Lesen - Golf Dornseif
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Jungmädchenbrief aus Südwest 1914<br />
Keetmanshoop, am 1. Februar 1914 --- Ich bin am 26. Juli 1913 gesund und munter in<br />
Keetmanshoop angekommen, froh darüber, dass das Land einen viel besseren Eindruck<br />
auf mich machte als erst angenommen. Gleich am 5. August mußte ich nach Warmbad<br />
reisen. Erst ging es mit der Bahn bis Kalkfontein, Ankunft abends um halb zehn. Dann stieg<br />
ich auf eine Maultierkarre in stockfinsterer Nacht mit zwei Eingeborenen, und wir fuhren bis<br />
Dreikuk zum Übernachten. Am folgenden Morgen mussten nochmals 50 Kilometer<br />
geschafft werden durch Sand und Klippen, Ankunft so gegen elf Uhr ...<br />
Zweimal bin ich in Warmbad gewesen, aber im März will ich auf eine Farm bei Windhuk<br />
wechseln, eine richtige Musterfarm mit Auszeichnungen! Die Frau des Farmers geht für ein<br />
halbes Jahr nach Deutschland, und ich soll ihre Vertretung übernehmen. Eine Stellung in<br />
der Stadt und im Haushalt kann man hier leicht finden. Es werden 60 bis 70 Mark bezahlt<br />
im Monat, im Hotel und in einer Messe ist der Lohn doppelt so hoch. Allerdings wird viel<br />
verlangt mit großen Anstrengungen Tag für Tag. Die Farmer zahlen 60 bis 70 Mark,<br />
manchmal auch 80 Mark für ein Mädchen. Wer die Einsamkeit der Natur liebt wie ich, dem<br />
gefällt es auf der Farm am besten ...<br />
Der Kolonialfrauenbund hat zu Weihnachten an uns Mädchen sehr lieb gedacht. 17 waren<br />
beisammen zur Feier vor dem dekorierten Kameldornbusch, und der Pfarrer hat eine<br />
Blitzlicht-Fotografie der Gruppe gemacht. In Keetmanshoop lebt man fast wie in der alten<br />
Heimat: Morgens frische Brötchen, frische Milch, frisches Obst und Gemüse, gutes<br />
Bratenfleisch in der Küche. Es gibt auch immer frische Butter, denn in Warmbad hatte man<br />
nur Konserven mit Butter zur Hand ...<br />
Die Damen vom Kolonialfrauenbund trafen sich 1914 in Münster zum letzten Mal vor<br />
Kriegsausbruch zur Jahreshauptversammlung in fröhlicher Runde. Adel, Offizierskorps und<br />
Grossbürgertum dominierten mit großen Erwartungen für die Zukunft der Schutzgebiete in Afrika<br />
und Ozeanien.