PDF zum Download - Denkmalpflege Baden-Württemberg
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aufwendigen Gartentrakts mit Zier- und<br />
Nutzgärten auffüllen. Umgestaltung und<br />
Innenausmalung des Schlosses vertraute<br />
er seinem jugendlichen Freund Heigelin<br />
an, einem frühvollendeten Stuttgarter<br />
Kunstprofessor, der bereits fünfunddreißigjährig<br />
starb.<br />
Reichtum durch Armut<br />
1832 sind die klassizistischen Umarbeitungen<br />
weitgehend vollendet äußerlich sichtbar<br />
durch die Abwalmung des den Ort<br />
überragenden, mächtigen Schloßdachs.<br />
Johannes Gromer weist in seinem kundigen<br />
Gutachten darauf hin, daß diese Maßnahmen<br />
in einer Zeit großer Verelendung<br />
Schloß Köngen ist von verschiedenen<br />
»Bauepochen« geprägt: Die stuckierten<br />
Decken entstanden in der Barockzeit.<br />
gerade der ländlichen Gebiete <strong>Württemberg</strong>s<br />
vorgenommen wurden. Doch sieht er<br />
gerade darin den Grund für den erstaunlichen<br />
Stil- und Detailreichtum, mit dem<br />
das Köngener Schloß noch immer beeindruckt:<br />
die notwendige Sparsamkeit hat<br />
den Bauherrn um 1830 einfach dazu gezwungen,<br />
mit der vorhandenen Substanz<br />
behutsam umzugehen. Und dieser Erhaltungsgrad<br />
an architektonischer Substanz<br />
von Renaissance bis Klassizismus ist es<br />
auch, der das Schloß für die Öffentlichkeit<br />
heute wieder so interessant macht. Denn<br />
Das Gebäude birgt noch<br />
viele erhaltenswerte Details.<br />
nach Weishaars Renovationen gab es keine<br />
nennenswerten Veränderungen mehr.<br />
Von der Künstlerheimstatt<br />
<strong>zum</strong> Kulturtreff<br />
Bis in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts<br />
war das Schloß ein Hort der Kultur.<br />
Christian Mali, der niederländische Vorimpressionist,<br />
weilte häufig hier bei Malerfreunden.<br />
Nach 1945, so Gromers Gutachten,<br />
wurde es dann »zunehmend Unterkunft<br />
für sozial schwächere Mitbürger«<br />
und »dabei unübersehbar zernutzt«. Alles<br />
wäre dem Verfall geweiht gewesen, wenn<br />
sich die Gemeinde Köngen nicht 1991 entschlossen<br />
hätte, »nach jahrelangen Bemühungen«<br />
das Kulturdenkmal zu erwerben.<br />
Mittlerweile haben die Sicherungssanierungen<br />
begonnen. Sobald sie abgeschlossen<br />
sind, soll das Schloß insbesondere kulturellen<br />
Zwecken dienen. Das Nutzungskonzept<br />
sieht vor, im Erdgeschoß eine Cafeteria<br />
unterzubringen und im Blick auf<br />
das benachbarte Seniorenzentrum auch<br />
eine Begegnungsstätte. Der umfangreiche<br />
Gewölbekeller könnte für Ausstellungen<br />
und Vereinsfeste taugen.<br />
Der einstige Rittersaal ist der prächtigste<br />
und kunsthistorisch interessanteste Raum<br />
im Schloß. An der Wand Bildnisse römischer<br />
und deutscher Kaiser.<br />
Feiern im Geschichtsdenkmal<br />
Der kunsthistorisch bedeutsamste Raum ist<br />
der »Rittersaal« im 1. Stock, über den in<br />
Gromers Gutachten zu lesen ist: »Die architektonischen<br />
Formen der Fenster- und Portalrahmung<br />
- deutsche Renaissance mit<br />
vereinzelten spätgotischen Elementen -<br />
passen gut in das mittlere 16. Jahrhundert.<br />
Die Reihe von Bildnissen römischer und<br />
deutscher Kaiser an der Westwand dürfte,<br />
wenngleich mehrfach übermalt, ebenfalls<br />
in diese Zeit zurückreichen; da die Reichsritterschaft<br />
damals vor der kaiserlichen Bestätigung<br />
ihrer Reichsunmittelbarkeit stand<br />
(ausgesprochen 1561), stellen die Bildnisse<br />
als politisches Programm auch ein wichtiges<br />
Geschichtsdenkmal dar.«<br />
Hier, so plant es die Gemeinde, sollten einmal<br />
Empfänge, Lesungen und kleine Konzerte<br />
stattfinden. Die Außenanlagen, der<br />
große Schloßgarten am Übergang zu den<br />
fruchtbaren Feldern der Filderebene: eine<br />
schlichtweg ideale Gelegenheit <strong>zum</strong> Atemholen<br />
für jedermann. Wo gäbe es noch einen<br />
Platz, an dem sich württembergische<br />
Kulturgeschichte so überraschend und vielseitig<br />
pointierte - von der Jungsteinzeit bis<br />
zu Schickhardt, von den Römern bis <strong>zum</strong><br />
Umkreis der Schwäbischen Impressionisten?<br />
Die Denkmalstiftung<br />
schließt eine Lücke<br />
Die Absicht der Köngener Gemeindeverwaltung,<br />
die Anlage in ihrer überkommenen<br />
Würde und dichten historischen Substanz<br />
vom Landesdenkmalamt unterstützt<br />
zu erhalten und entsprechend zu restaurieren,<br />
ist nicht eben billig und würde den<br />
SOO-Seelen-Ort überfordern. Wieder einmal<br />
schließt hier die Denkmalstiftung eine<br />
Finanzlücke, die zwischen den zugesagten<br />
Mitteln des Denkmalamts und der Gemeinde<br />
entstanden ist. Damit ermöglicht<br />
sie, daß in dieser altehrwürdigen württembergischen<br />
Landschaft am Filderrand über<br />
dem Neckar und in Sichtweite des Albtraufs<br />
ein Denkmal überlebt. Ein Stück Baukultur<br />
in dieser ansonsten eher von beiläufiger Industriearchitektur<br />
geprägten Gegend.