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Prävention Relaxation Information Evaluation

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PräRIE-Projektdokumentation<br />

<strong>Prävention</strong><br />

<strong>Relaxation</strong><br />

<strong>Information</strong><br />

<strong>Evaluation</strong><br />

PräRIE<br />

<strong>Prävention</strong> <strong>Relaxation</strong> Intervention <strong>Evaluation</strong>


PräRIE-Projektdokumentation<br />

<strong>Prävention</strong><br />

<strong>Relaxation</strong><br />

<strong>Information</strong><br />

<strong>Evaluation</strong><br />

Das Freiburger Modellprojekt zur Etablierung<br />

einer Kommunalen Alkoholpolitik<br />

2009-2010


Inhalt<br />

1 . Einführung 6<br />

1.1. Ausgangslage und Hintergrund 7<br />

1.2. Das PräRIE-Konzept 8<br />

1.3. Umsetzung 10<br />

1.4. Beteiligte im PräRIE-Projekt 12<br />

2. Intervention 14<br />

2.1. Aufsuchende Suchthilfe im Polizeirevier Freiburg Nord 14<br />

2.2. Aufsuchende Suchtberatung in Kliniken 15<br />

2.2.1. Aufsuchende Suchtberatung<br />

bei riskant konsumierenden Jugendlichen im Krankenhaus 15<br />

2.3.1. „klick it“ – Risikocheck-Gruppe für Jugendliche 18<br />

2.2.2. Aufsuchende Suchtberatung bei jungen Erwachsenen in<br />

der Unfallchirurgie (Universitätsklinikum Freiburg) 17<br />

2.3.2. „Was geht?!<br />

Alkohol – reflect and train“ - Risiko-Check für junge Erwachsene 20<br />

3. <strong>Relaxation</strong> 22<br />

3.1. Suchtberatung am Stehtisch 23<br />

3.2. Gewinnung, Ausbildung und Einsatz von Peer-BeraterInnen 25<br />

3.3. <strong>Prävention</strong>sEvent und AlkoholfreiParty 28<br />

4. <strong>Information</strong>, Fachtage und Öffentlichkeitsarbeit 32<br />

4.1. Fachtagungen 32<br />

4.2. Öffentlichkeitsarbeit 34


5. Alkoholpolitik 38<br />

5.1. Stadtteilarbeit und Runde Tische 38<br />

5.2. „Festbegleiter“ St. Georgen und „Nachtwanderer“ Hochdorf 41<br />

5.3. Festkultur und Wirtekodex 44<br />

6. Beteiligungsprojekte 46<br />

6.1 Internet-Auftritt „Bermuda-Stories“ und interaktives Spiel „Blackout“ 46<br />

6.2 „PräRIE-Bar“ und 48<br />

7. Fazit 54<br />

7.1 Meta-Projektziele 54<br />

7.2 Konkrete Projektziele der Teilprojekte PräRIE II 58<br />

7.3 Fazit des Projektteams 60<br />

8. Anhang 64<br />

8.1 Freiburger StreetTalk 2010 64<br />

8.2 „Vorglühen“ – eine qualitative Untersuchung 70<br />

9. Die aktiven Mitwirkenden im PräRIE-Projekt 72<br />

Impressum 73


1 . Einführung<br />

von Karin-Anne Böttcher<br />

Das <strong>Prävention</strong>sprogramm PräRIE wurde 2008 vom Arbeitskreis Suchthilfe<br />

Freiburg als Gesamtkonzept zur Sucht- und Gewaltprävention für die Zielgruppe<br />

der Heranwachsenden und jungen Erwachsenen mit riskantem Alkoholkonsum<br />

entwickelt und als „sozialarbeiterische Begleitmaßnahme“ im Gefolge des<br />

Alkoholverbotes in der Freiburger Innenstadt umgesetzt. Durch die Einrichtung<br />

einer städtischen Koordinationsstelle im Sozial- und Jugendamt wurde mit PräRIE<br />

erstmals ein Projekt von freien Trägern und Stadtverwaltung gemeinsam erarbeitet<br />

und in intensiver Zusammenarbeit realisiert. Von Anfang an hat sich PräRIE das Ziel<br />

einer gesamtstädtischen „Kommunalen Alkoholpolitik“ gesetzt und dazu ein breites<br />

„Maßnahmenbündel“ entwickelt. So entstand ein zehn Teilprojekte umfassendes<br />

Programm, das einerseits eine „Verhaltens-<strong>Prävention</strong>“ bei der Risiko-Zielgruppe im<br />

Blick hat, andererseits im Sinne einer „Verhältnis-<strong>Prävention</strong>“ auf Politik und Verwaltung<br />

einwirken will.<br />

Das „Bermuda-Dreieck“<br />

zwischen Martinstor und<br />

Universität entwickelte<br />

sich in den vergangenen<br />

Jahrzehnten zur beliebten<br />

Partymeile und Anziehungspunkt<br />

für NachtschwärmerInnen<br />

– mit<br />

unangenehmen Folgen.


1.1. Ausgangslage und Hintergrund<br />

Freiburgs Innenstadt entwickelte sich in den vergangenen<br />

Jahrzehnten zunehmend zur „Disko- und<br />

Partymeile“, insbesondere im Bereich des sogenannten<br />

„Bermuda-Dreiecks“ zwischen Martinstor und<br />

Universität, wo sich verschiedene Diskotheken und<br />

weitere Betriebe der Nachtgastronomie auf engem<br />

Raum angesiedelt haben. Als Begleiterscheinung<br />

dieser Attraktivität bei den NachtschwärmerInnen<br />

nahmen die unschönen Folgen von übermäßigem<br />

Alkoholkonsum wie Vandalismus und Ruhestörung<br />

zu, außerdem erreichten die Körperverletzungsdelikte<br />

in Freiburg in den Jahren 2005 und 2006 einen<br />

Höchststand.<br />

Alkoholmissbrauch und Gewalt in der<br />

Freiburger Innenstadt<br />

Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigte deutlich, dass<br />

der örtliche Schwerpunkt der begangenen Körperverletzungen<br />

die Freiburger Altstadt war. 2006 fand<br />

mehr als die Hälfte aller Gewalttaten im Stadtgebiet<br />

in der Innenstadt statt. Laut Kriminalstatistik 2009<br />

wurde jede dritte Gewalt-Straftat in Freiburg in der<br />

Altstadt begangen (die nur 0,8 % der Gesamtfläche<br />

des Stadtgebietes ausmacht).<br />

Dabei konzentrierten sich die Straftaten auf einen<br />

eng umgrenzten Bereich: 47,9 % aller Gewaltdelikte<br />

in der Altstadt geschahen im sogenannten „Bermudadreieck“<br />

(0,06 % Flächenanteil). 58,8 % der<br />

Gewaltdelinquenz fand am Wochenende statt; im<br />

Bereich der Altstadt sogar zu 70,5 %. Dabei liegt der<br />

Höhepunkt in der Zeit zwischen 23 Uhr und 5 Uhr<br />

morgens. 57,7 % der Tatverdächtigen in der Altstadt<br />

standen 2009 unter Alkoholeinfluss (im restlichen<br />

Stadtgebiet nur 33,3 % der Tatverdächtigen).<br />

Die Polizei reagierte 2007 auf die Zunahme der Gewalttaten<br />

mit massiver Präsenz an Schwerpunktwochenenden<br />

durch den Einsatz der sogenannten<br />

„GewaCity“-Gruppe. Die Zahl der registrierten Gewalttaten<br />

in der Innenstadt nahm jedoch weiter zu:<br />

2008 erhöhte sich der Anteil der innerstädtischen<br />

Gewalttaten auf 54 Prozent und 2009 auf fast 58<br />

Prozent. Diese Zunahme erklärt sich auch durch die<br />

Tatsache, dass durch die verstärkte Polizeipräsenz<br />

mehr Vorfälle in der Innenstadt zur Anzeige kamen.<br />

Ansteigende Fallzahlen gibt es auch im Bereich der<br />

gefährlichen und schweren Körperverletzungen,<br />

wobei der Bereich der Unter-21jährigen deutlich<br />

überrepräsentiert ist, auch bei den Opfern (37,2 %).<br />

Am 20.11.2007 beschloss der Freiburger Gemeinderat<br />

mit der „Polizeiverordnung zur Begrenzung des<br />

Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum“ ein<br />

innerstädtisches Alkoholverbot; zugleich legte der<br />

Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg (AKSF) Konzepte für<br />

Begleitmaßnahmen vor. Schließlich wurde die Verwaltung<br />

beauftragt, gemeinsam mit dem AKSF ein<br />

„umfassendes inhaltlich-fachliches Konzept für <strong>Prävention</strong>s-<br />

und Sofortmaßnahmen zur Begrenzung<br />

des Alkoholkonsums in der Innen- und in der Gesamtstadt“<br />

zu erarbeiten und umzusetzen.<br />

Die präventiven Angebote des „PräRIE“-Programmes<br />

wurden und werden von der Polizei explizit begrüßt<br />

und als wichtige Ergänzung der Polizeipräsenz gesehen:<br />

„Die Impulse zur Veränderung des Bewusstseins<br />

von jungen Menschen im Umgang mit Alkohol<br />

kann nur aus dem präventiven Bereich kommen. Die<br />

Maßnahmen in der Stadt sind diesbezüglich bei weitem<br />

noch nicht beim erforderlichen Maß angelangt,<br />

daher spricht sich die Polizei Freiburg ausdrücklich<br />

für den Ausbau der kommunalen Alkoholprävention<br />

aus.“ (Heiner Amann, Leiter der Polizeidirektion Freiburg)<br />

Die Polizei-Präsenz<br />

der Gewa-City-Gruppe<br />

an Schwerpunktwochenenden<br />

kann öffentliche<br />

Alkoholexzesse und Gewalt<br />

verhindern. Doch das<br />

allein reicht nicht.Schwerpunktwochenenden<br />

kann<br />

öffentliche Alkoholexzesse<br />

und Gewalt verhindern.<br />

Doch das allein reicht<br />

nicht.


1.2. Das PräRIE-Konzept<br />

PräRIE<br />

• ... ist ein GESAMTKONZEPT zur Etablierung einer KOMMUNALEN ALKOHOLPOLITIK<br />

mit einem umfassenden "Maßnahmen-Bündel".<br />

• ... hat das Ziel, Heranwachsende vor riskantem Alkoholkonsum zu schützen und<br />

einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol zu fördern.<br />

• ... will sensibilisieren und dabei Jugendliche und junge Erwachsene zur aktiven<br />

Mitarbeit einbeziehen. Nach der Devise "Engagement ist die beste <strong>Prävention</strong>"<br />

setzen wir auf Jugendbeteiligung und Kreativität.<br />

• ... ist der Weg zu einer "Kommunalen Alkoholpolitik" durch umfassende Vernetzung<br />

und die Entwicklung von Alternativen bzw. entsprechenden Rahmenbedingungen.<br />

Dabei kommt der Vorbildfunktion von Erwachsenen große Bedeutung<br />

zu.<br />

<br />

Das Gesamtkonzept mit dem Titel „PräRIE“ beinhaltet<br />

die Elemente: <strong>Prävention</strong> – <strong>Relaxation</strong> – Intervention/<strong>Information</strong><br />

– <strong>Evaluation</strong> und wurde vom Sozial-<br />

und Jugendamt gemeinsam mit dem Arbeitskreis<br />

Suchthilfe Freiburg (AKSF) unter aktiver Beteiligung<br />

von sechs Suchthilfe-Einrichtungen umgesetzt. Die<br />

ersten Teilprojekte wurden als „PräRIE I – Schwerpunkt<br />

Intervention“ bereits seit Herbst 2008 umgesetzt,<br />

zunächst vor allem eine „Aufsuchende Suchtberatung“<br />

in Kliniken und im Polizeigewahrsam.<br />

Bis zur Konzeption des PräRIE-Programmes war der<br />

seit 1975 bestehende Arbeitskreis Suchthilfe ein<br />

reines Austausch-Forum der lokalen Suchthilfe-<br />

Einrichtungen, nun wurden erstmals gemeinsame<br />

Projekte konzipiert und durchgeführt, die erheblich<br />

über die bisherige Arbeit der im AKSF zusammengeschlossenen<br />

Institutionen hinausreichten. Erste gemeinsame<br />

Aktion war die Veranstaltung eines Fachtages<br />

im März 2008 mit dem Titel „Aben(d)teuer<br />

Alkohol“, in dem das Phänomen riskanten Alkoholkonsums<br />

von Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

erstmals in Freiburg auf breiter Basis fachlich<br />

diskutiert wurde.<br />

Ziel des Freiburger PräRIE-Programmes ist die Etablierung<br />

einer Kommunalen Alkoholpolitik, die sich<br />

quer durch die städtische Verwaltung, durch alle<br />

Dezernate und durch alle Stadtteile zieht und die<br />

neue Grundhaltung zum Thema Umgang mit legalen<br />

Suchtmitteln in Freiburg umsetzt. Das PräRIE-<br />

Konzept geht deshalb weit über Einzelmaßnahmen<br />

wie die suchttherapeutische Intervention bei Betroffenen<br />

hinaus. Zum einen setzt PräRIE auf <strong>Prävention</strong><br />

durch <strong>Information</strong> und wählt dafür verschiedene,<br />

auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnittenen<br />

Kanäle. Zum anderen wurden unter dem Stichwort<br />

„<strong>Relaxation</strong>“ Teilprojekte konzipiert, die eine Entspannung<br />

der nächtlichen Situation im Freiburger<br />

Ausgeh-Viertel bewirken können.


Den Kern des Konzeptes bilden vier verschiedene<br />

Aufgabenbereiche:<br />

1. <strong>Relaxation</strong><br />

Entspannung der Situation in der Innenstadt<br />

durch Präsenz von Suchthilfe-Fachleuten<br />

und geschulten Ehrenamtlichen (PeerBeraterInnen);<br />

Entwicklung von alkoholfreien<br />

Alternativen sowie von Konzepten zur Begrenzung<br />

des Alkoholkonsums („Festkultur“/<br />

„Wirtekodex“)<br />

2. Intervention<br />

Aufsuchende Suchtberatung = PräRIE I *<br />

durch suchttherapeutische Kurzintervention<br />

und motivierende Befragung von Betroffenen<br />

in Kliniken und im Polizeigewahrsam sowie<br />

Gruppenangebote für riskant konsumierende<br />

Jugendliche und junge Erwachsene.<br />

3. <strong>Information</strong><br />

Allgemeine Sensibilisierung für das Thema<br />

„Riskanter Alkoholkonsum“ durch zielgruppengerechte<br />

Ansprache etwa bei der „Suchtberatung<br />

am Stehtisch“, aber auch Öffentlichkeitsarbeit<br />

für Multiplikatoren, z.B. Veranstaltung<br />

eines jährlichen Fachtages.<br />

4. Etablierung einer<br />

Kommunalen Alkoholpolitik<br />

durch den Aufbau einer vernetzenden Stadtteil-Arbeit,<br />

aber auch durch Mitarbeit in<br />

verschiedenen Gremien, Austausch mit der<br />

Nachtgastronomie (Dez. IV), sowie durch Vernetzung<br />

innerhalb der Verwaltung (etwa innerhalb<br />

der verschiedenen Sachgebiete des<br />

Sozial- und Jugendamtes oder mit dem Amt<br />

für öffentliche Ordnung)<br />

Die 10 Bausteine von PräRIE<br />

PräRIE I: Intervention*<br />

1. Neue Formen der aufsuchenden Suchtberatung:<br />

Mitarbeiter/innen von vier Freiburger Suchthilfe-Einrichtungen<br />

gehen an Schwerpunkt-Wochenenden<br />

in die Notaufnahmen von Freiburger Kliniken und<br />

suchen im Polizeirevier Nord Menschen in Polizeigewahrsam<br />

auf, die durch ihren hohen Alkoholkonsum<br />

auffällig geworden sind.<br />

2. Gruppen-Angebote „Risiko-Check“:<br />

Die Gruppen werden im Rahmen von PräRIE von<br />

bwlv, Drogenhilfe und FrauenZimmer angeboten.<br />

Hier kann man lernen, den eigenen Umgang mit<br />

Alkohol und das persönliche Risikoverhalten kritisch<br />

zu hinterfragen.<br />

* Der Bereich Intervention („PräRIE-Kontakt“) wird<br />

ausschließlich durch städtische Mittel finanziert,<br />

während alle weiteren Elemente zur Hälfte aus Landesmitteln<br />

im Rahmen der „Nachhaltigkeitskonferenz“<br />

gefördert werden.<br />

PräRIE II: Kommunale Alkoholpolitik<br />

1. Aufbau einer vernetzenden Stadtteil-Arbeit:<br />

„Kommunale Alkoholpolitik vor Ort“<br />

Dazu gehört die Anregung und Begleitung von Runden<br />

Tischen in ausgewählten Freiburger Ortschaften<br />

und Stadtteilen entsprechend dem Schweizer „Radix“-Konzept.<br />

Hier ist die Koordinationsstelle Kommunale<br />

Alkoholpolitik gemeinsam mit dem bwlv<br />

aktiv.<br />

2. Konzeption und Durchführung eines<br />

jährlichen Fachtages<br />

Themen der von der Drogenhilfe Freiburg im Auftrag<br />

des AKSF realisierten Veranstaltungen:<br />

„Abend(t)euer Alkohol“ (2008)<br />

„Gew/al/kohol“ (2009)<br />

„KulturGut – AlkoholPolitik“ (2010).<br />

3. Gewinnung und Schulung von jungen<br />

Ehrenamtlichen als „Peer-Berater/innen“<br />

2009/10 wurden unter der Federführung des Nachsorgeverbunds<br />

für Abhängige (AWO) mehr als 20<br />

junge Erwachsene als „Peer-Berater/innen“ ausgebildet.<br />

Sie sind an Schwerpunkt-Nächten in der Freiburger<br />

Innenstadt unterwegs, besonders im Bereich<br />

des „Bermuda-Dereicks“ (Freiburgs Diskothekenviertel)<br />

4. Innenstadtpräsenz von Suchthilfe-Fachleuten<br />

und „Peer-Berater/innen“<br />

Die Innenstadtpräsenz am Bertoldsbrunnen wirkt<br />

sich beruhigend auf die Atmosphäre im Freiburger<br />

Ausgehviertel aus („<strong>Relaxation</strong>“) und macht gleichzeitig<br />

mit der „Suchtberatung am Stehtisch“ konkrete<br />

Hilfe-Angebote. Hier arbeiten unter der Federführung<br />

der Regio-PSB der Evangelischen Stadtmission<br />

alle im AKSF aktiven Freiburger Suchthilfeeinrichtungen<br />

mit. Ein bis zweimal pro Monat gibt es<br />

das Angebot, meist freitags zwischen 21 und 24 Uhr,<br />

zentral am Bertoldsbrunnen in unmittelbarer Nähe<br />

zum „Bermuda-Dreieck“.


10<br />

5. Entwicklung von alkoholfreien Alternativ-Angeboten<br />

Zum Projekt gehört der Aufbau einer mobilen Saftund<br />

Cocktailbar für Stadtteil- und Weinfeste zum<br />

Ausleihen sowie die Entwicklung verschiedener alkoholfreier<br />

„PräRIE-Cocktails“. Netzwerkarbeit und<br />

ein intensiver Austausch mit Festveranstaltern und<br />

der Freiburger Innenstadt-Gastronomie gehört<br />

ebenfalls zum PräRIE-Projekt, beispielsweise mit<br />

Diskussionen über einen alkoholpolitischen „Wirte-<br />

Kodex“.<br />

6. Entwicklung von Beteiligungs-Projekten<br />

Hier werden junge Menschen als „Experten in eigener<br />

Sache“ einbezogen. Durchgeführt wurde etwa<br />

ein Medien-Projekt mit Studierenden der Freien<br />

1.3. Umsetzung<br />

Systemische Netzwerk-Arbeit ohne<br />

Doppelstrukturen<br />

Das PräRIE-Programm basiert auf Kooperation und<br />

Vernetzung nach dem Konzept einer „Kommunalen<br />

Alkoholpolitik“ im Schweizer „Radix“-Modell. Das<br />

<strong>Prävention</strong>sprojekt trat 2008 mit dem Ziel an, das<br />

Radix-Modell im Rahmen von PräRIE erstmals konsequent<br />

in einer Großstadt umzusetzen, wobei es<br />

auf die lokalen Verhältnisse adaptiert und erprobt<br />

werden musste. PräRIE war von Anfang an als Vernetzungs-Projekt<br />

angelegt: Das vielschichtige Programm<br />

verbindet öffentliche Verwaltung, Kommunalpolitik<br />

und Polizei, Einrichtungen der Suchthilfe<br />

und Institutionen des bürgerschaftlichen Engagements<br />

(Vereine, Interessenvertretungen, Initiativen),<br />

Gastronomie und Handel, Jugendeinrichtungen,<br />

Schulen und Hochschulen. Eine wissenschaftliche<br />

<strong>Evaluation</strong> sowie eine ausführliche Dokumentation<br />

gewährleisten die Übertragbarkeit der modellhaft<br />

von PräRIE entwickelten Ansätze.<br />

Das PräRIE-Projekt soll keine Doppelstrukturen erzeugen,<br />

sondern baut auf vorhandenen Strukturen<br />

auf. Es wurden sowohl bestehende Strukturen<br />

(Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg, gegründet 1975)<br />

einbezogen wie auch Verknüpfungen zwischen<br />

vorhandene Stellen neu geschaffen (z.B. ein ämterübergreifender<br />

Verbund aller innerhalb der Stadtverwaltung<br />

mit dem Thema beschäftigten Stellen über<br />

die „Koordinationsstelle Alkoholpolitik“).<br />

Hochschule für Grafik Design & Bildende Kunst. Hier<br />

wurde ein zielgruppenspezifischer Internet-Auftritt<br />

realisiert sowie ein multimediales Stadtspiel („Blackout“).<br />

Auch die Entwicklung der alkoholfreien „Prä-<br />

RIE-Cocktails“ und eine begleitende Plakatkampagne<br />

waren Beteiligungsprojekte mit SchülerInnen am<br />

Berufsschulzentrum Bissierstraße.<br />

7. Öffentlichkeitsarbeit<br />

sowohl für die Zielgruppe der riskant konsumierenden<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen als<br />

auch für MultiplikatorInnen und Verantwortliche in<br />

Verwaltung und Kommunalpolitik.<br />

8. <strong>Evaluation</strong><br />

durch verschiedene externe Partner.<br />

Regionale Strukturen der Gesundheitsförderung<br />

wirken durch die fest im Arbeitskreis Suchthilfe<br />

verankerten regionalen Institutionen (Universitätsklinikum,<br />

Zentrum für Psychiatrie, Gesundheitsamt<br />

Breisgau-Hochschwarzwald) am PräRIE-Projekt mit.<br />

Der Kommunale Suchtbeauftragte hat in Freiburg<br />

ganz anders strukturierte Aufgaben (in erster Linie<br />

<strong>Prävention</strong>sprojekte im Bereich von Schulen und<br />

Kindergärten sowie betriebliche Suchtprävention).<br />

Das Kommunale Suchthilfenetzwerk wurde als<br />

Netzwerk-Struktur der Suchtkrankenhilfe aufgebaut<br />

mit dem Ziel, Betroffene schneller ans Hilfesystem<br />

heranzuführen – auch hier gibt es keine Kapazitäten<br />

für Projektarbeit. Deshalb musste zur Durchführung<br />

von PräRIE eine eigene Koordinationsstelle eingerichtet<br />

werden.<br />

Organisationsstruktur und Finanzierung<br />

Im Mai 2008 wurde beschlossen, eine Fachkraft<br />

beim Sozial- und Jugendamt einzustellen, um die<br />

Organisation, Vernetzung und Federführung der<br />

sozialarbeiterischen Begleitmaßnahmen durch die<br />

Stadt zu gewährleisten. Im September 2008 konnte<br />

eine 0,25 Stelle als „Koordinationsstelle Kommunale<br />

Alkoholpolitik“ in der Abteilung 2, Sachgebiet<br />

3 besetzt und die Arbeit innerhalb des Sozial- und<br />

Jugendamtes aufgenommen werden. 2009 wurde<br />

der Stellenumfang für die Koordinationsstelle auf 13<br />

Wochenstunden (0,33 Stelle) erweitert.<br />

Im Frühjahr 2009 wurde PräRIE als modellhaftes<br />

<strong>Prävention</strong>s-Projekt in die „Nachhaltigkeitsstrategie<br />

Baden-Württemberg“ aufgenommen und komplementär<br />

vom Land Baden-Württemberg mit 30.500<br />

Euro pro Jahr gefördert. Der bereits begonnene,<br />

klientenzentrierte Bereich „Intervention“ wurde als<br />

rein kommunal finanzierter Projektteil „PräRIE I“ mit


einem Budget von 19.500 Euro/Jahr abgespalten;<br />

für PräRIE II standen durch die Komplementärfinanzierung<br />

61.000 Euro/Jahr zur Verfügung. Insgesamt<br />

hatte das Projekt einschließlich der Personalmittel<br />

für die Koordinierungsstelle ein Budget von 80.500<br />

Euro pro Jahr.<br />

Aufgaben der Koordinationsstelle<br />

Kommunale Alkoholpolitik<br />

Die städtische Koordinationsstelle begleitet alle von<br />

„PräRIE-Projektteam“ angeregten Aktivitäten und<br />

übernimmt in Abstimmung mit dem Pressereferat<br />

die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kontaktpflege<br />

und den regelmäßigen Austausch mit den beteiligten<br />

AkteurInnen (etwa Polizei, städtische Ämter, Vereine,<br />

Gastronomie) und den Mitgliedern des AKSF.<br />

Die im PräRIE-Programm praktizierte intensive Kooperation<br />

zwischen den freien Trägern der Suchthilfe<br />

und dem Sozial- und Jugendamt der Stadt Freiburg<br />

war etwas völlig Neues.<br />

Kommunikation und Koordination sind die Kernaufgaben<br />

der „Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik“:<br />

Sie bringt die unterschiedlichen Akteure<br />

zusammen, regt einen kontinuierlichen Austausch<br />

an und entwickelt Ansätze zur Ansprache der relevanten<br />

Zielgruppen durch verschiedene Aktionen,<br />

Events, Wettbewerbe und eine breit angelegte Medien-Kampagne).<br />

Außerdem begleitet sie (im Sinne<br />

eines Projektmanagements) die Umsetzung der<br />

vom AKSF und weiteren runden Tischen beschlossenen<br />

Maßnahmen. Das zunächst auf 10, später auf<br />

13 Wochenstunden beschränkte Stundenbudget<br />

der Koordinationsstelle war allerdings angesichts<br />

der Vielzahl der Koordinierungs-Aufgaben nicht<br />

ausreichend, so dass verschiedene Aufgaben (insbesondere<br />

im Bereich Öffentlichkeits- und Projektarbeit)<br />

ausgelagert werden mussten.<br />

Die Aufgaben der Koordinationsstelle Kommunale<br />

Alkoholpolitik sind:<br />

• Koordination der sozialarbeiterischen Maßnahmen<br />

im Rahmen der Kommunalen Alkoholpolitik<br />

• Durchführung der monatlichen Besprechungen<br />

mit dem AKSF<br />

• Initiierung von Projekten und Aktionen zur Aktivierung<br />

und Sensibilisierung junger Menschen<br />

(Beteiligungsprojekte, Wettbewerbe, Events u.ä.)<br />

• Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen, Projektmanagement<br />

(Gesamtprojekt und einzelne<br />

Teilprojekte)<br />

• Vernetzung unterschiedlicher Akteure (verwaltungsintern<br />

und extern); Präsentationen und Kontakt-Gespräche<br />

• organisatorische Unterstützung bei Teilprojekten<br />

der freien Träger<br />

• Öffentlichkeits- und Pressearbeit in Abstimmung<br />

mit dem städtischen Pressereferat; Aufbau einer<br />

zielgruppengerechten Internet-Präsenz<br />

• Fertigung von Stellungnahmen und Vorlagen für<br />

Amtsleitung, Dezernate und gemeinderätlichen<br />

Gremien; Dokumentation<br />

• Einberufen von stadtteilbezogenen „Runden Tischen“<br />

in den Modell-Stadtteilen und Entwicklung<br />

von Maßnahmenplänen im Sinne eines „<strong>Prävention</strong>s-Paktes“<br />

Weiterentwicklung PräRIE III<br />

(kostenpflichtige Angebote)<br />

2010 aufgrund entsprechender Nachfrage zwei kostenpflichtige<br />

Angebote für kommerzielle Veranstalter<br />

entwickelt.<br />

1. Zusätzliches Angebot im Rahmen des Public<br />

Viewing während der Fußball-WM 2010<br />

Die Präsenz von Suchthilfe-Fachleuten beim Public<br />

Viewing im Eschholzpark wurde dem Veranstalter<br />

vom Amt für öffentliche Ordnung zur Auflage<br />

gemacht; als Zwischenlösung wurden die Einsätze<br />

über die Gestattungsgebühren finanziert.<br />

Insgesamt wurden hier bei 3 Einsätzen während der<br />

Deutschland-Spiele 16 Personen von 2 Fachkräften<br />

betreut. Von allen Beteiligten wurde der Einsatz trotz<br />

der geringen Fallzahlen als sehr erfolgreich bewertet.<br />

Die Kooperation mit der Polizei und dem DRK<br />

lief vorbildlich, die jeweilige Präsenz wurde von beiden<br />

Seiten als große Erleichterung empfunden.<br />

2. Zusätzliches Angebot auf Anfrage des ZMF<br />

(Juli 2010)<br />

Das Zeltmusik-Festival (ZMF) hat für eine Veranstaltung<br />

mit hoher Jugend-Beteiligung einen Einsatz<br />

der „Suchtberatung am Stehtisch“ gebucht, durchgeführt<br />

von 2 Suchthilfe-Fachleuten mit dem Equipement<br />

der Innenstadtpräsenz. Die Kosten des Angebots<br />

wurden vom ZMF komplett übernommen.<br />

Erreicht wurden hier durch zwei Honorarkräfte 75<br />

Personen.<br />

<strong>Evaluation</strong><br />

PräRIE I und II wurden sorgfältig evaluiert und dokumentiert.<br />

Teilbereiche wurden vom Universitätsklinikum<br />

Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und<br />

Psychotherapie übernommen (StreetTalk 2010 sowie<br />

Studien zum Thema „Vorglühen in Freiburg“ -<br />

quantitativ und qualitativ). Eine Zusammenfassung<br />

der Ergebnisse findet sich im Anhang der Projekt-<br />

Dokumentation.<br />

11


Die Gesamtevaluation und die Bewertung ausgewählter<br />

Teilprojekte wurde extern erarbeitet; beauftragt<br />

wurde das Sozialwissenschaftliche und<br />

Betriebswirtschaftliche Institut Esslingen (s. separate<br />

Veröffentlichung). Die beiden zur vertieften <strong>Evaluation</strong><br />

vorgesehenen Teilprojekte von PräRIE II wurden<br />

nach den Gesichtspunkten „Innovation“ und „Nachhaltigkeit“<br />

ausgewählt. Besonders beforscht wurden<br />

die Teilprojekte „Stadtteilarbeit - Kommunale Alkoholpolitik<br />

vor Ort“ und „Peer-BeraterInnen“, da es<br />

sich hier um Ansätze der <strong>Prävention</strong>sarbeit handelt,<br />

zu denen a) bislang wenig Erfahrungen und Wissensbestände<br />

vorliegen und die b) die Nachhaltigkeit<br />

des Ansatzes sichern.<br />

1.4. Beteiligte im PräRIE-Projekt:<br />

PräRIE ist ein Projekt in gemeinsame Trägerschaft<br />

von Stadt Freiburg i. Br. und sechs Einrichtungen des<br />

Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg (Psychosoziale Beratungsstellen),<br />

unterstützt vom Universitätsklinikum<br />

Freiburg.<br />

Projekträger/Ausführende:<br />

Sozial- und Jugendamt, Stadt Freiburg<br />

Karin-Anne Böttcher<br />

• Projektkoordination<br />

Suchtberatung Freiburg (AGJ)<br />

Thomas Hodel<br />

• Projektmittel-Verwaltung und Abrechnung<br />

• Aufsuchende Suchtberatung Unfallchirurgie<br />

Fachstelle Sucht Freiburg (bwlv)<br />

Klaus Limberger<br />

• Federführung <strong>Evaluation</strong><br />

• Fachliche Begleitung Stadtteil-Arbeit<br />

• Fachliche Begleitung Projekt Festkultur/Wirtekdex<br />

• Aufsuchende Suchtberatung Polizeirevier Nord<br />

• Risiko-Check für junge Erwachsene<br />

• Aufsuchende Suchtberatung Josefskrankenhaus/<br />

Kinderklinik St. Hedwig<br />

• Risiko-Check für minderjährige Jungen<br />

FrauenZimmer<br />

Suchtberatungsstelle für Frauen und Mädchen<br />

Bärbel Köhler und Christrun Oelke<br />

• Aufsuchende Suchtberatung Josefskrankenhaus/<br />

Kinderklinik St. Hedwig<br />

• Risiko-Check für minderjährige Mädchen<br />

Nachsorgeverbund für Abhängige (AWO)<br />

Christa Armbruster<br />

• Ausbildung und Betreuung der PeerBeraterInnen<br />

Regio-PSB Freiburg (Ev. Stadtmission)<br />

Willi Vötter<br />

• Organisation Suchtberatung am Stehtisch<br />

Universitätsklinikum Freiburg<br />

(Abteilung für Psychiatrie / Psychotherapie)<br />

Michael Berner, Sonja Wahl, Jeanette Röhrig,<br />

Christoph Keim<br />

• <strong>Evaluation</strong> PräRIE I<br />

• Auswertung Street-Talk (Umfragen 2008 und<br />

2010)<br />

12<br />

Drogenhilfe Freiburg (AWO)<br />

Jeanette Piram<br />

• Konzeption und Organisation Fachtag<br />

• Fachliche Begleitung Projekt Festkultur/Wirtekodex<br />

• Fachliche Begleitung Öffentlichkeitsarbeit


Erweitertes Netzwerk<br />

Beratende Institutionen; regelmäßiger fachlicher<br />

Austausch<br />

KontaktNetz<br />

Straßensozialarbeit, Stadt Freiburg (Marc Disch)<br />

Universitätsklinikum Freiburg<br />

Abteilung für Psychiatrie/Psychotherapie<br />

(Dr. Michael Berner, Sonja Wahl)<br />

Gesundheitsamt Freiburg<br />

Breisgau-Hochschwarzwald (Christoph Keim)<br />

Polizeidirektion Freiburg<br />

Bereich <strong>Prävention</strong> (Gerhard Beck, Meinrad Drumm)<br />

Polizeirevier Freiburg-Nord<br />

Revierleitung (Harry Hochuli)<br />

Kommunale Kriminalprävention<br />

Stadt Freiburg (Beate Hauser)<br />

Kommunaler Suchtbeauftragter<br />

Stadt Freiburg (Uwe Müller-Herzog)<br />

Sachgebiet Jugendeinrichtungen/Jugendförderung<br />

Stadt Freiburg (Tina Lederer, Elmar Weber: Jugendschutz)<br />

Jugendberufshilfe und Schulsozialarbeit<br />

Stadt Freiburg (Petra Kieffer)<br />

Jugendgerichtshilfe und Jugendstaatsanwaltschaft<br />

Amt für öffentliche Ordnung<br />

Stadt Freiburg (Walter Rubsamen, Veronika Sester,<br />

Angelika Müller)<br />

Deutscher Hotel- und Gaststätten-Verband<br />

(Alexander Hangleiter)<br />

Projekt-DienstleisterInnen<br />

Zusammenarbeit über den ganzen Projektzeitraum<br />

hinweg<br />

Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Stadt Freiburg mit Online-Redaktion<br />

(Edith Lamersdorf, Christof Heim)<br />

KonzeptBuero Freiburg<br />

(Projektentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit)<br />

C!H!F Freiburg<br />

Verlag – Publizistik – Unternehmenskommunikation<br />

(Chris Hug-Fleck)<br />

Sozialwissenschaftliches und Betriebswirtschaftliches<br />

Institut Esslingen SBI<br />

<strong>Evaluation</strong> (Marion Laging)<br />

Durchführende von Teilprojekten (punktuelle, zeitlich<br />

begrenzte Zusammenarbeit)<br />

• Freie Hochschule für Grafik Design & Bildende<br />

Kunst Freiburg (FHF) – Website bermuda-stories.<br />

de und Alternate Reality Game „blackout“<br />

• Mobile Berufsschulsozialarbeit (MOBS) und Berufsschulzentrum<br />

Bissierstraße (Edith-Stein-Schule,<br />

Gertrud-Luckner-Gewerbeschule): Projekt<br />

„Freiburg-Cocktail“<br />

• Einrichtungen der offenen Jugendarbeit (stadtteilbezogen,<br />

hier Kinder- und Jugendzentrum<br />

Weingarten, Mobile Jugendsozialarbeit Weingarten-Ost,<br />

Kinder- und Jugendhaus Hochdorf):<br />

Projekt „Alkoholfreie Party“<br />

• Freie Schule Kapriole: Projekt Saft- und Cocktailbar<br />

• Initiativkreis „St. Georgen schaut hin“; Bürgervereine<br />

St. Georgen und Weingarten: Stadtteilarbeit<br />

• Arbeitskreis Gewaltprävention Freiburg (im Koordinationsrat<br />

Kommunale Kriminalprävention):<br />

Fachtag 2009<br />

• Slowfood: Freiburg Fachtag 2010<br />

Partner-Einrichtungen<br />

• Universitätsklinikum Freiburg (Kinderklinik und<br />

Notaufnahme Chirurgie): PräRIE I Intervention<br />

• Josefskrankenhaus/Kinderklinik St. Hedwig:<br />

PräRIE I Intervention<br />

• Freiburger Hochschulen (Evangelische und Katholische<br />

Hochschule für Soziale Arbeit, Pädagogische<br />

Hochschule): Peer-Projekt<br />

• Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine:<br />

Festkultur; Stadtteilarbeit<br />

• Breisgauer Narrenzunft: Festkultur<br />

• Ortschaftsräte Kappel und Hochdorf:<br />

Stadtteilarbeit<br />

Fazit<br />

Die während der Projektlaufzeit 2009/10 angebahnten<br />

Vernetzungen werden weitergehende<br />

Kooperationen und Gemeinschaftsprojekte nach<br />

sich ziehen. Die im PräRIE-Projekt neu geschaffenen<br />

Vernetzungsstrukturen, insbesondere die Runden<br />

Tische, sollten darüber hinaus fest institutionalisiert<br />

werden, im Idealfall auch gesamtstädtisch oder mit<br />

einem eigenen Runden Tisch für die Freiburger Innenstadt<br />

(vergleichbar mit der „<strong>Prävention</strong>skommission“<br />

nach Schweizer Vorbild).<br />

13


2. Intervention<br />

Das 2008 vom Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg entwickelte PräRIE-Programm beinhaltete<br />

von Anfang an das Element INTERVENTION: einerseits in Form einer „Aufsuchenden<br />

Suchtberatung“ in Kliniken und im Polizeigewahrsam, andererseits als Gruppenangebote<br />

für riskant konsumierende Jugendliche und junge Erwachsene. Bereits ab<br />

Herbst 2008 wurden die ersten Teilprojekte im Bereich Intervention umgesetzt. Dieser<br />

Baustein wurde als „PräRIE I“ aus dem im Rahmen der „Nachhaltigkeitsstrategie Baden-<br />

Württemberg“ geförderten Maßnahmen-Paket ausgegliedert.<br />

Ein Teilprojekt von PräRIE I setzt bei der Primärversorgung in der Klinik an - dies wird<br />

als besonders geeigneter Ort für motivationale Interventionen bei Patientinnen und<br />

Patienten mit alkoholbezogenen Störungen betrachtet. Durch eine motivierende Befragung<br />

und die Methode der suchttherapeutischen Kurzintervention kann die Bereitschaft<br />

zur Veränderungsänderung gefördert werden; <strong>Information</strong>en über die Angebote<br />

der Suchthilfe vor Ort liefern dazu konkrete Unterstützung. Gruppenangebote<br />

bieten als „indizierte Frühintervention“ die Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung<br />

mit dem eigenen Suchtmittelkonsum, um die Verfestigung des riskanten Konsummusters<br />

frühzeitig zu verhindern.<br />

2.1. Aufsuchende Suchthilfe im<br />

Polizeirevier Freiburg Nord<br />

von Klaus Limberger<br />

14<br />

Kurzbeschreibung<br />

Durch die aufsuchende Suchthilfe im Polizeirevier<br />

Freiburg Nord sollte zeitnah Zugang und Kontakt<br />

zu Personen gewonnen werden, die während der<br />

„Gewa-City“-Einsätze der Polizei in der Innenstadt<br />

im Kontext mit Alkohol auffällig geworden sind. Diese<br />

sind laut Polizeistatistik und laut der PräRIE-Umfrage<br />

„StreetTalk“ (Mai 2008) v.a. junge Erwachsene<br />

bis 28 Jahren.<br />

Fachkräfte der Fachstelle Sucht Freiburg haben ab<br />

Ende 2008 und im Jahr 2009 in Absprache mit der<br />

Leitung des Polizeireviers Nord an „Schwerpunktwochenenden“<br />

(Wochenenden mit Gewa-City-Einsätzen)<br />

Termine im Polizeirevier wahrgenommen<br />

und den Personen, die in Gewahrsam genommen<br />

wurden ein Gesprächsangebot unterbreitet. Darüber<br />

hinaus wurden Broschüren ausgehändigt und<br />

ein weiteres Gesprächsangebot in der Fachstelle<br />

unterbreitet.<br />

Startphase<br />

Nachdem im November 2007 das Alkoholverbot<br />

in der Freiburger Innenstadt beschlossen wurde,<br />

haben zwei Mitarbeiter der Fachstelle Sucht (bwlv)<br />

den Gewa-City-Einsatz der Polizei begleitet, um sich<br />

einen Eindruck zu verschaffen und zu prüfen wie die<br />

Suchthilfe sich hier einbringen kann. Im Laufe des<br />

Einsatzes, der von 22.00 bis 8.00 Uhr ging, wurde<br />

klar, dass es nicht zielführend ist, die Betroffenen<br />

anzusprechen, solange sie stark alkoholisiert und<br />

gewaltbereit sind. Zur Kontaktaufnahme wurde nur<br />

die Möglichkeit gesehen, den Betroffenen ein Gesprächsangebot<br />

zu machen, wenn sie einigermaßen


nüchtern und weniger gewaltbereit sind.<br />

Um sie trotzdem zeitnah nach einem vorgefallen<br />

Ereignis zu erreichen und das Zeitfenster einer möglichen<br />

Reflektion zu nutzen („Was war eigentlich<br />

heute Nacht los?“) wurde der Versuch unternommen,<br />

an Schwerpunktwochenenden, an denen<br />

erfahrungsgemäß in der Innenstadt viel los ist, im<br />

Polizeigewahrsam anwesend zu sein und die Bertoffenen<br />

morgens vor der Entlassung an zu sprechen.<br />

Durch die vorangegangene nächtliche Begleitung<br />

des GewaCity-Einsatzes durch zwei Mitarbeiter<br />

der Suchthilfe war die Bereitschaft der Polizei sehr<br />

groß, sich auf diesen Versuch einzulassen und das<br />

Projekt zu unterstützen. Die Polizeileitung stellte im<br />

Revier ein Zimmer zur Verfügung und war bei den<br />

Gesprächen nicht anwesend. Der Einsatz dauerte in<br />

der Regel von Mitternacht bis 8 Uhr morgens.<br />

Projektverlauf und persönliches Fazit<br />

In der Zeit zwischen April 2008 und Dezember 2009<br />

fanden 15 Einsatznächte (davon 2 Rufbereitschaften)<br />

im Polizeirevier Freiburg Nord statt. Dabei wurden<br />

24 Personen durch persönliche Ansprache erreicht.<br />

Bei 6 Personen hat nachfolgend ein weiterer Kontakt<br />

in der Fachstelle Sucht stattgefunden. Bei 3 Betroffenen<br />

gab es zusätzlich Angehörigengespräche.<br />

Zudem gab es mehrere Vorbereitungsgespräche<br />

mit dem Leiter des Polizeireviers Nord, der Einsatzleitung<br />

der Gewa-City und Mitarbeitern des Amtes<br />

für öffentliche Ordnung.<br />

Das Angebot wurde von den Betroffenen unterschiedlich<br />

bewertet und angenommen. Einige waren<br />

dankbar für die Möglichkeit mit einem „Experten“<br />

ein kurzes Gespräch führen zu können und kamen zu<br />

einem weiterführenden Gespräch in die Beratungsstelle.<br />

Dies war vor allem dann der Fall, wenn die Gewahrsamnahme<br />

zum ersten Mal erfolgte oder Eltern<br />

oder Partner verständigt wurden. Die Mehrzahl der<br />

Betroffenen – hier vor allem die Wiederholungstäter<br />

– hatten kein Interesse an einem Gespräch oder an<br />

weiterführenden <strong>Information</strong>en.<br />

Eine große Herausforderung besteht grundsätzlich<br />

darin, in einem Polizeirevier ein sozialarbeiterisches<br />

Angebot durchzuführen. Polizei und Sozialarbeit<br />

haben grundlegend verschiedene gesellschaftliche<br />

Aufträge zu erfüllen. Das ist für alle Beteiligten eine<br />

Gratwanderung und für die Betroffenen manchmal<br />

schwierig einzuordnen. Dabei ist es hilfreich, wenn<br />

die Beteiligten sich kennen, der jeweils andere Arbeitsauftrag<br />

deutlich und akzeptiert ist und alle den<br />

möglichen Nutzen für die Betroffenen sehen.<br />

Für die Betroffenen ist Transparenz wichtig. Dazu<br />

gehört: sich und das Angebot vorzustellen und<br />

weiterführende Gespräche in der Beratungsstelle<br />

anzubieten. Die Gespräche müssen freiwillig sein<br />

und der Gesprächsinhalt unterliegt der absoluten<br />

Verschwiegenheit.<br />

Mit der aufsuchenden Suchtberatung im Polizeigewahrsam<br />

ist ein enormer personeller Aufwand verbunden.<br />

Ab Januar 2010 musste die Fachstelle Sucht<br />

aufgrund mangelnder personeller Kapazitäten die<br />

Arbeit ruhen lassen. Mit der Weiterführung des Prä-<br />

RIE-Programmes 2011/12 soll der Baustein reaktiviert<br />

und die Präsenz im Polizeirevier auf Kernzeiten verkürzt<br />

werden.<br />

2.2. Aufsuchende Suchtberatung in<br />

Kliniken<br />

2.2.1. Aufsuchende Suchtberatung bei riskant konsumierenden<br />

Jugendlichen im Krankenhaus<br />

von Bärbel Köhler<br />

Kurzbeschreibung<br />

Wichtigstes Ziel der aufsuchenden Arbeit im Krankenhaus<br />

war es, Jugendliche mit riskantem Konsumverhalten<br />

frühzeitig zu erreichen und ihnen zu ermöglichen,<br />

sich mit ihrem Risikoverhalten und ihrem<br />

Suchtmittelkonsum kritisch auseinander zu setzen.<br />

Konkrete Ziele des Teilprojektes waren:<br />

1. die Kontaktaufnahme zu den Jugendlichen<br />

erleichtern<br />

2. sie zur Teilnahme am Gruppenangebot zu motivieren<br />

3. sie (sofern nötig) in weitere Beratungsdienste<br />

zu vermitteln.<br />

Um die Jugendlichen in der „sensiblen Phase“ direkt<br />

nach dem Vorfall ansprechen zu können, sollte eine<br />

möglichst zeitnahe Kontaktaufnahme stattfinden.<br />

15


Setting der Aufsuchenden Arbeit:<br />

• Gespräch mit der/dem Jugendlichen direkt<br />

nach dem Vorfall<br />

• Gespräch mit den Eltern des/der Jugendlichen<br />

Ablauf der Aufsuchenden Arbeit<br />

1. Kontaktaufnahme:<br />

• Es gab eine Kontakttelefonnummer mit Anrufbeantworter,<br />

der täglich abgehört wurde. Betroffene<br />

Jugendliche und deren Eltern erhielten<br />

vom Psychologischen Dienst der Uni-Kinderklinik<br />

oder des St. Hedwig-Krankenhauses <strong>Information</strong>sbroschüren<br />

inklusive der Telefonnummer.<br />

Die Eltern oder der/die Jugendlichen selber<br />

konnten dann direkt mit einer Mitarbeiterin<br />

oder einem Mitarbeiter des Projektes Kontakt<br />

aufnehmen.<br />

• Wenn die Klinik eine Schweigepflichtentbindung<br />

der Eltern erhielt, konnte diese auch die<br />

Kontaktdaten der Jugendlichen und ihrer Eltern<br />

per Fax an uns schicken, so dass wir Kontakt aufnehmen<br />

konnten.<br />

• An „Schwerpunktwochenenden“ (ca. einmal im<br />

Monat) fanden bis Sommer 2010 regelmäßige<br />

Rufbereitschaften am Wochenende (Samstag<br />

und Sonntag) statt. An diesen Wochenenden<br />

wurde die Kinderklinik St. Hedwig angerufen<br />

und aktiv nachgefragt, ob Jugendliche mit<br />

einer Alkoholintoxikation da sind und ob ein<br />

Gesprächskontakt am Krankenbett stattfinden<br />

kann.<br />

2. Erstkontakt mit der/dem Jugendlichen im<br />

Krankenhaus oder in der Beratungsstelle:<br />

• Mädchen wurden von einer Suchtberaterin,<br />

Jungen von einem Suchtberater direkt am<br />

Krankenbett aufgesucht oder möglichst zeitnah<br />

zu einem Gespräch in die Beratungsstelle eingeladen;<br />

Es fand ein Gespräch über den Vorfall,<br />

die Vorgeschichte und Lebenssituation der/es<br />

Jugendlichen und über die Folgen des Erlebten<br />

statt.<br />

• Die/der Jugendliche wird über die Gruppe informiert<br />

und zur Teilnahme an der Gruppe motiviert,<br />

sofern dies sinnvoll erscheint. Wird im<br />

Gespräch deutlich, dass andere Beratungsdienste<br />

indiziert sind, wird dorthin vermittelt.<br />

• Am Ende des Gesprächs bekamen die Jugendlichen<br />

den „klick-it“-Karabiner sowie Infoflyer<br />

und einen Anmeldebogen für das Gruppenangebot.<br />

Die Eltern wurden ebenfalls über das<br />

Gruppenangebot informiert.<br />

Projektverlauf und persönliches Fazit<br />

Das Teilprojekt war sehr auf die Zuweisungen und<br />

Kooperationen der Kinderkliniken angewiesen, deshalb<br />

war die Vernetzung mit den Kliniken sehr wichtig.<br />

Entsprechend groß war hier der Aufwand: Das Procedere<br />

(insbesondere die Einholung der Schweigepflichtentbindung<br />

der Eltern und die Weitergabe<br />

von <strong>Information</strong>en an uns) musste mehrmals optimiert<br />

und an die Gegebenheiten der KooperationspartnerInnen<br />

angepasst werden. Es musste<br />

ein regelmäßiger Kontakt zu den Kliniken gehalten<br />

werden, damit dort das Projekt in Erinnerung blieb<br />

und um sicherzugehen, dass genügend Infomaterial<br />

vorhanden ist und dass auch neue MitarbeiterInnen<br />

informiert sind.<br />

Nicht für alle Jugendlichen, die in der aufsuchenden<br />

Arbeit erreicht wurden, war die Gruppenteilnahme<br />

indiziert. Gleichzeitig wurde aber nur eine sehr geringe<br />

Anzahl der in den Jahren 2008-2011 tatsächlich<br />

auffällig gewordenen Jugendlichen im Rahmen<br />

der aufsuchenden Arbeit von uns erreicht. Deshalb<br />

sollte noch einmal überlegt werden, wie eine größere<br />

Anzahl von betroffenen Jugendlichen erreicht<br />

werden kann.<br />

16


2.2.2. Aufsuchende Suchtberatung bei jungen Erwachsenen in<br />

der Unfallchirurgie (Universitätsklinikum Freiburg)<br />

von Thomas Hodel und Jeanette Röhrig<br />

Kurzbeschreibung<br />

Innerhalb des hier beschriebenen Projekt-Bausteins<br />

von PräRIE wurde bei alkoholintoxikierten Patientinnen<br />

und Patienten, die aufgrund einer Verletzung<br />

in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums<br />

Freiburg in Behandlung waren, eine einfache<br />

Kurzintervention durchgeführt. Diese bestand aus<br />

einem strukturierten Interview zum alkoholbezogenen<br />

Konsumverhalten. Im Anschluss wurden<br />

den Betroffenen unter Anwendung der Technik der<br />

„Motivierenden Gesprächsführung“ Flyer mit Kontaktadressen<br />

der Freiburger Suchtberatungsstellen<br />

ausgehändigt.<br />

Ein Monat später fand eine telefonische Nachbefragung<br />

statt. Die Zielgruppe bestand aus jungen<br />

Erwachsenen. Die Interventionen zielten auf eine<br />

Veränderung des Konsumverhaltens sowie auf eine<br />

Inanspruchnahme von Angeboten der Suchthilfe<br />

ab.<br />

Projektverlauf<br />

In 57 Einsatznächten konnte bei insgesamt 64 Patientinnen<br />

und Patienten (10 Frauen, 54 Männer) eine<br />

Kurzintervention durchgeführt werden. 11 Personen<br />

lehnten die Befragung ab.<br />

Statistische Übersicht (Alkoholkonsum)<br />

• Der Alkoholkonsum vor Aufnahme betrug im<br />

Mittel 8,95 Standarddrinks.<br />

• Der durchschnittliche Blutalkoholgehalt lag bei<br />

1,67 Promille.<br />

• Die Betroffenen schilderten einen typischen<br />

Konsum pro Trinkgelegenheit des letzten Monats<br />

mit 6,65 Drinks. Auf die Frage nach der<br />

Konsumhäufigkeit im vergangenen Monat wurde<br />

die Kategorie „2-3 mal pro Woche“ am häufigsten<br />

genannt (46,9%).<br />

Startphase<br />

Der Projektbaustein wurde von Beginn an von PD<br />

Dr. Michael Berner, Oberarzt der Universitätsklinik,<br />

Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Freiburg<br />

(Vertreter der Universitätsklinik im Arbeitskreis<br />

Suchthilfe Freiburg) mitentwickelt und unterstützt.<br />

Er führte innerhalb der Hierarchie des Klinikums<br />

vorbereitende Gespräche und stellte den Kontakt<br />

zur Unfallchirurgie her. Dort fanden anschließend<br />

gemeinsame Gespräche mit der ärztlichen Leitung<br />

und der Pflegedienstleitung statt. In einer Dienstbesprechung<br />

wurde der Mitarbeiterschaft das Projekt<br />

vorgestellt und um deren Unterstützung geworben.<br />

Die Interventionen wurden von Honorarkräften der<br />

Suchthilfe in zuvor mit dem Klinikum vereinbarten<br />

Wochenendnächten (in der Regel zwischen 0 und<br />

3 Uhr) durchgeführt. Der Verlauf und die Ergebnisse<br />

wurden von einer Psychologiestudentin im Rahmen<br />

einer Diplomarbeit ausgewertet. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung erfolgte durch die Diplom-Psychologin<br />

Jeanette Röhrig, die zudem an der Durchführung<br />

der Kurzinterventionen beteiligt war.<br />

Ergebnisse der Nachbefragung<br />

(1-Monatskatamnese)<br />

37 der Befragten stellten sich für die 1-Monatskatamnese<br />

zur Verfügung. Mit Hilfe des AUDIT wurden<br />

diese in moderate (n=5) und riskante Konsumenten<br />

(n=32) eingeteilt. Es zeigte sich, dass riskant konsumierende<br />

Patientinnen und Patienten ihre Konsummenge<br />

und -häufigkeit signifikant nach dem Krankenhausaufenthalt<br />

reduzieren.<br />

20 der TeilnehmerInnen der Katamnese gaben bei<br />

der Befragung an, einen Zusammenhang zwischen<br />

ihrem Alkoholkonsum und ihrer Verletzung zu erkennen,<br />

17 sahen keine Verbindung. Es gab keine<br />

bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden<br />

Gruppen hinsichtlich der Veränderung der Trinkmenge.<br />

Allerdings reduzierte sich die Trinkhäufigkeit<br />

signifikant bei den Personen, die eine Kohärenz erkannten.<br />

Keine der befragten Personen nahm weiterführende<br />

Hilfen in einer der Freiburger Suchtberatungsstellen<br />

in Anspruch.<br />

17


Fazit<br />

Die Durchführung der Kurzinterventionen stieß sowohl<br />

bei der Mitarbeiterschaft als auch bei den alkoholintoxikierten<br />

Patienten und Patientinnen auf<br />

Akzeptanz, was sich bei der letzt genannten Gruppe<br />

in einer hohen Teilnahmebereitschaft ausdrückte.<br />

Die Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass mit minimalen<br />

Kurzinterventionen in einer Notfallaufnahme<br />

Menschen mit problematischem Alkoholkonsum erreicht<br />

werden können. Ein Monat nach der Aufnahme<br />

sind signifikante Veränderungen der Konsumhäufigkeit<br />

und der konsumierten Menge zu beobachten.<br />

Es lässt sich jedoch nicht sagen, ob diese Veränderungen<br />

nur durch die Kurzinterventionen oder durch<br />

andere Faktoren (z.B. Verletzung, Krankenhausaufenthalt<br />

oder Kombinationen) bewirkt wurden.<br />

Die Schwelle zur Suchthilfe kann durch diese Kurzinterventionen<br />

offensichtlich nicht verringert werden.<br />

Dennoch ist das Teilprojekt als Beispiel einer gelingenden<br />

Kooperation zwischen Suchthilfe und medizinischer<br />

Primärversorgung zu bewerten.<br />

Kritisch zu betrachten ist der hohe personelle und<br />

damit finanzielle Einsatz. Eine Schwierigkeit war die<br />

zeitliche Organisation. Da die Patientinnen und Patienten<br />

in der Regel nach der medizinischen Versorgung<br />

aus der Ambulanz entlassen werden, war es<br />

nicht möglich, ein Modell mit einer Rufbereitschaft<br />

für die Fachkräfte der Suchthilfe zu etablieren. Folglich<br />

mussten diese zu abgesprochenen Zeiten vor<br />

Ort sein, ohne Gewähr, dass in dieser Spanne entsprechende<br />

Patientinnen und Patienten zur Aufnahme<br />

erscheinen.<br />

Bei einer angemessenen Entlohnung der Fachkräfte<br />

für Arbeitszeiten wie nächtens an Wochenenden<br />

stellt sich die Frage, ob eingesetzte Ressourcen und<br />

erzielte Effekte in einem vertretbaren Verhältnis stehen.<br />

Deshalb sollten andere Modelle entwickelt werden<br />

wie z.B. die Schulung des Klinikpersonals, damit<br />

dieses selbst die Kurzinterventionen durchführen<br />

kann. Allerdings ergab eine Befragung des Klinikpersonals,<br />

dass einerseits die Kurzinterventionen<br />

als wichtig erachtet werden, andererseits sich aber<br />

niemand die selbständige Durchführung der Intervention<br />

vorstellen könnte. Folglich wäre zunächst<br />

eine Motivierung der Mitarbeiterschaft in der Klinik<br />

erforderlich, der dann entsprechende Schulungen<br />

und Begleitung folgen müsste.<br />

2.3. Gruppenarbeit mit riskant<br />

Konsumierenden<br />

2.3.1. „klick it“ – Risikocheck-Gruppe für Jugendliche<br />

von Bärbel Köhler<br />

Kurzbeschreibung<br />

18<br />

Ausgangspunkt:<br />

Um die Zielgruppe riskant konsumierender Mädchen<br />

und Jungen (bis 18 Jahre) und deren Eltern zu<br />

erreichen, wurde neben der Aufsuchenden Suchtberatung<br />

als zweiter, unmittelbar damit zusammenhängender<br />

Baustein die „Risikocheck-Gruppe“<br />

mit dem Namen „klick it“ entwickelt .<br />

Angesprochen werden sollten Kinder und Jugendliche<br />

bis 18 Jahre, die<br />

• mit einer Alkoholintoxikation stationär medizinisch<br />

behandelt werden mussten<br />

• im Zusammenhang mit Alkohol auffällig wurden;<br />

z.B. Verwicklung in gewalttätige Auseinandersetzung,<br />

Notarzteinsatz ohne stationäre Aufnahme<br />

• sowie deren Eltern / Angehörige.<br />

Übergeordnete Projektziele:<br />

1. Riskant konsumierenden Mädchen und Jungen<br />

unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer<br />

Aspekte einen verantwortungsbewussten risikoarmen<br />

Umgang mit Alkohol vermitteln.<br />

2. <strong>Information</strong>en und Risikokompetenzen vermitteln.<br />

3. Weitere Alkoholintoxikationen und Auffälligkeiten<br />

in Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum<br />

vermeiden.<br />

4. Langfristig die Gefahr einer Suchtentwicklung<br />

reduzieren.<br />

Ziel der Gruppenarbeit war die kritische Auseinandersetzung<br />

mit dem eigenen Suchtmittelkonsum,<br />

um die Verfestigung des riskanten Konsummusters


frühzeitig zu verhindern („indizierte Frühintervention“).<br />

Das Projekt wendete sich gezielt an Mädchen<br />

und Jungen unter 18 Jahren, die bereits mit einem<br />

riskanten Konsumverhalten auffällig geworden waren.<br />

Dazu wurden neben psychoedukativen Elementen<br />

vor allem erlebnispädagogische Methoden<br />

eingesetzt, um das eigene Risikoverhalten und den<br />

Umgang mit eigenen Grenzen direkt erfahrbar zu<br />

machen.<br />

Setting des Gruppentrainings „klick it“:<br />

• Gruppenangebot zur <strong>Information</strong> über Suchtmittel,<br />

Reflektion des eigenen Konsumverhaltens<br />

und der eigenen Konsum-Motive, „Einschätzen<br />

lernen“ des eigenen Risikoverhaltens<br />

• Psychoedukation, Erlebnispädagogik, Groß- und<br />

Kleingruppenarbeit (z.B. geschlechtsspezifische<br />

Arbeit in der Mädchen- und Jungengruppe)<br />

• Die „klick it“ Gruppe fand jeweils kompakt an<br />

einem Wochenende – freitags (15.00 bis 19.00<br />

Uhr) und samstags (09.00 – 17.00 Uhr) – statt und<br />

wurden von MitarbeiterInnen von FrauenZimmer<br />

und Drogenhilfe gemeinsam konzipiert und<br />

durchgeführt – dabei war immer eine weibliche<br />

und eine männliche Ansprechperson für die Jugendlichen<br />

da.<br />

• Ggfs. fand eine Nachbesprechung mit Jugendlichen<br />

und Eltern statt, wenn nötig wurden weitere<br />

Hilfs- oder Beratungsangebote angeregt.<br />

Ablauf des Gruppentrainings:<br />

1. Anmeldung: Die Jugendlichen melden sich<br />

schriftlich und mit schriftlichem Einverständnis<br />

der Eltern zum „klick-it“ Seminar an. Wenn sie<br />

eine Freundin oder einen Freund mitbringen<br />

wollen, der an dem Ereignis, das zur Teilnahme<br />

geführt hat, anwesend war, muß dieseR sich genauso<br />

anmelden.<br />

2. Gruppe: Die Gruppe dauert 12 Stunden und<br />

findet Freitag nachmittag und Samstag ganztags<br />

mit maximal 12 Jugendlichen statt. Inhaltlicher<br />

Schwerpunkt liegt auf: Vermittlung von<br />

<strong>Information</strong> zu Alkohol und Sucht, Förderung<br />

der Selbsteinschätzung zum eigenen Suchtmittel-konsum/Risikoverhalten,<br />

Reflektion eigener<br />

Konsummotive und Verhaltensmuster, praktische<br />

Übungen mit erlebnispädagogischen Elementen,<br />

geschlechtsspezifische Arbeit<br />

3. Nachbefragung: nach 6 Monaten werden die<br />

Jugendlichen, die an der Gruppe teilgenommen<br />

haben, telefonisch zu ihrem Konsumverhalten<br />

befragt, sofern sie der Nachbefragung vorher<br />

schriftlich zugestimmt haben.<br />

Projektverlauf<br />

Die Mehrheit der Jugendlichen wurde nach einer<br />

Alkoholintoxikation über die Krankenhäuser vermittelt.<br />

Einige Jugendliche kamen über die Jugendgerichtshilfe<br />

– die Mehrzahl dieser Jugendlichen waren<br />

Jungen, die unter Alkoholeinfluss Gewaltdelikte<br />

begangen hatten. Von Erziehungsberatungsstellen<br />

oder Jugendzentren, die wir umfassend über das<br />

Gruppenangebot informiert hatten, haben wir keine<br />

Zuweisungen bekommen.<br />

Alle durchgeführten Gruppen waren sehr heterogen<br />

bezüglich Alter; Schulbildung, Konsumverhalten,<br />

Reflektionsfähigkeit und Bereitschaft zur Mitarbeit.<br />

Die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer<br />

Aspekte war sinnvoll, wichtig und nötig, um die Jugendlichen<br />

für dieses Thema zu sensibilisieren. Die<br />

Umsetzung der Geschlechtsspezifik orientierte sich<br />

in jeder Gruppe an den Erfordernissen und Möglichkeiten<br />

der GruppenteilnehmerInnen und wurde<br />

daher auf sehr unterschiedliche Weise realisiert.<br />

Manchmal war die Arbeit in der gemischten Gruppe<br />

sogar unmöglich, da Mädchen und Jungen in der<br />

gemischten Gruppe zu stark voneinander abgelenkt<br />

waren.<br />

Durch die Aufnahme von Jugendlichen, die wegen<br />

einem Gewaltdelikt verurteilt waren, wurde es erforderlich,<br />

zusätzlich gewaltpräventive Methoden mit<br />

in das Programm aufzunehmen, da dieses Thema<br />

die Jugendlichen sehr beschäftigte. Auch beim Thema<br />

Gewalt war eine geschlechtsspezifische Arbeit<br />

unerlässlich.<br />

Die Integration erlebnispädagogischer Elemente<br />

war ein fester Bestandteil der Gruppenarbeit und<br />

äußerst hilfreich um den Jugendlichen direkte Erfahrungen<br />

zu ermöglichen. Der zeitliche Umfang<br />

von 1,5 Tagen ist ausreichend, um den Jugendlichen<br />

wesentliche <strong>Information</strong>en zu vermitteln und eine<br />

intensive Auseinandersetzung mit dem Thema „Riskanter<br />

Alkoholkonsum“ zu ermöglichen. Obwohl die<br />

wenigsten Jugendlichen völlig freiwillig kamen, sondern<br />

oft fremdmotiviert oder auf Wunsch der Eltern<br />

an der Gruppe teilnahmen, arbeitete die Mehrzahl der<br />

Jugendlichen aktiv mit, niemand brach vorzeitig ab.<br />

Fazit<br />

Ergebnisse der Nachbefragung: Fast alle Jugendlichen<br />

gaben an, dass sie ihren Konsum deutlich<br />

reduziert hätten, dass sie bewusster mit Alkohol umgingen<br />

und mehr auf FreundInnen achteten. Eine<br />

Jugendliche hatte allerdings nach einem halben<br />

Jahr erneut eine Alkoholvergiftung.<br />

19


Das Gruppenangebot hat sich als inhaltlich<br />

wertvolles Angebot bewährt und bietet den<br />

betroffenen Jugendlichen eine sinnvolle Gelegenheit,<br />

ihr Konsummuster zu reflektieren, fehlende<br />

<strong>Information</strong>en über Alkohol zu erhalten und neue<br />

Verhaltensmöglichkeiten zu erarbeiten. Kritisch ist<br />

jedoch anzumerken, dass der finanzielle und zeitliche<br />

Aufwand 29.01.2009 um die betroffenen 17:42 Jugendlichen Seite 1 zu<br />

Card-01.qxd<br />

erreichen, sehr hoch ist. So musste ein Gruppenangebot<br />

mangels ausreichender TeilnehmerInnenzahl<br />

verschoben werden. Es sollte darüber nachgedacht<br />

werden, ob es andere Möglichkeiten geben könnte,<br />

die Zielgruppe anzusprechen und zur Teilnahme<br />

zu motivieren. Um die Zuweisungen zu erhöhen,<br />

legt gerade die Fremdmotivation nahe, die <strong>Information</strong>en<br />

zu „klick-it“ stärker auf Eltern und andere<br />

erwachsene Bezugspersonen von gefährdeten Jugendlichen<br />

auszuweiten.<br />

L<br />

k ick it<br />

Klick it or kick it:<br />

Entweder sicher konsumieren<br />

oder gar nicht. Unter diesem<br />

Motto steht der Risikocheck für<br />

konsumierende Jugendliche.<br />

2.3.2. „Was geht?! Alkohol – reflect and train“ - Risiko-Check für<br />

junge Erwachsene<br />

von Klaus Limberger<br />

Kurzbeschreibung<br />

Angesichts der steigenden Anzahl von Auffälligkeiten<br />

in Verbindung mit Alkohol durch junge Erwachsene<br />

in der Stadt Freiburg wurde für diese Zielgruppe<br />

durch die Fachstelle Sucht Freiburg (bwlv) das Gruppenangebot<br />

„Was geht?! Alkohol- reflect and train“<br />

konzipiert. Zielgruppe sind junge Erwachsenen (18-<br />

25 Jahre), die durch das Gruppenangebot angeregt<br />

und motiviert werden, ihren Umgang mit Alkohol<br />

und ihre derzeitige Situation kritisch zu reflektieren<br />

und verantwortungsvoll mit Alkohol umzugehen.<br />

Das Angebot richtet sich an nicht Abhängige. Durch<br />

die Intervention zu einem frühen Zeitpunkt besteht<br />

die Chance, weitere Auffälligkeiten sowie eine mögliche<br />

Suchtentwicklung zu verhindern.<br />

Die GruppenteilnehmerInnen sollen:<br />

• angeregt werden, ihren Umgang mit Alkohol<br />

und ihre derzeitige Situation kritisch zu reflektieren<br />

• ihre persönlichen Grenzen erkennen und sich<br />

damit konfrontieren<br />

• zu Verhaltens -bzw. Einstellungsänderung motiviert<br />

werden<br />

• Infos über Alkohol, deren Wirkung und Risikopotentiale<br />

erhalten<br />

• Selbst- und Fremdwahrnehmung gut einschätzen<br />

können<br />

20


• Eigenverantwortliche Entscheidung treffen können<br />

Es handelt sich bei dieser Form der Arbeit um ein kognitiv-behaviorales<br />

Angebot, dessen Schwerpunkt<br />

auf der Vermittlung von <strong>Information</strong>en und der Reflexion<br />

des individuellen Konsumverhaltens liegt.<br />

Gruppenerfahrung und wenig Neigung ihr Verhalten<br />

zu reflektieren. Trotzdem ist es lohnenswert<br />

und sinnvoll, weil bei dem überwiegenden Teil eine<br />

Reflexion möglich war. Mit 2 Klienten wurde nach<br />

der Gruppe weitergearbeitet und aufgrund der massiven<br />

Alkoholproblematik wurden diese in eine stationäre<br />

Rehabilitation vermittelt.<br />

Startphase<br />

Das Angebot wurde bei Kooperationspartnern<br />

und möglichen Zuweisungs-Stellen bekannt gemacht:<br />

Beratungsstellen, Staatsanwaltschaft, Richter,<br />

Jugendgerichtshilfe, Polizei, Amt für öffentliche<br />

Ordnung. Vor allem bei Richtern und der Jugendgerichtshilfe<br />

kam die Projektidee sehr gut an und<br />

das Angebot wurde in ihren Auflagenkatalog aufgenommen.<br />

Mit den zugewiesenen jungen Menschen<br />

wurde ein Vorgespräch geführt und abgeklärt, ob<br />

es jeweils das richtige Angebot ist: Die Auffälligkeit<br />

sollte in Zusammenhang mit Alkoholkonsum stehen<br />

und es darf keine Abhängigkeit bestehen. Ansonsten<br />

werden diese Klienten in das reguläre Programm<br />

der Fachstelle Sucht aufgenommen oder an eine zuständige<br />

Einrichtung weitervermittelt.<br />

Eine erste Gruppe wurde im November 2009 durchgeführt<br />

und Erfahrungen gesammelt. Der Beziehungsaufbau<br />

mit den Klienten ist mitunter schwierig,<br />

da sie aufgrund der Zuweisung zunächst nur extern<br />

motiviert sind und deshalb „null Bock“ auf das<br />

Angebot haben. Zudem haben die meisten kaum<br />

Projektverlauf und persönliches Fazit<br />

In der Zeit von November 2009 bis Dezember 2010<br />

fanden sieben Gruppen mit insgesamt 42 Personen<br />

statt. Dabei wurden 64 Vor- und 36 Auswertungsgespräche<br />

durchgeführt. Die Teilnehmer waren zu 95%<br />

junge Männer.<br />

Trotz der externen Motivation der Klienten ist es lohnenswert<br />

und sinnvoll, das Angebot weiter zu führen,<br />

weil bei dem überwiegenden Teil mit der Zeit<br />

eine Eigenreflexion in Gang gesetzt werden konnte.<br />

Das Angebot sollte auf jeden Fall weitergeführt werden.<br />

Derzeit bestehen Überlegungen erlebnispädagogische<br />

Elemente mit einzubauen.<br />

Das Angebot ist mittlerweile in Freiburg bekannt<br />

und wird vor allem von Richtern und Staatsanwälten<br />

genutzt und geschätzt. Weitere Gespräche sind<br />

geplant mit dem Amt für öffentliche Ordnung und<br />

mit dem Gaststättenverband DEHOGA , der im<br />

Rahmen seiner Aktion „Hausverbote“ den dort<br />

auffällig Gewordenen die Teilnahme empfehlen<br />

könnte.<br />

21


3. <strong>Relaxation</strong><br />

<strong>Relaxation</strong><br />

bedeutet Entspannung<br />

und „An-halten“:<br />

Gespräche mit den<br />

„PeerBeraterInnen“ über<br />

die Trink-Gewohnheiten<br />

regen Jugendliche und<br />

junge Erwachsene zum<br />

Nachdenken<br />

RELAXATION (=„Entspannung“) ist ein wichtiger Baustein im PräRIE-Programm. Dazu<br />

gehört beispielsweise die Innenstadtpräsenz am Bertoldsbrunnen mit Sonnenschirm,<br />

Liegestuhl und nüchternen Menschen zu nächtlichen Stunden, BeraterInnen, die<br />

in ihren Westen und mit ihren weißen Taschen deutlich erkennbar „anders“ sind,<br />

Befragungen durch SuchtberaterInnen mitten in der Nacht zum eigenen Trinkverhalten<br />

und alkoholfreie Mini-Events mitten im Party-Viertel. Ziel der Aktionen in der Innenstadt<br />

ist das kurze Innehalten und Nachdenken über sich und seine Konsumgewohnheiten.<br />

Zum Baustein RELAXATION gehört ebenso das Angebot attraktiver alkoholfreier<br />

Alternativen. Dazu wurden im Rahmen von PräRIE die Formate „<strong>Prävention</strong>sEvent“ und<br />

„AlkoholfreiParty“ entwickelt.<br />

22


3.1. Suchtberatung am Stehtisch<br />

von Willi Vötter<br />

Kurzbeschreibung<br />

„Suchtberatung am Stehtisch“ bezeichnet die Präsenz<br />

von Suchthilfe-Fachleuten in der Ausgehmeile<br />

der Freiburger Innenstadt. An ausgewählten<br />

„Schwerpunktnächten“ (i.d.R. Nächte mit Polizeipräsenz<br />

durch Gewa-City-Einsätze) stehen zwischen 21<br />

und 1 Uhr mindestens zwei Suchthilfefachleute in<br />

einem auffälligen Umfeld an zentraler Stelle in der<br />

Innenstadt mit einem <strong>Information</strong>s- und Gesprächsangebot<br />

zur Verfügung. Das Ausgehpublikum soll<br />

mit dem bunten Erscheinungsbild und der Installation<br />

rund um die Stehtische neugierig auf einen<br />

Kontakt gemacht werden.<br />

Fahnen, Kunstblumen, bunte Hocker und Tische laden<br />

zum Verweilen und Entspannen ein und sind ein<br />

Kontrastangebot, besonders bei kühler und nasser<br />

Witterung. Als Gesprächseinstieg werden verschiedene<br />

<strong>Prävention</strong>smedien eingesetzt. Besonders bewährt<br />

haben sich verschiedene Formen von Quizfragen<br />

und Rätseln. Ergänzt wird das Angebot durch<br />

die meist gleichzeitige Präsenz von ehrenamtlichen<br />

PeerberaterInnen, die in der Stadt unterwegs sind, und<br />

den Stand als Anlauf und Rückzugsmöglichkeit nutzen.<br />

Die Ziele von „Suchtberatung am Stehtisch“ sind<br />

sowohl verhältnis- als auch verhaltenspräventiv.<br />

Alleine durch die Präsenz gesprächsbereiter und<br />

nüchterner Erwachsener kann ein beruhigender<br />

Effekt auf die Atmosphäre in der Innenstadt ausgeübt<br />

werden („<strong>Relaxation</strong>“). Gleichzeitig wird ein<br />

konkretes <strong>Information</strong>s- und Hilfsangebot gemacht,<br />

was unmittelbare Auswirkungen auf das Verhalten<br />

der Zielgruppe in dieser Nacht und auch langfristig<br />

hat. Neugierde wird geweckt und eigenes Verhalten<br />

eventuell überprüft.<br />

Die Zielgruppe ist das Ausgehpublikum in der Innenstadt.<br />

Mit der Zeitauswahl überwiegend vor Mitternacht<br />

wird bewusst eine jüngere, zum Teil noch<br />

minderjährige Gruppe angesprochen. Wichtig ist,<br />

dass das Gesprächsangebot noch vor einen exzessiven<br />

Alkoholkonsum gemacht wird, um im Idealfall<br />

gleich unmittelbar das Konsumverhalten am Abend<br />

beeinflussen zu können.<br />

Startphase<br />

Die sich häufenden Alkohol- und Gewaltexzesse in<br />

der Freiburger Innenstadt und das daraufhin verhängte<br />

Alkoholverbot im öffentlichen Raum waren<br />

2008 der Anstoß für das Projekt PräRIE. Man wollte<br />

deshalb direkt in der Ausgehmeile mit sozialpädagogischen<br />

Maßnahmen aktiv werden. Es tauchte der<br />

Gedanke auf, mit einem Infostand mit „Event-Charakter“<br />

alternative Erlebnisformen zu zeigen, ohne<br />

die übliche Ausgeh- und Partykultur grundsätzlich<br />

in Frage zu stellen. „Wir halten an – wir halten auf“,<br />

so könnte man die Intention der Innenstadtpräsenz<br />

beschreiben.<br />

Dabei herrschte am Anfang Unsicherheit, wie eine<br />

Präsenz der Suchthilfe ankommen würde und ob<br />

es dafür eine ausreichende Akzeptanz gäbe. Die Erlebnisse<br />

und die Ergebnisse des Freiburger „Street-<br />

Talk I“ (30.04.2008) überraschten alle beteiligten<br />

InterviewerInnen und ExpertInnen. Schon das Gesprächsangebot<br />

an sich kam gut an. Im Ergebnis<br />

der Befragung wurde dann zusätzlich auch deutlich,<br />

dass jeder zweite Interviewte sein eigenes Alkoholkonsumverhalten<br />

als zumindest problematisch einschätzte.<br />

Daraus lies sich ein weiterer Beratungsbedarf<br />

ableiten.<br />

„Suchtberatung am Stehtisch“ wird deshalb seit Juni<br />

2009 regelmäßig an mindestes einer Schwerpunktnacht<br />

im Monat durchgeführt. Der Einsatzort wurde<br />

gemeinsam mit dem Ordnungsamt der Stadt<br />

Freiburg ausgewählt. Er sollte weder direkt in der<br />

zentralen Ausgehmeile noch neben der örtlichen<br />

Polizeipräsenz Gewa-City liegen. So ergab sich der<br />

Standort am Bertoldsbrunnen, direkt im Zentrum<br />

der Stadt.<br />

Zunächst gab es bei den Einsätzen nur hauptamtliche<br />

GesprächspartnerInnen, da die ehrenamtlichen<br />

Peer-BeraterInnen für die „Kommunikation auf Augenhöhe“<br />

zuerst noch akquiriert und ausgebildet<br />

werden mussten. Nach der Sommerpause fanden<br />

dann im ersten Projektjahr bis zum 18.12.2009 regelmäßig<br />

Einsätze statt, seit Oktober 2009 mit Peer-<br />

BeraterInnen.<br />

Die Verantwortung für die Terminkoordination aller<br />

Beteiligten und die Organisation des Standaufbaus<br />

übernahm die Evangelische Stadtmission Freiburg.<br />

Dabei zeichnete sich dieser Projektteil gerade dadurch<br />

aus, dass alle sechs Freiburger Suchtberatungsstellen<br />

KollegInnen für die hauptamtliche Präsenz zur Verfügung<br />

stellten und dass eine enge Zusammenarbeit<br />

mit den ehrenamtlichen Peer-BeraterInnen erfolgte.<br />

23


In der Regel wurde die Anwesenheit von hauptamtlichen<br />

MitarbeiterInnen der Suchthilfe direkt durch<br />

die am Gesamtprojekt beteiligten Einrichtungsleitungen<br />

gewährleistet. So wirkte die „Suchtberatung<br />

am Stehtisch“ auch als <strong>Information</strong>sgeber und<br />

„Schwungrad“ für das ganze Projekt. Verantwortliche<br />

aus der Stadtverwaltung und Politik nahmen die Präsenz<br />

bei ihren Besuchen in der Innenstadt wahr und<br />

nutzten die Gelegenheit für kurze Rückmeldungen<br />

und den Austausch von <strong>Information</strong>en.<br />

Projektverlauf und persönliches Fazit<br />

Im Verlauf der ersten Projektphase war die „Suchtberatung<br />

an Stehtischen“ ein durchgängiger und<br />

überwiegend positiv bewerteter Baustein. An allen<br />

17 Einsatznächten zwischen Juni 2009 und Dezember<br />

2010 wurden durch hauptamtliche SuchtberaterInnen<br />

insgesamt 998 Menschen erreicht. Dabei<br />

waren jeweils zwei bis drei BeraterInnen für 3-4<br />

Stunden auf der Straße. Von Anfang an wurde auf<br />

eine einigermaßen ausgeglichene Präsenz beider<br />

Geschlechter als Ansprechpersonen geachtet.<br />

Für den überwiegenden Projektzeitraum wurden<br />

die Beratungskontakte nach Geschlechtern getrennt<br />

erfasst. Es wurden 429 Frauen und Mädchen und<br />

569 Jungen und Männer erreicht. Die wenigsten Angesprochenen<br />

in einer Nacht gab es im Winter (29<br />

Personen – 12 weiblich, 17 männlich), Spitzenreiter<br />

waren 81 PassantInnen in einer einzigen Nacht (12<br />

weiblich und 69 männlich).<br />

Die Gesprächsdauer betrug in der Regel 5 bis 15 Minuten<br />

in Einzelgesprächen oder auch mit kleineren<br />

Gruppen von bis zu 5 Personen. Gesprächsinhalt<br />

waren (nach Häufigkeit): das eigene Konsumverhalten<br />

und / oder Ausgehverhalten in der Innenstadt,<br />

Fragen zur Motivation der Aktion, Umgang mit Alkohol-<br />

und Drogenerfahrungen in der Familie und<br />

im Bekanntenkreis und andere allgemeine Themen.<br />

Nur bei einem Einsatz wurde ein massiv aggressives<br />

Verhalten (durch eine bereits bekannte, stark angetrunkene<br />

Person) dokumentiert. Hier musste die<br />

Polizei hinzugezogen werden, um die Situation zu<br />

entschärfen. Daraufhin entschloss man sich zu einer<br />

Präsenz von ständig mindestens 3 Personen (Hauptamtlichen),<br />

um im Notfall schnell Kontakt zur Polizei<br />

herstellen zu können. In diesem Zusammenhang<br />

kam es auch zu einem Austausch- und Abstimmungsgespräch<br />

mit dem zuständigen Polizeirevier<br />

und den Einsatzkräften der Gewa-City.<br />

Die Präsenz der drei Fachkräfte wurde im Projektverlauf<br />

durch einen Pool von Fachkräften aus der<br />

Suchthilfe sichergestellt, die alle Erfahrungen in dem<br />

Arbeitsfeld hatten, aber zum Teil aktuell nicht mehr<br />

dort beschäftigt waren. An jedem Abend war aber<br />

immer auch eine MitarbeiterIn aus den beteiligten<br />

Suchtberatungsstellen anwesend. Diese/r übernahm<br />

die Koordination und diente als Hauptansprechperson<br />

für die ehrenamtlichen Peer-BeraterInnen.<br />

Eine erste Ausweitung von „Suchtberatung am Stehtisch“<br />

stellte ein Einsatz der hauptamtlichen Berater/<br />

innen mitsamt der Ausstattung auf einer kommerziellen<br />

Großveranstaltung dar. Auf dem Zeltmusikfestival<br />

2010 in Freiburg buchte der Veranstalter die<br />

Suchtberatung an Stehtischen als präventives Angebot<br />

auf dem Festivalgelände. Grundsätzlich könnten<br />

solche kostenpflichten Angebote als „PräRIE III“ noch<br />

ausgebaut werden.<br />

Insgesamt hat sich der Baustein „Suchtberatung am<br />

Stehtisch“ als verhaltens- und auch verhältnispräventives<br />

Instrument der Freiburger Alkoholpolitik nach<br />

Einschätzung der Beteiligten und der wichtigsten<br />

Partner sehr bewährt. Auch in der allgemeinen Öffentlichkeit<br />

und bei der Presse hat die Arbeit gute<br />

Akzeptanz gefunden.<br />

Eine Herausforderung für die Zukunft wird sein, immer<br />

wieder neu positive Aufmerksamkeit von den<br />

Passant/innen zu bekommen. Die als Gesprächsteinstieg<br />

genutzten Medien (Quizfragen und Rätsel)<br />

müssen nach und nach ergänzt und ersetzt<br />

werden.<br />

Eine bleibende Grenze der Aktion ist die Ansprechbarkeit<br />

des Publikums, abhängig von deren Grand<br />

der Beeinträchtigung durch Alkohol und andere<br />

psychotrope Substanzen. Hier hat sich immer wieder<br />

bestätigt, dass die Ansprechbarkeit nach Mitternacht<br />

deutlich nachlässt. Deshalb wurde auch die<br />

Anfangzeit der Aktion nach vorne korrigiert.<br />

Wir gehen davon aus, dass ein fester Anlaufpunkt<br />

nach Mitternacht weniger Akzeptanz finden wird<br />

und die Ziele der <strong>Prävention</strong> nicht mehr umgesetzt<br />

werden können. Zur vorgerückten Zeit am frühen<br />

Morgen geht es eher um Interventionen im Sinne<br />

von „De-Eskalation“ oder ggf. darum, Rückzugsmöglichkeiten<br />

für gefährdete, minderjährige oder<br />

erschöpfte Personen zu schaffen.<br />

24


3.2. Gewinnung, Ausbildung und<br />

Einsatz von Peer- BeraterInnen<br />

von Christa Armbruster und Hanna Schönemann<br />

Peer-BeraterInnen<br />

werden in einer Kompakt-<br />

Schulung auf ihren Einsatz<br />

im „Bermuda-Dreieck“<br />

vorbereitet – wichtig<br />

sind auch die gemeinsamen<br />

Reflektionen nach<br />

den Einsätzen. Peer-BeraterInnen<br />

werden in einer<br />

Kompakt-Schulung auf<br />

ihren Einsatz im „Bermuda-Dreieck“<br />

vorbereitet<br />

– wichtig sind auch die<br />

gemeinsamen Reflektionen<br />

nach den Einsätzen.<br />

Kurzbeschreibung<br />

Das Teilprojekt „Peer-Beratung“ wurde ins Leben<br />

gerufen, um die Partygäste in der Freiburger Innenstadt<br />

(Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen)<br />

durch Angehörige ihrer Altersgruppe<br />

(„Kommunikation auf Augenhöhe“) zu erreichen<br />

und im Idealfall eine Veränderungsmotivation zu<br />

bewirken. In den Jahren 2009 und 2010 wurden<br />

insgesamt 536 Personen über die Ansprache durch<br />

Peer-Beraterinnen erreicht.<br />

Ziel des Projektes war die Gewinnung und Ausbildung<br />

von jungen Erwachsenen als sogenannte<br />

„Peer-BeraterInnen“ und die gelungene Durchführung<br />

von Einsätzen mit diesen geschulten Ehrenamtlichen<br />

in der Freiburger Innenstadt an so genannten<br />

Schwerpunktnächten.<br />

Unter dieses Hauptziel lassen sich folgende Unterziele<br />

subsumieren:<br />

• Das Konzept ermöglicht eine Kommunikation<br />

auf Augenhöhe, da die Peer-BeraterInnen zur<br />

gleichen „Peergruppe“ gehören.<br />

• Der Einsatz erzeugt eine positiv veränderte Atmosphäre<br />

in den Einsatzorten. Nicht nur Saufen<br />

und Gewalt, sondern auch Kommunikation, Zuhören,<br />

Hilfe gehören zum Nachtleben.<br />

• Jugendliche und junge Erwachsene erleben<br />

nicht nur die Kontrolle und „Repression“ durch<br />

Verbote und Polizeipräsenz, sondern auch „Beziehungs-Angebote“.<br />

• Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen erleben,<br />

dass sich jemand für sie interessiert.<br />

• Professionelle Hilfe kann niederschwellig vermittelt<br />

werden.<br />

• Die ehrenamtlichen Peers der Suchthilfe sind genau<br />

dort präsent, wo die Suchtmittel konsumiert<br />

werden.<br />

• Die ehrenamtlichen Peer-BeraterInnen dienen<br />

als Modell für Jugendliche: Es gibt Gleichaltrige,<br />

die sich für andere Menschen und für das Gemeinwesen<br />

einsetzen.<br />

Die Präsenz und das Gesprächsangebot der Peer-<br />

BeraterInnen können die Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen anregen, sich kritisch mit ihrem<br />

Suchtmittelkonsum auseinander zu setzen und in<br />

25


einem weiteren Schritt zu einem selbstbestimmten<br />

moderaten Konsummuster zu finden. Von zentraler<br />

Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die<br />

Ehrenamtlichen nicht belehrend auftreten und sie<br />

nicht zu einer Änderung ihres Konsumverhaltens<br />

überreden wollen.<br />

Da es sich bei den Peer-BeraterInnen um junge und<br />

noch nicht professionalisierte Ehrenamtliche handelt,<br />

ist eine intensive Vorbereitung durch die Schulung<br />

und eine enge professionelle Begleitung der<br />

Einsätze besonders wichtig, um eine erfolgreiche<br />

Realisierung zu gewährleisten.<br />

Startphase<br />

Eine <strong>Information</strong>sveranstaltung, die potentielle Ehrenamtliche<br />

und Interessierte über die „Peer-Beratung“<br />

und die Schulungen informierte, wurde durch<br />

Pressemeldungen in den örtlichen Medien bekannt<br />

gemacht. Dabei war neben den Zeitungen, Radio<br />

und dem örtlichen Fernsehsender das Internet ein<br />

entscheidendes Medium. Im Online-Magazin „fudder“<br />

wurde ebenso auf das Projekt und die Termine<br />

hingewiesen wie auf den Seiten des AKSF, der Stadt<br />

Freiburg und der Psychosozialen Beratungsstellen (PSB).<br />

Die Gewinnung der „Peer-BeraterInnen“ fand vorrangig<br />

über eine direkte Ansprache potentieller<br />

Interessierter in den Oberstufen der Freiburger<br />

Gymansien und in beiden Hochschulen für Sozialwesen<br />

sowie der Pädagogischen Hochschule statt.<br />

Die Bekanntmachung des Projektes und das Verteilen<br />

von Info-Flyern und Plakaten wurden von<br />

LehrerInnen und DozentInnen übernommen; zum<br />

Teil waren die beiden Schulungs-LeiterInnen auch<br />

selbst in Seminaren zu Gast, um über das Projekt<br />

zu berichten. Insgesamt stellte sich dieser Prozess<br />

als sehr aufwändig heraus: Ohne die aktive Ansprache<br />

potentieller InteressentInnen wäre die Schulung<br />

2010 nicht zustande gekommen. Die Teilnahme am<br />

„Peer-BeraterInnen“-Projekt kann nach Gesprächen<br />

mit Praxisstellen der Hochschulen mittlerweile als<br />

Praktikum angerechnet werden.<br />

Die ehrenamtlichen „Peer-BeraterInnen“ waren in<br />

der gleichen Altersstufe wie die PartygängerInnen,<br />

wobei die Volljährigkeit eine Voraussetzung darstellte.<br />

Die Altersspanne bewegte sich von 18 bis 30<br />

Jahre.<br />

Schulung der Peer BeraterInnen<br />

Für den Einsatz als „Peer-BeraterIn“ ist die im Rahmen<br />

dieses Projektes angebotene Schulung notwendige<br />

Voraussetzung. Die zwanzigstündige Schulung ist<br />

für die „Peer-BeraterInnen“ kostenlos und auf eine<br />

Gruppe von ca. 12 TeilnehmerInnen festgelegt.<br />

Die Inhalte sind dabei in 8 Module unterteilt:<br />

• Abhängigkeit und <strong>Prävention</strong>sstrategien<br />

• Gebrauch – Missbrauch – Abhängigkeit. Ursachen<br />

und Verlauf von Abhängigkeitserkrankungen<br />

und süchtigem Verhalten<br />

• Klärung des Auftrages<br />

• Eigenmotivation und Rollenfindung. Möglichkeiten<br />

und Grenzen ehrenamtlicher Tätigkeit<br />

• Grundlagen von aufsuchender Arbeit und Streetwork<br />

• Ursachen jugendlichen Gewaltverhaltens. Präventive<br />

Strategien.<br />

• Methoden der Gesprächsführung. Kommunikationsverhalten<br />

und Steigerung der Änderungsmotivation<br />

• Kenntnisse des Hilfesystems und rechtliche<br />

Grundlagen<br />

Die TeilnehmerInnen der Schulung wurden als ausgebildete<br />

„Peer-BeraterIn“ zertifiziert. Alle TeilnehmerInnen<br />

erhielten ein ausführliches Schulungsmanual.<br />

Die Schulungsinhalte sollen in Verbindung<br />

mit dem Zertifikat und den Erfahrungen aus den<br />

Einsätzen zur weiteren Arbeit in der Suchthilfe qualifizieren.<br />

Einsätze und Einsatzbegleitung<br />

Die Einsätze der Ehrenamtlichen fanden in den ausgewählten<br />

Schwerpunktnächten im Bereich des<br />

„Bermudadreieck“ statt. Von entscheidender Bedeutung<br />

war hier die fachliche Verknüpfung mit den<br />

hauptamtlichen MitarbeiterInnen der Suchthilfe. Diese<br />

Anbindung ist unerlässlich, da die Möglichkeit<br />

bestehen muss, potentielle Hilfesuchende direkt in<br />

der Nacht an die „Suchtberatung am Stehtisch“ zu<br />

verweisen. Außerdem stellt das professionelle Wissen<br />

und die Erreichbarkeit der Hauptamtlichen eine<br />

Sicherheit für die Ehrenamtlichen dar. Ferner muss<br />

die Erreichbarkeit aller Beteiligten über Handy gewährleistet<br />

sein.<br />

Neben dem Kontakt zur Suchthilfe gab es im Vorfeld<br />

und mitunter auch unmittelbar in den Einsatznächten<br />

gute Kooperationen und Absprachen mit der<br />

Polizei. Der Ort der Einsätze war in erster Linie die<br />

Präsenz in der „Partyzone“. Wichtig war dabei die<br />

äußerliche Erkennbarkeit der Ehrenamtlichen. Das<br />

einheitliche Outfit, wie bedruckte Taschen und Jacken,<br />

waren ein wichtiges Erkennungsmerkmal für<br />

die Jugendlichen und gaben den Peers auch eine<br />

öffentlich erkennbare Funktion. Das Verteilen von<br />

„give-aways“ wie kleine Rätsel, Geduldspiele oder<br />

auch ein Alkoholquiz kam bei den Jugendlichen besonders<br />

gut an.<br />

Die jeweiligen Einsätze wurden mit den beteiligten<br />

Peers zeitnah reflektiert und nachbesprochen. Die<br />

positiven wie die korrigierenden Rückmeldungen<br />

26


Innenstadt-Präsenz<br />

bedeutet im PräRIE-Konzept<br />

„Suchtberatung am<br />

Stehtisch“: drei Fachleute<br />

aus der Suchthilfe stehen<br />

in den Einsatz-Nächten<br />

am Bertoldsbrunnen für<br />

Gespräche zur Verfügung.<br />

erhöhten die Verhaltenssicherheit der Peers. Schwierige<br />

Situationen, die während der Einsätze aufgetreten<br />

waren, konnten sofort besprochen und aufgelöst<br />

werden.<br />

Projektverlauf<br />

2009: In der ersten Jahreshälfte fanden die konzeptuelle<br />

Entwicklung, die Akquise, der Infoabend<br />

und die Auftaktveranstaltung der ersten Schulung<br />

statt. In der zweiten Jahreshälfte wurden die beiden<br />

Schulungsblöcke und der Erstehilfekurs mit 10 TeilnehmerInnen<br />

durchgeführt. Die „Peer Beraterinnen“<br />

hatten ihre ersten 4 Einsatznächte.<br />

2010: Es fand eine zweite Schulung mit 17 TeilnehmerInnen<br />

statt. Die Peer BeraterInnen waren an insgesamt<br />

5 Einsatznächten unterwegs.<br />

2011: Der aktuelle „Peer-Pool“ umfasst 25 Personen.<br />

Eine Ausweitung auf weitere Stadtteile wird angestrebt.<br />

Erfahrungen der Peers<br />

In der Bilanz nach den Einsätzen der ersten beiden<br />

Jahre war sich die Gruppe der Peer-BeraterInnen einig:<br />

„Es wird echt gut angenommen - viele sprechen<br />

uns an, fragen, was wir hier machen.“ Die Umhängetaschen<br />

mit dem Logo des Arbeitskreises Suchthilfe<br />

und die Westen fallen auf. Außerdem bilden sich<br />

schnell Grüppchen um das jeweilige Peer-BeraterInnen-Team.<br />

Was bringt der ehrenamtliche Einsatz<br />

konkret? “Wir haben gleich beim ersten Mal bemerkt,<br />

wie sich die Stimmung im ‚Bermuda-Dreieck’<br />

verändert: Die Leute kommen auch miteinander ins<br />

Gespräch, gerade Gruppen, die sonst nicht miteinander<br />

reden“. Wichtigste Voraussetzung für diese<br />

Aufgabe aber sei ihrer Erfahrung nach - neben Offenheit<br />

und Toleranz - eine große Schlagfertigkeit.<br />

Für die unter 18jährigen ist das Thema „Ausgehen“<br />

sehr wichtig, sie fragen: „Was kann man in Freiburg<br />

machen, wenn man jung ist?“ Dann heißt es, Alternativen<br />

zu der Standardfrage: “Wo gehen wir saufen,<br />

wo gibt’s billigen Stoff...?“ aufzuzeigen und eine<br />

sinnvollere Gestaltung des Abends anzuregen.<br />

Ergebnisse der Projekt-<strong>Evaluation</strong><br />

In der <strong>Evaluation</strong> des SBI Esslingen wurden in Hinblick<br />

auf eine nachhaltige Entwicklung durch das<br />

Projekt folgende Indikatoren beschrieben (Zitat):<br />

1. „Das Projekt wurde entlang seiner eigenen, in<br />

der Konzeption definierten Ziele umgesetzt und<br />

war in diesem Sinne machbar und erfolgreich.<br />

2. Die Ausweitung und Übertragung der Projektidee<br />

wird befördert durch ein erfolgreiches und<br />

bewährtes Schulungskonzept und durch die Definition<br />

und inhaltliche Bestimmung der Rolle als<br />

Peer-BeraterInnen und das damit verbundene<br />

Tätigkeitsfeld.<br />

3. Bei den PeerBeraterInnen hat ein Zuwachs an<br />

Wissen und Fähigkeiten stattgefunden, die Peer-<br />

BeraterInnen sind qualifiziert.<br />

4. Das Angebot der PeerBeraterInnen ist auf hohe<br />

Akzeptanz und Nachfrage unter den Jugendlichen<br />

gestoßen. Es findet in der Lebenswelt der<br />

Jugendlichen statt.<br />

5. Das Projekt fand hohe mediale Beachtung und<br />

Eingang in die öffentliche Wahrnehmung.“<br />

Fazit<br />

Um das Projekt längerfristig erfolgreich fortzuführen<br />

wird es wichtig sein, zu überlegen wie der Kontakt<br />

der professionellen ProjektmitarbeiterInnen zu den<br />

Ehrenamtlichen und der regelmäßige Austausch der<br />

Ehrenamtlichen untereinander unterstützt werden<br />

können. Da bei den Einsätzen immer nur ein Teil der<br />

Peer-BeraterInnen aktiv sein kann, besteht die Gefahr,<br />

dass die Zugehörigkeit zum Projekt nachlässt<br />

und sich das Projekt verläuft.<br />

Gerade in der Arbeit mit Ehrenamtlichen kommt<br />

der „Beziehungspflege“ eine wichtige Rolle zu, um<br />

die Motivation zum freiwilligen Engagement zu erhalten.<br />

Es sollte nicht vergessen werden, den Ehrenamtlichen<br />

als Gruppe auf immaterielle Weise Wertschätzung<br />

für ihr Engagement auszudrücken, z.B. indem<br />

gelegentliche gemeinsame Aktivitäten für die<br />

Ehrenamtlichen organisiert werden, etwa mit erlebnispädagogischem<br />

Charakter (2010 etwa ging die<br />

Gruppe Bogenschießen). Ein weiterer positiver Effekt<br />

von gemeinsamen Aktionen ist, dass dabei das Gefühl<br />

der Gruppenzugehörigkeit gestärkt wird.<br />

27


3.3. <strong>Prävention</strong>sEvent und<br />

AlkoholfreiParty<br />

von Karin-Anne Böttcher<br />

Alkoholfreie Cocktails<br />

schmecken cool und<br />

machen Spaß: Das erfuhren<br />

die Aktiven im<br />

Projekt „AlkoholfreiParty“<br />

in Weingarten bei einer<br />

Schulung mit einem<br />

Profi-Barmixer.<br />

28<br />

Kurzbeschreibung<br />

Das Konzept, alkoholfreie Partys im Rahmen eines<br />

„Party-Battle“ attraktiv zu machen, wurde vom KonzeptBuero<br />

im Rahmen der Stadtteilarbeit in Weingarten<br />

und in enger Zusammenarbeit mit zwei<br />

Sozialpädagoginnen aus der offenen Jugendarbeit<br />

entwickelt. Als Zielgruppe wurde festgelegt: 15-25-<br />

Jährige, also junge Menschen, die normalerweise<br />

Alkohol auf ihren Partys erwarten.<br />

Die Idee: Partys ohne Alkohol werden dadurch attraktiv<br />

gemacht, dass die jeweilige Peergroup als<br />

Veranstalter auftritt und im Wettstreit um die besten<br />

Party sich etwas Kreatives einfallen lässt (Live-Auftritte,<br />

Deko, Snacks...), um die Mitbewerber zu übertrumpfen.<br />

PräRIE stellte für jede Party ein Budget für<br />

Deko- und Getränkeeinkauf zur Verfügung (150-200<br />

Euro als Zuschuss, 100 Euro als Darlehen mit Rückzahlung<br />

aus den erwirtschafteten Einnahmen sowie<br />

die Kosten für 2 Türsteher), dazu eine Preissumme<br />

von insgesamt 200 Euro.<br />

Ursprünglich waren drei Partys als Wettbewerbsbeiträge<br />

im „Party-Battle“ an aufeinanderfolgenden<br />

Wochenenden im Januar und Februar 2011 geplant.<br />

Eine Jury, die zur Hälfte aus Jugendlichen besetzt<br />

sein sollte (3 „Fachleute“, 3 „jugendliche Experten“<br />

– jeweils eine von den teilnehmenden Gruppen<br />

benannte Person), bewertet die Partys mit einer vorgegebenen<br />

Checkliste vor Ort jeweils gegen 22 Uhr.<br />

Außerdem sollte es ein Publikums-Voting per Fragebogen<br />

oder „Klatschometer“ geben.<br />

Startphase<br />

Angemeldet zur Party-Battle haben sich aufgrund<br />

persönlicher Ansprache durch MitarbeiterInnen der<br />

offenen Jugendarbeit jeweils eine Gruppe aus den<br />

beiden örtlichen Jugendzentren sowie eine Gruppe<br />

von Ministranten und Pfadfindern – keinen Erfolg


hatte der Versuch, eine Gruppe von Sinti-Jugendlichen<br />

zur Teilnahme zu motivieren.<br />

Nachdem jedoch einen Monat vor dem Startschuss<br />

die katholische Gruppe wieder ausgestiegen war,<br />

entschieden die beiden verbliebenen Gruppen, sich<br />

zusammen zu tun, gemeinsam eine Party zu veranstalten<br />

und den Preis zu teilen (ausgeschrieben waren<br />

ein schickes Abendessen und ein „Wellness-Paket“:<br />

auf Wunsch der Teilnehmerinnen gab es Karten<br />

fürs Thermalbad mit der Option, aus den Party-Einnahmen<br />

Massagen zu finanzieren).<br />

Projektverlauf<br />

Die Party fand schließlich als erste alkoholfreie<br />

„Cocktail Night“ am 28. Januar 2011 im Treffpunkt<br />

„Café und Meer“ statt und war ein voller Erfolg dank<br />

der engagierten Mitarbeit der 5-6 beteiligten Jugendlichen.<br />

Sie hatten die Idee, gegen Mitternacht<br />

eine Verlosung von Sachpreisen anzubieten, damit<br />

die Gäste nicht nur kurz hereinschauen und dann<br />

wieder „Alkohol trinken gehen“. Dafür haben sie die<br />

Preise (mit einem Sponsoren-Brief von PräRIE) selbst<br />

beim Einzelhandel eingeworben; die Verlosung fand<br />

gegen 22 Uhr statt, weil viele Gäste dann nach Hause<br />

mussten.<br />

Die liebevolle Dekoration (Sand, Muscheln, Fischernetz...)<br />

wurde ergänzt um leckere Baguette-Brote<br />

und eine ausgefeilte Cocktail-Karte. Für die beteiligten<br />

Mädchen organisierte PräRIE mit Unterstützung<br />

der Wilhelm-Oberle-Stiftung eine kostenlose<br />

Barkeeper-Schulung mit einem Profi-Mixer aus einer<br />

Freiburger Bar ummittelbar am Nachmittag der<br />

Party. Gemeinsam mit dem Profi erarbeiteten die<br />

Mädchen ihre individuelle Cocktail-Karte. Zwei DJs<br />

wechselten sich ab, die Cocktails waren neben der<br />

Tombola die Haupt-Attraktion.<br />

Entgegen ihrer eigenen Befürchtungen kamen 60<br />

zahlende Gäste, die Gruppe verkaufte mehr als 100<br />

alkoholfreie Cocktails und alle hatten viel Spaß bis<br />

ca. 23 Uhr, dann löste sich die Party langsam auf.<br />

Die Türsteher erwiesen sich allerdings als dringend<br />

notwendig, da sich draußen im Umfeld des Party-<br />

Raumes alkoholisierte Jugendliche aufhielten.<br />

Im 2. Modellstadtteil Hochdorf war ursprünglich<br />

ebenfalls eine alkoholfreie Party geplant – hier eher<br />

im größeren Stil, evtl. sogar an Fasnacht in der örtlichen<br />

Festhalle unter Mitwirkung eines Teilnehmers<br />

des „Runden Tisches“, der professionell als DJ<br />

arbeitet. Oder „klein und fein“ im örtlichen Jugendhaus,<br />

komplett von Jugendlichen organisiert und<br />

vorbereitet. Das scheiterte schließlich am engen<br />

Terminkalender des Jugendhauses und fehlender<br />

Rücksprache-Möglichkeiten im Vorfeld, da das Jugendhaus<br />

wegen eines Leitungs-Wechsels bei einigen<br />

Treffen des Runden Tisches nicht vertreten war.<br />

Außerdem stellte die Jugendhaus-Leitung das Konzept<br />

„Alkoholfreie Party“ grundsätzlich in Frage mit<br />

der Vermutung, dass dann eben VOR der Location<br />

mitgebrachter Alkohol konsumiert werde.<br />

Alternativ wurde in Hochdorf ein „<strong>Prävention</strong>s-Event“<br />

mit verschiedenen Beteiligten (örtliche Vereine, Jugendhaus<br />

etc.) in Erwägung gezogen, bei dem mögliche<br />

Attraktionen auch Musik- und Tanzangebote<br />

zum Mitmachen sein sollten, etwa aus dem Bereich<br />

„HipHop/Breakdance/StreetDance/Rap“ – hier sollte<br />

eine Tanzschule angefragt werden. Schön wäre z.B.<br />

auch ein „Talentwettbewerb“. Grundsätzlich denkbar<br />

wäre auch eine Großveranstaltung für über 1.000<br />

Leute, quasi als „alkoholfreie kleine Schwester“ des<br />

beliebten „Sea-of-Love“-Techno-Festivals auf Hochdorfer<br />

Gemerkung. Dazu bräuchte man aber einen<br />

professionellen Partner und eine Menge Sponsoren<br />

– vergleiche dazu etwa das große Festival in Blumberg/Schwarzwald:<br />

www.respectyourself.de.<br />

Auch in Weingarten wurde zum Abschluss der Modellprojekt-Phase<br />

ein „<strong>Prävention</strong>s-Event“ in der Erwachsenen-Begegnungsstätte<br />

oder im Jugendhaus<br />

(JUGI) in der Bugginger Straße geplant. Hier sollte das<br />

Thema „Don’t drink an drive“ im Mittelpunkt stehen,<br />

weil eine Einrichtung dazu im Vorjahr einen Film mit<br />

einer Gruppe Jugendlicher gedreht hatte. Der Film<br />

sollte um einen Live-Auftritt der HauptdarstellerInnen,<br />

eine Streetdance-Gruppe aus dem Stadtteil,<br />

ergänzt werden. Ein Fahrsimulator, der Trunkenheitsfahrten<br />

simuliert, wurde für das Abschluss-Event<br />

gebucht, ein internationales Buffet und ein Rauschbrillen-Parcours<br />

vorbereitet und die PräRIE-Cocktail-<br />

Bar mit dem frisch ausgebildeten „Party-Team“ als<br />

Barmixerinnen. Dieses Event fiel leider einer Grippewelle<br />

zum Opfer, aufgrund mehrerer Erkrankungen<br />

konnte das kleine Vorbereitungsteam den vereinbarten<br />

Termin nicht halten.<br />

29


Fazit<br />

Die 1. Alkoholfreie Cocktail-Nacht im Freiburger<br />

Brennpunkt-Stadtteil Weingarten ist aus unserer<br />

Sicht als voller Erfolg zu werten, entgegen aller Unkenrufe<br />

(von Seiten der TeilnehmerInnen, aber auch<br />

von erfahrenen Jugendarbeitern). Einen Dämpfer<br />

bekam das Projektteam allerdings durch den späten<br />

Rücktritt der 3. Teilnehmer-Gruppe, was aber durch<br />

die Entscheidung zur Zusammenarbeit der beiden<br />

anderen Gruppen wieder aufgewogen wurde.<br />

Allerdings war das Projekt sehr personal-intensiv:<br />

Ohne die Begleitung der jeweiligen Gruppe durch<br />

ihre pädagogischen Ansprechpartnerinnen aus der<br />

offenen Jugendarbeit hätten die jungen Menschen<br />

vermutlich nicht „durchgehalten“. Es gab mehrere<br />

Besprechungen und Vorbereitungstreffen, bei<br />

denen die TeilnehmerInnen von den beiden Sozialpädagoginnen<br />

begleitet wurden - diese sorgten<br />

etwa für verlässliche Absprachen und Aufgabenverteilung,<br />

übernahmen aber auch selbst wesentliche<br />

Arbeitspakete. Die PräRIE-Koordinatorin war bei einigen<br />

Treffen dabei, um sich selbst einen Eindruck von<br />

der „Arbeitsatmosphäre“ zu verschaffen, außerdem<br />

übernahm sie die Pressearbeit und Sponsoren-Kontakte.<br />

Einen „Dämpfer“ bekam die Euphorie der Projektbeteiligten<br />

bei Party-Ende durch einen Vorfall im<br />

unmittelbaren Umfeld, als der PKW einer beteiligten<br />

Sozialpädagogin vor der Party-Location durch einen<br />

randalierenden Jugendlichen beschädigt wurde –<br />

es besteht aber kein unmittelbarer Zusammenhang<br />

zur Party, sondern war eher Zufall, dass gerade das<br />

Fahrzeug einer Projektbeteiligten Objekt der Vandalismus-Attacke<br />

wurde. Der Vorfall führte jedoch<br />

noch einmal deutlich vor Augen, dass solche Angebote<br />

in einem Brennpunkt-Stadtteil intensiver fachlicher<br />

Begleitung bedürfen und hier sicher nicht in<br />

Eigenregie von Jugendlichen durchgeführt werden<br />

können.<br />

Insgesamt wird das Konzept „Alkoholfreie Party“ von<br />

allen Beteiligten als vielversprechend und zukunftsträchtig<br />

gesehen und soll ins „Regel-Angebot“ von<br />

PräRIE aufgenommen werden. Geplant sind jährliche<br />

Ausschreibungen für mehrere Party-Teams in<br />

Freiburg – auch die „Battle-Idee“ soll noch einmal<br />

aufgegriffen werden. Wichtig ist allerdings für alle<br />

Beteiligten, dass von vorn herein die Voraussetzungen<br />

klar sind und verbindlich kommuniziert<br />

werden.<br />

30


„Arbeitskreis<br />

Suchthilfe Freiburg“<br />

(AKSF) lockt junge Menschen<br />

in der Innenstadt<br />

an die Stehtische:<br />

„Ihr macht Suchthilfe?<br />

Trinke ich etwa zu viel?“<br />

31


4. <strong>Information</strong>, Fachtage und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

4.1. Fachtagungen<br />

von Jeanette Piram<br />

Austausch mit<br />

Fachleuten aus Wissenschaft<br />

und Praxis standen<br />

im Mittelpunkt der drei<br />

Freiburger Fachtagungen:<br />

2009 ging es um „Alkohol<br />

und Gewalt“, 2010 um das<br />

„Kulturgut Alkohol“.<br />

Bei der ersten Vernetzungstagung des Arbeitskreises zum Thema „Abend(t)euer Alkohol“<br />

im Jahr 2008 wurde erstmals die Frage erörtert, wie eine Stadt sich dem Thema<br />

„übermäßiger Konsum von Alkohol im öffentlichen Raum“ produktiv nähern kann.<br />

Die Vorträge von bundesweit anerkannten Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen<br />

initiierten einen fruchtbaren interdisziplinären Dialog und mehr Verständnis<br />

für die Anliegen der unterschiedlichen Interessensgruppen. Auf dieser Basis entwickelte<br />

sich der politische Wille, in Freiburg eine Kommunale Alkoholpolitik zu etablieren.<br />

32<br />

Mit dem zweiten Fachtag „Gewalkohol“ war als<br />

nächstes die Thematik der engen Verbindung von<br />

übermäßigem Alkoholkonsum und Gewalt-Handlungen<br />

im öffentlichen Raum im Mittelpunkt.<br />

Diese Tagung verdeutlichte sowohl von der theoretischen<br />

Seite als auch durch die praktischen Erfahrungsberichte,<br />

dass sich die einzelnen Anbieter von<br />

Gewaltpräventionsprojekten und die Anbieter von<br />

Behandlungsprogrammen für Gewalt-Opfer/Täter<br />

untereinander nicht wirklich kennen.<br />

Das Ziel „Vernetzung“ hatte bei dieser Tagung<br />

oberste Priorität. Als Ergebnis ist aber auch deutlich<br />

geworden, dass die beiden Bereiche nicht „in einer<br />

Hand“ liegen können und dass die Entwicklung gemeinsamer<br />

Strategien zur Eindämmung des Themas<br />

„Gewalt und Alkohol“ jeder Bereich aus seiner Sicht<br />

bzw. mit seinem spezifischen Zugang zur Zielgruppe<br />

– bewerkstelligen muss. Denn Suchtprävention<br />

ist keine Gewaltprävention und Gewaltprävention<br />

ist keine Suchtprävention.<br />

Im Jahr 2010 widmete sich der Fachtag dem Genussmittel<br />

Alkohol, und dem notwendigen Spagat,<br />

zwischen Konsum als Kultur-Gut und dem Unerwünschten<br />

exzessiven Konsum in der Öffentlichkeit,<br />

was als störend erlebt wird und viele junge Menschen<br />

und Erwachsene in ihrer Gesundheit gefährden.<br />

Dass Genuss die Grundlage für einen guten Umgang<br />

mit Alkohol ist, ist Allgemeinwissen. Welche<br />

Voraussetzungen es aber braucht, dass Genuss in einer<br />

schnelllebigen Zeit (wieder) Möglich ist, das dies<br />

auch politisch gewollt sein muss – das wurde von<br />

Mats Johansson von slow-food erläutert.<br />

Die Alkoholpolitik als entscheidende Größe, wie Konsum<br />

gelenkt wird und welche Interventionsansätze<br />

nachhaltig Erfolg haben, war das Thema von Walter<br />

Farke. Viele als wirksam anerkannten Faktoren sind<br />

im Freiburger PräRIE-Projekt realisiert: zielgruppenspezifisches<br />

Vorgehen, strukturelle Veränderungen,<br />

Einbezug von Peers etc. Dies hat die Gesamtkonzep-


Alkohol aus drei verschiedenen<br />

Perspektiven:<br />

Jeder der drei Fachtage<br />

stand unter einem speziellen<br />

Motto, das auch in<br />

einem eigenen Logo zum<br />

Ausdruck kam.<br />

• Alkohol als Abenteuer<br />

• Alkohol als Gewaltfaktor<br />

• Alkohol als Kulturgut<br />

tion und die zukünftig geplanten Aktionen umfänglich<br />

unterstützt, so dass das PräRIE-Team wissenschaftlich<br />

gestärkt aus diesem Fachtag herausging.<br />

Projektverlauf<br />

Viele Wege führen zum Ziel – die Kommunale Alkoholpolitik<br />

in Freiburg. Das Publikum der drei Fachtage<br />

war bei allen Tagungen – laut Rückmeldungen<br />

– sehr positiv überrascht über die Vielfältigkeit der<br />

bereits laufenden Aktionen und Angebote. Ob dies<br />

nun Projekte im Gewaltbereich waren, oder Genuss-<br />

Training für Jugendliche oder die vielen Bausteine<br />

innerhalb des PräRIE-Projektes. Diese Vielfalt anzuerkennen<br />

– auch als verschiedene Wege hin zu einem<br />

bewußten, verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol<br />

– das war das Ziel der Fachtage.<br />

Die politischen VertreterInnen der Stadt Freiburg<br />

waren bei allen Fachtagen anwesend und/oder<br />

auch beteiligt. Dies ist ein wichtiger Punkt der Prä-<br />

RIE-Grundgedanken: eine kommunale Alkoholpolitik<br />

muss getragen werden – zu allererst von den<br />

öffentlichen, politischen RepräsentantInnen, dann<br />

folgen auch die BürgerInnen der Stadt nach.<br />

Dass es gelungen ist PräRIE als städtische Gesamtaufgabe<br />

zu etablieren, ist ein großer Erfolg des gesamten<br />

Projektes – die Fachtage waren hierfür notwendige<br />

Bausteine und Öffentlichkeit. In Zukunft wird in Freiburg<br />

nicht mehr „nur das Bermudadreieck mit Alkohol-<br />

Verbot“ im Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung<br />

stehen, sondern die Stadt mit „gelebtem Genuss“.<br />

Die Fachöffentlichkeit hat die Fachtage genutzt, um<br />

sich dem Thema Sucht von einer anderen – sozialraumorientierteren<br />

Seite – zu nähern. Dieser Ansatz<br />

ist das Kernstück von PräRIE: so alt er auch sein mag,<br />

so sehr wurde er in den letzten Jahren vernachlässigt.<br />

Die Vielfalt der in diesem Bericht beschriebenen<br />

Bausteine hat sich in den Fachtagen der Öffentlichkeit<br />

präsentiert, zum kooperieren eingeladen und –<br />

was ganz wichtig ist – zum übernehmen der Idee.<br />

Fazit<br />

Die Fachtage waren Motor des PräRIE-Projektes<br />

– solange es ein Projekt war. Die Fachtage waren die<br />

Plattform, Praxis und Forschung zu verzahnen und<br />

neue Impulse für die Arbeit vor Ort zu bekommen,<br />

die bereits an anderer Stelle evaluiert waren. Die<br />

Fachtage waren der Ort der Vernetzung verschiedenster<br />

Akteure auf kommunalpolitischer Ebene.<br />

Die Fachtage waren durch die kulturelle Ausgestaltung<br />

jedes Mal auch ein Schritt hin zu einer Genusskultur,<br />

die vormachte, dass Genießen im Kontext<br />

von Arbeit, Fachgespräch und in einer öffentlichen<br />

Veranstaltung machbar ist. Diese Art der Veranstaltung<br />

soll animieren in Freiburg in Zukunft bewusst<br />

auf die „Kleinigkeiten“ zu achten, - ganz im Sinne der<br />

Achtsamkeit, die ein protektiver Faktor gegen Suchterkrankung<br />

ist.<br />

33


4.2. Öffentlichkeitsarbeit<br />

von Karin-Anne Böttcher<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

findet auch auf der<br />

Straße statt: Peer-BeraterInnen<br />

und Suchthilfe-<br />

Profis kommen nachts<br />

leicht mit jungen Partygästen<br />

in Kontakt – und<br />

werden auch von Anderen<br />

angesprochen.<br />

Kommunale Alkoholpolitik muss im öffentlichen Bewusstsein verankert werden, um<br />

wirksam zu sein. Deshalb hatte die Öffentlichkeitsarbeit während der Modellprojekt-<br />

Laufzeit von PräRIE eine wichtige Rolle. Dabei wurden von vornherein Jugendliche<br />

und junge Erwachsene über sogennte „Beteiligungsprojekte“ als „Experten in eigener<br />

Sache“ einbezogen. Diese Beteiligungsprojekte waren integraler Bestandteil des<br />

PräRIE-Konzeptes. Eine Gruppe von Studierenden der Freiburger Hochschule für<br />

Grafikdesign entwickelte die Internet-Präsenz für die Zielgruppe „Junge Menschen“<br />

von (www.bermuda-stories.de). Von der Projektkoordinatorin wurden <strong>Information</strong>en<br />

für MultiplikatorInnen, etwa als Flyer oder Internet-Auftritt (www.freiburg.de/praerie)<br />

konzipiert und realisiert.<br />

34<br />

Als wichtigste Zielgruppe für PräRIE wurden in der Erhebung<br />

„StreetTalk“ 2008 Heranwachsende und junge<br />

Erwachsene im Alter zwischen 17 und 25 Jahren<br />

identifziert – hier wurde eine große Neigung zum<br />

riskanten Alkoholkonsum deutlich. Gleichwertig daneben<br />

sehen wir potentielle MultiplikatorInnen als<br />

Zielgruppe: MitarbeiterInnen der Jugendarbeit und<br />

Jugendgerichtshilfe, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern,<br />

medizinisches Fachpersonal, aber auch Vertreter von<br />

Handel und Gastronomie und von festveranstaltenden<br />

Vereinen. Dieser „zweigleisige“ Ansatz prägte<br />

auch die Öffentlichkeitsarbeit von PräRIE.<br />

Startphase<br />

Zunächst wurde das PräRIE-Logo und eine Gemeinschafts-Visitenkarte<br />

der teilnehmenden Beratungseinrichtungen<br />

entwickelt, die etwa bei den Einsätzen<br />

in der Innenstadt und in den Kliniken mitgegeben<br />

wird. Es folgte ein mit dem ganzen Projektteam<br />

abgestimmter provisorischer Flyer mit den zentralen<br />

Aussagen zu Projektzielen, -inhalten und -beteiligten.<br />

Die Projektkoordinatorin konzipierte eine<br />

umfangreiche informative Website für MultiplikatorInnen<br />

(www.freiburg.de/praerie) mit zahl reichen


Download-Angeboten, die von der Online-Redaktion<br />

des städtischen Pressereferates umgesetzt wurde<br />

– Struktur, Inhalte, Fotos und Texte wurden von<br />

der Projektkoordinatorin geliefert. 2010 schließlich<br />

wurde ein 12seitiger Folder gedruckt, der die Projekt-Inhalte<br />

mit Fotos illustriert und grafisch interessant<br />

umsetzt.<br />

Praktische Öffentlichkeitsarbeit im Austausch mit<br />

Fachleuten und MultiplikatorInnen erfolgte vor<br />

allem durch die beiden Fachtage während der<br />

Projektlaufzeit, zusätzlich durch zahlreiche Präsentationen<br />

des PräRIE-Konzeptes lokal (Mitgliederversammlung<br />

der Arbeitsgemeinschaft Freiburger<br />

Bürgervereine, Sitzungen zwei verschiedener Ortschaftsräte<br />

sowie einer Versammlung Freiburger<br />

Ortsvorsteher) und (über-)regional (Jahrestagung<br />

der baden-württembergischen Landesstelle Sucht<br />

und zwei Statuskolloquien im Rahmen „Neuakzentuierung<br />

der <strong>Prävention</strong>“ in Stuttgart; Deutscher<br />

Jugendhilfetag 2009 in Nürnberg; Jahrestagung<br />

der niedersächsischen Landesstelle Jugendschutz<br />

2010 in Hannover.<br />

Die zielgruppenspezifische Öffentlichkeitsarbeitwurde<br />

in Zusammenarbeit mit Studierenden der<br />

Freien Hochschule für Grafik Design Freiburg entwickelt.<br />

Dabei entstand neben der Website bermuda-stories.de<br />

als sogenanntes „Alternate Reality<br />

Game“ ein internetbasiertes Suchspiel für die Freiburger<br />

Innenstadt mit dem Titel „Blackout“, das im<br />

Juli 2010 als Mini-Event im Bermuda-Dreieck Premiere<br />

hatte. Im November 2010 wurde dann die Internetpräsenz<br />

beworben mit sogenannten „Handtuchplakaten“<br />

in allen Fahrzeugen des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs sowie mit Postkarten, die in<br />

Kneipen ausgelegt wurden. Die großangelegte Befragung<br />

des. „StreetTalk“ (259 Interviews) war – wie<br />

jeder Termin der „Suchtberatung am Stehtisch“ –<br />

ebenfalls eine Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Insgesamt wurden durch direkte Ansprache in der<br />

Innenstadt (an Stehtischen und durch PeerberaterInnen)<br />

2009/10 mehr als 1.500 Menschen erreicht.<br />

Projektverlauf und Fazit<br />

Das PräRIE-Programm erreichte insgesamt eine<br />

große öffentliche Resonanz, die sich allerdings nur<br />

bermuda-stories.de<br />

Freiburger Nächte<br />

sind lang.<br />

Ein Handtuch-Plakat<br />

warb in allen Bussen<br />

und Straßenbahnen<br />

in Freiburg für die<br />

Zielgruppen-Website<br />

„bermuda-stories.de“.<br />

Die Website wurde von<br />

Studierenden entworfen<br />

und mit Inhalten<br />

gefüllt.<br />

35


Freiburger Nächte<br />

„Freiburger Nächte<br />

sind lang“ – mit diesem<br />

Slogan und einer<br />

Stadtsilhouette im Morgenrot<br />

warben Postkarten<br />

in Kneipen bei der<br />

jungen Zielgruppe für<br />

das PräRIE-Projekt und<br />

die Website.<br />

sind lang.<br />

Karten-08-quer-final.indd 1 02.11.2010 16:06:18<br />

teilweise in der Medien-Berichterstattung spiegelte.<br />

Die große Pressekonferenz zum Projektstart im Mai<br />

2009 und ein Pressegespräch mit einer vorläufigen<br />

Bilanz und den Ergebnissen des zweiten StreetTalk<br />

im November 2010 wurden, wie auch die meisten<br />

Pressemitteilungen, von verschiedenen Medien als<br />

Bericht anlass aufgegriffen. Zusätzlich gab es mehrere<br />

<strong>Information</strong>sveranstaltungen mit Möglichkeit<br />

zum Experten-Austausch für VertreterInnen der Gemeinderats-Fraktionen.<br />

Die im Rahmen der Innenstadt-Präsenz zusätzlich<br />

vorgesehenen „Mini-Events“ konnten während der<br />

Projektlaufzeit nur ansatzweise realisiert werden<br />

– wegen der Fülle von Teilprojekten, die in der Umsetzung<br />

fast durchgängig aufwändiger waren als<br />

gedacht. Hier soll gemeinsames Handeln und das<br />

Ausprobieren von Neuem im Mittelpunkt stehen,<br />

wie bereits 2008 mit dem Mini-Event „StreetBeats<br />

– Einfach mal draufhauen!“ demonstriert wurde:<br />

„StreetBeats“ bot angeleitete „Recycling-Percussion<br />

zum Selbermachen“ (Trommeln auf Mülltonnen)<br />

und Samba mit der Trommelgruppe „Brasilikum“<br />

als Anheizer. der Öffentlichkeits- und Medienwirksamkeit<br />

stand dahinter das Ziel, Heranwachsenden<br />

und jungen Erwachsenen zu vermitteln, dass man<br />

in Freiburg auch ohne Alkohol viel Spaß haben kann<br />

– verbunden mit der Erfahrung, dass zu viel Alkohol<br />

zwar die Hemmungen senkt, aber das Mitmachen<br />

(Treffen des Taktes!) unmöglich macht.<br />

Die Badische Zeitung als einzige lokale Tageszeitung<br />

(in einer Stadt mit 4.000 Vereinen und unzähligen<br />

Sozial-Projekten!) konnte allerdings nicht jeden<br />

von PräRIE angebotenen Termin wahrnehmen; über<br />

das „Mini-Event“ Ende Juli 2010 etwa wurde wegen<br />

der Terminfülle am Schuljahresende in der BZ<br />

nicht berichtet; es gab aber einen größeren Text im<br />

Anzeigenblatt „Stadtkurier“ und ein Interview im<br />

Uni-Radio zu diesem Event. Die Badische Zeitung<br />

brachte im März 2011 in Eigeninitiative einen Beitrag<br />

zur Bilanz der Stadtteil-Arbeit. Insgesamt zeigt der<br />

Pressespiegel eine bunte Mischung der verschiedenen<br />

journalistischen Formate und Stilformen, von<br />

Interviews und Porträts über Reportagen bis hin zur<br />

gelungenen Umsetzung unseres Rezeptes als Video-Sequenz<br />

des Online-Magazins „fudder.de“ mit<br />

einem bekannten Barkeeper anlässlich der Vorstellung<br />

des Freiburg-Cocktails.<br />

Es hat sich gezeigt, dass eine kontinuierliche Medienarbeit<br />

für ein Projekt mit Kampagnen-Charakter<br />

wie PräRIE sehr wichtig ist, um einen ausreichenden<br />

Bekanntheitsgrad zu erreichen. Hier sollte mit einer<br />

systematischen PR-Jahresplanung gearbeitet werden,<br />

im Idealfall auf der Basis einer „Medien-Partnerschaft“,<br />

die eine verlässliche Berichterstattung<br />

wenigstens in einem Medium garantiert.<br />

36


5. Alkoholpolitik<br />

Von Beginn an gehörte das von Christian Jordi (Schweiz) beim Fachtag 2008 in Freiburg<br />

vorgestellte „Radix-Konzept“ einer „Kommunalen Alkoholpolitik“ zu den zentralen<br />

Bausteinen des PräRIE-Programms. So wurde unmittelbar nach der Bewilligung der<br />

Projektmittel im Rahmen der „Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg“ im Frühjahr<br />

2009 mit der Übertragung des Schweizer Konzeptes auf die Freiburger Situation<br />

begonnen. Dabei wurde in zwei verschiedenen Settings gearbeitet: Einerseits wurden<br />

unter der Überschrift „Kommunale Alkoholpolitik vor Ort“ in zwei Modell-Stadtteilen<br />

Runde Tische etabliert und konkrete, auf die Situation vor Ort zugeschnittene <strong>Prävention</strong>s-Projekte<br />

ins Leben gerufen. Andererseits wurden gemeinsam mit dem Amt für<br />

öffentliche Ordnung und der polizeilichen Kriminalprävention unter dem Titel „Festkultur“<br />

Richtlinien für Festveranstalter erarbeitet und anschließend mit verschiedenen<br />

Vereinen diskutiert – so konnte ein wichtiger Bereich, der tendenziell mit problematischem<br />

Alkoholkonsum belastet ist, für die Freiburger Alkoholpolitik bearbeitet werden.<br />

Ehrenamtliche<br />

im Austausch:<br />

Günter Reustlen, Nachtwanderer<br />

aus Öhringen<br />

im Austausch mit dem<br />

Hochdorfer Ortsvorsteher<br />

Christoph Lang-Jakob über<br />

die Möglichkeiten Ehrenamtlicher,<br />

Jugendliche<br />

nachts anzusprechen.<br />

5.1. Stadtteilarbeit und Runde Tische<br />

von Klaus Limberger und Karin-Anne Böttcher<br />

38<br />

Radix – ein Schweizer Konzept zur<br />

lokalen Alkoholpolitik<br />

Die sichtbaren alkoholbedingten Probleme haben<br />

in den letzten Jahren durch den zunehmenden<br />

Konsum bei Jugendlichen und Erwachsenen deutlich<br />

zugenommen. Stark und direkt davon betroffen<br />

sind die Kommunen: sei es durch Lärmbelästigungen,<br />

Abfallberge oder Vandalismus, aber auch durch<br />

eine verstärkte Belastung der Gremien und der<br />

Verwaltung, die sich mit den daraus entstehenden<br />

Folgen dieser Probleme auseinandersetzen müssen.<br />

Deshalb ist gerade in den Kommunen das Bedürfnis<br />

nach einer Veränderung der Situation besonders<br />

hoch.<br />

Gleichzeitig haben Schweizer Erfahrungen mit Lokaler<br />

Alkoholpolitik gezeigt, dass Gemeinden in<br />

der Suchtprävention effektiv und effizient handeln<br />

können: Viele Rahmenbedingungen, die den Alkoholmissbrauch<br />

(vor allem bei Jugendlichen) beeinflussen,<br />

können von und in einer Gemeinde direkt


gesteuert werden, etwa bei der Überlassung der<br />

Hallen für öffentliche Veranstaltungen oder Gestattungen<br />

für Bewirtungen. Besondere Regelungen<br />

für Plätze und Treffpunkte im öffentlichen Raum,<br />

<strong>Prävention</strong> in Vereinen und auch Schulen sind nur<br />

einige Beispiele. Allerdings sind die verschiedenen<br />

Möglichkeiten der Einflussnahme den Verantwortlichen<br />

in den Gemeinden oft kaum bekannt oder es<br />

bestehen Zweifel, dass die Umsetzung Sinn machen<br />

kann - oder aber diese Aufgabe wird zunächst den<br />

(Sozial-)Pädagogen überlassen, ohne die politischstrukturellen<br />

Möglichkeiten zu nutzen.<br />

Die Schweizer Erfahrungen empfehlen, lokale Alkoholpolitik<br />

mit einem Beschluss der Gemeindeorgane<br />

zu starten, die Massnahmen mit einer breiten<br />

Beteiligung von unterschiedlichen Gemeindegruppen<br />

zu entwickeln und wiederum von den Gemeindeorganen<br />

zur Umsetzung zu beschließen. So kann<br />

eine grosse Akzeptanz für die Massnahmen erreicht<br />

werden.<br />

Wirksame Alkoholprävention:<br />

Kommunale Alkoholpolitik<br />

Erfolgversprechend für eine hohe Wirksamkeit ist<br />

eine Verbindung von Verhaltens- und Verhältnisprävention<br />

auf lokaler Ebene:<br />

• Die Verhaltensprävention ist hauptsächlich pädagogisch<br />

orientiert. Sie richtet sich an den einzelnen<br />

Menschen und beabsichtigt, durch <strong>Information</strong>en,<br />

Trainings und durch das Aufzeigen<br />

von Alternativen Einstellungen, Kompetenzen<br />

und Verhaltensweisen im Sinne eines verstärkten<br />

Gesundheitsbewusstseins zu beeinflussen.<br />

Maßnahmen zur Verhaltensprävention findet z.<br />

B. in Schulen, Jugendarbeit, Vereinen und in der<br />

Erwachsenenbildung statt.<br />

• Die Verhältnisprävention ist vorwiegend politisch<br />

orientiert. Sie setzt an bei der Beeinflussung<br />

sozialer, kultureller, rechtlicher und ökonomischer<br />

Rahmenbedingungen durch politisches<br />

Handeln. Kommunalverwaltung und Gemeinderat<br />

haben durchaus Möglichkeiten, diese<br />

Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die<br />

strukturellen Bedingungen innerhalb der Gemeinde<br />

einem Alkoholmissbrauch vorbeugen.<br />

Dazu gehören beispielsweise Vorgaben bei der<br />

Gestattung von Veranstaltungen, die Durchsetzung<br />

des Jugendschutzes oder auch eine Lokale<br />

(Kommunale) Alkoholpolitik.<br />

Wirksam ist Alkoholprävention dann, wenn sie langfristig<br />

angelegt ist, koordiniert betrieben wird und<br />

zu verbindlichem Handeln bei allen Beteiligten führt.<br />

Erst bei einer im Gemeindealltag verankerten Alkoholprävention<br />

kann von einer Lokalen Alkoholpolitik<br />

der Gemeinde gesprochen werden.<br />

Angelehnt an den Policy-Zirkel von Brewer und<br />

De Leon ( Policy-Cycle, 1983) hat sich die Planung<br />

und Umsetzung einer lokalen Alkoholpolitik in folgenden<br />

sechs Schritten in über 140 Gemeinden in<br />

der Schweiz bewährt:<br />

1. Agendasetting<br />

2. Bildung eines runden Tisches<br />

3. Situationsbeschreibung<br />

4. Beschluss Massnahmenplan<br />

5. Umsetzung Massnahmenplan<br />

6. Verankerung und Nachhaltigkeit<br />

Aus: „Leitfaden für eine Alkoholpolitik Ihrer Gemeinde“, bwlv<br />

2008 und RADIX 2007<br />

„Alkoholpolitik vor Ort“ – in Freiburger<br />

Stadtteilen<br />

Das „Radix“-Programm richtet sich v.a. an kleinere<br />

Städte und Gemeinden bis 20.000 Einwohner. Diesen<br />

Ansatz auf eine große Stadt wie Freiburg (Oberzentrum<br />

mit 200.000 Einwohner) zu übertragen,<br />

bedeutet unserer Ansicht nach, auf der Ebene der<br />

Stadtteile anzusetzen.<br />

Startphase<br />

Im Herbst 2009 wurden per Ausschreibung zwei<br />

„Modell-Stadtteile“ gesucht. „Kick-Off-Veranstaltung“<br />

war die Präsentation des PräRIE-Programmes<br />

und der Möglichkeiten einer „Kommunalen Alkoholpolitik“<br />

in einer Versammlung der „Arbeitsgemeinschaft<br />

Freiburger Bürgervereine“ im Oktober 2009.<br />

Die in der Presse und per persönlichem Anschreiben<br />

an Ortsvorsteher und Bürgervereins-Vorsitzende<br />

Anfang November veröffentlichte Ausschreibung<br />

richtete sich an alle Freiburger Teilorte (früher<br />

selbstständige Gemeinden, die ihren „dörflichen“<br />

Charakter beibehalten haben und mit eigenen Ortsverwaltungen<br />

und Ortschaftsräten eine gewisse<br />

Autonomie bewahrt haben) sowie an alle Freiburger<br />

Bürgervereine als Interessenvertretungen der Stadtteile<br />

(innerhalb des geschlossenen Stadtgebietes).<br />

Beworben haben sich schließlich die Teilorte Kappel<br />

und Hochdorf sowie die Stadtteile St. Georgen, Herdern<br />

und Weingarten. In St. Georgen lief bereits seit<br />

einem guten Jahr das Projekt „St. Georgen schaut<br />

hin“ – im Gegenzug zu einem breiten Erfahrungs-<br />

39


austausch wurde dieses Projekt aus PräRIE-Mitteln<br />

im Jahr 2009 mit laufenden Vorhaben als zusätzlicher<br />

„3. Modell-Stadtteil“ unterstützt. Die Entscheidung<br />

für Hochdorf fiel innerhalb des Projektteams<br />

v.a. aufgrund der bereits seit längerem bestehenden<br />

Kontakte und Vorerfahrungen (auch des bwlv),<br />

während für den 2. Modell-Stadtteil die Vermutung<br />

eines „erhöhten Bedarfs“ in Weingarten mit seiner<br />

problematischen Sozialstruktur sprach – außerdem<br />

wollten wir mit dem Hochhaus-Stadtteil einen echten<br />

Kontrast zum ländlichen Hochdorf haben.<br />

In Stadtteil Hochdorf war der Ortsvorsteher der „Motor“<br />

des Projektes. Zunächst holte er den Ortschaftsrat,<br />

dann die „Gemeinschaft Örtlicher Vereine“ über<br />

Präsentationen des PräRIE-Konzeptes durch das<br />

Projektteam ins Boot. Darauf konstituierte sich ein<br />

Runder Tisch, der sich zwischen Mai 2010 und Februar<br />

2011 fünf Mal traf, um über die lokale Problematik<br />

zu sprechen und Maßnahmen und Projekte zu<br />

planen.<br />

Im Stadtteil Weingarten ging die Initiative vom Bürgervereinsvorsitzenden<br />

im Verbund mit dem Leiter<br />

des Kinder- und Jugendzentrums aus. Der „Runde<br />

Tisch Alkoholpolitik vor Ort“ konstituierte sich überwiegend<br />

aus TeilnehmerInnen des bereits bestehenden<br />

„Runden Tisches Kinder- und Jugendarbeit“.<br />

Hier gab es zwischen Mai 2010 und Februar 2011<br />

ebenfalls fünf Sitzungen.<br />

Projektverlauf und persönliches Fazit<br />

Ursprünglich war geplant, dass während der Projektlaufzeit<br />

insgesamt vier Modell-Stadtteile zum Zuge<br />

kommen sollten –wir gingen davon aus, mit ersten<br />

Sitzungen der Runden Tische in den ersten beiden<br />

Modell-Stadtteilen noch vor Weihnachten 2009<br />

starten zu können, so dass im 2. Halbjahr 2010 zwei<br />

weitere Stadtteile zum Zuge kommen könnten. Diese<br />

Vorstellungen waren jedoch unrealistisch, da sich<br />

das Verfahren an den Sitzungs-Turnus der jeweils<br />

zugrunde liegenden Gremien (AFB, Ortschaftsrat,<br />

bestehende Runde Tische etc.) angleichen musste.<br />

Damit verzögerte sich der Projektstart um mehrere<br />

Monate (Mai 2010).<br />

Verschiebung der Akzente – lokale Unterschiede:<br />

Es zeigte sich im Projektverlauf, dass das im Radix-<br />

Konzept übliche Verfahren der „Bestandsaufnahme<br />

mit Agenda-Setting und anschließendem Maßnahmenplan“<br />

so nicht direkt übertragbar war, da die<br />

Zusammensetzung der Runden Tische nicht bei<br />

jedem Treffen identisch war und es entsprechende<br />

Verschiebungen der Schwerpunkte je nach aktueller<br />

Interessenlage der TeilnehmerInnen gab.<br />

In Hochdorf etwa wurde zunächst basierend auf<br />

unangenehmen Erfahrungen mit trinkenden Jugendlichen<br />

auf dem Stadtteil-Fest „Waldhock“ ein<br />

Schulungs-Angebot für Ehrenamtliche (Deeskalations-<br />

und Kommunikationstraining) gefordert<br />

und parallel dazu ein „<strong>Prävention</strong>s-Event“ (z.B. eine<br />

alkoholfreie Fasnachts-Disko) geplant – allerdings<br />

aufgrund der Neubesetzung der Leitungsstelle im<br />

Jugendhaus zunächst ohne Beteiligung der Jugendarbeit,<br />

was schließlich zur Absage des Events wegen<br />

einer Terminüberschneidung führte.<br />

Erfolgreich wurde jedoch der zweite Handlungsstrang<br />

in Hochdorf umgesetzt und ein Schulungsangebot<br />

für Ehrenamtliche konzipiert, nachdem verschiedene<br />

Modelle ehrenamtlichen Engagements<br />

für riskant trinkende Jugendliche in öffentlichen Veranstaltungen<br />

präsentiert und diskutiert worden waren.<br />

Vorgestellt wurden die Modelle „Festbegleiter“<br />

und „Nachtwanderer“ von ehrenamtlich Aktiven,<br />

außerdem referierte eine Diplomandin der Psychologie<br />

über Gesprächseinstiege und Zugangsmöglichkeiten<br />

unter dem Stichwort „Mit Jugendlichen<br />

über Alkohol reden“. Nach diesen Präsentationen<br />

entschied sich eine Gruppe von Hochdorfer Bürgerinnen<br />

und Bürgern für das Modell der „Nachtwanderer“;<br />

PräRIE steuerte als Schulungsangebot eine<br />

Einführung in die „Motivierende Gesprächsführung“<br />

bei. Im Mai 2011, zwei Monate nach Ende der Projektlaufzeit,<br />

konstituierte sich die Gruppe der „Hochdorfer<br />

Nachtwanderer“.<br />

In Weingarten wurde einerseits der Blick auf den „Alkoholkonsum<br />

in den Familien“, andererseits auf die<br />

Treffpunkte der Jugendlichen gelegt mit der Frage<br />

„Gibt es genügend Freizeitangebote am Wochenende<br />

im Stadtteil oder trinken viele Jugendliche aus<br />

Langeweile?“. Neuralgische Punkte wie der unmittelbar<br />

an den Fußballplatz angrenzende Grillplatz<br />

gerieten z.B. wieder aus dem Blickfeld, nachdem der<br />

Vorsitzende des Sportvereins aus gesundheitlichen<br />

Gründen an mehreren Sitzungen nicht teilnehmen<br />

konnte, ähnliches gilt für das „innerfamiliäre Handlungsfeld“.<br />

Stattdessen wurde die professionelle<br />

Jugendarbeit im Stadtteil im Rahmen des Projektes<br />

aktiv und konzipierte gemeinsam mit der Projekt-<br />

Koordinatorin das Teilprojekt „Party Battle“ (s. Kapitel<br />

3.4.) sowie eine Umfrage zum Freizeitverhalten<br />

von Jugendlichen im Stadtteil (s. Kapitel 3.3.). Das<br />

geplante „<strong>Prävention</strong>s-Event“ als zweites relativ personal-intensives<br />

Projekt in Weingarten konnte dann<br />

allerdings wegen eines zu kleinen Kreises von AkteurInnen<br />

aufgrund einer Grippe-Welle im Februar<br />

2011 nicht realisiert werden.<br />

40


5.2. „Festbegleiter“ St. Georgen und<br />

„Nachtwanderer“ Hochdorf<br />

von Karin-Anne Böttcher<br />

Kurzbeschreibung<br />

„St. Georgen schaut hin!“<br />

Im Freiburger Stadtteil St. Georgen gründete im<br />

Frühjahr 2008 eine Gruppe engagierter Bürgerinnen<br />

und Bürger die Initiative „St. Georgen schaut<br />

hin!“. Dem ging eine Diskussionsrunde der AG Jugend<br />

des Bürgervereins und des örtlichen Jugendzentrums<br />

voraus, worauf der Zunftvogt der Reblauszunft<br />

die Idee zur Initiative formulierte. Nach einer<br />

Podiumsdiskussion zum Umgang Jugendlicher mit<br />

Alkohol und Gewalt im April 2008 fand sich rasch<br />

ein Initiativkreis aus Vereinsvertretern und engagierten<br />

BürgerInnen zusammen, die in losen Treffen die<br />

ersten Ideen entwickelten, um das Konzept umzusetzen.<br />

Ehrenamtliche<br />

„Festbgleiter“<br />

sind im Stadtteil<br />

Freiburg-St. Georgen<br />

seit 2009 erfolgreich<br />

bei den alljährlichen<br />

Weinfesten im Einsatz.<br />

Im April 2009 ging aus dieser Initiative eine Gruppe<br />

von „FestbegleiterInnen“ hervor, die mit Unterstützung<br />

eines <strong>Prävention</strong>sbeamten (Kriminalhauptkommissar<br />

Beck) bei der Polizeidirektion Freiburg<br />

– Kriminalprävention – in einem Workshop vor Ort<br />

ausgebildet wurde, um ein „möglichst störungsfreies<br />

Weinfest“ zu ermöglichen. Dieses mehrtägige<br />

„Weinfest“ findet jedes Jahr Anfang Mai als erstes<br />

großes Stadtteilfest Freiburgs statt und zieht auch<br />

junge Menschen aus einer weiteren Umgebung<br />

an. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetzt und<br />

Handgreiflichkeiten gehörten zur Tagesordnung.<br />

Die wichtigsten Ziele der Initiative „St.<br />

Georgen schaut hin“:<br />

• „Wir wollen Jugendlichen sinnvolle Alternativen<br />

zu übermäßigem Alkoholkonsum bieten.“<br />

• „Wir akzeptieren einen maßvollen Genuss von<br />

Alkohol und den verantwortungsvollen Umgang<br />

damit.“<br />

• „Wir setzen uns ein für die Stärkung von bürgerschaftlichem<br />

Engagement und Zivilcourage.<br />

www.stgeorgenschauthin.de<br />

Inhalte der „Festbegleiter“-Schulung in Freiburg-St.<br />

Georgen:<br />

• Zivilcourage und rechtliche Hintergründe<br />

• Selbstreflexion und Kommunikationshilfen<br />

verbunden mit praktischen Übungen und Rollenspielen.<br />

In Hochdorf signalisierten Bürgerinnen und Bürger<br />

beim Runden Tisch im Rahmen der PräRIE-Stadtteilarbeit<br />

aufgrund unangenehmer Erfahrungen beim<br />

Stadtteilfest „Waldhock“ den Wunsch nach einer<br />

ähnlichen Schulung, gerne mit einem Schwerpunkt<br />

„Deeskalation“. Darauf lud das PräRIE-Projektteam<br />

zunächst den <strong>Prävention</strong>sbeamten der Polizeidirektion<br />

Freiburg als Vertreter der St. Georgener Initiative<br />

nach Hochdorf ein. Es folgte ein Vertreter der<br />

„Nachtwanderer“-Initiative aus Öhringen, der mit<br />

seinem Referat die Anwesenden überzeugte, dass<br />

dieses Konzept der „akzeptierenden Ansprache von<br />

Jugendlichen an ihren Treffpunkten“ für Hochdorf<br />

passt. Darauf konzipierte ein PräRIE-Mitarbeiter eine<br />

entsprechende Schulung mit Schwerpunkt „Motivierende<br />

Gesprächsführung“.<br />

Startphase<br />

In St. Georgen war die Initiative von einer breiten<br />

Unterstützung aus Vereinskreisen getragen, allen<br />

voran die örtliche Narrenzunft „Rebläuse“ und der<br />

Bürgerverein. Sieben Männer und zwei Frauen wa-<br />

41


en die „MacherInnen“ der ersten Stunde. Die Initiative<br />

begann sofort mit einem Logo-Entwurf, der<br />

Konezption einer Homepage und dem Fundraising<br />

– so konnte ein Grafikbüro für die Umsetzung der<br />

Drucksachen gewonnen werden. Beim Weinfest<br />

2008 gab es von einigen Vereinen bereits erste erweiterte<br />

Angebote an nichtalkoholischen oder alkoholreduzierten<br />

Getränken; im Herbst 2008 veranstaltete<br />

die Initiative mit Kriminalhauptkommissar Beck<br />

einen offenen Workshop zum Thema Zivilcourage<br />

(„Nicht wegschauen – einmischen!“) und ging mit<br />

einem Benefizkonzert und einem Stand am Adventsmarkt<br />

an die Öffentlichkeit. Damit waren die Voraussetzungen<br />

für eine breite öffentliche Resonanz auf<br />

das Angebot der „Festbegleiter“-Schulung gelegt.<br />

In Hochdorf fiel die Entscheidung für das „Nachtwanderer“-Konzept<br />

nach reiflicher Überlegung und<br />

Diskussion verschiedener Ansätze. Der Orstvorsteher<br />

unterstützte den Aufbau durch einen Aufruf im<br />

örtlichen Mitteilungsblatt, zur ersten Schulung kamen<br />

ca. 12 Personen – etwa zur Hälfte zusammengesetzt<br />

aus TeilnehmerInnen des Runden Tisches,<br />

die andere Hälfte waren weitere Interessierte/bürgerschaftlich<br />

Engagierte. Da die vorangegangene<br />

Vortragsreihe erst im Januar beendet war, konnte<br />

die Schulung nicht mehr während der Laufzeit des<br />

PräRIE-Modellprojektes stattfinden.<br />

Voraussetzung für das Gelingen einer<br />

Nachtwanderer-Initiative ist:<br />

1. TeilnehmerInnen haben gemeinsame Ziele bzw.<br />

kennen und unterstützen das Nachtwanderer-<br />

Konzept (umfassende <strong>Information</strong> muss der<br />

Konstituierung vorausgehen!)<br />

2. Die TeilnehmerInnen bringen Lebenserfahrung<br />

bzw. eine gefestigte Persönlichkeit mit und haben<br />

Lust auf den offenen, „akzeptierenden“ Austausch<br />

mit Jugendlichen<br />

3. Die TeilnehmerInnen sind gut zu Fuß und gerne<br />

NACHTS unterwegs – und sie arbeiten gerne ehrenamtlich<br />

bzw. können sich die unentgeltliche<br />

Teilnahme „leisten“<br />

4. Die TN sind als Ehrenamtliche gemeldet und versichert<br />

über die Württ. Gemeinde-Versicherung<br />

– Klärung von Träger- und Rechtsfragen im Vorfeld<br />

5. Die TN bekommen verschiedene Schulungen,<br />

die aber nicht kompakt, sondern sukzessive parallel<br />

zum Aufbau der Gruppe angeboten werden<br />

sollen:<br />

• Auseinandersetzung mit den Zielen und Ansätzen<br />

der „Nachtwanderer“; Rollenklärung<br />

• Kommunikation/Motivierende Gesprächsführung<br />

• Zivilcourage und Deeskalation<br />

• 1.-Hilfe.Kurs<br />

• Kenntnisse über Jugendschutzgesetz, evtl. über<br />

Gefahren des Suchtmittel-Mißbrauchs (versch.<br />

Suchtmittel!)<br />

• Kenntnisse über Hilfesystem (auch: U25!)<br />

• Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit ist wichtig,<br />

möglichst auch über die Ferien Einsätze gewährleisten!<br />

• Einheitliches Erscheinungsbild, deutliche Wiedererkennbarkeit<br />

wichtig<br />

Projektverlauf und Fazit<br />

In beiden Ortsteilen steht und fällt das jeweilige<br />

Projekt mit den beteiligten Personen. Das zeigte<br />

sich im zweiten Jahr (2010), als sich in St. Georgen<br />

nur vier Personen als „FestbegleiterInnen“ zur Verfügung<br />

stellten, da einige der „HauptaktivistInnen“<br />

des Arbeitskreises aus gesundheitlichen oder persönlichen<br />

Gründen ihre Aktivitäten zurückfahren<br />

mussten. In der Öffentlichkeit und den Medien wurde<br />

das Projekt stets sehr positiv wahrgenommen;<br />

die Initiative erhielt 2009 den „Fritz Munder Preis“ für<br />

Bürgerschaftliches Engagement.<br />

Die TeilnehmerInnen am „Nachtwanderer“-Projekt<br />

in Hochdorf wollen bis zu den Sommerferien 2011<br />

einsatzbereit sein, dazu wurden verschiedene Schulungs-Bausteine<br />

(auch ein Erste-Hilfe-Kurs) angeboten,<br />

in mehreren Gruppentreffen wurden die Rahmenbedingungen<br />

diskutiert und gemeinsam entschieden.<br />

Auf der Basis des Referates des erfahrenen<br />

Nachtwanderers aus Öhringen wurden folgende<br />

Faktoren gesammelt:<br />

42


www.nachtwanderer.net<br />

Die Grundsätze der deutschlandweiten<br />

Initiative „Nachtwander“ sind verbindliche<br />

Grundlage:<br />

Nachtwanderer sind<br />

• Ansprechpartner für Jugendliche;<br />

• geschulte, ehrenamtliche Erwachsene ab 20<br />

Jahre;<br />

• in kleinen Gruppen freitags und samstags zwischen<br />

ca. 22:00 Uhr und 03:00 Uhr unterwegs;<br />

• an öffentlichen Plätzen, Discos, Veranstaltungsorten<br />

und in Bussen präsent.<br />

Nachtwanderer möchten<br />

• eine angenehme Atmosphäre schaffen;<br />

• Vertrauen aufbauen;<br />

• Hilfe und Unterstützung in verschiedenen Situationen<br />

anbieten;<br />

• für respektvolles Miteinander eintreten;<br />

• Aggressionen und Vandalismus begrenzen;<br />

• das soziale Klima verbessern.<br />

Nachtwandern ist<br />

• freiwillig und ehrenamtlich und wenn man<br />

selbst Zeit hat;<br />

• auf viele Schultern verteilt;<br />

• auch der monatliche Erfahrungsaustausch.<br />

43


5.3. Festkultur und Wirtekodex<br />

von Klaus Limberger und Karin-Anne Böttcher<br />

Probeweise Werbung<br />

für den „Freiburg-Cocktail“:<br />

Ein Auszubildender aus<br />

dem Gaststätten-Gewerbe<br />

beim „Tag der Beruflichen<br />

Bildung“ im Freiburger<br />

Konzerthaus im<br />

Feburar 2010..<br />

Abläufe und Inhalte von Festen haben sich verändert.<br />

Unsere gesamte Kultur des Feierns wurde in<br />

den letzten Jahrzehnten immer stärker von konsumorientierten<br />

Inhalten und weniger von den<br />

ursprünglichen Traditionen geprägt. Damit einher<br />

geht eine immer weiter fortschreitende Verlagerung<br />

des Zeitrahmens für Feste. In die „interessante“ Phase<br />

kommen Feste meist erst gegen Mitternacht; das<br />

Ende verschiebt sich dementsprechend immer weiter<br />

in den Morgen hinein. Begleitet wird diese Verschiebung<br />

von einer größer werdenden Anzahl an<br />

unliebsamen Vorkommnissen vor allem nach 03:00<br />

Uhr. Die Polizei wird zunehmend wegen Streitigkeiten<br />

gerufen. Die Ordnungskräfte haben zeitweilig<br />

alle Hände voll zu tun,<br />

Betrunkene aus der Veranstaltung zu bringen. Die<br />

Sanitätsdienste müssen sich vermehrt mit Verletzten<br />

beschäftigen. Einlieferungen von volltrunkenen<br />

Jugendlichen in die Krankenhäuser werden häufiger.<br />

Festbesucher sind in alkohol- oder drogenbedingte<br />

Unfälle verwickelt oder fallen bei Alkoholkontrollen<br />

auf – nicht selten werden Verstöße gegen das Jugendschutz-<br />

und Gaststättengesetz werden hingenommen<br />

– die Kenntnis dieser Regeln ist zum Teil<br />

kaum vorhanden.<br />

Diese negative Entwicklung war Anlass für ein neues<br />

Projekt, welches das Bewusstsein für eine neue Festkultur<br />

wecken soll. Dazu wird ein „Eckpunktepapier“<br />

erstellt, das den Ablauf von Festen strukturieren und<br />

möglichst einheitlich in einer Gemeinde oder einer<br />

Stadt umgesetzt werden soll. Die Idee stammt aus<br />

dem Landkreis Sigmaringen, wo seit 2007 in allen<br />

Gemeinden die gleichen Regelungen bei der Vergabe<br />

von Hallen gelten. Das Sigmaringer Konzept<br />

„Festkultur“ wurde auch in Freiburg mit der Polizei<br />

und dem Amt für öffentliche Ordnung diskutiert<br />

und Rahmenbedingungen für die Festgestaltung<br />

erarbeitet.<br />

Dabei wurden für Freiburg modifizierte Eckpunkte<br />

festgelegt, die verbindlich für alle gelten sollen<br />

und ergänzend darüber hinaus Eckpunkte für das<br />

sogenannte „PräRIE-Festkultur-Siegel“, eine Selbstverpflichtung<br />

zur Einhaltung weitergehender Rahmenbedingungen<br />

wie zum Beispiel der Verzicht auf<br />

spirituosenhaltige Getränke. Diese beiden Eckpunktepapiere<br />

wurden 2010 in verschiedenen Freiburger<br />

Stadtteil- und Ortschaftsgremien sowie im Dachverband<br />

„Breisgauer Narrenzunft“ vorgestellt und in<br />

mehrstündigen Sitzungen diskutiert. In einem wei-<br />

44


teren Schritt sollen die Eckpunkte dem Gemeinderat<br />

vorgestellt werden und ihre Umsetzung verbindlich<br />

beschlossen werden.<br />

Parallel zur Einführung der „Festkultur“ soll die Freiburger<br />

Gastronomie im Rahmen des PräRIE-Programmes<br />

mit dem sogenannten „Wirtekodex“ in<br />

die Kommunale Alkoholpolitik einbezogen werden.<br />

Vergleichbar mit dem geplanten „Festkultur-Siegel“<br />

stellt der Wirtekodex eine freiwillige Verpflichtung<br />

der teilnehmenden Betriebe dar, die in Form eines<br />

gestalteten „Labels“ (z.B. als Aufkleber an den Türen)<br />

einen Auszeichnungs-Charakter erhalten soll.<br />

Ziele des Wirtekodex:<br />

1. Erreichen eines verbesserten Umgangs mit Alkohol<br />

2. Rauschtrinken reduzieren; Konsum alkoholfreier<br />

Getränke unterstützen<br />

3. Jugendschutz durchsetzen<br />

4. Bevölkerung sensibilisieren<br />

Die 2009 gebildete Arbeitsgruppe „Wirtekodex“<br />

des PräRIE-Projektteams musste allerdings aus Kapazitätsgründen<br />

ihre Arbeit wieder einstellen, da<br />

für 2010 der Schwerpunkt beim Thema „Festkultur“<br />

lag und keine weiteren Ressourcen verfügbar waren<br />

– die städtische Koordinationsstelle „Kommunale Alkoholpolitik“<br />

hatte nur ein Budget von 13 Wochenstunden<br />

für die gesamte Projektkoordination inklusive<br />

der Arbeit in den Modellstadtteilen. Die Notwendigkeit<br />

eines umfassenden Diskussionsprozesses<br />

mit allen Beteiligten und die damit verbundene<br />

langfristige Gremienarbeit machen die Arbeit in diesem<br />

Bereich sehr aufwändig. Die Etablierung einer<br />

„Kommunalen Alkoholpolitik“ braucht also nicht nur<br />

einen langen Atem, sondern auch entsprechende<br />

zeitliche Ressourcen.<br />

Mögliche Eckpunkte<br />

(Diskussions-Grundlage):<br />

• Es werden mindestens 5 alkoholfreie Getränke<br />

angeboten, die billiger sind als das günstigste<br />

alkoholhaltige Getränk im Angebot.<br />

• Es gibt keine Lockangebote für preiswerten Alkohol<br />

• Die ausgezeichneten Lokale werben ausdrücklich<br />

für den Genuss von alkoholfreien Getränken<br />

und fördern durch spezielle Angebote (etwa den<br />

alkoholfreien „Freiburg-Cocktail“) den Konsum<br />

alkoholfreier Alternativen.<br />

• Es finden regelmäßig Schulungen für Türsteher<br />

und Thekenpersonal statt zu Themen wie Jugendschutzgesetz,<br />

Umgang mit Alkoholisierten/<br />

Deeskalation etc.<br />

45


6. Beteiligungsprojekte<br />

von Karin-Anne Böttcher<br />

Von Anfang an gehörte zum PräRIE-Konzept die Idee, Jugendliche und junge Erwachsene<br />

insbesondere im Bereich Öffentlichkeitsarbeit als „Experten in eigener Sache“<br />

einzubinden. Auch bei der Entwicklung „attraktiver alkoholfreier Alternativen“ sollten<br />

junge Menschen als „Geschmacks-Experten“ einbezogen werden. So wurden mehrere<br />

erfolgreiche „Beteiligungsprojekte“ im Rahmen von PräRIE konzipiert, initiiert und<br />

begleitet, die inhaltlich sehr bunte, spannende Ergebnisse brachten, insgesamt in der<br />

Begleitung aber auch sehr zeitaufwändig waren.<br />

Dreharbeiten<br />

für eine Disko-Szene im<br />

interaktiven Internet-Spiel<br />

„Blackout“: Hier wacht<br />

ein junger Mann mit<br />

schwerem Kopf und leerem<br />

Geldbeutel auf – und<br />

erinnert sich an nichts.<br />

6.1. Internet-Auftritt „Bermuda-Stories“<br />

und interaktives Spiel „Blackout“<br />

46<br />

Kurzbeschreibung<br />

Am Anfang eines Beteiligungsprojektes steht die Gewinnung<br />

von Kooperationspartnern zur Projekt-Realisierung:<br />

Da die PräRIE-Projektkoordinatorin durch<br />

eine vorausgegangene Tätigkeit in einem Projekt<br />

der Landesstiftung Baden-Württemberg zur Förderung<br />

von Jugendengagement bereits Erfahrung<br />

mit (Hoch-)Schul-Kooperationen hatte und über<br />

persönliche Verbindungen zur Freien Hochschule<br />

für Grafik Design und Bildende Kunst Freiburg (FHF)<br />

verfügte, konnte bereits 2009 das erste Beteiligungsprojekt<br />

angegangen werden mit dem Fachbereich<br />

„Screen/Webdesign“ der FHF als Partner.<br />

Der Auftrag an die Studierenden lautete: Konzeption<br />

eines interaktiven Internet-Auftrittes, der Partygäste<br />

im Freiburger Bermuda-Dreieck anspricht, über die<br />

Folgen riskanten Alkohol-Konsums aufklärt und zum<br />

Mitmachen über eigene Beiträge im Blog einlädt. Er-


wartet wurde also eine Kombination aus Fakten-Vermittlung,<br />

Beiträgen aus dem Freiburger Nachtleben<br />

und interessante grafische Lösungen, gerne auch<br />

über Videos und Animationen. Als Zielgruppe sollten<br />

speziell Freiburger Party-Gäste angesprochen<br />

und im Idealfall auch mit aktuellen <strong>Information</strong>en<br />

versorgt werden.<br />

Startphase<br />

Die Studierenden stiegen nach einer kurzen Präsentation<br />

des PräRIE-Programmes, seiner Bausteine und<br />

Ziele ohne große inhaltliche Vorgaben und Erklärungen<br />

in die Konzeption ein. In der Startphase des<br />

Projektes überlegten sie sich, welche negativen Folgen<br />

übermäßigen Alkoholkonsums ihnen bewusst<br />

sind. Sie kamen zu dem vermutlich für ihre Altersgruppe<br />

(Anfang 20) repräsentativen Ergebnis, dass<br />

der Gedächtnis-Verlust („Black-Out“) in Verbindung<br />

mit einem leeren Geldbeutel (hohe Kosten einer<br />

durchzechten Nacht!) für sie die offensichtlichste<br />

und gravierendste Folge riskanten Alkoholkonsums<br />

ist. Auf diese „Ausgangs-These“ bauten sie den grafisch<br />

sehr ansprechend gestalteten Internet-Auftritt<br />

auf.<br />

Als „Appetit-Häppchen“ kreierten die Studierenden<br />

für diese Website mehrere Videoclips; das Projekt<br />

wurde in Form eines Internet-TV-Angebotes mit<br />

Film-Archiv und Blog-Funktion angelegt (leider kam<br />

die Idee zur Adresse „bermuda-stories.tv“ erst auf, als<br />

bereits die Domain „bermuda-stories.de“ gebucht<br />

war). Ein Film verdeutlicht die Folgen von Alkoholkonsum<br />

in einer Animation im Comic-Stil, andere<br />

zeigen unterschiedliche Umgangsweisen mit Alkohol<br />

(in Form eines fingierten Interviews) sowie eine<br />

kurzgefasste „Kulturgeschichte des Alkohols“ in einer<br />

interessanten Animations-Technik auf der Basis von<br />

Gemälde-Ausschnitten – letztere wurde allerdings<br />

von NutzerInnen der Website eher als „alkohol-verherrlichend“<br />

empfunden. Insgesamt zeigte sich,<br />

dass das Projekt wesentlich enger hätte fachlich begleitet<br />

und mit den Methoden des Projektmanagements<br />

gesteuert werden müssen. Andererseits führte<br />

die Freiheit in der Umsetzung und die Offenheit<br />

des Projektteams für die studentischen Ansätze zu<br />

einem interessanten zweiten Beteiligungsprojekt.<br />

Parallel fand sich spontan eine Gruppe zusammen,<br />

die das an der FHF gelehrte neue Format „Alternate<br />

Reality Game“ im Rahmen des Projektes ausprobieren<br />

wollte. Dazu wurde unter dem Titel „Blackout“<br />

die Geschichte einer durchzechten Nacht mit einer<br />

Art „Schnitzeljagd“ mit verschiedenen Stationen in<br />

der Freiburger Innenstadt konzipiert und dafür weitere<br />

Filme mit Hinweisen für die Mitspieler gedreht.<br />

Dieses spontane Teilprojekt gestaltete sich sehr aufwändig,<br />

insgesamt wurde hier wesentlich mehr Zeit<br />

als in die eigentliche Website investiert. Der Einsatz<br />

der Studierenden über viele Tage und Nächte war<br />

bewundernswert, wenn auch das Ergebnis etwas<br />

„abseits“ der eigentlichen Zielformulierung lag.<br />

Ergebnis dieses Teilprojektes war die Premiere des<br />

Alternate Reality Games „Blackout“ am 24. Juli 2010.<br />

Die Fertigstellung der verschiedenen Filme und des<br />

gesamten Internet-Auftritts zog sich leider noch<br />

weit bis ins nächste Semester; im November 2010<br />

wurde das Angebot mit einem Pressegespräch und<br />

sogenannten „Handtuchplakaten“ in allen Fahrzeugen<br />

der Freiburger Verkehrs-AG sowie in großer Auflage<br />

hergestellten Postkarten beworben.<br />

Projektverlauf und Fazit<br />

Die Medien nahmen das Medien-Projekt allerdings<br />

nicht mit der von der Koordinatorin angenommenen<br />

Begeisterung auf, es gab keine Teilnahme von JournalistInnen<br />

an dem Probelauf von „Blackout“. Insbesondere<br />

beim Online-Magazin „fudder.de“ hatte die<br />

Koordinatorin anlässlich der Präsentation des „Alternate<br />

Reality Games“ mit mehr Resonanz gerechnet,<br />

da hier eine moderne „crossmediale“ Form zum ersten<br />

Mal in Freiburg Anwendung fand. Immerhin gab<br />

es aber einen größeren Beitrag in einem Anzeigenblatt<br />

und Interview beim Uni-Radio. Im Nachhinein<br />

stellte sich der Termin unmittelbar vor den Sommerund<br />

Semesterferien als ausgesprochen ungünstig<br />

heraus, was sicher die geringere mediale Aufmerksamkeit<br />

(etwa in Relation zu dem im Februar 2011<br />

präsentierten „Freiburg-Cocktail“) erklärt. Auch nach<br />

dem zweiten Pressetermin wurde das Medien-Projekt<br />

nur am Rande erwähnt.<br />

Die Internet-Seite „bermuda-stories.de“ selbst überzeugt<br />

von der optischen Gestaltung her und ergibt<br />

zusammen mit den eingesetzten Werbe-Medien einen<br />

stimmigen Gesamt-Eindruck mit leichtem „Retro-Effekt“<br />

(80er-Jahre-Stil).<br />

Schon vor der Fertigstellung der Seite (bzw. Einstellung<br />

der Arbeiten durch die studentische Projektgruppe)<br />

wurde deutlich, dass die Website eine<br />

(fachlich durch die Suchthilfe begleitete) Redaktionsgruppe<br />

von jungen Menschen braucht, um die<br />

eigentliche Zielsetzung zu erfüllen. Diese „Internet-<br />

Redaktion“ konnte während der Projektlaufzeit aus<br />

personellen und finanziellen Gründen nicht mehr<br />

ins Leben gerufen werden und wird als Desiderat in<br />

die nächste Laufzeit übertragen.<br />

Lessons learned:<br />

Künftige Beteiligungsprojekte sollten in jedem Fall<br />

im Vorfeld stärker inhaltlich abgesprochen und definiert<br />

werden und mit gemeinsam erarbeiteten Vorgaben<br />

(Projektziel und –struktur, Zeitplan, Arbeitspakete<br />

etc.) für alle besser handhabbar gemacht<br />

47


werden. So zog sich das Projekt in ein 2. Semester,<br />

begleitet von einem „Durchhänger“ aufgrund der<br />

langen Laufzeit. Schließlich wurde das Projekt nur<br />

dank der vereinten Anstrengungen der Dozenten<br />

mit einigen Studierenden zum Ende des Wintersemesters<br />

zum von der Projektkoordination geforderten<br />

formellen Abschluss gebracht.<br />

ein externer Träger für die Umsetzung und pädagogische<br />

Begleitung des Angebots gefunden werden.<br />

Das „Alternate Reality Game“ soll künftig Schulklassen<br />

und Jugendgruppen zur autonomen Anwendung<br />

angeboten werden; eine Probelauf mit den<br />

von der FHF erstellten umfangreichen Materialien<br />

war allerdings während der Projektlaufzeit nicht<br />

mehr zu schaffen. Auch hier muss voraussichtlich<br />

6.2. „PräRIE-Bar“ und<br />

„Freiburg-Cocktail“<br />

48<br />

Kurzbeschreibung<br />

Die Idee, alkoholfreie Cocktails im Rahmen des Prä-<br />

RIE-Programms einzusetzen, entstand bereits während<br />

der Konzeptionsphase 2008. Schon damals<br />

wurde in Erwägung gezogen, alkoholfreie Cocktails<br />

von verschiedenen Gruppen (aus Jugendarbeit und<br />

Schule) entwickeln und dann in Form eines Wettbewerbs<br />

gegeneinander antreten zu lassen. Zunächst<br />

wurde diskutiert, den Wettbewerb als „Verkostung“<br />

mitten im Bermuda-Dreieck stattfinden zu lassen,<br />

was letztendlich aufgrund der Hygiene- und Müllproblematik<br />

(große Mengen an Einweggeschirr)<br />

nicht weiter verfolgt wurde. 2010 zeichnete sich dann<br />

im Rahmen einer Kooperation mit der Berufsschul-<br />

Sozialarbeit am Berufsschulzentrum Bissierstraße die<br />

Möglichkeit ab, angehende Profis – Auszubildende<br />

des Hotel- und Gaststättengewebes – einzubinden.<br />

Hier entstand das Projekt „Freiburg-Cocktail“ als<br />

Kombination aus zwei eigenständigen Beteiligungsprojekten,<br />

realisiert über eine schulübergreifende<br />

Zusammenarbeit.<br />

Parallel dazu wurde die Idee des Aufbaus eines „Bar-<br />

Teams“ zum Betrieb einer alkoholfreien Saft- und<br />

Cocktailbar entwickelt. Dazu wurde bereits Ende<br />

2009 der Bau einer sogenannten ZerlegBar nach<br />

Vergl. dazu: die Broschüre „ZerlegBar – Bauanleitung<br />

für eine mobile Bar mit Rezepten für alkoholfreie<br />

Cocktails“, herausgegeben vom Landespräventionsrat<br />

niedersächsischem Vorbild in Auftrag gegeben und<br />

beim Fachtag im Frühjahr 2010 der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt. Die Idee dahinter: Attraktive alkoholfreie<br />

Alternativen können das Trinkverhalten von Jugendlichen<br />

(und Erwachsenen!) und damit auch unsere<br />

„Festkultur“ erfolgreich beeinflussen, wie der Einsatz<br />

der „ZerlegBar“ und anderer mobilen Bar-Konzepte<br />

gezeigt hat. Der Name ist das Konzept: Eine Bar, die<br />

ohne großen Aufwand „zerlegt“, das heißt auf und<br />

abgebaut werden kann, eignet sich hervorragend<br />

zur Unterstützung suchtpräventiver Arbeit bei Festen<br />

und Veranstaltungen.<br />

Gemeinsames Ziel des Bar- und des Cocktailprojektes<br />

ist es, den Beliebtheitsgrad von Getränken ohne Alkohol<br />

zu steigern und dadurch einen nachhaltigen<br />

Beitrag zur Veränderung unserer Trinkkultur zu leisten.<br />

Die Zielgruppe ist dabei nur vordergründig bei<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu sehen:<br />

Das Trinkverhalten gerade der älteren Erwachsenen<br />

ist wegen der Vorbild-Funktion entscheidend.<br />

Niedersachsen (LPR) und der Landesstelle Jugendschutz<br />

Niedersachsen (LJS) in Zusammenarbeit mit Werkstatt-<br />

Schule e.V. und Kommunaler <strong>Prävention</strong>srat Hemmingen<br />

(KPR): Die Broschüre enthält neben Rezepten eine<br />

Bauanleitung für eine alkoholfreie Bar an, die sich in der<br />

Praxis des Kommunalen <strong>Prävention</strong>srates in Hemmingen<br />

bewährt hat.


Die PräRIE-Bar<br />

kann mit voller Cocktail-Ausrüstung<br />

– mit<br />

oder ohne Mannschaft<br />

– ausgeliehen werden.<br />

SchülerInnen der Freien<br />

Schule Kapriole haben<br />

sich bei verschiedenen<br />

Einsätzen bewährt.<br />

Startphase<br />

1. Projekt PräRIE-Bar:<br />

Aufgrund der Projekt-Vorgaben – die für 2009 genehmigten<br />

Mittel mussten auch im Jahr 2009 ausgegeben<br />

werden – wurde hier der 2. Schritt vor dem<br />

1. gemacht und die Bar in Auftrag gegeben, bevor<br />

es Betreiber dafür gab. Die beteiligten Suchthilfe-<br />

Einrichtungen konnten das aus personellen und<br />

räumlichen Gründen (Lagerfläche!) nicht leisten.<br />

Schließlich wurde das als Projektdienstleister fungierende<br />

„KonzeptBuero Freiburg“ beauftragt, eine<br />

Betreiber-Einrichtung zu finden und den Betrieb zu<br />

gewährleisten. So entwickelte sich schließlich ein<br />

zweigleisiges Vorgehen: Einerseits wird die Bar von<br />

einer Freien Schule („Demokratische Schule Kapriole“,<br />

Werkrealschule) betrieben, andererseits werden<br />

junge Erwachsene (im ersten Durchgang sämtliche<br />

aus dem PeerBeraterInnen-Projekt) als BarkeeperInnen<br />

geschult und können auch mit der Bar gebucht<br />

werden. Die Bar wird auch vermietet – mit<br />

oder ohne Ausstattung, mit Rezepten und Bewirtung<br />

oder auch zum eigenen Betrieb.<br />

2. Projekt Freiburg-Cocktail<br />

Dank einer Kooperation mit der Mobilen Berufsschul-Sozialarbeit<br />

(„Mobs“, Trägerschaft: Caritasverband<br />

und Fördergesellschaft der Handwerkskammer)<br />

wurde auf der Suche nach einem sinnvollen<br />

Anknüpfungspunkt für Beteiligungsprojekte am<br />

Berufsschulzentrum Bissierstraße die vom PräRIE-<br />

Team schon lange gehegte Idee der Kreation eines<br />

„Freiburg-Cocktails“ mit der Idee der inhaltlich arbeitenden<br />

Schulprojektes verbunden. Das ursprünglich<br />

geplante Film- und Theaterprojekt wurde zugunsten<br />

dieses „Kombi-Projektes“ unter Mitarbeit von zwei<br />

verschiedenen Berufsschulen aufgegeben.<br />

Das Projekt brauchte einen langen Vorlauf, um dann<br />

schließlich doch sehr kurzfristig und unter Zeitdruck<br />

ausgeführt zu werden. Die Kontaktaufnahme zu<br />

den Schulen erfolgte direkt nach den Sommerferien<br />

2010; erste Gespräche mit der Berufsschul-Sozialarbeit<br />

und verschiedenen FachlehrerInnen fanden<br />

bereits im September und Oktober 2010 statt. Nach<br />

einer längeren Phase des gegenseitigen Kennenlernens<br />

und „Abklopfens“ verschiedener Möglichkeiten<br />

(bis hin zum endgültigen Verwerfen des Film- und<br />

Theaterprojektes im Dezember 2010) startete das<br />

Projekt kurz vor Weihnachten 2010 mit einem „Briefing“<br />

für die zweite beteiligte Gruppe, angehende<br />

Mediengestalter.<br />

Die beiden SchulsozialarbeiterInnen hatten die Kontakte<br />

zu verschiedenen Fachbereichen geknüpft<br />

und konnten schließlich zwei ganz unterschiedliche<br />

Fachrichtungen zur Mitwirkung gewinnen. Das<br />

Fächer- und Schulen-übergreifende Kulturprojekt<br />

erschien den Projektverantwortlichen schließlich<br />

49


Auszubildende<br />

aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe<br />

haben mit<br />

ihren FachlehrerInnen in<br />

der Edith-Stein-Schule drei<br />

alkoholfreie Cocktail-Rezepte<br />

entwickelt – hier die<br />

Klasse, die den siegreichen<br />

„PräRIE-Cocktail“ erfand.<br />

50<br />

zu schwierig in der „Vermarktung“ (Anwerben von<br />

engagierten TeilnehmerInnen) und Durchführung<br />

als außerunterrichtliches Projekt. Deshalb wurde das<br />

Projekt so konzipiert, das es im Rahmen des jeweiligen<br />

Fachunterrichtes durchgeführt werden konnte.<br />

Beteiligt waren schließlich zwei Klassen der Edith-<br />

Stein-Schule (Auszubildende des Hotel- und Gaststättengewerbes<br />

im Blockunterricht) und zwei<br />

Klassen der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule (angehende<br />

MediengestalterInnen eines Berufskollegs<br />

und eine Klasse FotografInnen). Der Startschuss fiel<br />

unmittelbar nach den Weihnachtsferien am 18. Januar<br />

2011 mit einem „Briefing“ für die Mediengestalter-Klasse,<br />

das eine Situation im Kunden-Gespräch<br />

simulieren sollte. Die Projektverantwortlichen von<br />

PräRIE hatten also im Vorfeld sehr konkrete Vorgaben<br />

zu machen, vergleichbar mit der Planung einer<br />

Kampagagne mit einer Werbeagentur.<br />

Eine Woche früher begann die Projektumsetzung<br />

mit der Kreation der Cocktails im Unterricht, gerade<br />

rechtzeitig für einen Foto-Termin am 17. Januar – die<br />

endgültige Umsetzung fand also unter extremem<br />

Zeitdruck statt, was aber durchaus realistisch die<br />

Arbeitsbedingungen in der jeweiligen Branche spiegelt.<br />

Der Grund für den Zeitdruck lag einerseits am<br />

Ende der Projektlaufzeit (28. Februar 2011), andererseits<br />

an der Möglichkeit, die Projektergebnisse beim<br />

„Tag der Beruflichen Bildung“ im Freiburger Konzerthaus<br />

am 10. Februar 2011 präsentieren zu können.<br />

Hier wurden die 3 aus dem Wettbewerb hervorgegangenen<br />

Cocktails in einer Verkostung von mehr<br />

als 300 Schülerinnen und Schülern bewertet und<br />

schließlich ein „Tagessieger“ zum PräRIE-Cocktail gekürt.<br />

Parallel dazu fand ein Plakat-Wettbewerb innerhalb<br />

der Mediengestalter-Klasse statt. Aus den 13 eingereichten<br />

Entwürfen wählte eine vierköpfige Jury<br />

(Besetzung: 1 Vertreterin der Suchthilfe, 1 Grafiker,<br />

die Projektkoordinatorin und ein Jugendlicher als<br />

„Zielruppen-Sachverständiger“) drei Sieger-Entwürfe<br />

aus und gab den SchülerInnen ein qualifiziertes<br />

Feedback zu ihren Arbeiten. Der Sieger überzeugte<br />

sowohl technisch als auch von der Umsetzung der<br />

Aussage her: Es zeigte sich im Wettbewerb, dass die<br />

Visualisierung eines verlockenden alkoholfreien Angebotes<br />

in Verknpüfung mit dem Namensvorschlag<br />

„AlkoholFREIburg-Cocktail“ eine große Herausforderung<br />

war. Nicht selten erzeugte ein Zeilenumbruch<br />

den Effekt „Alkohol---Freiburg-Cocktail“! Der Siegerentwurf<br />

meisterte diese Klippe gekonnt.<br />

Projektverlauf und Fazit<br />

1. Projekt „PräRIE-Bar“<br />

In der Praxis hat sich gezeigt, dass insbesondere für<br />

die an der Ausrichtung der Stadtteilfeste beteiligten<br />

Vereine das Ausleihen der Bar wenig attraktiv ist,<br />

nicht zuletzt wegen der damit verbunden Kosten<br />

(Mietgebühr von 50 Euro plus Kaution) und wegen<br />

des Transport-Aufwandes. Außerdem wird das An-


gebot auf den Stadtteilfesten viele Monate im Voraus<br />

abgesprochen, die PräRIE-Bar müsste also langfristig<br />

gezielt in den Besprechungen vorgestellt und<br />

angeboten werden, was das Zeitbudget der Projektkoordinatorin<br />

bei weitem übersteigen würde.<br />

Außerdem verfügen viele Verein bereits über ein<br />

ausreichendes eigenes Equipment, wenn sie schon<br />

länger Cocktails im Angebot haben – hier wurde<br />

aber stets Interesse an den PräRIE-Rezepten signalisiert,<br />

die Bereitschaft, verstärkt alkoholfreie Cocktails<br />

ins Angebot aufzunehmen, ist eindeutig gegeben.<br />

Es wäre jedoch problematisch, wenn PräRIE auf<br />

Stadtteilfeste ein eigenes Bar-Team schicken würde,<br />

weil die angestammten ortsansässigen Vereine darin<br />

ein Konkurrenz-Angebot sehen und Einnahme-<br />

Einbußen befürchten würden.<br />

In der Jugendarbeit jedoch wird das Bar-Projekt<br />

sehr positiv aufgenommen. Das Angebot hatte sich<br />

2010 schnell herumgesprochen, und es gab bereits<br />

mehrere Buchungen, noch bevor die Werbung für<br />

das Projekt richtig angelaufen war. Insbesondere<br />

bei der „1. Freiburger alkoholfreien Cocktail-Nacht“<br />

im Januar 2011 sowie bei verschiedenen Veranstaltungen<br />

aus dem Umfeld der Suchthilfe sorgte das<br />

PräRIE-Bar-Equipement für ein professionelles Arbeiten<br />

und zusammen mit den hochmotivierten<br />

SchülerInnen des Bar-Teams wurde beste Werbung<br />

für „alkoholfreie Alternativen“ gemacht.<br />

Auf Dauer kann jedoch das KonzeptBuero, das auch<br />

die Gestaltung einer Website zur Erläuterung und<br />

Bewerbung des Angebotes übernommen hat, den<br />

Betrieb der PräRIE-Bar nicht gewährleisten. Langfristig<br />

wird deshalb ein verlässlicher Partner für<br />

den Betrieb der Bar gesucht – im Idealfall aus der<br />

Jugendarbeit, da der Barbetrieb im Rahmen einer<br />

Schülerfirma, wie ursprünglich geplant, bisher nicht<br />

realisiert werden konnte.<br />

2. Projekt „Freiburg-Cocktail“<br />

Das Projekt wird – auch in Verbindung mit der<br />

„PräRIE-Bar“ – vom PräRIE-Projektteam als großer<br />

Erfolg gewertet, wenn sich auch die ursprüngliche<br />

Ausrichtung der Projektkonzeption als unrealistisch<br />

erwiesen hat: Das Cocktail-Projekt sollte in einem 2.<br />

Schritt von der Freiburger Gastronomie übernommen<br />

werden, im Idealfall verbunden mit einem Titel-<br />

und evtl. sogar Geschmacksmuster-Schutz im<br />

Deutschen Patentamt. Erste Gespräche mit einem<br />

Vertreter des Hotel- und Gaststätten-Verbandes<br />

DEHOGA desillusionierten und zeigten auch die<br />

rechtliche Komponente des Projektes auf. So wurde<br />

dieser Schritt verschoben auf die nächste Projekt-<br />

Laufzeit und soll hier als eigenständiges Projekt von<br />

vornherein im Dialog und in Zusammenarbeit mit<br />

der Gastronomie erarbeitet werden.<br />

Im Zusammenhang mit dem Betrieb der PräRIE-Bar<br />

jedoch werden alle drei Rezepte in der Praxis umgesetzt<br />

und kamen überall sehr gut an. Dafür wurden<br />

schließlich folgende Titel festgelegt:<br />

• PräRIE-Cocktail: Tagessieger bei der Verkostung,<br />

ein geschichteter, mehrfarbiger Cocktail<br />

in Rot- und Orange-Tönen mit dem Arbeitstitel<br />

„Sonne über dem Weinberg“ (so die Assoziation<br />

der herstellenden Klasse) – beerig-süß und<br />

zitrusfruchtig-sauer zugleich.<br />

• Freiburg-Cocktail: Der Zweitplatzierte – ein<br />

orange-gelber, fruchtig-exotischer Cocktail, bei<br />

dem Ananas und Kokos dominieren (Foto).<br />

• Schwarzwald-Cocktail: Der Drittplatzierte, der<br />

aber bei Erwachsenen meist besser ankommt,<br />

da er weniger süß schmeckt: Johannisbeer-,<br />

Kirsch- und Zitronensaft machen den tiefroten<br />

Cocktail erfrischend fruchtig.<br />

Die drei Cocktails lassen sich sehr gut auch in<br />

größeren Mengen vorbereiten, wenn auch der<br />

Ausschank des PräRIE-Cocktails durch das Schicht-<br />

Verfahren etwas mehr (Zeit-)Aufwand im Service<br />

bedeutet. Die reinen Materialkosten pro Cocktail (à<br />

0,3 Liter) liegen zwischen 50 Cent und 1 Euro, für<br />

den Betrieb der Bar durch eines der beiden PräRIE-<br />

Teams (3 junge Erwachsene oder 3 SchülerInnen<br />

plus erwachsene Begleitperson) werden 30 Euro/<br />

Std. als Aufwandsentschädigung für die Aktiven<br />

berechnet.<br />

Das Schul-Team bietet außerdem (unter Anleitung<br />

eines Lehrers) verschiedene frischgemixte Fruchtcocktails<br />

und alkoholfreie „Caipis“ an, die auch zum<br />

Attraktive Werbung<br />

für alkoholfreie Alternativen:<br />

Die leckeren<br />

Wettbewerbs-Cocktails<br />

sollen mit professionell<br />

gestalteten Plakaten<br />

und Flyern auch für die<br />

Gastronomie attraktiv<br />

gemacht werden.<br />

51


Angehende<br />

Mediengestalter<br />

der Gertrud-Luckner-<br />

Gewerbeschule entwarfen<br />

variationsreiche<br />

Plakat-Motive: Eine Jury<br />

wählte die drei besten<br />

Motive (Vordergrund)<br />

aus.<br />

Repertoire des Bar-Teams der 1. Alkoholfreien Cocktailnacht<br />

gehörten.<br />

Insgesamt war das Cocktail-Projekt ein sehr lohnendes<br />

Projekt mit großem praktischen Gewinn<br />

(Cocktail-Rezepte, Wissen um Optik und Herstellung<br />

der Cocktails, Öffentlichkeitsarbeit mit großer Medien-Resonanz).<br />

Gleichzeitig war es sehr zeitaufwändig;<br />

im Bereich „Projektmanagement“ wäre manches<br />

an dem „Modell-Projekt“ verbesserungswürdig.<br />

„Lessons learned“:<br />

Beim nächsten Kooperationsprojekt mit externen<br />

Partnern sollten insbesondere folgende Faktoren<br />

sorgfältig bedacht und überwacht werden:<br />

1. Rollenklarheit – wer ist wofür zuständig (Bringschuld),<br />

wer übernimmt für welchen Teilbereich<br />

die Verantwortung?<br />

“Belohnungen“) treffen.<br />

3. Die Rolle der „Projektleitung“ muss verantwortlich<br />

übernommen werden (im FHF-Projekt übernahm<br />

diese explizit ein Student, der auch als Ansprechpartner<br />

sehr gut erreichbar war – im Berufsschul-Projekt<br />

war die Funktion nicht besetzt,<br />

was v.a. in der heißen Endphase Schwierigkeiten<br />

bereitete).<br />

4. Auf die besonderen Gegebenheiten im Umfeld<br />

der Durchführenden muss bei der Planung Rücksicht<br />

genommen werden (Grafik-Studierenden<br />

fehlt der inhaltliche Zugang zum Thema, hier<br />

wäre mehr Begleitung wichtig gewesen – LehrerInnen<br />

haben wenig Zeit und viele Aufgaben<br />

und müssen von zusätzlichen Belastungen weitgehend<br />

verschont oder zumindest vorgewarnt<br />

werden.)<br />

2. Budget-Klarheit – rechtzeitig verbindliche Aussagen<br />

zum gesamten Umfang des Budgets<br />

(Materialkosten + Aufwandsentschädigung/<br />

52


7. Fazit<br />

Zu Beginn und Abschluss der Modellprojektphase fanden spezielle „Projektstart“-<br />

und „Projektabschluss“-Sitzungen mit dem PräRIE-Projektteam statt. Dabei wurden<br />

für die Modellprojekt-Phase von PräRIE (2009/10) zum einen 5 „Meta-Ziele“ für das<br />

Gesamt-Projekt, zum anderen konkrete Ziele für 9 Teilprojekte von PräRIE II formuliert.<br />

Der besseren Übersichtlichkeit halber wird die Reflektion dieser Ziele im Folgenden<br />

tabellarisch dargestellt.<br />

7.1 Meta-Projektziele<br />

Vor Projektstart wurden vom Projekt-Team 5 Meta-Ziele formuliert und zum<br />

Projekt-Abschluss gegengeprüft. Die Zielerreichung (Ziel-Er) wird im Ampelsystem<br />

angegeben.<br />

Ziel 1a<br />

Aufklärung und Sensibilisierung<br />

Wissenzuwachs bei der „breiten Öffentlichkeit“<br />

und bei MultiplikatorInnen und FunktionsträgerInnen<br />

bezüglich des riskanten<br />

Umgangs mit Alkohol<br />

Messbare Ergebnisse<br />

• Umsetzung durch Fachgespräche (Wissenszuwachs<br />

in Feedback-Bögen und durch<br />

<strong>Evaluation</strong> belegt)<br />

1. Fachtage 2009 und 2010<br />

2. Stadtteilarbeit: Runde Tische in 2 Modell-<br />

Stadtteilen<br />

3. mehrere Gespräche mit VertreterInnen der<br />

Kommunalpolitik<br />

4. Wissenszuwachs bei MultiplikatorInnen<br />

durch Projekt-Kontakte (z.B. LehrerInnen, DozentInnen,<br />

SozialarbeiterInnen)<br />

• Umsetzung auch durch die „Suchtberatung<br />

am Stehtisch“<br />

• sowie die allgemeine Medienarbeit<br />

Weiteres messbares Ergebnis:<br />

• Zahl der persönlichen Kontakte<br />

(Dokumentation in der <strong>Evaluation</strong>)<br />

Ziel-Er<br />

ja<br />

Ziel 1b Messbare Ergebnisse Ziel-Er<br />

Wissenszuwachs bei der Risiko-Gruppe Umsetzung durch Beteiligungs-Projekt mit nein<br />

durch ein zielgruppenbezogenes<br />

Studierenden (dort ist ein Wissenszuwachs und<br />

Medienprojekt für Unter-27jährige<br />

eine Veränderungsmotivation nachweisbar).<br />

Die Website bermuda-stories.de wurde realisiert<br />

und mit einer Kampagne beworben, entsprach<br />

aber inhaltlich nicht den Erwartungen.<br />

Weitere Beteiligungsprojekte (Cocktailprojekt,<br />

Barprojekt, Peerprojekt) lösten ebenfalls bei den<br />

Beteiligten eine Auseinandersetzung mit der<br />

Frage nach den eigenen Konsumgewohnheiten<br />

aus.<br />

Ergebnis:<br />

Beteiligungsprojekte brauchen eine<br />

kontinuierliche fachliche Begleitung und<br />

eine enge Rückkoppelung an die Projekt-<br />

Durchführenden.<br />

54


Ausblick:<br />

Das Website-Projekt wird um eine inhaltichfachlich<br />

geleitete Online-Redaktion aus jungen<br />

Menschen ergänzt werden (Medien-Partnerschaft<br />

ist geplant!)<br />

Ziel 2<br />

veränderter Umgang mit dem<br />

„Thema Alkohol<br />

Spürbar veränderte Haltung der Medien<br />

und der Entscheidungsträger<br />

Messbare Ergebnisse<br />

Bei den Medien ist die Einstellung sehr personenabhängig,<br />

es regieren noch viele Klischees<br />

in den Köpfen der Redakteure.<br />

In Verwaltung und Kommunalpolitik ist Wissen<br />

und Verständnis bezüglich des Themas „Kommunale<br />

Alkoholpolitik“ gewachsen, vergl. dazu<br />

die Debatten bei den Haushaltsberatungen im<br />

Frühjahr 2011.<br />

Messbare Ergebnisse:<br />

1. Einzel-Statements, etwa des Bürgermeisters<br />

für Soziales und Kultur, des Leiters der Freiburger<br />

Polizeidirektion oder des Vorsitzenden der<br />

Arbeitsgemeinschaft Freiburger Bürgervereine.<br />

2. Überführung vom Projektstatus in eine dauerhafte<br />

Einrichtung einer „Koordinationsstelle<br />

Kommunale Alkoholpolitik“ im Mai/Juni 2011<br />

3. Pressespiegel<br />

Ziel-Er<br />

teilweise<br />

Allgemeiner Bewusstseinswandel, Veränderung<br />

im Umgang mit Alkohol bei der Gesamt-Bevölkerung<br />

Hier sind auch die Erwachsenen angesprochen;<br />

die eine wichtige Vorbild-Funktion<br />

haben.<br />

PräRIE verfolgt das Ziel, attraktive alkoholfreie<br />

Alternativen für alle Zielgruppen<br />

zu entwickeln bzw. zu stärken und – neben<br />

einem Plädoyer für risikoarmen Konsum<br />

–das Image nichtalkoholischer Getränke zu<br />

verbessern.<br />

Ziel 3<br />

Steigerung der<br />

Veränderungsmotivation<br />

Individuell (den eigenen Konsum<br />

betreffend) – PRÄRIE I und<br />

„Suchtberatung am Stehtisch“<br />

Erfolg der 1. AlkoholfreiParty<br />

Erfolg der alkoholfreien Cocktails an der PräRIE-<br />

Bar. (Beides wurde sehr viel positiver aufgenommen<br />

als erwartet.)<br />

StreetTalk II: Gesamtmenge konsumierten Alkohols<br />

geht zurück!<br />

Ausblick:<br />

Gerade bei öffentlichen Anlässen gibt es noch<br />

viele Handlungsmöglichkeiten, etwa Alkoholfreie<br />

Empfänge mit Saft- und Cocktailbar, Suche nach<br />

Alternativen zum üblichen „Fassanstich“.<br />

Messbare Ergebnisse<br />

Gespräche beim Innenstadt-Einsatz brachten<br />

oft ein „Aha-Erlebnis“ bei den Betroffenen, der<br />

niederschwellige Erstkontakt zur Suchtberatung<br />

an den Stehtischen hat sich bewährt.<br />

Eine nachhaltige Veränderungsmotivation ist<br />

allerdings auch an strukturelle Veränderung (z.B.<br />

durch den „Wirte-Kodex“) gebunden, hier besteht<br />

noch Handlungsbedarf, s. Ziel 3.2.)<br />

Dokumentation der Einzel- und<br />

Gruppengespräche und der Aufsuchenden<br />

Arbeit (PräRIE I) - Katamnese-Gespräche zeigen<br />

dauerhafte Reflektion.<br />

Ziel-Er<br />

teilweise<br />

55


Eine Zunahme individueller Beratungswünsche<br />

ist messbar, aber nicht in großem Umfang<br />

ja<br />

Generell/strukturell (Veränderung im<br />

Umgang mit Alkoholkonsum, z.B. in der<br />

Gastronomie)<br />

Interesse bei Vereinen am Thema<br />

„Festkultur“ etc. (Anfragen von<br />

Festveranstaltern etc.)<br />

Thema Wirtekodex konnte wg. fehlender<br />

Ressourcen noch nicht angegangen werden.<br />

Ausblick: Intensivierung der bestehenden<br />

Kontakte zu DEHOGA und Nachtgastronomie,<br />

Planung konkreter gemeinsamer Projekte in<br />

2011<br />

Bei den Bürgervereinen, in den Vereinen der<br />

Modellstadtteile (Hochdorf, St. Georgen) und<br />

bei der Breisgauer Narrenzunft (BNZ) als einem<br />

der größten Veranstalter sowie bei den Freiburger<br />

Ortsvorstehern ist das auf lokale Besonderheiten<br />

angepasste Konzept der „Festkultur“ auf<br />

sehr gute Resonanz gestoßen.<br />

z.T. sind hier auch andere städtische Stellen (Afö<br />

und Jugendschutz) gefragt! Dort sehr gutes<br />

Bewusstsein für die Problematik - gute Zusammenarbeit<br />

während der Laufzeit von PräRIE.<br />

Ausblick: Eckpunkte der „Festkultur“ sollen 2011<br />

verabschiedet werden; Einführung „Festkultur-<br />

Siegel“<br />

nein<br />

ja<br />

Ziel 4<br />

Kontakte zur „Risikogruppe“ (U27)<br />

RELAXATION = Maßnahmen zur „Beruhigung“<br />

der Situation im Bermuda-Dreieck<br />

Messbare Ergebnisse<br />

Zahl der Kontakte im Bermudadreieck: Rund<br />

1.000/Jahr<br />

Statements der Verantwortlichen bei der Polizei:<br />

Sehr positive Rückmeldungen zur Innenstadtpräsenz<br />

als wichtige fachliche Ergänzung.<br />

Ziel-Er<br />

INTERVENTION = Hilfe-Angebote für Riskant<br />

Konsumierende (PräRIE I)<br />

Zahl der Kontakte bei der aufsuchenden Arbeit:<br />

sehr unterschiedlich, insgesamt schwierige Relation<br />

zum Zeitaufwand<br />

Zahl der Kontakte in Gruppenarbeit (5-10/Gruppe);<br />

gute Resonanz durch Zuweisungen v.a. bei<br />

jungen Erwachsenen


Ziel 5<br />

Projektbezogene Vernetzung und<br />

Steigerung des Bekanntheitsgrades<br />

„PräRIE“ ist in weiten Kreisen der<br />

Bevölkerung ein Begriff<br />

Messbare Ergebnisse<br />

Die <strong>Evaluation</strong> beim StreetTalk II konnte nur einen<br />

beschränkten Bekanntheitsgrad bestätigen:<br />

Insgesamt ist noch mehr PR (und Innenstadt-<br />

Präsenz) für „Marken-Bildung notwendig.<br />

Alkoholpolitik ist Thema in der Kommunalpolitik;<br />

Suchthilfe hat Zugang zu den EntscheidungsträgerInnen<br />

1. Vernetzung mit den<br />

Nachbarlandkreisen<br />

Das Thema wurde mehrfach in den Fraktionen<br />

diskutiert, mehrere Einladungen zu Gesprächen<br />

mit AKSF.<br />

Forderung der Kommunalpolitik: Einrichtung<br />

einer Planstelle zur Koordination Kommunaler<br />

Alkholpolitik.<br />

Intensivierung des Austausches durch die<br />

PräRIE-Aktivitäten. Aktuell: Gemeinsames Projekt<br />

mit Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald<br />

in Planung („<strong>Prävention</strong> alkoholbedingter<br />

Jugendgewalt“).


7.2 Konkrete Projektziele der<br />

Teilprojekte PräRIE II<br />

Maßnahme und Ziel/angestrebtes<br />

Ergebnis<br />

1. Koordination, Planung, Regie, Verwaltung<br />

Das Projekt soll ständig weiterentwickelt,<br />

koordiniert, geplant und verwaltet werden<br />

– und schließlich dauerhaft als kommunale<br />

Aufgabe implementiert werden.<br />

Beteiligte Personen/<br />

Institutionen<br />

Stadt Freiburg, AGJ, AK Suchthilfe Freiburg<br />

Ziel-Er<br />

2. Stadtteilarbeit zum Aufbau einer<br />

„Kommunalen Alkoholpolitik“<br />

Stadtteilbezogene Verhältnisprävention<br />

mit dem Ziel der Reduzierung des riskanten<br />

und schädlichen Alkoholkonsums<br />

bei Jugendlichen und Erwachsenen in<br />

sechs Schritten gemäß Radix-Programm.<br />

Koordinatorin Kommunale Alkoholpolitik,<br />

AK Suchthilfe Freiburg,<br />

Vertreter Bürgervereine, Vereine, Polizei,<br />

Ortschaftsräte, (Schulen, Gastronomie, Eltern<br />

u.a.)<br />

3. Organisation und Durchführung<br />

eines jährlichen Fachtags<br />

Erweiterung der Fachkompetenz bei<br />

Fachkräften aus Suchthilfe und Jugendhilfe<br />

sowie bei Polizei, Kommunalpolitik,<br />

Schulen zu Fragen der <strong>Prävention</strong> von<br />

riskantem Alkoholkonsum und Gewalt.<br />

AK Suchthilfe Freiburg, Sozial- und Jugendamt,<br />

AK Gewaltprävention, Referenten, Tagungsteilnehmer<br />

4. Gewinnung und Schulung von Ehrenamtlichen<br />

(Peer-BeraterInnen)<br />

Einbezug von bürgerschaftlichem Engagement.<br />

Ehrenamtliche sollen geworben,<br />

geschult und bei Einsätzen in der<br />

Freiburger Innenstadt fachlich begleitet<br />

werden.<br />

AK Suchthilfe Freiburg, Ehrenamtliche, Honorar-<br />

DozentInnen<br />

5. Innenstadtpräsenz und<br />

Mitmach-Aktionen / Mini-Events<br />

Fachkräfte der Suchthilfe und geschulte<br />

Ehrenamtliche als Ansprechpersonen an<br />

Schwerpunktwochenenden nachts in<br />

der Innenstadt. Vermittlung von <strong>Information</strong>en<br />

zu Risiken des Alkoholkonsums;<br />

Anregung der Reflexion des eigenen<br />

Konsums durch Mitmach-Aktionen.<br />

Durch kleine Events könnten zusätzlich<br />

Alternativen zum Alkoholkonsum aufgezeigt<br />

werden.<br />

AK Suchthilfe Freiburg, Ehrenamtliche, Zielgruppe,<br />

externe Partner (Beteiligungsprojekt?)<br />

58


6. Entwicklung von Möglichkeiten zur<br />

<strong>Relaxation</strong> / alkoholfreie Alternativen<br />

Entwicklung von Alternativangeboten<br />

und Beruhigung der Situation in der<br />

Innenstadt bei Stadtteil- und Weinfesten<br />

(z.B. Aufbau einer mobilen Saft- und<br />

Cocktailbar zum Verleihen und Einsatz<br />

bei Stadtteil- und Weinfesten)<br />

AK Suchthilfe Freiburg, Koordinatorin Kommunale<br />

Alkoholpolitik, KonzeptBuero, versch. Freie<br />

Träger (Jugendarbeit, Berufsschulen, Hauptschule/WRS)<br />

7. Entwicklung einer Internetpräsenz<br />

und Internetkampagne und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Mit Hilfe des Internets und Medien soll<br />

das Projekt einer breiten Öffentlichkeit<br />

bekannt gemacht werden, die Zielgruppe<br />

erreicht werden und die Problematik<br />

von riskantem und schädlichem Alkoholkonsum<br />

thematisiert werden<br />

Koordinatorin Kommunale Alkoholpolitik, AK<br />

Suchthilfe Freiburg, Pressereferat Stadt Freiburg,<br />

Medienpartner, externe Anbieter<br />

8. Medienkampagne unter aktiver Beteiligung<br />

Heranwachsender<br />

Ansprache der Zielgruppe über Medien,<br />

Thematisierung von riskantem und<br />

schädlichen Alkoholkonsum über Jugend-Medien-Projekte,<br />

die Jugendliche<br />

an (Hoch-)Schulen einbeziehen<br />

AK Suchthilfe Freiburg, KonzeptBuero, Hochschule<br />

für Grafik Design<br />

9. Dokumentation und <strong>Evaluation</strong><br />

Das Projekt und seine einzelnen Bausteine<br />

sollen dokumentiert werden und auf<br />

ihre Wirksamkeit hin untersucht werden<br />

AK Suchthilfe Freiburg, externes Institut (SBI),<br />

Universität Freiburg<br />

59


7.3. Fazit des Projektteams<br />

60<br />

PräRIE hat deutlich gemacht, dass kurzfristige Interventionen<br />

bei der Risiko-Zielgruppe keine nachhaltige<br />

Wirkung haben, sondern dass neben der individuellen<br />

Verhaltensprävention in gleichem Maße<br />

auch Verhältnisprävention (=“Kommunale Alkoholpolitik“)<br />

notwendig ist. Alkoholpolitik ist in Freiburg<br />

kein Fremdwort mehr: Eines der wichtigsten Ziele<br />

des <strong>Prävention</strong>sprogrammes PräRIE, die Etablierung<br />

einer Kommunalen Alkoholpolitik, wurde erreicht,<br />

wie die Forderung der Kommunalpolitik nach Einrichtung<br />

einer Planstelle zur Koordinierung Kommunaler<br />

Alkoholpolitik im Mai 2011 zeigt.<br />

Statements von Freiburger Entscheidungs-<br />

und Funktionsträgern<br />

Folgende Statements, die im Rahmen der Diskussion<br />

um die Fortführung von PräRIE abgegeben<br />

wurden, demonstrieren den Wissenszuwachs und<br />

Einstellungswandel:<br />

Christoph Lang-Jakob,<br />

Ortsvorsteher Freiburg-Hochdorf: „Das Projekt hat<br />

es geschafft, ein massives Problem im Ortsteil zu<br />

fokussieren und konkret anzugehen. Dank des von<br />

Hochdorfer BürgerInnen übernommenen „Nachtwanderer“-Modells<br />

müssen die Kosten für „Streetworking“,<br />

welches durchaus wünschenswert wäre,<br />

von der öffentlichen Hand voraussichtlich nicht<br />

aufgebracht werden. Ich bin davon überzeugt, dass<br />

Hochdorf von Prärie massiv profitieren wird.“<br />

Heiner Amann,<br />

Leiter der Polizeidirektion Freiburg: „Die Impulse zur<br />

Veränderung des Bewusstseins von jungen Menschen<br />

im Umgang mit Alkohol können nur aus dem<br />

präventiven Bereich kommen. Die Maßnahmen in<br />

der Stadt sind diesbezüglich bei weitem noch nicht<br />

beim erforderlichen Maß angelangt, daher spricht<br />

sich die Polizei Freiburg ausdrücklich für den Ausbau<br />

der kommunalen Alkoholprävention aus.“<br />

Dr. med. Michael Berner,<br />

Uniklinik Freiburg, Abteilung Psychiatrie: „Die Tatsachen,<br />

dass die Menge an konsumiertem Alkohol<br />

insgesamt zurückgegangen ist und dass sich der<br />

Alkoholkonsum in nachwachsenden Altersgruppen<br />

verringert hat, können als Indizien dahingehend interpretiert<br />

werden, dass die in den letzten Jahren erfolgreich<br />

durchgeführte präventive Arbeit positive<br />

Wirkungen gezeigt hat.“<br />

Ernst Lavori,<br />

Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Freiburger<br />

Bürgervereine: „Bisher kamen nur wenige Stadtteile<br />

in den Genuss dieser Unterstützung. Wir können<br />

nur hoffen, dass die Stadträte in Freiburg bei ihren<br />

Beratungen doch noch den Etat für diese Stelle im<br />

Doppelhaushalt übernehmen.“<br />

Innovation und Nachhaltigkeit<br />

Innovativ an PräRIE ist vor allem die Tatsache, dass<br />

Stadtverwaltung und freie Träger der Suchthilfe gemeinsamein<br />

breit gefächertes Vernetzungsprojekt<br />

entwickelten, das über Projektarbeit nachhaltig Bewusstsein<br />

und Strukturen verändert. Durch diese<br />

Zusammenarbeit wurden für beide Seiten neue und<br />

vereinfachte Zugänge erschlossen, darüber hinaus<br />

wurde ein höherer Grad an öffentlicher Wahrnehmung<br />

der fachlichen Arbeit erreicht.<br />

Neben der engen Zusammenarbeit von fachlicher<br />

Seite (Arbeitskreis Suchthilfe) und Stadtverwaltung<br />

(Sozial- und Jugendamt) zeichnet PräRIE seine Vielschichtigkeit<br />

und die Zielgruppen-Orientierung aller<br />

Maßnahmen und Projekte aus sowie die Tatsache,<br />

dass etliche Aufgaben über „Beteiligungs-Projekte“<br />

gemeinsam mit jungen Menschen angegangen<br />

wurden. PräRIE wendet sich einerseits an die „Risiko-Gruppe“<br />

der jungen Menschen mit riskantem<br />

Alkoholkonsum, andererseits an MultiplikatorInnen<br />

– und sucht für jede dieser Zielgruppen geeignete<br />

Kanäle und Formen der Ansprache.


Insgesamt hat das Projekt die Arbeit der Suchthilfe,<br />

ihre Ansätze und Möglichkeiten verstärkt ins öffentliche<br />

Bewusstsein gebracht und einen Wissenszuwachs<br />

bei allen Beteiligten erreicht. Es wurden Elemente<br />

und Methoden aus erfolgreichen Programmen<br />

(in Deutschland und den Nachbarländern) integriert,<br />

darüber hinaus auch Elemente mit eigenen<br />

Ansätzen entwickelt.<br />

Gesundheitsförderliche Wirkung<br />

Eine „gesundheitsförderliche Wirkung bei EndverbraucherInnen“<br />

ist schon allein durch die hohe Zahl<br />

von Kontakten (ca. 1.000/Jahr) durch die nächtliche<br />

Innenstadt-Präsenz des PräRIE-Teams nachweisbar.<br />

Zusätzlich wurden junge Menschen bei den Aktionen<br />

und Events der verschiedenen Teilprojekte<br />

mit dem Thema „Riskanter Alkoholkonsum und alkoholfreie<br />

Alternativen“ konfrontiert, etwa bei der<br />

1. AlkoholfreiParty in Weingarten und bei der Wahl<br />

des „alkoholfreien Freiburg-Cocktails“ am Tag der<br />

Beruflichen Bildung (über 300 Kontakte). Entgegen<br />

der Grundannahme vor Projektstart hat sich gezeigt,<br />

dass die Zielgruppe für solche Inhalte sehr<br />

aufgeschlossen ist und die Gesprächsangebote<br />

gerne wahrnimmt. Eine wichtige Rolle spielte hier<br />

das Konzept der PeerBeratung, das über die „Kommunikation<br />

auf Augenhöhe“ die Kontaktanbahnung<br />

zusätzlich erleichtert.<br />

Reflektionen über Alkohol-Konsumgewohnheiten<br />

und riskantes Trinkverhalten sind in Freiburg bei<br />

der Zielgruppe Junger Menschen unter 27 Jahren<br />

durch die Aktivitäten von PräRIE 2009/10 zum Thema<br />

geworden. Denkanstöße bieten regelmäßig<br />

(1-2 Mal/Monat) die Begegnungen mit der „Suchtberatung<br />

am Stehtisch“ und den PeerBeraterInnen<br />

im Bermuda-Dreieck (Verhaltensprävention). Durch<br />

die Vertiefung des Medienprojektes „Bermuda-Stories“<br />

über den Aufbau einer Online-Redaktion und<br />

den Vertrieb des interaktiven Stadtspiels „Blackout“<br />

(internetbasiertes „Alternate Reality Game“) wird die<br />

Zielgruppe künftig noch stärker angesprochen.<br />

Ähnlich deutlich ist die Wirkung im strukturellen Bereich<br />

(Verhältnisprävention). Die erfolgreiche Arbeit<br />

mit zwei Modell-Stadtteilen hat dort ein Umdenken<br />

zum Thema „Umgang mit riskant konsumierenden<br />

Jugendlichen“ bewirkt und verschiedene konkrete<br />

Ansätze ins Leben gerufen, die auch nach Projektende<br />

fortgeführt werden (AlkoholfreiPartys, Hochdorfer<br />

Nachtwanderer). Hier ist eindeutig eine nachhaltige<br />

Wirkung zu belegen.<br />

Feedback zum Projektverlauf<br />

Die Umsetzung wurde durch die Rahmenbedingungen<br />

während der Modellprojekt-Phase tangiert:<br />

Durch das Auswahlverfahren in der „Nachhaltigkeitsstrategie<br />

Baden-Württemberg“ verzögerte sich der<br />

Projektstart bis zur Bewilligung der Projektmittel im<br />

Mai 2009. Da durch den Kommunalen Doppelhaushalt<br />

und die vom Regierungspräsidium Stuttgart gesetzten<br />

Rahmenbedingungen das Projektende auf<br />

Dezember 2010 terminiert war, wurden sehr viele<br />

Vorhaben in einen sehr kurzen Zeitraum (22 Monate)<br />

gepresst; die Verlängerung der Projektlaufzeit<br />

bis Februar 2011 konnte hier nur wenig auffangen.<br />

Künftig wird PräRIE weniger Projektcharakter haben,<br />

sondern als dauerhaftes <strong>Prävention</strong>sprogramm mit<br />

längerfristiger Perspektive etabliert werden, was<br />

sich auf das Zeit- und Projektmanagement auswirken<br />

wird, da künftig keine Laufzeitende-Vorgaben<br />

die Teilprojekte in Zeitdruck bringen.<br />

Schwierig war das knappe Zeitbudget aller Beteiligten:<br />

Die im Projekt aktiven LeiterInnen der Freiburger<br />

Suchthilfe-Einrichtungen mussten die Projekt-Aktivitäten<br />

neben ihrem Alltagsgeschäft erledigen, die<br />

Koordinationsstelle war mit einer 25 %- bzw. 33 %-<br />

Stelle knapp ausgestattet. Einige geplante Teilprojekte,<br />

v.a. die Kommunikation mit der Gastronomie<br />

und der Aufbau eines Wirtekodex konnten deshalb<br />

während der Projektlaufzeit nicht realisiert werden.<br />

61


62<br />

Anhand eines Feedback-Bogens wurde die Zufriedenheit<br />

der Beteiligten mit dem Projektverlauf insgesamt<br />

und dem Verlauf der Kooperation im Projekt<br />

abgefragt. Das Arbeitsklima im Team und die Projektorganisationwurde<br />

von den Beteiligten gut bis<br />

sehr gut beurteilt. Aufgrund der speziellen Konstellation<br />

im Arbeitskreis Suchthilfe mit sieben gleichberechtigten<br />

Partner-Einrichtungen ohne Vorsitz oder<br />

SprecherIn waren allerdings alle Abstimmungsprozesse<br />

sehr zeitaufwändig, was Auswirkungen auf<br />

das Projektmanagement und die Öffentlichkeitsarbeit<br />

hatte, etwa wenn das Feedback aller Beteiligten<br />

eingeholt werden muss, bevor ein Text veröffentlicht<br />

werden kann.<br />

Lessions learned<br />

Die Empfehlungen („Lessions learned“), die aus dem<br />

Projektverlauf abgeleitet werden können, beziehen<br />

sich vor allem auf die Rahmenbedingungen der Modellprojektphase.<br />

Dazu gehört etwa die Empfehlung<br />

„Kleiner planen - beschränkte Personal-Ressourcen<br />

berücksichtigen“ – oder Quellen für weitere Projektmittel<br />

erschließen und weitere externe Dienstleister<br />

und Partner aus der Jugendarbeit einbeziehen.<br />

Grundsätzlich werden sich durch die Überführung<br />

des Modellprojektes in eine dauerhaftes <strong>Prävention</strong>sprogramm<br />

sicher auch Schwerpunkte verschieben.<br />

Bei der Abschluss-Sitzung am 10. Juni 2011 wurde<br />

betont, was für ein großes Potential in Freiburg vorhanden<br />

ist - hier könnten noch viele attraktive Kooperationsprojekte<br />

angestoßen werden, etwa mit:<br />

• der Traditions-Brauerei vor Ort (alkoholfreies<br />

Kultgetränk aus der Flasche?)<br />

• einer der größten Tanzschulen bundesweit<br />

(größter Veranstalter alkoholfreier Schülerpartys<br />

in der Region!)<br />

• dem Online-Magazin „fudder.de“ oder dem<br />

Schülermagazin „F79“ (Medien-Kooperationsprojekt/Online-Redaktion<br />

U25...)<br />

• Europa-Park (als Eventveranstalter, evtl. zusammen<br />

mit SWR3 gewinnen!)<br />

Vergleichbare Projekte, etwa „b.free“ (Bodensee-<br />

Raum) als vermutlich derzeit erfolgreichstes lokales<br />

Alkohol-<strong>Prävention</strong>sprojekt in Baden-Württemberg<br />

hat inzwischen eine volle Stelle für die Geschäftsführung,<br />

Fundraising und Partner-Akquise – PräRIE<br />

muss also zunächst einmal die eigenen Ansprüche<br />

an die künftige Projektrealisierung überprüfen und<br />

auf die Visionen auf ein realistisches Maß herunterschrauben<br />

– oder entsprechende Rahmenbedinungen<br />

schaffen.<br />

Zukunftspläne - Desiderata<br />

In einigen Teilprojekten, etwa dem Bereich „Wirtekodex“<br />

oder bei der zielgruppengerechten Ansprache<br />

über eine Online-Seite besteht noch Handlungsbedarf.<br />

Der Ausbau der Aktivitäten der PräRIE-Bar<br />

durch den Aufbau eines zweiten BarTeams von<br />

jungen Erwachsenen wird sowohl verhaltens- als<br />

auch verhältnispräventiv wirken: verstärkte Präsenz<br />

attraktiver alkoholfreier Alternativen plus entsprechende<br />

Gesprächs-Anlässe (das Bar-Personal des<br />

neuen Teams rekrutiert sich überwiegend aus ausgebildeten<br />

PeerBeraterInnen!)<br />

Desiderate gibt es vor allem im Bereich „Kommunikation<br />

mit der Gastronomie“, „zielgruppenspezifische<br />

Medienprojekte“ sowie im Bereich „Kommunalpolitik<br />

und Verwaltung“. Gewünscht wird außerdem<br />

für den weiteren Projektverlauf eine professionelle<br />

Public-Relation mit Jahresplanung. Zusätzlich sollen<br />

die Aktivitäten auch auf Erwachsene ausgedehnt<br />

werden, die wegen ihrer Vorbildwirkung ebenfalls


mit attraktiven alkoholfreien Alternativen „auf den<br />

Geschmack gebracht“ werden sollten. Konkrete Angebote<br />

für Schulen und Eltern stehen ebenfalls zur<br />

Diskussion.<br />

Auf jeden Fall soll in der neuen Laufzeit die Zusammenarbeit<br />

mit Wirten und anderen Ansprechpartnerin<br />

der Innenstadt verstärkt werden. Parallel dazu<br />

soll eine Online-Redaktion für das Medienprojekt<br />

„Bermuda-Stories“ aufgebaut und das Spiel „Blackout“<br />

für Schulen zur Verfügung gestellt werden, außerdem<br />

wird die Alkoholfreie Bar noch ausgebaut.<br />

Dafür wird in jedem Fall die Akquise ätzlicher Mittel<br />

notwendig sein, um den Ausbau und langfristigen<br />

Bestand dieser Teilprojekte nachhaltig zu sichern.<br />

63


8. Anhang<br />

Am Anfang stand eine Untersuchung: 2008 startete der Arbeitskreis Suchthilfe mit einer<br />

großangelegten Befragung in der Freiburger Innenstadt in der Nacht auf den 1. Mai<br />

2008, die im Herbst 2008 veröffentlicht wurde. Diese erneut vom Universitätsklinikum<br />

Freiburg ausgewertete Untersuchung wurde im Rahmen von PräRIE am 30. 04. 2010<br />

wiederholt – die Ergebnisse sind in einer Zusammenfassung hier im Anhang dokumentiert.<br />

Eine zweite Studie wurde von PräRIE mitfinanziert: Hier hat eine Diplomandin<br />

der Psychologie über Interviews mit Cliquen an ihren Freiburger Treffpunkten das<br />

Phänomen „Vorglühen“ bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beforscht. Eine Zusammenfassung<br />

der qualitativen Untersuchung gibt Einblicke in das Konsumverhalten<br />

der Zielgruppe von PräRIE.<br />

8.1 Freiburger StreetTalk 2010<br />

64<br />

Im Herbst 2008 wurden die Ergebnisse der Befragung<br />

„StreetTalk“ (Frühjahr 2008) in der Freiburger<br />

Innenstadt veröffentlicht. Mit der Wiederholung der<br />

Erhebung im Frühjahr 2010 wurde untersucht, inwieweit<br />

die Daten sich verändert haben.<br />

Die aktuelle Befragung wurde am 30.4.2010 zwischen<br />

21 Uhr und 1 Uhr von 22 geschulten InterviewerInnen<br />

des Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg in<br />

der Freiburger Innenstadt zwischen Bermudadreieck,<br />

Kaiser-Joseph-Str. Holzmarkt, Augustinerplatz<br />

und Bertoldstr. durchgeführt. Die Hälfte der Interviews<br />

fand in der ehemaligen Alkohol-Verbotszone,<br />

im Bermudadreieck statt. Um die Vergleichbarkeit<br />

der Befragungen sicherzustellen, wurde wie auch<br />

2008 in der Nacht auf den 1. Mai interviewt.<br />

Mit Hilfe eines standardisierten Interview-Fragebogens<br />

mit 13 Fragenkomplexen wurden 259 Personen<br />

befragt. Angesprochen wurden zufällig ausgewählte<br />

453 Personen, die an diesem Abend in der<br />

Innenstadt unterwegs waren. Bei der ersten Befragung<br />

am 30.04.2008 (E1) wurden 50 Interviews mehr<br />

geführt, die Ablehnungsquote der angesprochenen<br />

Personen ist vergleichbar. Der Altersschnitt ist bei<br />

der aktuellen Befragung (E2) leicht höher (E1=22,4<br />

E2=23,1 Jahre).<br />

Abb. 1<br />

Vergleich der Altersverteilungen der Stichprobe<br />

In der Innenstadt wird weniger<br />

getrunken<br />

Das auffälligste Ergebnis ist der Rückgang der Konsummenge.<br />

Im Vergleich zu „StreetTalk I“ (E1) zeigt<br />

sich ein klarer Unterschied bei dem Rückgang der<br />

Gesamtmenge konsumierten Alkohols pro Ausgehabend.<br />

Die verringerte Alkoholmenge kann am deutlichsten<br />

in der Gesamtstichprobe (p


Abb. 3<br />

0,4% der Aussagen der Kategorie „Frust“ zugeordnet<br />

werden.<br />

Weniger Gewalterlebnisse<br />

Um die Gewalterfahrungen der Innenstadtbesucher<br />

zu erfassen, wird gefragt, welche der folgenden Situationen<br />

in den vergangenen 12 Monaten erlebt<br />

wurden:<br />

Vergleich der Konsumhäufigkeiten<br />

chen als Jungs angeben, vor dem Innenstadtbesuch<br />

Alkohol zu konsumieren. In dieser Altersstufe<br />

haben die Mädchen die Jungs überholt. Mit zunehmendem<br />

Alter trinken Frauen jedoch weniger<br />

vor dem Innenstadtbesuch. Bei Männern hingegen<br />

nimmt die Menge bis zum 28. Lebensjahr stetig zu.<br />

Das Vorglühen passiert immer noch überwiegend<br />

zu Hause und fast ausschließlich mit Freunden.<br />

Um den Beratungs- und Behandlungsbedarf zu ermitteln<br />

wurden vier Screening-Fragen (CAGE-Test)<br />

eingesetzt. Bei deren Auswertung wurde deutlich,<br />

dass für knapp die Hälfte der Befragten die konkrete<br />

Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung besteht,<br />

was auf hohen <strong>Prävention</strong>s- und Interventionsbedarf<br />

hinweist. Bei knapp einem Viertel der Befragten<br />

finden sich außerdem Hinweise auf eine Alkoholproblematik.<br />

• Beleidigt/angepöbelt werden<br />

• Zu betrunken sein um zu laufen<br />

• Sexuell belästigt werden (z.B. begrapscht werden)<br />

• Bei einer Schlägerei auf der Straße beteiligt sein<br />

• Bei einer Schlägerei in einer Kneipe/Disco beteiligt<br />

sein<br />

• Ohne Wissen Alkohol in Getränk gemischt bekommen<br />

Hier wurde deutlich, dass selbst erlebte Beleidigungen<br />

eindeutig abgenommen haben (p


66<br />

Abb 5<br />

Veränderungen durch das Alkoholverbot<br />

Veränderungswünsche<br />

Am Ende der Interviews wurde mit einer offen gestellten<br />

Frage nach den Veränderungswünschen<br />

bezüglich der Situation in der Innenstadt gefragt.<br />

Bei der Auswertung wird deutlich, dass die meisten<br />

Antworten wenige thematische Bereiche wie Alkoholverbot<br />

oder Polizeipräsenz betreffen.<br />

Gut ein Viertel der Antwortenden hat keine Veränderungswünsche.<br />

Zum Teil wird dies als nicht notwendig<br />

erachtet, weil „die Situation gut ist, wie sie<br />

ist“, „man eh nichts machen kann“ oder „andere<br />

Städte viel schlimmer dran sind“. Ein kleiner Teil der<br />

Befragten sagt, die Situation habe sich gebessert,<br />

mehr sei nicht notwendig.<br />

Ein Viertel derer, die zum Thema Kontrolle/Beschränkung/Verbote<br />

Stellung bezieht, bewertet diese<br />

negativ oder lehnt sie ab. Dabei bezieht sich der<br />

Großteil dieser Äußerungen auf die Ablehnung der<br />

Einschränkung des freien Willens.<br />

Mehr als 10% der Aussagen zu den Veränderungswünschen<br />

in der Innenstadt beziehen sich auf die<br />

Polizeipräsenz. In 80% dieser Aussagen wird diese<br />

positiv bewertet. Der überwiegende Teil davon geht<br />

noch weiter und fordert mehr Kräfte oder härteres<br />

Durchgreifen der Polizei, 3 Antwortende wollen weniger<br />

Polizei vor Ort.<br />

Jeweils gut 5% der Veränderungswünsche beziehen<br />

sich auf die Themen Gewalt und Alkohol. Dabei<br />

wünschen sich die Antwortenden weniger Gewalt,<br />

Schlägereien, Alkohol und Betrunkene in der<br />

Innenstadt. Interessant ist dabei, dass in manchen<br />

Antworten eine Verbindung zwischen hohem Alkoholkonsum<br />

und Aggression konstatiert wird. Zwei<br />

exemplarische Aussagen sind<br />

• „nicht so viel Betrunkene, kein Stress, keine<br />

Angst“<br />

• „die pöbeln sind betrunken“<br />

Wiederum ein Viertel der Innenstadtbesucher äußert<br />

sich zu den Themen Kontrolle/Beschränkungen/<br />

Verbote. Die überwiegende Mehrheit derer (70%)<br />

bezeichnet diese Maßnahmen als gut oder fordert<br />

eine Ausweitung der Reglementierungen und deren<br />

Überwachung. Auffallend ist, dass Verbote und<br />

schärfere Kontrollen vorwiegend für die Jüngeren<br />

gefordert werden. Die Angebote der niederschwelligen<br />

Suchtberatung in der Innenstadt im Rahmen<br />

des PräRIE-Projektes werden überwiegend gut bewertet.<br />

Einige Befragte fordern eine Veränderung<br />

der Situation in der Innenstadt durch mehr <strong>Prävention</strong>,<br />

Aufklärung und Unterstützung.<br />

Beispielhafte Aussagen:<br />

• „dass Flatratesaufen abgeschafft wurde ist gut“<br />

• „überall Kameras aufhängen wie in Schottland“<br />

• „ab 20 h Alkoholverbot, Verkaufsverbot“<br />

• „Alkohol mit 21, dann hätte ich nicht mit 13 angefangen“<br />

• „zu leichte Verfügbarkeit von Alkohol für Jugendliche“<br />

• Stärkere Kontrolle auf Straße, dass Jugendliche<br />

nicht angepöbelt werden,<br />

• wie man es in Zeitungen liest“<br />

• „das Alkoholverbot sollte wieder eingeführt werden“<br />

• „Mehr Kontrolle der Minderjährigen“<br />

• „12-jährige sollten keinen Alkohol bekommen<br />

und nicht in Kneipen reinkommen“<br />

• StreetTalk II 27<br />

• „Mehr Sicherheitskontrollen, Security im Bermudadreieck“<br />

• „das Alkoholverbot sollte wieder eingeführt werden“<br />

• „Kinder und Jugendliche sollen besser vor dem<br />

Konsum geschützt werden“<br />

• „Alkoholverbot war gut“<br />

• „Alterskontrolle bei Flatrate-Angeboten“<br />

• „Mehr Sicherheitskontrollen, insbesondere für<br />

die Jungen, trinken zu viel“<br />

• „Alkomattests“


Einige Befragte haben konkrete Vorschläge, wie<br />

die aus ihrer Sicht notwendige Sucht- und Gewaltprävention<br />

aussehen sollte. Die Ideen reichen von<br />

vermehrter <strong>Prävention</strong> in den Schulen über Peergruppenarbeit<br />

bis hin zur gesamtgesellschaftlichen<br />

Verpflichtung. Hierbei wird auch gefordert, dass die<br />

„Pöbler und die, die Stress machen“, mit in die <strong>Prävention</strong><br />

mit einbezogen werden sollen.<br />

Bekanntheitsgrad und Bewertung der<br />

PräRIE-Projekte<br />

Bei der Frage nach der Bekanntheit der PräRIE-Teilprojekte<br />

wird deutlich, dass lediglich 5% der Interviewten<br />

den Projekttitel kennt. Damit assoziiert<br />

werden die Begriffe Alkohol, Drogen, Suchthilfe und<br />

<strong>Prävention</strong>. Nachfolgend eine Auswahl der offenen<br />

Aussagen, die in diesem Zusammenhang festgehalten<br />

wurden:<br />

• „ein Projekt um Jugendliche auf Alkoholkonsum<br />

aufmerksam zu machen“<br />

• „ganz gut, kann man mal reden“<br />

• „verantwortungsvolles Umgehen“<br />

Auffälliger sind die konkreten aufsuchenden Maßnahmen<br />

vor Ort. Seit Juni 2009 sind hauptamtliche<br />

Fachkräfte der Suchthilfe ungefähr einmal monatlich<br />

mit einem Bus und Stehtischen vor Ort. Außerdem<br />

werden im Rahmen des PräRIE-Projektes Peer-<br />

BeraterInnen ausgebildet, die als Ansprechpartner<br />

auf Augenhöhe im Bermudadreieck unterwegs sind.<br />

Zum Zeitpunkt der Befragung hatten 6 Einsätze der<br />

Peer-BeraterInnen stattgefunden.<br />

Der Stand am Bertoldsbrunnen und die Peer-Beratung<br />

sind bei über 12% der Innenstadtbesucher bekannt.<br />

Die Antwortenden, denen die Maßnahmen<br />

bekannt sind, wurden nach einer Bewertung nach<br />

Schulnoten gefragt. Dabei erhielt die Peer-Beratung<br />

im Durchschnitt die Note 2,2, die Suchtberatung am<br />

Stehtisch die Durchschnittsnote 2,6.<br />

Insgesamt lässt sich aus den Ergebnissen eine positive<br />

Bilanz v.a. hinsichtlich der präventiven Maßnahmen<br />

in der Innenstadt ableiten.<br />

Diskussion und Ausblick<br />

Die Resonanz bei der Befragung veranschaulicht,<br />

dass das Thema „Alkoholkonsum und die Auswirkungen“<br />

in Freiburg auf Interesse stößt. In den Interviews<br />

wird deutlich, dass die Alkoholpolitik und<br />

deren präventive Maßnahmen von den Personen,<br />

die sie wissentlich wahrnehmen, positiv bewertet<br />

werden. Dabei muss die <strong>Prävention</strong> nach fachlichem<br />

Standard auf mehreren Ebenen erfolgen, sowohl die<br />

Verhältnisse wie auch das Verhalten der einzelnen<br />

im Blick haben.<br />

Die verhältnispräventiven Maßnahmen in der Innenstadt<br />

wurden von den Befragten deutlich wahrgenommen.<br />

So ist das ehemalige Alkoholverbot fast<br />

allen Befragten bekannt. Interessant ist dabei die<br />

überwiegend positive Bewertung durch die Betroffenen,<br />

die sich äußern, sowohl des Alkoholverbots<br />

wie auch der Polizeipräsenz. Vor diesem Hintergrund<br />

kann die These aufgestellt werden, dass nicht<br />

das Verbot, sondern die Kontrolle des Verbotes, das<br />

Hinschauen und die Polizeipräsenz wirkt.<br />

Inwieweit durch das einstweilige Alkoholverbot in<br />

der Innenstadt eine Veränderung des Verhaltens von<br />

einzelnen Personen stattgefunden hat, kann durch<br />

die vorliegenden Daten nicht untersucht werden.<br />

Vielleicht wurden die früheren Innenstadtbesucher<br />

durch das Verbot aus dem Zentrum in die Stadtteile<br />

verdrängt, wie es von manchen Befragten angegeben<br />

wurde? Um auch dieses Problem anzugehen, ist<br />

es notwendig, dass die konkreten Maßnahmen weiter<br />

in die Außenbezirke getragen werden.<br />

Offenbar stellt sich die Situation in der Innenstadt<br />

nach der Aufhebung des Verbotes für die Befragten<br />

entspannter als vor zwei Jahren dar. Gewalterlebnisse<br />

sind signifikant seltener. Angemerkt werden<br />

muss, dass die Polizeipräsenz im Bermudadreieck<br />

auch ohne das Alkoholverbot weiterhin stark ist. Die<br />

erhobenen Daten vermitteln den Eindruck, dass die<br />

Situation sich beruhigt hat. Ob diese Beruhigung<br />

durch das Verbot oder die Polizeipräsenz begründet<br />

ist, bleibt offen. Aber die einschränkend-repressive<br />

Wirkung des Alkoholverbotes wird wahrgenommen.<br />

Im Gegensatz zu diesen verhältnispräventiven Maßnahmen<br />

erreichen Verhaltenspräventionen nur einen<br />

Teil der Zielgruppe, was durch den relativ niedrigen<br />

Bekanntheitsgrad des PräRIE-Projektes bei den<br />

Befragten deutlich wird. Diejenigen, die Kontakt mit<br />

PräRIE hatten, geben eine gute Bewertung ab, den<br />

anderen fallen die Aktionen zumindest nicht negativ<br />

auf. Vor allem der niederschwellige, aufsuchende<br />

Charakter der Suchtberatung vor Ort wird von den<br />

Befragten positiv hervorgehoben. Die Suchtberatung<br />

in der Innenstadt und die Peer-Beratung sprechen<br />

selektiv die Zielgruppe der jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen nächtlichen Innenstadtbesucher<br />

an. Auch bei der aktuellen Befragung stießen<br />

die InterviewerInnen wieder auf großes Interesse<br />

dieser Gruppe am zieloffenen Austausch über das<br />

Thema Alkohol. Durch die Ergebnisse der Screening-Fragen<br />

wird deutlich, dass 45% der Befragten<br />

umfangreichen Beratungsbedarf haben. Diese Sachlage<br />

sollte zu weiteren Aktionen motivieren.<br />

67


Eine klare Veränderung der Werte in Bezug auf den<br />

Alkoholkonsum ist besonders bei der Gruppe der<br />

jüngeren Befragten sichtbar geworden. Ob bei dieser<br />

Gruppe die ergriffenen Maßnahmen auf Verhaltens-<br />

und Verhältnisebene besonders gut wirken,<br />

kann durch diese Ergebnisse jedoch nicht bewiesen<br />

werden. Interessant wäre hier eine Längsschnittstudie<br />

mit der Fragestellung, inwieweit sich das Trinkverhalten<br />

der einzelnen Befragten verändert hat.<br />

Wie verhält es sich mit dem Konsum bei den jungen<br />

Menschen, die bei der ersten Stichprobe der Gruppe<br />

der 15-17jährigen zugeordnet waren? Bei der aktuellen<br />

Befragung würden sie in die Kategorie der 18-<br />

20jährigen aufrücken, in der höhere Konsummengen<br />

festzustellen sind. Trinken die älter gewordenen<br />

Interviewten nach gleichem Muster weiter? Da bei<br />

den beiden Stichproben nicht dieselben Personen<br />

befragt wurden, kann diese These jedoch mit den<br />

erhobenen Daten nicht untersucht werden.<br />

In den kommenden Jahren sollte die Entwicklung<br />

der Konsummengen im Blick behalten werden.<br />

Zu überprüfen ist, ob sich der positive Trend bei<br />

den Jüngeren fortsetzt. Dies beinhaltet die Frage,<br />

ob die heute 15jährigen mit zunehmendem Alter<br />

mehr trinken oder ob die moderateren Trinkmuster<br />

beibehalten werden. Und wie verhält es sich mit<br />

nachkommenden Generationen? Entwickeln sich<br />

die Konsumzahlen in dieser Gruppe mit steigendem<br />

Lebensalter weiter positiv? Dabei sollte besonders<br />

Augenmerk auf die Geschlechtsunterschiede gelegt<br />

werden. Schon bei der aktuellen Befragung glühen<br />

in der Gruppe der 15-17jährigen mehr Mädchen als<br />

Jungs vor. Wie wird sich diese Entwicklung fortsetzen?<br />

Betrachtet man die Konsummengen der verschiedenen<br />

Altersstufen, so stellt sich die Gruppe der<br />

18-20jährigen Männer als Hochrisikogruppe dar. Da<br />

der höchste Konsum vor 2 Jahren noch in der Gruppe<br />

der 15-17jährigen anzutreffen war, lässt sich eine<br />

wellenartige Entwicklung beschreiben. Obwohl diese<br />

Verschiebung nicht durch eine Längsschnittstudie<br />

am Verhalten einzelner Personen bewiesen wird,<br />

kann die These aufgestellt werden, dass die Hochkonsumenten<br />

älter geworden sind. Überprüft werden<br />

sollte hier, wie sich die Konsummengen weiter<br />

entwickeln. Verflacht die Welle mit zunehmendem<br />

Alter durch geringere Konsummengen? Es ist davon<br />

auszugehen, dass in dieser Hochrisikogruppe die<br />

Gefahr der Entwicklung von Abhängigkeits- oder<br />

Missbrauchsmustern relativ hoch ist. Wenn man<br />

bedenkt, dass der Kontakt zum Suchthilfesystem<br />

bisher größtenteils weit nach dem 40. Lebensjahr<br />

stattfindet, liegt die Forderung von frühezeitigeren<br />

Hilfen auf der Hand.<br />

Die Studie ist in voller Länge auf der Projektwebsite<br />

www.freiburg.de/praerie zu finden.<br />

Download unter der Adresse: http://www.freiburg.<br />

de/servlet/PB/show/1243930/StreetTalkIIBericht.pdf<br />

68


Literatur<br />

Anderson, Zara / Huges, Karen / Bellis A., Mark:<br />

Exploration of young people’s experience and<br />

preceptionsof violence in Liverpool’s nightlive.<br />

Liverpool, 2007.<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung<br />

(Hrsg.):<br />

Der Alkoholkonsum Jugendlicher und junger<br />

Erwachsener in Deutschland 2010. Kurzbericht zu<br />

den Ergebnissen einer aktuellen Repräsentativbefragung<br />

und Trends. Köln, 2011.<br />

Berner, Michael / Wahl Sonja:<br />

Freiburger StreetTalk. Ergebnisse einer Befragung<br />

in der Freiburger Innenstadt zu Alkoholkonsum<br />

und Gewalterleben. Freiburg i.Br., 2008.<br />

Projektteam:<br />

Wissenschaftliche Leitung: PD<br />

Dr. Michael Berner<br />

Wissenschaftliche Mitarbeit:<br />

Christoph Keim, Sonja Wahl, Jeanette Röhrig<br />

Kontakt:<br />

Universitätsklinikum Freiburg<br />

Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie<br />

Hauptstrasse 5 79104 Freiburg<br />

Michael.Berner@uniklinik-freiburg.de<br />

sonja.wahl@uniklinik-freiburg.de<br />

Berner, Michael / Wahl, Sonja:<br />

Ergebnisse des Freiburger „StreetTalk“, Freiburg<br />

2008 (II).<br />

Zum Download: http://www.freiburg.de/servlet/<br />

PB/menu/1218355_l1/index.html<br />

Keller, Stefan (Hrsg.):<br />

Motivation zur Veränderung. Das transtheoretische<br />

Modell in Forschung und Praxis. Freiburg<br />

i.Br., 1999.<br />

Polizeidirektion Freiburg, (Hrsg.:)<br />

Gewaltdelinquenz in der Altstadt von Freiburg.<br />

Untersuchung der Zusammenhänge zwischen<br />

Alkoholkonsum und der Begehung von Gewaltstraftaten<br />

nach Inkrafttreten der Polizeiverordnung.<br />

Freiburg<br />

Stadt Freiburg i.Br. (Hrsg.):<br />

Polizeiverordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums<br />

im öffentlichen Straßenraum. Freiburgi.<br />

Br. , 2007.<br />

Wahl, Sonja / Kriston, Levente / Berner, Michael:<br />

Drinking before going out – A predictor of negative<br />

nightlife experiences in a German inner city<br />

area. International Journal of Drug Policy (2009).<br />

Wahl, Sonja / Berner, Michael:<br />

Das Freiburger <strong>Prävention</strong>smodell PräRIE. Suchtmagazin<br />

5/2009, S. 37 – 41<br />

69


8.2. „Vorglühen“–<br />

eine qualitative Untersuchung<br />

70<br />

Hintergrund:<br />

Das Vorglühen als spezifische, noch junge Trinkpraxis<br />

Jugendlicher und junger Erwachsener wurde bisher<br />

wenig untersucht. Vorhandene Studien wurden<br />

überwiegend in den USA durchgeführt, wobei nicht<br />

vorbehaltlos davon ausgegangen werden kann,<br />

dass diese Erkenntnisse kulturübergreifend Gültigkeit<br />

besitzen. Ein zentrales Ergebnis der 2008 durchgeführten<br />

Befragung junger Kneipengänger „Street-<br />

Talk“ (Wahl et al., 2009) in der Freiburger Innenstadt<br />

war, dass das so genannte Vorglühen mit vielfältigen<br />

Risiken für junge Menschen assoziiert ist.<br />

Diese Ergebnisse wurden in Teilen in der Folgebefragung<br />

„StreetTalk 2“ repliziert (zu den Ergebnissen dieser<br />

Befragung siehe auch Keim in diesem Abschlussbericht).<br />

Um das als Risikoverhalten identifizierte<br />

Phänomen des Vorglühens genauer zu untersuchen,<br />

wurde von unserer Arbeitsgruppe ein Forschungsprojekt<br />

durchgeführt, das aus zwei Teilstudien bestand:<br />

In einer Teilstudie wurden mit Hilfe eines<br />

Online-Fragebogens über 800 SchülerInnen aus<br />

Freiburg und dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald<br />

zu ihren Trink- und Ausgehgewohnheiten befragt.<br />

Damit wurde eine umfangreiche deskriptive quantitative<br />

Datenbasis zum Thema Vorglühen generiert.<br />

Die zweite Teilstudie, die durch das Projekt PräRIE finanziell<br />

mitunterstützt wurde, legte den Fokus eher<br />

auf die Motive der Jugendlichen für das beschriebene<br />

Verhalten und ergründete in einem qualitativen<br />

Feldforschungsansatz mit der Hilfe von Gruppendiskussionen<br />

den Blickwinkel der Jugendlichen selbst.<br />

Das bedeutet, dass Teilstudie 1 den Fokus eher auf<br />

eine breite, umfassende Beschreibung im Sinne einer<br />

großen möglichst repräsentativen Stichprobe legte,<br />

während Teilstudie 2 das gleiche Phänomen eher in<br />

die Tiefe untersuchte und dabei versucht wurde, mit<br />

Hilfe weniger Betroffenen eine sehr exakte, profunde<br />

und in diesem Sinne ebenso umfassende Beschreibung<br />

des Konsumverhaltens zu generieren.<br />

Ziele:<br />

Das Hauptaugenmerk lag bei der hier beschriebenen<br />

qualitativen Teilstudie darauf, anhand der Äußerungen<br />

der Teilnehmer eine dichte Beschreibung<br />

über die Trinkpraktik des Vorglühens zu generieren.<br />

Zudem sollten Motive beleuchtet werden, die gemäß<br />

den Angaben der Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen das Vorglühen für sie, trotz der damit<br />

einhergehenden risikoreichen Konsequenzen, zu einer<br />

attraktiven Konsumform macht.<br />

Methode:<br />

Es wurden acht Gruppendiskussionen mit Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen an öffentlichen<br />

Plätzen in vier verschiedenen Stadtteilen Freiburgs<br />

geführt. Zwei Studienmitarbeiterinnen (zwei junge<br />

angehende Psychologinnen) suchten die Gruppen<br />

in den Abendstunden direkt an den Orten des Vorglühens<br />

auf, die sie vorher zum Teil durch Rücksprache<br />

mit der Polizei in Erfahrung gebracht hatten. Die<br />

Gruppen wurden freundlich angesprochen mit der<br />

Frage, ob sie zu einem Gespräch über ihre Ausgehgewohnheiten<br />

bereit wären. Zum Teil ergab sich<br />

von selbst ein schneeballartiges System, d.h. die Studienmitarbeiterinnen<br />

wurden von der einen Gruppe<br />

nach dem Gespräch auf eine weitere Gruppe verwiesen,<br />

die an einer anderen Stelle auch zum Vorglühen<br />

versammelt war. Diese Rekrutierungsart erwies sich<br />

als sehr lebensnah und ergiebig. Insgesamt nahmen<br />

33 Jugendliche und junge Erwachsene an den<br />

Diskussionen teil, wobei die Größe der einzelnen<br />

Gruppen zwischen drei und sieben Teilnehmern<br />

variierte. Die TeilnehmerInnen waren sehr kooperativ<br />

und auskunftsbereit. Die Gespräche wurden mit<br />

einem mobilen Aufnahmegerät aufgezeichnet. Die<br />

Auswertung der Daten erfolgte in Anlehnung an die<br />

Grounded Theory (Strauss & Corbin, 1998).<br />

Ergebnisse:<br />

Es konnten sowohl organisations-, als auch ablaufspezifische<br />

Kriterien und Regeln identifiziert werden,<br />

anhand derer die TeilnehmerInnen das Vorglühen<br />

praktizieren. Ein wichtiges Kriterium, das hier genannt<br />

sei, ist die so genannte „Alkoholeinkaufsanwerbung“<br />

– d.h. das Ansprechen von Personen über 18 Jahre<br />

mit der Bitte, für die Jugendlichen harte Alkoholika<br />

einzukaufen. Sehr häufig scheinen hierfür junge Erwachsene<br />

zwischen 18 und 20 Jahren ausgewählt zu<br />

werden, da diese noch nahe an der Lebenswelt der<br />

Jugendlichen sind, aber gleichzeitig schon über die<br />

Berechtigung verfügen, harte Alkoholika zu kaufen.


Ein wichtiges Motiv, das dem Vorglühen zugrunde<br />

liegt, ist es, wie zu erwarten war, Geld zu sparen, jedoch<br />

gehen die Motive bei Weitem über dieses singuläre<br />

Motiv hinaus. Aus den Aussagen der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen konnte man als<br />

weiteres Motiv für das Vorglühen erschließen, dass<br />

das gemeinschaftliche Konsumieren von Alkohol<br />

gruppendynamische Funktionen erfüllt, vor allem<br />

dass der Zusammenhalt in der Gruppe gestärkt<br />

wird. Es zeigt sich also, dass das gemeinsame Trinken<br />

eine bedeutende soziale Dimension im Leben der<br />

Jugendlichen innehat. Das Trinken vorab wurde von<br />

den Teilnehmern auch als Ritual genutzt, um bei<br />

den abendlichen Ausgehern, d.h. bei den Teilnehmern,<br />

die angaben nach dem Vortrinken üblicherweise<br />

ihren Stadtteil zu verlassen, die Gruppenkohäsion<br />

zu stärken. Es dient daher auch dazu, mit den<br />

„eigenen Leuten“ eine Art von Zugehörigkeitsritual<br />

zu zelebrieren, bevor mit der Innenstadt ein weitaus<br />

anonymeres und dadurch vermutlich sowohl<br />

spannenderes als auch bedrohlicheres Umfeld aufgesucht<br />

wird. Außerdem findet sich in unseren Ergebnissen<br />

auch das Motiv, gemeinsam Alkohol zu<br />

konsumieren, um negative Gefühle zu vergessen.<br />

Ein zentrales Konstrukt, auf das wir in unseren Daten<br />

stießen, sind die so genannten „Konsumgeschichten“:<br />

Jede(r) befragte Jugendliche verfügt<br />

über Geschichten über Erlebnisse beim Vorglühen,<br />

mit Hilfe dieser Geschichten positionieren sich die<br />

Jugendlichen zum einen innerhalb des sozialen<br />

Gefüges ihrer Peergroup. Außerdem scheint der<br />

gesamte Bereich des Vorglühens für die Jugendlichen<br />

ein Übungsfeld zu sein, in dem sie Aufgaben<br />

und Rollen, die zum Erwachsenwerden gehören,<br />

ausprobieren können. Dazu gehören Begriffe wie<br />

Verantwortung übernehmen, Grenzen austarieren<br />

und überschreiten und Konflikte austragen. Und<br />

schließlich stellt sich das Vorglühen an öffentlichen<br />

Plätzen für die Jugendlichen auch als Möglichkeit<br />

dar, in Opposition zur Erwachsenenwelt zu gehen,<br />

Plätze zu besetzen, die eigentlich den Erwachsenen<br />

vorbehalten sind und Reaktionen der Erwachsenen<br />

zu provozieren (vgl. auch Landolt & Backhaus, 2009).<br />

Insgesamt kann aufgrund unserer Daten geschlussfolgert<br />

werden, dass der öffentliche Alkoholkonsum<br />

mit anderen Jugendlichen für die jungen Menschen<br />

eine Möglichkeit ist, den in der Jugendzeit vorhandenen<br />

Konflikt zwischen empfundener Autonomie<br />

und der Einhaltung und Aushandlung gesellschaftlicher<br />

Normen zu bearbeiten.<br />

Als angestrebtes Ziel des Konsums kristallisierte sich<br />

bei den Befragten das Paradox eines „kontrollierten<br />

Kontrollverlusts“ heraus. Kompletter Kontrollverlust<br />

ist explizit nicht das Ziel des jugendlichen Alkoholkonsums,<br />

sondern wird im Gegenteil verurteilt und<br />

abgelehnt. Die Ergebnisse weisen insgesamt darauf<br />

hin, dass das Vorglühen und die damit verbundenen<br />

Risiken den Jugendlichen eine Möglichkeit bietet,<br />

„Risiko“ neu auszuhandeln.<br />

Schlussfolgerung:<br />

Eine wissenschaftlich fundierte Beschreibung der<br />

Konsumpraktik sowie der Motive, welche Jugendliche<br />

zu dieser bewegen, kann als Ansatzpunkt für<br />

<strong>Prävention</strong>s- und Interventionsmaßnahmen genutzt<br />

werden. Die Alkoholeinkaufsanwerbung, die als<br />

zentral für den häufig illegalen Konsum harter<br />

alkoholischer Getränke identifiziert werden konnte,<br />

könnte z.B. einen Ansatzpunkt für präventive<br />

Maßnahmen bilden. Dabei könnten z.B. erwachsene<br />

Personen, die von Jugendlichen potentiell für<br />

den Alkoholeinkauf angeworben werden, über<br />

das Vorglühen und die mit ihm einhergehenden<br />

Konsequenzen aufgeklärt werden. Ein weiterer<br />

denkbarer Ansatzpunkt für präventive Maßnahmen<br />

ist das Motiv der Suche nach einem Risiko (s.o.). Das<br />

Praktizieren des Vortrinkens ließe sich vermutlich<br />

beeinflussen, wenn bei den Teilnehmern durch eine<br />

Interventionsmaßnahme ein Aushandlungsprozess<br />

gegenüber risikoreichem Verhalten erreicht werden<br />

könnte, der z.B. bereits den Ankauf und den<br />

Konsum während des Vorglühens als gefährlich und<br />

ablehnungswürdig einstufen würde und nicht nur<br />

das Trinken bis zum Kontrollverlust.<br />

Projektteam:<br />

Dipl. Psych. Sonja Wahl, Dipl. Psych. Elena Wiesler,<br />

Prof. Dr. Gabriele Lucius-Hoene, PD Dr. med. Michael<br />

Berner<br />

Kontakt:<br />

Dipl. Psych. Sonja Wahl, Uniklinik Freiburg,<br />

Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie<br />

Hauptstraße 5, 79104 Freiburg<br />

sonja.wahl@uniklinik-freiburg.de<br />

Anmerkung: Ergebnisse aus qualitativ erhobenen Daten zusammenzufassen<br />

ist notwendigerweise mit einer Verkürzung<br />

und Einschränkung der gefundenen Erkenntnisse verbunden.<br />

Eine ausführlichere Beschreibung der Ergebnisse im Detail mit<br />

umfangreichen Auszügen aus den Originaldaten kann bei Interesse<br />

bei Frau Sonja Wahl (Kontakt s.o.) angefragt werden.<br />

Literatur:<br />

Landolt, S. & Backhaus, N. (2009). Alkoholkonsum<br />

von Jugendlichen als Praxis der Raumaneignung<br />

am Beispiel der Stadt Zürich. Geographica<br />

Helvetica, 64, 186-192.<br />

Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory:<br />

Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim:<br />

Beltz PVU.<br />

Wahl, S., Kriston, L. & Berner, M. (2010). Drinking before<br />

going out – A predictor of negative nightlife<br />

experiences in a German inner city area. The international<br />

journal of drug policy, 21, 251-254.<br />

71


9. Die aktiven Mitwirkenden<br />

im PräRIE-Projekt:<br />

Christa Armbruster<br />

Diplom-Sozialarbeiterin (FH), Leiterin des Nachsorgeverbundes<br />

für Abhängige, AWO. Gründerin der<br />

Frauen und Mädchen Suchtberatungsstelle „FrauenZimmer“<br />

in Freiburg.<br />

PräRIE-Schwerpunkt: Gewinnung, Ausbildung und<br />

Einsatz der PeerBeraterInnen<br />

Karin-Anne Böttcher<br />

Kulturwissenschaftlerin M.A.,Projektkoordinatorin<br />

im Sozial- und Jugendamt der Stadt Freiburg. Seit<br />

2008 „Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik“,<br />

vorher tätig in der Jugendengagement-<br />

Förderung und in der Öffentlichkeitsarbeit/Public<br />

Relations.<br />

PräRIE-Schwerpunkte: Projektmanagement, allgemeinen<br />

Koordinations- und Dokumentationsaufgaben<br />

sowie Entwicklung und Begleitung von Beteiligungsprojekten<br />

und Stadtteilarbeit; „Festkultur“<br />

und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Thomas Hodel<br />

Diplom-Sozialarbeiter (FH), Leiter der Suchtberatung<br />

Freiburg, AGJ Fachverband für <strong>Prävention</strong> und<br />

Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e. V.<br />

Seit 1981 in der Suchthilfe tätig, zunächst als therapeutischer<br />

Mitarbeiter in einer Fachklinik für Alkohol-<br />

und Medikamentenabhängige, seit 1996 als<br />

Leiter der Suchtberatung Freiburg.<br />

PräRIE-Schwerpunkte: „Aufsuchende Beratung in<br />

der Unfallchirurgie“, außerdem verantwortliche<br />

Zuständigkeit für Antragstellung und finanzielle Abwicklung<br />

des Gesamtprojekts.<br />

Christoph Keim<br />

Diplom-Pädagoge, Diplom-Sozialarbeiter (FH)<br />

Konzeption und Durchführung der Peer-Schulung,<br />

Begleitung der Einsätze<br />

Bärbel Köhler<br />

Dipl.-Psychologin im Leitungsteam der PSB FrauenZimmer<br />

- Suchtberatungsstelle für Frauen und<br />

Mädchen, Trägerverein: FrauenZimmer e.V. Seit<br />

1999 Mitarbeiterin der Suchtberatungsstelle FrauenZimmer,<br />

seit 2001 in der Leitung von FrauenZimmer.<br />

PräRIE-Schwerpunkte: Durchführung des Bausteins<br />

„Aufsuchende Arbeit mit riskant konsumierenden<br />

Jugendlichen im Krankenhaus“ und „geschlechtsspezifische<br />

Risikocheck-Gruppe: „Klick-it“ für riskant<br />

konsumierende Jugendliche“.<br />

Klaus Limberger<br />

Diplom Sozialarbeiter (FH), Leiter der Fachstelle<br />

Sucht Freiburg, bwlv-Baden-Württembergischer<br />

Landesverband für <strong>Prävention</strong> und Rehabilitation<br />

gGmbH. Seit 1986 in der Suchthilfe tätig, seit 1993<br />

als <strong>Prävention</strong>sfachkraft in der Psychosozialen Beratungsstelle<br />

für Alkohol- und Drogenprobleme des<br />

blv in Freiburg, seit 1996 Leiter der Beratungsstelle.<br />

PräRIE-Schwerpunkte: „Alkoholpolitik vor Ort“<br />

(Stadtteilarbeit); „Was Geht?!“-Gruppe für junge<br />

Erwachsene und „Aufsuchende Suchtberatung im<br />

Polizeigewahrsam“; „Festkultur“.<br />

Jeanette Piram<br />

Diplom Psychologin, Systemische Paar- und Familientherapeutin,<br />

Leiterin Drogenhilfe-Freiburg, AWO.<br />

Seit 1987 in der Suchthilfe tätig. Mitbegründerin<br />

und heute Leitung der Drogenhilfe Freiburg. Spezialgebiet:<br />

Schnittstelle von Jugendlichen und Sucht<br />

(seit 1990 im sozialpsychiatrischen Team einer kinderpsychiatrischen<br />

Praxis tätig).<br />

PräRIE-Schwerpunkte: verantwortlich für die Durchführung<br />

der jährlichen Fachtagungen sowie für<br />

die aufsuchende Arbeit in der Kinderklinik und das<br />

Gruppenangebot „Risiko-Check Klick it“ für männliche<br />

Jugendliche.<br />

Hanna Schönemann<br />

Diplom-Psychologin, Mitarbeiterin bei FrauenZimmer,<br />

Suchtberatungsstelle für Frauen und Mädchen.<br />

Konzeption und Durchführung der Peer-Schulung,<br />

Begleitung der Einsätze.<br />

Willi Vötter<br />

Dipl. Sozialarbeiter (FH); Sozialtherpeut (VT), Leiter<br />

Regio-PSB Freiburg der Evangelischen Stadtmission<br />

Freiburg e.V.. Arbeitet seit über 20 Jahren in der<br />

Beratung und Therapie von Suchtkranken mit dem<br />

Schwerpunkt Alkoholabhängige und Pathologische<br />

Glücksspieler/innen. In der <strong>Prävention</strong> vorwiegend<br />

Erfahrung mit betrieblichen Interventionsstrategien<br />

und Schulung von Multiplikator/innen.<br />

PräRIE-Schwerpunkt: Koordination „Suchtberatung<br />

am Stehtisch“.<br />

72


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Stadt Freiburg im Breisgau<br />

Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik und dem<br />

Arbeitskreis Suchthilfe Freiburg (AKSF).<br />

Aktive Mitglieder des Arbeitskreises PräRIE:<br />

Drogenhilfe Freiburg, Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Freiburg<br />

Fachstelle Sucht Freiburg, Baden-Württembergischer<br />

Landesverband für <strong>Prävention</strong> und Rehabilitation gGmbH<br />

Nachsorgeverbund für Abhängige, Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Freiburg<br />

Psychosoziale Beratungsstelle für Suchtgefährdete und Suchtkranke<br />

Evangelische Stadtmission Freiburg e.V.<br />

Stadt Freiburg i. Br. – Dezernat III, Sozial- und Jugendamt<br />

Suchtberatung für Frauen und Mädchen, FrauenZimmer e.V. Freiburg<br />

Suchtberatung Freiburg, AGJ Fachverband für <strong>Prävention</strong> und Rehabilitation<br />

in der Erdiözese Freiburg e.V.<br />

Universitätsklinikum Freiburg, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie<br />

Redaktion:<br />

Karin-Anne Böttcher M.A.<br />

Koordinationsstelle Kommunale Alkoholpolitik<br />

Stadt Freiburg i.Br.<br />

- Amt für Soziales und Senioren -<br />

Jacob-Burckhardt-Straße 1<br />

79098 Freiburg<br />

karin-anne.boettcher@stadt.freiburg.de<br />

73

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