Prävention Relaxation Information Evaluation
Prävention Relaxation Information Evaluation
Prävention Relaxation Information Evaluation
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
PräRIE-Projektdokumentation<br />
<strong>Prävention</strong><br />
<strong>Relaxation</strong><br />
<strong>Information</strong><br />
<strong>Evaluation</strong><br />
PräRIE<br />
<strong>Prävention</strong> <strong>Relaxation</strong> Intervention <strong>Evaluation</strong>
PräRIE-Projektdokumentation<br />
<strong>Prävention</strong><br />
<strong>Relaxation</strong><br />
<strong>Information</strong><br />
<strong>Evaluation</strong><br />
Das Freiburger Modellprojekt zur Etablierung<br />
einer Kommunalen Alkoholpolitik<br />
2009-2010
Inhalt<br />
1 . Einführung 6<br />
1.1. Ausgangslage und Hintergrund 7<br />
1.2. Das PräRIE-Konzept 8<br />
1.3. Umsetzung 10<br />
1.4. Beteiligte im PräRIE-Projekt 12<br />
2. Intervention 14<br />
2.1. Aufsuchende Suchthilfe im Polizeirevier Freiburg Nord 14<br />
2.2. Aufsuchende Suchtberatung in Kliniken 15<br />
2.2.1. Aufsuchende Suchtberatung<br />
bei riskant konsumierenden Jugendlichen im Krankenhaus 15<br />
2.3.1. „klick it“ – Risikocheck-Gruppe für Jugendliche 18<br />
2.2.2. Aufsuchende Suchtberatung bei jungen Erwachsenen in<br />
der Unfallchirurgie (Universitätsklinikum Freiburg) 17<br />
2.3.2. „Was geht?!<br />
Alkohol – reflect and train“ - Risiko-Check für junge Erwachsene 20<br />
3. <strong>Relaxation</strong> 22<br />
3.1. Suchtberatung am Stehtisch 23<br />
3.2. Gewinnung, Ausbildung und Einsatz von Peer-BeraterInnen 25<br />
3.3. <strong>Prävention</strong>sEvent und AlkoholfreiParty 28<br />
4. <strong>Information</strong>, Fachtage und Öffentlichkeitsarbeit 32<br />
4.1. Fachtagungen 32<br />
4.2. Öffentlichkeitsarbeit 34
5. Alkoholpolitik 38<br />
5.1. Stadtteilarbeit und Runde Tische 38<br />
5.2. „Festbegleiter“ St. Georgen und „Nachtwanderer“ Hochdorf 41<br />
5.3. Festkultur und Wirtekodex 44<br />
6. Beteiligungsprojekte 46<br />
6.1 Internet-Auftritt „Bermuda-Stories“ und interaktives Spiel „Blackout“ 46<br />
6.2 „PräRIE-Bar“ und 48<br />
7. Fazit 54<br />
7.1 Meta-Projektziele 54<br />
7.2 Konkrete Projektziele der Teilprojekte PräRIE II 58<br />
7.3 Fazit des Projektteams 60<br />
8. Anhang 64<br />
8.1 Freiburger StreetTalk 2010 64<br />
8.2 „Vorglühen“ – eine qualitative Untersuchung 70<br />
9. Die aktiven Mitwirkenden im PräRIE-Projekt 72<br />
Impressum 73
1 . Einführung<br />
von Karin-Anne Böttcher<br />
Das <strong>Prävention</strong>sprogramm PräRIE wurde 2008 vom Arbeitskreis Suchthilfe<br />
Freiburg als Gesamtkonzept zur Sucht- und Gewaltprävention für die Zielgruppe<br />
der Heranwachsenden und jungen Erwachsenen mit riskantem Alkoholkonsum<br />
entwickelt und als „sozialarbeiterische Begleitmaßnahme“ im Gefolge des<br />
Alkoholverbotes in der Freiburger Innenstadt umgesetzt. Durch die Einrichtung<br />
einer städtischen Koordinationsstelle im Sozial- und Jugendamt wurde mit PräRIE<br />
erstmals ein Projekt von freien Trägern und Stadtverwaltung gemeinsam erarbeitet<br />
und in intensiver Zusammenarbeit realisiert. Von Anfang an hat sich PräRIE das Ziel<br />
einer gesamtstädtischen „Kommunalen Alkoholpolitik“ gesetzt und dazu ein breites<br />
„Maßnahmenbündel“ entwickelt. So entstand ein zehn Teilprojekte umfassendes<br />
Programm, das einerseits eine „Verhaltens-<strong>Prävention</strong>“ bei der Risiko-Zielgruppe im<br />
Blick hat, andererseits im Sinne einer „Verhältnis-<strong>Prävention</strong>“ auf Politik und Verwaltung<br />
einwirken will.<br />
Das „Bermuda-Dreieck“<br />
zwischen Martinstor und<br />
Universität entwickelte<br />
sich in den vergangenen<br />
Jahrzehnten zur beliebten<br />
Partymeile und Anziehungspunkt<br />
für NachtschwärmerInnen<br />
– mit<br />
unangenehmen Folgen.
1.1. Ausgangslage und Hintergrund<br />
Freiburgs Innenstadt entwickelte sich in den vergangenen<br />
Jahrzehnten zunehmend zur „Disko- und<br />
Partymeile“, insbesondere im Bereich des sogenannten<br />
„Bermuda-Dreiecks“ zwischen Martinstor und<br />
Universität, wo sich verschiedene Diskotheken und<br />
weitere Betriebe der Nachtgastronomie auf engem<br />
Raum angesiedelt haben. Als Begleiterscheinung<br />
dieser Attraktivität bei den NachtschwärmerInnen<br />
nahmen die unschönen Folgen von übermäßigem<br />
Alkoholkonsum wie Vandalismus und Ruhestörung<br />
zu, außerdem erreichten die Körperverletzungsdelikte<br />
in Freiburg in den Jahren 2005 und 2006 einen<br />
Höchststand.<br />
Alkoholmissbrauch und Gewalt in der<br />
Freiburger Innenstadt<br />
Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigte deutlich, dass<br />
der örtliche Schwerpunkt der begangenen Körperverletzungen<br />
die Freiburger Altstadt war. 2006 fand<br />
mehr als die Hälfte aller Gewalttaten im Stadtgebiet<br />
in der Innenstadt statt. Laut Kriminalstatistik 2009<br />
wurde jede dritte Gewalt-Straftat in Freiburg in der<br />
Altstadt begangen (die nur 0,8 % der Gesamtfläche<br />
des Stadtgebietes ausmacht).<br />
Dabei konzentrierten sich die Straftaten auf einen<br />
eng umgrenzten Bereich: 47,9 % aller Gewaltdelikte<br />
in der Altstadt geschahen im sogenannten „Bermudadreieck“<br />
(0,06 % Flächenanteil). 58,8 % der<br />
Gewaltdelinquenz fand am Wochenende statt; im<br />
Bereich der Altstadt sogar zu 70,5 %. Dabei liegt der<br />
Höhepunkt in der Zeit zwischen 23 Uhr und 5 Uhr<br />
morgens. 57,7 % der Tatverdächtigen in der Altstadt<br />
standen 2009 unter Alkoholeinfluss (im restlichen<br />
Stadtgebiet nur 33,3 % der Tatverdächtigen).<br />
Die Polizei reagierte 2007 auf die Zunahme der Gewalttaten<br />
mit massiver Präsenz an Schwerpunktwochenenden<br />
durch den Einsatz der sogenannten<br />
„GewaCity“-Gruppe. Die Zahl der registrierten Gewalttaten<br />
in der Innenstadt nahm jedoch weiter zu:<br />
2008 erhöhte sich der Anteil der innerstädtischen<br />
Gewalttaten auf 54 Prozent und 2009 auf fast 58<br />
Prozent. Diese Zunahme erklärt sich auch durch die<br />
Tatsache, dass durch die verstärkte Polizeipräsenz<br />
mehr Vorfälle in der Innenstadt zur Anzeige kamen.<br />
Ansteigende Fallzahlen gibt es auch im Bereich der<br />
gefährlichen und schweren Körperverletzungen,<br />
wobei der Bereich der Unter-21jährigen deutlich<br />
überrepräsentiert ist, auch bei den Opfern (37,2 %).<br />
Am 20.11.2007 beschloss der Freiburger Gemeinderat<br />
mit der „Polizeiverordnung zur Begrenzung des<br />
Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum“ ein<br />
innerstädtisches Alkoholverbot; zugleich legte der<br />
Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg (AKSF) Konzepte für<br />
Begleitmaßnahmen vor. Schließlich wurde die Verwaltung<br />
beauftragt, gemeinsam mit dem AKSF ein<br />
„umfassendes inhaltlich-fachliches Konzept für <strong>Prävention</strong>s-<br />
und Sofortmaßnahmen zur Begrenzung<br />
des Alkoholkonsums in der Innen- und in der Gesamtstadt“<br />
zu erarbeiten und umzusetzen.<br />
Die präventiven Angebote des „PräRIE“-Programmes<br />
wurden und werden von der Polizei explizit begrüßt<br />
und als wichtige Ergänzung der Polizeipräsenz gesehen:<br />
„Die Impulse zur Veränderung des Bewusstseins<br />
von jungen Menschen im Umgang mit Alkohol<br />
kann nur aus dem präventiven Bereich kommen. Die<br />
Maßnahmen in der Stadt sind diesbezüglich bei weitem<br />
noch nicht beim erforderlichen Maß angelangt,<br />
daher spricht sich die Polizei Freiburg ausdrücklich<br />
für den Ausbau der kommunalen Alkoholprävention<br />
aus.“ (Heiner Amann, Leiter der Polizeidirektion Freiburg)<br />
Die Polizei-Präsenz<br />
der Gewa-City-Gruppe<br />
an Schwerpunktwochenenden<br />
kann öffentliche<br />
Alkoholexzesse und Gewalt<br />
verhindern. Doch das<br />
allein reicht nicht.Schwerpunktwochenenden<br />
kann<br />
öffentliche Alkoholexzesse<br />
und Gewalt verhindern.<br />
Doch das allein reicht<br />
nicht.
1.2. Das PräRIE-Konzept<br />
PräRIE<br />
• ... ist ein GESAMTKONZEPT zur Etablierung einer KOMMUNALEN ALKOHOLPOLITIK<br />
mit einem umfassenden "Maßnahmen-Bündel".<br />
• ... hat das Ziel, Heranwachsende vor riskantem Alkoholkonsum zu schützen und<br />
einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu fördern.<br />
• ... will sensibilisieren und dabei Jugendliche und junge Erwachsene zur aktiven<br />
Mitarbeit einbeziehen. Nach der Devise "Engagement ist die beste <strong>Prävention</strong>"<br />
setzen wir auf Jugendbeteiligung und Kreativität.<br />
• ... ist der Weg zu einer "Kommunalen Alkoholpolitik" durch umfassende Vernetzung<br />
und die Entwicklung von Alternativen bzw. entsprechenden Rahmenbedingungen.<br />
Dabei kommt der Vorbildfunktion von Erwachsenen große Bedeutung<br />
zu.<br />
<br />
Das Gesamtkonzept mit dem Titel „PräRIE“ beinhaltet<br />
die Elemente: <strong>Prävention</strong> – <strong>Relaxation</strong> – Intervention/<strong>Information</strong><br />
– <strong>Evaluation</strong> und wurde vom Sozial-<br />
und Jugendamt gemeinsam mit dem Arbeitskreis<br />
Suchthilfe Freiburg (AKSF) unter aktiver Beteiligung<br />
von sechs Suchthilfe-Einrichtungen umgesetzt. Die<br />
ersten Teilprojekte wurden als „PräRIE I – Schwerpunkt<br />
Intervention“ bereits seit Herbst 2008 umgesetzt,<br />
zunächst vor allem eine „Aufsuchende Suchtberatung“<br />
in Kliniken und im Polizeigewahrsam.<br />
Bis zur Konzeption des PräRIE-Programmes war der<br />
seit 1975 bestehende Arbeitskreis Suchthilfe ein<br />
reines Austausch-Forum der lokalen Suchthilfe-<br />
Einrichtungen, nun wurden erstmals gemeinsame<br />
Projekte konzipiert und durchgeführt, die erheblich<br />
über die bisherige Arbeit der im AKSF zusammengeschlossenen<br />
Institutionen hinausreichten. Erste gemeinsame<br />
Aktion war die Veranstaltung eines Fachtages<br />
im März 2008 mit dem Titel „Aben(d)teuer<br />
Alkohol“, in dem das Phänomen riskanten Alkoholkonsums<br />
von Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
erstmals in Freiburg auf breiter Basis fachlich<br />
diskutiert wurde.<br />
Ziel des Freiburger PräRIE-Programmes ist die Etablierung<br />
einer Kommunalen Alkoholpolitik, die sich<br />
quer durch die städtische Verwaltung, durch alle<br />
Dezernate und durch alle Stadtteile zieht und die<br />
neue Grundhaltung zum Thema Umgang mit legalen<br />
Suchtmitteln in Freiburg umsetzt. Das PräRIE-<br />
Konzept geht deshalb weit über Einzelmaßnahmen<br />
wie die suchttherapeutische Intervention bei Betroffenen<br />
hinaus. Zum einen setzt PräRIE auf <strong>Prävention</strong><br />
durch <strong>Information</strong> und wählt dafür verschiedene,<br />
auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnittenen<br />
Kanäle. Zum anderen wurden unter dem Stichwort<br />
„<strong>Relaxation</strong>“ Teilprojekte konzipiert, die eine Entspannung<br />
der nächtlichen Situation im Freiburger<br />
Ausgeh-Viertel bewirken können.
Den Kern des Konzeptes bilden vier verschiedene<br />
Aufgabenbereiche:<br />
1. <strong>Relaxation</strong><br />
Entspannung der Situation in der Innenstadt<br />
durch Präsenz von Suchthilfe-Fachleuten<br />
und geschulten Ehrenamtlichen (PeerBeraterInnen);<br />
Entwicklung von alkoholfreien<br />
Alternativen sowie von Konzepten zur Begrenzung<br />
des Alkoholkonsums („Festkultur“/<br />
„Wirtekodex“)<br />
2. Intervention<br />
Aufsuchende Suchtberatung = PräRIE I *<br />
durch suchttherapeutische Kurzintervention<br />
und motivierende Befragung von Betroffenen<br />
in Kliniken und im Polizeigewahrsam sowie<br />
Gruppenangebote für riskant konsumierende<br />
Jugendliche und junge Erwachsene.<br />
3. <strong>Information</strong><br />
Allgemeine Sensibilisierung für das Thema<br />
„Riskanter Alkoholkonsum“ durch zielgruppengerechte<br />
Ansprache etwa bei der „Suchtberatung<br />
am Stehtisch“, aber auch Öffentlichkeitsarbeit<br />
für Multiplikatoren, z.B. Veranstaltung<br />
eines jährlichen Fachtages.<br />
4. Etablierung einer<br />
Kommunalen Alkoholpolitik<br />
durch den Aufbau einer vernetzenden Stadtteil-Arbeit,<br />
aber auch durch Mitarbeit in<br />
verschiedenen Gremien, Austausch mit der<br />
Nachtgastronomie (Dez. IV), sowie durch Vernetzung<br />
innerhalb der Verwaltung (etwa innerhalb<br />
der verschiedenen Sachgebiete des<br />
Sozial- und Jugendamtes oder mit dem Amt<br />
für öffentliche Ordnung)<br />
Die 10 Bausteine von PräRIE<br />
PräRIE I: Intervention*<br />
1. Neue Formen der aufsuchenden Suchtberatung:<br />
Mitarbeiter/innen von vier Freiburger Suchthilfe-Einrichtungen<br />
gehen an Schwerpunkt-Wochenenden<br />
in die Notaufnahmen von Freiburger Kliniken und<br />
suchen im Polizeirevier Nord Menschen in Polizeigewahrsam<br />
auf, die durch ihren hohen Alkoholkonsum<br />
auffällig geworden sind.<br />
2. Gruppen-Angebote „Risiko-Check“:<br />
Die Gruppen werden im Rahmen von PräRIE von<br />
bwlv, Drogenhilfe und FrauenZimmer angeboten.<br />
Hier kann man lernen, den eigenen Umgang mit<br />
Alkohol und das persönliche Risikoverhalten kritisch<br />
zu hinterfragen.<br />
* Der Bereich Intervention („PräRIE-Kontakt“) wird<br />
ausschließlich durch städtische Mittel finanziert,<br />
während alle weiteren Elemente zur Hälfte aus Landesmitteln<br />
im Rahmen der „Nachhaltigkeitskonferenz“<br />
gefördert werden.<br />
PräRIE II: Kommunale Alkoholpolitik<br />
1. Aufbau einer vernetzenden Stadtteil-Arbeit:<br />
„Kommunale Alkoholpolitik vor Ort“<br />
Dazu gehört die Anregung und Begleitung von Runden<br />
Tischen in ausgewählten Freiburger Ortschaften<br />
und Stadtteilen entsprechend dem Schweizer „Radix“-Konzept.<br />
Hier ist die Koordinationsstelle Kommunale<br />
Alkoholpolitik gemeinsam mit dem bwlv<br />
aktiv.<br />
2. Konzeption und Durchführung eines<br />
jährlichen Fachtages<br />
Themen der von der Drogenhilfe Freiburg im Auftrag<br />
des AKSF realisierten Veranstaltungen:<br />
„Abend(t)euer Alkohol“ (2008)<br />
„Gew/al/kohol“ (2009)<br />
„KulturGut – AlkoholPolitik“ (2010).<br />
3. Gewinnung und Schulung von jungen<br />
Ehrenamtlichen als „Peer-Berater/innen“<br />
2009/10 wurden unter der Federführung des Nachsorgeverbunds<br />
für Abhängige (AWO) mehr als 20<br />
junge Erwachsene als „Peer-Berater/innen“ ausgebildet.<br />
Sie sind an Schwerpunkt-Nächten in der Freiburger<br />
Innenstadt unterwegs, besonders im Bereich<br />
des „Bermuda-Dereicks“ (Freiburgs Diskothekenviertel)<br />
4. Innenstadtpräsenz von Suchthilfe-Fachleuten<br />
und „Peer-Berater/innen“<br />
Die Innenstadtpräsenz am Bertoldsbrunnen wirkt<br />
sich beruhigend auf die Atmosphäre im Freiburger<br />
Ausgehviertel aus („<strong>Relaxation</strong>“) und macht gleichzeitig<br />
mit der „Suchtberatung am Stehtisch“ konkrete<br />
Hilfe-Angebote. Hier arbeiten unter der Federführung<br />
der Regio-PSB der Evangelischen Stadtmission<br />
alle im AKSF aktiven Freiburger Suchthilfeeinrichtungen<br />
mit. Ein bis zweimal pro Monat gibt es<br />
das Angebot, meist freitags zwischen 21 und 24 Uhr,<br />
zentral am Bertoldsbrunnen in unmittelbarer Nähe<br />
zum „Bermuda-Dreieck“.
10<br />
5. Entwicklung von alkoholfreien Alternativ-Angeboten<br />
Zum Projekt gehört der Aufbau einer mobilen Saftund<br />
Cocktailbar für Stadtteil- und Weinfeste zum<br />
Ausleihen sowie die Entwicklung verschiedener alkoholfreier<br />
„PräRIE-Cocktails“. Netzwerkarbeit und<br />
ein intensiver Austausch mit Festveranstaltern und<br />
der Freiburger Innenstadt-Gastronomie gehört<br />
ebenfalls zum PräRIE-Projekt, beispielsweise mit<br />
Diskussionen über einen alkoholpolitischen „Wirte-<br />
Kodex“.<br />
6. Entwicklung von Beteiligungs-Projekten<br />
Hier werden junge Menschen als „Experten in eigener<br />
Sache“ einbezogen. Durchgeführt wurde etwa<br />
ein Medien-Projekt mit Studierenden der Freien<br />
1.3. Umsetzung<br />
Systemische Netzwerk-Arbeit ohne<br />
Doppelstrukturen<br />
Das PräRIE-Programm basiert auf Kooperation und<br />
Vernetzung nach dem Konzept einer „Kommunalen<br />
Alkoholpolitik“ im Schweizer „Radix“-Modell. Das<br />
<strong>Prävention</strong>sprojekt trat 2008 mit dem Ziel an, das<br />
Radix-Modell im Rahmen von PräRIE erstmals konsequent<br />
in einer Großstadt umzusetzen, wobei es<br />
auf die lokalen Verhältnisse adaptiert und erprobt<br />
werden musste. PräRIE war von Anfang an als Vernetzungs-Projekt<br />
angelegt: Das vielschichtige Programm<br />
verbindet öffentliche Verwaltung, Kommunalpolitik<br />
und Polizei, Einrichtungen der Suchthilfe<br />
und Institutionen des bürgerschaftlichen Engagements<br />
(Vereine, Interessenvertretungen, Initiativen),<br />
Gastronomie und Handel, Jugendeinrichtungen,<br />
Schulen und Hochschulen. Eine wissenschaftliche<br />
<strong>Evaluation</strong> sowie eine ausführliche Dokumentation<br />
gewährleisten die Übertragbarkeit der modellhaft<br />
von PräRIE entwickelten Ansätze.<br />
Das PräRIE-Projekt soll keine Doppelstrukturen erzeugen,<br />
sondern baut auf vorhandenen Strukturen<br />
auf. Es wurden sowohl bestehende Strukturen<br />
(Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg, gegründet 1975)<br />
einbezogen wie auch Verknüpfungen zwischen<br />
vorhandene Stellen neu geschaffen (z.B. ein ämterübergreifender<br />
Verbund aller innerhalb der Stadtverwaltung<br />
mit dem Thema beschäftigten Stellen über<br />
die „Koordinationsstelle Alkoholpolitik“).<br />
Hochschule für Grafik Design & Bildende Kunst. Hier<br />
wurde ein zielgruppenspezifischer Internet-Auftritt<br />
realisiert sowie ein multimediales Stadtspiel („Blackout“).<br />
Auch die Entwicklung der alkoholfreien „Prä-<br />
RIE-Cocktails“ und eine begleitende Plakatkampagne<br />
waren Beteiligungsprojekte mit SchülerInnen am<br />
Berufsschulzentrum Bissierstraße.<br />
7. Öffentlichkeitsarbeit<br />
sowohl für die Zielgruppe der riskant konsumierenden<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen als<br />
auch für MultiplikatorInnen und Verantwortliche in<br />
Verwaltung und Kommunalpolitik.<br />
8. <strong>Evaluation</strong><br />
durch verschiedene externe Partner.<br />
Regionale Strukturen der Gesundheitsförderung<br />
wirken durch die fest im Arbeitskreis Suchthilfe<br />
verankerten regionalen Institutionen (Universitätsklinikum,<br />
Zentrum für Psychiatrie, Gesundheitsamt<br />
Breisgau-Hochschwarzwald) am PräRIE-Projekt mit.<br />
Der Kommunale Suchtbeauftragte hat in Freiburg<br />
ganz anders strukturierte Aufgaben (in erster Linie<br />
<strong>Prävention</strong>sprojekte im Bereich von Schulen und<br />
Kindergärten sowie betriebliche Suchtprävention).<br />
Das Kommunale Suchthilfenetzwerk wurde als<br />
Netzwerk-Struktur der Suchtkrankenhilfe aufgebaut<br />
mit dem Ziel, Betroffene schneller ans Hilfesystem<br />
heranzuführen – auch hier gibt es keine Kapazitäten<br />
für Projektarbeit. Deshalb musste zur Durchführung<br />
von PräRIE eine eigene Koordinationsstelle eingerichtet<br />
werden.<br />
Organisationsstruktur und Finanzierung<br />
Im Mai 2008 wurde beschlossen, eine Fachkraft<br />
beim Sozial- und Jugendamt einzustellen, um die<br />
Organisation, Vernetzung und Federführung der<br />
sozialarbeiterischen Begleitmaßnahmen durch die<br />
Stadt zu gewährleisten. Im September 2008 konnte<br />
eine 0,25 Stelle als „Koordinationsstelle Kommunale<br />
Alkoholpolitik“ in der Abteilung 2, Sachgebiet<br />
3 besetzt und die Arbeit innerhalb des Sozial- und<br />
Jugendamtes aufgenommen werden. 2009 wurde<br />
der Stellenumfang für die Koordinationsstelle auf 13<br />
Wochenstunden (0,33 Stelle) erweitert.<br />
Im Frühjahr 2009 wurde PräRIE als modellhaftes<br />
<strong>Prävention</strong>s-Projekt in die „Nachhaltigkeitsstrategie<br />
Baden-Württemberg“ aufgenommen und komplementär<br />
vom Land Baden-Württemberg mit 30.500<br />
Euro pro Jahr gefördert. Der bereits begonnene,<br />
klientenzentrierte Bereich „Intervention“ wurde als<br />
rein kommunal finanzierter Projektteil „PräRIE I“ mit
einem Budget von 19.500 Euro/Jahr abgespalten;<br />
für PräRIE II standen durch die Komplementärfinanzierung<br />
61.000 Euro/Jahr zur Verfügung. Insgesamt<br />
hatte das Projekt einschließlich der Personalmittel<br />
für die Koordinierungsstelle ein Budget von 80.500<br />
Euro pro Jahr.<br />
Aufgaben der Koordinationsstelle<br />
Kommunale Alkoholpolitik<br />
Die städtische Koordinationsstelle begleitet alle von<br />
„PräRIE-Projektteam“ angeregten Aktivitäten und<br />
übernimmt in Abstimmung mit dem Pressereferat<br />
die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kontaktpflege<br />
und den regelmäßigen Austausch mit den beteiligten<br />
AkteurInnen (etwa Polizei, städtische Ämter, Vereine,<br />
Gastronomie) und den Mitgliedern des AKSF.<br />
Die im PräRIE-Programm praktizierte intensive Kooperation<br />
zwischen den freien Trägern der Suchthilfe<br />
und dem Sozial- und Jugendamt der Stadt Freiburg<br />
war etwas völlig Neues.<br />
Kommunikation und Koordination sind die Kernaufgaben<br />
der „Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik“:<br />
Sie bringt die unterschiedlichen Akteure<br />
zusammen, regt einen kontinuierlichen Austausch<br />
an und entwickelt Ansätze zur Ansprache der relevanten<br />
Zielgruppen durch verschiedene Aktionen,<br />
Events, Wettbewerbe und eine breit angelegte Medien-Kampagne).<br />
Außerdem begleitet sie (im Sinne<br />
eines Projektmanagements) die Umsetzung der<br />
vom AKSF und weiteren runden Tischen beschlossenen<br />
Maßnahmen. Das zunächst auf 10, später auf<br />
13 Wochenstunden beschränkte Stundenbudget<br />
der Koordinationsstelle war allerdings angesichts<br />
der Vielzahl der Koordinierungs-Aufgaben nicht<br />
ausreichend, so dass verschiedene Aufgaben (insbesondere<br />
im Bereich Öffentlichkeits- und Projektarbeit)<br />
ausgelagert werden mussten.<br />
Die Aufgaben der Koordinationsstelle Kommunale<br />
Alkoholpolitik sind:<br />
• Koordination der sozialarbeiterischen Maßnahmen<br />
im Rahmen der Kommunalen Alkoholpolitik<br />
• Durchführung der monatlichen Besprechungen<br />
mit dem AKSF<br />
• Initiierung von Projekten und Aktionen zur Aktivierung<br />
und Sensibilisierung junger Menschen<br />
(Beteiligungsprojekte, Wettbewerbe, Events u.ä.)<br />
• Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen, Projektmanagement<br />
(Gesamtprojekt und einzelne<br />
Teilprojekte)<br />
• Vernetzung unterschiedlicher Akteure (verwaltungsintern<br />
und extern); Präsentationen und Kontakt-Gespräche<br />
• organisatorische Unterstützung bei Teilprojekten<br />
der freien Träger<br />
• Öffentlichkeits- und Pressearbeit in Abstimmung<br />
mit dem städtischen Pressereferat; Aufbau einer<br />
zielgruppengerechten Internet-Präsenz<br />
• Fertigung von Stellungnahmen und Vorlagen für<br />
Amtsleitung, Dezernate und gemeinderätlichen<br />
Gremien; Dokumentation<br />
• Einberufen von stadtteilbezogenen „Runden Tischen“<br />
in den Modell-Stadtteilen und Entwicklung<br />
von Maßnahmenplänen im Sinne eines „<strong>Prävention</strong>s-Paktes“<br />
Weiterentwicklung PräRIE III<br />
(kostenpflichtige Angebote)<br />
2010 aufgrund entsprechender Nachfrage zwei kostenpflichtige<br />
Angebote für kommerzielle Veranstalter<br />
entwickelt.<br />
1. Zusätzliches Angebot im Rahmen des Public<br />
Viewing während der Fußball-WM 2010<br />
Die Präsenz von Suchthilfe-Fachleuten beim Public<br />
Viewing im Eschholzpark wurde dem Veranstalter<br />
vom Amt für öffentliche Ordnung zur Auflage<br />
gemacht; als Zwischenlösung wurden die Einsätze<br />
über die Gestattungsgebühren finanziert.<br />
Insgesamt wurden hier bei 3 Einsätzen während der<br />
Deutschland-Spiele 16 Personen von 2 Fachkräften<br />
betreut. Von allen Beteiligten wurde der Einsatz trotz<br />
der geringen Fallzahlen als sehr erfolgreich bewertet.<br />
Die Kooperation mit der Polizei und dem DRK<br />
lief vorbildlich, die jeweilige Präsenz wurde von beiden<br />
Seiten als große Erleichterung empfunden.<br />
2. Zusätzliches Angebot auf Anfrage des ZMF<br />
(Juli 2010)<br />
Das Zeltmusik-Festival (ZMF) hat für eine Veranstaltung<br />
mit hoher Jugend-Beteiligung einen Einsatz<br />
der „Suchtberatung am Stehtisch“ gebucht, durchgeführt<br />
von 2 Suchthilfe-Fachleuten mit dem Equipement<br />
der Innenstadtpräsenz. Die Kosten des Angebots<br />
wurden vom ZMF komplett übernommen.<br />
Erreicht wurden hier durch zwei Honorarkräfte 75<br />
Personen.<br />
<strong>Evaluation</strong><br />
PräRIE I und II wurden sorgfältig evaluiert und dokumentiert.<br />
Teilbereiche wurden vom Universitätsklinikum<br />
Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und<br />
Psychotherapie übernommen (StreetTalk 2010 sowie<br />
Studien zum Thema „Vorglühen in Freiburg“ -<br />
quantitativ und qualitativ). Eine Zusammenfassung<br />
der Ergebnisse findet sich im Anhang der Projekt-<br />
Dokumentation.<br />
11
Die Gesamtevaluation und die Bewertung ausgewählter<br />
Teilprojekte wurde extern erarbeitet; beauftragt<br />
wurde das Sozialwissenschaftliche und<br />
Betriebswirtschaftliche Institut Esslingen (s. separate<br />
Veröffentlichung). Die beiden zur vertieften <strong>Evaluation</strong><br />
vorgesehenen Teilprojekte von PräRIE II wurden<br />
nach den Gesichtspunkten „Innovation“ und „Nachhaltigkeit“<br />
ausgewählt. Besonders beforscht wurden<br />
die Teilprojekte „Stadtteilarbeit - Kommunale Alkoholpolitik<br />
vor Ort“ und „Peer-BeraterInnen“, da es<br />
sich hier um Ansätze der <strong>Prävention</strong>sarbeit handelt,<br />
zu denen a) bislang wenig Erfahrungen und Wissensbestände<br />
vorliegen und die b) die Nachhaltigkeit<br />
des Ansatzes sichern.<br />
1.4. Beteiligte im PräRIE-Projekt:<br />
PräRIE ist ein Projekt in gemeinsame Trägerschaft<br />
von Stadt Freiburg i. Br. und sechs Einrichtungen des<br />
Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg (Psychosoziale Beratungsstellen),<br />
unterstützt vom Universitätsklinikum<br />
Freiburg.<br />
Projekträger/Ausführende:<br />
Sozial- und Jugendamt, Stadt Freiburg<br />
Karin-Anne Böttcher<br />
• Projektkoordination<br />
Suchtberatung Freiburg (AGJ)<br />
Thomas Hodel<br />
• Projektmittel-Verwaltung und Abrechnung<br />
• Aufsuchende Suchtberatung Unfallchirurgie<br />
Fachstelle Sucht Freiburg (bwlv)<br />
Klaus Limberger<br />
• Federführung <strong>Evaluation</strong><br />
• Fachliche Begleitung Stadtteil-Arbeit<br />
• Fachliche Begleitung Projekt Festkultur/Wirtekdex<br />
• Aufsuchende Suchtberatung Polizeirevier Nord<br />
• Risiko-Check für junge Erwachsene<br />
• Aufsuchende Suchtberatung Josefskrankenhaus/<br />
Kinderklinik St. Hedwig<br />
• Risiko-Check für minderjährige Jungen<br />
FrauenZimmer<br />
Suchtberatungsstelle für Frauen und Mädchen<br />
Bärbel Köhler und Christrun Oelke<br />
• Aufsuchende Suchtberatung Josefskrankenhaus/<br />
Kinderklinik St. Hedwig<br />
• Risiko-Check für minderjährige Mädchen<br />
Nachsorgeverbund für Abhängige (AWO)<br />
Christa Armbruster<br />
• Ausbildung und Betreuung der PeerBeraterInnen<br />
Regio-PSB Freiburg (Ev. Stadtmission)<br />
Willi Vötter<br />
• Organisation Suchtberatung am Stehtisch<br />
Universitätsklinikum Freiburg<br />
(Abteilung für Psychiatrie / Psychotherapie)<br />
Michael Berner, Sonja Wahl, Jeanette Röhrig,<br />
Christoph Keim<br />
• <strong>Evaluation</strong> PräRIE I<br />
• Auswertung Street-Talk (Umfragen 2008 und<br />
2010)<br />
12<br />
Drogenhilfe Freiburg (AWO)<br />
Jeanette Piram<br />
• Konzeption und Organisation Fachtag<br />
• Fachliche Begleitung Projekt Festkultur/Wirtekodex<br />
• Fachliche Begleitung Öffentlichkeitsarbeit
Erweitertes Netzwerk<br />
Beratende Institutionen; regelmäßiger fachlicher<br />
Austausch<br />
KontaktNetz<br />
Straßensozialarbeit, Stadt Freiburg (Marc Disch)<br />
Universitätsklinikum Freiburg<br />
Abteilung für Psychiatrie/Psychotherapie<br />
(Dr. Michael Berner, Sonja Wahl)<br />
Gesundheitsamt Freiburg<br />
Breisgau-Hochschwarzwald (Christoph Keim)<br />
Polizeidirektion Freiburg<br />
Bereich <strong>Prävention</strong> (Gerhard Beck, Meinrad Drumm)<br />
Polizeirevier Freiburg-Nord<br />
Revierleitung (Harry Hochuli)<br />
Kommunale Kriminalprävention<br />
Stadt Freiburg (Beate Hauser)<br />
Kommunaler Suchtbeauftragter<br />
Stadt Freiburg (Uwe Müller-Herzog)<br />
Sachgebiet Jugendeinrichtungen/Jugendförderung<br />
Stadt Freiburg (Tina Lederer, Elmar Weber: Jugendschutz)<br />
Jugendberufshilfe und Schulsozialarbeit<br />
Stadt Freiburg (Petra Kieffer)<br />
Jugendgerichtshilfe und Jugendstaatsanwaltschaft<br />
Amt für öffentliche Ordnung<br />
Stadt Freiburg (Walter Rubsamen, Veronika Sester,<br />
Angelika Müller)<br />
Deutscher Hotel- und Gaststätten-Verband<br />
(Alexander Hangleiter)<br />
Projekt-DienstleisterInnen<br />
Zusammenarbeit über den ganzen Projektzeitraum<br />
hinweg<br />
Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
der Stadt Freiburg mit Online-Redaktion<br />
(Edith Lamersdorf, Christof Heim)<br />
KonzeptBuero Freiburg<br />
(Projektentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit)<br />
C!H!F Freiburg<br />
Verlag – Publizistik – Unternehmenskommunikation<br />
(Chris Hug-Fleck)<br />
Sozialwissenschaftliches und Betriebswirtschaftliches<br />
Institut Esslingen SBI<br />
<strong>Evaluation</strong> (Marion Laging)<br />
Durchführende von Teilprojekten (punktuelle, zeitlich<br />
begrenzte Zusammenarbeit)<br />
• Freie Hochschule für Grafik Design & Bildende<br />
Kunst Freiburg (FHF) – Website bermuda-stories.<br />
de und Alternate Reality Game „blackout“<br />
• Mobile Berufsschulsozialarbeit (MOBS) und Berufsschulzentrum<br />
Bissierstraße (Edith-Stein-Schule,<br />
Gertrud-Luckner-Gewerbeschule): Projekt<br />
„Freiburg-Cocktail“<br />
• Einrichtungen der offenen Jugendarbeit (stadtteilbezogen,<br />
hier Kinder- und Jugendzentrum<br />
Weingarten, Mobile Jugendsozialarbeit Weingarten-Ost,<br />
Kinder- und Jugendhaus Hochdorf):<br />
Projekt „Alkoholfreie Party“<br />
• Freie Schule Kapriole: Projekt Saft- und Cocktailbar<br />
• Initiativkreis „St. Georgen schaut hin“; Bürgervereine<br />
St. Georgen und Weingarten: Stadtteilarbeit<br />
• Arbeitskreis Gewaltprävention Freiburg (im Koordinationsrat<br />
Kommunale Kriminalprävention):<br />
Fachtag 2009<br />
• Slowfood: Freiburg Fachtag 2010<br />
Partner-Einrichtungen<br />
• Universitätsklinikum Freiburg (Kinderklinik und<br />
Notaufnahme Chirurgie): PräRIE I Intervention<br />
• Josefskrankenhaus/Kinderklinik St. Hedwig:<br />
PräRIE I Intervention<br />
• Freiburger Hochschulen (Evangelische und Katholische<br />
Hochschule für Soziale Arbeit, Pädagogische<br />
Hochschule): Peer-Projekt<br />
• Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine:<br />
Festkultur; Stadtteilarbeit<br />
• Breisgauer Narrenzunft: Festkultur<br />
• Ortschaftsräte Kappel und Hochdorf:<br />
Stadtteilarbeit<br />
Fazit<br />
Die während der Projektlaufzeit 2009/10 angebahnten<br />
Vernetzungen werden weitergehende<br />
Kooperationen und Gemeinschaftsprojekte nach<br />
sich ziehen. Die im PräRIE-Projekt neu geschaffenen<br />
Vernetzungsstrukturen, insbesondere die Runden<br />
Tische, sollten darüber hinaus fest institutionalisiert<br />
werden, im Idealfall auch gesamtstädtisch oder mit<br />
einem eigenen Runden Tisch für die Freiburger Innenstadt<br />
(vergleichbar mit der „<strong>Prävention</strong>skommission“<br />
nach Schweizer Vorbild).<br />
13
2. Intervention<br />
Das 2008 vom Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg entwickelte PräRIE-Programm beinhaltete<br />
von Anfang an das Element INTERVENTION: einerseits in Form einer „Aufsuchenden<br />
Suchtberatung“ in Kliniken und im Polizeigewahrsam, andererseits als Gruppenangebote<br />
für riskant konsumierende Jugendliche und junge Erwachsene. Bereits ab<br />
Herbst 2008 wurden die ersten Teilprojekte im Bereich Intervention umgesetzt. Dieser<br />
Baustein wurde als „PräRIE I“ aus dem im Rahmen der „Nachhaltigkeitsstrategie Baden-<br />
Württemberg“ geförderten Maßnahmen-Paket ausgegliedert.<br />
Ein Teilprojekt von PräRIE I setzt bei der Primärversorgung in der Klinik an - dies wird<br />
als besonders geeigneter Ort für motivationale Interventionen bei Patientinnen und<br />
Patienten mit alkoholbezogenen Störungen betrachtet. Durch eine motivierende Befragung<br />
und die Methode der suchttherapeutischen Kurzintervention kann die Bereitschaft<br />
zur Veränderungsänderung gefördert werden; <strong>Information</strong>en über die Angebote<br />
der Suchthilfe vor Ort liefern dazu konkrete Unterstützung. Gruppenangebote<br />
bieten als „indizierte Frühintervention“ die Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung<br />
mit dem eigenen Suchtmittelkonsum, um die Verfestigung des riskanten Konsummusters<br />
frühzeitig zu verhindern.<br />
2.1. Aufsuchende Suchthilfe im<br />
Polizeirevier Freiburg Nord<br />
von Klaus Limberger<br />
14<br />
Kurzbeschreibung<br />
Durch die aufsuchende Suchthilfe im Polizeirevier<br />
Freiburg Nord sollte zeitnah Zugang und Kontakt<br />
zu Personen gewonnen werden, die während der<br />
„Gewa-City“-Einsätze der Polizei in der Innenstadt<br />
im Kontext mit Alkohol auffällig geworden sind. Diese<br />
sind laut Polizeistatistik und laut der PräRIE-Umfrage<br />
„StreetTalk“ (Mai 2008) v.a. junge Erwachsene<br />
bis 28 Jahren.<br />
Fachkräfte der Fachstelle Sucht Freiburg haben ab<br />
Ende 2008 und im Jahr 2009 in Absprache mit der<br />
Leitung des Polizeireviers Nord an „Schwerpunktwochenenden“<br />
(Wochenenden mit Gewa-City-Einsätzen)<br />
Termine im Polizeirevier wahrgenommen<br />
und den Personen, die in Gewahrsam genommen<br />
wurden ein Gesprächsangebot unterbreitet. Darüber<br />
hinaus wurden Broschüren ausgehändigt und<br />
ein weiteres Gesprächsangebot in der Fachstelle<br />
unterbreitet.<br />
Startphase<br />
Nachdem im November 2007 das Alkoholverbot<br />
in der Freiburger Innenstadt beschlossen wurde,<br />
haben zwei Mitarbeiter der Fachstelle Sucht (bwlv)<br />
den Gewa-City-Einsatz der Polizei begleitet, um sich<br />
einen Eindruck zu verschaffen und zu prüfen wie die<br />
Suchthilfe sich hier einbringen kann. Im Laufe des<br />
Einsatzes, der von 22.00 bis 8.00 Uhr ging, wurde<br />
klar, dass es nicht zielführend ist, die Betroffenen<br />
anzusprechen, solange sie stark alkoholisiert und<br />
gewaltbereit sind. Zur Kontaktaufnahme wurde nur<br />
die Möglichkeit gesehen, den Betroffenen ein Gesprächsangebot<br />
zu machen, wenn sie einigermaßen
nüchtern und weniger gewaltbereit sind.<br />
Um sie trotzdem zeitnah nach einem vorgefallen<br />
Ereignis zu erreichen und das Zeitfenster einer möglichen<br />
Reflektion zu nutzen („Was war eigentlich<br />
heute Nacht los?“) wurde der Versuch unternommen,<br />
an Schwerpunktwochenenden, an denen<br />
erfahrungsgemäß in der Innenstadt viel los ist, im<br />
Polizeigewahrsam anwesend zu sein und die Bertoffenen<br />
morgens vor der Entlassung an zu sprechen.<br />
Durch die vorangegangene nächtliche Begleitung<br />
des GewaCity-Einsatzes durch zwei Mitarbeiter<br />
der Suchthilfe war die Bereitschaft der Polizei sehr<br />
groß, sich auf diesen Versuch einzulassen und das<br />
Projekt zu unterstützen. Die Polizeileitung stellte im<br />
Revier ein Zimmer zur Verfügung und war bei den<br />
Gesprächen nicht anwesend. Der Einsatz dauerte in<br />
der Regel von Mitternacht bis 8 Uhr morgens.<br />
Projektverlauf und persönliches Fazit<br />
In der Zeit zwischen April 2008 und Dezember 2009<br />
fanden 15 Einsatznächte (davon 2 Rufbereitschaften)<br />
im Polizeirevier Freiburg Nord statt. Dabei wurden<br />
24 Personen durch persönliche Ansprache erreicht.<br />
Bei 6 Personen hat nachfolgend ein weiterer Kontakt<br />
in der Fachstelle Sucht stattgefunden. Bei 3 Betroffenen<br />
gab es zusätzlich Angehörigengespräche.<br />
Zudem gab es mehrere Vorbereitungsgespräche<br />
mit dem Leiter des Polizeireviers Nord, der Einsatzleitung<br />
der Gewa-City und Mitarbeitern des Amtes<br />
für öffentliche Ordnung.<br />
Das Angebot wurde von den Betroffenen unterschiedlich<br />
bewertet und angenommen. Einige waren<br />
dankbar für die Möglichkeit mit einem „Experten“<br />
ein kurzes Gespräch führen zu können und kamen zu<br />
einem weiterführenden Gespräch in die Beratungsstelle.<br />
Dies war vor allem dann der Fall, wenn die Gewahrsamnahme<br />
zum ersten Mal erfolgte oder Eltern<br />
oder Partner verständigt wurden. Die Mehrzahl der<br />
Betroffenen – hier vor allem die Wiederholungstäter<br />
– hatten kein Interesse an einem Gespräch oder an<br />
weiterführenden <strong>Information</strong>en.<br />
Eine große Herausforderung besteht grundsätzlich<br />
darin, in einem Polizeirevier ein sozialarbeiterisches<br />
Angebot durchzuführen. Polizei und Sozialarbeit<br />
haben grundlegend verschiedene gesellschaftliche<br />
Aufträge zu erfüllen. Das ist für alle Beteiligten eine<br />
Gratwanderung und für die Betroffenen manchmal<br />
schwierig einzuordnen. Dabei ist es hilfreich, wenn<br />
die Beteiligten sich kennen, der jeweils andere Arbeitsauftrag<br />
deutlich und akzeptiert ist und alle den<br />
möglichen Nutzen für die Betroffenen sehen.<br />
Für die Betroffenen ist Transparenz wichtig. Dazu<br />
gehört: sich und das Angebot vorzustellen und<br />
weiterführende Gespräche in der Beratungsstelle<br />
anzubieten. Die Gespräche müssen freiwillig sein<br />
und der Gesprächsinhalt unterliegt der absoluten<br />
Verschwiegenheit.<br />
Mit der aufsuchenden Suchtberatung im Polizeigewahrsam<br />
ist ein enormer personeller Aufwand verbunden.<br />
Ab Januar 2010 musste die Fachstelle Sucht<br />
aufgrund mangelnder personeller Kapazitäten die<br />
Arbeit ruhen lassen. Mit der Weiterführung des Prä-<br />
RIE-Programmes 2011/12 soll der Baustein reaktiviert<br />
und die Präsenz im Polizeirevier auf Kernzeiten verkürzt<br />
werden.<br />
2.2. Aufsuchende Suchtberatung in<br />
Kliniken<br />
2.2.1. Aufsuchende Suchtberatung bei riskant konsumierenden<br />
Jugendlichen im Krankenhaus<br />
von Bärbel Köhler<br />
Kurzbeschreibung<br />
Wichtigstes Ziel der aufsuchenden Arbeit im Krankenhaus<br />
war es, Jugendliche mit riskantem Konsumverhalten<br />
frühzeitig zu erreichen und ihnen zu ermöglichen,<br />
sich mit ihrem Risikoverhalten und ihrem<br />
Suchtmittelkonsum kritisch auseinander zu setzen.<br />
Konkrete Ziele des Teilprojektes waren:<br />
1. die Kontaktaufnahme zu den Jugendlichen<br />
erleichtern<br />
2. sie zur Teilnahme am Gruppenangebot zu motivieren<br />
3. sie (sofern nötig) in weitere Beratungsdienste<br />
zu vermitteln.<br />
Um die Jugendlichen in der „sensiblen Phase“ direkt<br />
nach dem Vorfall ansprechen zu können, sollte eine<br />
möglichst zeitnahe Kontaktaufnahme stattfinden.<br />
15
Setting der Aufsuchenden Arbeit:<br />
• Gespräch mit der/dem Jugendlichen direkt<br />
nach dem Vorfall<br />
• Gespräch mit den Eltern des/der Jugendlichen<br />
Ablauf der Aufsuchenden Arbeit<br />
1. Kontaktaufnahme:<br />
• Es gab eine Kontakttelefonnummer mit Anrufbeantworter,<br />
der täglich abgehört wurde. Betroffene<br />
Jugendliche und deren Eltern erhielten<br />
vom Psychologischen Dienst der Uni-Kinderklinik<br />
oder des St. Hedwig-Krankenhauses <strong>Information</strong>sbroschüren<br />
inklusive der Telefonnummer.<br />
Die Eltern oder der/die Jugendlichen selber<br />
konnten dann direkt mit einer Mitarbeiterin<br />
oder einem Mitarbeiter des Projektes Kontakt<br />
aufnehmen.<br />
• Wenn die Klinik eine Schweigepflichtentbindung<br />
der Eltern erhielt, konnte diese auch die<br />
Kontaktdaten der Jugendlichen und ihrer Eltern<br />
per Fax an uns schicken, so dass wir Kontakt aufnehmen<br />
konnten.<br />
• An „Schwerpunktwochenenden“ (ca. einmal im<br />
Monat) fanden bis Sommer 2010 regelmäßige<br />
Rufbereitschaften am Wochenende (Samstag<br />
und Sonntag) statt. An diesen Wochenenden<br />
wurde die Kinderklinik St. Hedwig angerufen<br />
und aktiv nachgefragt, ob Jugendliche mit<br />
einer Alkoholintoxikation da sind und ob ein<br />
Gesprächskontakt am Krankenbett stattfinden<br />
kann.<br />
2. Erstkontakt mit der/dem Jugendlichen im<br />
Krankenhaus oder in der Beratungsstelle:<br />
• Mädchen wurden von einer Suchtberaterin,<br />
Jungen von einem Suchtberater direkt am<br />
Krankenbett aufgesucht oder möglichst zeitnah<br />
zu einem Gespräch in die Beratungsstelle eingeladen;<br />
Es fand ein Gespräch über den Vorfall,<br />
die Vorgeschichte und Lebenssituation der/es<br />
Jugendlichen und über die Folgen des Erlebten<br />
statt.<br />
• Die/der Jugendliche wird über die Gruppe informiert<br />
und zur Teilnahme an der Gruppe motiviert,<br />
sofern dies sinnvoll erscheint. Wird im<br />
Gespräch deutlich, dass andere Beratungsdienste<br />
indiziert sind, wird dorthin vermittelt.<br />
• Am Ende des Gesprächs bekamen die Jugendlichen<br />
den „klick-it“-Karabiner sowie Infoflyer<br />
und einen Anmeldebogen für das Gruppenangebot.<br />
Die Eltern wurden ebenfalls über das<br />
Gruppenangebot informiert.<br />
Projektverlauf und persönliches Fazit<br />
Das Teilprojekt war sehr auf die Zuweisungen und<br />
Kooperationen der Kinderkliniken angewiesen, deshalb<br />
war die Vernetzung mit den Kliniken sehr wichtig.<br />
Entsprechend groß war hier der Aufwand: Das Procedere<br />
(insbesondere die Einholung der Schweigepflichtentbindung<br />
der Eltern und die Weitergabe<br />
von <strong>Information</strong>en an uns) musste mehrmals optimiert<br />
und an die Gegebenheiten der KooperationspartnerInnen<br />
angepasst werden. Es musste<br />
ein regelmäßiger Kontakt zu den Kliniken gehalten<br />
werden, damit dort das Projekt in Erinnerung blieb<br />
und um sicherzugehen, dass genügend Infomaterial<br />
vorhanden ist und dass auch neue MitarbeiterInnen<br />
informiert sind.<br />
Nicht für alle Jugendlichen, die in der aufsuchenden<br />
Arbeit erreicht wurden, war die Gruppenteilnahme<br />
indiziert. Gleichzeitig wurde aber nur eine sehr geringe<br />
Anzahl der in den Jahren 2008-2011 tatsächlich<br />
auffällig gewordenen Jugendlichen im Rahmen<br />
der aufsuchenden Arbeit von uns erreicht. Deshalb<br />
sollte noch einmal überlegt werden, wie eine größere<br />
Anzahl von betroffenen Jugendlichen erreicht<br />
werden kann.<br />
16
2.2.2. Aufsuchende Suchtberatung bei jungen Erwachsenen in<br />
der Unfallchirurgie (Universitätsklinikum Freiburg)<br />
von Thomas Hodel und Jeanette Röhrig<br />
Kurzbeschreibung<br />
Innerhalb des hier beschriebenen Projekt-Bausteins<br />
von PräRIE wurde bei alkoholintoxikierten Patientinnen<br />
und Patienten, die aufgrund einer Verletzung<br />
in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums<br />
Freiburg in Behandlung waren, eine einfache<br />
Kurzintervention durchgeführt. Diese bestand aus<br />
einem strukturierten Interview zum alkoholbezogenen<br />
Konsumverhalten. Im Anschluss wurden<br />
den Betroffenen unter Anwendung der Technik der<br />
„Motivierenden Gesprächsführung“ Flyer mit Kontaktadressen<br />
der Freiburger Suchtberatungsstellen<br />
ausgehändigt.<br />
Ein Monat später fand eine telefonische Nachbefragung<br />
statt. Die Zielgruppe bestand aus jungen<br />
Erwachsenen. Die Interventionen zielten auf eine<br />
Veränderung des Konsumverhaltens sowie auf eine<br />
Inanspruchnahme von Angeboten der Suchthilfe<br />
ab.<br />
Projektverlauf<br />
In 57 Einsatznächten konnte bei insgesamt 64 Patientinnen<br />
und Patienten (10 Frauen, 54 Männer) eine<br />
Kurzintervention durchgeführt werden. 11 Personen<br />
lehnten die Befragung ab.<br />
Statistische Übersicht (Alkoholkonsum)<br />
• Der Alkoholkonsum vor Aufnahme betrug im<br />
Mittel 8,95 Standarddrinks.<br />
• Der durchschnittliche Blutalkoholgehalt lag bei<br />
1,67 Promille.<br />
• Die Betroffenen schilderten einen typischen<br />
Konsum pro Trinkgelegenheit des letzten Monats<br />
mit 6,65 Drinks. Auf die Frage nach der<br />
Konsumhäufigkeit im vergangenen Monat wurde<br />
die Kategorie „2-3 mal pro Woche“ am häufigsten<br />
genannt (46,9%).<br />
Startphase<br />
Der Projektbaustein wurde von Beginn an von PD<br />
Dr. Michael Berner, Oberarzt der Universitätsklinik,<br />
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Freiburg<br />
(Vertreter der Universitätsklinik im Arbeitskreis<br />
Suchthilfe Freiburg) mitentwickelt und unterstützt.<br />
Er führte innerhalb der Hierarchie des Klinikums<br />
vorbereitende Gespräche und stellte den Kontakt<br />
zur Unfallchirurgie her. Dort fanden anschließend<br />
gemeinsame Gespräche mit der ärztlichen Leitung<br />
und der Pflegedienstleitung statt. In einer Dienstbesprechung<br />
wurde der Mitarbeiterschaft das Projekt<br />
vorgestellt und um deren Unterstützung geworben.<br />
Die Interventionen wurden von Honorarkräften der<br />
Suchthilfe in zuvor mit dem Klinikum vereinbarten<br />
Wochenendnächten (in der Regel zwischen 0 und<br />
3 Uhr) durchgeführt. Der Verlauf und die Ergebnisse<br />
wurden von einer Psychologiestudentin im Rahmen<br />
einer Diplomarbeit ausgewertet. Die wissenschaftliche<br />
Begleitung erfolgte durch die Diplom-Psychologin<br />
Jeanette Röhrig, die zudem an der Durchführung<br />
der Kurzinterventionen beteiligt war.<br />
Ergebnisse der Nachbefragung<br />
(1-Monatskatamnese)<br />
37 der Befragten stellten sich für die 1-Monatskatamnese<br />
zur Verfügung. Mit Hilfe des AUDIT wurden<br />
diese in moderate (n=5) und riskante Konsumenten<br />
(n=32) eingeteilt. Es zeigte sich, dass riskant konsumierende<br />
Patientinnen und Patienten ihre Konsummenge<br />
und -häufigkeit signifikant nach dem Krankenhausaufenthalt<br />
reduzieren.<br />
20 der TeilnehmerInnen der Katamnese gaben bei<br />
der Befragung an, einen Zusammenhang zwischen<br />
ihrem Alkoholkonsum und ihrer Verletzung zu erkennen,<br />
17 sahen keine Verbindung. Es gab keine<br />
bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden<br />
Gruppen hinsichtlich der Veränderung der Trinkmenge.<br />
Allerdings reduzierte sich die Trinkhäufigkeit<br />
signifikant bei den Personen, die eine Kohärenz erkannten.<br />
Keine der befragten Personen nahm weiterführende<br />
Hilfen in einer der Freiburger Suchtberatungsstellen<br />
in Anspruch.<br />
17
Fazit<br />
Die Durchführung der Kurzinterventionen stieß sowohl<br />
bei der Mitarbeiterschaft als auch bei den alkoholintoxikierten<br />
Patienten und Patientinnen auf<br />
Akzeptanz, was sich bei der letzt genannten Gruppe<br />
in einer hohen Teilnahmebereitschaft ausdrückte.<br />
Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass mit minimalen<br />
Kurzinterventionen in einer Notfallaufnahme<br />
Menschen mit problematischem Alkoholkonsum erreicht<br />
werden können. Ein Monat nach der Aufnahme<br />
sind signifikante Veränderungen der Konsumhäufigkeit<br />
und der konsumierten Menge zu beobachten.<br />
Es lässt sich jedoch nicht sagen, ob diese Veränderungen<br />
nur durch die Kurzinterventionen oder durch<br />
andere Faktoren (z.B. Verletzung, Krankenhausaufenthalt<br />
oder Kombinationen) bewirkt wurden.<br />
Die Schwelle zur Suchthilfe kann durch diese Kurzinterventionen<br />
offensichtlich nicht verringert werden.<br />
Dennoch ist das Teilprojekt als Beispiel einer gelingenden<br />
Kooperation zwischen Suchthilfe und medizinischer<br />
Primärversorgung zu bewerten.<br />
Kritisch zu betrachten ist der hohe personelle und<br />
damit finanzielle Einsatz. Eine Schwierigkeit war die<br />
zeitliche Organisation. Da die Patientinnen und Patienten<br />
in der Regel nach der medizinischen Versorgung<br />
aus der Ambulanz entlassen werden, war es<br />
nicht möglich, ein Modell mit einer Rufbereitschaft<br />
für die Fachkräfte der Suchthilfe zu etablieren. Folglich<br />
mussten diese zu abgesprochenen Zeiten vor<br />
Ort sein, ohne Gewähr, dass in dieser Spanne entsprechende<br />
Patientinnen und Patienten zur Aufnahme<br />
erscheinen.<br />
Bei einer angemessenen Entlohnung der Fachkräfte<br />
für Arbeitszeiten wie nächtens an Wochenenden<br />
stellt sich die Frage, ob eingesetzte Ressourcen und<br />
erzielte Effekte in einem vertretbaren Verhältnis stehen.<br />
Deshalb sollten andere Modelle entwickelt werden<br />
wie z.B. die Schulung des Klinikpersonals, damit<br />
dieses selbst die Kurzinterventionen durchführen<br />
kann. Allerdings ergab eine Befragung des Klinikpersonals,<br />
dass einerseits die Kurzinterventionen<br />
als wichtig erachtet werden, andererseits sich aber<br />
niemand die selbständige Durchführung der Intervention<br />
vorstellen könnte. Folglich wäre zunächst<br />
eine Motivierung der Mitarbeiterschaft in der Klinik<br />
erforderlich, der dann entsprechende Schulungen<br />
und Begleitung folgen müsste.<br />
2.3. Gruppenarbeit mit riskant<br />
Konsumierenden<br />
2.3.1. „klick it“ – Risikocheck-Gruppe für Jugendliche<br />
von Bärbel Köhler<br />
Kurzbeschreibung<br />
18<br />
Ausgangspunkt:<br />
Um die Zielgruppe riskant konsumierender Mädchen<br />
und Jungen (bis 18 Jahre) und deren Eltern zu<br />
erreichen, wurde neben der Aufsuchenden Suchtberatung<br />
als zweiter, unmittelbar damit zusammenhängender<br />
Baustein die „Risikocheck-Gruppe“<br />
mit dem Namen „klick it“ entwickelt .<br />
Angesprochen werden sollten Kinder und Jugendliche<br />
bis 18 Jahre, die<br />
• mit einer Alkoholintoxikation stationär medizinisch<br />
behandelt werden mussten<br />
• im Zusammenhang mit Alkohol auffällig wurden;<br />
z.B. Verwicklung in gewalttätige Auseinandersetzung,<br />
Notarzteinsatz ohne stationäre Aufnahme<br />
• sowie deren Eltern / Angehörige.<br />
Übergeordnete Projektziele:<br />
1. Riskant konsumierenden Mädchen und Jungen<br />
unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer<br />
Aspekte einen verantwortungsbewussten risikoarmen<br />
Umgang mit Alkohol vermitteln.<br />
2. <strong>Information</strong>en und Risikokompetenzen vermitteln.<br />
3. Weitere Alkoholintoxikationen und Auffälligkeiten<br />
in Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum<br />
vermeiden.<br />
4. Langfristig die Gefahr einer Suchtentwicklung<br />
reduzieren.<br />
Ziel der Gruppenarbeit war die kritische Auseinandersetzung<br />
mit dem eigenen Suchtmittelkonsum,<br />
um die Verfestigung des riskanten Konsummusters
frühzeitig zu verhindern („indizierte Frühintervention“).<br />
Das Projekt wendete sich gezielt an Mädchen<br />
und Jungen unter 18 Jahren, die bereits mit einem<br />
riskanten Konsumverhalten auffällig geworden waren.<br />
Dazu wurden neben psychoedukativen Elementen<br />
vor allem erlebnispädagogische Methoden<br />
eingesetzt, um das eigene Risikoverhalten und den<br />
Umgang mit eigenen Grenzen direkt erfahrbar zu<br />
machen.<br />
Setting des Gruppentrainings „klick it“:<br />
• Gruppenangebot zur <strong>Information</strong> über Suchtmittel,<br />
Reflektion des eigenen Konsumverhaltens<br />
und der eigenen Konsum-Motive, „Einschätzen<br />
lernen“ des eigenen Risikoverhaltens<br />
• Psychoedukation, Erlebnispädagogik, Groß- und<br />
Kleingruppenarbeit (z.B. geschlechtsspezifische<br />
Arbeit in der Mädchen- und Jungengruppe)<br />
• Die „klick it“ Gruppe fand jeweils kompakt an<br />
einem Wochenende – freitags (15.00 bis 19.00<br />
Uhr) und samstags (09.00 – 17.00 Uhr) – statt und<br />
wurden von MitarbeiterInnen von FrauenZimmer<br />
und Drogenhilfe gemeinsam konzipiert und<br />
durchgeführt – dabei war immer eine weibliche<br />
und eine männliche Ansprechperson für die Jugendlichen<br />
da.<br />
• Ggfs. fand eine Nachbesprechung mit Jugendlichen<br />
und Eltern statt, wenn nötig wurden weitere<br />
Hilfs- oder Beratungsangebote angeregt.<br />
Ablauf des Gruppentrainings:<br />
1. Anmeldung: Die Jugendlichen melden sich<br />
schriftlich und mit schriftlichem Einverständnis<br />
der Eltern zum „klick-it“ Seminar an. Wenn sie<br />
eine Freundin oder einen Freund mitbringen<br />
wollen, der an dem Ereignis, das zur Teilnahme<br />
geführt hat, anwesend war, muß dieseR sich genauso<br />
anmelden.<br />
2. Gruppe: Die Gruppe dauert 12 Stunden und<br />
findet Freitag nachmittag und Samstag ganztags<br />
mit maximal 12 Jugendlichen statt. Inhaltlicher<br />
Schwerpunkt liegt auf: Vermittlung von<br />
<strong>Information</strong> zu Alkohol und Sucht, Förderung<br />
der Selbsteinschätzung zum eigenen Suchtmittel-konsum/Risikoverhalten,<br />
Reflektion eigener<br />
Konsummotive und Verhaltensmuster, praktische<br />
Übungen mit erlebnispädagogischen Elementen,<br />
geschlechtsspezifische Arbeit<br />
3. Nachbefragung: nach 6 Monaten werden die<br />
Jugendlichen, die an der Gruppe teilgenommen<br />
haben, telefonisch zu ihrem Konsumverhalten<br />
befragt, sofern sie der Nachbefragung vorher<br />
schriftlich zugestimmt haben.<br />
Projektverlauf<br />
Die Mehrheit der Jugendlichen wurde nach einer<br />
Alkoholintoxikation über die Krankenhäuser vermittelt.<br />
Einige Jugendliche kamen über die Jugendgerichtshilfe<br />
– die Mehrzahl dieser Jugendlichen waren<br />
Jungen, die unter Alkoholeinfluss Gewaltdelikte<br />
begangen hatten. Von Erziehungsberatungsstellen<br />
oder Jugendzentren, die wir umfassend über das<br />
Gruppenangebot informiert hatten, haben wir keine<br />
Zuweisungen bekommen.<br />
Alle durchgeführten Gruppen waren sehr heterogen<br />
bezüglich Alter; Schulbildung, Konsumverhalten,<br />
Reflektionsfähigkeit und Bereitschaft zur Mitarbeit.<br />
Die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer<br />
Aspekte war sinnvoll, wichtig und nötig, um die Jugendlichen<br />
für dieses Thema zu sensibilisieren. Die<br />
Umsetzung der Geschlechtsspezifik orientierte sich<br />
in jeder Gruppe an den Erfordernissen und Möglichkeiten<br />
der GruppenteilnehmerInnen und wurde<br />
daher auf sehr unterschiedliche Weise realisiert.<br />
Manchmal war die Arbeit in der gemischten Gruppe<br />
sogar unmöglich, da Mädchen und Jungen in der<br />
gemischten Gruppe zu stark voneinander abgelenkt<br />
waren.<br />
Durch die Aufnahme von Jugendlichen, die wegen<br />
einem Gewaltdelikt verurteilt waren, wurde es erforderlich,<br />
zusätzlich gewaltpräventive Methoden mit<br />
in das Programm aufzunehmen, da dieses Thema<br />
die Jugendlichen sehr beschäftigte. Auch beim Thema<br />
Gewalt war eine geschlechtsspezifische Arbeit<br />
unerlässlich.<br />
Die Integration erlebnispädagogischer Elemente<br />
war ein fester Bestandteil der Gruppenarbeit und<br />
äußerst hilfreich um den Jugendlichen direkte Erfahrungen<br />
zu ermöglichen. Der zeitliche Umfang<br />
von 1,5 Tagen ist ausreichend, um den Jugendlichen<br />
wesentliche <strong>Information</strong>en zu vermitteln und eine<br />
intensive Auseinandersetzung mit dem Thema „Riskanter<br />
Alkoholkonsum“ zu ermöglichen. Obwohl die<br />
wenigsten Jugendlichen völlig freiwillig kamen, sondern<br />
oft fremdmotiviert oder auf Wunsch der Eltern<br />
an der Gruppe teilnahmen, arbeitete die Mehrzahl der<br />
Jugendlichen aktiv mit, niemand brach vorzeitig ab.<br />
Fazit<br />
Ergebnisse der Nachbefragung: Fast alle Jugendlichen<br />
gaben an, dass sie ihren Konsum deutlich<br />
reduziert hätten, dass sie bewusster mit Alkohol umgingen<br />
und mehr auf FreundInnen achteten. Eine<br />
Jugendliche hatte allerdings nach einem halben<br />
Jahr erneut eine Alkoholvergiftung.<br />
19
Das Gruppenangebot hat sich als inhaltlich<br />
wertvolles Angebot bewährt und bietet den<br />
betroffenen Jugendlichen eine sinnvolle Gelegenheit,<br />
ihr Konsummuster zu reflektieren, fehlende<br />
<strong>Information</strong>en über Alkohol zu erhalten und neue<br />
Verhaltensmöglichkeiten zu erarbeiten. Kritisch ist<br />
jedoch anzumerken, dass der finanzielle und zeitliche<br />
Aufwand 29.01.2009 um die betroffenen 17:42 Jugendlichen Seite 1 zu<br />
Card-01.qxd<br />
erreichen, sehr hoch ist. So musste ein Gruppenangebot<br />
mangels ausreichender TeilnehmerInnenzahl<br />
verschoben werden. Es sollte darüber nachgedacht<br />
werden, ob es andere Möglichkeiten geben könnte,<br />
die Zielgruppe anzusprechen und zur Teilnahme<br />
zu motivieren. Um die Zuweisungen zu erhöhen,<br />
legt gerade die Fremdmotivation nahe, die <strong>Information</strong>en<br />
zu „klick-it“ stärker auf Eltern und andere<br />
erwachsene Bezugspersonen von gefährdeten Jugendlichen<br />
auszuweiten.<br />
L<br />
k ick it<br />
Klick it or kick it:<br />
Entweder sicher konsumieren<br />
oder gar nicht. Unter diesem<br />
Motto steht der Risikocheck für<br />
konsumierende Jugendliche.<br />
2.3.2. „Was geht?! Alkohol – reflect and train“ - Risiko-Check für<br />
junge Erwachsene<br />
von Klaus Limberger<br />
Kurzbeschreibung<br />
Angesichts der steigenden Anzahl von Auffälligkeiten<br />
in Verbindung mit Alkohol durch junge Erwachsene<br />
in der Stadt Freiburg wurde für diese Zielgruppe<br />
durch die Fachstelle Sucht Freiburg (bwlv) das Gruppenangebot<br />
„Was geht?! Alkohol- reflect and train“<br />
konzipiert. Zielgruppe sind junge Erwachsenen (18-<br />
25 Jahre), die durch das Gruppenangebot angeregt<br />
und motiviert werden, ihren Umgang mit Alkohol<br />
und ihre derzeitige Situation kritisch zu reflektieren<br />
und verantwortungsvoll mit Alkohol umzugehen.<br />
Das Angebot richtet sich an nicht Abhängige. Durch<br />
die Intervention zu einem frühen Zeitpunkt besteht<br />
die Chance, weitere Auffälligkeiten sowie eine mögliche<br />
Suchtentwicklung zu verhindern.<br />
Die GruppenteilnehmerInnen sollen:<br />
• angeregt werden, ihren Umgang mit Alkohol<br />
und ihre derzeitige Situation kritisch zu reflektieren<br />
• ihre persönlichen Grenzen erkennen und sich<br />
damit konfrontieren<br />
• zu Verhaltens -bzw. Einstellungsänderung motiviert<br />
werden<br />
• Infos über Alkohol, deren Wirkung und Risikopotentiale<br />
erhalten<br />
• Selbst- und Fremdwahrnehmung gut einschätzen<br />
können<br />
20
• Eigenverantwortliche Entscheidung treffen können<br />
Es handelt sich bei dieser Form der Arbeit um ein kognitiv-behaviorales<br />
Angebot, dessen Schwerpunkt<br />
auf der Vermittlung von <strong>Information</strong>en und der Reflexion<br />
des individuellen Konsumverhaltens liegt.<br />
Gruppenerfahrung und wenig Neigung ihr Verhalten<br />
zu reflektieren. Trotzdem ist es lohnenswert<br />
und sinnvoll, weil bei dem überwiegenden Teil eine<br />
Reflexion möglich war. Mit 2 Klienten wurde nach<br />
der Gruppe weitergearbeitet und aufgrund der massiven<br />
Alkoholproblematik wurden diese in eine stationäre<br />
Rehabilitation vermittelt.<br />
Startphase<br />
Das Angebot wurde bei Kooperationspartnern<br />
und möglichen Zuweisungs-Stellen bekannt gemacht:<br />
Beratungsstellen, Staatsanwaltschaft, Richter,<br />
Jugendgerichtshilfe, Polizei, Amt für öffentliche<br />
Ordnung. Vor allem bei Richtern und der Jugendgerichtshilfe<br />
kam die Projektidee sehr gut an und<br />
das Angebot wurde in ihren Auflagenkatalog aufgenommen.<br />
Mit den zugewiesenen jungen Menschen<br />
wurde ein Vorgespräch geführt und abgeklärt, ob<br />
es jeweils das richtige Angebot ist: Die Auffälligkeit<br />
sollte in Zusammenhang mit Alkoholkonsum stehen<br />
und es darf keine Abhängigkeit bestehen. Ansonsten<br />
werden diese Klienten in das reguläre Programm<br />
der Fachstelle Sucht aufgenommen oder an eine zuständige<br />
Einrichtung weitervermittelt.<br />
Eine erste Gruppe wurde im November 2009 durchgeführt<br />
und Erfahrungen gesammelt. Der Beziehungsaufbau<br />
mit den Klienten ist mitunter schwierig,<br />
da sie aufgrund der Zuweisung zunächst nur extern<br />
motiviert sind und deshalb „null Bock“ auf das<br />
Angebot haben. Zudem haben die meisten kaum<br />
Projektverlauf und persönliches Fazit<br />
In der Zeit von November 2009 bis Dezember 2010<br />
fanden sieben Gruppen mit insgesamt 42 Personen<br />
statt. Dabei wurden 64 Vor- und 36 Auswertungsgespräche<br />
durchgeführt. Die Teilnehmer waren zu 95%<br />
junge Männer.<br />
Trotz der externen Motivation der Klienten ist es lohnenswert<br />
und sinnvoll, das Angebot weiter zu führen,<br />
weil bei dem überwiegenden Teil mit der Zeit<br />
eine Eigenreflexion in Gang gesetzt werden konnte.<br />
Das Angebot sollte auf jeden Fall weitergeführt werden.<br />
Derzeit bestehen Überlegungen erlebnispädagogische<br />
Elemente mit einzubauen.<br />
Das Angebot ist mittlerweile in Freiburg bekannt<br />
und wird vor allem von Richtern und Staatsanwälten<br />
genutzt und geschätzt. Weitere Gespräche sind<br />
geplant mit dem Amt für öffentliche Ordnung und<br />
mit dem Gaststättenverband DEHOGA , der im<br />
Rahmen seiner Aktion „Hausverbote“ den dort<br />
auffällig Gewordenen die Teilnahme empfehlen<br />
könnte.<br />
21
3. <strong>Relaxation</strong><br />
<strong>Relaxation</strong><br />
bedeutet Entspannung<br />
und „An-halten“:<br />
Gespräche mit den<br />
„PeerBeraterInnen“ über<br />
die Trink-Gewohnheiten<br />
regen Jugendliche und<br />
junge Erwachsene zum<br />
Nachdenken<br />
RELAXATION (=„Entspannung“) ist ein wichtiger Baustein im PräRIE-Programm. Dazu<br />
gehört beispielsweise die Innenstadtpräsenz am Bertoldsbrunnen mit Sonnenschirm,<br />
Liegestuhl und nüchternen Menschen zu nächtlichen Stunden, BeraterInnen, die<br />
in ihren Westen und mit ihren weißen Taschen deutlich erkennbar „anders“ sind,<br />
Befragungen durch SuchtberaterInnen mitten in der Nacht zum eigenen Trinkverhalten<br />
und alkoholfreie Mini-Events mitten im Party-Viertel. Ziel der Aktionen in der Innenstadt<br />
ist das kurze Innehalten und Nachdenken über sich und seine Konsumgewohnheiten.<br />
Zum Baustein RELAXATION gehört ebenso das Angebot attraktiver alkoholfreier<br />
Alternativen. Dazu wurden im Rahmen von PräRIE die Formate „<strong>Prävention</strong>sEvent“ und<br />
„AlkoholfreiParty“ entwickelt.<br />
22
3.1. Suchtberatung am Stehtisch<br />
von Willi Vötter<br />
Kurzbeschreibung<br />
„Suchtberatung am Stehtisch“ bezeichnet die Präsenz<br />
von Suchthilfe-Fachleuten in der Ausgehmeile<br />
der Freiburger Innenstadt. An ausgewählten<br />
„Schwerpunktnächten“ (i.d.R. Nächte mit Polizeipräsenz<br />
durch Gewa-City-Einsätze) stehen zwischen 21<br />
und 1 Uhr mindestens zwei Suchthilfefachleute in<br />
einem auffälligen Umfeld an zentraler Stelle in der<br />
Innenstadt mit einem <strong>Information</strong>s- und Gesprächsangebot<br />
zur Verfügung. Das Ausgehpublikum soll<br />
mit dem bunten Erscheinungsbild und der Installation<br />
rund um die Stehtische neugierig auf einen<br />
Kontakt gemacht werden.<br />
Fahnen, Kunstblumen, bunte Hocker und Tische laden<br />
zum Verweilen und Entspannen ein und sind ein<br />
Kontrastangebot, besonders bei kühler und nasser<br />
Witterung. Als Gesprächseinstieg werden verschiedene<br />
<strong>Prävention</strong>smedien eingesetzt. Besonders bewährt<br />
haben sich verschiedene Formen von Quizfragen<br />
und Rätseln. Ergänzt wird das Angebot durch<br />
die meist gleichzeitige Präsenz von ehrenamtlichen<br />
PeerberaterInnen, die in der Stadt unterwegs sind, und<br />
den Stand als Anlauf und Rückzugsmöglichkeit nutzen.<br />
Die Ziele von „Suchtberatung am Stehtisch“ sind<br />
sowohl verhältnis- als auch verhaltenspräventiv.<br />
Alleine durch die Präsenz gesprächsbereiter und<br />
nüchterner Erwachsener kann ein beruhigender<br />
Effekt auf die Atmosphäre in der Innenstadt ausgeübt<br />
werden („<strong>Relaxation</strong>“). Gleichzeitig wird ein<br />
konkretes <strong>Information</strong>s- und Hilfsangebot gemacht,<br />
was unmittelbare Auswirkungen auf das Verhalten<br />
der Zielgruppe in dieser Nacht und auch langfristig<br />
hat. Neugierde wird geweckt und eigenes Verhalten<br />
eventuell überprüft.<br />
Die Zielgruppe ist das Ausgehpublikum in der Innenstadt.<br />
Mit der Zeitauswahl überwiegend vor Mitternacht<br />
wird bewusst eine jüngere, zum Teil noch<br />
minderjährige Gruppe angesprochen. Wichtig ist,<br />
dass das Gesprächsangebot noch vor einen exzessiven<br />
Alkoholkonsum gemacht wird, um im Idealfall<br />
gleich unmittelbar das Konsumverhalten am Abend<br />
beeinflussen zu können.<br />
Startphase<br />
Die sich häufenden Alkohol- und Gewaltexzesse in<br />
der Freiburger Innenstadt und das daraufhin verhängte<br />
Alkoholverbot im öffentlichen Raum waren<br />
2008 der Anstoß für das Projekt PräRIE. Man wollte<br />
deshalb direkt in der Ausgehmeile mit sozialpädagogischen<br />
Maßnahmen aktiv werden. Es tauchte der<br />
Gedanke auf, mit einem Infostand mit „Event-Charakter“<br />
alternative Erlebnisformen zu zeigen, ohne<br />
die übliche Ausgeh- und Partykultur grundsätzlich<br />
in Frage zu stellen. „Wir halten an – wir halten auf“,<br />
so könnte man die Intention der Innenstadtpräsenz<br />
beschreiben.<br />
Dabei herrschte am Anfang Unsicherheit, wie eine<br />
Präsenz der Suchthilfe ankommen würde und ob<br />
es dafür eine ausreichende Akzeptanz gäbe. Die Erlebnisse<br />
und die Ergebnisse des Freiburger „Street-<br />
Talk I“ (30.04.2008) überraschten alle beteiligten<br />
InterviewerInnen und ExpertInnen. Schon das Gesprächsangebot<br />
an sich kam gut an. Im Ergebnis<br />
der Befragung wurde dann zusätzlich auch deutlich,<br />
dass jeder zweite Interviewte sein eigenes Alkoholkonsumverhalten<br />
als zumindest problematisch einschätzte.<br />
Daraus lies sich ein weiterer Beratungsbedarf<br />
ableiten.<br />
„Suchtberatung am Stehtisch“ wird deshalb seit Juni<br />
2009 regelmäßig an mindestes einer Schwerpunktnacht<br />
im Monat durchgeführt. Der Einsatzort wurde<br />
gemeinsam mit dem Ordnungsamt der Stadt<br />
Freiburg ausgewählt. Er sollte weder direkt in der<br />
zentralen Ausgehmeile noch neben der örtlichen<br />
Polizeipräsenz Gewa-City liegen. So ergab sich der<br />
Standort am Bertoldsbrunnen, direkt im Zentrum<br />
der Stadt.<br />
Zunächst gab es bei den Einsätzen nur hauptamtliche<br />
GesprächspartnerInnen, da die ehrenamtlichen<br />
Peer-BeraterInnen für die „Kommunikation auf Augenhöhe“<br />
zuerst noch akquiriert und ausgebildet<br />
werden mussten. Nach der Sommerpause fanden<br />
dann im ersten Projektjahr bis zum 18.12.2009 regelmäßig<br />
Einsätze statt, seit Oktober 2009 mit Peer-<br />
BeraterInnen.<br />
Die Verantwortung für die Terminkoordination aller<br />
Beteiligten und die Organisation des Standaufbaus<br />
übernahm die Evangelische Stadtmission Freiburg.<br />
Dabei zeichnete sich dieser Projektteil gerade dadurch<br />
aus, dass alle sechs Freiburger Suchtberatungsstellen<br />
KollegInnen für die hauptamtliche Präsenz zur Verfügung<br />
stellten und dass eine enge Zusammenarbeit<br />
mit den ehrenamtlichen Peer-BeraterInnen erfolgte.<br />
23
In der Regel wurde die Anwesenheit von hauptamtlichen<br />
MitarbeiterInnen der Suchthilfe direkt durch<br />
die am Gesamtprojekt beteiligten Einrichtungsleitungen<br />
gewährleistet. So wirkte die „Suchtberatung<br />
am Stehtisch“ auch als <strong>Information</strong>sgeber und<br />
„Schwungrad“ für das ganze Projekt. Verantwortliche<br />
aus der Stadtverwaltung und Politik nahmen die Präsenz<br />
bei ihren Besuchen in der Innenstadt wahr und<br />
nutzten die Gelegenheit für kurze Rückmeldungen<br />
und den Austausch von <strong>Information</strong>en.<br />
Projektverlauf und persönliches Fazit<br />
Im Verlauf der ersten Projektphase war die „Suchtberatung<br />
an Stehtischen“ ein durchgängiger und<br />
überwiegend positiv bewerteter Baustein. An allen<br />
17 Einsatznächten zwischen Juni 2009 und Dezember<br />
2010 wurden durch hauptamtliche SuchtberaterInnen<br />
insgesamt 998 Menschen erreicht. Dabei<br />
waren jeweils zwei bis drei BeraterInnen für 3-4<br />
Stunden auf der Straße. Von Anfang an wurde auf<br />
eine einigermaßen ausgeglichene Präsenz beider<br />
Geschlechter als Ansprechpersonen geachtet.<br />
Für den überwiegenden Projektzeitraum wurden<br />
die Beratungskontakte nach Geschlechtern getrennt<br />
erfasst. Es wurden 429 Frauen und Mädchen und<br />
569 Jungen und Männer erreicht. Die wenigsten Angesprochenen<br />
in einer Nacht gab es im Winter (29<br />
Personen – 12 weiblich, 17 männlich), Spitzenreiter<br />
waren 81 PassantInnen in einer einzigen Nacht (12<br />
weiblich und 69 männlich).<br />
Die Gesprächsdauer betrug in der Regel 5 bis 15 Minuten<br />
in Einzelgesprächen oder auch mit kleineren<br />
Gruppen von bis zu 5 Personen. Gesprächsinhalt<br />
waren (nach Häufigkeit): das eigene Konsumverhalten<br />
und / oder Ausgehverhalten in der Innenstadt,<br />
Fragen zur Motivation der Aktion, Umgang mit Alkohol-<br />
und Drogenerfahrungen in der Familie und<br />
im Bekanntenkreis und andere allgemeine Themen.<br />
Nur bei einem Einsatz wurde ein massiv aggressives<br />
Verhalten (durch eine bereits bekannte, stark angetrunkene<br />
Person) dokumentiert. Hier musste die<br />
Polizei hinzugezogen werden, um die Situation zu<br />
entschärfen. Daraufhin entschloss man sich zu einer<br />
Präsenz von ständig mindestens 3 Personen (Hauptamtlichen),<br />
um im Notfall schnell Kontakt zur Polizei<br />
herstellen zu können. In diesem Zusammenhang<br />
kam es auch zu einem Austausch- und Abstimmungsgespräch<br />
mit dem zuständigen Polizeirevier<br />
und den Einsatzkräften der Gewa-City.<br />
Die Präsenz der drei Fachkräfte wurde im Projektverlauf<br />
durch einen Pool von Fachkräften aus der<br />
Suchthilfe sichergestellt, die alle Erfahrungen in dem<br />
Arbeitsfeld hatten, aber zum Teil aktuell nicht mehr<br />
dort beschäftigt waren. An jedem Abend war aber<br />
immer auch eine MitarbeiterIn aus den beteiligten<br />
Suchtberatungsstellen anwesend. Diese/r übernahm<br />
die Koordination und diente als Hauptansprechperson<br />
für die ehrenamtlichen Peer-BeraterInnen.<br />
Eine erste Ausweitung von „Suchtberatung am Stehtisch“<br />
stellte ein Einsatz der hauptamtlichen Berater/<br />
innen mitsamt der Ausstattung auf einer kommerziellen<br />
Großveranstaltung dar. Auf dem Zeltmusikfestival<br />
2010 in Freiburg buchte der Veranstalter die<br />
Suchtberatung an Stehtischen als präventives Angebot<br />
auf dem Festivalgelände. Grundsätzlich könnten<br />
solche kostenpflichten Angebote als „PräRIE III“ noch<br />
ausgebaut werden.<br />
Insgesamt hat sich der Baustein „Suchtberatung am<br />
Stehtisch“ als verhaltens- und auch verhältnispräventives<br />
Instrument der Freiburger Alkoholpolitik nach<br />
Einschätzung der Beteiligten und der wichtigsten<br />
Partner sehr bewährt. Auch in der allgemeinen Öffentlichkeit<br />
und bei der Presse hat die Arbeit gute<br />
Akzeptanz gefunden.<br />
Eine Herausforderung für die Zukunft wird sein, immer<br />
wieder neu positive Aufmerksamkeit von den<br />
Passant/innen zu bekommen. Die als Gesprächsteinstieg<br />
genutzten Medien (Quizfragen und Rätsel)<br />
müssen nach und nach ergänzt und ersetzt<br />
werden.<br />
Eine bleibende Grenze der Aktion ist die Ansprechbarkeit<br />
des Publikums, abhängig von deren Grand<br />
der Beeinträchtigung durch Alkohol und andere<br />
psychotrope Substanzen. Hier hat sich immer wieder<br />
bestätigt, dass die Ansprechbarkeit nach Mitternacht<br />
deutlich nachlässt. Deshalb wurde auch die<br />
Anfangzeit der Aktion nach vorne korrigiert.<br />
Wir gehen davon aus, dass ein fester Anlaufpunkt<br />
nach Mitternacht weniger Akzeptanz finden wird<br />
und die Ziele der <strong>Prävention</strong> nicht mehr umgesetzt<br />
werden können. Zur vorgerückten Zeit am frühen<br />
Morgen geht es eher um Interventionen im Sinne<br />
von „De-Eskalation“ oder ggf. darum, Rückzugsmöglichkeiten<br />
für gefährdete, minderjährige oder<br />
erschöpfte Personen zu schaffen.<br />
24
3.2. Gewinnung, Ausbildung und<br />
Einsatz von Peer- BeraterInnen<br />
von Christa Armbruster und Hanna Schönemann<br />
Peer-BeraterInnen<br />
werden in einer Kompakt-<br />
Schulung auf ihren Einsatz<br />
im „Bermuda-Dreieck“<br />
vorbereitet – wichtig<br />
sind auch die gemeinsamen<br />
Reflektionen nach<br />
den Einsätzen. Peer-BeraterInnen<br />
werden in einer<br />
Kompakt-Schulung auf<br />
ihren Einsatz im „Bermuda-Dreieck“<br />
vorbereitet<br />
– wichtig sind auch die<br />
gemeinsamen Reflektionen<br />
nach den Einsätzen.<br />
Kurzbeschreibung<br />
Das Teilprojekt „Peer-Beratung“ wurde ins Leben<br />
gerufen, um die Partygäste in der Freiburger Innenstadt<br />
(Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen)<br />
durch Angehörige ihrer Altersgruppe<br />
(„Kommunikation auf Augenhöhe“) zu erreichen<br />
und im Idealfall eine Veränderungsmotivation zu<br />
bewirken. In den Jahren 2009 und 2010 wurden<br />
insgesamt 536 Personen über die Ansprache durch<br />
Peer-Beraterinnen erreicht.<br />
Ziel des Projektes war die Gewinnung und Ausbildung<br />
von jungen Erwachsenen als sogenannte<br />
„Peer-BeraterInnen“ und die gelungene Durchführung<br />
von Einsätzen mit diesen geschulten Ehrenamtlichen<br />
in der Freiburger Innenstadt an so genannten<br />
Schwerpunktnächten.<br />
Unter dieses Hauptziel lassen sich folgende Unterziele<br />
subsumieren:<br />
• Das Konzept ermöglicht eine Kommunikation<br />
auf Augenhöhe, da die Peer-BeraterInnen zur<br />
gleichen „Peergruppe“ gehören.<br />
• Der Einsatz erzeugt eine positiv veränderte Atmosphäre<br />
in den Einsatzorten. Nicht nur Saufen<br />
und Gewalt, sondern auch Kommunikation, Zuhören,<br />
Hilfe gehören zum Nachtleben.<br />
• Jugendliche und junge Erwachsene erleben<br />
nicht nur die Kontrolle und „Repression“ durch<br />
Verbote und Polizeipräsenz, sondern auch „Beziehungs-Angebote“.<br />
• Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen erleben,<br />
dass sich jemand für sie interessiert.<br />
• Professionelle Hilfe kann niederschwellig vermittelt<br />
werden.<br />
• Die ehrenamtlichen Peers der Suchthilfe sind genau<br />
dort präsent, wo die Suchtmittel konsumiert<br />
werden.<br />
• Die ehrenamtlichen Peer-BeraterInnen dienen<br />
als Modell für Jugendliche: Es gibt Gleichaltrige,<br />
die sich für andere Menschen und für das Gemeinwesen<br />
einsetzen.<br />
Die Präsenz und das Gesprächsangebot der Peer-<br />
BeraterInnen können die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen anregen, sich kritisch mit ihrem<br />
Suchtmittelkonsum auseinander zu setzen und in<br />
25
einem weiteren Schritt zu einem selbstbestimmten<br />
moderaten Konsummuster zu finden. Von zentraler<br />
Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die<br />
Ehrenamtlichen nicht belehrend auftreten und sie<br />
nicht zu einer Änderung ihres Konsumverhaltens<br />
überreden wollen.<br />
Da es sich bei den Peer-BeraterInnen um junge und<br />
noch nicht professionalisierte Ehrenamtliche handelt,<br />
ist eine intensive Vorbereitung durch die Schulung<br />
und eine enge professionelle Begleitung der<br />
Einsätze besonders wichtig, um eine erfolgreiche<br />
Realisierung zu gewährleisten.<br />
Startphase<br />
Eine <strong>Information</strong>sveranstaltung, die potentielle Ehrenamtliche<br />
und Interessierte über die „Peer-Beratung“<br />
und die Schulungen informierte, wurde durch<br />
Pressemeldungen in den örtlichen Medien bekannt<br />
gemacht. Dabei war neben den Zeitungen, Radio<br />
und dem örtlichen Fernsehsender das Internet ein<br />
entscheidendes Medium. Im Online-Magazin „fudder“<br />
wurde ebenso auf das Projekt und die Termine<br />
hingewiesen wie auf den Seiten des AKSF, der Stadt<br />
Freiburg und der Psychosozialen Beratungsstellen (PSB).<br />
Die Gewinnung der „Peer-BeraterInnen“ fand vorrangig<br />
über eine direkte Ansprache potentieller<br />
Interessierter in den Oberstufen der Freiburger<br />
Gymansien und in beiden Hochschulen für Sozialwesen<br />
sowie der Pädagogischen Hochschule statt.<br />
Die Bekanntmachung des Projektes und das Verteilen<br />
von Info-Flyern und Plakaten wurden von<br />
LehrerInnen und DozentInnen übernommen; zum<br />
Teil waren die beiden Schulungs-LeiterInnen auch<br />
selbst in Seminaren zu Gast, um über das Projekt<br />
zu berichten. Insgesamt stellte sich dieser Prozess<br />
als sehr aufwändig heraus: Ohne die aktive Ansprache<br />
potentieller InteressentInnen wäre die Schulung<br />
2010 nicht zustande gekommen. Die Teilnahme am<br />
„Peer-BeraterInnen“-Projekt kann nach Gesprächen<br />
mit Praxisstellen der Hochschulen mittlerweile als<br />
Praktikum angerechnet werden.<br />
Die ehrenamtlichen „Peer-BeraterInnen“ waren in<br />
der gleichen Altersstufe wie die PartygängerInnen,<br />
wobei die Volljährigkeit eine Voraussetzung darstellte.<br />
Die Altersspanne bewegte sich von 18 bis 30<br />
Jahre.<br />
Schulung der Peer BeraterInnen<br />
Für den Einsatz als „Peer-BeraterIn“ ist die im Rahmen<br />
dieses Projektes angebotene Schulung notwendige<br />
Voraussetzung. Die zwanzigstündige Schulung ist<br />
für die „Peer-BeraterInnen“ kostenlos und auf eine<br />
Gruppe von ca. 12 TeilnehmerInnen festgelegt.<br />
Die Inhalte sind dabei in 8 Module unterteilt:<br />
• Abhängigkeit und <strong>Prävention</strong>sstrategien<br />
• Gebrauch – Missbrauch – Abhängigkeit. Ursachen<br />
und Verlauf von Abhängigkeitserkrankungen<br />
und süchtigem Verhalten<br />
• Klärung des Auftrages<br />
• Eigenmotivation und Rollenfindung. Möglichkeiten<br />
und Grenzen ehrenamtlicher Tätigkeit<br />
• Grundlagen von aufsuchender Arbeit und Streetwork<br />
• Ursachen jugendlichen Gewaltverhaltens. Präventive<br />
Strategien.<br />
• Methoden der Gesprächsführung. Kommunikationsverhalten<br />
und Steigerung der Änderungsmotivation<br />
• Kenntnisse des Hilfesystems und rechtliche<br />
Grundlagen<br />
Die TeilnehmerInnen der Schulung wurden als ausgebildete<br />
„Peer-BeraterIn“ zertifiziert. Alle TeilnehmerInnen<br />
erhielten ein ausführliches Schulungsmanual.<br />
Die Schulungsinhalte sollen in Verbindung<br />
mit dem Zertifikat und den Erfahrungen aus den<br />
Einsätzen zur weiteren Arbeit in der Suchthilfe qualifizieren.<br />
Einsätze und Einsatzbegleitung<br />
Die Einsätze der Ehrenamtlichen fanden in den ausgewählten<br />
Schwerpunktnächten im Bereich des<br />
„Bermudadreieck“ statt. Von entscheidender Bedeutung<br />
war hier die fachliche Verknüpfung mit den<br />
hauptamtlichen MitarbeiterInnen der Suchthilfe. Diese<br />
Anbindung ist unerlässlich, da die Möglichkeit<br />
bestehen muss, potentielle Hilfesuchende direkt in<br />
der Nacht an die „Suchtberatung am Stehtisch“ zu<br />
verweisen. Außerdem stellt das professionelle Wissen<br />
und die Erreichbarkeit der Hauptamtlichen eine<br />
Sicherheit für die Ehrenamtlichen dar. Ferner muss<br />
die Erreichbarkeit aller Beteiligten über Handy gewährleistet<br />
sein.<br />
Neben dem Kontakt zur Suchthilfe gab es im Vorfeld<br />
und mitunter auch unmittelbar in den Einsatznächten<br />
gute Kooperationen und Absprachen mit der<br />
Polizei. Der Ort der Einsätze war in erster Linie die<br />
Präsenz in der „Partyzone“. Wichtig war dabei die<br />
äußerliche Erkennbarkeit der Ehrenamtlichen. Das<br />
einheitliche Outfit, wie bedruckte Taschen und Jacken,<br />
waren ein wichtiges Erkennungsmerkmal für<br />
die Jugendlichen und gaben den Peers auch eine<br />
öffentlich erkennbare Funktion. Das Verteilen von<br />
„give-aways“ wie kleine Rätsel, Geduldspiele oder<br />
auch ein Alkoholquiz kam bei den Jugendlichen besonders<br />
gut an.<br />
Die jeweiligen Einsätze wurden mit den beteiligten<br />
Peers zeitnah reflektiert und nachbesprochen. Die<br />
positiven wie die korrigierenden Rückmeldungen<br />
26
Innenstadt-Präsenz<br />
bedeutet im PräRIE-Konzept<br />
„Suchtberatung am<br />
Stehtisch“: drei Fachleute<br />
aus der Suchthilfe stehen<br />
in den Einsatz-Nächten<br />
am Bertoldsbrunnen für<br />
Gespräche zur Verfügung.<br />
erhöhten die Verhaltenssicherheit der Peers. Schwierige<br />
Situationen, die während der Einsätze aufgetreten<br />
waren, konnten sofort besprochen und aufgelöst<br />
werden.<br />
Projektverlauf<br />
2009: In der ersten Jahreshälfte fanden die konzeptuelle<br />
Entwicklung, die Akquise, der Infoabend<br />
und die Auftaktveranstaltung der ersten Schulung<br />
statt. In der zweiten Jahreshälfte wurden die beiden<br />
Schulungsblöcke und der Erstehilfekurs mit 10 TeilnehmerInnen<br />
durchgeführt. Die „Peer Beraterinnen“<br />
hatten ihre ersten 4 Einsatznächte.<br />
2010: Es fand eine zweite Schulung mit 17 TeilnehmerInnen<br />
statt. Die Peer BeraterInnen waren an insgesamt<br />
5 Einsatznächten unterwegs.<br />
2011: Der aktuelle „Peer-Pool“ umfasst 25 Personen.<br />
Eine Ausweitung auf weitere Stadtteile wird angestrebt.<br />
Erfahrungen der Peers<br />
In der Bilanz nach den Einsätzen der ersten beiden<br />
Jahre war sich die Gruppe der Peer-BeraterInnen einig:<br />
„Es wird echt gut angenommen - viele sprechen<br />
uns an, fragen, was wir hier machen.“ Die Umhängetaschen<br />
mit dem Logo des Arbeitskreises Suchthilfe<br />
und die Westen fallen auf. Außerdem bilden sich<br />
schnell Grüppchen um das jeweilige Peer-BeraterInnen-Team.<br />
Was bringt der ehrenamtliche Einsatz<br />
konkret? “Wir haben gleich beim ersten Mal bemerkt,<br />
wie sich die Stimmung im ‚Bermuda-Dreieck’<br />
verändert: Die Leute kommen auch miteinander ins<br />
Gespräch, gerade Gruppen, die sonst nicht miteinander<br />
reden“. Wichtigste Voraussetzung für diese<br />
Aufgabe aber sei ihrer Erfahrung nach - neben Offenheit<br />
und Toleranz - eine große Schlagfertigkeit.<br />
Für die unter 18jährigen ist das Thema „Ausgehen“<br />
sehr wichtig, sie fragen: „Was kann man in Freiburg<br />
machen, wenn man jung ist?“ Dann heißt es, Alternativen<br />
zu der Standardfrage: “Wo gehen wir saufen,<br />
wo gibt’s billigen Stoff...?“ aufzuzeigen und eine<br />
sinnvollere Gestaltung des Abends anzuregen.<br />
Ergebnisse der Projekt-<strong>Evaluation</strong><br />
In der <strong>Evaluation</strong> des SBI Esslingen wurden in Hinblick<br />
auf eine nachhaltige Entwicklung durch das<br />
Projekt folgende Indikatoren beschrieben (Zitat):<br />
1. „Das Projekt wurde entlang seiner eigenen, in<br />
der Konzeption definierten Ziele umgesetzt und<br />
war in diesem Sinne machbar und erfolgreich.<br />
2. Die Ausweitung und Übertragung der Projektidee<br />
wird befördert durch ein erfolgreiches und<br />
bewährtes Schulungskonzept und durch die Definition<br />
und inhaltliche Bestimmung der Rolle als<br />
Peer-BeraterInnen und das damit verbundene<br />
Tätigkeitsfeld.<br />
3. Bei den PeerBeraterInnen hat ein Zuwachs an<br />
Wissen und Fähigkeiten stattgefunden, die Peer-<br />
BeraterInnen sind qualifiziert.<br />
4. Das Angebot der PeerBeraterInnen ist auf hohe<br />
Akzeptanz und Nachfrage unter den Jugendlichen<br />
gestoßen. Es findet in der Lebenswelt der<br />
Jugendlichen statt.<br />
5. Das Projekt fand hohe mediale Beachtung und<br />
Eingang in die öffentliche Wahrnehmung.“<br />
Fazit<br />
Um das Projekt längerfristig erfolgreich fortzuführen<br />
wird es wichtig sein, zu überlegen wie der Kontakt<br />
der professionellen ProjektmitarbeiterInnen zu den<br />
Ehrenamtlichen und der regelmäßige Austausch der<br />
Ehrenamtlichen untereinander unterstützt werden<br />
können. Da bei den Einsätzen immer nur ein Teil der<br />
Peer-BeraterInnen aktiv sein kann, besteht die Gefahr,<br />
dass die Zugehörigkeit zum Projekt nachlässt<br />
und sich das Projekt verläuft.<br />
Gerade in der Arbeit mit Ehrenamtlichen kommt<br />
der „Beziehungspflege“ eine wichtige Rolle zu, um<br />
die Motivation zum freiwilligen Engagement zu erhalten.<br />
Es sollte nicht vergessen werden, den Ehrenamtlichen<br />
als Gruppe auf immaterielle Weise Wertschätzung<br />
für ihr Engagement auszudrücken, z.B. indem<br />
gelegentliche gemeinsame Aktivitäten für die<br />
Ehrenamtlichen organisiert werden, etwa mit erlebnispädagogischem<br />
Charakter (2010 etwa ging die<br />
Gruppe Bogenschießen). Ein weiterer positiver Effekt<br />
von gemeinsamen Aktionen ist, dass dabei das Gefühl<br />
der Gruppenzugehörigkeit gestärkt wird.<br />
27
3.3. <strong>Prävention</strong>sEvent und<br />
AlkoholfreiParty<br />
von Karin-Anne Böttcher<br />
Alkoholfreie Cocktails<br />
schmecken cool und<br />
machen Spaß: Das erfuhren<br />
die Aktiven im<br />
Projekt „AlkoholfreiParty“<br />
in Weingarten bei einer<br />
Schulung mit einem<br />
Profi-Barmixer.<br />
28<br />
Kurzbeschreibung<br />
Das Konzept, alkoholfreie Partys im Rahmen eines<br />
„Party-Battle“ attraktiv zu machen, wurde vom KonzeptBuero<br />
im Rahmen der Stadtteilarbeit in Weingarten<br />
und in enger Zusammenarbeit mit zwei<br />
Sozialpädagoginnen aus der offenen Jugendarbeit<br />
entwickelt. Als Zielgruppe wurde festgelegt: 15-25-<br />
Jährige, also junge Menschen, die normalerweise<br />
Alkohol auf ihren Partys erwarten.<br />
Die Idee: Partys ohne Alkohol werden dadurch attraktiv<br />
gemacht, dass die jeweilige Peergroup als<br />
Veranstalter auftritt und im Wettstreit um die besten<br />
Party sich etwas Kreatives einfallen lässt (Live-Auftritte,<br />
Deko, Snacks...), um die Mitbewerber zu übertrumpfen.<br />
PräRIE stellte für jede Party ein Budget für<br />
Deko- und Getränkeeinkauf zur Verfügung (150-200<br />
Euro als Zuschuss, 100 Euro als Darlehen mit Rückzahlung<br />
aus den erwirtschafteten Einnahmen sowie<br />
die Kosten für 2 Türsteher), dazu eine Preissumme<br />
von insgesamt 200 Euro.<br />
Ursprünglich waren drei Partys als Wettbewerbsbeiträge<br />
im „Party-Battle“ an aufeinanderfolgenden<br />
Wochenenden im Januar und Februar 2011 geplant.<br />
Eine Jury, die zur Hälfte aus Jugendlichen besetzt<br />
sein sollte (3 „Fachleute“, 3 „jugendliche Experten“<br />
– jeweils eine von den teilnehmenden Gruppen<br />
benannte Person), bewertet die Partys mit einer vorgegebenen<br />
Checkliste vor Ort jeweils gegen 22 Uhr.<br />
Außerdem sollte es ein Publikums-Voting per Fragebogen<br />
oder „Klatschometer“ geben.<br />
Startphase<br />
Angemeldet zur Party-Battle haben sich aufgrund<br />
persönlicher Ansprache durch MitarbeiterInnen der<br />
offenen Jugendarbeit jeweils eine Gruppe aus den<br />
beiden örtlichen Jugendzentren sowie eine Gruppe<br />
von Ministranten und Pfadfindern – keinen Erfolg
hatte der Versuch, eine Gruppe von Sinti-Jugendlichen<br />
zur Teilnahme zu motivieren.<br />
Nachdem jedoch einen Monat vor dem Startschuss<br />
die katholische Gruppe wieder ausgestiegen war,<br />
entschieden die beiden verbliebenen Gruppen, sich<br />
zusammen zu tun, gemeinsam eine Party zu veranstalten<br />
und den Preis zu teilen (ausgeschrieben waren<br />
ein schickes Abendessen und ein „Wellness-Paket“:<br />
auf Wunsch der Teilnehmerinnen gab es Karten<br />
fürs Thermalbad mit der Option, aus den Party-Einnahmen<br />
Massagen zu finanzieren).<br />
Projektverlauf<br />
Die Party fand schließlich als erste alkoholfreie<br />
„Cocktail Night“ am 28. Januar 2011 im Treffpunkt<br />
„Café und Meer“ statt und war ein voller Erfolg dank<br />
der engagierten Mitarbeit der 5-6 beteiligten Jugendlichen.<br />
Sie hatten die Idee, gegen Mitternacht<br />
eine Verlosung von Sachpreisen anzubieten, damit<br />
die Gäste nicht nur kurz hereinschauen und dann<br />
wieder „Alkohol trinken gehen“. Dafür haben sie die<br />
Preise (mit einem Sponsoren-Brief von PräRIE) selbst<br />
beim Einzelhandel eingeworben; die Verlosung fand<br />
gegen 22 Uhr statt, weil viele Gäste dann nach Hause<br />
mussten.<br />
Die liebevolle Dekoration (Sand, Muscheln, Fischernetz...)<br />
wurde ergänzt um leckere Baguette-Brote<br />
und eine ausgefeilte Cocktail-Karte. Für die beteiligten<br />
Mädchen organisierte PräRIE mit Unterstützung<br />
der Wilhelm-Oberle-Stiftung eine kostenlose<br />
Barkeeper-Schulung mit einem Profi-Mixer aus einer<br />
Freiburger Bar ummittelbar am Nachmittag der<br />
Party. Gemeinsam mit dem Profi erarbeiteten die<br />
Mädchen ihre individuelle Cocktail-Karte. Zwei DJs<br />
wechselten sich ab, die Cocktails waren neben der<br />
Tombola die Haupt-Attraktion.<br />
Entgegen ihrer eigenen Befürchtungen kamen 60<br />
zahlende Gäste, die Gruppe verkaufte mehr als 100<br />
alkoholfreie Cocktails und alle hatten viel Spaß bis<br />
ca. 23 Uhr, dann löste sich die Party langsam auf.<br />
Die Türsteher erwiesen sich allerdings als dringend<br />
notwendig, da sich draußen im Umfeld des Party-<br />
Raumes alkoholisierte Jugendliche aufhielten.<br />
Im 2. Modellstadtteil Hochdorf war ursprünglich<br />
ebenfalls eine alkoholfreie Party geplant – hier eher<br />
im größeren Stil, evtl. sogar an Fasnacht in der örtlichen<br />
Festhalle unter Mitwirkung eines Teilnehmers<br />
des „Runden Tisches“, der professionell als DJ<br />
arbeitet. Oder „klein und fein“ im örtlichen Jugendhaus,<br />
komplett von Jugendlichen organisiert und<br />
vorbereitet. Das scheiterte schließlich am engen<br />
Terminkalender des Jugendhauses und fehlender<br />
Rücksprache-Möglichkeiten im Vorfeld, da das Jugendhaus<br />
wegen eines Leitungs-Wechsels bei einigen<br />
Treffen des Runden Tisches nicht vertreten war.<br />
Außerdem stellte die Jugendhaus-Leitung das Konzept<br />
„Alkoholfreie Party“ grundsätzlich in Frage mit<br />
der Vermutung, dass dann eben VOR der Location<br />
mitgebrachter Alkohol konsumiert werde.<br />
Alternativ wurde in Hochdorf ein „<strong>Prävention</strong>s-Event“<br />
mit verschiedenen Beteiligten (örtliche Vereine, Jugendhaus<br />
etc.) in Erwägung gezogen, bei dem mögliche<br />
Attraktionen auch Musik- und Tanzangebote<br />
zum Mitmachen sein sollten, etwa aus dem Bereich<br />
„HipHop/Breakdance/StreetDance/Rap“ – hier sollte<br />
eine Tanzschule angefragt werden. Schön wäre z.B.<br />
auch ein „Talentwettbewerb“. Grundsätzlich denkbar<br />
wäre auch eine Großveranstaltung für über 1.000<br />
Leute, quasi als „alkoholfreie kleine Schwester“ des<br />
beliebten „Sea-of-Love“-Techno-Festivals auf Hochdorfer<br />
Gemerkung. Dazu bräuchte man aber einen<br />
professionellen Partner und eine Menge Sponsoren<br />
– vergleiche dazu etwa das große Festival in Blumberg/Schwarzwald:<br />
www.respectyourself.de.<br />
Auch in Weingarten wurde zum Abschluss der Modellprojekt-Phase<br />
ein „<strong>Prävention</strong>s-Event“ in der Erwachsenen-Begegnungsstätte<br />
oder im Jugendhaus<br />
(JUGI) in der Bugginger Straße geplant. Hier sollte das<br />
Thema „Don’t drink an drive“ im Mittelpunkt stehen,<br />
weil eine Einrichtung dazu im Vorjahr einen Film mit<br />
einer Gruppe Jugendlicher gedreht hatte. Der Film<br />
sollte um einen Live-Auftritt der HauptdarstellerInnen,<br />
eine Streetdance-Gruppe aus dem Stadtteil,<br />
ergänzt werden. Ein Fahrsimulator, der Trunkenheitsfahrten<br />
simuliert, wurde für das Abschluss-Event<br />
gebucht, ein internationales Buffet und ein Rauschbrillen-Parcours<br />
vorbereitet und die PräRIE-Cocktail-<br />
Bar mit dem frisch ausgebildeten „Party-Team“ als<br />
Barmixerinnen. Dieses Event fiel leider einer Grippewelle<br />
zum Opfer, aufgrund mehrerer Erkrankungen<br />
konnte das kleine Vorbereitungsteam den vereinbarten<br />
Termin nicht halten.<br />
29
Fazit<br />
Die 1. Alkoholfreie Cocktail-Nacht im Freiburger<br />
Brennpunkt-Stadtteil Weingarten ist aus unserer<br />
Sicht als voller Erfolg zu werten, entgegen aller Unkenrufe<br />
(von Seiten der TeilnehmerInnen, aber auch<br />
von erfahrenen Jugendarbeitern). Einen Dämpfer<br />
bekam das Projektteam allerdings durch den späten<br />
Rücktritt der 3. Teilnehmer-Gruppe, was aber durch<br />
die Entscheidung zur Zusammenarbeit der beiden<br />
anderen Gruppen wieder aufgewogen wurde.<br />
Allerdings war das Projekt sehr personal-intensiv:<br />
Ohne die Begleitung der jeweiligen Gruppe durch<br />
ihre pädagogischen Ansprechpartnerinnen aus der<br />
offenen Jugendarbeit hätten die jungen Menschen<br />
vermutlich nicht „durchgehalten“. Es gab mehrere<br />
Besprechungen und Vorbereitungstreffen, bei<br />
denen die TeilnehmerInnen von den beiden Sozialpädagoginnen<br />
begleitet wurden - diese sorgten<br />
etwa für verlässliche Absprachen und Aufgabenverteilung,<br />
übernahmen aber auch selbst wesentliche<br />
Arbeitspakete. Die PräRIE-Koordinatorin war bei einigen<br />
Treffen dabei, um sich selbst einen Eindruck von<br />
der „Arbeitsatmosphäre“ zu verschaffen, außerdem<br />
übernahm sie die Pressearbeit und Sponsoren-Kontakte.<br />
Einen „Dämpfer“ bekam die Euphorie der Projektbeteiligten<br />
bei Party-Ende durch einen Vorfall im<br />
unmittelbaren Umfeld, als der PKW einer beteiligten<br />
Sozialpädagogin vor der Party-Location durch einen<br />
randalierenden Jugendlichen beschädigt wurde –<br />
es besteht aber kein unmittelbarer Zusammenhang<br />
zur Party, sondern war eher Zufall, dass gerade das<br />
Fahrzeug einer Projektbeteiligten Objekt der Vandalismus-Attacke<br />
wurde. Der Vorfall führte jedoch<br />
noch einmal deutlich vor Augen, dass solche Angebote<br />
in einem Brennpunkt-Stadtteil intensiver fachlicher<br />
Begleitung bedürfen und hier sicher nicht in<br />
Eigenregie von Jugendlichen durchgeführt werden<br />
können.<br />
Insgesamt wird das Konzept „Alkoholfreie Party“ von<br />
allen Beteiligten als vielversprechend und zukunftsträchtig<br />
gesehen und soll ins „Regel-Angebot“ von<br />
PräRIE aufgenommen werden. Geplant sind jährliche<br />
Ausschreibungen für mehrere Party-Teams in<br />
Freiburg – auch die „Battle-Idee“ soll noch einmal<br />
aufgegriffen werden. Wichtig ist allerdings für alle<br />
Beteiligten, dass von vorn herein die Voraussetzungen<br />
klar sind und verbindlich kommuniziert<br />
werden.<br />
30
„Arbeitskreis<br />
Suchthilfe Freiburg“<br />
(AKSF) lockt junge Menschen<br />
in der Innenstadt<br />
an die Stehtische:<br />
„Ihr macht Suchthilfe?<br />
Trinke ich etwa zu viel?“<br />
31
4. <strong>Information</strong>, Fachtage und<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
4.1. Fachtagungen<br />
von Jeanette Piram<br />
Austausch mit<br />
Fachleuten aus Wissenschaft<br />
und Praxis standen<br />
im Mittelpunkt der drei<br />
Freiburger Fachtagungen:<br />
2009 ging es um „Alkohol<br />
und Gewalt“, 2010 um das<br />
„Kulturgut Alkohol“.<br />
Bei der ersten Vernetzungstagung des Arbeitskreises zum Thema „Abend(t)euer Alkohol“<br />
im Jahr 2008 wurde erstmals die Frage erörtert, wie eine Stadt sich dem Thema<br />
„übermäßiger Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum“ produktiv nähern kann.<br />
Die Vorträge von bundesweit anerkannten Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen<br />
initiierten einen fruchtbaren interdisziplinären Dialog und mehr Verständnis<br />
für die Anliegen der unterschiedlichen Interessensgruppen. Auf dieser Basis entwickelte<br />
sich der politische Wille, in Freiburg eine Kommunale Alkoholpolitik zu etablieren.<br />
32<br />
Mit dem zweiten Fachtag „Gewalkohol“ war als<br />
nächstes die Thematik der engen Verbindung von<br />
übermäßigem Alkoholkonsum und Gewalt-Handlungen<br />
im öffentlichen Raum im Mittelpunkt.<br />
Diese Tagung verdeutlichte sowohl von der theoretischen<br />
Seite als auch durch die praktischen Erfahrungsberichte,<br />
dass sich die einzelnen Anbieter von<br />
Gewaltpräventionsprojekten und die Anbieter von<br />
Behandlungsprogrammen für Gewalt-Opfer/Täter<br />
untereinander nicht wirklich kennen.<br />
Das Ziel „Vernetzung“ hatte bei dieser Tagung<br />
oberste Priorität. Als Ergebnis ist aber auch deutlich<br />
geworden, dass die beiden Bereiche nicht „in einer<br />
Hand“ liegen können und dass die Entwicklung gemeinsamer<br />
Strategien zur Eindämmung des Themas<br />
„Gewalt und Alkohol“ jeder Bereich aus seiner Sicht<br />
bzw. mit seinem spezifischen Zugang zur Zielgruppe<br />
– bewerkstelligen muss. Denn Suchtprävention<br />
ist keine Gewaltprävention und Gewaltprävention<br />
ist keine Suchtprävention.<br />
Im Jahr 2010 widmete sich der Fachtag dem Genussmittel<br />
Alkohol, und dem notwendigen Spagat,<br />
zwischen Konsum als Kultur-Gut und dem Unerwünschten<br />
exzessiven Konsum in der Öffentlichkeit,<br />
was als störend erlebt wird und viele junge Menschen<br />
und Erwachsene in ihrer Gesundheit gefährden.<br />
Dass Genuss die Grundlage für einen guten Umgang<br />
mit Alkohol ist, ist Allgemeinwissen. Welche<br />
Voraussetzungen es aber braucht, dass Genuss in einer<br />
schnelllebigen Zeit (wieder) Möglich ist, das dies<br />
auch politisch gewollt sein muss – das wurde von<br />
Mats Johansson von slow-food erläutert.<br />
Die Alkoholpolitik als entscheidende Größe, wie Konsum<br />
gelenkt wird und welche Interventionsansätze<br />
nachhaltig Erfolg haben, war das Thema von Walter<br />
Farke. Viele als wirksam anerkannten Faktoren sind<br />
im Freiburger PräRIE-Projekt realisiert: zielgruppenspezifisches<br />
Vorgehen, strukturelle Veränderungen,<br />
Einbezug von Peers etc. Dies hat die Gesamtkonzep-
Alkohol aus drei verschiedenen<br />
Perspektiven:<br />
Jeder der drei Fachtage<br />
stand unter einem speziellen<br />
Motto, das auch in<br />
einem eigenen Logo zum<br />
Ausdruck kam.<br />
• Alkohol als Abenteuer<br />
• Alkohol als Gewaltfaktor<br />
• Alkohol als Kulturgut<br />
tion und die zukünftig geplanten Aktionen umfänglich<br />
unterstützt, so dass das PräRIE-Team wissenschaftlich<br />
gestärkt aus diesem Fachtag herausging.<br />
Projektverlauf<br />
Viele Wege führen zum Ziel – die Kommunale Alkoholpolitik<br />
in Freiburg. Das Publikum der drei Fachtage<br />
war bei allen Tagungen – laut Rückmeldungen<br />
– sehr positiv überrascht über die Vielfältigkeit der<br />
bereits laufenden Aktionen und Angebote. Ob dies<br />
nun Projekte im Gewaltbereich waren, oder Genuss-<br />
Training für Jugendliche oder die vielen Bausteine<br />
innerhalb des PräRIE-Projektes. Diese Vielfalt anzuerkennen<br />
– auch als verschiedene Wege hin zu einem<br />
bewußten, verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol<br />
– das war das Ziel der Fachtage.<br />
Die politischen VertreterInnen der Stadt Freiburg<br />
waren bei allen Fachtagen anwesend und/oder<br />
auch beteiligt. Dies ist ein wichtiger Punkt der Prä-<br />
RIE-Grundgedanken: eine kommunale Alkoholpolitik<br />
muss getragen werden – zu allererst von den<br />
öffentlichen, politischen RepräsentantInnen, dann<br />
folgen auch die BürgerInnen der Stadt nach.<br />
Dass es gelungen ist PräRIE als städtische Gesamtaufgabe<br />
zu etablieren, ist ein großer Erfolg des gesamten<br />
Projektes – die Fachtage waren hierfür notwendige<br />
Bausteine und Öffentlichkeit. In Zukunft wird in Freiburg<br />
nicht mehr „nur das Bermudadreieck mit Alkohol-<br />
Verbot“ im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung<br />
stehen, sondern die Stadt mit „gelebtem Genuss“.<br />
Die Fachöffentlichkeit hat die Fachtage genutzt, um<br />
sich dem Thema Sucht von einer anderen – sozialraumorientierteren<br />
Seite – zu nähern. Dieser Ansatz<br />
ist das Kernstück von PräRIE: so alt er auch sein mag,<br />
so sehr wurde er in den letzten Jahren vernachlässigt.<br />
Die Vielfalt der in diesem Bericht beschriebenen<br />
Bausteine hat sich in den Fachtagen der Öffentlichkeit<br />
präsentiert, zum kooperieren eingeladen und –<br />
was ganz wichtig ist – zum übernehmen der Idee.<br />
Fazit<br />
Die Fachtage waren Motor des PräRIE-Projektes<br />
– solange es ein Projekt war. Die Fachtage waren die<br />
Plattform, Praxis und Forschung zu verzahnen und<br />
neue Impulse für die Arbeit vor Ort zu bekommen,<br />
die bereits an anderer Stelle evaluiert waren. Die<br />
Fachtage waren der Ort der Vernetzung verschiedenster<br />
Akteure auf kommunalpolitischer Ebene.<br />
Die Fachtage waren durch die kulturelle Ausgestaltung<br />
jedes Mal auch ein Schritt hin zu einer Genusskultur,<br />
die vormachte, dass Genießen im Kontext<br />
von Arbeit, Fachgespräch und in einer öffentlichen<br />
Veranstaltung machbar ist. Diese Art der Veranstaltung<br />
soll animieren in Freiburg in Zukunft bewusst<br />
auf die „Kleinigkeiten“ zu achten, - ganz im Sinne der<br />
Achtsamkeit, die ein protektiver Faktor gegen Suchterkrankung<br />
ist.<br />
33
4.2. Öffentlichkeitsarbeit<br />
von Karin-Anne Böttcher<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
findet auch auf der<br />
Straße statt: Peer-BeraterInnen<br />
und Suchthilfe-<br />
Profis kommen nachts<br />
leicht mit jungen Partygästen<br />
in Kontakt – und<br />
werden auch von Anderen<br />
angesprochen.<br />
Kommunale Alkoholpolitik muss im öffentlichen Bewusstsein verankert werden, um<br />
wirksam zu sein. Deshalb hatte die Öffentlichkeitsarbeit während der Modellprojekt-<br />
Laufzeit von PräRIE eine wichtige Rolle. Dabei wurden von vornherein Jugendliche<br />
und junge Erwachsene über sogennte „Beteiligungsprojekte“ als „Experten in eigener<br />
Sache“ einbezogen. Diese Beteiligungsprojekte waren integraler Bestandteil des<br />
PräRIE-Konzeptes. Eine Gruppe von Studierenden der Freiburger Hochschule für<br />
Grafikdesign entwickelte die Internet-Präsenz für die Zielgruppe „Junge Menschen“<br />
von (www.bermuda-stories.de). Von der Projektkoordinatorin wurden <strong>Information</strong>en<br />
für MultiplikatorInnen, etwa als Flyer oder Internet-Auftritt (www.freiburg.de/praerie)<br />
konzipiert und realisiert.<br />
34<br />
Als wichtigste Zielgruppe für PräRIE wurden in der Erhebung<br />
„StreetTalk“ 2008 Heranwachsende und junge<br />
Erwachsene im Alter zwischen 17 und 25 Jahren<br />
identifziert – hier wurde eine große Neigung zum<br />
riskanten Alkoholkonsum deutlich. Gleichwertig daneben<br />
sehen wir potentielle MultiplikatorInnen als<br />
Zielgruppe: MitarbeiterInnen der Jugendarbeit und<br />
Jugendgerichtshilfe, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern,<br />
medizinisches Fachpersonal, aber auch Vertreter von<br />
Handel und Gastronomie und von festveranstaltenden<br />
Vereinen. Dieser „zweigleisige“ Ansatz prägte<br />
auch die Öffentlichkeitsarbeit von PräRIE.<br />
Startphase<br />
Zunächst wurde das PräRIE-Logo und eine Gemeinschafts-Visitenkarte<br />
der teilnehmenden Beratungseinrichtungen<br />
entwickelt, die etwa bei den Einsätzen<br />
in der Innenstadt und in den Kliniken mitgegeben<br />
wird. Es folgte ein mit dem ganzen Projektteam<br />
abgestimmter provisorischer Flyer mit den zentralen<br />
Aussagen zu Projektzielen, -inhalten und -beteiligten.<br />
Die Projektkoordinatorin konzipierte eine<br />
umfangreiche informative Website für MultiplikatorInnen<br />
(www.freiburg.de/praerie) mit zahl reichen
Download-Angeboten, die von der Online-Redaktion<br />
des städtischen Pressereferates umgesetzt wurde<br />
– Struktur, Inhalte, Fotos und Texte wurden von<br />
der Projektkoordinatorin geliefert. 2010 schließlich<br />
wurde ein 12seitiger Folder gedruckt, der die Projekt-Inhalte<br />
mit Fotos illustriert und grafisch interessant<br />
umsetzt.<br />
Praktische Öffentlichkeitsarbeit im Austausch mit<br />
Fachleuten und MultiplikatorInnen erfolgte vor<br />
allem durch die beiden Fachtage während der<br />
Projektlaufzeit, zusätzlich durch zahlreiche Präsentationen<br />
des PräRIE-Konzeptes lokal (Mitgliederversammlung<br />
der Arbeitsgemeinschaft Freiburger<br />
Bürgervereine, Sitzungen zwei verschiedener Ortschaftsräte<br />
sowie einer Versammlung Freiburger<br />
Ortsvorsteher) und (über-)regional (Jahrestagung<br />
der baden-württembergischen Landesstelle Sucht<br />
und zwei Statuskolloquien im Rahmen „Neuakzentuierung<br />
der <strong>Prävention</strong>“ in Stuttgart; Deutscher<br />
Jugendhilfetag 2009 in Nürnberg; Jahrestagung<br />
der niedersächsischen Landesstelle Jugendschutz<br />
2010 in Hannover.<br />
Die zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeitwurde<br />
in Zusammenarbeit mit Studierenden der<br />
Freien Hochschule für Grafik Design Freiburg entwickelt.<br />
Dabei entstand neben der Website bermuda-stories.de<br />
als sogenanntes „Alternate Reality<br />
Game“ ein internetbasiertes Suchspiel für die Freiburger<br />
Innenstadt mit dem Titel „Blackout“, das im<br />
Juli 2010 als Mini-Event im Bermuda-Dreieck Premiere<br />
hatte. Im November 2010 wurde dann die Internetpräsenz<br />
beworben mit sogenannten „Handtuchplakaten“<br />
in allen Fahrzeugen des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs sowie mit Postkarten, die in<br />
Kneipen ausgelegt wurden. Die großangelegte Befragung<br />
des. „StreetTalk“ (259 Interviews) war – wie<br />
jeder Termin der „Suchtberatung am Stehtisch“ –<br />
ebenfalls eine Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Insgesamt wurden durch direkte Ansprache in der<br />
Innenstadt (an Stehtischen und durch PeerberaterInnen)<br />
2009/10 mehr als 1.500 Menschen erreicht.<br />
Projektverlauf und Fazit<br />
Das PräRIE-Programm erreichte insgesamt eine<br />
große öffentliche Resonanz, die sich allerdings nur<br />
bermuda-stories.de<br />
Freiburger Nächte<br />
sind lang.<br />
Ein Handtuch-Plakat<br />
warb in allen Bussen<br />
und Straßenbahnen<br />
in Freiburg für die<br />
Zielgruppen-Website<br />
„bermuda-stories.de“.<br />
Die Website wurde von<br />
Studierenden entworfen<br />
und mit Inhalten<br />
gefüllt.<br />
35
Freiburger Nächte<br />
„Freiburger Nächte<br />
sind lang“ – mit diesem<br />
Slogan und einer<br />
Stadtsilhouette im Morgenrot<br />
warben Postkarten<br />
in Kneipen bei der<br />
jungen Zielgruppe für<br />
das PräRIE-Projekt und<br />
die Website.<br />
sind lang.<br />
Karten-08-quer-final.indd 1 02.11.2010 16:06:18<br />
teilweise in der Medien-Berichterstattung spiegelte.<br />
Die große Pressekonferenz zum Projektstart im Mai<br />
2009 und ein Pressegespräch mit einer vorläufigen<br />
Bilanz und den Ergebnissen des zweiten StreetTalk<br />
im November 2010 wurden, wie auch die meisten<br />
Pressemitteilungen, von verschiedenen Medien als<br />
Bericht anlass aufgegriffen. Zusätzlich gab es mehrere<br />
<strong>Information</strong>sveranstaltungen mit Möglichkeit<br />
zum Experten-Austausch für VertreterInnen der Gemeinderats-Fraktionen.<br />
Die im Rahmen der Innenstadt-Präsenz zusätzlich<br />
vorgesehenen „Mini-Events“ konnten während der<br />
Projektlaufzeit nur ansatzweise realisiert werden<br />
– wegen der Fülle von Teilprojekten, die in der Umsetzung<br />
fast durchgängig aufwändiger waren als<br />
gedacht. Hier soll gemeinsames Handeln und das<br />
Ausprobieren von Neuem im Mittelpunkt stehen,<br />
wie bereits 2008 mit dem Mini-Event „StreetBeats<br />
– Einfach mal draufhauen!“ demonstriert wurde:<br />
„StreetBeats“ bot angeleitete „Recycling-Percussion<br />
zum Selbermachen“ (Trommeln auf Mülltonnen)<br />
und Samba mit der Trommelgruppe „Brasilikum“<br />
als Anheizer. der Öffentlichkeits- und Medienwirksamkeit<br />
stand dahinter das Ziel, Heranwachsenden<br />
und jungen Erwachsenen zu vermitteln, dass man<br />
in Freiburg auch ohne Alkohol viel Spaß haben kann<br />
– verbunden mit der Erfahrung, dass zu viel Alkohol<br />
zwar die Hemmungen senkt, aber das Mitmachen<br />
(Treffen des Taktes!) unmöglich macht.<br />
Die Badische Zeitung als einzige lokale Tageszeitung<br />
(in einer Stadt mit 4.000 Vereinen und unzähligen<br />
Sozial-Projekten!) konnte allerdings nicht jeden<br />
von PräRIE angebotenen Termin wahrnehmen; über<br />
das „Mini-Event“ Ende Juli 2010 etwa wurde wegen<br />
der Terminfülle am Schuljahresende in der BZ<br />
nicht berichtet; es gab aber einen größeren Text im<br />
Anzeigenblatt „Stadtkurier“ und ein Interview im<br />
Uni-Radio zu diesem Event. Die Badische Zeitung<br />
brachte im März 2011 in Eigeninitiative einen Beitrag<br />
zur Bilanz der Stadtteil-Arbeit. Insgesamt zeigt der<br />
Pressespiegel eine bunte Mischung der verschiedenen<br />
journalistischen Formate und Stilformen, von<br />
Interviews und Porträts über Reportagen bis hin zur<br />
gelungenen Umsetzung unseres Rezeptes als Video-Sequenz<br />
des Online-Magazins „fudder.de“ mit<br />
einem bekannten Barkeeper anlässlich der Vorstellung<br />
des Freiburg-Cocktails.<br />
Es hat sich gezeigt, dass eine kontinuierliche Medienarbeit<br />
für ein Projekt mit Kampagnen-Charakter<br />
wie PräRIE sehr wichtig ist, um einen ausreichenden<br />
Bekanntheitsgrad zu erreichen. Hier sollte mit einer<br />
systematischen PR-Jahresplanung gearbeitet werden,<br />
im Idealfall auf der Basis einer „Medien-Partnerschaft“,<br />
die eine verlässliche Berichterstattung<br />
wenigstens in einem Medium garantiert.<br />
36
5. Alkoholpolitik<br />
Von Beginn an gehörte das von Christian Jordi (Schweiz) beim Fachtag 2008 in Freiburg<br />
vorgestellte „Radix-Konzept“ einer „Kommunalen Alkoholpolitik“ zu den zentralen<br />
Bausteinen des PräRIE-Programms. So wurde unmittelbar nach der Bewilligung der<br />
Projektmittel im Rahmen der „Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg“ im Frühjahr<br />
2009 mit der Übertragung des Schweizer Konzeptes auf die Freiburger Situation<br />
begonnen. Dabei wurde in zwei verschiedenen Settings gearbeitet: Einerseits wurden<br />
unter der Überschrift „Kommunale Alkoholpolitik vor Ort“ in zwei Modell-Stadtteilen<br />
Runde Tische etabliert und konkrete, auf die Situation vor Ort zugeschnittene <strong>Prävention</strong>s-Projekte<br />
ins Leben gerufen. Andererseits wurden gemeinsam mit dem Amt für<br />
öffentliche Ordnung und der polizeilichen Kriminalprävention unter dem Titel „Festkultur“<br />
Richtlinien für Festveranstalter erarbeitet und anschließend mit verschiedenen<br />
Vereinen diskutiert – so konnte ein wichtiger Bereich, der tendenziell mit problematischem<br />
Alkoholkonsum belastet ist, für die Freiburger Alkoholpolitik bearbeitet werden.<br />
Ehrenamtliche<br />
im Austausch:<br />
Günter Reustlen, Nachtwanderer<br />
aus Öhringen<br />
im Austausch mit dem<br />
Hochdorfer Ortsvorsteher<br />
Christoph Lang-Jakob über<br />
die Möglichkeiten Ehrenamtlicher,<br />
Jugendliche<br />
nachts anzusprechen.<br />
5.1. Stadtteilarbeit und Runde Tische<br />
von Klaus Limberger und Karin-Anne Böttcher<br />
38<br />
Radix – ein Schweizer Konzept zur<br />
lokalen Alkoholpolitik<br />
Die sichtbaren alkoholbedingten Probleme haben<br />
in den letzten Jahren durch den zunehmenden<br />
Konsum bei Jugendlichen und Erwachsenen deutlich<br />
zugenommen. Stark und direkt davon betroffen<br />
sind die Kommunen: sei es durch Lärmbelästigungen,<br />
Abfallberge oder Vandalismus, aber auch durch<br />
eine verstärkte Belastung der Gremien und der<br />
Verwaltung, die sich mit den daraus entstehenden<br />
Folgen dieser Probleme auseinandersetzen müssen.<br />
Deshalb ist gerade in den Kommunen das Bedürfnis<br />
nach einer Veränderung der Situation besonders<br />
hoch.<br />
Gleichzeitig haben Schweizer Erfahrungen mit Lokaler<br />
Alkoholpolitik gezeigt, dass Gemeinden in<br />
der Suchtprävention effektiv und effizient handeln<br />
können: Viele Rahmenbedingungen, die den Alkoholmissbrauch<br />
(vor allem bei Jugendlichen) beeinflussen,<br />
können von und in einer Gemeinde direkt
gesteuert werden, etwa bei der Überlassung der<br />
Hallen für öffentliche Veranstaltungen oder Gestattungen<br />
für Bewirtungen. Besondere Regelungen<br />
für Plätze und Treffpunkte im öffentlichen Raum,<br />
<strong>Prävention</strong> in Vereinen und auch Schulen sind nur<br />
einige Beispiele. Allerdings sind die verschiedenen<br />
Möglichkeiten der Einflussnahme den Verantwortlichen<br />
in den Gemeinden oft kaum bekannt oder es<br />
bestehen Zweifel, dass die Umsetzung Sinn machen<br />
kann - oder aber diese Aufgabe wird zunächst den<br />
(Sozial-)Pädagogen überlassen, ohne die politischstrukturellen<br />
Möglichkeiten zu nutzen.<br />
Die Schweizer Erfahrungen empfehlen, lokale Alkoholpolitik<br />
mit einem Beschluss der Gemeindeorgane<br />
zu starten, die Massnahmen mit einer breiten<br />
Beteiligung von unterschiedlichen Gemeindegruppen<br />
zu entwickeln und wiederum von den Gemeindeorganen<br />
zur Umsetzung zu beschließen. So kann<br />
eine grosse Akzeptanz für die Massnahmen erreicht<br />
werden.<br />
Wirksame Alkoholprävention:<br />
Kommunale Alkoholpolitik<br />
Erfolgversprechend für eine hohe Wirksamkeit ist<br />
eine Verbindung von Verhaltens- und Verhältnisprävention<br />
auf lokaler Ebene:<br />
• Die Verhaltensprävention ist hauptsächlich pädagogisch<br />
orientiert. Sie richtet sich an den einzelnen<br />
Menschen und beabsichtigt, durch <strong>Information</strong>en,<br />
Trainings und durch das Aufzeigen<br />
von Alternativen Einstellungen, Kompetenzen<br />
und Verhaltensweisen im Sinne eines verstärkten<br />
Gesundheitsbewusstseins zu beeinflussen.<br />
Maßnahmen zur Verhaltensprävention findet z.<br />
B. in Schulen, Jugendarbeit, Vereinen und in der<br />
Erwachsenenbildung statt.<br />
• Die Verhältnisprävention ist vorwiegend politisch<br />
orientiert. Sie setzt an bei der Beeinflussung<br />
sozialer, kultureller, rechtlicher und ökonomischer<br />
Rahmenbedingungen durch politisches<br />
Handeln. Kommunalverwaltung und Gemeinderat<br />
haben durchaus Möglichkeiten, diese<br />
Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die<br />
strukturellen Bedingungen innerhalb der Gemeinde<br />
einem Alkoholmissbrauch vorbeugen.<br />
Dazu gehören beispielsweise Vorgaben bei der<br />
Gestattung von Veranstaltungen, die Durchsetzung<br />
des Jugendschutzes oder auch eine Lokale<br />
(Kommunale) Alkoholpolitik.<br />
Wirksam ist Alkoholprävention dann, wenn sie langfristig<br />
angelegt ist, koordiniert betrieben wird und<br />
zu verbindlichem Handeln bei allen Beteiligten führt.<br />
Erst bei einer im Gemeindealltag verankerten Alkoholprävention<br />
kann von einer Lokalen Alkoholpolitik<br />
der Gemeinde gesprochen werden.<br />
Angelehnt an den Policy-Zirkel von Brewer und<br />
De Leon ( Policy-Cycle, 1983) hat sich die Planung<br />
und Umsetzung einer lokalen Alkoholpolitik in folgenden<br />
sechs Schritten in über 140 Gemeinden in<br />
der Schweiz bewährt:<br />
1. Agendasetting<br />
2. Bildung eines runden Tisches<br />
3. Situationsbeschreibung<br />
4. Beschluss Massnahmenplan<br />
5. Umsetzung Massnahmenplan<br />
6. Verankerung und Nachhaltigkeit<br />
Aus: „Leitfaden für eine Alkoholpolitik Ihrer Gemeinde“, bwlv<br />
2008 und RADIX 2007<br />
„Alkoholpolitik vor Ort“ – in Freiburger<br />
Stadtteilen<br />
Das „Radix“-Programm richtet sich v.a. an kleinere<br />
Städte und Gemeinden bis 20.000 Einwohner. Diesen<br />
Ansatz auf eine große Stadt wie Freiburg (Oberzentrum<br />
mit 200.000 Einwohner) zu übertragen,<br />
bedeutet unserer Ansicht nach, auf der Ebene der<br />
Stadtteile anzusetzen.<br />
Startphase<br />
Im Herbst 2009 wurden per Ausschreibung zwei<br />
„Modell-Stadtteile“ gesucht. „Kick-Off-Veranstaltung“<br />
war die Präsentation des PräRIE-Programmes<br />
und der Möglichkeiten einer „Kommunalen Alkoholpolitik“<br />
in einer Versammlung der „Arbeitsgemeinschaft<br />
Freiburger Bürgervereine“ im Oktober 2009.<br />
Die in der Presse und per persönlichem Anschreiben<br />
an Ortsvorsteher und Bürgervereins-Vorsitzende<br />
Anfang November veröffentlichte Ausschreibung<br />
richtete sich an alle Freiburger Teilorte (früher<br />
selbstständige Gemeinden, die ihren „dörflichen“<br />
Charakter beibehalten haben und mit eigenen Ortsverwaltungen<br />
und Ortschaftsräten eine gewisse<br />
Autonomie bewahrt haben) sowie an alle Freiburger<br />
Bürgervereine als Interessenvertretungen der Stadtteile<br />
(innerhalb des geschlossenen Stadtgebietes).<br />
Beworben haben sich schließlich die Teilorte Kappel<br />
und Hochdorf sowie die Stadtteile St. Georgen, Herdern<br />
und Weingarten. In St. Georgen lief bereits seit<br />
einem guten Jahr das Projekt „St. Georgen schaut<br />
hin“ – im Gegenzug zu einem breiten Erfahrungs-<br />
39
austausch wurde dieses Projekt aus PräRIE-Mitteln<br />
im Jahr 2009 mit laufenden Vorhaben als zusätzlicher<br />
„3. Modell-Stadtteil“ unterstützt. Die Entscheidung<br />
für Hochdorf fiel innerhalb des Projektteams<br />
v.a. aufgrund der bereits seit längerem bestehenden<br />
Kontakte und Vorerfahrungen (auch des bwlv),<br />
während für den 2. Modell-Stadtteil die Vermutung<br />
eines „erhöhten Bedarfs“ in Weingarten mit seiner<br />
problematischen Sozialstruktur sprach – außerdem<br />
wollten wir mit dem Hochhaus-Stadtteil einen echten<br />
Kontrast zum ländlichen Hochdorf haben.<br />
In Stadtteil Hochdorf war der Ortsvorsteher der „Motor“<br />
des Projektes. Zunächst holte er den Ortschaftsrat,<br />
dann die „Gemeinschaft Örtlicher Vereine“ über<br />
Präsentationen des PräRIE-Konzeptes durch das<br />
Projektteam ins Boot. Darauf konstituierte sich ein<br />
Runder Tisch, der sich zwischen Mai 2010 und Februar<br />
2011 fünf Mal traf, um über die lokale Problematik<br />
zu sprechen und Maßnahmen und Projekte zu<br />
planen.<br />
Im Stadtteil Weingarten ging die Initiative vom Bürgervereinsvorsitzenden<br />
im Verbund mit dem Leiter<br />
des Kinder- und Jugendzentrums aus. Der „Runde<br />
Tisch Alkoholpolitik vor Ort“ konstituierte sich überwiegend<br />
aus TeilnehmerInnen des bereits bestehenden<br />
„Runden Tisches Kinder- und Jugendarbeit“.<br />
Hier gab es zwischen Mai 2010 und Februar 2011<br />
ebenfalls fünf Sitzungen.<br />
Projektverlauf und persönliches Fazit<br />
Ursprünglich war geplant, dass während der Projektlaufzeit<br />
insgesamt vier Modell-Stadtteile zum Zuge<br />
kommen sollten –wir gingen davon aus, mit ersten<br />
Sitzungen der Runden Tische in den ersten beiden<br />
Modell-Stadtteilen noch vor Weihnachten 2009<br />
starten zu können, so dass im 2. Halbjahr 2010 zwei<br />
weitere Stadtteile zum Zuge kommen könnten. Diese<br />
Vorstellungen waren jedoch unrealistisch, da sich<br />
das Verfahren an den Sitzungs-Turnus der jeweils<br />
zugrunde liegenden Gremien (AFB, Ortschaftsrat,<br />
bestehende Runde Tische etc.) angleichen musste.<br />
Damit verzögerte sich der Projektstart um mehrere<br />
Monate (Mai 2010).<br />
Verschiebung der Akzente – lokale Unterschiede:<br />
Es zeigte sich im Projektverlauf, dass das im Radix-<br />
Konzept übliche Verfahren der „Bestandsaufnahme<br />
mit Agenda-Setting und anschließendem Maßnahmenplan“<br />
so nicht direkt übertragbar war, da die<br />
Zusammensetzung der Runden Tische nicht bei<br />
jedem Treffen identisch war und es entsprechende<br />
Verschiebungen der Schwerpunkte je nach aktueller<br />
Interessenlage der TeilnehmerInnen gab.<br />
In Hochdorf etwa wurde zunächst basierend auf<br />
unangenehmen Erfahrungen mit trinkenden Jugendlichen<br />
auf dem Stadtteil-Fest „Waldhock“ ein<br />
Schulungs-Angebot für Ehrenamtliche (Deeskalations-<br />
und Kommunikationstraining) gefordert<br />
und parallel dazu ein „<strong>Prävention</strong>s-Event“ (z.B. eine<br />
alkoholfreie Fasnachts-Disko) geplant – allerdings<br />
aufgrund der Neubesetzung der Leitungsstelle im<br />
Jugendhaus zunächst ohne Beteiligung der Jugendarbeit,<br />
was schließlich zur Absage des Events wegen<br />
einer Terminüberschneidung führte.<br />
Erfolgreich wurde jedoch der zweite Handlungsstrang<br />
in Hochdorf umgesetzt und ein Schulungsangebot<br />
für Ehrenamtliche konzipiert, nachdem verschiedene<br />
Modelle ehrenamtlichen Engagements<br />
für riskant trinkende Jugendliche in öffentlichen Veranstaltungen<br />
präsentiert und diskutiert worden waren.<br />
Vorgestellt wurden die Modelle „Festbegleiter“<br />
und „Nachtwanderer“ von ehrenamtlich Aktiven,<br />
außerdem referierte eine Diplomandin der Psychologie<br />
über Gesprächseinstiege und Zugangsmöglichkeiten<br />
unter dem Stichwort „Mit Jugendlichen<br />
über Alkohol reden“. Nach diesen Präsentationen<br />
entschied sich eine Gruppe von Hochdorfer Bürgerinnen<br />
und Bürgern für das Modell der „Nachtwanderer“;<br />
PräRIE steuerte als Schulungsangebot eine<br />
Einführung in die „Motivierende Gesprächsführung“<br />
bei. Im Mai 2011, zwei Monate nach Ende der Projektlaufzeit,<br />
konstituierte sich die Gruppe der „Hochdorfer<br />
Nachtwanderer“.<br />
In Weingarten wurde einerseits der Blick auf den „Alkoholkonsum<br />
in den Familien“, andererseits auf die<br />
Treffpunkte der Jugendlichen gelegt mit der Frage<br />
„Gibt es genügend Freizeitangebote am Wochenende<br />
im Stadtteil oder trinken viele Jugendliche aus<br />
Langeweile?“. Neuralgische Punkte wie der unmittelbar<br />
an den Fußballplatz angrenzende Grillplatz<br />
gerieten z.B. wieder aus dem Blickfeld, nachdem der<br />
Vorsitzende des Sportvereins aus gesundheitlichen<br />
Gründen an mehreren Sitzungen nicht teilnehmen<br />
konnte, ähnliches gilt für das „innerfamiliäre Handlungsfeld“.<br />
Stattdessen wurde die professionelle<br />
Jugendarbeit im Stadtteil im Rahmen des Projektes<br />
aktiv und konzipierte gemeinsam mit der Projekt-<br />
Koordinatorin das Teilprojekt „Party Battle“ (s. Kapitel<br />
3.4.) sowie eine Umfrage zum Freizeitverhalten<br />
von Jugendlichen im Stadtteil (s. Kapitel 3.3.). Das<br />
geplante „<strong>Prävention</strong>s-Event“ als zweites relativ personal-intensives<br />
Projekt in Weingarten konnte dann<br />
allerdings wegen eines zu kleinen Kreises von AkteurInnen<br />
aufgrund einer Grippe-Welle im Februar<br />
2011 nicht realisiert werden.<br />
40
5.2. „Festbegleiter“ St. Georgen und<br />
„Nachtwanderer“ Hochdorf<br />
von Karin-Anne Böttcher<br />
Kurzbeschreibung<br />
„St. Georgen schaut hin!“<br />
Im Freiburger Stadtteil St. Georgen gründete im<br />
Frühjahr 2008 eine Gruppe engagierter Bürgerinnen<br />
und Bürger die Initiative „St. Georgen schaut<br />
hin!“. Dem ging eine Diskussionsrunde der AG Jugend<br />
des Bürgervereins und des örtlichen Jugendzentrums<br />
voraus, worauf der Zunftvogt der Reblauszunft<br />
die Idee zur Initiative formulierte. Nach einer<br />
Podiumsdiskussion zum Umgang Jugendlicher mit<br />
Alkohol und Gewalt im April 2008 fand sich rasch<br />
ein Initiativkreis aus Vereinsvertretern und engagierten<br />
BürgerInnen zusammen, die in losen Treffen die<br />
ersten Ideen entwickelten, um das Konzept umzusetzen.<br />
Ehrenamtliche<br />
„Festbgleiter“<br />
sind im Stadtteil<br />
Freiburg-St. Georgen<br />
seit 2009 erfolgreich<br />
bei den alljährlichen<br />
Weinfesten im Einsatz.<br />
Im April 2009 ging aus dieser Initiative eine Gruppe<br />
von „FestbegleiterInnen“ hervor, die mit Unterstützung<br />
eines <strong>Prävention</strong>sbeamten (Kriminalhauptkommissar<br />
Beck) bei der Polizeidirektion Freiburg<br />
– Kriminalprävention – in einem Workshop vor Ort<br />
ausgebildet wurde, um ein „möglichst störungsfreies<br />
Weinfest“ zu ermöglichen. Dieses mehrtägige<br />
„Weinfest“ findet jedes Jahr Anfang Mai als erstes<br />
großes Stadtteilfest Freiburgs statt und zieht auch<br />
junge Menschen aus einer weiteren Umgebung<br />
an. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetzt und<br />
Handgreiflichkeiten gehörten zur Tagesordnung.<br />
Die wichtigsten Ziele der Initiative „St.<br />
Georgen schaut hin“:<br />
• „Wir wollen Jugendlichen sinnvolle Alternativen<br />
zu übermäßigem Alkoholkonsum bieten.“<br />
• „Wir akzeptieren einen maßvollen Genuss von<br />
Alkohol und den verantwortungsvollen Umgang<br />
damit.“<br />
• „Wir setzen uns ein für die Stärkung von bürgerschaftlichem<br />
Engagement und Zivilcourage.<br />
www.stgeorgenschauthin.de<br />
Inhalte der „Festbegleiter“-Schulung in Freiburg-St.<br />
Georgen:<br />
• Zivilcourage und rechtliche Hintergründe<br />
• Selbstreflexion und Kommunikationshilfen<br />
verbunden mit praktischen Übungen und Rollenspielen.<br />
In Hochdorf signalisierten Bürgerinnen und Bürger<br />
beim Runden Tisch im Rahmen der PräRIE-Stadtteilarbeit<br />
aufgrund unangenehmer Erfahrungen beim<br />
Stadtteilfest „Waldhock“ den Wunsch nach einer<br />
ähnlichen Schulung, gerne mit einem Schwerpunkt<br />
„Deeskalation“. Darauf lud das PräRIE-Projektteam<br />
zunächst den <strong>Prävention</strong>sbeamten der Polizeidirektion<br />
Freiburg als Vertreter der St. Georgener Initiative<br />
nach Hochdorf ein. Es folgte ein Vertreter der<br />
„Nachtwanderer“-Initiative aus Öhringen, der mit<br />
seinem Referat die Anwesenden überzeugte, dass<br />
dieses Konzept der „akzeptierenden Ansprache von<br />
Jugendlichen an ihren Treffpunkten“ für Hochdorf<br />
passt. Darauf konzipierte ein PräRIE-Mitarbeiter eine<br />
entsprechende Schulung mit Schwerpunkt „Motivierende<br />
Gesprächsführung“.<br />
Startphase<br />
In St. Georgen war die Initiative von einer breiten<br />
Unterstützung aus Vereinskreisen getragen, allen<br />
voran die örtliche Narrenzunft „Rebläuse“ und der<br />
Bürgerverein. Sieben Männer und zwei Frauen wa-<br />
41
en die „MacherInnen“ der ersten Stunde. Die Initiative<br />
begann sofort mit einem Logo-Entwurf, der<br />
Konezption einer Homepage und dem Fundraising<br />
– so konnte ein Grafikbüro für die Umsetzung der<br />
Drucksachen gewonnen werden. Beim Weinfest<br />
2008 gab es von einigen Vereinen bereits erste erweiterte<br />
Angebote an nichtalkoholischen oder alkoholreduzierten<br />
Getränken; im Herbst 2008 veranstaltete<br />
die Initiative mit Kriminalhauptkommissar Beck<br />
einen offenen Workshop zum Thema Zivilcourage<br />
(„Nicht wegschauen – einmischen!“) und ging mit<br />
einem Benefizkonzert und einem Stand am Adventsmarkt<br />
an die Öffentlichkeit. Damit waren die Voraussetzungen<br />
für eine breite öffentliche Resonanz auf<br />
das Angebot der „Festbegleiter“-Schulung gelegt.<br />
In Hochdorf fiel die Entscheidung für das „Nachtwanderer“-Konzept<br />
nach reiflicher Überlegung und<br />
Diskussion verschiedener Ansätze. Der Orstvorsteher<br />
unterstützte den Aufbau durch einen Aufruf im<br />
örtlichen Mitteilungsblatt, zur ersten Schulung kamen<br />
ca. 12 Personen – etwa zur Hälfte zusammengesetzt<br />
aus TeilnehmerInnen des Runden Tisches,<br />
die andere Hälfte waren weitere Interessierte/bürgerschaftlich<br />
Engagierte. Da die vorangegangene<br />
Vortragsreihe erst im Januar beendet war, konnte<br />
die Schulung nicht mehr während der Laufzeit des<br />
PräRIE-Modellprojektes stattfinden.<br />
Voraussetzung für das Gelingen einer<br />
Nachtwanderer-Initiative ist:<br />
1. TeilnehmerInnen haben gemeinsame Ziele bzw.<br />
kennen und unterstützen das Nachtwanderer-<br />
Konzept (umfassende <strong>Information</strong> muss der<br />
Konstituierung vorausgehen!)<br />
2. Die TeilnehmerInnen bringen Lebenserfahrung<br />
bzw. eine gefestigte Persönlichkeit mit und haben<br />
Lust auf den offenen, „akzeptierenden“ Austausch<br />
mit Jugendlichen<br />
3. Die TeilnehmerInnen sind gut zu Fuß und gerne<br />
NACHTS unterwegs – und sie arbeiten gerne ehrenamtlich<br />
bzw. können sich die unentgeltliche<br />
Teilnahme „leisten“<br />
4. Die TN sind als Ehrenamtliche gemeldet und versichert<br />
über die Württ. Gemeinde-Versicherung<br />
– Klärung von Träger- und Rechtsfragen im Vorfeld<br />
5. Die TN bekommen verschiedene Schulungen,<br />
die aber nicht kompakt, sondern sukzessive parallel<br />
zum Aufbau der Gruppe angeboten werden<br />
sollen:<br />
• Auseinandersetzung mit den Zielen und Ansätzen<br />
der „Nachtwanderer“; Rollenklärung<br />
• Kommunikation/Motivierende Gesprächsführung<br />
• Zivilcourage und Deeskalation<br />
• 1.-Hilfe.Kurs<br />
• Kenntnisse über Jugendschutzgesetz, evtl. über<br />
Gefahren des Suchtmittel-Mißbrauchs (versch.<br />
Suchtmittel!)<br />
• Kenntnisse über Hilfesystem (auch: U25!)<br />
• Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit ist wichtig,<br />
möglichst auch über die Ferien Einsätze gewährleisten!<br />
• Einheitliches Erscheinungsbild, deutliche Wiedererkennbarkeit<br />
wichtig<br />
Projektverlauf und Fazit<br />
In beiden Ortsteilen steht und fällt das jeweilige<br />
Projekt mit den beteiligten Personen. Das zeigte<br />
sich im zweiten Jahr (2010), als sich in St. Georgen<br />
nur vier Personen als „FestbegleiterInnen“ zur Verfügung<br />
stellten, da einige der „HauptaktivistInnen“<br />
des Arbeitskreises aus gesundheitlichen oder persönlichen<br />
Gründen ihre Aktivitäten zurückfahren<br />
mussten. In der Öffentlichkeit und den Medien wurde<br />
das Projekt stets sehr positiv wahrgenommen;<br />
die Initiative erhielt 2009 den „Fritz Munder Preis“ für<br />
Bürgerschaftliches Engagement.<br />
Die TeilnehmerInnen am „Nachtwanderer“-Projekt<br />
in Hochdorf wollen bis zu den Sommerferien 2011<br />
einsatzbereit sein, dazu wurden verschiedene Schulungs-Bausteine<br />
(auch ein Erste-Hilfe-Kurs) angeboten,<br />
in mehreren Gruppentreffen wurden die Rahmenbedingungen<br />
diskutiert und gemeinsam entschieden.<br />
Auf der Basis des Referates des erfahrenen<br />
Nachtwanderers aus Öhringen wurden folgende<br />
Faktoren gesammelt:<br />
42
www.nachtwanderer.net<br />
Die Grundsätze der deutschlandweiten<br />
Initiative „Nachtwander“ sind verbindliche<br />
Grundlage:<br />
Nachtwanderer sind<br />
• Ansprechpartner für Jugendliche;<br />
• geschulte, ehrenamtliche Erwachsene ab 20<br />
Jahre;<br />
• in kleinen Gruppen freitags und samstags zwischen<br />
ca. 22:00 Uhr und 03:00 Uhr unterwegs;<br />
• an öffentlichen Plätzen, Discos, Veranstaltungsorten<br />
und in Bussen präsent.<br />
Nachtwanderer möchten<br />
• eine angenehme Atmosphäre schaffen;<br />
• Vertrauen aufbauen;<br />
• Hilfe und Unterstützung in verschiedenen Situationen<br />
anbieten;<br />
• für respektvolles Miteinander eintreten;<br />
• Aggressionen und Vandalismus begrenzen;<br />
• das soziale Klima verbessern.<br />
Nachtwandern ist<br />
• freiwillig und ehrenamtlich und wenn man<br />
selbst Zeit hat;<br />
• auf viele Schultern verteilt;<br />
• auch der monatliche Erfahrungsaustausch.<br />
43
5.3. Festkultur und Wirtekodex<br />
von Klaus Limberger und Karin-Anne Böttcher<br />
Probeweise Werbung<br />
für den „Freiburg-Cocktail“:<br />
Ein Auszubildender aus<br />
dem Gaststätten-Gewerbe<br />
beim „Tag der Beruflichen<br />
Bildung“ im Freiburger<br />
Konzerthaus im<br />
Feburar 2010..<br />
Abläufe und Inhalte von Festen haben sich verändert.<br />
Unsere gesamte Kultur des Feierns wurde in<br />
den letzten Jahrzehnten immer stärker von konsumorientierten<br />
Inhalten und weniger von den<br />
ursprünglichen Traditionen geprägt. Damit einher<br />
geht eine immer weiter fortschreitende Verlagerung<br />
des Zeitrahmens für Feste. In die „interessante“ Phase<br />
kommen Feste meist erst gegen Mitternacht; das<br />
Ende verschiebt sich dementsprechend immer weiter<br />
in den Morgen hinein. Begleitet wird diese Verschiebung<br />
von einer größer werdenden Anzahl an<br />
unliebsamen Vorkommnissen vor allem nach 03:00<br />
Uhr. Die Polizei wird zunehmend wegen Streitigkeiten<br />
gerufen. Die Ordnungskräfte haben zeitweilig<br />
alle Hände voll zu tun,<br />
Betrunkene aus der Veranstaltung zu bringen. Die<br />
Sanitätsdienste müssen sich vermehrt mit Verletzten<br />
beschäftigen. Einlieferungen von volltrunkenen<br />
Jugendlichen in die Krankenhäuser werden häufiger.<br />
Festbesucher sind in alkohol- oder drogenbedingte<br />
Unfälle verwickelt oder fallen bei Alkoholkontrollen<br />
auf – nicht selten werden Verstöße gegen das Jugendschutz-<br />
und Gaststättengesetz werden hingenommen<br />
– die Kenntnis dieser Regeln ist zum Teil<br />
kaum vorhanden.<br />
Diese negative Entwicklung war Anlass für ein neues<br />
Projekt, welches das Bewusstsein für eine neue Festkultur<br />
wecken soll. Dazu wird ein „Eckpunktepapier“<br />
erstellt, das den Ablauf von Festen strukturieren und<br />
möglichst einheitlich in einer Gemeinde oder einer<br />
Stadt umgesetzt werden soll. Die Idee stammt aus<br />
dem Landkreis Sigmaringen, wo seit 2007 in allen<br />
Gemeinden die gleichen Regelungen bei der Vergabe<br />
von Hallen gelten. Das Sigmaringer Konzept<br />
„Festkultur“ wurde auch in Freiburg mit der Polizei<br />
und dem Amt für öffentliche Ordnung diskutiert<br />
und Rahmenbedingungen für die Festgestaltung<br />
erarbeitet.<br />
Dabei wurden für Freiburg modifizierte Eckpunkte<br />
festgelegt, die verbindlich für alle gelten sollen<br />
und ergänzend darüber hinaus Eckpunkte für das<br />
sogenannte „PräRIE-Festkultur-Siegel“, eine Selbstverpflichtung<br />
zur Einhaltung weitergehender Rahmenbedingungen<br />
wie zum Beispiel der Verzicht auf<br />
spirituosenhaltige Getränke. Diese beiden Eckpunktepapiere<br />
wurden 2010 in verschiedenen Freiburger<br />
Stadtteil- und Ortschaftsgremien sowie im Dachverband<br />
„Breisgauer Narrenzunft“ vorgestellt und in<br />
mehrstündigen Sitzungen diskutiert. In einem wei-<br />
44
teren Schritt sollen die Eckpunkte dem Gemeinderat<br />
vorgestellt werden und ihre Umsetzung verbindlich<br />
beschlossen werden.<br />
Parallel zur Einführung der „Festkultur“ soll die Freiburger<br />
Gastronomie im Rahmen des PräRIE-Programmes<br />
mit dem sogenannten „Wirtekodex“ in<br />
die Kommunale Alkoholpolitik einbezogen werden.<br />
Vergleichbar mit dem geplanten „Festkultur-Siegel“<br />
stellt der Wirtekodex eine freiwillige Verpflichtung<br />
der teilnehmenden Betriebe dar, die in Form eines<br />
gestalteten „Labels“ (z.B. als Aufkleber an den Türen)<br />
einen Auszeichnungs-Charakter erhalten soll.<br />
Ziele des Wirtekodex:<br />
1. Erreichen eines verbesserten Umgangs mit Alkohol<br />
2. Rauschtrinken reduzieren; Konsum alkoholfreier<br />
Getränke unterstützen<br />
3. Jugendschutz durchsetzen<br />
4. Bevölkerung sensibilisieren<br />
Die 2009 gebildete Arbeitsgruppe „Wirtekodex“<br />
des PräRIE-Projektteams musste allerdings aus Kapazitätsgründen<br />
ihre Arbeit wieder einstellen, da<br />
für 2010 der Schwerpunkt beim Thema „Festkultur“<br />
lag und keine weiteren Ressourcen verfügbar waren<br />
– die städtische Koordinationsstelle „Kommunale Alkoholpolitik“<br />
hatte nur ein Budget von 13 Wochenstunden<br />
für die gesamte Projektkoordination inklusive<br />
der Arbeit in den Modellstadtteilen. Die Notwendigkeit<br />
eines umfassenden Diskussionsprozesses<br />
mit allen Beteiligten und die damit verbundene<br />
langfristige Gremienarbeit machen die Arbeit in diesem<br />
Bereich sehr aufwändig. Die Etablierung einer<br />
„Kommunalen Alkoholpolitik“ braucht also nicht nur<br />
einen langen Atem, sondern auch entsprechende<br />
zeitliche Ressourcen.<br />
Mögliche Eckpunkte<br />
(Diskussions-Grundlage):<br />
• Es werden mindestens 5 alkoholfreie Getränke<br />
angeboten, die billiger sind als das günstigste<br />
alkoholhaltige Getränk im Angebot.<br />
• Es gibt keine Lockangebote für preiswerten Alkohol<br />
• Die ausgezeichneten Lokale werben ausdrücklich<br />
für den Genuss von alkoholfreien Getränken<br />
und fördern durch spezielle Angebote (etwa den<br />
alkoholfreien „Freiburg-Cocktail“) den Konsum<br />
alkoholfreier Alternativen.<br />
• Es finden regelmäßig Schulungen für Türsteher<br />
und Thekenpersonal statt zu Themen wie Jugendschutzgesetz,<br />
Umgang mit Alkoholisierten/<br />
Deeskalation etc.<br />
45
6. Beteiligungsprojekte<br />
von Karin-Anne Böttcher<br />
Von Anfang an gehörte zum PräRIE-Konzept die Idee, Jugendliche und junge Erwachsene<br />
insbesondere im Bereich Öffentlichkeitsarbeit als „Experten in eigener Sache“<br />
einzubinden. Auch bei der Entwicklung „attraktiver alkoholfreier Alternativen“ sollten<br />
junge Menschen als „Geschmacks-Experten“ einbezogen werden. So wurden mehrere<br />
erfolgreiche „Beteiligungsprojekte“ im Rahmen von PräRIE konzipiert, initiiert und<br />
begleitet, die inhaltlich sehr bunte, spannende Ergebnisse brachten, insgesamt in der<br />
Begleitung aber auch sehr zeitaufwändig waren.<br />
Dreharbeiten<br />
für eine Disko-Szene im<br />
interaktiven Internet-Spiel<br />
„Blackout“: Hier wacht<br />
ein junger Mann mit<br />
schwerem Kopf und leerem<br />
Geldbeutel auf – und<br />
erinnert sich an nichts.<br />
6.1. Internet-Auftritt „Bermuda-Stories“<br />
und interaktives Spiel „Blackout“<br />
46<br />
Kurzbeschreibung<br />
Am Anfang eines Beteiligungsprojektes steht die Gewinnung<br />
von Kooperationspartnern zur Projekt-Realisierung:<br />
Da die PräRIE-Projektkoordinatorin durch<br />
eine vorausgegangene Tätigkeit in einem Projekt<br />
der Landesstiftung Baden-Württemberg zur Förderung<br />
von Jugendengagement bereits Erfahrung<br />
mit (Hoch-)Schul-Kooperationen hatte und über<br />
persönliche Verbindungen zur Freien Hochschule<br />
für Grafik Design und Bildende Kunst Freiburg (FHF)<br />
verfügte, konnte bereits 2009 das erste Beteiligungsprojekt<br />
angegangen werden mit dem Fachbereich<br />
„Screen/Webdesign“ der FHF als Partner.<br />
Der Auftrag an die Studierenden lautete: Konzeption<br />
eines interaktiven Internet-Auftrittes, der Partygäste<br />
im Freiburger Bermuda-Dreieck anspricht, über die<br />
Folgen riskanten Alkohol-Konsums aufklärt und zum<br />
Mitmachen über eigene Beiträge im Blog einlädt. Er-
wartet wurde also eine Kombination aus Fakten-Vermittlung,<br />
Beiträgen aus dem Freiburger Nachtleben<br />
und interessante grafische Lösungen, gerne auch<br />
über Videos und Animationen. Als Zielgruppe sollten<br />
speziell Freiburger Party-Gäste angesprochen<br />
und im Idealfall auch mit aktuellen <strong>Information</strong>en<br />
versorgt werden.<br />
Startphase<br />
Die Studierenden stiegen nach einer kurzen Präsentation<br />
des PräRIE-Programmes, seiner Bausteine und<br />
Ziele ohne große inhaltliche Vorgaben und Erklärungen<br />
in die Konzeption ein. In der Startphase des<br />
Projektes überlegten sie sich, welche negativen Folgen<br />
übermäßigen Alkoholkonsums ihnen bewusst<br />
sind. Sie kamen zu dem vermutlich für ihre Altersgruppe<br />
(Anfang 20) repräsentativen Ergebnis, dass<br />
der Gedächtnis-Verlust („Black-Out“) in Verbindung<br />
mit einem leeren Geldbeutel (hohe Kosten einer<br />
durchzechten Nacht!) für sie die offensichtlichste<br />
und gravierendste Folge riskanten Alkoholkonsums<br />
ist. Auf diese „Ausgangs-These“ bauten sie den grafisch<br />
sehr ansprechend gestalteten Internet-Auftritt<br />
auf.<br />
Als „Appetit-Häppchen“ kreierten die Studierenden<br />
für diese Website mehrere Videoclips; das Projekt<br />
wurde in Form eines Internet-TV-Angebotes mit<br />
Film-Archiv und Blog-Funktion angelegt (leider kam<br />
die Idee zur Adresse „bermuda-stories.tv“ erst auf, als<br />
bereits die Domain „bermuda-stories.de“ gebucht<br />
war). Ein Film verdeutlicht die Folgen von Alkoholkonsum<br />
in einer Animation im Comic-Stil, andere<br />
zeigen unterschiedliche Umgangsweisen mit Alkohol<br />
(in Form eines fingierten Interviews) sowie eine<br />
kurzgefasste „Kulturgeschichte des Alkohols“ in einer<br />
interessanten Animations-Technik auf der Basis von<br />
Gemälde-Ausschnitten – letztere wurde allerdings<br />
von NutzerInnen der Website eher als „alkohol-verherrlichend“<br />
empfunden. Insgesamt zeigte sich,<br />
dass das Projekt wesentlich enger hätte fachlich begleitet<br />
und mit den Methoden des Projektmanagements<br />
gesteuert werden müssen. Andererseits führte<br />
die Freiheit in der Umsetzung und die Offenheit<br />
des Projektteams für die studentischen Ansätze zu<br />
einem interessanten zweiten Beteiligungsprojekt.<br />
Parallel fand sich spontan eine Gruppe zusammen,<br />
die das an der FHF gelehrte neue Format „Alternate<br />
Reality Game“ im Rahmen des Projektes ausprobieren<br />
wollte. Dazu wurde unter dem Titel „Blackout“<br />
die Geschichte einer durchzechten Nacht mit einer<br />
Art „Schnitzeljagd“ mit verschiedenen Stationen in<br />
der Freiburger Innenstadt konzipiert und dafür weitere<br />
Filme mit Hinweisen für die Mitspieler gedreht.<br />
Dieses spontane Teilprojekt gestaltete sich sehr aufwändig,<br />
insgesamt wurde hier wesentlich mehr Zeit<br />
als in die eigentliche Website investiert. Der Einsatz<br />
der Studierenden über viele Tage und Nächte war<br />
bewundernswert, wenn auch das Ergebnis etwas<br />
„abseits“ der eigentlichen Zielformulierung lag.<br />
Ergebnis dieses Teilprojektes war die Premiere des<br />
Alternate Reality Games „Blackout“ am 24. Juli 2010.<br />
Die Fertigstellung der verschiedenen Filme und des<br />
gesamten Internet-Auftritts zog sich leider noch<br />
weit bis ins nächste Semester; im November 2010<br />
wurde das Angebot mit einem Pressegespräch und<br />
sogenannten „Handtuchplakaten“ in allen Fahrzeugen<br />
der Freiburger Verkehrs-AG sowie in großer Auflage<br />
hergestellten Postkarten beworben.<br />
Projektverlauf und Fazit<br />
Die Medien nahmen das Medien-Projekt allerdings<br />
nicht mit der von der Koordinatorin angenommenen<br />
Begeisterung auf, es gab keine Teilnahme von JournalistInnen<br />
an dem Probelauf von „Blackout“. Insbesondere<br />
beim Online-Magazin „fudder.de“ hatte die<br />
Koordinatorin anlässlich der Präsentation des „Alternate<br />
Reality Games“ mit mehr Resonanz gerechnet,<br />
da hier eine moderne „crossmediale“ Form zum ersten<br />
Mal in Freiburg Anwendung fand. Immerhin gab<br />
es aber einen größeren Beitrag in einem Anzeigenblatt<br />
und Interview beim Uni-Radio. Im Nachhinein<br />
stellte sich der Termin unmittelbar vor den Sommerund<br />
Semesterferien als ausgesprochen ungünstig<br />
heraus, was sicher die geringere mediale Aufmerksamkeit<br />
(etwa in Relation zu dem im Februar 2011<br />
präsentierten „Freiburg-Cocktail“) erklärt. Auch nach<br />
dem zweiten Pressetermin wurde das Medien-Projekt<br />
nur am Rande erwähnt.<br />
Die Internet-Seite „bermuda-stories.de“ selbst überzeugt<br />
von der optischen Gestaltung her und ergibt<br />
zusammen mit den eingesetzten Werbe-Medien einen<br />
stimmigen Gesamt-Eindruck mit leichtem „Retro-Effekt“<br />
(80er-Jahre-Stil).<br />
Schon vor der Fertigstellung der Seite (bzw. Einstellung<br />
der Arbeiten durch die studentische Projektgruppe)<br />
wurde deutlich, dass die Website eine<br />
(fachlich durch die Suchthilfe begleitete) Redaktionsgruppe<br />
von jungen Menschen braucht, um die<br />
eigentliche Zielsetzung zu erfüllen. Diese „Internet-<br />
Redaktion“ konnte während der Projektlaufzeit aus<br />
personellen und finanziellen Gründen nicht mehr<br />
ins Leben gerufen werden und wird als Desiderat in<br />
die nächste Laufzeit übertragen.<br />
Lessons learned:<br />
Künftige Beteiligungsprojekte sollten in jedem Fall<br />
im Vorfeld stärker inhaltlich abgesprochen und definiert<br />
werden und mit gemeinsam erarbeiteten Vorgaben<br />
(Projektziel und –struktur, Zeitplan, Arbeitspakete<br />
etc.) für alle besser handhabbar gemacht<br />
47
werden. So zog sich das Projekt in ein 2. Semester,<br />
begleitet von einem „Durchhänger“ aufgrund der<br />
langen Laufzeit. Schließlich wurde das Projekt nur<br />
dank der vereinten Anstrengungen der Dozenten<br />
mit einigen Studierenden zum Ende des Wintersemesters<br />
zum von der Projektkoordination geforderten<br />
formellen Abschluss gebracht.<br />
ein externer Träger für die Umsetzung und pädagogische<br />
Begleitung des Angebots gefunden werden.<br />
Das „Alternate Reality Game“ soll künftig Schulklassen<br />
und Jugendgruppen zur autonomen Anwendung<br />
angeboten werden; eine Probelauf mit den<br />
von der FHF erstellten umfangreichen Materialien<br />
war allerdings während der Projektlaufzeit nicht<br />
mehr zu schaffen. Auch hier muss voraussichtlich<br />
6.2. „PräRIE-Bar“ und<br />
„Freiburg-Cocktail“<br />
48<br />
Kurzbeschreibung<br />
Die Idee, alkoholfreie Cocktails im Rahmen des Prä-<br />
RIE-Programms einzusetzen, entstand bereits während<br />
der Konzeptionsphase 2008. Schon damals<br />
wurde in Erwägung gezogen, alkoholfreie Cocktails<br />
von verschiedenen Gruppen (aus Jugendarbeit und<br />
Schule) entwickeln und dann in Form eines Wettbewerbs<br />
gegeneinander antreten zu lassen. Zunächst<br />
wurde diskutiert, den Wettbewerb als „Verkostung“<br />
mitten im Bermuda-Dreieck stattfinden zu lassen,<br />
was letztendlich aufgrund der Hygiene- und Müllproblematik<br />
(große Mengen an Einweggeschirr)<br />
nicht weiter verfolgt wurde. 2010 zeichnete sich dann<br />
im Rahmen einer Kooperation mit der Berufsschul-<br />
Sozialarbeit am Berufsschulzentrum Bissierstraße die<br />
Möglichkeit ab, angehende Profis – Auszubildende<br />
des Hotel- und Gaststättengewebes – einzubinden.<br />
Hier entstand das Projekt „Freiburg-Cocktail“ als<br />
Kombination aus zwei eigenständigen Beteiligungsprojekten,<br />
realisiert über eine schulübergreifende<br />
Zusammenarbeit.<br />
Parallel dazu wurde die Idee des Aufbaus eines „Bar-<br />
Teams“ zum Betrieb einer alkoholfreien Saft- und<br />
Cocktailbar entwickelt. Dazu wurde bereits Ende<br />
2009 der Bau einer sogenannten ZerlegBar nach<br />
Vergl. dazu: die Broschüre „ZerlegBar – Bauanleitung<br />
für eine mobile Bar mit Rezepten für alkoholfreie<br />
Cocktails“, herausgegeben vom Landespräventionsrat<br />
niedersächsischem Vorbild in Auftrag gegeben und<br />
beim Fachtag im Frühjahr 2010 der Öffentlichkeit<br />
vorgestellt. Die Idee dahinter: Attraktive alkoholfreie<br />
Alternativen können das Trinkverhalten von Jugendlichen<br />
(und Erwachsenen!) und damit auch unsere<br />
„Festkultur“ erfolgreich beeinflussen, wie der Einsatz<br />
der „ZerlegBar“ und anderer mobilen Bar-Konzepte<br />
gezeigt hat. Der Name ist das Konzept: Eine Bar, die<br />
ohne großen Aufwand „zerlegt“, das heißt auf und<br />
abgebaut werden kann, eignet sich hervorragend<br />
zur Unterstützung suchtpräventiver Arbeit bei Festen<br />
und Veranstaltungen.<br />
Gemeinsames Ziel des Bar- und des Cocktailprojektes<br />
ist es, den Beliebtheitsgrad von Getränken ohne Alkohol<br />
zu steigern und dadurch einen nachhaltigen<br />
Beitrag zur Veränderung unserer Trinkkultur zu leisten.<br />
Die Zielgruppe ist dabei nur vordergründig bei<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu sehen:<br />
Das Trinkverhalten gerade der älteren Erwachsenen<br />
ist wegen der Vorbild-Funktion entscheidend.<br />
Niedersachsen (LPR) und der Landesstelle Jugendschutz<br />
Niedersachsen (LJS) in Zusammenarbeit mit Werkstatt-<br />
Schule e.V. und Kommunaler <strong>Prävention</strong>srat Hemmingen<br />
(KPR): Die Broschüre enthält neben Rezepten eine<br />
Bauanleitung für eine alkoholfreie Bar an, die sich in der<br />
Praxis des Kommunalen <strong>Prävention</strong>srates in Hemmingen<br />
bewährt hat.
Die PräRIE-Bar<br />
kann mit voller Cocktail-Ausrüstung<br />
– mit<br />
oder ohne Mannschaft<br />
– ausgeliehen werden.<br />
SchülerInnen der Freien<br />
Schule Kapriole haben<br />
sich bei verschiedenen<br />
Einsätzen bewährt.<br />
Startphase<br />
1. Projekt PräRIE-Bar:<br />
Aufgrund der Projekt-Vorgaben – die für 2009 genehmigten<br />
Mittel mussten auch im Jahr 2009 ausgegeben<br />
werden – wurde hier der 2. Schritt vor dem<br />
1. gemacht und die Bar in Auftrag gegeben, bevor<br />
es Betreiber dafür gab. Die beteiligten Suchthilfe-<br />
Einrichtungen konnten das aus personellen und<br />
räumlichen Gründen (Lagerfläche!) nicht leisten.<br />
Schließlich wurde das als Projektdienstleister fungierende<br />
„KonzeptBuero Freiburg“ beauftragt, eine<br />
Betreiber-Einrichtung zu finden und den Betrieb zu<br />
gewährleisten. So entwickelte sich schließlich ein<br />
zweigleisiges Vorgehen: Einerseits wird die Bar von<br />
einer Freien Schule („Demokratische Schule Kapriole“,<br />
Werkrealschule) betrieben, andererseits werden<br />
junge Erwachsene (im ersten Durchgang sämtliche<br />
aus dem PeerBeraterInnen-Projekt) als BarkeeperInnen<br />
geschult und können auch mit der Bar gebucht<br />
werden. Die Bar wird auch vermietet – mit<br />
oder ohne Ausstattung, mit Rezepten und Bewirtung<br />
oder auch zum eigenen Betrieb.<br />
2. Projekt Freiburg-Cocktail<br />
Dank einer Kooperation mit der Mobilen Berufsschul-Sozialarbeit<br />
(„Mobs“, Trägerschaft: Caritasverband<br />
und Fördergesellschaft der Handwerkskammer)<br />
wurde auf der Suche nach einem sinnvollen<br />
Anknüpfungspunkt für Beteiligungsprojekte am<br />
Berufsschulzentrum Bissierstraße die vom PräRIE-<br />
Team schon lange gehegte Idee der Kreation eines<br />
„Freiburg-Cocktails“ mit der Idee der inhaltlich arbeitenden<br />
Schulprojektes verbunden. Das ursprünglich<br />
geplante Film- und Theaterprojekt wurde zugunsten<br />
dieses „Kombi-Projektes“ unter Mitarbeit von zwei<br />
verschiedenen Berufsschulen aufgegeben.<br />
Das Projekt brauchte einen langen Vorlauf, um dann<br />
schließlich doch sehr kurzfristig und unter Zeitdruck<br />
ausgeführt zu werden. Die Kontaktaufnahme zu<br />
den Schulen erfolgte direkt nach den Sommerferien<br />
2010; erste Gespräche mit der Berufsschul-Sozialarbeit<br />
und verschiedenen FachlehrerInnen fanden<br />
bereits im September und Oktober 2010 statt. Nach<br />
einer längeren Phase des gegenseitigen Kennenlernens<br />
und „Abklopfens“ verschiedener Möglichkeiten<br />
(bis hin zum endgültigen Verwerfen des Film- und<br />
Theaterprojektes im Dezember 2010) startete das<br />
Projekt kurz vor Weihnachten 2010 mit einem „Briefing“<br />
für die zweite beteiligte Gruppe, angehende<br />
Mediengestalter.<br />
Die beiden SchulsozialarbeiterInnen hatten die Kontakte<br />
zu verschiedenen Fachbereichen geknüpft<br />
und konnten schließlich zwei ganz unterschiedliche<br />
Fachrichtungen zur Mitwirkung gewinnen. Das<br />
Fächer- und Schulen-übergreifende Kulturprojekt<br />
erschien den Projektverantwortlichen schließlich<br />
49
Auszubildende<br />
aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe<br />
haben mit<br />
ihren FachlehrerInnen in<br />
der Edith-Stein-Schule drei<br />
alkoholfreie Cocktail-Rezepte<br />
entwickelt – hier die<br />
Klasse, die den siegreichen<br />
„PräRIE-Cocktail“ erfand.<br />
50<br />
zu schwierig in der „Vermarktung“ (Anwerben von<br />
engagierten TeilnehmerInnen) und Durchführung<br />
als außerunterrichtliches Projekt. Deshalb wurde das<br />
Projekt so konzipiert, das es im Rahmen des jeweiligen<br />
Fachunterrichtes durchgeführt werden konnte.<br />
Beteiligt waren schließlich zwei Klassen der Edith-<br />
Stein-Schule (Auszubildende des Hotel- und Gaststättengewerbes<br />
im Blockunterricht) und zwei<br />
Klassen der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule (angehende<br />
MediengestalterInnen eines Berufskollegs<br />
und eine Klasse FotografInnen). Der Startschuss fiel<br />
unmittelbar nach den Weihnachtsferien am 18. Januar<br />
2011 mit einem „Briefing“ für die Mediengestalter-Klasse,<br />
das eine Situation im Kunden-Gespräch<br />
simulieren sollte. Die Projektverantwortlichen von<br />
PräRIE hatten also im Vorfeld sehr konkrete Vorgaben<br />
zu machen, vergleichbar mit der Planung einer<br />
Kampagagne mit einer Werbeagentur.<br />
Eine Woche früher begann die Projektumsetzung<br />
mit der Kreation der Cocktails im Unterricht, gerade<br />
rechtzeitig für einen Foto-Termin am 17. Januar – die<br />
endgültige Umsetzung fand also unter extremem<br />
Zeitdruck statt, was aber durchaus realistisch die<br />
Arbeitsbedingungen in der jeweiligen Branche spiegelt.<br />
Der Grund für den Zeitdruck lag einerseits am<br />
Ende der Projektlaufzeit (28. Februar 2011), andererseits<br />
an der Möglichkeit, die Projektergebnisse beim<br />
„Tag der Beruflichen Bildung“ im Freiburger Konzerthaus<br />
am 10. Februar 2011 präsentieren zu können.<br />
Hier wurden die 3 aus dem Wettbewerb hervorgegangenen<br />
Cocktails in einer Verkostung von mehr<br />
als 300 Schülerinnen und Schülern bewertet und<br />
schließlich ein „Tagessieger“ zum PräRIE-Cocktail gekürt.<br />
Parallel dazu fand ein Plakat-Wettbewerb innerhalb<br />
der Mediengestalter-Klasse statt. Aus den 13 eingereichten<br />
Entwürfen wählte eine vierköpfige Jury<br />
(Besetzung: 1 Vertreterin der Suchthilfe, 1 Grafiker,<br />
die Projektkoordinatorin und ein Jugendlicher als<br />
„Zielruppen-Sachverständiger“) drei Sieger-Entwürfe<br />
aus und gab den SchülerInnen ein qualifiziertes<br />
Feedback zu ihren Arbeiten. Der Sieger überzeugte<br />
sowohl technisch als auch von der Umsetzung der<br />
Aussage her: Es zeigte sich im Wettbewerb, dass die<br />
Visualisierung eines verlockenden alkoholfreien Angebotes<br />
in Verknpüfung mit dem Namensvorschlag<br />
„AlkoholFREIburg-Cocktail“ eine große Herausforderung<br />
war. Nicht selten erzeugte ein Zeilenumbruch<br />
den Effekt „Alkohol---Freiburg-Cocktail“! Der Siegerentwurf<br />
meisterte diese Klippe gekonnt.<br />
Projektverlauf und Fazit<br />
1. Projekt „PräRIE-Bar“<br />
In der Praxis hat sich gezeigt, dass insbesondere für<br />
die an der Ausrichtung der Stadtteilfeste beteiligten<br />
Vereine das Ausleihen der Bar wenig attraktiv ist,<br />
nicht zuletzt wegen der damit verbunden Kosten<br />
(Mietgebühr von 50 Euro plus Kaution) und wegen<br />
des Transport-Aufwandes. Außerdem wird das An-
gebot auf den Stadtteilfesten viele Monate im Voraus<br />
abgesprochen, die PräRIE-Bar müsste also langfristig<br />
gezielt in den Besprechungen vorgestellt und<br />
angeboten werden, was das Zeitbudget der Projektkoordinatorin<br />
bei weitem übersteigen würde.<br />
Außerdem verfügen viele Verein bereits über ein<br />
ausreichendes eigenes Equipment, wenn sie schon<br />
länger Cocktails im Angebot haben – hier wurde<br />
aber stets Interesse an den PräRIE-Rezepten signalisiert,<br />
die Bereitschaft, verstärkt alkoholfreie Cocktails<br />
ins Angebot aufzunehmen, ist eindeutig gegeben.<br />
Es wäre jedoch problematisch, wenn PräRIE auf<br />
Stadtteilfeste ein eigenes Bar-Team schicken würde,<br />
weil die angestammten ortsansässigen Vereine darin<br />
ein Konkurrenz-Angebot sehen und Einnahme-<br />
Einbußen befürchten würden.<br />
In der Jugendarbeit jedoch wird das Bar-Projekt<br />
sehr positiv aufgenommen. Das Angebot hatte sich<br />
2010 schnell herumgesprochen, und es gab bereits<br />
mehrere Buchungen, noch bevor die Werbung für<br />
das Projekt richtig angelaufen war. Insbesondere<br />
bei der „1. Freiburger alkoholfreien Cocktail-Nacht“<br />
im Januar 2011 sowie bei verschiedenen Veranstaltungen<br />
aus dem Umfeld der Suchthilfe sorgte das<br />
PräRIE-Bar-Equipement für ein professionelles Arbeiten<br />
und zusammen mit den hochmotivierten<br />
SchülerInnen des Bar-Teams wurde beste Werbung<br />
für „alkoholfreie Alternativen“ gemacht.<br />
Auf Dauer kann jedoch das KonzeptBuero, das auch<br />
die Gestaltung einer Website zur Erläuterung und<br />
Bewerbung des Angebotes übernommen hat, den<br />
Betrieb der PräRIE-Bar nicht gewährleisten. Langfristig<br />
wird deshalb ein verlässlicher Partner für<br />
den Betrieb der Bar gesucht – im Idealfall aus der<br />
Jugendarbeit, da der Barbetrieb im Rahmen einer<br />
Schülerfirma, wie ursprünglich geplant, bisher nicht<br />
realisiert werden konnte.<br />
2. Projekt „Freiburg-Cocktail“<br />
Das Projekt wird – auch in Verbindung mit der<br />
„PräRIE-Bar“ – vom PräRIE-Projektteam als großer<br />
Erfolg gewertet, wenn sich auch die ursprüngliche<br />
Ausrichtung der Projektkonzeption als unrealistisch<br />
erwiesen hat: Das Cocktail-Projekt sollte in einem 2.<br />
Schritt von der Freiburger Gastronomie übernommen<br />
werden, im Idealfall verbunden mit einem Titel-<br />
und evtl. sogar Geschmacksmuster-Schutz im<br />
Deutschen Patentamt. Erste Gespräche mit einem<br />
Vertreter des Hotel- und Gaststätten-Verbandes<br />
DEHOGA desillusionierten und zeigten auch die<br />
rechtliche Komponente des Projektes auf. So wurde<br />
dieser Schritt verschoben auf die nächste Projekt-<br />
Laufzeit und soll hier als eigenständiges Projekt von<br />
vornherein im Dialog und in Zusammenarbeit mit<br />
der Gastronomie erarbeitet werden.<br />
Im Zusammenhang mit dem Betrieb der PräRIE-Bar<br />
jedoch werden alle drei Rezepte in der Praxis umgesetzt<br />
und kamen überall sehr gut an. Dafür wurden<br />
schließlich folgende Titel festgelegt:<br />
• PräRIE-Cocktail: Tagessieger bei der Verkostung,<br />
ein geschichteter, mehrfarbiger Cocktail<br />
in Rot- und Orange-Tönen mit dem Arbeitstitel<br />
„Sonne über dem Weinberg“ (so die Assoziation<br />
der herstellenden Klasse) – beerig-süß und<br />
zitrusfruchtig-sauer zugleich.<br />
• Freiburg-Cocktail: Der Zweitplatzierte – ein<br />
orange-gelber, fruchtig-exotischer Cocktail, bei<br />
dem Ananas und Kokos dominieren (Foto).<br />
• Schwarzwald-Cocktail: Der Drittplatzierte, der<br />
aber bei Erwachsenen meist besser ankommt,<br />
da er weniger süß schmeckt: Johannisbeer-,<br />
Kirsch- und Zitronensaft machen den tiefroten<br />
Cocktail erfrischend fruchtig.<br />
Die drei Cocktails lassen sich sehr gut auch in<br />
größeren Mengen vorbereiten, wenn auch der<br />
Ausschank des PräRIE-Cocktails durch das Schicht-<br />
Verfahren etwas mehr (Zeit-)Aufwand im Service<br />
bedeutet. Die reinen Materialkosten pro Cocktail (à<br />
0,3 Liter) liegen zwischen 50 Cent und 1 Euro, für<br />
den Betrieb der Bar durch eines der beiden PräRIE-<br />
Teams (3 junge Erwachsene oder 3 SchülerInnen<br />
plus erwachsene Begleitperson) werden 30 Euro/<br />
Std. als Aufwandsentschädigung für die Aktiven<br />
berechnet.<br />
Das Schul-Team bietet außerdem (unter Anleitung<br />
eines Lehrers) verschiedene frischgemixte Fruchtcocktails<br />
und alkoholfreie „Caipis“ an, die auch zum<br />
Attraktive Werbung<br />
für alkoholfreie Alternativen:<br />
Die leckeren<br />
Wettbewerbs-Cocktails<br />
sollen mit professionell<br />
gestalteten Plakaten<br />
und Flyern auch für die<br />
Gastronomie attraktiv<br />
gemacht werden.<br />
51
Angehende<br />
Mediengestalter<br />
der Gertrud-Luckner-<br />
Gewerbeschule entwarfen<br />
variationsreiche<br />
Plakat-Motive: Eine Jury<br />
wählte die drei besten<br />
Motive (Vordergrund)<br />
aus.<br />
Repertoire des Bar-Teams der 1. Alkoholfreien Cocktailnacht<br />
gehörten.<br />
Insgesamt war das Cocktail-Projekt ein sehr lohnendes<br />
Projekt mit großem praktischen Gewinn<br />
(Cocktail-Rezepte, Wissen um Optik und Herstellung<br />
der Cocktails, Öffentlichkeitsarbeit mit großer Medien-Resonanz).<br />
Gleichzeitig war es sehr zeitaufwändig;<br />
im Bereich „Projektmanagement“ wäre manches<br />
an dem „Modell-Projekt“ verbesserungswürdig.<br />
„Lessons learned“:<br />
Beim nächsten Kooperationsprojekt mit externen<br />
Partnern sollten insbesondere folgende Faktoren<br />
sorgfältig bedacht und überwacht werden:<br />
1. Rollenklarheit – wer ist wofür zuständig (Bringschuld),<br />
wer übernimmt für welchen Teilbereich<br />
die Verantwortung?<br />
“Belohnungen“) treffen.<br />
3. Die Rolle der „Projektleitung“ muss verantwortlich<br />
übernommen werden (im FHF-Projekt übernahm<br />
diese explizit ein Student, der auch als Ansprechpartner<br />
sehr gut erreichbar war – im Berufsschul-Projekt<br />
war die Funktion nicht besetzt,<br />
was v.a. in der heißen Endphase Schwierigkeiten<br />
bereitete).<br />
4. Auf die besonderen Gegebenheiten im Umfeld<br />
der Durchführenden muss bei der Planung Rücksicht<br />
genommen werden (Grafik-Studierenden<br />
fehlt der inhaltliche Zugang zum Thema, hier<br />
wäre mehr Begleitung wichtig gewesen – LehrerInnen<br />
haben wenig Zeit und viele Aufgaben<br />
und müssen von zusätzlichen Belastungen weitgehend<br />
verschont oder zumindest vorgewarnt<br />
werden.)<br />
2. Budget-Klarheit – rechtzeitig verbindliche Aussagen<br />
zum gesamten Umfang des Budgets<br />
(Materialkosten + Aufwandsentschädigung/<br />
52
7. Fazit<br />
Zu Beginn und Abschluss der Modellprojektphase fanden spezielle „Projektstart“-<br />
und „Projektabschluss“-Sitzungen mit dem PräRIE-Projektteam statt. Dabei wurden<br />
für die Modellprojekt-Phase von PräRIE (2009/10) zum einen 5 „Meta-Ziele“ für das<br />
Gesamt-Projekt, zum anderen konkrete Ziele für 9 Teilprojekte von PräRIE II formuliert.<br />
Der besseren Übersichtlichkeit halber wird die Reflektion dieser Ziele im Folgenden<br />
tabellarisch dargestellt.<br />
7.1 Meta-Projektziele<br />
Vor Projektstart wurden vom Projekt-Team 5 Meta-Ziele formuliert und zum<br />
Projekt-Abschluss gegengeprüft. Die Zielerreichung (Ziel-Er) wird im Ampelsystem<br />
angegeben.<br />
Ziel 1a<br />
Aufklärung und Sensibilisierung<br />
Wissenzuwachs bei der „breiten Öffentlichkeit“<br />
und bei MultiplikatorInnen und FunktionsträgerInnen<br />
bezüglich des riskanten<br />
Umgangs mit Alkohol<br />
Messbare Ergebnisse<br />
• Umsetzung durch Fachgespräche (Wissenszuwachs<br />
in Feedback-Bögen und durch<br />
<strong>Evaluation</strong> belegt)<br />
1. Fachtage 2009 und 2010<br />
2. Stadtteilarbeit: Runde Tische in 2 Modell-<br />
Stadtteilen<br />
3. mehrere Gespräche mit VertreterInnen der<br />
Kommunalpolitik<br />
4. Wissenszuwachs bei MultiplikatorInnen<br />
durch Projekt-Kontakte (z.B. LehrerInnen, DozentInnen,<br />
SozialarbeiterInnen)<br />
• Umsetzung auch durch die „Suchtberatung<br />
am Stehtisch“<br />
• sowie die allgemeine Medienarbeit<br />
Weiteres messbares Ergebnis:<br />
• Zahl der persönlichen Kontakte<br />
(Dokumentation in der <strong>Evaluation</strong>)<br />
Ziel-Er<br />
ja<br />
Ziel 1b Messbare Ergebnisse Ziel-Er<br />
Wissenszuwachs bei der Risiko-Gruppe Umsetzung durch Beteiligungs-Projekt mit nein<br />
durch ein zielgruppenbezogenes<br />
Studierenden (dort ist ein Wissenszuwachs und<br />
Medienprojekt für Unter-27jährige<br />
eine Veränderungsmotivation nachweisbar).<br />
Die Website bermuda-stories.de wurde realisiert<br />
und mit einer Kampagne beworben, entsprach<br />
aber inhaltlich nicht den Erwartungen.<br />
Weitere Beteiligungsprojekte (Cocktailprojekt,<br />
Barprojekt, Peerprojekt) lösten ebenfalls bei den<br />
Beteiligten eine Auseinandersetzung mit der<br />
Frage nach den eigenen Konsumgewohnheiten<br />
aus.<br />
Ergebnis:<br />
Beteiligungsprojekte brauchen eine<br />
kontinuierliche fachliche Begleitung und<br />
eine enge Rückkoppelung an die Projekt-<br />
Durchführenden.<br />
54
Ausblick:<br />
Das Website-Projekt wird um eine inhaltichfachlich<br />
geleitete Online-Redaktion aus jungen<br />
Menschen ergänzt werden (Medien-Partnerschaft<br />
ist geplant!)<br />
Ziel 2<br />
veränderter Umgang mit dem<br />
„Thema Alkohol<br />
Spürbar veränderte Haltung der Medien<br />
und der Entscheidungsträger<br />
Messbare Ergebnisse<br />
Bei den Medien ist die Einstellung sehr personenabhängig,<br />
es regieren noch viele Klischees<br />
in den Köpfen der Redakteure.<br />
In Verwaltung und Kommunalpolitik ist Wissen<br />
und Verständnis bezüglich des Themas „Kommunale<br />
Alkoholpolitik“ gewachsen, vergl. dazu<br />
die Debatten bei den Haushaltsberatungen im<br />
Frühjahr 2011.<br />
Messbare Ergebnisse:<br />
1. Einzel-Statements, etwa des Bürgermeisters<br />
für Soziales und Kultur, des Leiters der Freiburger<br />
Polizeidirektion oder des Vorsitzenden der<br />
Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine.<br />
2. Überführung vom Projektstatus in eine dauerhafte<br />
Einrichtung einer „Koordinationsstelle<br />
Kommunale Alkoholpolitik“ im Mai/Juni 2011<br />
3. Pressespiegel<br />
Ziel-Er<br />
teilweise<br />
Allgemeiner Bewusstseinswandel, Veränderung<br />
im Umgang mit Alkohol bei der Gesamt-Bevölkerung<br />
Hier sind auch die Erwachsenen angesprochen;<br />
die eine wichtige Vorbild-Funktion<br />
haben.<br />
PräRIE verfolgt das Ziel, attraktive alkoholfreie<br />
Alternativen für alle Zielgruppen<br />
zu entwickeln bzw. zu stärken und – neben<br />
einem Plädoyer für risikoarmen Konsum<br />
–das Image nichtalkoholischer Getränke zu<br />
verbessern.<br />
Ziel 3<br />
Steigerung der<br />
Veränderungsmotivation<br />
Individuell (den eigenen Konsum<br />
betreffend) – PRÄRIE I und<br />
„Suchtberatung am Stehtisch“<br />
Erfolg der 1. AlkoholfreiParty<br />
Erfolg der alkoholfreien Cocktails an der PräRIE-<br />
Bar. (Beides wurde sehr viel positiver aufgenommen<br />
als erwartet.)<br />
StreetTalk II: Gesamtmenge konsumierten Alkohols<br />
geht zurück!<br />
Ausblick:<br />
Gerade bei öffentlichen Anlässen gibt es noch<br />
viele Handlungsmöglichkeiten, etwa Alkoholfreie<br />
Empfänge mit Saft- und Cocktailbar, Suche nach<br />
Alternativen zum üblichen „Fassanstich“.<br />
Messbare Ergebnisse<br />
Gespräche beim Innenstadt-Einsatz brachten<br />
oft ein „Aha-Erlebnis“ bei den Betroffenen, der<br />
niederschwellige Erstkontakt zur Suchtberatung<br />
an den Stehtischen hat sich bewährt.<br />
Eine nachhaltige Veränderungsmotivation ist<br />
allerdings auch an strukturelle Veränderung (z.B.<br />
durch den „Wirte-Kodex“) gebunden, hier besteht<br />
noch Handlungsbedarf, s. Ziel 3.2.)<br />
Dokumentation der Einzel- und<br />
Gruppengespräche und der Aufsuchenden<br />
Arbeit (PräRIE I) - Katamnese-Gespräche zeigen<br />
dauerhafte Reflektion.<br />
Ziel-Er<br />
teilweise<br />
55
Eine Zunahme individueller Beratungswünsche<br />
ist messbar, aber nicht in großem Umfang<br />
ja<br />
Generell/strukturell (Veränderung im<br />
Umgang mit Alkoholkonsum, z.B. in der<br />
Gastronomie)<br />
Interesse bei Vereinen am Thema<br />
„Festkultur“ etc. (Anfragen von<br />
Festveranstaltern etc.)<br />
Thema Wirtekodex konnte wg. fehlender<br />
Ressourcen noch nicht angegangen werden.<br />
Ausblick: Intensivierung der bestehenden<br />
Kontakte zu DEHOGA und Nachtgastronomie,<br />
Planung konkreter gemeinsamer Projekte in<br />
2011<br />
Bei den Bürgervereinen, in den Vereinen der<br />
Modellstadtteile (Hochdorf, St. Georgen) und<br />
bei der Breisgauer Narrenzunft (BNZ) als einem<br />
der größten Veranstalter sowie bei den Freiburger<br />
Ortsvorstehern ist das auf lokale Besonderheiten<br />
angepasste Konzept der „Festkultur“ auf<br />
sehr gute Resonanz gestoßen.<br />
z.T. sind hier auch andere städtische Stellen (Afö<br />
und Jugendschutz) gefragt! Dort sehr gutes<br />
Bewusstsein für die Problematik - gute Zusammenarbeit<br />
während der Laufzeit von PräRIE.<br />
Ausblick: Eckpunkte der „Festkultur“ sollen 2011<br />
verabschiedet werden; Einführung „Festkultur-<br />
Siegel“<br />
nein<br />
ja<br />
Ziel 4<br />
Kontakte zur „Risikogruppe“ (U27)<br />
RELAXATION = Maßnahmen zur „Beruhigung“<br />
der Situation im Bermuda-Dreieck<br />
Messbare Ergebnisse<br />
Zahl der Kontakte im Bermudadreieck: Rund<br />
1.000/Jahr<br />
Statements der Verantwortlichen bei der Polizei:<br />
Sehr positive Rückmeldungen zur Innenstadtpräsenz<br />
als wichtige fachliche Ergänzung.<br />
Ziel-Er<br />
INTERVENTION = Hilfe-Angebote für Riskant<br />
Konsumierende (PräRIE I)<br />
Zahl der Kontakte bei der aufsuchenden Arbeit:<br />
sehr unterschiedlich, insgesamt schwierige Relation<br />
zum Zeitaufwand<br />
Zahl der Kontakte in Gruppenarbeit (5-10/Gruppe);<br />
gute Resonanz durch Zuweisungen v.a. bei<br />
jungen Erwachsenen
Ziel 5<br />
Projektbezogene Vernetzung und<br />
Steigerung des Bekanntheitsgrades<br />
„PräRIE“ ist in weiten Kreisen der<br />
Bevölkerung ein Begriff<br />
Messbare Ergebnisse<br />
Die <strong>Evaluation</strong> beim StreetTalk II konnte nur einen<br />
beschränkten Bekanntheitsgrad bestätigen:<br />
Insgesamt ist noch mehr PR (und Innenstadt-<br />
Präsenz) für „Marken-Bildung notwendig.<br />
Alkoholpolitik ist Thema in der Kommunalpolitik;<br />
Suchthilfe hat Zugang zu den EntscheidungsträgerInnen<br />
1. Vernetzung mit den<br />
Nachbarlandkreisen<br />
Das Thema wurde mehrfach in den Fraktionen<br />
diskutiert, mehrere Einladungen zu Gesprächen<br />
mit AKSF.<br />
Forderung der Kommunalpolitik: Einrichtung<br />
einer Planstelle zur Koordination Kommunaler<br />
Alkholpolitik.<br />
Intensivierung des Austausches durch die<br />
PräRIE-Aktivitäten. Aktuell: Gemeinsames Projekt<br />
mit Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald<br />
in Planung („<strong>Prävention</strong> alkoholbedingter<br />
Jugendgewalt“).
7.2 Konkrete Projektziele der<br />
Teilprojekte PräRIE II<br />
Maßnahme und Ziel/angestrebtes<br />
Ergebnis<br />
1. Koordination, Planung, Regie, Verwaltung<br />
Das Projekt soll ständig weiterentwickelt,<br />
koordiniert, geplant und verwaltet werden<br />
– und schließlich dauerhaft als kommunale<br />
Aufgabe implementiert werden.<br />
Beteiligte Personen/<br />
Institutionen<br />
Stadt Freiburg, AGJ, AK Suchthilfe Freiburg<br />
Ziel-Er<br />
2. Stadtteilarbeit zum Aufbau einer<br />
„Kommunalen Alkoholpolitik“<br />
Stadtteilbezogene Verhältnisprävention<br />
mit dem Ziel der Reduzierung des riskanten<br />
und schädlichen Alkoholkonsums<br />
bei Jugendlichen und Erwachsenen in<br />
sechs Schritten gemäß Radix-Programm.<br />
Koordinatorin Kommunale Alkoholpolitik,<br />
AK Suchthilfe Freiburg,<br />
Vertreter Bürgervereine, Vereine, Polizei,<br />
Ortschaftsräte, (Schulen, Gastronomie, Eltern<br />
u.a.)<br />
3. Organisation und Durchführung<br />
eines jährlichen Fachtags<br />
Erweiterung der Fachkompetenz bei<br />
Fachkräften aus Suchthilfe und Jugendhilfe<br />
sowie bei Polizei, Kommunalpolitik,<br />
Schulen zu Fragen der <strong>Prävention</strong> von<br />
riskantem Alkoholkonsum und Gewalt.<br />
AK Suchthilfe Freiburg, Sozial- und Jugendamt,<br />
AK Gewaltprävention, Referenten, Tagungsteilnehmer<br />
4. Gewinnung und Schulung von Ehrenamtlichen<br />
(Peer-BeraterInnen)<br />
Einbezug von bürgerschaftlichem Engagement.<br />
Ehrenamtliche sollen geworben,<br />
geschult und bei Einsätzen in der<br />
Freiburger Innenstadt fachlich begleitet<br />
werden.<br />
AK Suchthilfe Freiburg, Ehrenamtliche, Honorar-<br />
DozentInnen<br />
5. Innenstadtpräsenz und<br />
Mitmach-Aktionen / Mini-Events<br />
Fachkräfte der Suchthilfe und geschulte<br />
Ehrenamtliche als Ansprechpersonen an<br />
Schwerpunktwochenenden nachts in<br />
der Innenstadt. Vermittlung von <strong>Information</strong>en<br />
zu Risiken des Alkoholkonsums;<br />
Anregung der Reflexion des eigenen<br />
Konsums durch Mitmach-Aktionen.<br />
Durch kleine Events könnten zusätzlich<br />
Alternativen zum Alkoholkonsum aufgezeigt<br />
werden.<br />
AK Suchthilfe Freiburg, Ehrenamtliche, Zielgruppe,<br />
externe Partner (Beteiligungsprojekt?)<br />
58
6. Entwicklung von Möglichkeiten zur<br />
<strong>Relaxation</strong> / alkoholfreie Alternativen<br />
Entwicklung von Alternativangeboten<br />
und Beruhigung der Situation in der<br />
Innenstadt bei Stadtteil- und Weinfesten<br />
(z.B. Aufbau einer mobilen Saft- und<br />
Cocktailbar zum Verleihen und Einsatz<br />
bei Stadtteil- und Weinfesten)<br />
AK Suchthilfe Freiburg, Koordinatorin Kommunale<br />
Alkoholpolitik, KonzeptBuero, versch. Freie<br />
Träger (Jugendarbeit, Berufsschulen, Hauptschule/WRS)<br />
7. Entwicklung einer Internetpräsenz<br />
und Internetkampagne und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Mit Hilfe des Internets und Medien soll<br />
das Projekt einer breiten Öffentlichkeit<br />
bekannt gemacht werden, die Zielgruppe<br />
erreicht werden und die Problematik<br />
von riskantem und schädlichem Alkoholkonsum<br />
thematisiert werden<br />
Koordinatorin Kommunale Alkoholpolitik, AK<br />
Suchthilfe Freiburg, Pressereferat Stadt Freiburg,<br />
Medienpartner, externe Anbieter<br />
8. Medienkampagne unter aktiver Beteiligung<br />
Heranwachsender<br />
Ansprache der Zielgruppe über Medien,<br />
Thematisierung von riskantem und<br />
schädlichen Alkoholkonsum über Jugend-Medien-Projekte,<br />
die Jugendliche<br />
an (Hoch-)Schulen einbeziehen<br />
AK Suchthilfe Freiburg, KonzeptBuero, Hochschule<br />
für Grafik Design<br />
9. Dokumentation und <strong>Evaluation</strong><br />
Das Projekt und seine einzelnen Bausteine<br />
sollen dokumentiert werden und auf<br />
ihre Wirksamkeit hin untersucht werden<br />
AK Suchthilfe Freiburg, externes Institut (SBI),<br />
Universität Freiburg<br />
59
7.3. Fazit des Projektteams<br />
60<br />
PräRIE hat deutlich gemacht, dass kurzfristige Interventionen<br />
bei der Risiko-Zielgruppe keine nachhaltige<br />
Wirkung haben, sondern dass neben der individuellen<br />
Verhaltensprävention in gleichem Maße<br />
auch Verhältnisprävention (=“Kommunale Alkoholpolitik“)<br />
notwendig ist. Alkoholpolitik ist in Freiburg<br />
kein Fremdwort mehr: Eines der wichtigsten Ziele<br />
des <strong>Prävention</strong>sprogrammes PräRIE, die Etablierung<br />
einer Kommunalen Alkoholpolitik, wurde erreicht,<br />
wie die Forderung der Kommunalpolitik nach Einrichtung<br />
einer Planstelle zur Koordinierung Kommunaler<br />
Alkoholpolitik im Mai 2011 zeigt.<br />
Statements von Freiburger Entscheidungs-<br />
und Funktionsträgern<br />
Folgende Statements, die im Rahmen der Diskussion<br />
um die Fortführung von PräRIE abgegeben<br />
wurden, demonstrieren den Wissenszuwachs und<br />
Einstellungswandel:<br />
Christoph Lang-Jakob,<br />
Ortsvorsteher Freiburg-Hochdorf: „Das Projekt hat<br />
es geschafft, ein massives Problem im Ortsteil zu<br />
fokussieren und konkret anzugehen. Dank des von<br />
Hochdorfer BürgerInnen übernommenen „Nachtwanderer“-Modells<br />
müssen die Kosten für „Streetworking“,<br />
welches durchaus wünschenswert wäre,<br />
von der öffentlichen Hand voraussichtlich nicht<br />
aufgebracht werden. Ich bin davon überzeugt, dass<br />
Hochdorf von Prärie massiv profitieren wird.“<br />
Heiner Amann,<br />
Leiter der Polizeidirektion Freiburg: „Die Impulse zur<br />
Veränderung des Bewusstseins von jungen Menschen<br />
im Umgang mit Alkohol können nur aus dem<br />
präventiven Bereich kommen. Die Maßnahmen in<br />
der Stadt sind diesbezüglich bei weitem noch nicht<br />
beim erforderlichen Maß angelangt, daher spricht<br />
sich die Polizei Freiburg ausdrücklich für den Ausbau<br />
der kommunalen Alkoholprävention aus.“<br />
Dr. med. Michael Berner,<br />
Uniklinik Freiburg, Abteilung Psychiatrie: „Die Tatsachen,<br />
dass die Menge an konsumiertem Alkohol<br />
insgesamt zurückgegangen ist und dass sich der<br />
Alkoholkonsum in nachwachsenden Altersgruppen<br />
verringert hat, können als Indizien dahingehend interpretiert<br />
werden, dass die in den letzten Jahren erfolgreich<br />
durchgeführte präventive Arbeit positive<br />
Wirkungen gezeigt hat.“<br />
Ernst Lavori,<br />
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Freiburger<br />
Bürgervereine: „Bisher kamen nur wenige Stadtteile<br />
in den Genuss dieser Unterstützung. Wir können<br />
nur hoffen, dass die Stadträte in Freiburg bei ihren<br />
Beratungen doch noch den Etat für diese Stelle im<br />
Doppelhaushalt übernehmen.“<br />
Innovation und Nachhaltigkeit<br />
Innovativ an PräRIE ist vor allem die Tatsache, dass<br />
Stadtverwaltung und freie Träger der Suchthilfe gemeinsamein<br />
breit gefächertes Vernetzungsprojekt<br />
entwickelten, das über Projektarbeit nachhaltig Bewusstsein<br />
und Strukturen verändert. Durch diese<br />
Zusammenarbeit wurden für beide Seiten neue und<br />
vereinfachte Zugänge erschlossen, darüber hinaus<br />
wurde ein höherer Grad an öffentlicher Wahrnehmung<br />
der fachlichen Arbeit erreicht.<br />
Neben der engen Zusammenarbeit von fachlicher<br />
Seite (Arbeitskreis Suchthilfe) und Stadtverwaltung<br />
(Sozial- und Jugendamt) zeichnet PräRIE seine Vielschichtigkeit<br />
und die Zielgruppen-Orientierung aller<br />
Maßnahmen und Projekte aus sowie die Tatsache,<br />
dass etliche Aufgaben über „Beteiligungs-Projekte“<br />
gemeinsam mit jungen Menschen angegangen<br />
wurden. PräRIE wendet sich einerseits an die „Risiko-Gruppe“<br />
der jungen Menschen mit riskantem<br />
Alkoholkonsum, andererseits an MultiplikatorInnen<br />
– und sucht für jede dieser Zielgruppen geeignete<br />
Kanäle und Formen der Ansprache.
Insgesamt hat das Projekt die Arbeit der Suchthilfe,<br />
ihre Ansätze und Möglichkeiten verstärkt ins öffentliche<br />
Bewusstsein gebracht und einen Wissenszuwachs<br />
bei allen Beteiligten erreicht. Es wurden Elemente<br />
und Methoden aus erfolgreichen Programmen<br />
(in Deutschland und den Nachbarländern) integriert,<br />
darüber hinaus auch Elemente mit eigenen<br />
Ansätzen entwickelt.<br />
Gesundheitsförderliche Wirkung<br />
Eine „gesundheitsförderliche Wirkung bei EndverbraucherInnen“<br />
ist schon allein durch die hohe Zahl<br />
von Kontakten (ca. 1.000/Jahr) durch die nächtliche<br />
Innenstadt-Präsenz des PräRIE-Teams nachweisbar.<br />
Zusätzlich wurden junge Menschen bei den Aktionen<br />
und Events der verschiedenen Teilprojekte<br />
mit dem Thema „Riskanter Alkoholkonsum und alkoholfreie<br />
Alternativen“ konfrontiert, etwa bei der<br />
1. AlkoholfreiParty in Weingarten und bei der Wahl<br />
des „alkoholfreien Freiburg-Cocktails“ am Tag der<br />
Beruflichen Bildung (über 300 Kontakte). Entgegen<br />
der Grundannahme vor Projektstart hat sich gezeigt,<br />
dass die Zielgruppe für solche Inhalte sehr<br />
aufgeschlossen ist und die Gesprächsangebote<br />
gerne wahrnimmt. Eine wichtige Rolle spielte hier<br />
das Konzept der PeerBeratung, das über die „Kommunikation<br />
auf Augenhöhe“ die Kontaktanbahnung<br />
zusätzlich erleichtert.<br />
Reflektionen über Alkohol-Konsumgewohnheiten<br />
und riskantes Trinkverhalten sind in Freiburg bei<br />
der Zielgruppe Junger Menschen unter 27 Jahren<br />
durch die Aktivitäten von PräRIE 2009/10 zum Thema<br />
geworden. Denkanstöße bieten regelmäßig<br />
(1-2 Mal/Monat) die Begegnungen mit der „Suchtberatung<br />
am Stehtisch“ und den PeerBeraterInnen<br />
im Bermuda-Dreieck (Verhaltensprävention). Durch<br />
die Vertiefung des Medienprojektes „Bermuda-Stories“<br />
über den Aufbau einer Online-Redaktion und<br />
den Vertrieb des interaktiven Stadtspiels „Blackout“<br />
(internetbasiertes „Alternate Reality Game“) wird die<br />
Zielgruppe künftig noch stärker angesprochen.<br />
Ähnlich deutlich ist die Wirkung im strukturellen Bereich<br />
(Verhältnisprävention). Die erfolgreiche Arbeit<br />
mit zwei Modell-Stadtteilen hat dort ein Umdenken<br />
zum Thema „Umgang mit riskant konsumierenden<br />
Jugendlichen“ bewirkt und verschiedene konkrete<br />
Ansätze ins Leben gerufen, die auch nach Projektende<br />
fortgeführt werden (AlkoholfreiPartys, Hochdorfer<br />
Nachtwanderer). Hier ist eindeutig eine nachhaltige<br />
Wirkung zu belegen.<br />
Feedback zum Projektverlauf<br />
Die Umsetzung wurde durch die Rahmenbedingungen<br />
während der Modellprojekt-Phase tangiert:<br />
Durch das Auswahlverfahren in der „Nachhaltigkeitsstrategie<br />
Baden-Württemberg“ verzögerte sich der<br />
Projektstart bis zur Bewilligung der Projektmittel im<br />
Mai 2009. Da durch den Kommunalen Doppelhaushalt<br />
und die vom Regierungspräsidium Stuttgart gesetzten<br />
Rahmenbedingungen das Projektende auf<br />
Dezember 2010 terminiert war, wurden sehr viele<br />
Vorhaben in einen sehr kurzen Zeitraum (22 Monate)<br />
gepresst; die Verlängerung der Projektlaufzeit<br />
bis Februar 2011 konnte hier nur wenig auffangen.<br />
Künftig wird PräRIE weniger Projektcharakter haben,<br />
sondern als dauerhaftes <strong>Prävention</strong>sprogramm mit<br />
längerfristiger Perspektive etabliert werden, was<br />
sich auf das Zeit- und Projektmanagement auswirken<br />
wird, da künftig keine Laufzeitende-Vorgaben<br />
die Teilprojekte in Zeitdruck bringen.<br />
Schwierig war das knappe Zeitbudget aller Beteiligten:<br />
Die im Projekt aktiven LeiterInnen der Freiburger<br />
Suchthilfe-Einrichtungen mussten die Projekt-Aktivitäten<br />
neben ihrem Alltagsgeschäft erledigen, die<br />
Koordinationsstelle war mit einer 25 %- bzw. 33 %-<br />
Stelle knapp ausgestattet. Einige geplante Teilprojekte,<br />
v.a. die Kommunikation mit der Gastronomie<br />
und der Aufbau eines Wirtekodex konnten deshalb<br />
während der Projektlaufzeit nicht realisiert werden.<br />
61
62<br />
Anhand eines Feedback-Bogens wurde die Zufriedenheit<br />
der Beteiligten mit dem Projektverlauf insgesamt<br />
und dem Verlauf der Kooperation im Projekt<br />
abgefragt. Das Arbeitsklima im Team und die Projektorganisationwurde<br />
von den Beteiligten gut bis<br />
sehr gut beurteilt. Aufgrund der speziellen Konstellation<br />
im Arbeitskreis Suchthilfe mit sieben gleichberechtigten<br />
Partner-Einrichtungen ohne Vorsitz oder<br />
SprecherIn waren allerdings alle Abstimmungsprozesse<br />
sehr zeitaufwändig, was Auswirkungen auf<br />
das Projektmanagement und die Öffentlichkeitsarbeit<br />
hatte, etwa wenn das Feedback aller Beteiligten<br />
eingeholt werden muss, bevor ein Text veröffentlicht<br />
werden kann.<br />
Lessions learned<br />
Die Empfehlungen („Lessions learned“), die aus dem<br />
Projektverlauf abgeleitet werden können, beziehen<br />
sich vor allem auf die Rahmenbedingungen der Modellprojektphase.<br />
Dazu gehört etwa die Empfehlung<br />
„Kleiner planen - beschränkte Personal-Ressourcen<br />
berücksichtigen“ – oder Quellen für weitere Projektmittel<br />
erschließen und weitere externe Dienstleister<br />
und Partner aus der Jugendarbeit einbeziehen.<br />
Grundsätzlich werden sich durch die Überführung<br />
des Modellprojektes in eine dauerhaftes <strong>Prävention</strong>sprogramm<br />
sicher auch Schwerpunkte verschieben.<br />
Bei der Abschluss-Sitzung am 10. Juni 2011 wurde<br />
betont, was für ein großes Potential in Freiburg vorhanden<br />
ist - hier könnten noch viele attraktive Kooperationsprojekte<br />
angestoßen werden, etwa mit:<br />
• der Traditions-Brauerei vor Ort (alkoholfreies<br />
Kultgetränk aus der Flasche?)<br />
• einer der größten Tanzschulen bundesweit<br />
(größter Veranstalter alkoholfreier Schülerpartys<br />
in der Region!)<br />
• dem Online-Magazin „fudder.de“ oder dem<br />
Schülermagazin „F79“ (Medien-Kooperationsprojekt/Online-Redaktion<br />
U25...)<br />
• Europa-Park (als Eventveranstalter, evtl. zusammen<br />
mit SWR3 gewinnen!)<br />
Vergleichbare Projekte, etwa „b.free“ (Bodensee-<br />
Raum) als vermutlich derzeit erfolgreichstes lokales<br />
Alkohol-<strong>Prävention</strong>sprojekt in Baden-Württemberg<br />
hat inzwischen eine volle Stelle für die Geschäftsführung,<br />
Fundraising und Partner-Akquise – PräRIE<br />
muss also zunächst einmal die eigenen Ansprüche<br />
an die künftige Projektrealisierung überprüfen und<br />
auf die Visionen auf ein realistisches Maß herunterschrauben<br />
– oder entsprechende Rahmenbedinungen<br />
schaffen.<br />
Zukunftspläne - Desiderata<br />
In einigen Teilprojekten, etwa dem Bereich „Wirtekodex“<br />
oder bei der zielgruppengerechten Ansprache<br />
über eine Online-Seite besteht noch Handlungsbedarf.<br />
Der Ausbau der Aktivitäten der PräRIE-Bar<br />
durch den Aufbau eines zweiten BarTeams von<br />
jungen Erwachsenen wird sowohl verhaltens- als<br />
auch verhältnispräventiv wirken: verstärkte Präsenz<br />
attraktiver alkoholfreier Alternativen plus entsprechende<br />
Gesprächs-Anlässe (das Bar-Personal des<br />
neuen Teams rekrutiert sich überwiegend aus ausgebildeten<br />
PeerBeraterInnen!)<br />
Desiderate gibt es vor allem im Bereich „Kommunikation<br />
mit der Gastronomie“, „zielgruppenspezifische<br />
Medienprojekte“ sowie im Bereich „Kommunalpolitik<br />
und Verwaltung“. Gewünscht wird außerdem<br />
für den weiteren Projektverlauf eine professionelle<br />
Public-Relation mit Jahresplanung. Zusätzlich sollen<br />
die Aktivitäten auch auf Erwachsene ausgedehnt<br />
werden, die wegen ihrer Vorbildwirkung ebenfalls
mit attraktiven alkoholfreien Alternativen „auf den<br />
Geschmack gebracht“ werden sollten. Konkrete Angebote<br />
für Schulen und Eltern stehen ebenfalls zur<br />
Diskussion.<br />
Auf jeden Fall soll in der neuen Laufzeit die Zusammenarbeit<br />
mit Wirten und anderen Ansprechpartnerin<br />
der Innenstadt verstärkt werden. Parallel dazu<br />
soll eine Online-Redaktion für das Medienprojekt<br />
„Bermuda-Stories“ aufgebaut und das Spiel „Blackout“<br />
für Schulen zur Verfügung gestellt werden, außerdem<br />
wird die Alkoholfreie Bar noch ausgebaut.<br />
Dafür wird in jedem Fall die Akquise ätzlicher Mittel<br />
notwendig sein, um den Ausbau und langfristigen<br />
Bestand dieser Teilprojekte nachhaltig zu sichern.<br />
63
8. Anhang<br />
Am Anfang stand eine Untersuchung: 2008 startete der Arbeitskreis Suchthilfe mit einer<br />
großangelegten Befragung in der Freiburger Innenstadt in der Nacht auf den 1. Mai<br />
2008, die im Herbst 2008 veröffentlicht wurde. Diese erneut vom Universitätsklinikum<br />
Freiburg ausgewertete Untersuchung wurde im Rahmen von PräRIE am 30. 04. 2010<br />
wiederholt – die Ergebnisse sind in einer Zusammenfassung hier im Anhang dokumentiert.<br />
Eine zweite Studie wurde von PräRIE mitfinanziert: Hier hat eine Diplomandin<br />
der Psychologie über Interviews mit Cliquen an ihren Freiburger Treffpunkten das<br />
Phänomen „Vorglühen“ bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beforscht. Eine Zusammenfassung<br />
der qualitativen Untersuchung gibt Einblicke in das Konsumverhalten<br />
der Zielgruppe von PräRIE.<br />
8.1 Freiburger StreetTalk 2010<br />
64<br />
Im Herbst 2008 wurden die Ergebnisse der Befragung<br />
„StreetTalk“ (Frühjahr 2008) in der Freiburger<br />
Innenstadt veröffentlicht. Mit der Wiederholung der<br />
Erhebung im Frühjahr 2010 wurde untersucht, inwieweit<br />
die Daten sich verändert haben.<br />
Die aktuelle Befragung wurde am 30.4.2010 zwischen<br />
21 Uhr und 1 Uhr von 22 geschulten InterviewerInnen<br />
des Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg in<br />
der Freiburger Innenstadt zwischen Bermudadreieck,<br />
Kaiser-Joseph-Str. Holzmarkt, Augustinerplatz<br />
und Bertoldstr. durchgeführt. Die Hälfte der Interviews<br />
fand in der ehemaligen Alkohol-Verbotszone,<br />
im Bermudadreieck statt. Um die Vergleichbarkeit<br />
der Befragungen sicherzustellen, wurde wie auch<br />
2008 in der Nacht auf den 1. Mai interviewt.<br />
Mit Hilfe eines standardisierten Interview-Fragebogens<br />
mit 13 Fragenkomplexen wurden 259 Personen<br />
befragt. Angesprochen wurden zufällig ausgewählte<br />
453 Personen, die an diesem Abend in der<br />
Innenstadt unterwegs waren. Bei der ersten Befragung<br />
am 30.04.2008 (E1) wurden 50 Interviews mehr<br />
geführt, die Ablehnungsquote der angesprochenen<br />
Personen ist vergleichbar. Der Altersschnitt ist bei<br />
der aktuellen Befragung (E2) leicht höher (E1=22,4<br />
E2=23,1 Jahre).<br />
Abb. 1<br />
Vergleich der Altersverteilungen der Stichprobe<br />
In der Innenstadt wird weniger<br />
getrunken<br />
Das auffälligste Ergebnis ist der Rückgang der Konsummenge.<br />
Im Vergleich zu „StreetTalk I“ (E1) zeigt<br />
sich ein klarer Unterschied bei dem Rückgang der<br />
Gesamtmenge konsumierten Alkohols pro Ausgehabend.<br />
Die verringerte Alkoholmenge kann am deutlichsten<br />
in der Gesamtstichprobe (p
Abb. 3<br />
0,4% der Aussagen der Kategorie „Frust“ zugeordnet<br />
werden.<br />
Weniger Gewalterlebnisse<br />
Um die Gewalterfahrungen der Innenstadtbesucher<br />
zu erfassen, wird gefragt, welche der folgenden Situationen<br />
in den vergangenen 12 Monaten erlebt<br />
wurden:<br />
Vergleich der Konsumhäufigkeiten<br />
chen als Jungs angeben, vor dem Innenstadtbesuch<br />
Alkohol zu konsumieren. In dieser Altersstufe<br />
haben die Mädchen die Jungs überholt. Mit zunehmendem<br />
Alter trinken Frauen jedoch weniger<br />
vor dem Innenstadtbesuch. Bei Männern hingegen<br />
nimmt die Menge bis zum 28. Lebensjahr stetig zu.<br />
Das Vorglühen passiert immer noch überwiegend<br />
zu Hause und fast ausschließlich mit Freunden.<br />
Um den Beratungs- und Behandlungsbedarf zu ermitteln<br />
wurden vier Screening-Fragen (CAGE-Test)<br />
eingesetzt. Bei deren Auswertung wurde deutlich,<br />
dass für knapp die Hälfte der Befragten die konkrete<br />
Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung besteht,<br />
was auf hohen <strong>Prävention</strong>s- und Interventionsbedarf<br />
hinweist. Bei knapp einem Viertel der Befragten<br />
finden sich außerdem Hinweise auf eine Alkoholproblematik.<br />
• Beleidigt/angepöbelt werden<br />
• Zu betrunken sein um zu laufen<br />
• Sexuell belästigt werden (z.B. begrapscht werden)<br />
• Bei einer Schlägerei auf der Straße beteiligt sein<br />
• Bei einer Schlägerei in einer Kneipe/Disco beteiligt<br />
sein<br />
• Ohne Wissen Alkohol in Getränk gemischt bekommen<br />
Hier wurde deutlich, dass selbst erlebte Beleidigungen<br />
eindeutig abgenommen haben (p
66<br />
Abb 5<br />
Veränderungen durch das Alkoholverbot<br />
Veränderungswünsche<br />
Am Ende der Interviews wurde mit einer offen gestellten<br />
Frage nach den Veränderungswünschen<br />
bezüglich der Situation in der Innenstadt gefragt.<br />
Bei der Auswertung wird deutlich, dass die meisten<br />
Antworten wenige thematische Bereiche wie Alkoholverbot<br />
oder Polizeipräsenz betreffen.<br />
Gut ein Viertel der Antwortenden hat keine Veränderungswünsche.<br />
Zum Teil wird dies als nicht notwendig<br />
erachtet, weil „die Situation gut ist, wie sie<br />
ist“, „man eh nichts machen kann“ oder „andere<br />
Städte viel schlimmer dran sind“. Ein kleiner Teil der<br />
Befragten sagt, die Situation habe sich gebessert,<br />
mehr sei nicht notwendig.<br />
Ein Viertel derer, die zum Thema Kontrolle/Beschränkung/Verbote<br />
Stellung bezieht, bewertet diese<br />
negativ oder lehnt sie ab. Dabei bezieht sich der<br />
Großteil dieser Äußerungen auf die Ablehnung der<br />
Einschränkung des freien Willens.<br />
Mehr als 10% der Aussagen zu den Veränderungswünschen<br />
in der Innenstadt beziehen sich auf die<br />
Polizeipräsenz. In 80% dieser Aussagen wird diese<br />
positiv bewertet. Der überwiegende Teil davon geht<br />
noch weiter und fordert mehr Kräfte oder härteres<br />
Durchgreifen der Polizei, 3 Antwortende wollen weniger<br />
Polizei vor Ort.<br />
Jeweils gut 5% der Veränderungswünsche beziehen<br />
sich auf die Themen Gewalt und Alkohol. Dabei<br />
wünschen sich die Antwortenden weniger Gewalt,<br />
Schlägereien, Alkohol und Betrunkene in der<br />
Innenstadt. Interessant ist dabei, dass in manchen<br />
Antworten eine Verbindung zwischen hohem Alkoholkonsum<br />
und Aggression konstatiert wird. Zwei<br />
exemplarische Aussagen sind<br />
• „nicht so viel Betrunkene, kein Stress, keine<br />
Angst“<br />
• „die pöbeln sind betrunken“<br />
Wiederum ein Viertel der Innenstadtbesucher äußert<br />
sich zu den Themen Kontrolle/Beschränkungen/<br />
Verbote. Die überwiegende Mehrheit derer (70%)<br />
bezeichnet diese Maßnahmen als gut oder fordert<br />
eine Ausweitung der Reglementierungen und deren<br />
Überwachung. Auffallend ist, dass Verbote und<br />
schärfere Kontrollen vorwiegend für die Jüngeren<br />
gefordert werden. Die Angebote der niederschwelligen<br />
Suchtberatung in der Innenstadt im Rahmen<br />
des PräRIE-Projektes werden überwiegend gut bewertet.<br />
Einige Befragte fordern eine Veränderung<br />
der Situation in der Innenstadt durch mehr <strong>Prävention</strong>,<br />
Aufklärung und Unterstützung.<br />
Beispielhafte Aussagen:<br />
• „dass Flatratesaufen abgeschafft wurde ist gut“<br />
• „überall Kameras aufhängen wie in Schottland“<br />
• „ab 20 h Alkoholverbot, Verkaufsverbot“<br />
• „Alkohol mit 21, dann hätte ich nicht mit 13 angefangen“<br />
• „zu leichte Verfügbarkeit von Alkohol für Jugendliche“<br />
• Stärkere Kontrolle auf Straße, dass Jugendliche<br />
nicht angepöbelt werden,<br />
• wie man es in Zeitungen liest“<br />
• „das Alkoholverbot sollte wieder eingeführt werden“<br />
• „Mehr Kontrolle der Minderjährigen“<br />
• „12-jährige sollten keinen Alkohol bekommen<br />
und nicht in Kneipen reinkommen“<br />
• StreetTalk II 27<br />
• „Mehr Sicherheitskontrollen, Security im Bermudadreieck“<br />
• „das Alkoholverbot sollte wieder eingeführt werden“<br />
• „Kinder und Jugendliche sollen besser vor dem<br />
Konsum geschützt werden“<br />
• „Alkoholverbot war gut“<br />
• „Alterskontrolle bei Flatrate-Angeboten“<br />
• „Mehr Sicherheitskontrollen, insbesondere für<br />
die Jungen, trinken zu viel“<br />
• „Alkomattests“
Einige Befragte haben konkrete Vorschläge, wie<br />
die aus ihrer Sicht notwendige Sucht- und Gewaltprävention<br />
aussehen sollte. Die Ideen reichen von<br />
vermehrter <strong>Prävention</strong> in den Schulen über Peergruppenarbeit<br />
bis hin zur gesamtgesellschaftlichen<br />
Verpflichtung. Hierbei wird auch gefordert, dass die<br />
„Pöbler und die, die Stress machen“, mit in die <strong>Prävention</strong><br />
mit einbezogen werden sollen.<br />
Bekanntheitsgrad und Bewertung der<br />
PräRIE-Projekte<br />
Bei der Frage nach der Bekanntheit der PräRIE-Teilprojekte<br />
wird deutlich, dass lediglich 5% der Interviewten<br />
den Projekttitel kennt. Damit assoziiert<br />
werden die Begriffe Alkohol, Drogen, Suchthilfe und<br />
<strong>Prävention</strong>. Nachfolgend eine Auswahl der offenen<br />
Aussagen, die in diesem Zusammenhang festgehalten<br />
wurden:<br />
• „ein Projekt um Jugendliche auf Alkoholkonsum<br />
aufmerksam zu machen“<br />
• „ganz gut, kann man mal reden“<br />
• „verantwortungsvolles Umgehen“<br />
Auffälliger sind die konkreten aufsuchenden Maßnahmen<br />
vor Ort. Seit Juni 2009 sind hauptamtliche<br />
Fachkräfte der Suchthilfe ungefähr einmal monatlich<br />
mit einem Bus und Stehtischen vor Ort. Außerdem<br />
werden im Rahmen des PräRIE-Projektes Peer-<br />
BeraterInnen ausgebildet, die als Ansprechpartner<br />
auf Augenhöhe im Bermudadreieck unterwegs sind.<br />
Zum Zeitpunkt der Befragung hatten 6 Einsätze der<br />
Peer-BeraterInnen stattgefunden.<br />
Der Stand am Bertoldsbrunnen und die Peer-Beratung<br />
sind bei über 12% der Innenstadtbesucher bekannt.<br />
Die Antwortenden, denen die Maßnahmen<br />
bekannt sind, wurden nach einer Bewertung nach<br />
Schulnoten gefragt. Dabei erhielt die Peer-Beratung<br />
im Durchschnitt die Note 2,2, die Suchtberatung am<br />
Stehtisch die Durchschnittsnote 2,6.<br />
Insgesamt lässt sich aus den Ergebnissen eine positive<br />
Bilanz v.a. hinsichtlich der präventiven Maßnahmen<br />
in der Innenstadt ableiten.<br />
Diskussion und Ausblick<br />
Die Resonanz bei der Befragung veranschaulicht,<br />
dass das Thema „Alkoholkonsum und die Auswirkungen“<br />
in Freiburg auf Interesse stößt. In den Interviews<br />
wird deutlich, dass die Alkoholpolitik und<br />
deren präventive Maßnahmen von den Personen,<br />
die sie wissentlich wahrnehmen, positiv bewertet<br />
werden. Dabei muss die <strong>Prävention</strong> nach fachlichem<br />
Standard auf mehreren Ebenen erfolgen, sowohl die<br />
Verhältnisse wie auch das Verhalten der einzelnen<br />
im Blick haben.<br />
Die verhältnispräventiven Maßnahmen in der Innenstadt<br />
wurden von den Befragten deutlich wahrgenommen.<br />
So ist das ehemalige Alkoholverbot fast<br />
allen Befragten bekannt. Interessant ist dabei die<br />
überwiegend positive Bewertung durch die Betroffenen,<br />
die sich äußern, sowohl des Alkoholverbots<br />
wie auch der Polizeipräsenz. Vor diesem Hintergrund<br />
kann die These aufgestellt werden, dass nicht<br />
das Verbot, sondern die Kontrolle des Verbotes, das<br />
Hinschauen und die Polizeipräsenz wirkt.<br />
Inwieweit durch das einstweilige Alkoholverbot in<br />
der Innenstadt eine Veränderung des Verhaltens von<br />
einzelnen Personen stattgefunden hat, kann durch<br />
die vorliegenden Daten nicht untersucht werden.<br />
Vielleicht wurden die früheren Innenstadtbesucher<br />
durch das Verbot aus dem Zentrum in die Stadtteile<br />
verdrängt, wie es von manchen Befragten angegeben<br />
wurde? Um auch dieses Problem anzugehen, ist<br />
es notwendig, dass die konkreten Maßnahmen weiter<br />
in die Außenbezirke getragen werden.<br />
Offenbar stellt sich die Situation in der Innenstadt<br />
nach der Aufhebung des Verbotes für die Befragten<br />
entspannter als vor zwei Jahren dar. Gewalterlebnisse<br />
sind signifikant seltener. Angemerkt werden<br />
muss, dass die Polizeipräsenz im Bermudadreieck<br />
auch ohne das Alkoholverbot weiterhin stark ist. Die<br />
erhobenen Daten vermitteln den Eindruck, dass die<br />
Situation sich beruhigt hat. Ob diese Beruhigung<br />
durch das Verbot oder die Polizeipräsenz begründet<br />
ist, bleibt offen. Aber die einschränkend-repressive<br />
Wirkung des Alkoholverbotes wird wahrgenommen.<br />
Im Gegensatz zu diesen verhältnispräventiven Maßnahmen<br />
erreichen Verhaltenspräventionen nur einen<br />
Teil der Zielgruppe, was durch den relativ niedrigen<br />
Bekanntheitsgrad des PräRIE-Projektes bei den<br />
Befragten deutlich wird. Diejenigen, die Kontakt mit<br />
PräRIE hatten, geben eine gute Bewertung ab, den<br />
anderen fallen die Aktionen zumindest nicht negativ<br />
auf. Vor allem der niederschwellige, aufsuchende<br />
Charakter der Suchtberatung vor Ort wird von den<br />
Befragten positiv hervorgehoben. Die Suchtberatung<br />
in der Innenstadt und die Peer-Beratung sprechen<br />
selektiv die Zielgruppe der jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen nächtlichen Innenstadtbesucher<br />
an. Auch bei der aktuellen Befragung stießen<br />
die InterviewerInnen wieder auf großes Interesse<br />
dieser Gruppe am zieloffenen Austausch über das<br />
Thema Alkohol. Durch die Ergebnisse der Screening-Fragen<br />
wird deutlich, dass 45% der Befragten<br />
umfangreichen Beratungsbedarf haben. Diese Sachlage<br />
sollte zu weiteren Aktionen motivieren.<br />
67
Eine klare Veränderung der Werte in Bezug auf den<br />
Alkoholkonsum ist besonders bei der Gruppe der<br />
jüngeren Befragten sichtbar geworden. Ob bei dieser<br />
Gruppe die ergriffenen Maßnahmen auf Verhaltens-<br />
und Verhältnisebene besonders gut wirken,<br />
kann durch diese Ergebnisse jedoch nicht bewiesen<br />
werden. Interessant wäre hier eine Längsschnittstudie<br />
mit der Fragestellung, inwieweit sich das Trinkverhalten<br />
der einzelnen Befragten verändert hat.<br />
Wie verhält es sich mit dem Konsum bei den jungen<br />
Menschen, die bei der ersten Stichprobe der Gruppe<br />
der 15-17jährigen zugeordnet waren? Bei der aktuellen<br />
Befragung würden sie in die Kategorie der 18-<br />
20jährigen aufrücken, in der höhere Konsummengen<br />
festzustellen sind. Trinken die älter gewordenen<br />
Interviewten nach gleichem Muster weiter? Da bei<br />
den beiden Stichproben nicht dieselben Personen<br />
befragt wurden, kann diese These jedoch mit den<br />
erhobenen Daten nicht untersucht werden.<br />
In den kommenden Jahren sollte die Entwicklung<br />
der Konsummengen im Blick behalten werden.<br />
Zu überprüfen ist, ob sich der positive Trend bei<br />
den Jüngeren fortsetzt. Dies beinhaltet die Frage,<br />
ob die heute 15jährigen mit zunehmendem Alter<br />
mehr trinken oder ob die moderateren Trinkmuster<br />
beibehalten werden. Und wie verhält es sich mit<br />
nachkommenden Generationen? Entwickeln sich<br />
die Konsumzahlen in dieser Gruppe mit steigendem<br />
Lebensalter weiter positiv? Dabei sollte besonders<br />
Augenmerk auf die Geschlechtsunterschiede gelegt<br />
werden. Schon bei der aktuellen Befragung glühen<br />
in der Gruppe der 15-17jährigen mehr Mädchen als<br />
Jungs vor. Wie wird sich diese Entwicklung fortsetzen?<br />
Betrachtet man die Konsummengen der verschiedenen<br />
Altersstufen, so stellt sich die Gruppe der<br />
18-20jährigen Männer als Hochrisikogruppe dar. Da<br />
der höchste Konsum vor 2 Jahren noch in der Gruppe<br />
der 15-17jährigen anzutreffen war, lässt sich eine<br />
wellenartige Entwicklung beschreiben. Obwohl diese<br />
Verschiebung nicht durch eine Längsschnittstudie<br />
am Verhalten einzelner Personen bewiesen wird,<br />
kann die These aufgestellt werden, dass die Hochkonsumenten<br />
älter geworden sind. Überprüft werden<br />
sollte hier, wie sich die Konsummengen weiter<br />
entwickeln. Verflacht die Welle mit zunehmendem<br />
Alter durch geringere Konsummengen? Es ist davon<br />
auszugehen, dass in dieser Hochrisikogruppe die<br />
Gefahr der Entwicklung von Abhängigkeits- oder<br />
Missbrauchsmustern relativ hoch ist. Wenn man<br />
bedenkt, dass der Kontakt zum Suchthilfesystem<br />
bisher größtenteils weit nach dem 40. Lebensjahr<br />
stattfindet, liegt die Forderung von frühezeitigeren<br />
Hilfen auf der Hand.<br />
Die Studie ist in voller Länge auf der Projektwebsite<br />
www.freiburg.de/praerie zu finden.<br />
Download unter der Adresse: http://www.freiburg.<br />
de/servlet/PB/show/1243930/StreetTalkIIBericht.pdf<br />
68
Literatur<br />
Anderson, Zara / Huges, Karen / Bellis A., Mark:<br />
Exploration of young people’s experience and<br />
preceptionsof violence in Liverpool’s nightlive.<br />
Liverpool, 2007.<br />
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />
(Hrsg.):<br />
Der Alkoholkonsum Jugendlicher und junger<br />
Erwachsener in Deutschland 2010. Kurzbericht zu<br />
den Ergebnissen einer aktuellen Repräsentativbefragung<br />
und Trends. Köln, 2011.<br />
Berner, Michael / Wahl Sonja:<br />
Freiburger StreetTalk. Ergebnisse einer Befragung<br />
in der Freiburger Innenstadt zu Alkoholkonsum<br />
und Gewalterleben. Freiburg i.Br., 2008.<br />
Projektteam:<br />
Wissenschaftliche Leitung: PD<br />
Dr. Michael Berner<br />
Wissenschaftliche Mitarbeit:<br />
Christoph Keim, Sonja Wahl, Jeanette Röhrig<br />
Kontakt:<br />
Universitätsklinikum Freiburg<br />
Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Hauptstrasse 5 79104 Freiburg<br />
Michael.Berner@uniklinik-freiburg.de<br />
sonja.wahl@uniklinik-freiburg.de<br />
Berner, Michael / Wahl, Sonja:<br />
Ergebnisse des Freiburger „StreetTalk“, Freiburg<br />
2008 (II).<br />
Zum Download: http://www.freiburg.de/servlet/<br />
PB/menu/1218355_l1/index.html<br />
Keller, Stefan (Hrsg.):<br />
Motivation zur Veränderung. Das transtheoretische<br />
Modell in Forschung und Praxis. Freiburg<br />
i.Br., 1999.<br />
Polizeidirektion Freiburg, (Hrsg.:)<br />
Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg.<br />
Untersuchung der Zusammenhänge zwischen<br />
Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten<br />
nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung.<br />
Freiburg<br />
Stadt Freiburg i.Br. (Hrsg.):<br />
Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums<br />
im öffentlichen Straßenraum. Freiburgi.<br />
Br. , 2007.<br />
Wahl, Sonja / Kriston, Levente / Berner, Michael:<br />
Drinking before going out – A predictor of negative<br />
nightlife experiences in a German inner city<br />
area. International Journal of Drug Policy (2009).<br />
Wahl, Sonja / Berner, Michael:<br />
Das Freiburger <strong>Prävention</strong>smodell PräRIE. Suchtmagazin<br />
5/2009, S. 37 – 41<br />
69
8.2. „Vorglühen“–<br />
eine qualitative Untersuchung<br />
70<br />
Hintergrund:<br />
Das Vorglühen als spezifische, noch junge Trinkpraxis<br />
Jugendlicher und junger Erwachsener wurde bisher<br />
wenig untersucht. Vorhandene Studien wurden<br />
überwiegend in den USA durchgeführt, wobei nicht<br />
vorbehaltlos davon ausgegangen werden kann,<br />
dass diese Erkenntnisse kulturübergreifend Gültigkeit<br />
besitzen. Ein zentrales Ergebnis der 2008 durchgeführten<br />
Befragung junger Kneipengänger „Street-<br />
Talk“ (Wahl et al., 2009) in der Freiburger Innenstadt<br />
war, dass das so genannte Vorglühen mit vielfältigen<br />
Risiken für junge Menschen assoziiert ist.<br />
Diese Ergebnisse wurden in Teilen in der Folgebefragung<br />
„StreetTalk 2“ repliziert (zu den Ergebnissen dieser<br />
Befragung siehe auch Keim in diesem Abschlussbericht).<br />
Um das als Risikoverhalten identifizierte<br />
Phänomen des Vorglühens genauer zu untersuchen,<br />
wurde von unserer Arbeitsgruppe ein Forschungsprojekt<br />
durchgeführt, das aus zwei Teilstudien bestand:<br />
In einer Teilstudie wurden mit Hilfe eines<br />
Online-Fragebogens über 800 SchülerInnen aus<br />
Freiburg und dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald<br />
zu ihren Trink- und Ausgehgewohnheiten befragt.<br />
Damit wurde eine umfangreiche deskriptive quantitative<br />
Datenbasis zum Thema Vorglühen generiert.<br />
Die zweite Teilstudie, die durch das Projekt PräRIE finanziell<br />
mitunterstützt wurde, legte den Fokus eher<br />
auf die Motive der Jugendlichen für das beschriebene<br />
Verhalten und ergründete in einem qualitativen<br />
Feldforschungsansatz mit der Hilfe von Gruppendiskussionen<br />
den Blickwinkel der Jugendlichen selbst.<br />
Das bedeutet, dass Teilstudie 1 den Fokus eher auf<br />
eine breite, umfassende Beschreibung im Sinne einer<br />
großen möglichst repräsentativen Stichprobe legte,<br />
während Teilstudie 2 das gleiche Phänomen eher in<br />
die Tiefe untersuchte und dabei versucht wurde, mit<br />
Hilfe weniger Betroffenen eine sehr exakte, profunde<br />
und in diesem Sinne ebenso umfassende Beschreibung<br />
des Konsumverhaltens zu generieren.<br />
Ziele:<br />
Das Hauptaugenmerk lag bei der hier beschriebenen<br />
qualitativen Teilstudie darauf, anhand der Äußerungen<br />
der Teilnehmer eine dichte Beschreibung<br />
über die Trinkpraktik des Vorglühens zu generieren.<br />
Zudem sollten Motive beleuchtet werden, die gemäß<br />
den Angaben der Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen das Vorglühen für sie, trotz der damit<br />
einhergehenden risikoreichen Konsequenzen, zu einer<br />
attraktiven Konsumform macht.<br />
Methode:<br />
Es wurden acht Gruppendiskussionen mit Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen an öffentlichen<br />
Plätzen in vier verschiedenen Stadtteilen Freiburgs<br />
geführt. Zwei Studienmitarbeiterinnen (zwei junge<br />
angehende Psychologinnen) suchten die Gruppen<br />
in den Abendstunden direkt an den Orten des Vorglühens<br />
auf, die sie vorher zum Teil durch Rücksprache<br />
mit der Polizei in Erfahrung gebracht hatten. Die<br />
Gruppen wurden freundlich angesprochen mit der<br />
Frage, ob sie zu einem Gespräch über ihre Ausgehgewohnheiten<br />
bereit wären. Zum Teil ergab sich<br />
von selbst ein schneeballartiges System, d.h. die Studienmitarbeiterinnen<br />
wurden von der einen Gruppe<br />
nach dem Gespräch auf eine weitere Gruppe verwiesen,<br />
die an einer anderen Stelle auch zum Vorglühen<br />
versammelt war. Diese Rekrutierungsart erwies sich<br />
als sehr lebensnah und ergiebig. Insgesamt nahmen<br />
33 Jugendliche und junge Erwachsene an den<br />
Diskussionen teil, wobei die Größe der einzelnen<br />
Gruppen zwischen drei und sieben Teilnehmern<br />
variierte. Die TeilnehmerInnen waren sehr kooperativ<br />
und auskunftsbereit. Die Gespräche wurden mit<br />
einem mobilen Aufnahmegerät aufgezeichnet. Die<br />
Auswertung der Daten erfolgte in Anlehnung an die<br />
Grounded Theory (Strauss & Corbin, 1998).<br />
Ergebnisse:<br />
Es konnten sowohl organisations-, als auch ablaufspezifische<br />
Kriterien und Regeln identifiziert werden,<br />
anhand derer die TeilnehmerInnen das Vorglühen<br />
praktizieren. Ein wichtiges Kriterium, das hier genannt<br />
sei, ist die so genannte „Alkoholeinkaufsanwerbung“<br />
– d.h. das Ansprechen von Personen über 18 Jahre<br />
mit der Bitte, für die Jugendlichen harte Alkoholika<br />
einzukaufen. Sehr häufig scheinen hierfür junge Erwachsene<br />
zwischen 18 und 20 Jahren ausgewählt zu<br />
werden, da diese noch nahe an der Lebenswelt der<br />
Jugendlichen sind, aber gleichzeitig schon über die<br />
Berechtigung verfügen, harte Alkoholika zu kaufen.
Ein wichtiges Motiv, das dem Vorglühen zugrunde<br />
liegt, ist es, wie zu erwarten war, Geld zu sparen, jedoch<br />
gehen die Motive bei Weitem über dieses singuläre<br />
Motiv hinaus. Aus den Aussagen der Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen konnte man als<br />
weiteres Motiv für das Vorglühen erschließen, dass<br />
das gemeinschaftliche Konsumieren von Alkohol<br />
gruppendynamische Funktionen erfüllt, vor allem<br />
dass der Zusammenhalt in der Gruppe gestärkt<br />
wird. Es zeigt sich also, dass das gemeinsame Trinken<br />
eine bedeutende soziale Dimension im Leben der<br />
Jugendlichen innehat. Das Trinken vorab wurde von<br />
den Teilnehmern auch als Ritual genutzt, um bei<br />
den abendlichen Ausgehern, d.h. bei den Teilnehmern,<br />
die angaben nach dem Vortrinken üblicherweise<br />
ihren Stadtteil zu verlassen, die Gruppenkohäsion<br />
zu stärken. Es dient daher auch dazu, mit den<br />
„eigenen Leuten“ eine Art von Zugehörigkeitsritual<br />
zu zelebrieren, bevor mit der Innenstadt ein weitaus<br />
anonymeres und dadurch vermutlich sowohl<br />
spannenderes als auch bedrohlicheres Umfeld aufgesucht<br />
wird. Außerdem findet sich in unseren Ergebnissen<br />
auch das Motiv, gemeinsam Alkohol zu<br />
konsumieren, um negative Gefühle zu vergessen.<br />
Ein zentrales Konstrukt, auf das wir in unseren Daten<br />
stießen, sind die so genannten „Konsumgeschichten“:<br />
Jede(r) befragte Jugendliche verfügt<br />
über Geschichten über Erlebnisse beim Vorglühen,<br />
mit Hilfe dieser Geschichten positionieren sich die<br />
Jugendlichen zum einen innerhalb des sozialen<br />
Gefüges ihrer Peergroup. Außerdem scheint der<br />
gesamte Bereich des Vorglühens für die Jugendlichen<br />
ein Übungsfeld zu sein, in dem sie Aufgaben<br />
und Rollen, die zum Erwachsenwerden gehören,<br />
ausprobieren können. Dazu gehören Begriffe wie<br />
Verantwortung übernehmen, Grenzen austarieren<br />
und überschreiten und Konflikte austragen. Und<br />
schließlich stellt sich das Vorglühen an öffentlichen<br />
Plätzen für die Jugendlichen auch als Möglichkeit<br />
dar, in Opposition zur Erwachsenenwelt zu gehen,<br />
Plätze zu besetzen, die eigentlich den Erwachsenen<br />
vorbehalten sind und Reaktionen der Erwachsenen<br />
zu provozieren (vgl. auch Landolt & Backhaus, 2009).<br />
Insgesamt kann aufgrund unserer Daten geschlussfolgert<br />
werden, dass der öffentliche Alkoholkonsum<br />
mit anderen Jugendlichen für die jungen Menschen<br />
eine Möglichkeit ist, den in der Jugendzeit vorhandenen<br />
Konflikt zwischen empfundener Autonomie<br />
und der Einhaltung und Aushandlung gesellschaftlicher<br />
Normen zu bearbeiten.<br />
Als angestrebtes Ziel des Konsums kristallisierte sich<br />
bei den Befragten das Paradox eines „kontrollierten<br />
Kontrollverlusts“ heraus. Kompletter Kontrollverlust<br />
ist explizit nicht das Ziel des jugendlichen Alkoholkonsums,<br />
sondern wird im Gegenteil verurteilt und<br />
abgelehnt. Die Ergebnisse weisen insgesamt darauf<br />
hin, dass das Vorglühen und die damit verbundenen<br />
Risiken den Jugendlichen eine Möglichkeit bietet,<br />
„Risiko“ neu auszuhandeln.<br />
Schlussfolgerung:<br />
Eine wissenschaftlich fundierte Beschreibung der<br />
Konsumpraktik sowie der Motive, welche Jugendliche<br />
zu dieser bewegen, kann als Ansatzpunkt für<br />
<strong>Prävention</strong>s- und Interventionsmaßnahmen genutzt<br />
werden. Die Alkoholeinkaufsanwerbung, die als<br />
zentral für den häufig illegalen Konsum harter<br />
alkoholischer Getränke identifiziert werden konnte,<br />
könnte z.B. einen Ansatzpunkt für präventive<br />
Maßnahmen bilden. Dabei könnten z.B. erwachsene<br />
Personen, die von Jugendlichen potentiell für<br />
den Alkoholeinkauf angeworben werden, über<br />
das Vorglühen und die mit ihm einhergehenden<br />
Konsequenzen aufgeklärt werden. Ein weiterer<br />
denkbarer Ansatzpunkt für präventive Maßnahmen<br />
ist das Motiv der Suche nach einem Risiko (s.o.). Das<br />
Praktizieren des Vortrinkens ließe sich vermutlich<br />
beeinflussen, wenn bei den Teilnehmern durch eine<br />
Interventionsmaßnahme ein Aushandlungsprozess<br />
gegenüber risikoreichem Verhalten erreicht werden<br />
könnte, der z.B. bereits den Ankauf und den<br />
Konsum während des Vorglühens als gefährlich und<br />
ablehnungswürdig einstufen würde und nicht nur<br />
das Trinken bis zum Kontrollverlust.<br />
Projektteam:<br />
Dipl. Psych. Sonja Wahl, Dipl. Psych. Elena Wiesler,<br />
Prof. Dr. Gabriele Lucius-Hoene, PD Dr. med. Michael<br />
Berner<br />
Kontakt:<br />
Dipl. Psych. Sonja Wahl, Uniklinik Freiburg,<br />
Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Hauptstraße 5, 79104 Freiburg<br />
sonja.wahl@uniklinik-freiburg.de<br />
Anmerkung: Ergebnisse aus qualitativ erhobenen Daten zusammenzufassen<br />
ist notwendigerweise mit einer Verkürzung<br />
und Einschränkung der gefundenen Erkenntnisse verbunden.<br />
Eine ausführlichere Beschreibung der Ergebnisse im Detail mit<br />
umfangreichen Auszügen aus den Originaldaten kann bei Interesse<br />
bei Frau Sonja Wahl (Kontakt s.o.) angefragt werden.<br />
Literatur:<br />
Landolt, S. & Backhaus, N. (2009). Alkoholkonsum<br />
von Jugendlichen als Praxis der Raumaneignung<br />
am Beispiel der Stadt Zürich. Geographica<br />
Helvetica, 64, 186-192.<br />
Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory:<br />
Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim:<br />
Beltz PVU.<br />
Wahl, S., Kriston, L. & Berner, M. (2010). Drinking before<br />
going out – A predictor of negative nightlife<br />
experiences in a German inner city area. The international<br />
journal of drug policy, 21, 251-254.<br />
71
9. Die aktiven Mitwirkenden<br />
im PräRIE-Projekt:<br />
Christa Armbruster<br />
Diplom-Sozialarbeiterin (FH), Leiterin des Nachsorgeverbundes<br />
für Abhängige, AWO. Gründerin der<br />
Frauen und Mädchen Suchtberatungsstelle „FrauenZimmer“<br />
in Freiburg.<br />
PräRIE-Schwerpunkt: Gewinnung, Ausbildung und<br />
Einsatz der PeerBeraterInnen<br />
Karin-Anne Böttcher<br />
Kulturwissenschaftlerin M.A.,Projektkoordinatorin<br />
im Sozial- und Jugendamt der Stadt Freiburg. Seit<br />
2008 „Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik“,<br />
vorher tätig in der Jugendengagement-<br />
Förderung und in der Öffentlichkeitsarbeit/Public<br />
Relations.<br />
PräRIE-Schwerpunkte: Projektmanagement, allgemeinen<br />
Koordinations- und Dokumentationsaufgaben<br />
sowie Entwicklung und Begleitung von Beteiligungsprojekten<br />
und Stadtteilarbeit; „Festkultur“<br />
und Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Thomas Hodel<br />
Diplom-Sozialarbeiter (FH), Leiter der Suchtberatung<br />
Freiburg, AGJ Fachverband für <strong>Prävention</strong> und<br />
Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e. V.<br />
Seit 1981 in der Suchthilfe tätig, zunächst als therapeutischer<br />
Mitarbeiter in einer Fachklinik für Alkohol-<br />
und Medikamentenabhängige, seit 1996 als<br />
Leiter der Suchtberatung Freiburg.<br />
PräRIE-Schwerpunkte: „Aufsuchende Beratung in<br />
der Unfallchirurgie“, außerdem verantwortliche<br />
Zuständigkeit für Antragstellung und finanzielle Abwicklung<br />
des Gesamtprojekts.<br />
Christoph Keim<br />
Diplom-Pädagoge, Diplom-Sozialarbeiter (FH)<br />
Konzeption und Durchführung der Peer-Schulung,<br />
Begleitung der Einsätze<br />
Bärbel Köhler<br />
Dipl.-Psychologin im Leitungsteam der PSB FrauenZimmer<br />
- Suchtberatungsstelle für Frauen und<br />
Mädchen, Trägerverein: FrauenZimmer e.V. Seit<br />
1999 Mitarbeiterin der Suchtberatungsstelle FrauenZimmer,<br />
seit 2001 in der Leitung von FrauenZimmer.<br />
PräRIE-Schwerpunkte: Durchführung des Bausteins<br />
„Aufsuchende Arbeit mit riskant konsumierenden<br />
Jugendlichen im Krankenhaus“ und „geschlechtsspezifische<br />
Risikocheck-Gruppe: „Klick-it“ für riskant<br />
konsumierende Jugendliche“.<br />
Klaus Limberger<br />
Diplom Sozialarbeiter (FH), Leiter der Fachstelle<br />
Sucht Freiburg, bwlv-Baden-Württembergischer<br />
Landesverband für <strong>Prävention</strong> und Rehabilitation<br />
gGmbH. Seit 1986 in der Suchthilfe tätig, seit 1993<br />
als <strong>Prävention</strong>sfachkraft in der Psychosozialen Beratungsstelle<br />
für Alkohol- und Drogenprobleme des<br />
blv in Freiburg, seit 1996 Leiter der Beratungsstelle.<br />
PräRIE-Schwerpunkte: „Alkoholpolitik vor Ort“<br />
(Stadtteilarbeit); „Was Geht?!“-Gruppe für junge<br />
Erwachsene und „Aufsuchende Suchtberatung im<br />
Polizeigewahrsam“; „Festkultur“.<br />
Jeanette Piram<br />
Diplom Psychologin, Systemische Paar- und Familientherapeutin,<br />
Leiterin Drogenhilfe-Freiburg, AWO.<br />
Seit 1987 in der Suchthilfe tätig. Mitbegründerin<br />
und heute Leitung der Drogenhilfe Freiburg. Spezialgebiet:<br />
Schnittstelle von Jugendlichen und Sucht<br />
(seit 1990 im sozialpsychiatrischen Team einer kinderpsychiatrischen<br />
Praxis tätig).<br />
PräRIE-Schwerpunkte: verantwortlich für die Durchführung<br />
der jährlichen Fachtagungen sowie für<br />
die aufsuchende Arbeit in der Kinderklinik und das<br />
Gruppenangebot „Risiko-Check Klick it“ für männliche<br />
Jugendliche.<br />
Hanna Schönemann<br />
Diplom-Psychologin, Mitarbeiterin bei FrauenZimmer,<br />
Suchtberatungsstelle für Frauen und Mädchen.<br />
Konzeption und Durchführung der Peer-Schulung,<br />
Begleitung der Einsätze.<br />
Willi Vötter<br />
Dipl. Sozialarbeiter (FH); Sozialtherpeut (VT), Leiter<br />
Regio-PSB Freiburg der Evangelischen Stadtmission<br />
Freiburg e.V.. Arbeitet seit über 20 Jahren in der<br />
Beratung und Therapie von Suchtkranken mit dem<br />
Schwerpunkt Alkoholabhängige und Pathologische<br />
Glücksspieler/innen. In der <strong>Prävention</strong> vorwiegend<br />
Erfahrung mit betrieblichen Interventionsstrategien<br />
und Schulung von Multiplikator/innen.<br />
PräRIE-Schwerpunkt: Koordination „Suchtberatung<br />
am Stehtisch“.<br />
72
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Stadt Freiburg im Breisgau<br />
Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik und dem<br />
Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg (AKSF).<br />
Aktive Mitglieder des Arbeitskreises PräRIE:<br />
Drogenhilfe Freiburg, Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Freiburg<br />
Fachstelle Sucht Freiburg, Baden-Württembergischer<br />
Landesverband für <strong>Prävention</strong> und Rehabilitation gGmbH<br />
Nachsorgeverbund für Abhängige, Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Freiburg<br />
Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtgefährdete und Suchtkranke<br />
Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.<br />
Stadt Freiburg i. Br. – Dezernat III, Sozial- und Jugendamt<br />
Suchtberatung für Frauen und Mädchen, FrauenZimmer e.V. Freiburg<br />
Suchtberatung Freiburg, AGJ Fachverband für <strong>Prävention</strong> und Rehabilitation<br />
in der Erdiözese Freiburg e.V.<br />
Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie<br />
Redaktion:<br />
Karin-Anne Böttcher M.A.<br />
Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik<br />
Stadt Freiburg i.Br.<br />
- Amt für Soziales und Senioren -<br />
Jacob-Burckhardt-Straße 1<br />
79098 Freiburg<br />
karin-anne.boettcher@stadt.freiburg.de<br />
73