Im namen des pfarrers - Gesundheitsreise.de

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AUS DER REIHE PTA VOR ORT
[ von Bettina Hagen ]
Im namen
des pfarrers
Seit über 100 Jahren wird sie im rheinland-pfälzischen Bad Sobernheim praktiziert:
die Heilerde-Therapie nach Pfarrer Felke. Zwischenzeitlich in Vergessenheit
geraten, erlebt ihr ganzheitlicher Ansatz derzeit eine Renaissance. „Gesundheit
muss gelebt werden!“ war das Credo des Geistlichen, das heute vor allem Menschen
mit chronischen Erkrankungen und Erschöpfungszuständen anspricht.
in skurriles Bild bietet sich dem Betrachter, wenn er den
Freiluft Spa-Bereich des Vier-Sterne-Hotels BollAnt’s
im Park betritt. In unmittelbarer Nähe zum Naheufer sind
dort in zwei Reihen längliche Erdlöcher ausgegraben, die an
den Seiten mit Holzrahmen gestützt werden und aussehen wie
offene Gräber. Jedes ist 1,30 Meter lang, 30 Zentimeter tief
und gefüllt mit schlammiger Bad Sobernheimer Heilerde, die
unweit der Hotelanlage abgebaut wird. Nackt sitzen die Gäste
darin und wirken dabei recht lebendig. Ein Namensschild am
Kopfende zeigt, für wen welches Bad ausgehoben wurde. Säuberlich
nach Geschlechtern getrennt. Das immer gleiche Bild,
seit mehr als 100 Jahren. An diesem Ort entwickelte Pfarrer
Felke (1856 bis 1926) seine Naturtherapie und setzte dabei auf
die Elemente Licht und Luft, Wasser und Erde.
Spa-Leiterin Nicole Prass-Anton ist überzeugte Anhängerin
der Methode. Wann immer es ihre knappe Zeit zulässt, nimmt
sie selbst ein Bad in der Heilerde oder zeigt ihren Gästen, wie
sie sich in den Lehm eingraben, ihn mit Händen und Beinen
durchkneten und wieder abspülen. Über die Erfolge der kühlen
Anwendung staunt auch sie und erzählt, dass Patienten,
die wegen chronischer Arthritis ihre Hände und Finger kaum
bewegen konnten, nach geraumer Zeit wieder in der Lage
waren, selbstständig mit Messer und Gabel zu essen.
Therapie mit Tradition
Therapien mit Heilerde gibt es bereits seit der Antike. Alle alten
Kulturen, Chinesen, Inder, Ägypter und Griechen, setzten
sie ein. In Ägypten nutze man Nilschlamm für die Behandlung
von Hautkrankheiten. Zu Zeiten Homers (circa 9. Jahrhundert
vor Christus) wurden Erden als Mittel gegen Gifte eingesetzt.
Hippokrates, der berühmte Arzt des Altertums (um 460 vor
Christus), empfahl ihre äußerliche Anwendung zur Abkühlung,
die innerliche zur Reinigung.
Die naturheilkundliche Bewegung des 19. Jahrhunderts entdeckte
diese Form der Therapie neu. Vor allem medizinische
Laien griffen den Gedanken der heilenden Erden auf und
wandten sie an. Wie Sebastian Kneipp, der überwiegend mit
Wassergüssen arbeitete, doch Lehm zur Behandlung von
Hautausschlägen und Wunden nutzte. Der große Durchbruch
aber gelang Adolf Just. 1896 gründete er im Harz die Naturheilanstalt
„Jungborn“ und verpflichtete sich der ganzheitlichgesunden
Lebensweise im Sinne der Natur. Er fand heraus,
dass sich Lösslehm, dank seines großen Sorptionsvermögens,
der vielen Mineralien und Spurenelemente wie Eisen, Kalzium,
Magnesium, Zink und Selen, ideal für die Behandlung
von Diarrhöen und säurebedingten Magenbeschwerden eignete.
Seine enorme Saugkraft versetze den Lehm in die Lage,
© BollAnt‘s im Park
20 > DAS PTA MAGAZIN -- 0 9 / 2 0 1 0 -- Heft 09

Hauptbestandteile der Luvos Heilerde
Element
Konzentration
Sauerstoff 41,8 %
Silizium 28,2 %
Calcium 8,5 %
Aluminium 4,5 %
Eisen 1,6 %
Kalium 1,4 %
Magnesium 0,9 %
Natrium 0,8 %
Titan 0,3 %
Phosphor 0,1 %
Quelle: Luvos
Giftstoffe, Stoffwechselprodukte, schädliche Darmbakterien
und überschüssige Magen- und Gallensäure zu binden, so seine
Erkenntnis. 1918 gründete er im Harzer Blankenburg die
Heilerde-Gesellschaft und brachte seine Entdeckung unter
dem Namen „Adolf Justs Luvos-Heilerde“ erfolgreich in den
Vertrieb.
Sein Schüler, Pfarrer Emanuel Felke, griff den Ansatz auf und
erweiterte ihn. Als Vertreter der Naturheilkunde setzte er in
seiner Therapie auf Augendiagnostik, Homöopathie, Heilerde,
Ernährung und Bewegung. Als Lehmpastor wurde Felke
bekannt. Doch anders als Just nutzte er das Naturprodukt
vorwiegend in der äußeren Anwendung. „Man muss den Menschen
in die Erde hineinsetzen, aus der er geschaffen wurde“,
postulierte er und empfahl: „Schlaft viel auf der Erde, dann
müsst ihr nicht so schnell unter die Erde“.
relikt aus der Eiszeit
Heilerde, wie es sie heute in Apotheken zu kaufen gibt, besteht
aus Gesteinsstaub (Löss), der während der Eiszeiten entstand,
als sich große Gletschermassen über Gesteinsflächen schoben.
Felke sah, dass sich Löss gut mit Wasser verbindet und dank seiner
Eigenschaften auch an senkrechten und gewölbten Stellen des
Körpers fest haftete. Er erfand das Lehmschlammbad im Freien,
mit dem er die für ihn wichtigen Elemente Licht und Luft, Wasser
und Erde ideal verband. Zudem stellte er fest, dass sich das Bad
im kühlen Lehm besonders vorteilhaft auf entzündete Gelenke
auswirkte. Auch Abszesse und andere Erkrankungen der Haut
reagierten positiv. Die Bewegung im Lehmbad, das Stampfen mit
den Füßen und das Kneten mit den Händen taten ihr Übriges.
Der wechselseitige Druck und Sog, der im zähen Lehm entstand,
trainierte die Muskulatur, regte den Lymphfluss an und half bei
Krampfadern und Durchblutungsstörungen.
In Bad Sobernheim setzt man noch immer auf diese Wirkung.
Axel Bolland ist Arzt und Naturheilkundler und arbeitet nach
den Methoden des Pfarrers. „Die Therapie eignet sich bei
vielen Erkrankungen“, sagt er, „von Allergien über Stoffwechselstörungen,
Bronchitis, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis
hin zu Venenbeschwerden und Rheuma“. Auch verschiedene
Unterleibsleiden bei Frauen könne man gut mit Lehmanwendungen
lindern. Heute kommt die Lehmbehandlung in vielen
Als Lehmpastor ging Pastor Felke in die Geschichte der Naturheiltherapie
ein. Er gilt als Begründer der Komplexmittelhomöopathie
und hat sich intensiv mit Augendiagnostik beschäftigt.
Schmelzwasser spülte die kleinen Teilchen in Flüsse und Täler,
wo sie als Sedimente mit der Strömung und vom Wind weiter
verteilt wurden und sich in verschiedenen Regionen ablagerten.
In Bad Sobernheim wird der Löss in einem Seitental der
Nahe abgegraben. Seit 30 Millionen Jahren liegt er dort, in
einer dicken Schicht von etwa sechs Metern.
Varianten zum Einsatz, ganz nach den Bedürfnissen oder Beschwerden
des Gastes. Heiße Packungen, Wickel oder warme
Lehmbäder werden bei Rückenbeschwerden und Arthrose
angewendet. Und auch der Besuch im heißen Dampfbad, bei
dem man sich von Kopf- bis Fuß mit Lehm einreibt, verspricht
Linderung und Entspannung.
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Gut geerdet
Oberhalb des Hotels ist noch eine der Lufthütten zu sehen,
in der zu Zeiten Felkes die Patienten übernachteten. Ein einfacher
Bau, ohne Fenster und Türen, um ausreichend mit
Sauer stoff versorgt zu sein. Geschlafen wurde entweder direkt
auf der Erde oder auf Strohmatten. Felke verstand dies als Mittel
der Abhärtung, das wetterfest mache und die Nerven stärke.
Derzeit werden direkt daneben kleine Luxus-Lodges gebaut,
die von der damaligen Askese nichts mehr spüren lassen. Aber
auch in den anderen Gebäuden der Jugendstilanlage sind keine
Strohmatten mehr zu finden, dafür ein großzügig angelegter
Wellnessbereich mit asiatisch inspirierten Ruheräumen.
Ausleitung und Ordnung waren für Felke wichtige Prinzipien
seiner Kur. Mit einer strengen Diät wollte er eine Entgiftung
des Körpers erreichen und verabreichte viel Gemüse, Grünkern,
Kartoffeln und Obst. Fleisch und Fisch gab es kaum.
Auch heute spielt im Hotel Ernährung eine große Rolle. In
einem der hauseigenen Restaurants wird vegetarisch und mit
Produkten aus der Region gekocht. Wer möchte, kann glutenfrei
oder ganz ohne Tiereiweiß essen. Axel Bolland sieht in der
Ernährung einen Schlüssel zur Gesundheit und empfiehlt das
Heilfasten. „Viele Beschwerden lösen sich innerhalb weniger
Tage geradezu in Luft auf“, sagt der Mediziner, „ein sicheres
Indiz dafür, wie häufig Krankheiten ernährungsbedingt sind“.
Mit Disziplin
Der Tag fängt früh an in
Bad Sobernheim – ganz in
der Tradition Felkes mit
einem Sitzreibebad. Kurz
vor halb acht sieht man
die ersten Gäste im Bademantel
durch den Park
in Richtung Fluss flitzen.
Dort hat Nicole Prass-
Anton bereits grüne Badewannen
zu einem Drittel
mit kaltem Wasser gefüllt. „Es geht los“, ruft sie ermutigend,
und die Gäste entledigen sich ihrer spärlichen Bekleidung,
steigen in die Wanne und beginnen, schnell auf der Stelle zu
treten. So lange bis Leiste, Bauch und Arme nass gespritzt
sind. Dann wird sich in die Wanne gesetzt, werden die Beine
aufgestellt und wird mit schnellen Bewegungen das Wasser
zwischen den Knien gegen den Körper zum Bauch hoch geschöpft
und vom Bauch wieder nach unten abgerieben. Zum
Schluss geht es kurz mit dem Rücken ins kalte Wasser. Das
Ganze dauert zwei Minuten, die nur beim ersten Mal zu gefühlten
zwei Stunden werden. „Jetzt raus und abklatschen“,
lautet die nächste Anweisung, und die Gäste fangen an, entlang
der Meridiane erst Beine und Arme, dann den Bauch trocken
© BollAnt‘s im Park
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Kontakt:
BollAnt’s im Park – Romantik Hotel & Vital Spa
Felkestraße 100
55566 Bad Sobernheim
Tel.: 06751.93 39-0
Fax: 06751.93 39-269
Email: info@bollants.de
www.bollants.de
zu klatschen. Ein Nachbar übernimmt den Rücken, bevor es
mit eiligen Schritten in ein angenehm warmes Spa-Becken
zur Aquagymnastik geht. „Auf einen Kältereiz muss immer
Wärme folgen“, erklärt die Physiotherapeutin. Nur durch die
Abwechslung werde langfristig das Immunsystem gestärkt. Sie
selbst konnte mit den morgendlichen Bädern ihre chronische
Blasenentzündung kurieren.
„Das Bad ist ein aktives Training für Lymphgefäße, Venen und
Arterien“, erklärt Mediziner Bolland, „es verbessert die Elastizität
der Gefäße und wirkt sich positiv auf den Blutdruck aus“. Außerdem
würden durch den Adrenalinausstoß die Bronchien erweitert,
was besonders Asthmatiker als angenehm empfänden. Das
Trockenklatschen wirke ähnlich wie eine Akupressur und verbessere
die Hautdurchblutung und den Stoffwechsel. Ein schöner
Nebeneffekt: Auch Morgenmuffel werden dadurch hellwach.
Zu Zeiten Felkes war der Tagesablauf der Kur streng strukturiert.
Frühes Aufstehen, zwei Lehmbäder pro Tag, dazu ausreichend
Bewegung an der frischen Luft, dazwischen immer
wieder Ruhepausen. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts vertrat
er die Auffassung, dass die Ursache vieler Erkrankungen im
Lebensstil der zivilisierten Welt liege. Der Mensch müsse sich
regelmäßig von den alltäglichen Umweltbelastungen befreien
und die Selbstheilungskräfte durch eine geordnete Lebensweise
stärken. Das klingt modern und zeigt, dass der Geistliche
seiner Zeit weit voraus war.
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