Bilder oder Chiffren? - Wolfram Fleischhauer

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Ich blätterte um. Ein neuer Briefwechsel begann dort. Doch diese Dokumente hatten weder zeitlich noch inhaltlich mit meinem Thema zu tun. Jemand hatte hier eine Art Lesezeichen hinterlassen <strong>oder</strong> möglicherweise vergessen. Ich nahm die Karte zur Hand. Fig 8 - Eintrittskarte-Recto Eine Einladung zu einer Ausstellungseröffnung. Kein Datum. Aber die Karte war ziemlich vergilbt. Offenbar lag sie schon ein paar Jahre in diesem Buch. Monsieur et Madame Jacques Bolle. Der Name machte mich stutzig, ohne dass mir sogleich bewusst wurde, warum. Ich betrachtete die Rückseite der Karte. Fig 9: Eintrittskarte - Verso
La Femme dans lárt Français. Offenbar verfolgte jener Herr Bolle ähnliche Interessen wie ich. Aber was hatte er da mit Bleistift an den Rand geschrieben? Ich drehte die Karte um und versuchte die handschriftliche Notiz zu entziffern. Und als mir das gelungen war, blieb ich einige Sekunden völlig reglos sitzen. Ich glaubte zu träumen: Fiig 10: Eintrittskarte - Detail 2 Décembre Ce nést pas la dernière depêche! - Jén ai retrouvé 200 autres! Chiffrées et presque illisibles - . Dezember Dies ist nicht die letzte Depesche! - Ich habe noch 200 weitere gefunden! Chiffriert und kaum lesbar - Man wird leicht nachvollziehen können, was in diesem Augenblick in mir vorging. Ich erinnere mich, daß die triumphale Aussicht, diese Depeschen demnächst in der Hand halten und lesen zu dürfen, mir nach dem ersten Schock einen kleinen Jubelschrei entlockte, der von der Saalaufsicht mit einem strengen Blick geahndet wurde! Ich würde Jacques Bolle ausfindig machen, seinen Fund studieren. Und ich würde meinen Roman endlich zu Ende schreiben können, denn in diesen Depeschen mußten alle noch offene Fragen beantwortet sein. Anhand meiner Aufzeichnungen stellte ich fest, daß ich Jacques Bolle bei meinen Recherchen in Paris drei Jahre zuvor schon einmal begegnet war. Pourquoi tuer Gabrielle dÉstrées hieß die kleine Schrift, die er 1954 in Florenz herausgebracht hatte. Ein alter Leihschein belegte, daß die Studie mit vielen anderen Büchern in der Bibliothèque Nationale durch meine Hände gegangen sein mußte. Ich erinnerte mich nicht an das Buch, hatte es vermutlich aus Neugier bestellt und offenbar nur angelesen und dann ignoriert, da es ja eine wie mir schien falsche These zu beweisen suchte. Ich war mir damals schon recht sicher gewesen, daß Heinrich Gabrielle genauso getäuscht hatte wie Henriette dÉntragues, und so hatte auch keine Notwendigkeit bestanden, sie zu ermorden, wie Jacques Bolles Buchtitel mit Bestimmtheit verkündete. Hatte ich deshalb das Buch nur kurz angeschaut und dann zur Seite gelegt? Die Brüsseler Bibliothek verfügte über ein Exemplar der Studie, und ich las jetzt mit Staunen, daß der belgische Historiker zu Beginn der 50ér Jahre das Medici-Archiv in Florenz durchsucht und die fehlenden Depeschen zu Tage gefördert hatte. Eine Erklärung, warum diese Briefe in der Désjardins-Canestrini Ausgabe fehlten, stand im Nachwort: nach dem 2. Dezember 1598 begannen Bonciani und die anderen Agenten Ferdinands damit, ihre Depeschen zu verschlüsseln. Die Herausgeber, welche die Korrespondenz fast dreihundert Jahre später sichteten, wußten das offenbar nicht, so daß die verschlüsselten Depeschen nicht erfaßt wurden und unveröffentlicht geblieben waren. Jacques Bolle hatte sowohl diese Depeschen als auch den Code des Großherzogs Ferdinand gefunden. Doch selbst in Kenntnis des Codes schien es eine gewaltige Aufgabe zu sein, die Depeschen zu transkribieren. Jedenfalls entschlüsselte der belgische Historiker nur eine kleine Zahl der Depeschen und verfaßte dann eine recht unorthodoxe Studie, die dazu dienen sollte, das Forschungsinteresse für diesen Fall zu wecken. Warum wurde Gabrielle dÉstrées ermordet? Ja, warum eigentlich? Wieso versuchte Jacques Bolle ausgerechnet diese These zu beweisen, wo doch sein grandioser Quellenfund nahelegte, daß Gabrielle in Heinrichs wirklichen Heiratsplänen überhaupt keine Rolle spielte? Die entschlüsselten Briefe belegten nämlich, daß Heinrich während des Frühjahrs 1599 geheime Heiratsverhandlungen mit Florenz geführt hatte. Jacques Bolle hatte sich offensichtlich
Seite 1 und 2: Ein kunsthistorischer Kriminalfall?
Seite 3 und 4: in Beschreibungen überliefert sind
Seite 5 und 6: = Montpellier-Fassung (Fig. 7) Vign
Seite 7 und 8: Dass derartige Auf- und Inschriften
Seite 9: Nachfolgerin in der langen Reihe de
Seite 13: Fig 12: Detail Geschichte und Gesch

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