Die Gewaltspirale - gesunde-maenner.ch
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Entsetzen ein über das, was er angeri<strong>ch</strong>tet hat. S<strong>ch</strong>on dort kann eine gewisse Re<strong>ch</strong>tfertigung einsetzen - "es musste so<br />
sein" oder "Sie hat es ja herausgefordert", do<strong>ch</strong> überwiegt der S<strong>ch</strong>recken. Wird die Frau weggebra<strong>ch</strong>t und hört oder<br />
sieht der Täter erst später, was er angeri<strong>ch</strong>tet hat, kann es sein, dass er dann erst mit S<strong>ch</strong>recken und/oder Befremden<br />
die Folgen seines Ausbru<strong>ch</strong>s realisiert.<br />
Der Frau, die er davongeprügelt hat<br />
der läuft er hinterher von Angst gepeinigt<br />
der Aufwand war so gross sie kleinzukriegen<br />
dass wenn sie geht sein Lebenswerk zerstört ist<br />
(Rosemarie Bronikowski)<br />
. S<strong>ch</strong>uld<br />
Na<strong>ch</strong> dem S<strong>ch</strong>recken über das Ausmass der Auswirkungen seiner Gewalt, nimmt der Mann häufig die S<strong>ch</strong>uld auf si<strong>ch</strong><br />
und ents<strong>ch</strong>uldigt si<strong>ch</strong>, da er si<strong>ch</strong> wieder "ni<strong>ch</strong>t in Kontrolle hatte". Lempert und Oelemann (1995) bes<strong>ch</strong>reiben diesen<br />
We<strong>ch</strong>sel zwis<strong>ch</strong>en Gewalttätigkeit und lieb und nett sein wie folgt. Er "stiftet bei der Frau völlige Verwirrung und<br />
Unsi<strong>ch</strong>erheit, da die Situation in jedem Moment wieder umkippen kann. (...) <strong>Die</strong>se Situation ma<strong>ch</strong>t verrückt im wahrsten<br />
Sinne des Wortes."<br />
<strong>Die</strong>se S<strong>ch</strong>uldübernahme ist aber laut dem Psy<strong>ch</strong>oalnalytiker Arno Gruen (1992) "bestenfalls eine Zerknirs<strong>ch</strong>ung - eine<br />
aussengelenkte Reaktion der Unterwerfung, die (...) gnädig stimmen soll. Damit wird nur der Kreislauf in Gang gehalten,<br />
aus dem die destruktiven Handlungen hervorgehen, aber ni<strong>ch</strong>t die Voraussetzungen für wirkli<strong>ch</strong>e Veränderungen<br />
ges<strong>ch</strong>affen." Obwohl die S<strong>ch</strong>uldübernahme nur vermeintli<strong>ch</strong> ist, löst sie bei Frauen vielfa<strong>ch</strong> direkt Mitleid und Ents<strong>ch</strong>uldigung<br />
aus: "Es ist ni<strong>ch</strong>t seine S<strong>ch</strong>uld, dass er es ni<strong>ch</strong>t anders kann - er spürt ja meinen S<strong>ch</strong>merz ni<strong>ch</strong>t"; oder: "i<strong>ch</strong><br />
müsste ihn do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> jetzt verstehen und zu ihm stehen, weil i<strong>ch</strong> ihn liebe"; oder: "sonst ist er do<strong>ch</strong> so lieb und zärtli<strong>ch</strong>..".<br />
So denken au<strong>ch</strong> das Umfeld und die Verwandten. Er entspri<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> wirkli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t unserem Bild vom brutalen<br />
Gewalttäter. Oft wird die kurze Phase der S<strong>ch</strong>uldübernahme mit Sensibilität verwe<strong>ch</strong>selt, obwohl der Mann weit entfernt<br />
ist davon seine Gefühle wahrzunehmen und no<strong>ch</strong> viel weniger Empathiefähigkeit gegenüber anderen aufbringt.<br />
Es ist nur diese Sehnsu<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> dem Fühlen<br />
und ni<strong>ch</strong>t das Fühlen selbst, was ihn so treibt.<br />
Wie andere mit S<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>figuren spielen,<br />
spielt er mit Nähe und der Angst, dass sie ihm bleibt.<br />
(Katharina Gerwens)<br />
. Abs<strong>ch</strong>ieben der Verantwortung<br />
Mit der Ents<strong>ch</strong>uldigung einher geht das Abs<strong>ch</strong>ieben der Verantwortung. Der eigentli<strong>ch</strong>e Gewaltakt wird na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong><br />
häufig als unvermeidbar angesehen. Ob die Hand "ausruts<strong>ch</strong>t", die Beherrs<strong>ch</strong>ung "verloren wird", oder "es über einen<br />
kommt". Er wollte "es" eigentli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t tun. Es ist eine fremde Ma<strong>ch</strong>t, die im Mann handelt. Wenn es ni<strong>ch</strong>t er selber<br />
ist, der handelt - fragt si<strong>ch</strong> der Mann - wie kommt es dann immer wieder zur Gewalt. <strong>Die</strong> Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> Erklärungen<br />
führt zu komplexen Ansätzen der S<strong>ch</strong>uldzuweisung von Seiten des Täters, aber au<strong>ch</strong> zu S<strong>ch</strong>uldübernahme seitens der<br />
Frau, die so ein Stück weit aus der Situation des absoluten Ausgeliefertseins herauszukommen hofft. Ähnli<strong>ch</strong> geht au<strong>ch</strong><br />
die Gesells<strong>ch</strong>aft mit der S<strong>ch</strong>uldzuweisung um. Wie au<strong>ch</strong> bei Gewalt in anderen Berei<strong>ch</strong>en, vollzieht die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
eine Identifikation mit dem Täter. Für viele unverständli<strong>ch</strong> ist das häufige Verharren der Opfer in der Gewaltsituation.<br />
Zur Erklärung dieses Phänomens rei<strong>ch</strong>t ein individueller Erklärungsansatz (Liebe, Hoffnung, Angst) ni<strong>ch</strong>t aus. Es müssen<br />
zusatzli<strong>ch</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e (Normen und Werte), re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Faktoren berücksi<strong>ch</strong>tigt werden,<br />
wel<strong>ch</strong>e die Frau auf die Rolle des Opfers fixieren. <strong>Die</strong>s wird von der breiten Öffentli<strong>ch</strong>keit ni<strong>ch</strong>t wahrgenommen,<br />
sodass es ein Anlass wird, die S<strong>ch</strong>uldfrage umzukehren: "Sie war so widerspenstig und dumm, dass sie die S<strong>ch</strong>läge<br />
verdiente". Damit können Täter ganz grundsätzli<strong>ch</strong> zu (aktiven) Opfern werden und Opfer zu (passiven) Tätern, die<br />
angebli<strong>ch</strong> den Ursprung des zu bekämpfenden Übels in si<strong>ch</strong> selbst tragen. So werden dann Opfer für ihre Situation