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Sommerlinde

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Professur für Waldbau und Professur für Forstschutz & Dendrologie, ETH Zürich 1995<br />

Tilia platyphyllos Scop.<br />

syn.: Tilia grandifolia Ehrh. ex W. D. J. Koch<br />

Familie: Tiliaceae<br />

dtsch.: <strong>Sommerlinde</strong><br />

franz.: tilleul à grandes feuilles<br />

ital.: tiglio d'Olanda (d'estate)<br />

engl.: broad-leaved (common) lime (basswood, linden)<br />

1. Artbeschreibung<br />

1.2 Phänologie<br />

Linden blühen im frühen oder mittleren Sommer (Juni, Juli) als letzte der einheimischen<br />

Baumarten, wobei T. platyphyllos in der Regel 1-3 Wochen vor T. cordata blüht. Die<br />

Früchte reifen im Frühherbst (September), bleiben aber oft noch längere Zeit danach am<br />

Baum (Wintersteher).<br />

1.3 Fortpflanzung<br />

Beginn der Blüte im Freistand mit etwa 20-30 Jahren. Wegen Keimhemmung liegen die<br />

Früchte oft über (Ursache: geringe Wasserdurchlässigkeit der Samenschale,<br />

Behinderung des Wachstums der Keimwurzel durch knorpeliges Endospermgewebe),<br />

was vermieden werden kann, wenn die Samen früh (Mitte August bis Ende September)<br />

geerntet und danach sofort für 7-8 Monate stratifiziert werden. Spät geerntetes (Ende<br />

Oktober/November) Saatgut ist bis 3 Jahre lagerbar, muss jedoch vor der Aussaat 12-14<br />

Monate stratifiziert werden.<br />

Tausendkorngewicht (TKG): 80-200 g (je später geerntet, desto leichter).<br />

1.1 Morphologie<br />

Gestalt: Grosser, bis 40 m hoher Baum mit gleichmässig aufgebauter, dicht verzweigter<br />

und dicht belaubter, im Freistand kuppelförmiger Krone.<br />

Rinde: Lange Zeit glatt und dünn; Borke graubraun bis schwarzgrau, längsrissig.<br />

Triebe: Hin und her gebogen, an der Spitze behaart, ± verkahlend. Knospen eiförmig, mit<br />

2-3 rotbraunen bis olivgrünen Schuppen. Blätter zweizeilig angeordnet, langgestielt;<br />

Spreite ± herzförmig, im Mittel (v.a. bei jungen Pflanzen) grösser als bei T. cordata (bis<br />

17 cm lang, an kräftigen Trieben auch grösser), oberseits auf den Nerven meist behaart,<br />

unterseits gleichfarbig oder heller grün als oberseits und vor allem auf den Nerven,<br />

mitunter auch auf der ganzen Fläche weich behaart, die Verbindungsnerven zwischen<br />

den Seitennerven als weisse Linien deutlich sichtbar, Nervenwinkel mit weisslichen<br />

Haarbüscheln ("Achselbärte"); Stiel behaart.<br />

Blüten: Zu 2-5 in hängenden Ständen in den Achseln von Laubblättern; jeder<br />

Blütenstand mit einem zungenförmigen, häutigen Hochblatt, das ± bis zur Hälfte mit dem<br />

langen Stiel des Blütenstandes (oft bis nahe an dessen Basis) verwachsen ist;<br />

Einzelblüte meist zwittrig, strahlig, mit freiblättriger, doppelter, 5-zähliger, gelblich weisser<br />

Hülle, intensiv duftend. Entomogam (Blüten sondern reichlich Nektar ab).<br />

Früchte: Kugelige oder eiförmige Nüsse, etwa 8-10 mm gross (grösser als bei T.<br />

cordata), hartschalig (zwischen den Fingern nicht zerdrückbar!), mit deutlichen<br />

Längsrippen. Der Fruchtstand fällt als Ganzes ab, wobei das trockenhäutige Hochbaltt<br />

als Flugorgan dient. Windverbreitung.<br />

1.4 Wachstum<br />

In den ersten Jahren langsam, später schneller. Linden können sehr alt werden (bis 1000<br />

Jahre) und dabei beachtliche Dimensionen erreichen.<br />

2. Verbreitung<br />

2.1 Horizontalverbreitung<br />

Mittel- und südeuropäische Pflanze (siehe Arealkarte).<br />

Vorrat nach LFI: 0.1% des gesamtschweizerischen Holzvorrates.<br />

2.2 Vertikalverbreitung<br />

Die <strong>Sommerlinde</strong> ist hauptsächlich in der kollinen, submontanen und montanen Stufe<br />

verbreitet. Sie steigt bis ca. 1600 m Höhe, in Strauchform bis über 1700 m ü.M. Im<br />

Qualitätswaldbau findet sie bis ca. 1000 m ü.M. Verwendung.<br />

Wurzel: Anfangs Pfahlwurzel, später tiefreichendes Herzwurzelsystem.<br />

226<br />

227


3. Standortsansprüche<br />

3.1 Physiologische und ökologische Amplitude, Grenzen<br />

a) Physiologisches Ökogramm (ohne Konkurrenzeinfluss)<br />

Gesellschaftsanschluss:<br />

Meist dominierend: -<br />

Stellenweise dominierend: 22, 25, 26, 36<br />

Beigemischt: 9, 11, 13, 14, 24, 37-39, 41u, (48), (64)<br />

dürr<br />

frisch<br />

Physiologisches Optimum<br />

Physiologische Amplitude<br />

Grenze waldfähiger Standorte<br />

c) Limitierende Faktoren, Grenzen<br />

für Vorkommen, Verbreitung: Die <strong>Sommerlinde</strong> ist wärmebedürftig und empfindlich auf<br />

schlechte Bodendurchlüftung.<br />

für waldbauliche Arbeit: Die <strong>Sommerlinde</strong> ist auf fast allen wärmeren Standorten<br />

anbauwürdig, sowohl im Haupt- wie im Nebenbestand.<br />

Vorkommensgrenze der Buche<br />

d) Ökologische Kurzbeschreibung<br />

nass<br />

sehr mässig basisch<br />

sauer sauer<br />

<strong>Sommerlinde</strong><br />

Die <strong>Sommerlinde</strong> ist kalkliebend, wärmebedürftig, schattenertragend, unempfindlich<br />

gegen Seitendruck und konkurrenzschwach. Auch wenn sie<br />

Trockenheit noch besser erträgt als die Winterlinde, so ist sie doch generell<br />

anspruchsvoller als diese.<br />

b) Soziologisch-ökologisches Ökogramm und Gesellschaftsanschluss<br />

3.2 Detaillierte Standortsansprüche<br />

a) Klimacharakter<br />

dürr<br />

Die <strong>Sommerlinde</strong> ist eine Baumart der kollinen bis montanen Stufe, welche den subatlantisch-submediterranen<br />

Raum besiedelt und genügend Sommerwärme verlangt.<br />

frisch<br />

Optimum der Buche<br />

Herrschaftsbereich der Baumart<br />

(ökologisches Optimum)<br />

Ökologische Nische<br />

Grenze waldfähiger Standorte<br />

b) Schattentoleranz/Lichtcharakter<br />

in der frühen Jugend: Schattenertragend = sehr tolerant.<br />

ab Dickungsstufe: Schattenbaumart. Kaum seitendruckempfindlich. Wächst bei ho-hem<br />

Lichtgenuss in der Jugend buschförmig.<br />

nass<br />

sehr mässig basisch<br />

sauer sauer<br />

<strong>Sommerlinde</strong><br />

c) Wärme<br />

Gesamtwärme: Wärmebedürftig.<br />

Die <strong>Sommerlinde</strong> kommt auf basischen, trockenen bis frisch-feuchten, instabilen<br />

Skelettschutt-Böden zur Herrschaft; die Buche erträgt hier die ständigen Bodenbewegungen<br />

nicht.<br />

Winterkälte: Mässig empfindlich.<br />

Die <strong>Sommerlinde</strong> ist eine Charakterart der Fagetalia.<br />

228<br />

229


d) Boden<br />

Geologisches Substrat: Auf saurer Unterlage nicht häufig; herrschend auf instabilem<br />

Kalkschutt.<br />

Wasserhaushalt: Kommt noch auf sehr trockenen Böden vor.<br />

Nährstoffversorgung: Mittlere bis hohe Ansprüche.<br />

4.2 Biotische Gefährdungen<br />

Pilze: Nectria cinnabarina (Rotpustelkrankheit, nach Pflanzung), Verticillium-Welke,<br />

Ustulina deusta (Brandiger Krustenpilz, Fäule), verschiedene Blattparasiten (meist ohne<br />

grössere Bedeutung).<br />

Wildverbiss.<br />

Bodenstruktur, physikalische Eigenschaften: Spezialist auf noch nicht stabilisierten<br />

Skelettschutthalden. Gute Durchlüftung wichtig.<br />

4. Gefährdungen<br />

4.1 Abiotische Gefährdungen<br />

a) Verhalten unter Stresseinwirkung<br />

Wasserstress/Trockenheit: Wenig empfindlich. Erträgt Sommertrockenheit sehr gut durch<br />

Laubabwurf, kann bei genügendem Wasserangebot wieder austreiben.<br />

Überschwemmung: Wenig resistent. Erträgt nicht mehr als 2 1/2 Wochen sommer-liche<br />

Überschwemmung.<br />

Vernässung: Erträgt Pseudogleyböden.<br />

Wechselhafter Wasserhaushalt: Für gutes Gedeihen ausgeglichener Wasserhaus-halt<br />

erforderlich; setzt sich aber auf sommertrockenen Kalkböden gegen die Buche durch.<br />

Frost:<br />

Spätfrost: Empfindlich, treibt 1-2 Wochen vor der Winterlinde.<br />

Frühfrost: Vermutlich unempfindlich.<br />

Frostrisse: Unbekannt (aber empfindlich gegen scharfe Winterfröste).<br />

b) Standfestigkeit<br />

Wind: Sturmfest.<br />

Schnee, Schneebruch: Belaubt sehr gefährdet, unbelaubt ungefährdet.<br />

c) Weitere abiotische Gefährdungen<br />

Keine.<br />

Verantwortlich für den Inhalt:<br />

Professur Waldbau: Kap. 2.2, 3, 4.1<br />

Professur Forstschutz & Dendr.: Kap. 1, 2.1, 4.2<br />

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