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Arten der Verwechslungsgefahr - Universität Konstanz

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<strong>Universität</strong> <strong>Konstanz</strong><br />

Fachbereich<br />

Rechtswissenschaft<br />

Prof. Dr. jur. Karl-Heinz Fezer<br />

Ordinarius für Bürgerliches Recht,<br />

Recht <strong>der</strong> Wirtschaftsordnung und Recht<br />

<strong>der</strong> internationalen Wirtschaftsbeziehungen<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Konstanz</strong> Postfach D 99 D-78457 <strong>Konstanz</strong><br />

<strong>Universität</strong>sstraße 10<br />

Telefax: (07531) 88-45 34<br />

Telefon: (07531) 88-0<br />

Durchwahl: 88-29 60/-29 96<br />

Sommersemester 2013<br />

Vorlesung Kennzeichenrecht<br />

Arbeitspapier 11<br />

<strong>Arten</strong> <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

Schwerpunktbereichsstudium<br />

„Rechtliche Grundlagen Internationaler Wirtschaftstätigkeit“<br />

Vertiefungsmodul Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht


- 2 -<br />

Inhalt<br />

A. Herkömmliche Nomenklatur und Systematisierung <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

3<br />

I. Irreführung über die Unternehmensidentität o<strong>der</strong> Unternehmensverbindungen<br />

3<br />

1. <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im engeren Sinne 3<br />

2. <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren Sinne 3<br />

II. Irreführung über die Zeichenidentität o<strong>der</strong> eine Zeichenabwandlung<br />

4<br />

1. Unmittelbare und mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im engeren<br />

Sinne 4<br />

a) Unmittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> 4<br />

b) Mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> 4<br />

2. Mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren Sinne 5<br />

B. Konzeption <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> in <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

nach <strong>der</strong> Rechtslage im MarkenG unter Einbeziehung des gedanklichen<br />

Inverbindungbringens 5<br />

I. Sprachgebrauch und Begrifflichkeit <strong>der</strong> Systematik zur MRL 5<br />

II. Systematisierung <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH und des BGH 6<br />

C. Das gedankliche Inverbindungbringen als ein zentrales Beurteilungskriterium<br />

<strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> 8<br />

I. Gedankliches Inverbindungbringen als eine markenrechtserhebliche<br />

Assoziationsgefahr 8<br />

II. <strong>Verwechslungsgefahr</strong> als eine Funktionsstörung <strong>der</strong> Marke 9


- 3 -<br />

A. Herkömmliche Nomenklatur und Systematisierung <strong>der</strong><br />

<strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

I. Irreführung über die Unternehmensidentität o<strong>der</strong> Unternehmensverbindungen<br />

Im Kennzeichenrecht allgemein und insbeson<strong>der</strong>e im Markenrecht wird traditionell zur<br />

Feststellung <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> bei einer Markenkollision zwischen einer Irreführung<br />

des Verkehrs über die Unternehmensidentität einerseits und einer Irreführung<br />

des Verkehrs über das Bestehen von Unternehmensverbindungen an<strong>der</strong>erseits unterschieden.<br />

1. <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im engeren Sinne<br />

Einer Irreführung über die Unternehmensidentität, die herkömmlicherweise als <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

im engeren Sinne bezeichnet wird, unterliegt <strong>der</strong> Verkehr dann, wenn<br />

die beteiligten Verkehrskreise aufgrund <strong>der</strong> Ähnlichkeit <strong>der</strong> Kollisionszeichen zu <strong>der</strong> irrigen<br />

Annahme verleitet werden, die markierten Produkte stammten aus ein und demselben<br />

Unternehmen. Verwechslungsschutz besteht, weil das Produkt einem falschen Unternehmen<br />

zugeordnet wird.<br />

2. <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren Sinne<br />

Einer Irreführung über das Bestehen von Unternehmensverbindungen, die herkömmlicherweise<br />

als <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren Sinne bezeichnet wird, unterliegt <strong>der</strong><br />

Verkehr dann, wenn die beteiligten Verkehrskreise zwar keiner Irreführung über die Unternehmensidentität<br />

unterliegen, weil <strong>der</strong> Verkehr zwar erkennt, es handele sich um verschiedene<br />

Unternehmen, jedoch aufgrund <strong>der</strong> Zeichenähnlichkeit vom Bestehen beson<strong>der</strong>er<br />

wirtschaftlicher Beziehungen o<strong>der</strong> engerer organisatorischer Zusammenhänge<br />

zwischen den Unternehmen ausgeht.


- 4 -<br />

II. Irreführung über die Zeichenidentität o<strong>der</strong> eine Zeichenabwandlung<br />

1. Unmittelbare und mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im engeren<br />

Sinne<br />

Eine weitere Unterscheidung innerhalb <strong>der</strong> <strong>Arten</strong> <strong>der</strong> markenrechtlichen <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

geht nach <strong>der</strong> herkömmlichen Nomenklatur dahin, innerhalb <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

im engeren Sinne zwischen unmittelbarer und mittelbarer <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

zu unterscheiden. Die Fallkonstellationen einer unmittelbaren o<strong>der</strong> mittelbaren <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

waren Sachverhalte einer Irreführung über die Unternehmensidentität.<br />

Die Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

als einer Fallkonstellation einer Irreführung über die Unternehmensidentität erfolgt danach,<br />

ob <strong>der</strong> Verkehr die Unterschiede zwischen den ähnlichen Zeichen <strong>der</strong> Markenkollision<br />

erkennt o<strong>der</strong> nicht erkennt. Als unmittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> wird die reine<br />

Zeichenverwechslung, als mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> namentlich die Serienzeichenverwechslung<br />

verstanden.<br />

a) Unmittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

Eine unmittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> liegt dann vor, wenn die Kollisionszeichen<br />

trotz <strong>der</strong> Zeichenunterschiede im Verkehr den Eindruck erwecken, es handele sich um<br />

ein und dasselbe Zeichen. Die Kollisionszeichen als solche werden miteinan<strong>der</strong> verwechselt<br />

mit <strong>der</strong> Folge einer Irreführung des Verkehrs über die Unternehmensidentität.<br />

b) Mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

Eine nur mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> als eine Fallkonstellation <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

im engeren Sinne einer Irreführung über die Unternehmensidentität<br />

liegt vor, ohne dass <strong>der</strong> Verkehr einer reinen Zeichenverwechslung zu unterliegen<br />

braucht, wenn <strong>der</strong> Verkehr zwar nicht die kollidierenden Zeichen als solche verwechselt,<br />

aber aufgrund <strong>der</strong> Ähnlichkeit <strong>der</strong> Zeichen das Zeichen des Dritten als eine Abwand-


- 5 -<br />

lung <strong>der</strong> geschützten Marke des Markeninhabers betrachtet und deshalb annimmt, die<br />

markierten Produkte stammten aus demselben Unternehmen.<br />

2. Mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren Sinne<br />

Im Schrifttum zum WZG wurde erwogen, unter den Verwechslungsschutz des Warenzeichens<br />

nach § 31 WZG auch die Fallkonstellation einer mittelbaren <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

im weiteren Sinne zu subsumieren (Baumbach/Hefermehl, § 31 WZG, Rn 23).<br />

Eine solche Ausdehung des Verwechslungsschutzes <strong>der</strong> Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 2<br />

MarkenG anzunehmen, wird unter dem gemeinschaftsrechtlichen Vorbehalt <strong>der</strong> Grundsätze<br />

<strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit und Erfor<strong>der</strong>lichkeit, sowie des Übermaßverbotes nur in<br />

ausnahmsweisen Fallkonstellationen gerechtfertigt sein. Bei solchen Fallkonstellationen<br />

wird es sich in <strong>der</strong> Regel um bekannte Marken im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG<br />

handeln, denen Markenschutz auch außerhalb des Produktähnlichkeitsbereichs unabhängig<br />

vom Bestehen einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong> zukommt.<br />

B. Konzeption <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> in <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

nach <strong>der</strong> Rechtslage im MarkenG unter Einbeziehung<br />

des gedanklichen Inverbindungbringens<br />

I. Sprachgebrauch und Begrifflichkeit <strong>der</strong> Systematik zur MRL<br />

Die nach <strong>der</strong> herkömmlichen Nomenklatur rechtserheblichen Referenzgrößen zur<br />

Systematisierung <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> waren die Irreführung über die Unternehmensidentität<br />

o<strong>der</strong> Unternehmensverbindungen einerseits, die Irreführung über die Zeichenidentität<br />

o<strong>der</strong> eine Zeichenabwandlung an<strong>der</strong>erseits. Der Rechtsprechung des<br />

EuGH und des BGH zum Rechtsbegriff <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> liegen die vergleichbaren<br />

Referenzgrößen zugrunde, auch wenn <strong>der</strong> Sprachgebrauch zur Systembildung nicht<br />

deckungsgleich ist. Der Grund für die sprachlich-begrifflichen Abweichungen bei <strong>der</strong><br />

Systematisierung <strong>der</strong> Fallkonstellationen <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> liegt nicht in den materiellrechtlichen<br />

Bezugsgrößen, son<strong>der</strong>n ergibt sich aus dem Umstand, dass das gedankliche<br />

Inverbindungbringen als eine Fallkonstellation einer bestehenden <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

in die Systematik einzubeziehen ist. Die Unterschiede im Sprachgebrauch


- 6 -<br />

und <strong>der</strong> Begrifflichkeit <strong>der</strong> Systematik <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> sind nicht dahin zu verstehen,<br />

es handle sich materiellrechtlich nicht um die vergleichbaren Fallkonstellationen<br />

<strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> wie nach <strong>der</strong> Rechtslage vor Inkrafttreten <strong>der</strong> MRL. Die materiellrechtliche<br />

Reichweite des Verwechslungsschutzes einer Marke bestimmt sich nach<br />

<strong>der</strong> inhaltlichen Konkretisierung <strong>der</strong> Zeichenkollision anhand <strong>der</strong> Markenkonzeption des<br />

EuGH, nicht nach <strong>der</strong> Systematisierung <strong>der</strong> einzelnen Fallkonstellationen.<br />

II. Systematisierung <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH und des<br />

BGH<br />

Der Rechtsprechung des EuGH liegt noch keine umfassende Systembildung <strong>der</strong> denkbaren<br />

<strong>Arten</strong> <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> zugrunde. Eine abschließende Systematisierung<br />

<strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH wird erst möglich sein, wenn weitere Sachverhalte, wie<br />

namentlich zu den nichtkonventionellen Markenformen und zu Markenfamilien, Gegenstand<br />

von weiteren Entscheidungen waren. Die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur<br />

<strong>Verwechslungsgefahr</strong> (s. als erste Grundsatzurteile EuGH, Rs. C-251/95, Slg. 1997, I-<br />

6191, GRUR 1998, 387 – Sabèl/Puma; s. dazu Fezer, NJW 1998, 713; Kur, MarkenR<br />

1999, 2; s. auch ; EuGH, Rs. C-39/97, Slg. 1998, I-5525, GRUR 1998, 922 – Canon; s.<br />

dazu Fezer, WRP 1998, 1123) kann gleichwohl dahin verstanden werden, dass sowohl<br />

die Fallkonstellationen einer unmittelbaren und mittelbaren <strong>Verwechslungsgefahr</strong>,<br />

als auch die Fallkonstellationen einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im engeren und weiteren<br />

Sinne unter den Verwechslungsschutz <strong>der</strong> Marke subsumiert werden können. Ob die in<br />

<strong>der</strong> deutschen Rechtsprechung zum WZG teils anerkannte Fallkonstellation einer mittelbaren<br />

<strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren Sinne, <strong>der</strong>en Begründung hinsichtlich <strong>der</strong><br />

ausschließlich rechtlich geschützten Herkunftsfunktion im Sinne eines Irrtums über die<br />

betriebliche Herkunft als gekünstelt erschien, mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben<br />

<strong>der</strong> MRL vereinbar ist, wird die Rechtsentwicklung zeigen.<br />

Der BGH anerkannte nach Inkrafttreten des MarkenG eine unmittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

im weiteren Sinne nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, wenn <strong>der</strong> Verkehr zwar die<br />

Unterschiede <strong>der</strong> kollidierenden Marken erkennt, aber wegen teilweiser Übereinstimmung<br />

<strong>der</strong> Kollisionszeichen von <strong>der</strong> Annahme wirtschaftlicher o<strong>der</strong> organisatorischer<br />

Zusammenhänge zwischen den Markeninhabern ausgeht (BGH GRUR 1997, 311, 313 –


- 7 -<br />

Yellow Phone; GRUR 2000, 608, 609 – ARD-1). In <strong>der</strong> weiteren Rechtsprechung des<br />

BGH wird zwischen einer unmittelbaren <strong>Verwechslungsgefahr</strong> einerseits und einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

im weiteren Sinne an<strong>der</strong>erseits unterschieden (BGH GRUR 2004,<br />

779 – Zwilling). Als unmittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> wird die Gefahr verstanden, dass<br />

das angegriffene Zeichen für die Klagemarke gehalten wird. Eine solche <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

könne allerdings auch in <strong>der</strong> Weise gegeben sein, dass zwar nicht die<br />

Gefahr von Verwechslungen <strong>der</strong> sich gegenüberstehenden Zeichen als solcher bestehe,<br />

aber die Gefahr, dass das angegriffene Zeichen – im Sinne <strong>der</strong> in § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG<br />

beson<strong>der</strong>s angesprochenen Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens <strong>der</strong><br />

Zeichen – infolge einer teilweisen Übereinstimmung in einem wesensgleichen Kern dem<br />

Inhaber <strong>der</strong> Klagemarke zugeordnet werde. Der BGH bezeichnet diese Fallkonstellation<br />

<strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> – irrtümliche Zuordnung wegen <strong>der</strong> Gefahr eines gedanklichen<br />

Inverbindungbringens – nunmehr nicht mehr ausdrücklich als mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong>,<br />

auch wenn diese Fallkonstellation <strong>der</strong> nach herkömmlichem Verständnis<br />

als mittelbare <strong>Verwechslungsgefahr</strong> bezeichneten Fallkonstellation entspricht.<br />

Auf die Sprachregelung kommt es nicht entscheidend an. Wesentlich ist vielmehr, dass<br />

<strong>der</strong> BGH die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens als ein Wertungskriterium<br />

innerhalb <strong>der</strong> Fallkonstellation <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> über die Unternehmensidentität<br />

berücksichtigt.<br />

Der BGH anerkennt auch die Fallkonstellation einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im weiteren<br />

Sinne, die allerdings nur bei Vorliegen beson<strong>der</strong>er Umstände angenommen werden<br />

könne (BGH GRUR 2002, 173, 175 – Marlboro-Dach; WRP 2004, 1046, 1050 – Zwilling).<br />

Bei dieser Art von <strong>Verwechslungsgefahr</strong> erkenne <strong>der</strong> Verkehr zwar die Unterschiede<br />

zwischen den Zeichen, gehe aber wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung von organisatorischen<br />

o<strong>der</strong> wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den Zeicheninhabern aus.


- 8 -<br />

C. Das gedankliche Inverbindungbringen als ein zentrales<br />

Beurteilungskriterium <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

I. Gedankliches Inverbindungbringen als eine markenrechtserhebliche<br />

Assoziationsgefahr<br />

Der Kollisionstatbestand einer Markenrechtsverletzung wegen <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schließt die Gefahr ein, dass das kollidierende Zeichen<br />

mit <strong>der</strong> geschützten Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Bei <strong>der</strong> Formulierung<br />

des gedanklichen Inverbindungbringens als einer Fallkonstellation einer bestehenden<br />

<strong>Verwechslungsgefahr</strong> handelt es sich um eine Kompromissformel aus <strong>der</strong> Entstehungsgeschichte<br />

<strong>der</strong> MRL. Auf <strong>der</strong> einen Seite stand die For<strong>der</strong>ung, entsprechend dem<br />

Vorbild des Benelux-Warenzeichenrechts anstelle <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> auf die Gefahr<br />

einer gedanklichen Verbindung unabhängig von einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong> und<br />

damit auf eine bloße Assoziationsgefahr abzustellen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wurde die<br />

For<strong>der</strong>ung erhoben, an dem Begriff <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> im traditionellen Sinne<br />

eines Schutzes vor einer Irreführung über die betriebliche Herkunft festzuhalten.<br />

Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH stellt <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> gedanklichen Verbindung<br />

keine Alternative zum Begriff <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong> dar. Dem Begriff des<br />

gedanklichen Inverbindungbringens kommt die Funktion zu, den Umfang <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

genauer zu bestimmen (EuGH, Rs. C-251/95, Slg. 1997, I-6191, GRUR<br />

1998, 387 – Sabèl/Puma; s. dazu Fezer, NJW 1998, 713). Das Vorliegen einer Assoziationsgefahr<br />

ohne das Vorliegen von <strong>Verwechslungsgefahr</strong> stellt keinen Verletzungstatbestand<br />

im Sinne des Verwechslungsschutzes einer Marke dar. Das Tatbestandsmerkmal<br />

des gedanklichen Inverbindungbringens und damit das Bestehen einer markenrechtlich<br />

erheblichen Assoziationsgefahr verlangt eine Konkretisierung des Begriffs <strong>der</strong> <strong>Verwechslungsgefahr</strong><br />

anhand eines multifunktionalen Markenrechtsverständnisses. Eine<br />

Assoziationsgefahr im Sinne eines gedanklichen Inverbindungbringens liegt nicht schon<br />

dann vor, wenn das Publikum das kollidierende Zeichen mit <strong>der</strong> geschützten Marke aus<br />

irgendwelchen Gründen o<strong>der</strong> auf irgendeine Art und Weise assoziiert. Es stellt nicht jegliche<br />

wie auch immer geartete gedankliche Assoziation eine markenrechtserhebliche


- 9 -<br />

Assoziationsgefahr im Sinne einer gedanklichen Verbindung dar. Eine rechtserhebliche<br />

Assoziationsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist markenfunktional zu begründen.<br />

II. <strong>Verwechslungsgefahr</strong> als eine Funktionsstörung <strong>der</strong> Marke<br />

<strong>Verwechslungsgefahr</strong> ist Assoziatiosgefahr, <strong>der</strong>en Reichweite markenfunktional zu<br />

bestimmen ist. Auf diese Weise wird die <strong>Verwechslungsgefahr</strong> markenfunktional als die<br />

Gefahr einer assoziativen Fehlzurechnung <strong>der</strong> Herkunftsidentität – in <strong>der</strong> Sprache des<br />

BGH Gefahr einer irrtümlichen „Zuordnung“ (BGH WRP 2004, 1046 – Zwilling) – durch<br />

die Verbraucher bestimmt. Der Verwechslungsschutz besteht vor Funktionsstörungen<br />

<strong>der</strong> Marke. Funktionsstörungen <strong>der</strong> Marke sind das markenrechtliche Referenzmodell,<br />

an dem die <strong>Verwechslungsgefahr</strong> als Gefahr einer fehlsamen Verbraucherassoziation<br />

aufgrund einer Markenkollision rechtlich zu bestimmen und zu beschreiben ist. Markenrechtsverletzungen<br />

bedeuten dysfunktionale Markenbenutzungen durch Dritte (s. zur<br />

Relevanz <strong>der</strong> Interessenbeeinträchtigung des Markeninhabers bei einer Markenverletzung<br />

EuGH GRUR 2002, 692 – Hölterhoff; zur Übernahme <strong>der</strong> Formulierung des EuGH<br />

durch den BGH siehe BGH GRUR 2003, 332 – Abschlussstück).<br />

In dem Marca/Adidas- Urteil des EuGH wird <strong>der</strong> Kontext des gedanklichen Inverbindungbringens<br />

mit <strong>der</strong> assoziativen <strong>Verwechslungsgefahr</strong> bei einer Zeichenübereinstimmung<br />

im Bedeutungsgehalt hergestellt (EuGH, Rs. C-425/98, GRUR Int. 2000, 899 –<br />

Marca/Adidas). Es wird festgestellt, dass die beson<strong>der</strong>e Unterscheidungskraft <strong>der</strong> prioritätsälteren<br />

Marke die <strong>Verwechslungsgefahr</strong> erhöhen und bei einer Ähnlichkeit in <strong>der</strong> Bedeutung<br />

zwischen <strong>der</strong> Marke und dem Zeichen zur Entstehung einer solchen Gefahr<br />

beitragen kann. Es wird allerdings zu Recht festgestellt, dass sich aus dem Bestehen<br />

einer Gefahr <strong>der</strong> gedanklichen Verbindung im engeren Sinne noch keine Vermutung<br />

einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong> ergibt. Das nationale Gericht ist nicht von <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

befreit, das Bestehen einer <strong>Verwechslungsgefahr</strong>, für die <strong>der</strong> Beweis zu erbringen ist,<br />

positiv festzustellen.

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