sam machen können, daß das trotz vielfacher Anfeindungen in baukonstruktiver Hinsicht als Typenbezeichnung durchaus verwendungsfähige Bild des „Altoberschwäbischen Bauernhauses" zwar den Bereich des größeren ländlichen Bauernhauses im mittleren Oberschwaben für das späte 17 und das frühe 18. Jahrhundert relativ gut abdeckt, daß jedoch etwa in minder- oder halbstädtischen, nicht rein agrarisch strukturierten Siedlungen sowie im Bereich der sogenannten Sonderbauten (Schulen, Rathäuser, Amts- und Pfarrhäuser u.a.) andere Bautypen existieren, die zeitlich parallel <strong>zum</strong> „Altoberschwäbischen Haus" auftreten und somit der ländlichen Hauslandschaft des mittleren Oberschwaben eine weitaus größere Spannbreite verleihen. Trotz alledem war es eine Überraschung, als kürzlich in Bad Schussenried - im Herzen des betrachteten Gebietes - mit dem Gebäude Wilhelm-Schussen-Straße 46 ein Bauernhaus entdeckt wurde, das sich in zeitlicher Hinsicht als das älteste bislang bekannte außerstädtische Bauernhaus jener Gegend entpuppte, ohne dabei jedoch in konstruktiver Hinsicht einem der bislang bekannten Bautypen exakt zu entsprechen. „Das älteste Schussenrieder Bauernanwesen" Das Gebäude Wilhelm-Schussen- Straße 46 war der Schussenrieder Lokalgeschichte schon immer als das älteste Bauernanwesen des bis ins 19. Jahrhundert hinein nur kleinen Klosterortes bekannt. Archivalisch läßt sich die Hofstätte bis in das Jahr 1572 zurückverfolgen, als sie sich als Vollbauerngut lenensweise im Besitz eines Matthäus Kaufmann befand. Im Jahre 1644 ging das Anwesen an den Schneidermeister Gnahn über, dem es seine volksmundliche Bezeichnung als „Schneiderbauer" verdanken dürfte, während es amtlicherseits nach dem Hauspatron St. dementi us benannt wurde. Im 18. Jahrhundert gehörte <strong>zum</strong> Anwesen nur noch ein relativ geringer Grundbesitz, doch rühmt noch ein Lagerbuch von 1758 ein „groß erbautes Haus, dabei ein Rohrbrunnen in seiner Hofraite, und ein Baumgarten, dazwischen das Haus steht". Die Erbauung des heutigen Gebäudes wurde dagegen bislang in die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts - in die Zeit des Wiederaufbaues des Ortes nach den Verwüstungen und Plünderungen des Dreißigjährigen Krieges - datiert. Das Gebäude liegt etwas abseits des Marktplatzes an der Ostseite der die Hauptstraße des Ortes bildenden Wilhelm-Schussen-Straße. Es handelt sich um ein zweigeschossiges Bauernhaus mit mäßig steil geneigtem Vollwalmdach über längsrechteckigem Grundriß, das mit der westlichen, rückwärtigen Schmalseite zur Straße hin orientiert ist. Der östlich gelegene Wohnteii zeigt eine große Stube, eine rückwärtige Kammer und einen daran anschließenden Treppenflur im Erdgeschoß sowie drei Kammern und einen Flur im Obergeschoß. Westlich schließtsich daran ein gleichzeitiger Okonomiebereich mit Tenne, Stall und Schopf an, der ganz im Westen zur Straße hin durch einen späteren Wohnungsanbau des 19. Jahrhunderts abgegrenzt wird. Der an den Außenfronten weitgehend verputzte und teilweise massiv ersetzte Hausunterbau ließ zunächst kaum mehr größere Reste der einstigen Fachwerkkonstruktion vermuten, doch mochte man aufgrund der im Inneren freiliegenden atypischen Dachkonstruktion schon früh eine bauliche Sonderstellung des Hauses erwarten. Nur noch Fragmente: Die Fachwerkkonstruktion des FHausunterbaues Der Unterbau des Gebäudes umschließt die Reste einer zweigeschossigen Fachwerkkonstruktion aus der Eroauungszeit des Gebäudes. Die ursprüngliche, vor allem im Obergeschoßbereich noch erhaltene Konstruktion ist in Nadelholz abgezimmert und besitzt zweigeschoßhohe Bundständer, die einen zweischiffigen, fünfzonigen Grundriß festlegen. Zwischen den Ständern auf halber Höhe eingezapfte Geschoßriegel tragen streckenweise ein Zwischendeckengebälk zur Untergliederung des Innenraumes. Die Aussteifung des Fachwerkgerüstes erfolgt in den Außenwänden sowie in den mit einer Wandbildung versehenen Abschnitten der Innenwände durch wandhohe Streben, im Wirtschaftsbereich in den wandlosen Bereichen dagegen überwiegend durch teilweise verdoppelte, flach geneigte Kopfbänder. Der Wandbildung dient - soweit erkennbar - eine einfache Verriegelung mit Backsteinausfachung. Im Erdgeschoß haben sich in der Südostecke mit einer flach gespannten Bretter-Balken-Decke die Reste einer geräumigen Wohnstube erhalten. In der Nordostecke kann für den ursprünglichen Zustand eine Küche angenommen werden, während die westlich anschließende, deutlich schmälere Zone Flur und Treppenhaus aufnahm. Im Obergeschoß des Wohnteiles zeigen die Außen- und 90
■ 2 Grundriß des Obergeschosses. Der Bestand des 16. Jahrhunderts ist grau dargestellt ■ 3 Grundriß der Dachkonstruktion. Der Bestand des 16. Jahrhunderts ist grau dargestellt. ■ 4 Querschnitt durch den Tennenbereich (Systemdarstellung). i i 91