die bedeutung der bioethischen wertediskussion für ... - Insieme
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IV.<br />
Es gilt ebenso deutlich zu machen, dass eine humane Gesellschaft ohne Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />
nicht vorstellbar ist. Wer mit <strong>die</strong>sen Menschen zusammenlebt und -arbeitet, weiss, wie<br />
gross z. B. ihre emotionale Ausstrahlung ist und wie positiv sie auf ihr Umfeld einwirken. Damit<br />
hängt eine klare Positionierung innerhalb <strong>der</strong> Gentechnik-Debatte zusammen: Der Schutz <strong>der</strong><br />
Menschenwürde ist unteilbar, und <strong>die</strong>ser Grundsatz strahlt notwendig auch auf den Embryonenschutz<br />
aus. Der umfassende staatliche Schutz <strong>für</strong> Leben und Menschenwürde muss dem<br />
Leben bereits in seinen frühesten Entwicklungsphasen gelten. Als Beginn des menschlichen<br />
Lebens ist deshalb <strong>der</strong> frühestmögliche Zeitpunkt anzunehmen – <strong>die</strong> Verschmelzung von Samen<br />
und Eizelle. Von <strong>die</strong>sem Zeitpunkt an sind alle wesentlichen Voraussetzungen da<strong>für</strong> gegeben,<br />
dass es nach Einnistung in <strong>die</strong> Gebärmutter und nach Durchlaufen aller an<strong>der</strong>en Entwicklungsphasen<br />
zur Geburt eines Menschen kommen kann. Der in-vitro erzeugte Embryo ist daher<br />
– auch vor <strong>der</strong> Nidation – uneingeschränkter Träger <strong>der</strong> grundrechtlichen Menschenwürde. Jede<br />
Argumentation, einen späteren Zeitpunkt als den <strong>der</strong> Befruchtung als massgebend <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Zuerkennung <strong>der</strong> Menschenwürde zu bestimmen, eröffnet <strong>die</strong> Möglichkeit, menschliche Existenz,<br />
<strong>die</strong> nicht den jeweils vertretenen Kriterien des Menschseins entspricht, so zu definieren,<br />
dass sie aus dem Schutz des Grundgesetzes herausfällt.<br />
Dieses Grundverständnis hat Konsequenzen: Der Zweck, medizinische Heilungsverfahren zu<br />
entwickeln, kann nicht das Mittel heiligen, grundrechtlich geschützte Embryos zu vernichten und<br />
sie gleichzeitig als Rohstofflieferanten <strong>für</strong> Forschungszwecke zu instrumentalisieren. Künstliche<br />
Befruchtung von Eizellen (IVF) darf ausschliesslich zum Zwecke <strong>der</strong> Schwangerschaft durchgeführt<br />
werden, niemals zum Zwecke <strong>der</strong> Forschung. Der aktuell diskutierte Import von Stammzellen<br />
(zum Zwecke <strong>der</strong> Forschung) zielt jedoch gerade auf <strong>die</strong>se Instrumentalisierung ab. Die<br />
Einfuhr hebt den einst unumstrittenen Konsens zwischen den Parteien über den uneingeschränkten<br />
Schutz menschlicher Embryonen auf. Auf <strong>die</strong>sen absoluten Schutz hatte man sich<br />
im Jahre 1990 bei <strong>der</strong> Verabschiedung des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) verständigt. Es<br />
ist wi<strong>der</strong>sprüchlich, <strong>die</strong>sen Schutz einerseits aufrechterhalten zu wollen, um ihn gleichzeitig<br />
durch Ausnutzung einer Gesetzeslücke mit einer Importerlaubnis zu umgehen. Wenn man <strong>für</strong><br />
Embryonen im Inland das hohe Schutzniveau des ESchG erhalten will, kann man nicht gleichzeitig<br />
auf ausländische Forschungsoptionen zurückgreifen, <strong>die</strong> gerade <strong>die</strong>ses Schutzniveau<br />
unterschreiten. Im Ergebnis – das ist abzusehen – wird <strong>der</strong> Import eine Abschwächung des vom<br />
Gesetzgeber normierten hohen Schutzniveaus <strong>für</strong> Embryonen in-vitro bewirken.<br />
Daraus folgt: Die Einfuhr embryonaler Stammzellen ist abzulehnen, da <strong>die</strong> ihm zugrunde liegende<br />
Handlung – <strong>die</strong> Vernichtung von Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen – ethisch<br />
und rechtlich nicht zu rechtfertigen ist. Ein Import kann nur als (moralische) Legitimation <strong>der</strong><br />
Herstellung von Stammzelllinien im Inland verstanden werden. Darüber hinaus präjudiziert ein<br />
solcher Schritt zukünftige Entscheidungen über <strong>die</strong> Zulässigkeit <strong>der</strong> Gewinnung embryonaler<br />
Stammzellen und ist auch unter <strong>die</strong>sem Gesichtspunkt nicht zu rechtfertigen. Genau aus <strong>die</strong>sem<br />
Grund war und ist <strong>die</strong> Debatte über Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler<br />
Stammzellen mit grossem Engagement kritisch zu begleiten. Erkennbar bleibt <strong>die</strong> Gefahr, dass<br />
Embryonen ihren Subjektcharakter verlieren und mehr und mehr <strong>für</strong> Forschungszwecke »objektiviert«<br />
werden. Deshalb ist nach <strong>der</strong> Entscheidung des Bundestags <strong>für</strong> eine teilweise zulässige<br />
Importerlaubnis daran zu erinnern, dass das auf <strong>die</strong>ser Grundlage<br />
entwickelte Stammzellgesetz <strong>die</strong> Einfuhr und <strong>die</strong> Verwendung embryonaler Stammzellen weiterhin<br />
grundsätzlich verbietet. Die Lebenshilfe wird in <strong>die</strong>sem Zusammenhang darauf achten<br />
müssen, dass <strong>der</strong> im Grundsatz restriktive Beschluss vom 30. Januar<br />
2002 im Rahmen <strong>der</strong> nun verabschiedeten Regelungen zur Einfuhr und Verwendung menschlicher<br />
embryonaler Stammzellen nicht verwässert wird.<br />
Ein lebenswertes Leben? Keine Frage! – insieme zur Biomedizin Seite 3 von 3