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Forum Sexualaufklärung und Familienplanung – Alter und Sexualität

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DIALOG<br />

Das Sexualleben der älteren Frau <strong>–</strong><br />

ein tabuisiertes Thema?<br />

<strong>Sexualität</strong> im <strong>Alter</strong>, insbesondere das Sexualleben älterer<br />

Frauen, ist in unserer, auf ewige Jugend eingestellten Gesellschaft<br />

ein tabuisiertes Thema. Allenfalls existieren Vorurteile<br />

<strong>–</strong> sowohl bei den Frauen selbst als auch in der gesellschaftlichen<br />

Auseinandersetzung. <strong>Alter</strong>n wird von vielen Frauen<br />

mit einer kontinuierlichen sexuellen Entwertung erfahren,<br />

die von Sorgen um die eigene Attraktivität, abnehmender<br />

Leistungsfähigkeit, diversen Erkrankungen <strong>und</strong> Beschwerden<br />

begleitet ist. Beeinflusst werden sie vom gesellschaftlichen<br />

„double standard of aging“, was bedeutet, dass Frauen früher<br />

als Männer als unattraktiv, alt <strong>und</strong> asexuell wahrgenommen<br />

werden. Die hormonelle Umstellung mit dem Ende der<br />

fertilen Phase <strong>und</strong> dem Beginn der Wechseljahre sowie die<br />

Zunahme allgemeiner Erkrankungen wurden bisher überwiegend<br />

als Ursachen für die Veränderungen im Sexualleben<br />

verantwortlich gemacht. Wovon aber Qualität <strong>und</strong> Quantität<br />

weiblicher <strong>Sexualität</strong> nach den Wechseljahren wirklich abhängen,<br />

ist ein unfreiwillig gehütetes Geheimnis vieler Frauen.<br />

Der wissenschaftliche Kenntnisstand weiblicher <strong>Sexualität</strong><br />

ist insgesamt defizitär. Die meisten Forschungsarbeiten<br />

zum Sexualleben älterer Frauen wurden in den USA durchgeführt.<br />

Im deutschsprachigen Raum gab es bisher nur<br />

Einzelfallstudien oder Untersuchungen an kleineren Stichproben,<br />

jedoch keine repräsentativen Studien. Heterogene<br />

Bef<strong>und</strong>e sind die Folge einer hohen Variabilität der empirischen<br />

Ergebnisse bisheriger Untersuchungen. Am häufigsten<br />

wurde in den Studien nach der Häufigkeit sexueller Aktivität<br />

wie Geschlechtsverkehrfrequenzen gefragt, die weder der<br />

weiblichen <strong>Sexualität</strong> noch der Lebenswelt älterer Frauen<br />

Rechnung trägt. Relativ selten wurden Fragen nach dem individuellen<br />

sexuellen Erleben wie sexuelle Bedürfnisse allgemein,<br />

sexueller Genuss, Orgasmusexistenz <strong>und</strong> -häufigkeit<br />

gestellt. Es lässt sich feststellen, dass im Durchschnitt<br />

sexuelle Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse im <strong>Alter</strong> erhalten <strong>und</strong><br />

Frauen bis ins hohe <strong>Alter</strong> sexuell genuss- <strong>und</strong> orgasmusfähig<br />

bleiben. Jedoch scheint insgesamt betrachtet mit zunehmendem<br />

<strong>Alter</strong> ein Libidorückgang sowie eine Abnahme der<br />

sexuellen Aktivität unbestritten. Weit verbreitet ist die Meinung,<br />

dass diese Veränderungen den hormonellen Umstellungsprozessen<br />

zuzuschreiben sind. Dabei kann hier eine<br />

komplexe Reihe von anderen Ursachen mitverantwortlich<br />

sein, die nicht nur körperliche, sondern vor allem psychologische<br />

<strong>und</strong> soziologische Gründe betreffen <strong>und</strong> auch die<br />

Partnerschaft allgemein. Dazu zählen:<br />

• internalisierte Vorurteile gegenüber der <strong>Sexualität</strong> der<br />

älteren Frau;<br />

• Befangenheit <strong>und</strong> Hemmung der Lust durch das Erleben<br />

des körperlichen <strong>Alter</strong>ungsprozesses, Scham <strong>und</strong> sexueller<br />

Rückzug als mögliche Reaktion auf eine Kränkung durch<br />

das gesellschaftliche Schönheitsideal der jungen <strong>und</strong><br />

sexuell attraktiven Frau;<br />

• Gründe auf Seiten des Partners (z.B. sexuelle Funktionsstörungen,<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Probleme, Libidoverlust,<br />

Kränkungen). Frauen neigen dazu, die Gründe für sexuelle<br />

Probleme eher bei sich selbst zu suchen als beim Partner;<br />

• die Abnahme der Verfügbarkeit eines Sexualpartners,<br />

bedingt durch die demographische Entwicklung;<br />

• Libidoverlust im Zusammenhang mit Depressionen sowie<br />

depressiver Verstimmtheit;<br />

• hormonelle Veränderungen in der Postmenopause, die zum<br />

Beispiel zu einer Atrophie der Genitale <strong>und</strong> somit zu<br />

Lubrikationsmangel <strong>und</strong> Schmerzen beim Geschlechtsverkehr<br />

führen können;<br />

• andere ges<strong>und</strong>heitliche Probleme bei der Frau oder beim<br />

Partner, die mit dem <strong>Alter</strong> zunehmen.<br />

Im <strong>Alter</strong> werden sexuelle Bedürfnisse mitunter schamhaft als<br />

unpassend erlebt, vor allem, wenn der Partner altersbedingte<br />

BZgA FORUM 1/2<strong>–</strong>2003<br />

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