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Die Universität Rostock zwischen Sozialismus und - RosDok ...

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Fred Mrotzek<br />

165<br />

Fest des Roten Oktober 1977 nach Berlin, also 60 Jahre Oktoberrevolution. Zum<br />

ersten Mal kam ich in die Hauptstadt der DDR. Angekündigt wurde diese Belohnung<br />

beim Fahnenappell, alles angetreten, <strong>und</strong> Fred Mrotzek nach vorne. „Für<br />

deine 15 Medaillen, die du gewonnen hast, wirst du zum Fest des Roten Oktober<br />

delegiert.“<br />

Ich war stolz wie Bolle damals, <strong>und</strong> dann sagte die Pionierleiterin noch zu<br />

mir: „Im Auftrag der Gr<strong>und</strong>organisation geben wir dir noch ein Tagebuch mit.“<br />

Da sollte ich dann jeden Tag meine Eindrücke über Berlin hinein schreiben. Da<br />

habe ich mich sehr gequält, etwas über Berlin einzutragen. Ich war das allererste<br />

Mal in Berlin, wir hatten solche Budjonnymützen auf, mit einem roten Stern dran,<br />

dann hatten wir so einen Pionierparka bekommen, so einen Pionieranorak, <strong>und</strong><br />

dann rannten wir da durch Berlin. <strong>Die</strong> Bevölkerung hat uns natürlich sehr kritisch<br />

aufgenommen, <strong>und</strong> ich wurde da geschädigt für mein Leben. Am Alexanderplatz<br />

wollte ich in einen Schnellimbiss, so würde man heute sagen, da war eine Drehtür.<br />

Mensch, ich habe zum ersten Mal eine Drehtür gesehen, das war 1977; <strong>und</strong> dann<br />

schob mich eine Berlinerin da durch. Irgendwie hatte ich mich da in der Drehtür<br />

nicht richtig verhalten, <strong>und</strong> dann bölkte die mich da in einem Berliner Ton an, ob<br />

ich zu dumm sei, eine Drehtür zu benutzen. War ich ja auch damals, gebe ich zu.<br />

Auf jeden Fall schaffte ich es zum Abitur zugelassen zu werden. Nach der 8.<br />

Klasse verließ ich das Elternhaus, kam mit 14 Jahren ins Internat. Dort herrschten<br />

harte Regeln. Ganz klar, die Neuner – die 9. Klasse – mussten sauber machen, die<br />

mussten alle niederen Arbeiten verrichten. Es gab Zeiten, wo Mittagsschlaf oder<br />

Mittagsruhe gehalten wurde. Es gab Zeiten, wo man Hausarbeiten machen musste,<br />

es war alles ziemlich militärisch durchorganisiert. Aber die Schulzeit dort will ich<br />

nicht abwerten, denn alleine schon Abitur machen zu können in der DDR, das war<br />

schon etwas, das durfte nicht jeder. Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die also<br />

trotz hervorragender Leistungen eben nicht zugelassen worden sind. In meiner<br />

Klasse war zum Beispiel ein Christ. Der Vater war in der evangelischen Kirche.<br />

Wir haben uns gleich gut verstanden, wir mochten einander. Er war ein lustiger<br />

Kerl, hat allerdings ganz anders gedacht als ich so mit meinem <strong>Sozialismus</strong>. Da<br />

nahm mich dann der Direktor zur Seite <strong>und</strong> sagte: „Du pass mal auf, ich habe<br />

mitbekommen, du bist der Fre<strong>und</strong> von dem [...], <strong>und</strong> du weißt ja, er ist Christ, <strong>und</strong><br />

wenn es da was gibt, wenn er anfängt in der Klasse da so religiös zu arbeiten,<br />

dann musst du das sagen. Dann musst du mir das sagen, das möchte ich nicht.“ Er<br />

hat sich aber immer zurückgehalten. Der wusste ganz genau, dass er da nicht<br />

irgendwie die Klappe aufmachen kann. Der hat immer sein Blauhemd angehabt,<br />

hat sich in den politischen Diskussionen versucht zu beteiligen, nicht zu doll, aber<br />

eben doch. Das war 1983, also relativ spät in der DDR, <strong>und</strong> er war eigentlich der<br />

erste Christ, der Abitur machen durfte.<br />

Dann ging es zum Studium. Ich wollte Sport studieren <strong>und</strong> kam das erste Mal<br />

nach <strong>Rostock</strong>. <strong>Die</strong> Sportaufnahmeprüfung habe ich auch bestanden, aber dann hat

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