
Replantationsbeutel, keine Reinigung, kein Einlegen in Lösungsmittel!
Replantation<br />
Wiederanbringen einer traumatisch amputierten Extremität/Körperteil<br />
Direkte Replantation ohne Gefäßnaht möglich bei Nasenspitze, Ohrläppchen, Lippen,<br />
Zungenspitze, Fingerkuppen<br />
absolute Indikation<br />
Daumen, mehrere Langfinger (bei Mehrfachamputation und Zerstörung von Fingern ggf.<br />
heterotope Replantation, so dass zumindest Ersatz‐"Daumen u. Mittelfinger" erhalten<br />
bleibt), Mittelhand u. Hand bei Kleinkindern<br />
relative Indikation<br />
Isolierter Langfinger, einzelne Endglieder<br />
Kontraindikation<br />
Ausgeprägte Destruktion des Amputates<br />
Amputation distal der Nagelwurzel<br />
vitale bedrohliche Begleitverletzungen<br />
unsachgemäße Behandlung des Amputates (z.B. tiefgefroren, in Formalin eingelegt ....)
Replantation<br />
Reihenfolge der Versorgung:<br />
• Stabilisierung des Skelettsystems → Osteosynthese ‐ Sehnennaht<br />
• Venen‐, Arterien‐ und Nervennaht<br />
• Weichteil‐ und Hautversorgung<br />
(evtl. Hautplastik, Kunsthaut od. offene Wundversorgung)<br />
Postoperativ:<br />
Ruhigstellung im Gips, Heparinisierung, rheologische Maßnahmen (Infusion mit HAES)<br />
Prognose<br />
Stark abhängig von sorgfältiger Op‐Technik, korrekter präoperativer Behandlung
Replantation<br />
Komplikationen<br />
• Thrombosen im Replantat (arteriell/venös) → Revision, Vollheparinisierung<br />
• Bildung von AV‐Fisteln<br />
• Nachblutungen<br />
• Nekrose des Replantates<br />
• Infektion<br />
• Verwachsungen der Sehnen → Therapie: Tendolyse<br />
• Ausbleiben der Reinnervation → evtl. Nerventransplantation<br />
• Pseudarthrosenbildung, Ankylosen, instabile Gelenke → Revision, evtl. Arthrodese
Therapeutische Amputation<br />
vollständige Absetzung eines Körperteiles ohne Möglichkeit der Wiederherstellung<br />
Indikationen:<br />
‐ Tumoren: Knochentumoren, Weichteiltumoren (Sarkome)<br />
Amputationen zunehmend seltener erforderlich durch präoperative Chemotherapie<br />
(down staging)<br />
‐ Angeborene Fehlbildungen<br />
‐ Gasbrandinfektion mit Gangrän einer Extremität<br />
‐ Arterielle Durchblutungsstörungen: Stadium IV der chronischen AVK (häufigste<br />
Indikation, ca. 85 % d.F.), gangränöse Extremität (z.B. bei Diabetes mellitus,<br />
Ergotismus)<br />
‐ Gefäßverletzung, akuter Gefäßverschluss
Therapeutische Amputation<br />
Klinik<br />
je nach Grunderkrankung<br />
Diagnose<br />
1. Anamnese<br />
2. klinische Untersuchung (Gefäß‐Doppleruntersuchung)<br />
3. Röntgen: DSA zur Klärung des Gefäßstatus<br />
4. Labor: Je nach Schwere des Eingriffes ausreichend Konserven anfordern<br />
Therapie<br />
• Konsequente Therapie der Grunderkrankung, z.B. Blutzuckereinstellung, Nikotinverbot<br />
• Postoperativ ausreichende Ruhigstellung, konische Wickelung des Stumpfes → gutes<br />
Weichteilpolster<br />
• Prothetische Versorgung nicht zu früh anpassen, um eine Dehiszenz des<br />
Wundgebietes zu vermeiden, aber auch nicht zu spät, um den Patienten gut<br />
mobilisieren zu können.
Therapeutische Amputation<br />
Einteilung<br />
Oberschenkelamputation<br />
Unterschenkelamputation<br />
Fußamputation (Amputationslinien am Fuß CHOPART und LISFRANC)<br />
Zehenamputation<br />
Exartikulation im Kniegelenk<br />
Exartikulation eines Beines im Hüftgelenk<br />
Hemipelvektomie<br />
Oberarmamputation<br />
Unterarmamputation<br />
Handamputation<br />
Fingeramputation<br />
Exartikulation eines Armes im Schultergelenk<br />
interthorakoskapuläre Amputation<br />
Penisamputation<br />
Mammaamputation = Ablatio mammae)
Therapeutische Amputation<br />
Operation<br />
Allgemein<br />
• Knochenränder glätten<br />
• Gefäße gründlich versorgen (nicht zu weit proximal absetzen, sonst Nekrosen),<br />
genügend Weichteilgewebe zur Knochendeckung<br />
• spannungsfreier Hautverschluss<br />
• mehrfache großzügige Drainagen
Therapeutische Amputation<br />
Komplikationen<br />
• Wundheilungsstörungen (bei AVK häufig durch die Grunderkrankung bedingt)<br />
• Stumpfödem<br />
• Hautinfektionen (Mykosen), Hyperkeratosen, Ekzeme<br />
• Phantomschmerz (Neurombildung, Minderperfusion)<br />
Therapie: versucht werden Carbamazepin (Tegretal®), Calcitonin i.v., TENS<br />
(transkutane elektrische Nervenstimulation)<br />
• Durchblutungsstörung des Stumpfes a evtl. höhere Amputation notwendig<br />
• Nicht genügend abgerundete Kanten des Knochenstumpfendes → Druckläsionen
Polytrauma<br />
Definition<br />
Gleichzeitige Verletzung von mindestens 2 Körperregionen oder Organsystemen, wobei<br />
wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer lebensbedrohlich ist.<br />
(TRENTZ 1978)<br />
Ätiologie<br />
• Insb. Verkehrsunfälle (70 % d.F.) Fußgänger, Fahrrad‐ / Motorradunfälle, PKW‐Kollision<br />
• Arbeitsunfälle<br />
• Unfälle im häuslichen Bereich<br />
• Sturz aus großer Höhe<br />
• Unfälle bei Extremsportarten<br />
Epidemiologie<br />
M > W (2:1)<br />
Prädispositionsalter: 20. ‐ 30. LJ.<br />
6.häufigste Todesursache
Polytrauma<br />
Pathologie<br />
Schwere der Verletzung wird bestimmt durch: Schädel‐Hirn‐Verletzung, Thoraxtrauma,<br />
stumpfes Bauchtrauma, innere Blutungen<br />
Blutverlust bei geschlossenen Frakturen<br />
Becken bis 4 Liter, Oberschenkel bis 2 Liter, Unterschenkel bis 1 Liter, Arm 0,5 Liter<br />
Einseitige Pleura‐/Lungenverletzung bis 2 Liter, intraabdominelle Blutung bis 5 Liter!<br />
Verletzungskrankheit<br />
Systemfische Reaktion auf das Polytrauma (ähnlich dem Postaggressionssyndrom),<br />
Oxygenierungsstörung, hämodynamische Störungen (insb. der Mikrozirkulation und<br />
Gerinnung), endokrinologische Reaktionen (insb. Katecholamin‐Anstieg) → Schock,<br />
Multiorganversagen
Polytrauma<br />
Diagnose<br />
1. Anamnese (Unfallhergang)<br />
2. klinische Untersuchung → schnelle Beurteilung welche Notfalleingriffe durchgeführt<br />
werden müssen. Weiter Diagnostik erst nach Stabilisierung des Patienten<br />
(Kreislaufsituation, Gerinnungsstatus)<br />
3. Röntgen: Immer gesamtes Achsenskelett röntgen = HWS + BWS + LWS in 2 Ebenen,<br />
Becken, Schädel in 2 Ebenen und Thorax. Abdomenübersicht, Extremitäten od.<br />
retrograde Urethrographie je nach klinischem Befund<br />
4. CT‐Schädel zum Ausschluss von intrakraniellen Blutungen<br />
5. CT‐Thorax , orientierende Schichten zum Ausschluss von Kontuslonen<br />
6. Sono‐Abdomen: Intraabdominelle Blutungen (freie Flüssigkeit?), Organrupturen →<br />
ggf. CT‐Abdomen bei schlechter Beurteilbarkeit oder Peritoneallavage<br />
7. Labor: Blutgruppe und Kreuzprobe (Blutkonserven), Blutbild (Hb, Hkt),<br />
Blutgasanalyse, Elektrolyte, Gerinnungsstatus, Nierenretentionswerte
Polytrauma<br />
Akut (Unfallort)<br />
Sicherstellung der Vitalfunktionen<br />
ggf. Reanimation<br />
Schockbehandlung (2 große venöse Zugänge Ringer‐Laktat‐ und HAES‐Infusion)<br />
evtl. Anlage einer Anti‐Schock‐Hose (MAST)<br />
Frühintubation und hyperventilatorische Beatmung<br />
Entlastung eines Spannungspneumothorax<br />
Kompression starker äußerer Blutungen<br />
Ruhigstellung von Frakturen,<br />
Schmerzbehandlung<br />
Ankündigung und Transport in die Klinik
Polytrauma<br />
Akut (Unfallort)<br />
Rettungszeit:<br />
10 min (Ersthelfer); STAY and STABILIZE vor Ort, Atmung, Beatmung, Circulation, Drugs<br />
45‐60 min bis Kinik<br />
15‐150 min Diagnostik je nach Kreislauf<br />
in ersten 60 min ist Tod unabwendbar, danach Einflussnahme möglich<br />
Besser: kurze Rettungszeit, Infusionstherapie, apparat. Diagnostik
Polytrauma<br />
Therapie<br />
Intensivtherapie (in der Klinik)<br />
Anästhesist, Radiologe, Neurologe, ggf. Urologe, Augenarzt... unter der Leitung des<br />
Unfallchirurgen!!!! ( TSCHEREN, Traumamanagement)<br />
Anlage eines ZVK (ZVD‐Messung), rechtzeitige Substitution mit Blutkonserven<br />
(ausreichend viele Konserven von der Blutbank anfordern und kreuzen lassen, bei<br />
vital‐bedrohlicher Blutung auch ungekreuzte, blutgruppengleiche Konserven od.<br />
"0 ‐ negativ" infundieren), Flüssigkeitssubstitution.<br />
Azidoseausgleich (BE x 1/3 x kgKG, davon die Hälfte), 1.000 mg Methylprednisolon i.v.,<br />
Bilanzierung der Ein‐ und Ausfuhr, Überwachung der Gerinnung (ggf. Substitution von<br />
AT III und FFP = fresh‐frozen‐Plasma)<br />
bei kreislaufinstabilem Pat.: evtl. direkt OP und keine Diagnostik
Polytrauma<br />
Therapie<br />
Operativ: Stufenplan nach SCHWEIBERER et. al (1987)<br />
1. Phase: Unaufschiebliche Notoperationen (vitale Indikation = Sofort‐Op)<br />
2. Phase: Primär definitive chirurgische Versorgung schwerer Verletzungen<br />
(möglichst noch am 1.Tag = Früh‐Op)<br />
3. Phase: Primär definitive chirurgische Versorgung leichterer Verletzungen (innerhalb<br />
ca. 1 Woche nach abgeschlossener, intensivmedizinischer Stabilisierung des<br />
Patienten = Spät‐Op)<br />
• Bei absehbarer Langzeitbeatmung frühzeitige Tracheotomie<br />
• Frühzeitige intensive physiotherapeutische Betreuung
Polytrauma<br />
Therapie<br />
Operativ: Stufenplan nach SCHWEIBERER et. al (1987)<br />
1. Phase<br />
Unaufschiebliche Notoperationen (vitale Indikation = Sofort‐Op), z.B.:<br />
‐ Anlage einer Thoraxdrainage im 2. ICR in der Medioklavikularlinie (Thoraxtrauma<br />
mit V.a. intrathorakaler Blutung, Rippenserienfrakturen oder Pneumothorax)<br />
‐ Entlastungspunktion bei Herzbeuteltamponade<br />
‐ Laparotomie bei Milz‐/ Leberruptur, intraabdomineller Massenblutung<br />
‐ Versorgung unstillbarer Blutung aus großen Gefäßen oder im Nasen‐Rachenraum<br />
‐ Kraniotomie bei epiduraler (arterieller) Blutung, subduraler Blutungen (venös,<br />
meist keine akute Trepanation notwendig)<br />
‐ Rückenmarkentlastung bei drohendem Querschnitt<br />
‐ Vital gefährdete Extremitäten (III. ‐ IV.‐gradig offene Frakturen)
Polytrauma<br />
Therapie<br />
Operativ: Stufenplan nach SCHWEIBERER et. al (1987)<br />
2. Phase<br />
Primär definitive chirurgische Versorgung schwerer Verletzungen<br />
(möglichst noch am 1.Tag = Früh‐Op), z.B. bei:<br />
‐ Schädelimpressionsfrakturen, offene Schädel‐Hirn‐Verletzungen, Epiduralhämatom<br />
‐ Anhaltende thorakale Blutung (> 0,5 [/Std. oder 2 I/Tag)<br />
‐ Verletzungen der ableitenden Harnwege, Magen oder Darm<br />
‐ Instabile Beckenringfrakturen<br />
‐ Augenverletzungen<br />
‐ Offene Extremitätenfrakturen (II. ‐ III.‐gradig offene Frakturen)
Polytrauma<br />
Therapie<br />
Operativ: Stufenplan nach SCHWEIBERER et. al (1987)<br />
3. Phase<br />
Primär definitive chirurgische Versorgung leichterer Verletzungen (innerhalb<br />
ca. 1 Woche nach abgeschlossener, intensivmedizinischer Stabilisierung des<br />
Patienten = Spät‐Op), z.B.:<br />
‐ Osteosynthese von Gesichtsschädelfrakturen, plastische Operationen<br />
‐ Osteosynthese von Beckenfrakturen und Extremitätenfrakturen
Polytrauma<br />
Prognose<br />
Letalität zw. 10 und 40 % (negativ prognostisch bedeutsam ist insb. das Vorliegen einer<br />
intraabdominellen Massenblutung und schweres SHT)<br />
Komplikationen<br />
Schocklunge (ARDS)<br />
Ateminsuffizienz, Schockniere, Herz‐Kreislaufversagen, Multiorganversagen<br />
Verletzungskrankheit, Postaggressionssyndrom und posttraumatisches Immundefektsyndrom,<br />
Verbrauchskoagulopathie, Blutungen, Kompartment‐, Crush‐Syndrom<br />
Infektionen (Pneumonie, Pleuritis, Peritonitis), Sepsis mit hoher Letalität, Zerebrale<br />
und/oder spinale Funktionsstörungen
VERBRENNUNGEN<br />
syn. Combustio<br />
Ätiologie<br />
• Heiße, feste Körper, Flüssigkeiten, Dämpfe und Gase<br />
• Flammeneinwirkung, brennende Kleidung, Explosionen (suizidale Handlungen)<br />
• Strahlen (Sonne, Solarium, Röntgenstrahlen etc.)<br />
• Mechanische Reibung<br />
• Stromeinwirkung, Hochspannungstrauma (innere Hitzeeinwirkung)<br />
Epidemiologie<br />
In Deutschland ca. 12.000 schwere Brandverletzungen/Jahr, davon ca. 10 % intensivpflichtige<br />
Verbrennungen. 1/3 d.F. sind Arbeitsunfälle, der Rest erfolgt meist im<br />
häuslichen Bereich.<br />
In Deutschland gibt es z.Zt. (Stand: 1/1999) insgesamt 179 Verbrennungsbetten, davon<br />
sind 52 Verbrennungsbetten für Kinder.
VERBRENNUNGEN<br />
Anatomie<br />
Die Haut besteht aus der Cutis und der Subcutis.<br />
Die Cutis wird unterteilt in die Epidermis (oberste Schicht mit ständiger Zelterneuerung<br />
aus dem Stratum basale) und das Corium (syn: Dermis od. Lederhaut bindegewebige<br />
Verschiebeschicht mit Nerven, Gefäßen und Hautmuskeln). Die Subcutis (Unterhaut) ist<br />
ein mit Gefäßen durchsetztes Fettgewebe. Die Dicke der Haut variiert je nach<br />
Körperstelle zw. 0,5 ‐ 5 mm.
VERBRENNUNGEN/VERBRENNUNGSKRANKHEIT<br />
Physiologie
VERBRENNUNGEN<br />
Die Verbrennungen werden in 4 Schädigungsgrade eingeteilt:<br />
Schädigungsgrad<br />
1. Grades<br />
(Combustio erythematosa)<br />
2. Grades<br />
(Canbustio bullosa)<br />
3. Grades<br />
(Combustio escharotica)<br />
Intensität der Schädigung<br />
Oberste Epidermis, z.B. Sonnenbrand,<br />
Restitutio ad integrum<br />
Epidermis und Corium<br />
Epidermis, Corium u. Subcutis<br />
vollkomnen zerstört,<br />
Keine Spontanheitung<br />
4. Grades Tiefere Schichten betroffen<br />
(Muskulatur, Knochen)
VERBRENNUNGEN<br />
Bei den Verbrennungen 2. Grades unterscheidet man<br />
Verbrennungen oberflächlich 2. Grades<br />
Epidermis und obere Anteile des Corium betroffen,<br />
z.B. typische Brandblase → Restitutio ad integrum<br />
und<br />
tief 2. Grades<br />
hier sind die tiefen Schichten des Corium mit betroffen → Hypalgesie im Nadelstichtest,<br />
die mit Narbenbildung abheilen.
VERBRENNUNGEN<br />
Klinik<br />
abhängig vom Schädigungsgrad der Verbrennung:<br />
1. Grades Erythem, schmerzhaft, Schwellung<br />
2. Grades, oberflächlich Erythem + Blasenbildung, stark schmerzhaft,<br />
starke Blutungsneigung auf Berührung,<br />
Hautanhangsgebilde intakt<br />
2. Grades, tief Erythem + Blasenbildung, teils zerrissen,<br />
Schmerzempfindung nimmt ab!<br />
3. Grades Verkohlte Haut (Nekrosen) , graue, weiße oder schwarze,<br />
lederartige Haut<br />
Schmerzlosigkeit<br />
4. Grades Verkohlte Muskulatur, Faszien, Fettgewebe, Knochen
VERBRENNUNGEN<br />
Einschätzung des Ausmaßes der Verbrennung: NEUNERREGEL<br />
(für Erwachsene nach WALLACE)<br />
die %‐Angaben gelten jeweils für Vorder‐ und Rückseite zusammen:<br />
Körperteil 0 ‐ 1 Jahr Kind Erwachsene<br />
Kopf<br />
Rumpf<br />
Arme Hand<br />
Genitalregion<br />
OS<br />
US + Fuß
VERBRENNUNGEN<br />
Einschätzung des Ausmaßes der Verbrennung: NEUNERREGEL<br />
Zusammengefasst werden die Verbrennungsflächen 3./4. Grades,<br />
Verbrennungen 2. Grades zählen zur Berechnung der Gesamtverbrennungsfläche nur zur<br />
Hälfte.<br />
Die kritische /letale Verbrennungsfläche liegt heute bei ca. 50 ‐ 70 % bei Erwachsenen,<br />
bei über 65‐jährigen bei 30 ‐ 40 %, bei Kindern bei ca. 60 ‐ 80 % der Körperoberfläche.<br />
Neben dem Primärdefekt sind die Sekundärläsionen wichtig (sog. Nachbrand):<br />
In der Umgebung des irreversiblen Schadens kommt es zu reversiblen Störungen der<br />
Mikrozirkulation. Die Ausbildung eines irreversiblen Schadens in diesem Bereich hängt<br />
von der frühzeitigen Flüssigkeitstherapie ab.
VERBRENNUNGEN<br />
Diagnose<br />
1. Anamnese (Unfallhergang)<br />
2. klinische Untersuchung (Pat. immer komplett entkleiden und untersuchen)<br />
3. Röntgen: Bei V.a. Frakturen<br />
4. Labor: Hb, Hkt, Gesamteiweiß, KOD und ZVD<br />
5. Probeentnahme aus der verbrannten Haut zur exakten Bestimmung der<br />
Verbrennungstiefe (wichtig auch für die Op‐Planung)<br />
6. Laryngobronchoskopie und Trachealsekretgewinnung (Bakteriologie) zur Sicherung<br />
der Diagnose eines Inhalationstraumas<br />
7. Regelmäßige Wundabstriche und bakteriologische Untersuchung in der<br />
Intensivphase
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Akut:<br />
• Retten aus der Gefahrenzone<br />
• Sicherung der vitalen Funktionen<br />
• Abschätzung der Schädigungsausdehnung (Transport in eine Spezialklinik notwendig?)<br />
möglichst zwei großvolumige peripher‐venöse Zugänge<br />
• Volumensubstitution: Verbrennungen von<br />
10 ‐ 20 % der Körperoberfläche initial 1.000 ml Ringer‐Laktat i.v.,<br />
bei > 20 % 1.000 ml Ringer‐Laktat + 1.000 ml HAES<br />
(mehrere Studien lehnen kolloidale Lösungen in der Akutphase ab und empfehlen<br />
nur Ringer‐Laktat).<br />
• Schmerzbehandlung: Morphin 2,5 ‐ 5,0 mg i.v. oder Ketanest 0,25 ‐ 0,5 mg/kg KG i.v. +<br />
evtl. Sedierung mit Diazepam (Valium®).
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Akut:<br />
Lokaltherapie<br />
Kühlen mit kaltem Wasser (15 ‐ 20 °C) zur Schmerzbekämpfung und<br />
Prophylaxe/Reduktion des Ödems so schnell wie möglich (nach einem Intervall von<br />
1 Stunde kann nicht mehr mit einem positiven Effekt gerechnet werden, eine<br />
Schmerzlinderung tritt allgemein nach ca. 10 Minuten ein)<br />
Cave: Bei großflächigen Verbrennungen und bei Kindern ist die Gefahr einer Auskühlung<br />
groß).<br />
Zum Transport sterile Abdeckung der Brandwunden mit Metallive‐Tüchern.<br />
Cave: Akut keine Anwendung von Salben!
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Akut:<br />
bei V.a. Inhalationstrauma (Verbrennungen im Gesichtsbereich, Rauchspuren im<br />
Mund‐ oder Rachenraum Schwelbrand von Kunststoffen, Reiz‐ od. Giftgasintoxikationen):<br />
Auxiloson ‐Spray (Kortikoid‐Aerosol) initial 2 ‐ 4 Hübe, danach alle drei Minuten<br />
ein Hub zur Lungenödemprophylaxe, ggf. Intubation (nasal) und Beatmung
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Akut:<br />
Transport in eine spezielle Verbrennungsklinik sollte erfolgen bei:<br />
1. > 20 % dermaler (= 2. Grades) oder > 10 % subdermaler (= 3. Grades) Verbrennung<br />
2. Drittgradigen Verbrennungen mit Gesichts‐, Hand‐, Fuß‐, Gelenk‐ od.Genitalbeteiligung<br />
3. Patienten mit einem Inhalationstrauma in jedem Fall! (in 30 % d F. vorhanden)<br />
4. Säuglinge, Kinder < B. LJ. oder Erwachsene > 60. LJ. u. Verbrennungen > 5 %<br />
5. Verletzungen durch Strom<br />
Zentrale Vermittlungsstelle für Betten für Schwerbrandverletzte in Deutschland:<br />
20097 Hamburg, Beim Strohhause 31, Tel.: (0 40) 28 82‐39 98 od. ‐39 99
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
• Anlage eines großen venösen Zuganges/ZVK<br />
• Urinkatheter<br />
• Analgesie (Morphine i.v., bzw. Analgosedierung (Fentanyl ®, Fentanyl® + Midazolam,<br />
Dormicum ®)<br />
• evtl. Intubation und Beatmung, falls nicht schon primär erfolgt (insb. beim<br />
Inhalationstrauma, evtl. nasale Umintubation)<br />
• Reinigung des Patienten im Duschbad, Enthaarung der Verbrennungsareale<br />
• Tetanusprophylaxel (aktiv und passiv) nicht vergessen.<br />
• Steriles Bett, aseptische personelle Betreuung (isolierte Intensivbox),<br />
Raumtemperatur (ca. 30 ‐ 32 °C, 60 ‐ 95 % Luftfeuchtigkeit).
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
Flüssigkeitsersatz entsprechend dem Ausmaß der verbrannten Körperoberfläche<br />
über ZVK: Parkland‐Formel nach Baxter<br />
4ml Ringer‐Laktat‐Lösung x % verbrannte Körperoberfl. x kgKG<br />
Die berechnete Menge gilt für 24 Std., die Hälfte der Menge sollte in den ersten 8<br />
Stunden gegeben werden.<br />
Bei Kindern ist ein Flüssigkeitsersatz bis zur doppelten Menge notwendig.<br />
Urinausscheidung sollte 30 ‐ 50 ml/Std. betragen<br />
(Ausfuhrkontrolle! über suprapubischen od. transurethralen Katheter).
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
Im weiteren Verlauf Substitution von<br />
• Humanalbumin (bei Gesamteiweiß < 4 g/dl (große Verbrennungsflächen)<br />
• Elektrolyten<br />
• Flüssigkeit<br />
• Kalorien<br />
• Blutkonserven<br />
• Ausgleich des Säure‐Basen‐Haushaltes nach dem individuellen Bedarf erforderlich.<br />
• Prophylaxe von Stressulzera im Magen/Duodenum durch H2‐Blocker +<br />
Anticholinergika (z.B. 3 Amp. Pepdul® + 2 Amp. Gastrozepine/24h),<br />
• Thromboseprophylaxe
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
Evtl. zick‐zack‐förmige Entlastungsschnitte der Haut = Escharotomie (evtl. auch der<br />
Oberflächenfaszie) bei zirkulären Verbrennungen (Gefahr der Zirkulationsstörung,<br />
Nervenschädigung, Kompartment‐Syndrom im Haut‐/Faszienkompartment und der<br />
Atembehinderung am Thorax).
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
Oberflächenbehandlung der Brandwunde<br />
‐ Verbrennungen 1. Grades und oberflächlich 2. Grades heilen meist ohne Probleme aus<br />
und bedürfen keiner besonderen Therapie.<br />
Blasen werden frühzeitig eröffnet, Lokalbehandlung evtl. mit Sulfadiazin‐Silber‐Creme.<br />
‐ Offene Behandlung: Trockene Wundverhältnisse werden angestrebt und/oder<br />
zusätzliche Verschorfung durch die Gerbungsmethode (Aufbringen von 5 %iger<br />
Tannin‐Lösung) od. Tupfungen mit Betaisodona.<br />
Geschlossene Behandlung: Applikation v. antimikrobiellen Salben (Sulfadiazin‐Silber<br />
Creme, Flammazine ) und Gazeverband (ein‐ bis zweimal tgl. Verbandswechsel).
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
Oberflächenbehandlung der Brandwunde<br />
Operativ<br />
Indikation :<br />
ab 2.gradig tiefen Brandwunden nach Stabilisierung des Verletzten<br />
‐ Möglichst frühzeitige (2. ‐ 4. Tag) Nekrektomie und Eigenhauttransplantation anzustreben<br />
tiefe 2.‐gradige Verbrennungen: Tangentiale Abtragung<br />
3.‐gradige Verbrennungen: Komplette Abtragungen aller Nekrosen (ggf. bis zur Muskelfaszie<br />
= epifaszial und auch tiefer).
VERBRENNUNGEN<br />
Therapie<br />
Erstversorgung in der Klinik:<br />
Anlage eines großen venösen Zuganges / ZVK, Urinkatheter, Analgesie (Morphine i.v.,<br />
bzw. Analgosedierung (Fentanyl ®, Fentanyl® + Midazolam, Dormicum ® ), evtl.<br />
Intubation und Beatmung, falls nicht schon primär erfolgt (insb. beim Inhalationstrauma,<br />
evtl. nasale Umintubation), Reinigung des Pat. im Duschbad, Enthaarung der<br />
Verbrennungsareale.<br />
Tetanusprophylaxel (aktiv und passiv) nicht vergessen.<br />
Steriles Bett, aseptische personelle Betreuung (isolierte Intensivbox), Raumtemperatur<br />
(ca. 30 ‐ 32 °C, 60 ‐ 95 % Luftfeuchtigkeit).<br />
Flüssigkeitsersatz entsprechend dem Ausmaß der verbrannten Körperoberfläche (s.o.)<br />
über ZVK: Parkland‐Formel nach Baxter:<br />
4ml Ringer‐Laktat‐Lösung x % verbrannte Körperoberfl. x kgKG
VERBRENNUNGSKRANKHEIT<br />
Verschiedene Regulationsstörungen von Organen und Organsystemen neben der lokalen<br />
Schädigung durch die Wärmeeinwirkung.<br />
Schockgefahr (1. ‐ 3. Tag) durch direkte Schädigung der Kapillaren und Gefahr der<br />
Entwicklung einer Verbrennungskrankheit besteht bei einer verbrannten<br />
Körperoberfläche von:<br />
> 8 % bei Kleinkindern<br />
> 10 % beim Kind und<br />
> 15 % bei Erwachsenen
VERBRENNUNGSKRANKHEIT<br />
Primäre Phase<br />
direkte Schädigung der Kapillaren (Verbrennung im Bereich des Interstitiums)<br />
↓<br />
erhöhte Permeabilität<br />
↓<br />
Volumenverlust und Entstehung eines Ödems<br />
Circulus vitiosus<br />
↓<br />
Mikrozirkulationsstörungen<br />
↓<br />
Erniedrigung des HMV, metabolische Azidose, Eiweißverlust mit zusätzlichem Effekt<br />
auf die Ödementstehung (kolloidosmotischen Drucks ↓ (KOD), generalisiertes Odem)<br />
↓<br />
Volumenmangelschock<br />
Sekundäre Phase:<br />
Rückresorption des Odems (2 ‐ 3 Wochen)
VERBRENNUNGEN/VERBRENNUNGSKRANKHEIT<br />
Inhalationstrauma<br />
Alveoläres Lungenödem, nekrotisierende Bronchitis, Atelektasen, Blutungen,<br />
CO‐Intoxikation, steigender Lungenarteriendruck
VERBRENNUNGEN/VERBRENNUNGSKRANKHEIT<br />
Hochspannungstrauma<br />
Herzrhythmusstörungen (VES, Kammerflimmern), Nieren‐versagen (Crush‐Niere wg.<br />
Myoglobinurie durch die verborgenen tiefen Muskelnekrosen b nicht von einer kleinen<br />
Stromeintrittsmarke täuschen lassen! a frühzeitige Escharo‐tomie u. Nekrektomien<br />
durchführen) a höhere Diurese (ca. 100 ml/Std. am ersten Tag) anstreben, osmotische<br />
Diuretika, Dopamin
VERBRENNUNGEN/VERBRENNUNGSKRANKHEIT<br />
Wundinfektion<br />
50 % der Todesfälle resultieren aus Infektionen durch protrahierte Sepsis. Nach Ablauf<br />
von 3 Tagen sind Verbrennungswunden als infiziert anzusehen, daher wiederholte<br />
Abstriche. Keime: Staph. aureus, Pseudomonas aeruginosa, Candida albicans,<br />
Clostridien. Ther: Bei Entzündungszeichen Antibinse nach Antibiogramm<br />
» Katabolie durch Reparationsvorgänge, Einschwemmung der Pyrotoxine aus der Haut<br />
bei Wiedereinsetzen der Zirkulation im Verbrennungsgebiet (Intoxikationsphase ab ca. 3.<br />
Tag)<br />
• Kinder und Verbrühungen: Keloidbildungsneigung<br />
* Verbrennungen 1. u. z. Grades nach Abheilung evtl. Hypo‐ od. Hyperpigmentation<br />
mögt. (i.d.R. aber keine Narben)<br />
Op. * Hypertrophe Narben Wulstnarben mit Spannungsgefühl, Bewegungseinbußen,<br />
Licht‐und Hitzeempfindlichkeit, Juckreiz<br />
Ther: Druckbehandlung nach Joesr durch spez. Trikotagen, die einen Druck auf die<br />
vernarbende Region ausüben (für % ‐ 1 Jahr), Einreibung 2 x tgl. mit fettenden Salben.<br />
DD:Verbrennungsähnliche Symptome an der Haut durch: Säure, Laugen, chemische<br />
Kampfstoffe und toxischer Genese (Lyell‐Syndrom, Streptokokkentoxine)
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
syn. Unterkühlung: Hypothermie<br />
syn. Erfrierung: Congelatio<br />
Definition<br />
Unterkühlung ist ein Absinken der Körperkerntemperatur unter 35° C<br />
Erfrierung ist ein lokaler Kälteschaden ohne Abkühlung des Körperkernes<br />
Ätiologie<br />
• Untertemperatur bei Kollaps, Hypothyreose, Kachexie, Medikamenten (z.B. Barbiturate)<br />
• Hypothermie durch Trauma: Kälteexposition (Ertrinken, Bergsteiger, Alkoholiker,<br />
Drogenabhängige)<br />
• Neu‐/Frühgeborene mit noch unreifer Temperaturregulation<br />
• schweres Schädel‐Hirn‐Trauma mit Zerstörung des Temperaturregelzentrums<br />
• Künstliche (iatrogene) Hypothermie: Bei Herzoperationen, Transplantationen<br />
• Nasserfrierung (Einwirkung v. Kälte u. Feuchtigkeit), Wind Momenterfrierung (z.B. durch<br />
flüssige Luft od. Kohlensäureschnee) Lok: insb. Akren (Zehen, Finger, Ohren, Nase)
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Physiologie
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Klinik Unterkühlung<br />
< 36° C Kältegefühl, Kältezittern<br />
< 35° C Psychische Alteration mit Verwirrtheit, Desorientierung (Erregungsstadium)<br />
< 33° C Beginnender Rigor, Apathie (Erschöpfungsstadium)<br />
< 30° C Bewusstseinsverlust, Pupillenerweiterung, beginnende Lebensgefahr,<br />
fortschreitende Lähmung<br />
< 28° C Kreislaufversagen durch Kammerflimmern od. Asystolie<br />
< 27° C Muskelerschlaffung<br />
< 18° C Isoelektrisches EEG
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Klinik Erfrierungen<br />
Grad I (Congelatio erythematosa): Nur oberflächliche Epidermis betroffen<br />
Blässe der Haut, Sensibilitätsstörungen, später Erythem (Hyperämie) nach<br />
Wiedererwärmung, leichte Schmerzen, Juckreiz<br />
Grad II (Congelatio bullosa): Gesamte Epidermis betroffen<br />
Blasenbildung mit blutig‐serösem Inhalt, Haut schmerzhaft<br />
Grad III (Congelatio escharotica/gangraenosa): Bis unter die Dermis → Defektheilung<br />
Hautnekrosen, Mumifikation von Akren (Zehen) od. Blutblasen mit<br />
darunterliegenden nassen Nekrosen
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Diagnose<br />
1. Anamnese (Schädigungshergang, Alkohol. Drogen)<br />
2. klinische Untersuchung, rektale Temperaturmessung<br />
3. EKG: Hypothermie: J‐Welle im EKG (zusätzl. Ausschlag im absteigenden Teil der<br />
R‐Zacke), Verlängerung der Überleitungszeit, Herzrhythmusstörungen, terminal<br />
Kammer‐flimmern od. Asystolie<br />
4. Labor bei Hypothermie: Azidose, verminderte OZ‐Sättigung, Hyperglykämie,<br />
CK‐Erhöhung
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Therapie<br />
• Leichte Unterkühlung<br />
Passive Wiedererwärmung (warmer Raum, Entfernung nasser Kleidung, Wolldecken,<br />
heiße Getränke)<br />
• Stärkere Unterkühlung<br />
Aktive Wiedererwärmung mit Applikation warmer Infusionslösungen<br />
(z.B. Glukose 5 %ig mit 40° C = aktive Erwärmung des Körperkernes) und warmem<br />
Bad (= aktive Erwärmung der Körperoberfläche, Cave: Gefahr der Azidose und<br />
Blutdruckabfalls durch den Einstrom des Blutes in die Peripherie, daher intensive<br />
Überwachung).<br />
Muss ein Patient reanimiert werden, so ist dies fortzusetzen, bis der Patient eine<br />
normale Körperkerntemperatur erreicht hat (erst dann darf bei Misserfolg<br />
abgebrochen werden).
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Therapie<br />
• Erfrierungen I. und II. Grades<br />
Heilen spontan ab<br />
I. Grades ohne Residuen, II. Grades evtl. mit Narbenbildung nach Ausbildung eines<br />
Schorfes am Boden der Blase.<br />
• Erfrierunqen III. Grades<br />
Alleinige Demarkation oder Nekrektomie<br />
(bei Mumifikationen von Zehen, Fingern → Amputation) und evtl.<br />
Defektheilung/Spalthauttransplantate wie in der Verbrennungschirurgie<br />
Tetanusprophylaxe (aktiv und passiv) nicht vergessen<br />
Komplikationen<br />
• Hypothermie: Herzrhythmusstorungen, Kreislaufversagen<br />
• Erfrierungen: Wundinfektion
UNTERKÜHLUNG / ERFRIERUNG<br />
Komplikationen<br />
• Hypothermie: Herzrhythmusstörungen, Kreislaufversagen<br />
• Erfrierungen: Wundinfektion<br />
• häufig schwere Tetanusinfektion!
TRACHEOTOMIE<br />
Luftröhrenschnitt<br />
Indikation<br />
• Längerfristige Beatmung bei respiratorischer Insuffizienz (Intensivpatienten,<br />
Polytrauma, Schädel‐Hirn‐Trauma, Koma) → Vermeidung der Komplikationen durch<br />
Langzeitintubation<br />
• Sicherung der Atemwege (bei neurologischer Störung, Schlaganfall, Atemlähmung,<br />
Poliomyelitis)<br />
• Operationen des Larynx, Laryngektomie (im Rahmen der Tumorchirurgie durch<br />
HNO‐Arzt (Anlage eines endgültigen Tracheostomas)<br />
• Notfalltracheotomie: Verlegung der Atemwege im Bereich des Mundes/Larynx, z.B.<br />
durch Wespenstich, Glottis‐Ödem, Quincke‐Ödem, Fremdkörper, Trauma
TRACHEOTOMIE<br />
Einteilung<br />
• Koniotomie (Notfalltracheotomie, Interkrikothyreotomie, Inzision zw. Schild‐ und Ringknorpel)<br />
• Obere/hohe Tracheotomie (2. ‐ 3. Trachealspange)<br />
• Untere/tiefe Tracheotomie (4. ‐ 5. Trachealspange)
TRACHEOTOMIE<br />
Operation<br />
‐ Tracheotomie: Hautinzision und Darstellung der Trachealvorderwand in der Mittellinie<br />
(ggf. Spaltung des Schilddrüsenisthmus), Eröffnung der Trachea und Anlage eines<br />
plastischen Stomas<br />
‐ Perkutane dilatierende Tracheostomie (Punktionstracheostomie): Punktion der<br />
Trachea und dilatieren des Einganges über Führungsdraht bis auf Kanülengröße, erster<br />
Kanülenwechsel nach 7 ‐ 10 Tagen<br />
‐ Koniotomie (Notfalltracheotomie): Durchtrennung des Lig.cricothyroideum<br />
(Lig.conicum) zwischen Schild‐ und Ringknorpel<br />
• Trachealtubus mit Ballon (= Cuff, muss mit Luft geblockt werden, zur Kontrolle ist an<br />
dem Anschluss ein kleiner Ballon), Fixierung mittels Band um den Hals<br />
• Bei endgültigem Tracheostoma Wechsel auf eine Silberkanüle nach abgeschlossener<br />
Wundheilung, ggf. auch als Sprechkanüle (hat eine Klappe, die sich beim Ausatmen<br />
verschließt und die Luft dann durch kleine Öffnungen in Richtung Larynx entweichen<br />
kann → Phonation möglich)
TRACHEOTOMIE<br />
Komplikationen<br />
• Verletzung der Schilddrüse, Blutung, Infektion<br />
• Verletzung der Trachealhinterwand und Ösophagus, tracheo‐oesophageale Fistel<br />
• Dislokation des Tubus<br />
• Tracheomalazie (zu stark geblockter Ballon)<br />
• Trachealstenose