Skript Humanökologie (Kapitel 5)
Skript Humanökologie (Kapitel 5)
Skript Humanökologie (Kapitel 5)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/1<br />
5. Verbrauch von nichterneuerbaren<br />
Ressourcen<br />
Beispiele für den Verschwendungskonsum der Industrieländer:<br />
a) Pro-Kopf-Energieverbrauch: ist in den Industrieländern im<br />
Schnitt zwanzigmal höher als in den Entwicklungsländern.<br />
5.1. Verbrauch von Material- und Energieressourcen<br />
(1) Rohstoffe gehen bei ihrer Nutzung als Werkstoffe<br />
nicht verloren, werden aber durch Verarbeitung sowie<br />
Verbrauch, Verschleiß und Verschrottung so weit<br />
verdünnt und zerstreut, daß eine vollständige Rückführung<br />
praktisch unmöglich ist. Ein ständiger<br />
Verbrauch ist somit unausweichlich.<br />
Es gibt vielfältige Materialverluste schon bei der Verarbeitung zu<br />
Produkten, aber auch durch Verschleiß bei der Nutzung, als Abfall<br />
nach der Nutzung und durch unvollständige Wiederauf-arbeitung.<br />
Damit lassen sich diese Rohstoffvorräte wohl strecken (und dies<br />
bringt Zeit für die Entwicklung nachhaltiger Technologien), aber<br />
auf Dauer werden erneuerbare Rohstoffe immer mehr an<br />
Bedeutung gewinnen.<br />
(2) Bei der Nutzung nicht erneuerbarer Rohstoffe zur<br />
Energiegewinnung werden diese prinzipiell zerstört,<br />
wie dies z.B. bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl<br />
und Erdgas oder bei der Kernspaltung der Fall ist.<br />
Aus thermodynamischen Gründen (2. HS) wird der Energie-<br />
”rohstoff” bei seiner Nutzung zerstört und muß durch ständige<br />
Zufuhr ersetzt werden. Außerdem treten unerwünschte und<br />
problematische Verbrennungs- bzw. Abfallprodukte auf.<br />
1 t SKE = 8140 kWh = 29 310 kJ<br />
1 TW = 31 536 PJ/a = 1.08 Mrd. t SKE (1 PJ = 10 15 J)<br />
Weltenergieverbrauch 1990: rund 11 Mrd. t SKE<br />
Industrieländer:<br />
8.8 Mrd. t SKE<br />
Entwicklungsländer: 2.2 Mrd. t SKE<br />
(+ 1 Mrd. t SKE nicht-kommerzielle Energie)<br />
b) Pro-Kopf-Metallverbrauch: ist in den Industrieländern<br />
ebenfalls dreißig- bis fünfzigmal so hoch<br />
(3) Bestimmend für den Verbrauch ist die der Umwelt<br />
pro Zeiteinheit entnommene Ressourcenmenge.<br />
Diese läßt sich - bei gleichem Durchsatz für<br />
Produktion und Konsum - durch höhere Rückführung<br />
deutlich verringern.<br />
Für den Nutzer entscheidend ist die gelieferte Dienstleistung, die<br />
dem Ressourcendurchsatz proportional ist. Dabei ist es für die<br />
Quantität unerheblich, ob die Materialien aus der Umwelt<br />
entnommen oder durch Rezyklierung mehrfach genutzt werden.<br />
(4) Das heutige hohe Verbrauchsniveau der Industrieländer<br />
kann weltweit auf Dauer nicht aufrechterhalten<br />
werden, weil Ressourcenerschöpfung und Umweltbelastungen<br />
dem Grundsatz der Nachhaltigkeit<br />
widersprechen.<br />
c) Pro-Kopf-Stoffdurchsatz pro Jahr (Deutschland, 1989):<br />
Hausmüll<br />
Industrieabfälle (ohne Bauschutt)<br />
Bauschutt und Bodenaushub<br />
fossile Energieträger<br />
CO 2 -Freisetzung<br />
Chemieprodukte<br />
Pestizide: Produktion<br />
Anwendung<br />
Autowracks (davon 25% Metalle)<br />
Industriedünger (P, N, K, Ca)<br />
Wasch- und Reinigungsmittel<br />
Phosphoreinträge in Gewässer<br />
FCKW (Produktion)<br />
Wasserverbrauch (ohne Kühlwasser)<br />
365 kg<br />
1 300 kg<br />
2 000 kg<br />
6 000 kg<br />
11 700 kg<br />
503 kg<br />
3.7 kg<br />
0.53 kg<br />
32 kg<br />
85 kg<br />
28.3 kg<br />
1.14 kg<br />
1.9 kg<br />
300 000 kg<br />
d) Der weltweite Energieverbrauch hat sich zwischen 1950 und<br />
1990 vervierfacht, auch der Verbrauch fossiler Brennstoffe allein<br />
verdoppelt sich (noch) alle 25 Jahre!
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/2<br />
Der technische Weltenergie-Durchsatz von 11 TW (zu 90% aus<br />
fossilen Brennstoffen!) erreicht bereits etwa ein Zehntel der<br />
pflanzlichen Nettoprimärproduktivität auf der Erde (100 TW).<br />
e) Der Energieverbrauch eines Landes ist - bei Nichteinführung<br />
von Nutzungsverbesserungen - im wesentlichen proportional zum<br />
Bruttosozialprodukt. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede in<br />
der Nutzungseffizienz (die in der Wirtschaftsstruktur und der<br />
verwendeten Technologie begründet sind) zwischen den<br />
verschiedenen Industrieländern:<br />
5.2. Vorräte an Energie und Rohstoffen<br />
(1) Bei Rohstoffvorräten unterscheidet man begrifflich<br />
zwischen den (sicheren) Reserven und den (mehr<br />
oder weniger unsicheren) Ressourcen.<br />
sichere Reserven: Vorkommen bekannt und abbaubar<br />
vermutete Reserven: abbaubareVorkommen vermutet<br />
Ressourcen: Lagerstätte ungewiß und/oder heute nicht<br />
technisch bzw. wirtschaftlich abbaubar<br />
Potential: überhaupt vorhandene und jemals abbaubare Vorräte<br />
(2) Bei vielen Rohstoffen ist bereits ein erheblicher<br />
Teil der bekannten Vorräte abgebaut (z.B. Erdöl). Die<br />
Reserven einiger wichtiger Stoffe werden<br />
voraussichtlich in wenigen Jahrzehnten erschöpft<br />
sein.<br />
Beispiel Erdöl: in den USA zu 40%, im Mittleren Osten zu 20%<br />
verbraucht; neue Vorkommen werden immer seltener gefunden<br />
Die meisten Rohstoffe sind entweder in einer Lagerstätte<br />
vorhanden oder nicht. Fließende Übergänge zu geringeren<br />
Konzentrationen gibt es nur selten (z.B. bei manchen Erzen).
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/3<br />
Silber und Gold sind fast völlig verbraucht, eine baldige<br />
Verknappung ist in den nächsten Jahrzehnten auch zu befürchten<br />
bei: Erdgas, Erdöl, Blei, Kupfer, Quecksilber, Wolfram, Zink,<br />
Zinn.<br />
(3) Eine realistische Schätzung der Lebensdauer<br />
geht davon aus, daß mit knapper werdenden Vorräten<br />
auch der Abbau (und damit der Verbrauch) zurückgehen<br />
werden (= Hubbert-Kurve).<br />
- statische Lebensdauer: bei konstantem heutigen Verbrauch<br />
- dynamische Lebensdauer: bei konstanter Steigerungsrate des<br />
Verbrauchs<br />
- realistische Lebensdauer: sinkender Verbrauch bei Annäherung<br />
an die Erschöpfung<br />
gegenwärtiger Verbrauchsrate bis etwa 2230 ausreichen. Die<br />
Erschöpfung des Erdöls und die zunehmende Umweltbelastung<br />
durch den Kohleverbrauch könnten aber zu einer weiteren<br />
Verbrauchssteigerung führen. Bei der heutigen Steigerungsrate<br />
des Verbrauchs um jährlich 3.5% würden auch die vierfachen<br />
Vorräte nur bis zum Jahre 2054 reichen.<br />
(4) Bei sehr knappen Stoffen (wie z.B. Silber)<br />
verschiebt auch eine stark verbesserte Rückführung<br />
die Erschöpfung nicht.<br />
Grund: Rezyklierung täuscht höheres Rohstoffangebot vor, so daß<br />
sich kein Preisanstieg und damit kein ökonomischer Druck zum<br />
Sparen ergeben.<br />
(5) Kohlenwasserstoffe werden wie folgt eingeteilt:<br />
Erdöl: a) Konventionelles Erdöl<br />
• Erdöl (Dichte 0,8 - 0,934 g/cm3; 45-20 API)<br />
• NGL (Natural Gas Liquids, < 0,8 g/cm3; >45 API)<br />
b) Nichtkonventionelles Erdöl<br />
• Schweröl (0,934 - 1,0 g/cm3; 20-10 API)<br />
• Schwerstöl (> 1,0 g/cm3 ;
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/4<br />
könnte ein höheres Ausbringen aus den bekannten<br />
Lagerstätten über den heute üblichen Ausbringungskoeffizienten<br />
von 0,3 bis 0,5 hinaus sein.<br />
der im Bereich der IEA-Prognose liegt, sind 2025 erst<br />
35 % des Gesamtpotentials verbraucht, was der<br />
heutigen Situation beim Erdöl entspricht. Selbst bei<br />
einer Steigerungsrate von 6 % ist zu diesem Zeitpunkt<br />
der "depletion mid-point" noch nicht überschritten.<br />
Die Obergrenze der Gesamtschätzung liegt bei ca.<br />
450 Mrd. t<br />
(7) Bei Erdgas liegen die Abschätzungen verschiedener<br />
Autoren(-Gruppen) in den letzten Jahren<br />
zwischen 350 und 500 Bill. m 3 . Die eingezeichnete<br />
mittlere Zunahme der Abschätzungen des Gesamtpotentials<br />
von Erdgas seit 1980 resultiert in gleicher<br />
Weise aus Erhöhungen der Reserven wie auch der<br />
(zusätzlichen) Ressourcen.<br />
(8) Beim konventionellem Erdöl entsteht zunehmend<br />
eine kritische Situation. Hier wird in allernächster<br />
Zukunft der Höhepunkt überschritten sein (mit<br />
Erreichen des "depletion mid-points", der Stelle des<br />
50%igen Verbrauchs, im Zeitraum von etwa 2010 bis<br />
2020). Bei einer Steigerungsrate von 2 %, die im<br />
Bereich der IEA-Prognose liegt, würden innerhalb der<br />
nächsten 25 Jahre über die Hälfte des verbleibenden<br />
konventionellen Erdöls gefördert und die jetzt<br />
bekannten Reserven fast aufgebraucht sein. Bei einer<br />
jährlichen Zuwachsrate von 6 % wäre bis 2025 fast<br />
das gesamte verbleibende konventionelle Erdöl<br />
verbraucht.<br />
Beim Erdgas aus sieht die Situation, bedingt durch die<br />
im Vergleich zum Erdöl später einsetzende Nutzung,<br />
etwas freundlicher aus. Es sind erst ca. 15 % des<br />
Gesamtpotentials gefördert (beim Erdöl ca. 35 %). Bei<br />
einem jährlichen Zuwachs im Verbrauch von ca. 3 %,
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/5<br />
(9) Schon die statischen Reichweiten (= Lebensdauern),<br />
die auf einem konstant bleibenden Verbrauch<br />
basieren, zeigen die begrenzte Nutzungszeit<br />
fossiler Brennstoffe, insbesondere bei Erdöl und<br />
Erdgas.<br />
5.3. Energieversorgung (in Deutschland)<br />
(1) Der Energieverbrauch ist in Deutschland nach<br />
1945 stark angestiegen, blieb aber seit den siebziger<br />
Jahren relativ konstant (Grund: energiesparende<br />
Technologien, weniger energieintensive Produktionsweisen).<br />
Dennoch bleibt unsere Energieversorgung<br />
weitgehend importabhängig.<br />
Die technische Grenze für den Endenergiebedarf bei<br />
unveränderter Energiedienstleistung könnte aber bei weniger als<br />
20% des heutigen Bedarfs liegen (s.u.).<br />
(2) Vom Energierohstoff bis zu der Nutzung als Endenergie<br />
beim Verbraucher geht bei Umwandlungen<br />
und Transport ein großer Teil der Energie verloren.<br />
Besonders hohe Verluste entstehen aber vor allem<br />
durch verschwenderische Nutzung beim Verbraucher.<br />
(5) Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass<br />
• Kohlenwasserstoffe gegenwärtig und in auch<br />
nächster Zukunft die wichtigsten Energieträger<br />
sind und bleiben werden,<br />
• eine Verschiebung vom Erdöl hin zum Erdgas<br />
erfolgen wird,<br />
• Kohlenwasserstoffe trotz für viele Jahrzehnte<br />
reichender Reserven und Ressourcen endlich sind<br />
und deshalb ein sparsamer Umgang geboten ist<br />
• Da Verbraucher- und Förderregionen geographisch<br />
nicht immer zusammenfallen, kommt dem Transport<br />
und Handel mit Erdöl und Erdgas eine große<br />
Bedeutung zu.<br />
• Problemkreise sind u.a.:<br />
- politische Einflüsse auf den Handel,<br />
- die nicht abschätzbare künftige Preisentwicklung,<br />
- die CO2-Problematik.<br />
Angesichts dieser Umstände ist unbedingt eine<br />
Substitution durch andere Energieträger in Angriff zu<br />
nehmen !!<br />
Primärenergie: Energie vor der Umwandlung in Kraftwerken u.ä.<br />
Sekundärenergie: nach der Umwandlung in Transportform<br />
Endenergie: Energie, die den Endverbraucher erreicht<br />
Nutzenergie: Energie, die der Verbraucher in der gewünschten<br />
Form bezieht<br />
Energiedienstleistung: Dienstleistung, die der Verbraucher durch<br />
Verwendung der Nutzenergie bezieht<br />
Wichtig: Statistiken weisen stets nur die Bilanz bis zur Nutzenergie<br />
aus, völlig offen bleibt der Umsatz in Dienstleistung!<br />
(3) Die technischen Wirkungsgrade bei der Umwandlung<br />
und dem Transport von Energie sind (auf<br />
Grund physikalischer Gesetze) kaum noch verbesserbar.<br />
Sehr große Möglichkeiten liegen dagegen bei<br />
einer besseren Umsetzung in Nutzenergie und vor<br />
allem in Energiedienstleistung.<br />
Die Wirkungsgrade von Wärmeumwandlungsprozessen sind z.B.<br />
durch den Carnotschen Wirkungsgrad begrenzt. Bei mehreren<br />
Umwandlungsschritten multiplizieren sich die Wirkungsgrade.<br />
Erzielbare maximale Wirkungsgrade von Einzelprozessen:<br />
Wärmeerzeugung durch Verbrennung 95%<br />
Elektrolyse 80%<br />
Brennstoffzellen (Stromerzeugung) 65%<br />
Gas- und Dampfturbinen 45%<br />
Dieselmotor 35%<br />
Kernkraftwerk 35%<br />
Solarzelle (Photovoltaik) 30%<br />
Leuchtstoffröhre 25%
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/6<br />
Ottomotor 20%<br />
Glühbirne 5%<br />
Biomasse aus Sonnenenergie (NPP) 5%<br />
Endenergieverbrauch: 7 600 PJ/a<br />
aber: nur durch Strom abdeckbare Endenergie hat 16% Anteil<br />
(evtl. auf 10% reduzierbar) → davon kann Kernenergie nur die<br />
Grundlast, d.h. etwa die Hälfte, übernehmen (was somit keine<br />
wesentliche Reduzierung der CO 2 -Emission bringen würde)<br />
Allerdings: Strom wird oft für Zwecke eingesetzt, für die andere<br />
Energien effizienter wären (z.B. Wärmeerzeugung)<br />
→ Schlußfolgerung: CO 2 -Emission ist viel schneller reduzierbar,<br />
wenn zunächst die fossilen Energieträger rationeller genutzt<br />
werden (und dann ein Umstieg auf regenerierbare Energien<br />
erfolgt)<br />
5.4. Sparsamerer Umgang mit Energie- und<br />
Material als Ressourcen<br />
Die Nutzenergie wird oft sehr schlecht in Energiedienstleistung<br />
umgesetzt: z.B. schlechte Wärmedämmung von Häusern, Autos<br />
nur mit einer Person besetzt, unnötige Beleuchtung, zu kurze<br />
Verwendungsdauer von Produkten<br />
(4) Etwa 85% der Endenergie werden als Brennstoffe<br />
benötigt, für die aber heute fast nur fossile Träger zur<br />
Verfügung stehen. Diese lassen sich nur bei der<br />
Stromerzeugung (und auch dort nur teilweise) durch<br />
Kernenergie ersetzen.<br />
(1) Die vorhandenen Vorräte an nicht erneuerbaren<br />
Ressourcen lassen sich “strecken” durch:<br />
- effizientere Nutzung von Werkstoffen und Energie<br />
- längere Lebensdauer (und Wiederverwendung)<br />
- Rückführung der Materialien<br />
- Ersetzung knapper Rohstoffe durch andere<br />
- Nutzung ärmerer Rohstoffvorkommen<br />
- Ersetzung durch “intelligente” Lösungen<br />
Fazit: Technik und Wirtschaft müssen sich an den erforderlichen<br />
Energie- und Stoff-Dienstleistungen orientieren und nicht an<br />
einem aus veralteten Technologien und Gewohnheiten<br />
resultierenden Energie- und Stoff-Verbrauch!<br />
(Alt-)BRD 1986: Primärenergieverbrauch 11 500 PJ/a<br />
→ Steinkohle 20%, Braunkohle 8%, Erdöl 43%,<br />
Erdgas 15%, Wasserkraft 2%, Kernenergie 10%<br />
(2) Durch effizientere Formen der Nutzung lassen<br />
sich die erforderlichen Rohstoff- und Energieeinsätze<br />
für notwendige Material- und Energiedienstleistungen<br />
oft erheblich reduzieren.<br />
Am Beispiel eines Wohnhauses kann die<br />
Energieeinsparung durch Einführung moderner<br />
Technologien sowie anderer Nutzungsgewohnheiten<br />
illustriert werden:
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/7<br />
d) Durch Kraft-Wärme-Kopplung kann die bei<br />
Wärmekraftprozessen unvermeidliche Abwärme für Heizung und<br />
Prozeßwärme genutzt werden, so daß der Wirkungsgrad von 30%<br />
auf 85% steigt.<br />
Beispiele für Möglichkeiten der Energieeinsparung<br />
a) Die Energiedienstleistung “warmer Raum” kann mit rund 5%<br />
der heute üblichen Heizleistung erbracht werden (Wärmedämmung,<br />
modernes Heizungssystem u.a.).<br />
b) Die Energiedienstleistung “schneller Individualverkehr” kann<br />
mit weniger als 10% des heutigen Energieverbrauchs erbracht<br />
werden (kleinere Fahrzeuge, Elektroantrieb, Langlebigkeit,<br />
einfache Reparaturfähigkeit).<br />
(3) Prognosen des Energiebedarfs und die Planung<br />
der Energieversorgung müssen unbedingt die technischen<br />
Möglichkeiten einer effizienteren Energienutzung<br />
berücksichtigen.<br />
c) Die Dienstleistung “elektrisches Gerät” kann mit rund 20% des<br />
heutigen Energieverbrauchs erbracht werden (z.B. bessere<br />
Wärmedämmung bei Kühlschränken und Gefriertruhen, Sparlampen,<br />
verlustarme Elektronik, elektronische Leistungsanpassung<br />
bei Motoren u.v.m.).<br />
Allein die komsequente Anwendung heutiger Möglichkeiten<br />
könnte den Pro-Kopf-Energieverbrauch in Deutschland bei<br />
gleicher Dienstleistung auf weniger als 50% des heutigen<br />
Einsatzes senken. Die technischen Grenzen sollten sogar bei<br />
einem Wert unter 20% liegen.
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/8<br />
Untersuchungen zur Energieversorgung Deutschlands zeigen, daß<br />
die gleiche Versorgung (mit wachsenden Dienstleistungen) auch<br />
ohne Kernenergie und Ausbau der Kohle errreichbar ist und<br />
darüber hinaus der Energiebedarf noch stark sinken kann.<br />
Die Art der Technik und deren Nutzung bestimmt den Verbrauch<br />
an Energie und Ressourcen und damit letztlich die Umweltbelastung.<br />
Die Technikwahl ist damit äußerst entscheidend, sie<br />
darf nicht dem Zufall oder anderen Interessengruppen überlassen<br />
werden !!<br />
(4) Bei Werkstoffen ist nicht länger der jährliche<br />
Durchsatz, sondern der Bestand ein guter Indikator für<br />
materiellen Wohlstand.<br />
Energieintensität bei der Neugewinnung verschiedener Stoffe<br />
(in MJ/kg):<br />
Bauholz 7<br />
Glas 17<br />
Papier 18<br />
Eisen, Stahl 25 - 50<br />
Kunststoffe (aus Erdöl) 45 - 135<br />
Zink 65<br />
Chrom 60 - 125<br />
Magnesium 350<br />
Titan 400<br />
Beispiel : Rohstoff Stahl<br />
-> Bestand = Stahl in Maschinen, Anlagen, Geräten usw.<br />
-> Durchsatz = jährliche Stahlproduktion (auch aus Schrott)<br />
Eine ökologisch orientierte Wirtschaft kann ihren Reichtum nur<br />
noch am vorhandenen Bestand und nicht am materiellen<br />
Durchsatz (und erst recht nicht an der Entnahme von nicht<br />
erneuer-baren Rohstoffen aus der Umwelt!) messen.<br />
(6) Auch die Wiederverwendung von Produkten<br />
(Bauteilen, Verpackungen usw.), ihre Reparatur und<br />
eine lange Lebensdauer tragen zur Einsparung von<br />
Rohstoffen und Energie bei.<br />
(5) Die Rückführung von Material (= Recycling) ist<br />
eine wichtige Methode zur Verlängerung der Lebensdauer<br />
begrenzter Vorräte. Die Vorteile sind<br />
- geringerer Verbrauch von “neuen” Rohstoffen<br />
- geringerer Energieaufwand zur Bereitstellung.<br />
Bei der Rückführung genutzter Materialien ist der<br />
Energieaufwand häufig deutlich geringer als bei ihrer<br />
Neuproduktion (z.B. Aluminium!, Stahl, Papier, Glas u.v.a.).<br />
Allerdings muß die Rückgewinnung bereits im Produktentwurf<br />
vorgesehen sein (z.B. leichte Austauschbarkeit von Teilen, keine<br />
Mischmaterialien, wie metallische Legierungen oder<br />
Verbundstoffe vom Typ Papier/Plastik/(Aluminium)).<br />
Da keine hundertprozentige Rezyklierung möglich ist, sollte<br />
schon bei Produktion und Konsum Material gespart werden durch<br />
- verringerten Durchfluß (besserer Entwurf, höhere Lebensdauer)<br />
- sowie verringerten Abfall und Verschleiß.
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/9<br />
Gleichzeitig führt dies auch zu einer Verringerung des<br />
Energieverbrauchs.<br />
5.5. Alternativen der Energieversorgung<br />
(7) Ein typisches Beispiel für den übermäßigen Verbrauch<br />
und Verschleiß von Materialien in den<br />
Industrieländern ist durch den hohen Anfall an<br />
Hausmüll gegeben (in Deutschland etwa 1 kg pro<br />
Person und Tag!). Er wird durch den Wegwerfkonsum<br />
hervorgerufen und führt - neben dem Energieverbrauch<br />
- zum Verlust seltener oder (in der<br />
Gewinnung) energieaufwendiger Stoffe. Eine weitgehende<br />
Rückführung sowie vor allem eine drastische<br />
Verringerung der Menge sind deshalb dringend nötig<br />
und auch möglich.<br />
“seltene” Rohstoffe: vor allem Metalle<br />
“energieintensive” Stoffe: Aluminium, Glas, Papier, Plastik<br />
Hausmüll hat etwa den gleichen Energiegehalt wie Braunkohle!<br />
Hausmüllzusammensetzung in Gewichtsprozent (BRD, 1985):<br />
organische (vegetabile) Reste 30%<br />
Papier, Pappe 16%<br />
Mittelmüll (8 - 40 mm) 14%<br />
mineral. Stoffe, Feinmüll 12%<br />
Glas 9.2%<br />
Kunststoffe 5.4%<br />
Metalle 3.2%<br />
Verbundmaterialien 3.5%<br />
Textilien 2%<br />
Wegwerfwindeln 2%<br />
Mineralien 2%<br />
Problemabfälle 0.7%<br />
Das Duale System (“Grüner Punkt”) ist keine dauerhafte Lösung<br />
und stellt vor allem keinen Ansatz zur Müllvermeidung dar.<br />
Notwendig sind vielmehr eine Verringerung der Menge (z.B.<br />
durch andere Verpackungsstrategien) und die Erhöhung der<br />
Lebensdauer von Gütern.<br />
(1) Mit der heutigen Technik ist es nicht möglich, die<br />
gesamte Welt mit den Dienstleistungen zu versorgen,<br />
an die sich die Industrieländer gewöhnt haben.<br />
→ notwendig:<br />
- Energieeinsatz pro Energiedienstleistung ist zu verringern<br />
- Energieversorgung ist auf nachhaltige, erneuerbare Energieträger<br />
umzustellen<br />
(2) Eine nachhaltige und umweltneutrale Energieversorgung<br />
ist prinzipiell nur auf der Basis erneuerbarer<br />
Energiequellen möglich. Diese nutzen die<br />
Sonnenenergie entweder direkt (Biomasse,<br />
Sonnenkollektoren, Solarzellen) oder auch indirekt<br />
(Wind, Wasserkraft, Temperaturgradienten).<br />
“Nachhaltigkeit” bedeutet insbesondere, daß nicht von begrenzten<br />
Vorräten (fossiler Brennstoffe) gelebt wird, sondern ein<br />
Fließgleichgewicht besteht (abgestrahlte Wärme = aufgenommene<br />
Energie) -> dieser Eintrag kann nur aus der Sonnenenergie<br />
kommen<br />
(3) Ausbaubare Alternativen der Energieversorgung<br />
sind:<br />
- direkte Nutzung der Sonnenenergie<br />
- Erzeugung von Biomasse<br />
- Wasserkraft<br />
- Windkraft<br />
- Wasserstoff als Energieträger<br />
- Gezeiten und geothermische Energie.<br />
(8) Das Ausweichen auf ärmere Lagerstätten erhöht<br />
den Abbau- und Energieaufwand für die Gewinnung.<br />
Andererseits ist die Substitution knapper Rohstoffe oft<br />
nicht möglich, weil es keine ähnlichen Ersatzstoffe<br />
gibt.
UMWELTWISSEN/ÖKOLOGIE: 5. Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen UW - 5/10<br />
Sonnenenergie: a) Sonnenkollektoren → dienen der direkten<br />
Wärmeerzeugung (“passive” Nutzung)<br />
b) Solarzellen → erzeugen unmittelbar elektrischen Strom<br />
(“Photovoltaik”) → auch in Mitteleuropa bedeutsamer nutzbar:<br />
mittlere Einstrahlung in Deutschland am Boden 100 W/m 2<br />
(weltweites Mittel: 170 W/m 2 ) → 900 kWh/m 2 a → bei heutigem<br />
Wirkungsgrad von 20% reichen weniger als 1% der Fläche<br />
Deutschlands für die Energieerzeugung von 550 TWh/a (BRD:<br />
Fläche unt. Stromleitungen 0.8%, Brachland 1.3%, Straßen 5%)<br />
Problem: Speicherung der elektrischen Energie ist nötig (Latentwärme,<br />
Batterien, Wasserstoff o.a.)<br />
Biomasse: aus Land- und Forstwirtschaft (“Energieforsten”) →<br />
erzeugt Holz, Stroh, Biogas, Alkohol → nachhaltiger Ertrag von<br />
etwa 10 t/ha a entspricht bis zu 5000 l Heizöl pro Hektar und Jahr;<br />
Wirkungsgrad nur 1%, aber gut speicherbar (als Fest- Flüssig-,<br />
Gas-Brennstoffe), geringe Kosten, einfache Technik<br />
weltweites Potential: Netto-Photosynthese beträgt 100 TW<br />
außerdem: Aufforstung ist das einzige Mittel, die Brennholzkrise<br />
der Entwicklungsländer zu lösen<br />
Wasserkraft: nutzt die potentielle bzw. kinetische Energie des<br />
Wassers (Wasserkreislauf!); weltweiter Anteil bei 6%, läßt sich<br />
auf 20% ausbauen; Wirkungsgrad bei 90% (Heizkraftwerk 40%,<br />
Kernkraftwerk 30%); leicht speicherbar, schnell verfügbar →<br />
eignet sich zur Deckung von Belastungsspitzen<br />
Wasserstoff: durch Elektrolyse mit Wirkungsgrad von 80%<br />
vielseitig erzeugbar (Strom aus Solarzellen, Wind, Wasserkraft),<br />
speicherbar und verwendbar (in Brennstoffzellen mit 65%<br />
Wirkungsgrad), direkte und saubere Verbrennung; Energiegehalt<br />
von Wasserstoff beträgt 39 kWh/kg → zusammen mit Solarstrom<br />
ist Wasserstoff ein interessanter speicherfähiger und umweltfreundlicher<br />
Energieträger<br />
(4) a) Kernkraftwerke bereiten erhebliche Sicherheitsprobleme<br />
und sind deshalb keine nachhaltige Lösung.<br />
b) Die Kernfusion könnte (ohne Materialprobleme)<br />
große Mengen Energie bereitstellen, aber auch bei ihr<br />
gibt es wegen des intensiven Neutronenflusses<br />
erhebliche Probleme mit der Radioaktivität.<br />
Kernspaltung: spaltbares Uran U-235 → Energiegehalt beträgt<br />
79 000 GJ/kg; natürliches Uran enthält 0.7% U-235, die restlichen<br />
99.3% U-238 sind durch Neutronenbeschuß in spaltbares<br />
Plutonium umwandelbar;<br />
Wirkungsgrade liegen um 1%, bei Brütern allerdings um 50%<br />
Die Kernenergie ist dennoch weniger von der Vorratsseite<br />
limitiert, sondern durch ökologische und gesellschaftliche Aspekte<br />
sowie Sicherheitsprobleme!<br />
Kernfusion: benötigt als Brennstoff Isotope schweren Wasserstoffs<br />
(Deuterium, Tritium);<br />
Deuterium: im Seewasser 1 Atom auf 6700 H-Atome → 1 Liter<br />
Seewasser entspricht 300 l Benzin<br />
Tritium: radioaktiv, Halbwertszeit 12.3 Jahre, durch Beschuß von<br />
Lithium mit Neutronen erzeugt; 1 g Lithium entspricht 45 bis 90<br />
GJ (etwa 2 t SKE), im Seewasser 0.17 g Li pro m 3 , d.h. 340 kg<br />
SKE/m 3<br />
kontrollierte Kernfusion bisher nicht erzeugt, Fusionsreaktoren<br />
erzeugen einen intensiven Neutronenfluß!<br />
weltweites Potential: Wasserkreislauf → r und 40 000 TW<br />
nutzbare Wasserkraft → rund 2.2 TW<br />
Windkraft: nutzt kinetische Energie des Windes (Konvektion!),<br />
deshalb nur sinnvoll, wo starker Wind (die Leistung wächst mit<br />
der dritten Potenz der Geschwindigkeit!), Leistungsschwankungen<br />
müssen ausgeglichen werden; Wirkungsgrad um 60%<br />
Gezeiten, geothermische Energie: nur an wenigen Stellen auf<br />
der Erde sinnvoll nutzbar<br />
(5) Eine nachhaltige Energieversorgung, die ohne<br />
Umweltschäden oder nicht kalkulierbare Gefährdungen<br />
auskommt, kann nur auf der Grundlage der<br />
Sonnenenergie basieren. Deshalb sind alle<br />
wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen<br />
vorrangig auf diese Richtung zu orientieren. Zugleich<br />
muß weiterhin hartnäckig an der Reduzierung des<br />
Energiedurchsatzes durch verbesserte technische<br />
Produkte sowie vor allem andere Nutzungsgewohnheiten<br />
gearbeitet werden.