Der aktuelle Fall 1038 - GFS-Berlin
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<strong>Der</strong> <strong>aktuelle</strong> <strong>Fall</strong> <strong>1038</strong><br />
Einbringung eines 100%-Anteils an einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft<br />
Sachverhalt:<br />
SA ist alleiniger Gesellschafter der SA-GmbH. Die Anteile an der GmbH hielt er bisher in seinem<br />
Einzelunternehmen. Mit Wirkung vom 31.06.05 bringt er diese Anteile gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten<br />
in die TA-OHG ein. Die Anteile haben einen gemeinen Wert von 500.000 € und<br />
einen Buchwert im Einzelunternehmen von 200.000 €. Da SA im Veranlagungszeitraum 05 aus<br />
anderen Einkunftsarten erhebliche Verluste hat, strebt er aus diesem Vorgang einen möglichst<br />
hohen Gewinn an.<br />
Aufgabe:<br />
Mit welchem Wert erfolgt die Einbringung der Anteile in die OHG (05 = 2010)?<br />
Quellenhinweise:<br />
§ 24 UmwStG; § 6 EStG<br />
BMF vom 25.3.1998 (BStBl 1998 I S. 268; Beck Steuererlasse 130 – UmwSt-Erlass)<br />
BFH vom 17.07.2008 (I R 77/06; BStBl 2009 II S. 464)<br />
BMF vom 20.05.2009 (BStBl 2009 I S. 671)<br />
HK/<strong>1038</strong>-Umw - Beteiligung KapGes als Teilbetrieb
gfs-berlin.de<br />
Lösung zu <strong>Fall</strong> <strong>1038</strong><br />
Fraglich ist, ob für die Einbringung des 100%-Anteils an der SA-GmbH § 24 UmwStG Anwendung<br />
findet oder es sich um die Überführung eines Wirtschaftsgutes i.S.d. § 6 (5) S. 3 Nr. 1 EStG handelt.<br />
Gilt ersteres, erfolgt die Einbringung in das Gesamthandsvermögen der OHG grundsätzlich<br />
zum gemeinen Wert. Eine Einbringung zu einem niedrigeren Wert würde nur auf Antrag erfolgen.<br />
Ist hingegen § 6 (5) EStG anzuwenden, erfolgt die Überführung zwingend zum Buchwert, sodass<br />
ein Gewinn aus diesem Vorgang nicht entsteht.<br />
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist Teilbetrieb i.S.v. § 24 (1) UmwStG auch eine zu einem<br />
Betriebsvermögen gehörende 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; vgl. BMF vom<br />
25.03.1998 (BStBl 1998 I S. 268; Beck Steuererlasse 130 – UmwSt-Erlass) Tz. 24.03.<br />
Dem trat der BFH mit Urteil vom 17.07.2008 (I R 77/06; BStBl 2009 II S. 464) entgegen. Zwar gilt<br />
nach der gesetzlichen Fiktion des § 16 (1) S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG als Teilbetrieb auch die das gesamte<br />
Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Diese Teilbetriebsfiktion<br />
gilt aber nach Ansicht des BFH entgegen der Sicht der Finanzverwaltung und der herrschenden<br />
Auffassung in der Literatur nicht entsprechend auch im Anwendungsbereich des § 24 UmwStG.<br />
Für eine solche Analogie fehlt es danach in § 24 UmwStG an einer planwidrigen Regelungslücke.<br />
Zweck der Teilbetriebsfiktion des § 16 (1) S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ist es, auch die Gewinne aus der<br />
Veräußerung von Alleinbeteiligungen an Kapitalgesellschaften der Tarifbegünstigung nach § 16<br />
(4), § 34 EStG zu unterstellen. Demgegenüber regelt § 24 UmwStG die Möglichkeit der steuerneutralen<br />
Ausgliederung selbständiger Unternehmensbereiche auf Tochter-<br />
Personengesellschaften. Angesichts dieser verschiedenen Regelungsmaterien besteht kein Anhalt<br />
dafür, dass der Normzweck des § 24 UmwStG über dessen Wortlaut hinaus ebenfalls die Anwendung<br />
der Teilbetriebsfiktion erfordert und der Gesetzgeber dies bei Schaffung der Vorschrift übersehen<br />
hat. Dagegen spricht insbesondere, dass in § 15 (1) S. 3 UmwStG für die Fälle der Aufspaltung,<br />
Abspaltung und Teilübertragung eine § 16 (1) S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG entsprechende Teilbetriebsfiktion<br />
ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen worden ist. Somit kann angenommen werden,<br />
dass der Gesetzgeber, wenn er die Geltung der Teilbetriebsfiktion im Anwendungsbereich<br />
des § 24 UmwStG gewollt hätte, auch dort eine ausdrückliche Regelung getroffen hätte.<br />
Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in der Begründung des<br />
Regierungsentwurfs des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen<br />
Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom<br />
25.09.2006 ausgeführt wird, die zu einem Betriebsvermögen gehörende Alleinbeteiligung an einer<br />
Kapitalgesellschaft gelte als Teilbetrieb i.S.v. § 24 UmwStG (BTDrucks 16/2710, S. 50). Es handelt<br />
sich hierbei um die Interpretation einer bereits bestehenden Regelung durch ein an einer späteren<br />
Gesetzgebung beteiligtes Organ und nicht um eine für die historische Auslegung maßgebliche<br />
Äußerung des ursprünglichen Gesetzgebers. Die nachrangige Bedeutung dieser Interpretation<br />
zeigt sich auch daran, dass es im strikten Gegensatz hierzu in der gleichen Gesetzesbegründung<br />
zu § 20 (1) UmwStG – der die Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen<br />
in Kapitalgesellschaften regelt und der in Bezug auf die Beschreibung der möglichen Einbringungsobjekte<br />
wörtlich mit § 24 (1) UmwStG übereinstimmt – heißt, eine zu einem Betriebsvermögen<br />
gehörende Alleinbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft gelte nicht als Teilbetrieb (BTDrucks<br />
16/2710, S. 42).<br />
Die Rechtsauffassung des BFH wurde von der Finanzverwaltung mit Schreiben des BMF vom<br />
20.05.2009 (BStBl 2009 I S. 671) ohne Begründung mit einem Nichtanwendungserlass belegt.<br />
Danach ist das BFH-Urteil im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung zur Wiederherstellung der<br />
bisherigen Verwaltungsauffassung zum UmwStG nicht anzuwenden. Bis zu dieser gesetzlichen<br />
Regelung ist eine 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb i.S.d.<br />
§ 24 UmwStG zu behandeln.<br />
Ob die Finanzverwaltung mit dieser Haltung der Blockierung der BFH-Rechtsprechung und Gesetzesandrohung<br />
im Rahmen ihrer eigentlichen Rolle als Exekutive verbleibt oder sich bereits in die<br />
Aufgabe der Legislative einmischt, soll dahingestellt sein. Jedenfalls erfolgt die Einlage im Sachverhalt<br />
wunschgemäß nach § 24 UmwStG zum gemeinen Wert.<br />
HK/<strong>1038</strong>-Umw - Beteiligung KapGes als Teilbetrieb