Begründung zur Gestaltungssatzung für den ... - Stadt Rees
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BEGRÜNDUNG DER GESTALTUNGSSATZUNG FÜR DEN HISTORISCHEN STADTKERN REES<br />
Zu § 1: ÖRTLICHER GELTUNGSBEREICH<br />
1.1 Neben dem eigentlichen historischen Bereich innerhalb der ehemaligen <strong>Stadt</strong>mauer einschließlich<br />
der früheren Wallanlage umfasst die Satzung im Wesentlichen zusätzlich <strong>den</strong> räumlichen<br />
Teilabschnitt zwischen Florastraße, Vor dem Delltor, Am <strong>Stadt</strong>garten und Vor dem Falltor. Die<br />
Einbeziehung dieser Fläche in <strong>den</strong> Geltungsbereich der <strong>Gestaltungssatzung</strong> drängt sich auf, da<br />
sich hier nicht weniger als sieben erhaltenswerte Gebäude befin<strong>den</strong>, deren Baujahr ca. zwischen<br />
1900 und 1923 liegt. Einen Einfluss auf die positive Gestaltpflege und die erhaltende Erneuerung<br />
dieser Gebäude zu gewinnen, liegt daher im öffentlichen Interesse.<br />
1.2 Im räumlichen Geltungsbereich der <strong>Gestaltungssatzung</strong> liegen eine Reihe von baulichen Anlagen,<br />
an deren Erhaltung und Gestaltpflege wegen ihrer städtebaulichen, baugeschichtlichen und<br />
künstlerischen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht.<br />
Dies sind zunächst die bereits unter Denkmalschutz stehen<strong>den</strong> baulichen Anlagen wie die ev. und<br />
kath. Pfarrkirche, Teile der <strong>Stadt</strong>befestigungsanlagen etc. Darüber hinaus sind es aber auch<br />
Gebäude, die in ihrer Gestaltung Zeugnis <strong>für</strong> eine Bauepoche ablegen können. Dazu gehören:<br />
z.B. die bei<strong>den</strong> letzten Bürgerhäuser am Markt (<strong>Stadt</strong>bücherei und städtisches Haus Markt 17),<br />
die fast unversehrt <strong>den</strong> Krieg überdauerten, einige Gebäude im gründerzeitlichen Villenstil der<br />
Jahrhundertwende, mehrere Bauten der 20-er Jahre mit <strong>den</strong> da<strong>für</strong> charakteristischen<br />
Stilelementen sowie gelungene Beispiele <strong>für</strong> <strong>den</strong> Wiederaufbau des kriegszerstörten <strong>Stadt</strong>kerns.<br />
Da eine flächendeckende Inventarisierung <strong>den</strong>kmalwürdiger baulicher Anlagen im Sinne des<br />
Denkmalschutzgesetzes NW <strong>für</strong> <strong>den</strong> historischen <strong>Stadt</strong>kern <strong>Rees</strong> in absehbarer Zeit noch nicht<br />
als Orientierungshilfe vorliegt, wurde in Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Amt <strong>für</strong><br />
Denkmalpflege eine Liste der erhaltenswerten baulichen Anlagen erarbeitet.<br />
Erhaltenswerte Gebäude reagieren in ihrer Wirkung auf <strong>den</strong> Betrachter hinsichtlich einer<br />
Verunstaltung benachbarter Gebäude besonders empfindlich. Die an die erhaltenswerten<br />
baulichen Anlagen angrenzen<strong>den</strong> Baukörper unterliegen daher ebenfalls <strong>den</strong> besonderen<br />
Bestimmungen dieser Satzung.<br />
Zu § 2: SACHLICHER GELTUNGSBEREICH<br />
2.1 Es ist sicherzustellen, dass alle stadtgestaltrelevanten Veränderungen von dieser<br />
<strong>Gestaltungssatzung</strong> erfasst wer<strong>den</strong>.<br />
2.2 Da die Landesbauordnung NW nicht das ganze Spektrum gestalterischer Veränderungen im<br />
<strong>Stadt</strong>bild einer Genehmigung unterstellt, ist die Anzeigepflicht im Geltungsbereich der Satzung<br />
derart auszudehnen, dass das Bauamt der <strong>Stadt</strong>, wie die untere Bauaufsichtsbehörde auch<br />
tatsächlich Kenntnis von <strong>zur</strong> Ausführung vorgesehenen Vorhaben erlangt. Dazu ist es<br />
erforderlich, das Vorhaben beurteilungsreif, verbal und ggf. zeichnerisch zu erläutern. Da oft die<br />
Wirkung eines Vorhabens auf die direkte Umgebung im Mittelpunkt der Beurteilung steht, ist in<br />
Einzelfällen vor allem auch die zeichnerische Darstellung des Dach- und Gesimsanschlusses der<br />
Nachbarbebauung erforderlich.<br />
Der <strong>Stadt</strong>direktor der <strong>Stadt</strong> <strong>Rees</strong> beruft einen Sachverständigenbeirat, der die<br />
Baugenehmigungsbehörde bei <strong>den</strong> sich aus dieser Satzung ergeben<strong>den</strong> Aufgaben berät.<br />
Die Mitglieder des Gestaltungsbeirates setzen sich wie folgt zusammen:<br />
a) ein Vertreter des Rheinischen Amtes <strong>für</strong> Denkmalpflege.<br />
Diese früher als “Landeskonservator“ bezeichnete Fachstelle <strong>für</strong> Denkmalschutz hat sich<br />
in langen Jahren der informellen Zusammenarbeit als geeignete Beratungsinstitution in<br />
allen laufen<strong>den</strong> Fragen der <strong>Stadt</strong>gestaltung erwiesen.<br />
b) der Vorsitzende der Ausschusses <strong>für</strong> Umwelt, Planung, Bau und Vergabe der <strong>Stadt</strong> <strong>Rees</strong>.
Er hat beobachtende und beratende Funktion. Er repräsentiert die öffentliche Meinung<br />
und entscheidet in Streitfällen (s.u.) einvernehmlich mit <strong>den</strong> übrigen Beiratsmitgliedern, ob<br />
ein Bauvorhaben dem gesamten Umwelt-, Planungs-, Bau- und Vergabeausschuss <strong>zur</strong><br />
endgültigen Entscheidung vorzulegen ist.<br />
c) ein Vertreter des Bauamtes der <strong>Stadt</strong> <strong>Rees</strong>.<br />
Der Bauamtsleiter, in dessen Abwesenheit sein Vertreter, übernimmt die<br />
Geschäftsführung und lädt als Vorsitzender dieses rein fachlich beraten<strong>den</strong><br />
Gestaltungsbeirates zu <strong>den</strong> jeweiligen Sitzungen ein. Er bringt aus Sicht der<br />
<strong>Stadt</strong>verwaltung <strong>Rees</strong> die erforderlichen <strong>Stadt</strong>gestaltungsvorstellungen in <strong>den</strong> Beirat ein.<br />
d) ein freier Architekt als Vertreter der Architektenschaft hat fachberatende Funktion.<br />
Er soll nach Möglichkeit über reiche Erfahrungen in Fragen der <strong>Stadt</strong>gestaltung in<br />
historisch geprägter Umgebung verfügen.<br />
e) weitere Sachkundige<br />
können bei Bedarf hinzugezogen wer<strong>den</strong>. Je nach Aufgabenstellung kommen hier vor<br />
allem in der Bau<strong>den</strong>kmalpflege bewanderte Handwerker in Frage, die fachtechnische<br />
Tipps <strong>für</strong> die Detailausführung geben können.<br />
Zum Verfahren:<br />
Nach Einreichung beurteilungsfähiger Unterlagen wird das Bauvorhaben in einer Sitzung des<br />
Sachverständigenbeirates <strong>für</strong> Baugestaltungsfragen ggf. unter Teilnahme des Bauherrn bzw. dessen<br />
Architekten diskutiert. Fügt sich das Vorhaben in <strong>den</strong> Rahmen der gestalterischen Festsetzungen dieser<br />
Satzung ein, so ist es unter Beifügung einer entsprechen<strong>den</strong> positiven Stellungnahme an die untere<br />
Bauaufsichtsbehörde weiterzuleiten.<br />
Entspricht das Vorhaben nicht der <strong>Gestaltungssatzung</strong>, spricht der Sachverständigenbeirat gestalterische<br />
Änderungsempfehlungen aus, die dem Bauherrn mitzuteilen sind. Die geänderten Bauentwürfe sind dem<br />
Beirat erneut <strong>zur</strong> Beratung vorzulegen.<br />
Ergeben sich innerhalb der Festsetzungen der <strong>Gestaltungssatzung</strong> nicht aus<strong>zur</strong>äumende<br />
Meinungsverschie<strong>den</strong>heiten bzw. Auslegungsschwierigkeiten zwischen dem Sachverständigenbeirat und<br />
dem Bauherrn, so ist das Vorhaben dem Ausschuss <strong>für</strong> Umwelt, Planung, Bau und Vergabe <strong>zur</strong><br />
endgültigen Beschlussfassung vorzulegen.<br />
Die vom Gestaltungsbeirat beschlossene Stellungnahme gilt dabei als Beschlussvorschlag.<br />
Zu § 3: ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN AN DIE BAULICHE GESTALTUNG<br />
3.1 Wie alle mittelalterlichen Städte, die noch über wesentliche Elemente der <strong>Stadt</strong>struktur verfügen,<br />
so kann auch das <strong>Stadt</strong>bild des historischen <strong>Stadt</strong>kerns der <strong>Stadt</strong> <strong>Rees</strong> als einmalig bezeichnet<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Die Einmaligkeit ergibt sich aus einer Summe von Einzelmerkmalen, die nach ganz<br />
bestimmten Kriterien zusammengesetzt sind. Erst in der Kombination prägen sie die ortstypische<br />
Erscheinung des <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>bildes.<br />
Ziel der <strong>Gestaltungssatzung</strong> ist es zwar, eine starre Reglementierung des Handlungsspielraumes<br />
beim Bauentwurf soweit möglich zu vermei<strong>den</strong> - zu detaillierte Festsetzungen laufen u.U. gar auf<br />
die bloße Imitation der historischen Formensprache hinaus, was gar <strong>zur</strong> einseitigen<br />
Beschränkung einer gestaltungsempfindlichen <strong>Stadt</strong>bil<strong>den</strong>twicklung führen kann, - Gestaltungsgrundregeln<br />
müssen allerdings entwickelt wer<strong>den</strong>, soweit sie erforderlich sind, das harmonische<br />
Gesamtbild der <strong>Stadt</strong> abzusichern.
3.2 Der mittelalterliche <strong>Stadt</strong>kern ist seit Jahrhunderten durch einen charakteristischen<br />
Parzellenrhythmus gekennzeichnet. Selbst nach der großflächigen Vernichtung wertvoller<br />
Bausubstanz im Jahre 1945 ist die Kernbebauung auf <strong>den</strong> typischen, straßenseitig schmalen<br />
Parzellen wiederaufgebaut wor<strong>den</strong>. Die infolgedessen deutliche senkrechte Gliederung der<br />
Baukörper in geschlossener Bauweise soll erhalten wer<strong>den</strong>.<br />
Bei der Zusammenlegung mehrerer kleiner Grundstücke besteht die Gefahr, dass die ehemaligen<br />
typischen Parzellenbreiten durch eine horizontal betonte Fassa<strong>den</strong>gliederung verwischt wer<strong>den</strong>.<br />
Dies ist durch entsprechende architektonische Gliederungselemente (Giebel, Pfeiler, Erker o.ä.)<br />
zu vermei<strong>den</strong>.<br />
Zu § 4: BESONDERE ANFORDERUNGEN AN DIE BAULICHE GESTALTUNG<br />
4.1 Dächer<br />
4.1.1 Dachneigung<br />
Die Dachlandschaft im historischen <strong>Stadt</strong>kern ist geprägt durch relativ steile Satteldächer. Eine<br />
Analyse der vorhan<strong>den</strong>en Dachneigungen macht deutlich, dass die traditionelle Spannbreite<br />
zwischen 45° bis über 60° liegt. Vor allem giebels tändige Bauten (z.B. am Markt) lassen diese<br />
Dachneigungen als prägend empfin<strong>den</strong>. Flacher geneigte Dächer oder gar Flachdächer passen<br />
sich nicht in <strong>den</strong> vorgefun<strong>den</strong>en Rahmen ein. Die Baugeschichte berücksichtigende gestaltete<br />
Dächer weisen <strong>für</strong> beide Dachflächenhälften die gleiche Neigung auf. Eine unterschiedliche<br />
Neigung der Hauptdachflächen wirkt fremd und ist historisch völlig unbegründet.<br />
4.1.2 Dacheindeckungen<br />
Die Analyse der Dachlandschaft im Geltungsbereich dieser Baugestaltungssatzung stellt als<br />
historisch überkommene Form der Dachdeckung das Ziegeldach mit Platten aus gebranntem Ton<br />
(Dachziegel) in der Farbskala anthrazit bis rotbraun heraus. Unter <strong>den</strong> Ziegeldächern ist das<br />
Hohlziegeldach (Dachpfanne) vorherrschend. Ortsbildverträgliche Ausnahmen wie das Falz- oder<br />
Krampziegeldach können nach <strong>den</strong> Bestimmungen der Satzung zugelassen wer<strong>den</strong>. Betonziegeldächer<br />
sowie Schiefer/Schieferimitationen passen weder nach Form, noch nach Farbe in die<br />
vorgefun<strong>den</strong>e Skala historisch angelehnter Dachgestaltung. Bauteile dürfen verschiefert wer<strong>den</strong>,<br />
wenn sie sich deutlich dem Hauptdach unterordnen. Die Dachfläche darf durch Naturschiefer<br />
gestalterisch nicht dominiert wer<strong>den</strong>.<br />
4.1.3 Dachformen<br />
Als ortstypisch <strong>für</strong> <strong>den</strong> historischen <strong>Stadt</strong>kern kann das Satteldach bezeichnet wer<strong>den</strong>. Seltener,<br />
wenn auch ebenso ortsbildverträglich sind Walm- und Krüppeldächer. Vereinzelt treten<br />
Mansarddächer (<strong>für</strong> das Krankenhausgebäude mit seinen Ansichten <strong>zur</strong> Neustraße und<br />
Gouverneurstraße prägend) auf. Untypisch, weil historisch nicht begründbar, sind vor allem Flach-<br />
Pult-, Shed - und Grabendächer.<br />
4.1.4 Dachaufbauten und -einschnitte<br />
Dachgauben dürfen im Verhältnis <strong>zur</strong> Hauptdachfläche nicht ein zu großes Gewicht erhalten. Sie<br />
wür<strong>den</strong> ansonsten der historisch überlieferten Maßstäblichkeit bestimmter Gebäudeteile deutlich<br />
zuwiderlaufen. Eine überdimensionierte durchgehende Dachgaube kann <strong>den</strong> Eindruck eines<br />
zusätzlichen Vollgeschosses vermitteln, über welches benachbarte Gebäude nicht verfügen. Es<br />
sind daher nur Einzelgauben (baugeschichtlich herzuleitende Spitzgauben [Dachhäuschen],<br />
Schelppgauben, Walmgauben oder Tonnengauben) zulässig, die eine Außenbreite von 1,20 m<br />
nicht übersteigen. Wie kein anderes Maß am Gebäude darf das lichte Außenmaß der Dachgaube<br />
als mittelalterlich überlieferte Norm interpretiert wer<strong>den</strong>, die selbst beim umfangreichen<br />
Wiederaufbau des historischen <strong>Stadt</strong>kernes <strong>Rees</strong> nicht verletzt wurde. Erst die stadtgestaltnegieren<strong>den</strong><br />
Umbauten der 60-er und 70-er Jahre verließen die maßstäblich begründete<br />
Gesetzmäßigkeit, was zu deutlich negativen Ausbrüchen in der Dachgestaltung führte. Gebäude<br />
wur<strong>den</strong> “dachlastig“ – Maßstab und Proportion gesprengt. Maßstabverträgliche Dachaufbauten<br />
nehmen erfahrungsgemäß nicht mehr als 1/3 bis 1/2 der gesamten Dachlänge ein. Dies ist in der<br />
Regel gewährleistet, wenn der Abstand der Gauben untereinander die Breite der Gaube nicht<br />
übersteigt.<br />
Von <strong>den</strong> Giebeln einen Abstand von 1,25 m einzuhalten, ist eine brandschutztechnische, in der
Bauordnung NW bereits enthalten Forderung, auf die hier nur nachrichtlich verwiesen wird.<br />
Dacheinschnitte und Dachflächenfenster sind zum öffentlichen Verkehrsraum hin nicht<br />
zugelassen, da sie <strong>für</strong> Dächer im historischen <strong>Stadt</strong>kern <strong>Rees</strong> wesensfremde Elemente sind. Sie<br />
sollen in ihrer Verbreitung bewusst eingeschränkt wer<strong>den</strong>.<br />
4.1.5 Traufen<br />
Wird an ein erhaltenswertes Gebäude angebaut, so soll die Traufhöhe nicht mehr als 1 m vom<br />
Nachbargebäude abweichen. Die Vorschrift dient der Sicherung der<br />
stadtgestalterischen Wirkung des erhaltenswerten Baukörpers. Ausnahmen sind zulässig, wenn<br />
erhaltenwerte Gebäude deutlich dominant bleiben sollen (z.B. Anbau an Kirche o.ä.).<br />
4.2 Außenwände<br />
4.2.1 Fassa<strong>den</strong>gliederung<br />
Die Architekturlehre unterscheidet zwei grundsätzliche optische Baukörperlinien:<br />
• waagerechte Leitlinien<br />
sind horizontale Gliederungselemente der Fassa<strong>den</strong> oder der Dächer wie z.B. Gesimse, Sockel,<br />
Fensterüberdachungen, Brüstungen<br />
• senkrechte Leitlinien<br />
sind vertikale Gliederungselemente der Fassa<strong>den</strong>, insbesondere Pfeiler und Risalite (d.h. ein vor<br />
die Flucht des Hauptbaukörpers vorspringender Bauteil), Lisenen (schwach vortretende, vertikale<br />
Mauerverstärkungen), Arka<strong>den</strong>, achsig angeordnete Reihungen von Gebäudeöffnungen (Fenster<br />
und Türen) , Regelfallrohre, Ornamentik.<br />
In <strong>Rees</strong> wie in anderen mittelalterlich geprägten Städten dominiert die aufstrebende, vertikal<br />
gliedernde Leitlinie ("mittelalterlicher Vertikalismus").<br />
Es gibt im mittelalterlichen Straßenbild keine durchgehen<strong>den</strong> Horizontalen; die Selbständigkeit<br />
des einzelnen Baukörpers bleibt immer gewahrt. Der schmale Parzellenzuschnitt unterstützt die<br />
die vertikale Ablesbarkeit des Baukörpers.<br />
Unter dieser, aus dem Mittelalter überlieferten Gestaltungsgesetzmäßigkeit vollzog sich ab Ende<br />
der 40-er Jahre auch der behutsame Wiederaufbau im <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>kern. Eine Besinnung auf<br />
baugeschichtliche Werte des mittelalterlichen Vertikalismus hat nichts an Aktulatität eingebüßt<br />
und hat auch <strong>für</strong> <strong>den</strong> künftigen Städtebau im historischen <strong>Stadt</strong>kern <strong>Rees</strong> Richtliniencharakter.<br />
Alle Detailfestsetzungen dieser Satzung zum Thema Fassa<strong>den</strong>gliederung zielen auf die bewusste<br />
Erhaltung und Förderung der vertikalen Leitlinien. Eine horizontale Auflösung der Fassade kann<br />
jedoch nur durch die Vorgabe eines groben Rahmens (insbesondere bezüglich der Pfeilerbreiten)<br />
verhindert wer<strong>den</strong>, in dem sich der Bauherr bzw. dessen Architekt so frei wie möglich bewegen<br />
können. Auch Arka<strong>den</strong> - ein im <strong>Stadt</strong>kern <strong>Rees</strong> vorzufin<strong>den</strong>des Bauelement - sind bewusst<br />
zugelassenes Gestaltungsmittel eines vertikal betonten Städtebaues.<br />
4.2.2 Wandmaterialien und -farben<br />
Bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie Fassa<strong>den</strong>änderungen dürfen raue Ziegelsteine,<br />
geschlämmte Ziegelsteine oder glatter Putz <strong>zur</strong> Ausführung kommen. Aus niederrheinischem Ton<br />
gebrannte Klinker bestimmen seit dem 13. Jahrhundert das Gesicht der <strong>Stadt</strong> <strong>Rees</strong>. Dieser<br />
traditionelle Baustoff fand nicht nur bei Bürgerbauten Anwendung, sondern ist auch Ausführungsmaterial<br />
wesentlicher Teile der <strong>Stadt</strong>befestigung. Dem Herkunftsort entsprechend verfügt der<br />
Klinker über seine typische rotbraune Färbung, der Herstellungsweise entsprechend über sein<br />
charakteristisches besandet-raues Äußeres und sein Format (Waalformat: 21 cm Länge, 10 cm<br />
Breite und 5 cm Höhe; Normalformat: 24/11, 5/7, 1 oder Formate gleichwertiger<br />
Größenordnungen). Einfärbungen des Fugenmörtels sind in der mittelalterlich geprägten<br />
Baukunst unbekannt. Andersformatige, -strukturierte oder -farbige Klinker oder gefärbter<br />
Fugmörtel sind aus der <strong>Rees</strong>er Bautradition nicht herzuleiten und führen zwangsläufig zu einer<br />
Nivellierung der Ortsbildtypik. In die <strong>für</strong> <strong>Rees</strong> charakteristische Wandmaterialskala fügt sich auch<br />
der traditionelle glatte Putz sowie der geschlämmte Ziegel (z.B. ev. Pfarrkirche) ein. Obwohl<br />
zunächst eher verbreitet an Gebäu<strong>den</strong> der unteren Bevölkerungsschichten des <strong>Rees</strong>er<br />
<strong>Stadt</strong>bürgertums findet man <strong>den</strong> glatten Putz schließlich auch an <strong>den</strong> verzierten Bürgerhäusern<br />
(insbesondere am Marktplatz) des 19. und frühen 20sten Jahrhunderts bis in die 20er Jahre<br />
(z. B. heutige Bücherei). Er ist hell gestrichen. Dunkel gestrichener Putz ist absolut<br />
ortsuntypisch und passt sich in stadtbaugeschichtliche Befunde nicht ein.
Glänzende Wandbauteile, glasierte oder grellfarbene Fliesen und Platten sowie Verkleidungen<br />
mit Wandteilen aus Metall, Kunststoff, Asbestzement, Waschbeton und Mauerwerksimitationen<br />
sowie glänzende Anstriche von Putz- und Mauerwerksflächen sind Außenwandmaterialien, die<br />
ganz besonders geeignet sind, die I<strong>den</strong>tität des <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>kernes auszuhöhlen. Diese<br />
Elemente überschwemmen ohne jeglichen Bezug auf die regionale Bautradition als Katalogware<br />
oder Bestandteil der Angebotspalette eines je<strong>den</strong> Baumarktes von Nor<strong>den</strong> bis Sü<strong>den</strong> die Republik<br />
seit nunmehr mehr als 20 Jahren. Trotz dieses stadtbaugeschichtlich betrachtet sehr kurzen<br />
Abschnittes haben sie bereits erhebliche Narben im <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>bild hinterlassen. Ihre<br />
Verbreitung zu verhindern ist nicht nur Verunstaltungsabwehr sondern auch positiver Schutz des<br />
einmaligen Erscheinungsbildes des einer langen Bautradition unterworfenen historischen <strong>Rees</strong>er<br />
<strong>Stadt</strong>kernes.<br />
4.2.3 Fenster und Türen<br />
Gebäudeöffnungen sollen hochrechteckig ausgebildet sein. Diese Forderung entspricht <strong>den</strong><br />
stadtbaugeschichtlichen Befun<strong>den</strong> um <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>kern. Zusammen mit der Fassa<strong>den</strong>gliederung<br />
tragen insbesondere hochrechteckige Fenster <strong>zur</strong> vertikalen Baukörpererscheinung bei. Nur sie<br />
passen sich nach Proportion und Maßstäblichkeit in eine mittelalterlich geprägte Umgebung ein.<br />
In <strong>den</strong> historischen <strong>Stadt</strong>gründungen des Niederrheins ist das Fenster <strong>zur</strong> Straße oder zum Platz<br />
das maßstabgebende und rhythmusbil<strong>den</strong>de Architekturglied. Es unterliegt einer strengen<br />
vertikalen Bindung über die Stockwerke hinweg. Es entwickelt sich quasi so etwas wie eine<br />
genormte Fensterflügelgröße. Tauchen breitere Fensteröffnungen auf, so wer<strong>den</strong> sie durch die<br />
Normgröße gegliedert in einzelne, in sich hochrechteckige Flügel. Ein oder mehrere Querhölzer<br />
(Kämpfer) bil<strong>den</strong> zusammen mit dem Fensterpfosten (Setzholz) das Fensterkreuz.<br />
Vor dem Hintergrund der bauhistorischen Entwicklung der Fenstergestaltung verstehen sich die<br />
Detailfestsetzungen dieser Baugestaltungssatzung. Nur ein um mindestens 20% höheres als<br />
breites Fenster ist eindeutig als hochrechteckig nachzuempfin<strong>den</strong>. Größere Fensteröffnungen<br />
sind nur mit Hilfe von Sprossenunterteilungen in ihrer Vertikalität zu betonen. Neuzeitliche<br />
Verfahren, Sprossen zwischen <strong>den</strong> Isolierglasscheiben anzuordnen, sind zwar als deutliche<br />
Verbesserung gänzlich sprossenlosen Fenstern gegenüber zu deuten, können jedoch nicht die<br />
historisch angebrachte architektonische Plastizität der Fassade ersetzen, die durch hölzerne<br />
konstruktive Sprossen erzielt wird.<br />
Kunststoffsprossen stellen in einigen Fällen eine mögliche Materialalternative dar. Der Farbton<br />
der Fenster ist jeweils mit der Fassade abzustimmen. Im <strong>Stadt</strong>kern überwiegen weiße Fenster.<br />
Ausnahmen der Farbgebung sind jedoch zulässig, wenn sie mit der übrigen Farbgestaltung der<br />
Fassade harmonieren.<br />
Nicht mit dem historisch geprägtem <strong>Stadt</strong>bild harmonieren können "moderne"<br />
Metallfensterrahmen, soweit sie golf- oder aluminiumfarbene o.ä. Oberflächen aufweisen. Sie<br />
stören das <strong>Stadt</strong>bild empfindlich und sind als verunstaltend zu bezeichnen.<br />
Die Festsetzung, dem Markt- und Kirchplatz zugewandte Fenster ausschließlich in der Farbe<br />
weiß auszuführen, entspricht dem historischen Befund. Schleichende farbliche Veränderungen<br />
am Gebäu<strong>den</strong> in jüngster Vergangenheit lassen die Notwendigkeit dieser Festsetzung <strong>zur</strong><br />
Wahrung der einheitlichen Platzgestaltung erkennen.<br />
Die Verwendung von Glasbausteinen an vom öffentlichen Straßenraum einzusehen<strong>den</strong><br />
Fassa<strong>den</strong>teilen darf noch immer als Inbegriff der architektonischen Verunstaltung mittelalterlichen<br />
geprägter Städte definiert wer<strong>den</strong>. Dieser Baustoff ist daher auch nicht ausnahmsweise zulässig.<br />
Schaufenster sollen durch Pfeiler oder andere konstruktive Elemente in quadratische oder<br />
hochrechteckige Formate unterteilt wer<strong>den</strong>. Wie bereits unter dem Punkt "Fassa<strong>den</strong>gliederung"<br />
ausgeführt, dient diese Festsetzung der Wahrung historischer Bauweisen. Eine vertikale<br />
Fassa<strong>den</strong>gliederung ist nur zu erreichen, wenn <strong>zur</strong> Unterteilung großer Schaufensterflächen<br />
Pfeiler deutlich (mind. 10 cm) vor die Fensterebene treten. Derartige Formate fördern die<br />
gewünschte, kleingliedrige Aufteilung des unmittelbaren Straßenraumes (Erdgeschosszone) und<br />
dessen Bezüge zu <strong>den</strong> darüberliegen<strong>den</strong> Geschossen.<br />
Langrechteckige (Iiegende) Schaufenster und Auskragungen über Schaufenstern lassen keinen<br />
Bezug <strong>zur</strong> historischen Bautradition im <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>kern erkennen und wirken besonders im<br />
Zusammenhang verunstaltend. Sie vor allem unterbin<strong>den</strong> bewusst die erforderlichen<br />
gestalterischen Bezüge zum darüberliegen<strong>den</strong> Geschoss, die allein die Vertikalität des<br />
Baukörpers als Einheit verdeutlichen könnten. In fast allen Bereichen des <strong>Stadt</strong>kernes,
insbesondere an der Dellstraße, der Fallstraße und mit Einschränkungen am Marktplatz fällt der<br />
Bruch zwischen <strong>den</strong> oft einfühlsam gestalteten Obergeschoss-Fassa<strong>den</strong> und dem völlig frem<strong>den</strong>,<br />
vermeintlich modernen "Fast-nur-Glas-Gesicht" der erdgeschossigen Fassa<strong>den</strong> auf.<br />
Dies zu verhindern, erscheint nur mit Hilfe der dargelegten gestalterischen Festsetzungen dieser<br />
Satzung möglich.<br />
4.2.4 Markisen<br />
Markisen sind entsprechend der Schaufenstergliederung zu unterteilen und dürfen nicht<br />
Einzelgebäude übergreifend ausgebildet wer<strong>den</strong>. Diese Vorschrift trägt <strong>zur</strong> Verhinderung<br />
horizontal bestimmender Fassa<strong>den</strong>gliederungen bei. Markisen dienen seit ihrer Entstehung dem<br />
Schutz der in oder vor dem Schaufenster ausgestellten Waren. Sie sind von ihrer Definition her<br />
bedarfsabhängig einsetzbar (je nach Witterung und Sonnenstand). Sie stellen eine<br />
ortsbildverträgliche Alternative zu <strong>den</strong> historisch nicht überkommenen festen Kragplatten dar. In<br />
ihrer Oberfläche zu aufdringlichen Markisen können jedoch verunstaltend wirken. Es ist daher<br />
darauf zu achten, dass nur Markisen mit nicht glänzender Oberflächenerscheinung <strong>zur</strong><br />
Ausführung kommen.<br />
Korbmarkisen sind eine Erfindung der Neuzeit und eher als Werbeanlage zu bezeichnen. Sie sind<br />
oft starr montiert und bestehen meist aus glänzen<strong>den</strong> Plastikplanen, die sich weder nach<br />
Konstruktion noch nach Farbgebung in <strong>den</strong> <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>kern einfügen. Sie tragen <strong>zur</strong><br />
Verunstaltung bei und sind aus diesem Grunde nicht zulässig.<br />
Zu § 5: BESONDERE SCHUTZBESTIMMUNGEN FÜR BAULICHE ANLAGEN GEMÄSS § 1 (1)<br />
ZIFFER 2<br />
5.1 Dächer<br />
Bei allen baulichen Veränderungen an erhaltenswerten baulichen Anlagen sind die <strong>für</strong> viele<br />
Baukörper dieser Kategorie charakteristischen Dachformen, Dacheindeckungen und<br />
Dachaufbauten beizubehalten bzw. wieder herzustellen. Das Krankenhausgebäude ohne das rot<br />
gedeckte Mansarddach mit dessen Tonnengauben und Dach<br />
ankern wäre z.B. sicherlich nicht mehr der erhaltenswerte öffentliche Baukörper, der er heute<br />
ist.<br />
Das Dach als Ausdrucksform der jeweiligen Bauepoche ist grundsätzlich erhaltenswert.<br />
5.2 Außenwände<br />
5.2.1 Fassa<strong>den</strong>gliederungen<br />
Das Gesicht der erhaltenswerten baulichen Anlagen stellen die Gebäudeöffnungen dar.<br />
Die in der Anlage bezeichneten erhaltenswerten Baukörper vertragen in der Regel keine<br />
Änderung an Fenstern und Türen, es sei <strong>den</strong>n, diese Arbeiten dienen der Wiederherstellung des<br />
historisch nachzuweisen<strong>den</strong> Urzustandes einer Fassade. Dies gilt insbesondere auch <strong>für</strong> die<br />
vorgefun<strong>den</strong>e Fenstergliederung (Sprossen/Anzahl der Fensterflügel/Farbe der Rahmen etc.).<br />
Klapplä<strong>den</strong> unterstützen die Fenster in ihrer fassa<strong>den</strong>gliedern<strong>den</strong> Wirkung. Wer<strong>den</strong> sie entfernt,<br />
so ist der beim Entwurf streng durchdachte Aufriss in seiner visuellen Erlebbarkeit gestört.<br />
Änderungen an Schlaglä<strong>den</strong> erhaltenswerter Gebäude sind daher nicht zulässig.<br />
5.2.2 Materialien<br />
Bei der baulichen Änderung eines erhaltenswerten Baukörpers soll nur das Material in Anlehnung<br />
an <strong>den</strong> Urzustand Verwendung fin<strong>den</strong>. Auch Anbauten und Erweiterung sollen sich in die<br />
Materialskala des Altbaues einfügen, um diesen in seiner Wirkung nicht zu beeinträchtigen.<br />
5.2.3 Farbgebung<br />
Der historische Befund der Farbgebung ist zu berücksichtigen. Dies gilt in erster Linie <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Fassa<strong>den</strong>anstrich (Beispiel: historisch überlieferter Putzanstrich in der Farbe gelb an der Maria<br />
Himmelfahrt Kirche und dem Krankenhaus; Farbe Rosa -<strong>Stadt</strong>bücherei).<br />
Die Beachtung historisch nachweisbarer Farbgebung unterstützt das Erlebnis erhaltenswerter<br />
Baukörper in ihrer geschichtlichen und baukünstlerischen Dimension.<br />
5.2.4 Markisen<br />
An erhaltenswerten Gebäu<strong>den</strong> kommt die Anbringung von Markisen nur ausnahmsweise dann in<br />
Frage, wenn die Baukörper nicht in ihrer Gesamterscheinung gestört wer<strong>den</strong>. Zur Ausführung<br />
können daher ausschließlich dezente Markisen kommen, die sich absolut der
Fassa<strong>den</strong>gliederung unterordnen.<br />
Zu § 6: ANTENNEN<br />
Antennen sollen straßenseitig nicht sichtbar sein. Diese Vorschrift wendet sich vorrangig an<br />
Neubauten, bei <strong>den</strong>en ganz bewusst technische Möglichkeiten genutzt wer<strong>den</strong> sollten (langfristig<br />
Verkabelung oder bei mehreren Wohneinheiten zumindest Gemeinschaftsantennenanlage). Nur<br />
so können auf Dauer die bekannten Auswüchse ("Antennenwald"), die dem Bemühen der<br />
<strong>Stadt</strong>bildpflege zuwiderlaufen eingedämmt wer<strong>den</strong>.<br />
Zu § 7: WERBEANLAGEN<br />
7.1. Gestaltungsgrundsätze<br />
Wie in der mittelalterlich gewachsenen <strong>Stadt</strong> die Baukörper mit einer selbst angelegten<br />
Einschränkung bei der Materialauswahl und Konstruktionsmöglichkeiten auskamen, so waren die<br />
Vorläufer heutiger Wirtschaftswerbung zwar oft sehr phantasievoll, reich dekorierte, aber in ihrer<br />
strikten Einbindung in die formale Erscheinung des Hauses, welches sie bezeichneten, mehr<br />
schmückende Schilder und Zeichen. Sie waren z.B. als Zunftzeichen eine Art Wegweiser zu<br />
Einrichtungen eines allgemeinen Interesses.<br />
Heute entstehen ständig neue Signale im <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>bild, die sich oft nicht mehr in die historisch<br />
begründete Bau- und Raumstruktur einordnen. Urplötzlich drängen sich Dinge von<br />
untergeordneter Bedeutung in <strong>den</strong> Vordergrund. Betonungen und Hervorhebungen lassen sich<br />
dann eben nicht mehr mit einer Signalwirkung begrün<strong>den</strong>, die im allgemeinen lnteresse liegen<br />
würde.<br />
Aufmerksamkeit auf seine Leistung zu lenken, ist grundsätzlich das legitime Anliegen des<br />
Werben<strong>den</strong> - es muss jedoch dort seine Grenze fin<strong>den</strong>, wo höherrangige Bezüge der Orientierung<br />
und der <strong>Rees</strong>er <strong>Stadt</strong>bildcharakteristik beeinträchtigt wer<strong>den</strong>.<br />
Jegliche Art von Werbeanlagen müssen in die Fassa<strong>den</strong>gliederung eingebun<strong>den</strong> sein. Sie muss<br />
sie ertragen können.<br />
Konstruktions- und Gestaltungsmerkmale des Gebäudes dürfen nicht verleugnet wer<strong>den</strong>. Der<br />
Wahrung dieses Grundsatzes dienen die Detailfestsetzungen der Satzung.<br />
7.2. Abmessungen und Ausführungsarten<br />
Werbeanlagen sind nur im Erdgeschossbereich einschließlich des Bereiches der Fensterbrüstung<br />
des 1. Obergeschosses zugelassen. Eine Ausdehnungsmöglichkeit auf die darüberliegen<strong>den</strong><br />
Geschosse würde die Maßstäblichkeit der Fassa<strong>den</strong>gliederung stören und mit der üblicherweise<br />
ohnehin zusätzlich in der Erdgeschosszone vorhan<strong>den</strong>en Firmen- und Artikelwerbung zu einer<br />
stadtgestalterisch be<strong>den</strong>klichen Häufung von Werbeanlagen an einem Fassa<strong>den</strong>einzelformat<br />
führen, welche sich dem Baukörper nicht mehr unterordnen könnte. Fassa<strong>den</strong>einzelformat ist in<br />
diesem Zusammenhang definiert als klar ablesbarer senkrecht gegliederter Gebäudeteil, der sich<br />
durch Vorsprünge in der FIucht, durch die Fassung unter einem giebelständigem Dach, durch<br />
Risalite, Pfeiler, Lisenen oder Zwerchhäuser vom benachbarten Baukörper/-teil absetzt.<br />
Zulässig sind Flächentransparente (Leuchtschilder auf der Wand) und Ausstelltransparente<br />
(Leuchtschilder als Ausleger an der Wand im rechten Winkel montiert) sowie Schriften auf<br />
geputzten Wän<strong>den</strong> und Einzelbuchstaben auf Putz und Mauerwerk sowie traditionelle<br />
schmiedeeiserne Ausleger.<br />
Die Größenbegrenzung der Transparentfläche sowie deren Ausladung in <strong>den</strong> öffentlichen<br />
Verkehrsraum sind im Satzungstext reglementiert, um im Einzelfall Grenzwerte <strong>für</strong> die<br />
Verträglichkeit derartiger Werbeanlagen in historischer Umgebung zitieren zu können. Die<br />
festgesetzten Werte (Höhe <strong>für</strong> Flächentransparente max. 0,4 m; <strong>für</strong> Ausstelltransparente max.<br />
0,8 m) können unter Zugrundelegung einer typischen Fassade im Ortskern <strong>Rees</strong> (2- bis<br />
3-geschossig ca. 10-12 m Straßenflucht) als Maximum der Gestaltverträglichkeit definiert wer<strong>den</strong>.<br />
Ausgedehntere Werbeflächen wären nicht mehr geeignet gestalterische Integration in die<br />
Fassa<strong>den</strong>abwicklung zu fin<strong>den</strong>.
Bewegliche (laufende) und solche Lichtwerbung an <strong>den</strong> Fassa<strong>den</strong>, bei <strong>den</strong>en die Beleuchtung<br />
ganz oder teilweise im Wechsel an- und ausgeschaltet wird, sind unzulässig, da die in ihrer<br />
Wirkung dem Baukörper durch die ihnen innewohnende Aufdringlichkeit nicht unterzuordnen sind<br />
und jeglichen Bezug zum historischen Rahmen vermissen lassen.<br />
7.3 Sonderbestimmungen <strong>für</strong> die dem Markt- und Kirchplatz zugewandten sowie erhaltenswerte<br />
bauliche Anlagen im Sinne des § 1 (1) Ziff. 2<br />
Die noch weitgehend von Verunstaltungen verschonten gestaltempfindlichen Plätze im<br />
historischen <strong>Stadt</strong>kern (Markt und Kirchplatz) sowie die aufgrund ihrer baugeschichtlichen,<br />
künstIerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhaltenswerten baulichen Anlagen bedürfen<br />
bezüglich des Themas "Werbeanlagen" eines ganz besonderen Schutzes.<br />
Flächen- und Ausstelltransparent sollen hier künftig nicht mehr zugelassen wer<strong>den</strong>. Ihre<br />
überfrem<strong>den</strong>de Wirkung auf die stadtgestalterisch sensiblen Plätze und Anlagen ist zu vermei<strong>den</strong>.<br />
Hier sind dezentere Werbeanlagen anzustreben. Erlaubt sind daher auf die Wandfläche<br />
aufgesetzte Einzelbuchstaben aus Metall oder Holz, welche die dahinter liegende Klinker- oder<br />
Putzwand in ihren Zwischenräumen weiterhin erkennen lassen. Daneben zulässig sind auf<br />
Putzflächen aufgemalte Schriften - das traditionell aus der Baugeschichte heraus in <strong>Rees</strong> wohl<br />
begründetste Werbemittel - sowie der Kratzputz (Sgraffito, ein Putz aus mehreren farbig getönten<br />
Schichten, die durch Abkratzen der oberen Schichten Buchstaben bzw. architektonisch, figürliche<br />
oder ornamentale Dekorationen von großer Haltbarkeit erzielen kann).<br />
Eine solche Art der Werbung ist sehr gut geeignet, dezent aber optisch ansprechend auf eine<br />
Leistung hinzuweisen, ohne die besonderen stadtgestalterischen Rahmenbedingungen zu<br />
negieren.<br />
Zu § 8: EINFRIEDIGUNGEN<br />
Holzzäune in senkrechter Lattung, Hecken aus heimischen Gehölzen, Mauern aus Ziegel oder mit<br />
geputzter Oberfläche sowie schmiedeeiserne Einfriedigungen in handwerklicher Ausführung sind<br />
die historisch überlieferten Materialien <strong>zur</strong> Abgrenzung des privaten zum öffentlichen<br />
Straßenraum. Sie gewährleisten die gewünschte Anpassung an das typische Ortsbild des<br />
historischen Kernes der <strong>Stadt</strong> <strong>Rees</strong>.<br />
Diesem Gestaltungskanon entsprechen beispielsweise nicht Jägerzäune,<br />
Kunststeinabgrenzungen, Massivzäune aus geschweißtem Vierkantrohr o.ä..<br />
Die Begrenzung der absoluten Höhe transparenter Einfriedigungen auf 1,50 m sichert die<br />
Unterordnung unter dem Baukörper und in entsprechender Ausführung eine optische Beziehung<br />
zum öffentlichen Raum. Massive Einfriedigungen dürfen nicht höher als 0,50 m sein, da<br />
ansonsten der beabsichtigte optische Übergang zwischen privaten und öffentlichen Frei-/<br />
Verkehrsflächen unterbun<strong>den</strong> wäre.<br />
Zu § 9: GEBÄUDEABSTÄNDE UND ABSTANDSFLÄCHEN<br />
Die <strong>Stadt</strong>kernbebauung ist auch nach dem 2. Weltkrieg im wesentlichen wieder auf dem<br />
mittelalterlich geprägten Parzellenzuschnitt erfolgt, der eines der wichtigsten<br />
I<strong>den</strong>tifikationsmerkmale <strong>für</strong> das städtebauliche Erscheinungsbild des historischen <strong>Stadt</strong>kernes<br />
darstellt.<br />
Dass der Ortskern ebenso im Teilbereich durch enge Straßenzuschnitte (Hohe Rheinstraße / Am<br />
Weißen Turm / Bleichstraße / Wasserstraße etc.) gekennzeichnet ist, kann bereits der Präambel<br />
<strong>zur</strong> <strong>Gestaltungssatzung</strong> entnommen wer<strong>den</strong>. Angesichts der knappen Abstände der sich an <strong>den</strong><br />
engen Straßen gegenüberliegen<strong>den</strong> Baukörper sind die nach der Bauordnung NW geforderten<br />
Abstandsflächen oftmals nicht einzuhalten.<br />
Die Wahrung der baugeschichtlich überlieferten Bauflucht ist jedoch unter stadtgestalterischen<br />
Aspekten höher einzustufen als die Einhaltung der gesetzlich reglementierten Mindestabstände.<br />
Im Rahmen des Satzungstextes können die einzelnen Abstandsmaße an Straßen nicht<br />
abschließend reglementiert wer<strong>den</strong>. Sie müssen im jeweiligen Einzelfall auf ihre
Ortsbildverträglichkeit untersucht wer<strong>den</strong>.<br />
Jeder Straßenzug, der historisch nachweisbar bebaut war/ist, weist nämlich charakteristische<br />
Baufluchten auf, die sein Erscheinungsbild entschei<strong>den</strong>d prägen. Bei der Beurteilung hat sich der<br />
Sachverständigenbeirat mit Hilfe historischer Karten und Pläne einzelfallbezogen ein Urteil zu<br />
bil<strong>den</strong>.<br />
Zu § 10: VORGÄRTEN<br />
Die gärtnerische Gestaltung der Vorgärten trägt zu einer stadtgestalterischen Belebung der<br />
Übergangszone zwischen Haus und öffentlichem Straßenraum bei. Diesen Raum als Lager- oder<br />
Arbeitsfläche zu benutzen, beeinträchtigt <strong>den</strong> Gesamteindruck des raumbil<strong>den</strong>de Rahmens<br />
(Gebäudekante und Straßenraum) und läuft oft auf eine Verunstaltung hinaus, die es zu<br />
vermei<strong>den</strong> gilt.