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Verwaltungsgericht - Gerichte - Kanton Luzern

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<strong>Verwaltungsgericht</strong><br />

Abteilung:<br />

Rechtsgebiet:<br />

Abgaberechtliche Abteilung<br />

Erbschaftssteuer<br />

Entscheiddatum: 26.04.2004<br />

Fallnummer: A 03 204<br />

LGVE: 2004 II Nr. 27<br />

Betreff:<br />

Leitsatz:<br />

Rechtskraft:<br />

Art. 26 BV; Art. 267 ZGB; §§ 3, 5 und 11 EStG. Steuersatz bei<br />

Erbschaftssteuern. Zivilrechtliche Auslegung der EStG-Normen. Wirkung<br />

einer Stiefkindadoption in Bezug auf den anwendbaren Steuersatz. Auch<br />

die höchstmögliche Besteuerung der Erbschaft von 40 % bewirkt keine<br />

konfiskatorische Besteuerung (Erw. 4).<br />

Diese Entscheidung ist rechtskräftig.


Entscheid:<br />

A wurde von der zweiten Ehefrau seines Vaters adoptiert, nachdem seine leibliche Mutter verstorben war.<br />

Deren Mutter hat A in ihrem Testament als Erben eingesetzt, auf welchen schliesslich ein Anteil von knapp<br />

Fr. 900`000.-- entfiel. In der Folge wurde A gemäss dem Steuersatz von 20 %, zuzüglich Progression, für<br />

nicht verwandte Personen zu einer Erbschaftssteuer von rund Fr. 350`000.-- veranlagt. Nach erfolgloser<br />

Einsprache gelangte A an das <strong>Verwaltungsgericht</strong>, wobei er hauptsächlich geltend machte, er sei<br />

erbschaftssteuerrechtlich als Nachkomme zu behandeln und deshalb nur mit einem Erbschaftssteuersatz<br />

von 1 % zu belegen.<br />

Aus den Erwägungen:<br />

1.- Gemäss dem EStG ist von den im <strong>Kanton</strong> <strong>Luzern</strong> fallenden Verlassenschaften eine Erbschaftssteuer zu<br />

entrichten (§ 1 Abs. 1 EStG). Der Steuersatz ist nach dem zwischen Erblasser und Erben bestehenden<br />

Verwandtschaftsgrad abgestuft und ist nach folgendem Massstabe zu entrichten (vgl. § 3 Abs. 1 EStG): von<br />

dem, was an den elterlichen Stamm gelangt, 6 % (lit. a); von dem was an den grosselterlichen Stamm<br />

gelangt, 15 % (lit. b); von dem, was an entfernter oder nicht verwandte Personen gelangt, 20 % (lit. c). Für<br />

Erbschaftsbeträge über Fr. 10`000.-- wird zudem ein Zuschlag von 10 - 100 % des Steuerbetrages erhoben<br />

(Progression, vgl. § 5 EStG). Die Einwohnergemeinde Z hat zudem gestützt auf die §§ 33 und 34 NEStG für<br />

die Nachkommen eine Erbschaftssteuer von 1 % des ererbten Betrages zuzüglich Progression eingeführt<br />

(Beschluss betreffend die Einführung der Nachkommenerbschaftssteuer vom 8.2.1920). Das Mass der<br />

Steuer für jeden einzelnen Erbteil und jedes einzelne Vermächtnis richtet sich nach dem zwischen dem<br />

Erblasser und dem Erben bestehenden Verwandtschaftsverhältnis (§ 4 Abs. 1 EStG), wobei sich dieses<br />

nach den Bestimmungen des schweizerischen Zivilgesetzbuches bestimmt (vgl. § 3 Abs. 1 der<br />

Vollzugsverordnung zum Erbschaftssteuergesetz [SRL Nr. 631]). Aus dieser Anknüpfung an den Erbgang<br />

und die Erbenqualität ergibt sich denn auch, dass die Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes<br />

"zivilrechtlich" auszulegen sind; allein die Subsumtion unter das jeweils massgebende zivilrechtliche Institut<br />

ist für die Anwendung der steuerrechtlichen Bestimmungen massgebend (vgl. Urteil Sch. vom 10.6.1997<br />

Erw. 4b). Hierbei ist auf den Zeitpunkt des Erbanfalls abzustellen (vgl. Klöti-Weber/Siegrist/Weber,<br />

Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Band 2, 2. Aufl., Muri-Bern 2004, N 4 zu § 143).<br />

2.- Im vorliegenden Fall ist streitig und zu beurteilen, nach welchem Grundsteuersatz der Beschwerdeführer<br />

zu veranlagen ist.<br />

a) (...)<br />

b) Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass für die Beurteilung des Verwandtschaftsverhältnisses des<br />

Beschwerdeführers zur Erblasserin einzig das Adoptionsverhältnis zwischen ihm und der zweiten Ehefrau<br />

seines Vaters massgeblich ist. Unbestrittenermassen erfolgte seine Adoption im Jahre 1990 und somit unter<br />

neuem Adoptionsrecht, welches das Prinzip der Volladoption verwirklicht. Dieses Prinzip bezieht sich auf alle<br />

Wirkungen des Kindesverhältnisses und hat zur Folge, dass diese vollständig und ausschliesslich durch die<br />

neue Familie bestimmt werden. Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der Adoptiveltern<br />

(Art. 267 Abs. 1 ZGB). Das bisherige Kindesverhältnis erlischt; vorbehalten bleibt es zum Elternteil, der mit<br />

dem Adoptierenden verheiratet ist (Art. 267 Abs. 2 ZGB). Das Kind scheidet aus der angestammten Familie<br />

aus und tritt in die Verwandtschaft der Adoptierenden ein, wie wenn es ihr leibliches Kind wäre. Es wird im<br />

Sinne von Art. 20 und 21 ZGB mit den Gliedern der Adoptivfamilie verwandt und verschwägert (Hegnauer,<br />

Grundriss des Kindesrechts und des übrigen Verwandtschaftsrechts, 5. Aufl., Bern 1999, Rz. 12.06).<br />

Zwischen dem Adoptivkind (und seinen Nachkommen) einerseits und den Adoptiveltern (und ihren<br />

Verwandten) anderseits entsteht das gegenseitige Erbrecht der Verwandten gemäss Art. 457 ff. unter<br />

Einschluss des Pflichtteils (Hegnauer, a.a.O., Rz. 12.12). Entsprechend erlischt das Erbrecht gegenüber<br />

sämtlichen leiblichen Verwandten aktiv und passiv. Gleiches gilt für die Wirkungen des Kindesverhältnisses<br />

ausserhalb des Familienrechts, so im Bereich des öffentlichen Rechts des Bundes und der <strong>Kanton</strong>e (vgl.<br />

Breitschmid, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Zivilgesetzbuch I, 2. Aufl., Basel 2002, N<br />

2 zu Art. 267 ZGB, Hegnauer, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, 4. Aufl., Bern 1997, N<br />

74 zu Art. 267 ZGB). Die Wirkungen der Adoption treten grundsätzlich mit dem Zeitpunkt ein, da sie<br />

ausgesprochen wird, vorbehältlich des Eintritts der Rechtskraft. Dieses Prinzip erleidet eine Durchbrechung.<br />

Zwar fällt eine Erbschaft aus der Herkunftsfamilie dem zu Adoptierenden noch an, wenn der Erbgang (Art.<br />

537 Abs. 1 ZGB) vor dem Adoptionsentscheid ausgelöst wurde; erfolgte er später - wie hier - fällt der<br />

Adoptierte als Erbe in der Herkunftsfamilie ausser Betracht (Breitschmid, a.a.O., N 3 f. zu Art. 267 ZGB).


Wie die Vorinstanz in ihrem Einspracheentscheid richtig ausführte, erhielt der Beschwerdeführer mit der<br />

Stiefkindadoption damit die Rechtsstellung eines Kindes seines Vaters und dessen zweiter Ehefrau (Art. 267<br />

Abs. 1 und 2 ZGB). Sämtliche Rechtsbeziehungen zur leiblichen Mutter und zu deren Verwandten erloschen<br />

(Tuor/Schnyder/ Schmid/Rumo-Jungo, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 12. Aufl., Zürich 2002, S. 386).<br />

(...) Durch die Stiefkindadoption wurde ein Kindesverhältnis unter Einschluss der damit verknüpften<br />

Verwandtschaft und Erbberechtigung zur zweiten Ehefrau des Vaters des Beschwerdeführers begründet.<br />

Zugleich wurden von Gesetzes wegen alle Rechtsbeziehungen (Verwandtschaft, Erbrecht) zur<br />

angestammten Familie der verstorbenen leiblichen Mutter und deren Verwandten und somit auch zur<br />

Erblasserin aufgelöst. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges im Jahre 1997 war der Beschwerdeführer<br />

nicht ein Nachkomme der Erblasserin und somit auch nicht gesetzlicher Erbe im Sinne von Art. 457 Abs. 3<br />

ZGB. Er kann folglich nicht die privilegierte Besteuerung zum reduzierten Steuerersatz von 1 % für<br />

Nachkommen für sich beanspruchen. Daran ändert auch die Berufung auf LGVE 1977 II Nr. 23 nichts. Das<br />

<strong>Verwaltungsgericht</strong> hat in diesem Entscheid einzig festgestellt, dass der Gesetzgeber in der Besteuerung<br />

von Adoptivkindern und ehelichen Kindern keine Ungleichheit gewollt habe und somit Adoptivkinder wie<br />

eheliche Nachkommen zu besteuern sind, unabhängig davon, ob das Adoptionsverhältnis dem alten oder<br />

dem neuen Recht untersteht. Aus ihm ergibt sich einzig, dass die Mutter des Beschwerdeführers entgegen<br />

den altrechtlichen Adoptionsbestimmungen im Verhältnis zur Erblasserin - ihrer Adoptivmutter -<br />

erbschaftssteuerrechtlich wie ein leiblicher Nachkomme zu behandeln gewesen wäre. (...)<br />

3.- a) Der Beschwerdeführer bestreitet denn die zivilrechtlichen Rechtswirkungen seiner Adoption auch<br />

grundsätzlich nicht, doch sieht er in der Anwendung des Grundsteuersatzes für nicht verwandte Personen in<br />

seinem Fall eine willkürliche Rechtsanwendung, die dem Gerechtigkeitsgedanken in stossender Weise<br />

zuwider laufe. Es sei nicht einzusehen, wieso der Beschwerdeführer steuerrechtlich gleich wie eine nicht<br />

verwandte Person behandelt werde, da er eine enge persönliche und emotionale Bindung zur Erblasserin<br />

gehabt habe. Eine solche Beziehung zwischen Erblasser und Erbe entspreche ja genau dem Sinn und<br />

Zweck der steuerlichen Privilegierung. Die Bedeutung der Rechtsnormen der §§ 3 ff. EStG liege darin, dass<br />

in gewissen Fällen Personen ohne verwandtschaftliche Beziehung bezüglich der Besteuerung ebenfalls<br />

privilegiert würden. Bei Konkubinatspartnern, Arbeitnehmern und Pflegekindern sei dieser Umstand denn<br />

auch berücksichtigt und das Gesetz entsprechend ausgelegt worden. Subeventualiter beantragt der<br />

Beschwerdeführer folglich die Anwendung des Grundsteuersatzes von 6 %, nebst Progression, wie dies bei<br />

Konkubinatspartnern und Pflegekindern in Analogie zu § 11 Abs. 1 lit. b EStG der Fall ist.<br />

Grundgedanke für die Privilegierung von Konkubinatspartnern und Pflegekindern ist, dass diese mit dem<br />

Erblasser oder der Erblasserin in einer engen häuslichen Gemeinschaft lebten. So erweisen Pflegeeltern als<br />

"Nichteltern" einem in ihrer Hausgemeinschaft lebenden unmündigen Kind Pflege und Erziehung wie<br />

gegenüber einem eigenen Kind (vgl. Urteil W. vom 26.7.2001 Erw. 3b; Urteil D. vom 7.11.2000 Erw. 2b je mit<br />

Hinweisen). Voraussetzung für den privilegierten Steuersatz ist bezüglich den Konkubinatspartnern denn<br />

auch eine während mindestens den letzten 5 Jahren vor dem Tod ununterbrochene umfassende<br />

Lebensgemeinschaft (LGVE 2004 II Nr. 28 mit Hinweis auf BGE 118 II 237 Erw. 3a) bzw. analog dazu<br />

bezüglich den Pflegekindern ein nachgewiesenermassen enges Pflegeverhältnis während der Unmündigkeit<br />

des Kindes während mindestens 5 Jahren. Die Beweislast für die Voraussetzungen der jeweiligen<br />

privilegierten Besteuerung liegt dabei ausschliesslich bei der steuerpflichtigen Person (Lu StB, Weisungen<br />

EStG, §§ 3 f. Nr. 1 Ziff. 8 und 9). Im vorliegenden Falle wird nicht vorgebracht, dass der Beschwerdeführer in<br />

einem Pflegeverhältnis zur Erblasserin stand und in deren Hausgemeinschaft gelebt hatte. Darauf ist infolge<br />

der bereits drei Jahre nach der Scheidung bzw. dem Tod der leiblichen Mutter des Beschwerdeführers<br />

erfolgten Stiefkindadoption durch die zweite Ehefrau seines Vaters auch nicht zu schliessen, zumal er bis<br />

zum heutigen Zeitpunkt im gleichen Haushalt mit seinem Vater und seiner Adoptivmutter lebt. Dass er - wie<br />

geltend gemacht - trotz Stiefkindadoption weiterhin ein "Grossmutter-Enkel-Verhältnis" gelebt hat und<br />

aufgrund des frühen Verlustes seiner Mutter einen näheren Kontakt zur Erblasserin hatte, ist zwar<br />

nachvollziehbar, genügt für diese steuerrechtliche Privilegierung jedoch nicht. Aufgrund der strengen<br />

zivilrechtlichen Auslegung der Erbfolge gemäss der steuerrechtlichen Bestimmung von § 3 EStG hat das<br />

Argument der engen persönlichen Beziehungen gegenüber den zivilrechtlichen Verhältnissen grundsätzlich<br />

zurückzustehen und analoge Anwendungen sind nur nach streng begrenzten Kriterien, wie sie die Praxis für<br />

Konkubinatspartner bzw. Pflegekinder entwickelt hat, zulässig. So erfolgt grundsätzlich keine Privilegierung<br />

bei nicht verwandten Personen, obwohl der Grund für deren Erbeinsetzung wohl immer in einem gewissen<br />

Masse in einer engeren persönlichen Bindung zum Erblasser liegt. Demgegenüber tritt die steuerliche<br />

Privilegierung von verwandten gesetzlichen Erben immer ein, unabhängig von der effektiv gelebten<br />

Beziehung. Nach dem Gesagten rechtfertigt sich vorliegend eine analoge Anwendung von § 11 Abs. 1 lit. b<br />

EStG nicht.<br />

b) Soweit sich der Beschwerdeführer eventualiter auf die Steuerprivilegierung des § 11 Abs. 2 EStG beruft,<br />

ist ihm entgegen zu halten, dass diese Bestimmung auf den speziellen Fall der "Zahlvaterschaft" nach altem


Kindesrecht ausgerichtet ist und vorliegend keine Anwendung finden kann. Das gilt auch insoweit, als die<br />

Bestimmung Zuwendungen von Grosseltern an ein uneheliches Enkelkind regelt. Im Übrigen ist zu<br />

bemerken, dass die vom Beschwerdeführer angerufene Norm nach dem klaren Wortlaut Vermächtnisse und<br />

Schenkungen umfasst, jedoch gerade nicht den Vermögensübergang kraft Erbeneinsetzung.<br />

4.- a) Gestützt auf den bereits erwähnten Entscheid des Bundesgerichts in ASA 32,116 ff. macht der<br />

Beschwerdeführer sodann geltend, gemäss Praxis des Bundesgerichts dürfe die Anwendung einer<br />

Einrichtung des Bundesrechts nicht durch kantonale Abgaben verunmöglicht oder übermässig erschwert<br />

werden. Dies sei jedoch der Fall, da unter finanziellen Gesichtspunkten eine Stiefkindadoption unter diesen<br />

Umständen wohl nicht mehr in Frage komme, wenn man damit rechnen müsse, dass ein 20 Mal höherer<br />

Steuerbetrag bei Beerbung der leiblichen Eltern oder Grosseltern resultieren würde. Eine Belastung von 40<br />

% durch das kantonale Abgaberecht würde in der heutigen Zeit als übermässige Erschwerung einer<br />

Einrichtung des Bundesrechts angesehen werden.<br />

Dieser Meinung kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es gemäss den vorstehenden Erwägungen<br />

der (Stiefkind)Adoption gerade immanent ist, dass das gesetzliche Erbrecht zu den leiblichen Eltern oder<br />

Grosseltern infolge des Wegfalls des Kindesverhältnisses dahin fällt. Die Ausführungen im erwähnten<br />

Entscheid beziehen sich denn auch auf die Besteuerung eines Adoptivkindes zu seinen Adoptiveltern, wobei<br />

- wie bereits ausgeführt - das Bundesgericht es damals noch als zulässig erachtet hat, Adoptivkinder im<br />

Vergleich zu leiblichen Kindern höher zu besteuern. Aufgrund der heute bundesrechtlichen Gleichstellung<br />

von Adoptiv- und leiblichen Kindern in Bezug auf ihre Rechtstellung im Familien- und Erbrecht erweist sich<br />

dieser Entscheid allerdings als überholt.<br />

b) Sinngemäss will der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen geltend machen, dass eine Belastung bis<br />

zu 40 % von nichtverwandten Erben eine konfiskatorische Besteuerung darstelle.<br />

aa) Das Bundesgericht hat mehrfach erkannt, dass vor der verfassungsmässigen Eigentumsgarantie<br />

Verpflichtungen zu Steuerleistungen nur standhalten, wenn sie den Wesenskern des Privateigentums<br />

unangetastet lassen. Als Institutsgarantie schützt die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) die Eigentumsordnung<br />

in ihrem Kern. Sie verbietet dem Gemeinwesen, den Abgabepflichtigen ihr privates Vermögen durch<br />

übermässige Besteuerung nach und nach zu entziehen, und verpflichtet es, privates Vermögen in seiner<br />

Substanz zu wahren, aber auch die Möglichkeit der Neubildung von Vermögen zu erhalten. Die<br />

Eigentumsgarantie schützt den Steuerpflichtigen grundsätzlich auch vor einer konfiskatorischen<br />

Besteuerung des Erbanfalls. Sie schützt aber namentlich vor einer konfiskatorischen Belastung durch<br />

Häufung verschiedener Steuern, z.B. durch Kumulierung von Erbschaftssteuern einerseits und periodischen<br />

Steuern wie Vermögens- und Einkommenssteuern andererseits. Denn die konfiskatorische Wirkung der<br />

Besteuerung hängt nicht allein von einem ziffernmässig bestimmbaren Steuersatz ab; vielmehr sind<br />

Bemessungsgrundlage, Dauer und relative Tiefe des fiskalischen Eingriffs sowie dessen Kumulation mit<br />

anderen Abgaben und die Möglichkeit der Überwälzung der Steuern zu berücksichtigen. Auf die<br />

zahlenmässige Belastung allein kann es nicht ankommen, weil der Eingriff sich je nach dem zu<br />

besteuernden Objekt verschieden auswirken kann (zum Ganzen ASA 56,442 f. Erw. 2a mit Hinweisen).<br />

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist deshalb auch zu berücksichtigen, wie weit das zu<br />

besteuernde Objekt "konsolidiert" ist. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der<br />

anlässlich der Veräusserung eines Grundstückes erzielte Spekulationsgewinn relativ hoch besteuert wird,<br />

während bei längerer Besitzesdauer eine Ermässigung eintritt. Aus den gleichen Überlegungen ist es<br />

zulässig, erbrechtliche Zuwendungen an Nichtverwandte oder an Angehörige einer weiter entfernten<br />

Parentel stärker zu belasten als Zuwendungen an die eigenen Kinder.<br />

bb) Eine konfiskatorische Besteuerung liegt also vor, wenn die Steuern so ausgestaltet werden, dass das<br />

Eigentum als ein jedermann zugängliches Rechtsinstitut infrage gestellt oder das Vermögen fortlaufend<br />

ausgehöhlt wird. Wo die Grenzen zwischen einer zulässigen steuerlichen Belastung und einem<br />

verfassungswidrigen konfiskatorischen Eingriff in das Eigentum zu ziehen sind, lässt sich nicht in allgemein<br />

gültiger Weise bestimmen, sondern hängt vom Steuersatz, Bemessungsgrundlage, Dauer der Massnahme,<br />

relativer Tiefe des fiskalischen Eingriffs, Kumulation mit andern Abgaben sowie von der Möglichkeit der<br />

Überwälzung der Steuer ab (Häfelin/Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 4. Aufl., Zürich<br />

2002, Rz. 2678 mit vielen Hinweisen auf die Rechtsprechung). Das Bundesgericht setzt diese Grenze<br />

jedoch sehr hoch an. So hat es eine Einkommenssteuer für hohe Einkommen mit einer Gesamtbelastung<br />

von 46,3 % (vgl. BGE 99 Ia 649 f.) bzw. eine Steuer, die den Pflichtigen vorübergehend dazu zwingt, die<br />

Substanz seines Vermögens anzugreifen (BGE 106 Ia 352 ff.), nicht als konfiskatorisch angesehen. Im<br />

Hinblick auf diese Rechtsprechung erscheint eine Erbschaftssteuer von 20 % zuzüglich Progression, für<br />

nichtverwandte Personen nicht als konfiskatorisch, zumal sich die Maximalbelastung von 40 % (20 %<br />

zuzüglich 100 % Progression auf den Steuerbetrag) nur für Erbschaften im Wert von über einer halben


Million Franken ergibt (vgl. § 5 EStG) und es sich bei der Erbschaftssteuer um eine einmalige Steuer<br />

handelt. (...)<br />

Nach dem Gesagten ist die Rüge der übermässigen Steuerbelastung zu verwerfen. Die Veranlagung der<br />

Vorinstanz mit Grundsteuersatz von 20 % nebst Progression von 100 % entspricht der gesetzlichen<br />

Regelung und ist nicht zu beanstanden.<br />

(Das Bundesgericht hat die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde am 30. November 2004<br />

abgewiesen.)

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