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Orginalartikel - Labor Team W

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i<br />

laborinfo für den arzt<br />

Retikulozytenmessung – gestern und heute<br />

Die Retikulozyten sind unreife Erythrozyten mit anfärbbaren RNS-Resten.<br />

Ihre Zahl ist ein direktes Mass für die Erythropoese-Aktivität des Knochenmarks.<br />

Neue Messmethoden ermöglichen eine zuverlässige Zählung und Charakterisierung<br />

(Reifegrad, Hämoglobingehalt) der Retikulozyten in EDTA-Blut.<br />

Die Bestimmung der Retikulozyten ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der<br />

Abklärung und Verlaufskontrolle von Anämien. Zudem ermöglichen die<br />

Retikulozytenparameter Verlaufskontrollen von Patienten nach Knochenmarksoder<br />

Stammzelltransplantationen, Patienten mit knochenmarkstoxischen Therapien<br />

oder die Erkennung eines funktionalen Eisenmangels bei rHuEPO-Gabe z.B. bei<br />

Dialyse- oder auch AIDS-Patienten.<br />

Retikulozyten Physiologie<br />

Retikulozyten sind unreife, aber bereits<br />

kernlose Erythrozyten im Endstadium ihrer<br />

Differenzierung. 2-3 Tage ihrer Reifungsphase<br />

verbringen sie im Knochenmark.<br />

Danach zirkulieren sie für ca. 24 Stunden im<br />

peripheren Blut, bis die Ausreifung zum<br />

Erythrozyten abgeschlossen ist. Die<br />

Retikulozytenzahl stellt ein direktes Mass für<br />

die Erythropoese-Aktivität im Knochenmark<br />

dar und wiederspiegelt unter Gleichgewichtsbedingungen<br />

auch das Ausmass des<br />

Erythrozytenabbaus in der Peripherie.<br />

Beurteilung<br />

klinische<br />

und<br />

Anwendung<br />

Die Angabe der Retikulozytenzahl<br />

erfolgt in<br />

Prozent der Erythrozyten.<br />

Dieser relative Wert kann<br />

jedoch bei Patienten mit<br />

abnormen Erythrozytenzahlen<br />

oder signifikanter<br />

erythropoetischer Stimulation<br />

im Knochenmark,<br />

z.B. bei schweren<br />

Anämien, zu Fehlinterpretationen führen. Daher<br />

sollte zur Beurteilung der Retikulozyten-<br />

Absolutwert (Anteil der Retikulozyten an der<br />

Gesamt-Erythrozytenzahl) verwendet werden.<br />

Die Beurteilung der Retikulozytenzahl ist<br />

entscheidend für die Einteilung und<br />

Verlaufskontrolle von Anämien, zum Monitoring<br />

nach Knochenmarks- oder Stammzelltransplantation<br />

und bei knochenmarkstoxischen<br />

Therapien.<br />

Eine Auflistung häufiger Ursachen für die<br />

Retikulozytopenie bzw. Retikulozytose finden Sie<br />

in Tabelle 1, eine Auflistung klinischer<br />

Indikationen für die Retikulozytenbestimmung auf<br />

Seite 2 in der Tabelle 2.<br />

Erkrankung Mechanismus Ursache<br />

Retikulozytopenie (hyporegenerativ)<br />

Hypochrome Anämien Verminderte, gestörte Hb-<br />

Synthese<br />

Fe-Mangel, Anämie der chronischen<br />

Erkrankung, Thalassämie, sideroblastische<br />

Anämie<br />

Aplastische Anämien Verminderte Erythropoese Idiopathisch, renale Anämie, metastatische<br />

Infiltration des Knochenmarks, Virusinfekte<br />

(v.a.Parvovirus), Immunologische,<br />

medikamenten- oder Bestrahlungsinduzierte<br />

Aplasie der Erythropoese.<br />

Megaloblastische Anämie Gestörte DNA Synthese Vitamin B12- oder Folsäure-Mangel<br />

Aplast. Krise bei<br />

hämolytischer Anämie<br />

Variabel<br />

Variabel<br />

Retikulozytose (hyperregenerativ, kompensatorisch)<br />

Blutverlust<br />

Erhöhte Erythropoese-<br />

Aktivität<br />

Chronischer (okkulter) oder subakuter<br />

Blutverlust<br />

Hämolytische Anämie Beschleunigter Abbau<br />

(Untergang) von<br />

Erythrozyten<br />

Hämoglobinopathien, Membrananomalien,<br />

Autoimmunhämolyse, Hypersplenismus<br />

Tab.1<br />

© labor team w ag April 2002 Retikulozytenmessung gestern und heute Seite 1/2


i<br />

laborinfo für den arzt<br />

Auszug klinischer Anwendung der Retikulozytenzählung<br />

Tab.2<br />

Hämatologie:<br />

Anämieklassifikation, Überwachung der hämolytischen Anämie, Aplastische Krisen bei der hämolytischen<br />

Anämie. Okkulte oder kompensierte Blutung oder Hämolyse, Überprüfung der Knochenmarksfunktion.<br />

Therapie-Monitoring:<br />

EPO-Therapie, Knochenmarksregeneration nach Chemotherapie, Strahlentherapie, Knochenmarks- bzw.<br />

Stammzelltransplantationen, Anämie-Therapien (Eisen, rHuEPO, Vitamin B12, Folsäure etc.)<br />

Manuelle Methode - gestern<br />

Sie erfolgt in Brillantkresyl- oder Methylenblaugefärbten<br />

Blutausstrichen.<br />

Die analytische Präzision ist schlecht<br />

(Variationskoeffizient bis 30%) abhängig von<br />

Präparatequalität, Zahl der ausgezählten Zellen<br />

und Untersucher.<br />

Die Färbung muss vor dem Probenversand<br />

bereits in der Praxis gemacht werden.<br />

Automatisierte Methode - neu<br />

In EDTA-Blut erfolgt nach Anfärbung der RNS<br />

in den Retikulozyten die durchflusszytometrische<br />

Messung der Zellen.<br />

labor team w ag<br />

hämatologie<br />

annette steiger<br />

tel. 071 844 45 40<br />

annette.steiger@team-w.ch<br />

april 2002<br />

E<br />

A B C D<br />

tief Absorption hoch<br />

Retikulozyten im<br />

gefärbten<br />

Präparat.<br />

Lichtmikroskopie<br />

100-fache Vergr.<br />

A = reife Erythrozyten<br />

B = reife Reti<br />

(low absorption)<br />

C = mittelreife Reti<br />

(medium absorption)<br />

D = junge Reti<br />

(high absorption)<br />

E = Koinzidenzen<br />

Neue Methode:<br />

Retikulozytenbestimmung<br />

in EDTA-Blut.<br />

Charakterisierende<br />

Retikulozytenparameter<br />

Unterteilung nach drei Reifegraden -<br />

jung, mittelreif, reif .<br />

Nach einer Retikulozytopenie, kann der<br />

erneute Anstieg der Retikulozyten sehr<br />

genau beobachtet werden. Wobei zuerst ein<br />

Anstieg der jungen Retikulozyten und später<br />

der Anstieg von mittelreifen und reifen<br />

Retikulozyten beobachtet werden kann.<br />

Anhand der Retikulozyten, kann die<br />

zunehmende Knochenmarksaktivität<br />

wesentlich schneller erkannt werden als<br />

anhand des Anstiegs der Leukozyten- bzw.<br />

Granulozytenwerte.<br />

Die Messung des mittleren Hämoglobingehaltes<br />

der Retikulozyten, CHr, entspricht<br />

der Bestimmung des MCH bei den<br />

Erythrozyten. Dieser Wert ist ein besonders<br />

sensitiver Parameter zur Erkennung eines<br />

funktionalen Eisenmangels bei Patienten<br />

unter rHuEPO-Therapie (das vorhandene<br />

Eisen reicht für die Versorgung der stark<br />

stimulierten Erythropoese nicht mehr aus).<br />

Die frühzeitige Erkennung ermöglicht die<br />

gezielte und effiziente Eisensubstitution der<br />

Patienten (z.B. Dialyse- oder AIDS-<br />

Patienten).<br />

Stabilität und Normwerte<br />

Die Probenstabilität beträgt bei Raumtemperatur<br />

36 Stunden.<br />

Die EDTA-Probe bis<br />

zum Versand im Kühlschrank<br />

aufbewahren.<br />

Versand über das<br />

Wochenende<br />

vermeiden.<br />

Normwerte:<br />

Reti % 1-2.8 %<br />

Reti abs. 0.042-0.15 T/l f<br />

0.045-0.18 T/l m<br />

Reti jung 0-4 %<br />

Reti mittelreif 4-16 %<br />

Reti reif 80-96 %<br />

CHr<br />

(mittlerer Hb-Gehalt)<br />

27-33 pg<br />

© labor team w ag April 2002 Retikulozytenmessung gestern und heute Seite 2/2

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