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20.04., Predigt im Abendmahlsgottesdienst zur Konfirmation, Pfr ...

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<strong>Predigt</strong> <strong>im</strong> <strong>Abendmahlsgottesdienst</strong> <strong>zur</strong> <strong>Konfirmation</strong><br />

Samstag 20. April 2013 – Evang. Kreuzkirche Reutlingen<br />

Pfarrer Stephan Sigloch<br />

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern,<br />

liebe Gemeinde,<br />

zu unserer Patchworkfamilie gehören sechs Kinder. Der Jüngste ist Samuel, er ist 17 – und <strong>zur</strong>zeit<br />

ist es schrecklich wichtig, am Wochenende mit seinen Kumpels „Party zu machen“. Und fast<br />

genauso wichtig – das war zu meiner Schulzeit auch schon so – ist es, am andern Tag, wenn’s denn<br />

wieder geht, lange über die Party vom Vorabend zu erzählen.<br />

Sammy hat mich am Donnerstag gefragt: „Weißt Du, wer die geilste Party aller Zeiten geschmissen<br />

hat?“ Seine Antwort auf mein „Nein“: „Jesus hat mit 12 Leuten Party gemacht – und über die Party<br />

redet man heute noch“.<br />

Ob das erste Abendmahl, das wir <strong>im</strong> Kirchenjahr jeweils am Gründonnerstag erinnern, „die geilste<br />

Party aller Zeiten“ war in dem Sinn, wie Jugendliche heute „Party“ machen, können wir mit Recht<br />

bezweifeln. Auch wenn die Jünger, die mit Jesus nach der Passafeier <strong>im</strong> Garten Gethsemane<br />

waren, <strong>im</strong>mer wieder eingeschlafen sind - und vielleicht sogar, weil sie zuvor ordentlich Wein<br />

getrunken haben.<br />

Sicher ist – das sehen wir schon daran, dass wir heute vor der <strong>Konfirmation</strong> diesen<br />

<strong>Abendmahlsgottesdienst</strong> feiern -, sicher ist, dass wir heute noch über diesen Abend sprechen. Die<br />

Frage ist: Warum sprechen wir auch nach 2000 Jahren darüber? Und: Warum sprechen wir nicht<br />

nur als Erinnerung darüber, sondern feiern heute noch und <strong>im</strong>mer wieder gemeinsam<br />

Abendmahl?<br />

Die Kirchensprache redet be<strong>im</strong> Abendmahl vom „Tisch des Herrn“. Das klingt in unseren Ohren<br />

etwas „geschraubt“, aber der Ausdruck bringt es auf den Punkt. Das wird uns klar, wenn wir vom<br />

Gegenteil her denken.<br />

„Mit dem setz ich mich nicht mehr an einen Tisch“ – jede und jeder weiß, was dieser Satz<br />

ausdrückt. „Mit dem setz ich mich nicht mehr an einen Tisch“ heißt: Uns verbindet nichts mehr, wir<br />

sind geschiedene Leute, zwischen uns ist es aus, zwischen uns ist „das Tischtuch zerschnitten“.<br />

Miteinander am Tisch sitzen und essen, das ist mehr als ein Zeichen. Es ist ja schon etwas völlig<br />

anderes, jemanden zu einem Glas Wein und ein paar Erdnüssen einzuladen … oder an den Tisch zu<br />

einem gemeinsamen Essen.<br />

Für Miteinander und Gemeinschaft in der Familie, in der Verwandtschaft, auch unter Freunden ist<br />

der Tisch das Zentrum – bei Festen und <strong>im</strong> Alltag. Und nicht zufällig sagt der Volksmund über die<br />

Ehe, als eine besonders int<strong>im</strong>e Weise des Zusammenlebens und Miteinanders: „Tisch und Bett<br />

teilen“.<br />

Am „Tisch des Herrn“ zusammenkommen heißt: Antworten auf die Einladung Gottes. Und dann:<br />

Eine enge Gemeinschaft mit Gott eingehen und erleben. – Ich kann ich es nicht knapper und<br />

treffender beschreiben als mit dem Abendgebet eines 4-jähriges Mädchens: „Lieber Gott heirate<br />

1


mich, dass ich in den H<strong>im</strong>mel komme!“ (Ich habe dieses Gebet schon öfter zitiert – und eine<br />

treffendere Formulierung ist mir bisher nicht eingefallen und ist mir auch nirgendwo begegnet).<br />

Dieses Gebet bringt zum Ausdruck: In einem innigen Miteinander mit Gott finde ich, was ich mir<br />

selber nicht geben kann. Darum kommen wir zum „Tisch des Herrn“. Und kommen damit in die<br />

Nähe und in die Gegenwart Gottes, den wir mit unserem Denken eben nie ganz erfassen und<br />

begreifen, den wir nie ganz „in den Griff“ bekommen mit der begrenzten Macht unserer Vernunft<br />

und unserer Gefühle.<br />

So kommen wir zum „Tisch des Herrn“ … - Warum das wichtig ist und warum wir auch nach 2000<br />

Jahren davon reden und Abendmahl feiern, das spüren wir be<strong>im</strong> Nachdenken über unser Leben –<br />

wenn wir in letzter Tiefe darüber nachdenken, und das heißt, wenn wir eben auch unsere Grenzen<br />

mit in den Blick nehmen: Die Grenzen unserer Möglichkeiten und die Grenzen unserer Zeit.<br />

Ich begleite <strong>im</strong>mer wieder Menschen, die – durch eine Krankheit oder durch ihr Alter oder beides<br />

– diesen Grenzen des Lebens unvermeidlich konfrontiert sind. In solchen, tiefgehenden<br />

Erfahrungen zeigt sich, was eine jüngere Frau, Esther Maria Magnis in ihrem Buch „Gott braucht<br />

dich nicht“ beschrieben hat: Wenn wir Gott ganz in unsere Welt, in unser Denken herein holen,<br />

wenn wir ihm einen Platz zuweisen in unserem Leben, den wir für angemessen halten, wenn wir<br />

Gott heraus holen wollen aus seinem Gehe<strong>im</strong>nis, das ihn <strong>im</strong>mer auch umgibt – dann verlieren wir<br />

Gott: Ein unseren Vorstellungen ganz und gar entsprechender Gott ist ein banaler, nichtssagender<br />

Gott: Er taugt nicht für das Ringen mit dem Tod. – Und ein Glaube, der da nichtssagend bleibt, der<br />

wird uns auch <strong>im</strong> Alltag nicht berühren.<br />

Am „Tisch des Herrn“ begegnen wir Gott. Wir begegnen dem Gott, der unser Leben auch dort teilt,<br />

wo es schwer wird. Esther Magnis schreibt in der Erinnerung daran, dass sie ihren krebskranken<br />

jüngeren Bruder leiden sieht: Hätte Gott nicht auch selber gelitten, „ich hätte nicht mehr mit ihm<br />

sprechen können. Ich hätte vielleicht weiter höflich an ihn geglaubt. Aber ich hätte auch gedacht:<br />

‚Komm erst einmal runter aus deinem H<strong>im</strong>mel. Leide erst mal, bevor du von uns den Glauben<br />

verlangst‘ – jetzt konnte ich das nicht mehr sagen“ (S. 231).<br />

Im Abendmahl vergegenwärtigen wir uns die innige Gemeinschaft mit unserem Gott, die nicht<br />

einmal der Tod kaputt machen kann.<br />

Dass Gott uns an seinen „Tisch“ einlädt, das bedeutet dann, was eine Einladung bei uns bedeutet:<br />

Wir setzen uns an einen Tisch und überwinden alles Trennende. Was uns von Gott trennt, das,<br />

womit wir uns von Gott getrennt haben, das soll aufgehoben sein. „Vergebung“ ist das alte<br />

Stichwort.<br />

Und klar ist auch: Denjenigen, die dann gemeinsam am Tisch sitzen, weil sie sich einladen lassen,<br />

denen - uns - wird ein neues Miteinander geschenkt: Indem sie sich an diesen Tisch setzen,<br />

vergeben sie einander, was sie vorher voneinander getrennt und gegen einander aufgebracht hat.<br />

Das gilt heute auch für uns hier: Für Eltern und Kinder, die wir einander vieles schuldig bleiben <strong>im</strong><br />

Lauf der Jahre. Es gilt für uns Pfarrer und für euch Konfis, die wir uns <strong>im</strong>mer wieder auch<br />

gegenseitig geärgert und uns über einander aufgeregt haben. Am „Tisch des Herrn“ vergeben wir<br />

einander, es soll nichts <strong>zur</strong>ück bleiben. Wir sind alle gemeinsam Gäste am Tisch des einen<br />

Gastgebers, der uns alle ann<strong>im</strong>mt.<br />

2


Das Abendmahl steht dafür, dass wir <strong>im</strong>mer wieder <strong>zur</strong>ückkehren an den „Tisch“ Gottes. So, wie<br />

wir <strong>im</strong>mer wieder nach Hause kommen …<br />

Dazu können wir uns nicht selber einladen. Das können wir höchstens annehmen, darauf können<br />

wir vertrauen - eben: Glauben!<br />

Wenn wir <strong>im</strong> Vertrauen auf Gottes Gegenwart das Brot essen, den Traubensaft oder den Wein<br />

schmecken, sind wir Teil der Geschichte Gottes, sind wir Teil dessen, was in der Bibel „Leib Christi“<br />

genannt wird, sind wir ganz bei Gott und er in uns, sind Teil des Gehe<strong>im</strong>nisses Gottes. Näher<br />

kommt Gott uns nicht oft in dieser Welt.<br />

Aber <strong>im</strong> Abendmahl ist er genau dort, wo wir sind, wenn wir dort sind, wohin er uns einlädt. Das<br />

macht das Abendmahl zu etwas Großem und Tiefem.<br />

Deswegen erinnern wir uns daran: Nicht, weil es damals „die geilste Party“ war. Sondern weil die<br />

Gegenwart Gottes unserem Leben einen ganz neuen, größeren Horizont eröffnet – weit über<br />

unseren beschränkten Horizont hinaus.<br />

Das ist ein Gehe<strong>im</strong>nis. Ich weiß, dass uns das heraus fordert. Aber auch, wenn wir es blöd finden,<br />

dass es <strong>im</strong> Letzten ein Gehe<strong>im</strong>nis ist: Es bleibt dennoch eines.<br />

Wir können es glauben - oder lassen es bleiben. „Es glauben“ heißt: Ich lasse mich darauf ein, lebe<br />

einmal konsequent so, als ob es wahr wäre: Nur wer das versucht, wird merken, ob es tatsächlich<br />

wahr ist.<br />

Amen.<br />

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