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Haben Sie irgendwelche Sonderausgaben?<br />
Ja, man muß kaufen, sagt Frau Töpfert.<br />
Was kaufen?<br />
Ja, Menschen, sagt Frau Töpfert dumpf.<br />
Der Blick der Frau vom Sozialamt wird noch schärfer, noch kontrollierender.<br />
Was redet die alte Frau daher? Ist das greisenhaftes Daherreden oder sind das<br />
schon die Folgen ihrer Trunksucht? Menschen kaufen! Marlies und Hedda kamen<br />
wieder, denkt Frau Töpfert. Sie standen im Barackenflur und drucksten herum,<br />
als ich sie bat, in dieses Zimmer zu kommen. Und Marlies, die von den beiden<br />
immer ein bißchen vornweg ist, sagte: Wir sind gern bei dir, Oma Töpfert. Aber<br />
weißt du, wir können nicht so ohne <strong>weiter</strong>es eine Stunde bei dir bleiben. Wir<br />
geben einigen Schülern aus den unteren Klassen Nachhilfeunterricht in Rechnen<br />
und Englisch. Und man bezahlt uns dafür. Jedem achtzig Pfennig für die Stunde.<br />
Das müßten wir auch von dir haben, Oma Töpfert.<br />
Jeder von uns müßte für eine Stunde bei dir achtzig Pfennig kriegen. Frau<br />
Töpfert, damit kann ich mich nicht zufriedengeben, mit Ihrer merkwürdigen<br />
Antwort von Menschenkaufen, sagt die Frau vom Sozialamt. Ja, aber es kostet<br />
doch alles was, heute, sagt Frau Töpfert dumpf. Und sie denkt: Ich hatte Angst,<br />
Marlies und Hedda würden sofort wieder gehen, und ich wäre wieder allein mit<br />
den Radio-Stimmen. Und weil ich mich an das angenehme Sprechen und Nahesein<br />
der Kinder gewöhnt hatte, mochte ich sie nicht mehr missen. Ich zahlte ihnen<br />
achtzig Pfennig, sobald sie auf der Schwelle standen, in die offene Hand. Jedem<br />
Mädchen achtzig Pfennig. Dann kamen sie herein und waren fröhlich und<br />
erzählten. Sie kamen schließlich jeden Tag und verdienten sich ihr Geld. Sie<br />
erzählten immer neue Geschichten und so viele, dass wahrscheinlich eine Menge<br />
davon erfunden war. Sie strengten sich richtig an für ihren Lohn.<br />
Und nach einigen Monaten verlangten sie von mir eine Erhöhung ihres<br />
Stundengeldes, weil auch der Betrag für die Nachhilfestunden aufgestockt<br />
worden sei. Und so ging es mit den Zuschlägen allmählich <strong>weiter</strong>. Aus den achtzig<br />
Pfennig wurde eine Mark, dann eine Mark fünfzig. Und seit einem halben Jahr<br />
sind es für jedes Mädchen zwei Mark. Das sind die sechzig Mark, Frau Heideck<br />
vom Sozialamt! Aber werden Sie das verstehen? Kann ich Ihnen das erzählen?<br />
Die Frau vom Sozialamt steht auf. Es hat keinen Zweck, sagt sie. Das ist keine<br />
brauchbare Auskunft für meinen Bericht. Damit komme ich nicht <strong>weiter</strong>. Frau<br />
Töpfert bleibt sitzen.