Taschenkarte zur Geschichte – Mali ( PDF , 1,4 MB ... - Bundeswehr
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<strong>Taschenkarte</strong> <strong>zur</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
<strong>Mali</strong>
Umschlagabbildung: Straßenszene in der Hauptstadt<br />
Bamako, <strong>Mali</strong><br />
picture-alliance
Wo liegt <strong>Mali</strong>?<br />
<strong>Mali</strong> liegt in Westafrika und ist ein Binnenland, hat also<br />
keinen direkten Zugang zum Meer. Seine Nachbarn<br />
sind im Norden Algerien, im Osten Niger, im Südosten<br />
Burkina Faso, im Süden Elfenbeinküste und Guinea, im<br />
Westen Senegal und im Nordwesten Mauretanien. Mit<br />
rund 1,24 Millionen Quadratkilometern ist <strong>Mali</strong> einer<br />
der größten Staaten in Afrika und rund dreieinhalbmal<br />
so groß wie die Bundesrepublik Deutschland.<br />
Wie gliedert sich seine Landschaft?<br />
Im Süden wird <strong>Mali</strong> vom Hochland der Oberguineaschwelle<br />
begrenzt. Es folgt als zentrale Achse der Fluss<br />
Niger, der vom Westen des Landes kommend in einem<br />
weiten Bogen die südlichen Landesteile von <strong>Mali</strong> durchfließt.<br />
In dieser südlichen Region, oft entlang des Nigers,<br />
befinden sich die großen Städte des Landes wie Bamako,<br />
Ségou, Sikasso, Koutiala, Mopti, Timbuktu oder Gao.<br />
Über die Sahelzone folgt nach Norden hin die Sahara.<br />
Die Sahara-Wüste nimmt rund 60 % der Landesfläche<br />
ein. Im Nord-Osten wird <strong>Mali</strong> von den Ausläufern des<br />
algerischen Ahaggar-Gebirges begrenzt. Dort steigen die<br />
Erhöhungen bis auf knapp 1000 m an.<br />
<strong>Mali</strong> ist ein warmes Land, was sich auch in seiner Landschaft<br />
widerspiegelt. Rund 60 % der Fläche werden von der Sahara-<br />
Wüste bedeckt.<br />
picture-alliance<br />
Wie ist das Klima?<br />
Im Süden herrscht insgesamt ein feucht-heißes Klima, im<br />
Norden ein trocken-heißes Wüstenklima.<br />
Es gibt drei Jahreszeiten. Trocken und mäßig warm ist<br />
es von November bis Februar. Von März bis Mai ist es
trocken und heiß. Besonders im Norden des Landes (Sahara)<br />
können heftige Staubstürmen auftreten. Von Juni<br />
bis Oktober ist es, vor allem im Süden, feuchtwarm und<br />
schwül, mit teils heftigen Regenfällen.<br />
Die jährlichen Niederschläge, die vor allem im Juli und<br />
August niedergehen, verteilen sich sehr ungleich auf<br />
das Land. Am höchsten sind sie im Süden, nach Norden<br />
nehmen sie kontinuierlich ab. In den nördlichen Landesteilen<br />
kommen teils mehrjährige Dürreperioden vor. Sie<br />
bringen gravierende Folgen für die dort lebende Bevölkerung.<br />
In der Sahara-Wüste sind Regenfällen generell<br />
sehr selten.<br />
<strong>Mali</strong> ist insgesamt ein sehr warmes Land. In der Hauptstadt<br />
Bamako beträgt die mittlere Tagestemperatur im<br />
Jahresdurchschnitt 27,8 °C. Die Spitzenwerte liegen im<br />
Süden bei 45 °C, im Norden (Sahara) teilweise über<br />
50 °C. Eine gewisse Vorsicht hinsichtlich der Temperaturen<br />
ist aber angebracht. So können zwischen Dezember<br />
und Februar in den Wüstengebieten des Nordens die<br />
Temperaturen in der Nacht auch auf unter 5 °C sinken.<br />
Was bedeutet <strong>Mali</strong>?<br />
In der Nationalsprache Bambara, die neben der Amtssprache<br />
Französisch die am häufigsten gesprochene<br />
Sprache im Land ist, bedeutet »<strong>Mali</strong>« so viel wie Nilpferd.<br />
Seit wann gibt es menschliche Besiedlung<br />
in der Region?<br />
Erste Spuren einer Besiedlung durch den Menschen lassen<br />
sich bis rund 33 000 v.Chr. <strong>zur</strong>ückverfolgen. Eine Kultur<br />
von Viehzüchtern findet sich dann ab ca. 4000 v.Chr.<br />
Ab 2000 v.Chr. beginnt der Ackerbau in <strong>Mali</strong>, während<br />
die Herausbildung von Städten ab 300 v.Chr. datiert.<br />
Was war das Königreich <strong>Mali</strong>?<br />
Das Königreich <strong>Mali</strong> war ein westafrikanisches Großreich,<br />
das seine Blütezeit von 1235 n.Chr. bis rund 1400 n.Chr.<br />
hatte und als das bedeutendste in der gesamten Region<br />
gilt.<br />
Seinen Ursprung hatte das Reich <strong>Mali</strong> in dem kleinen<br />
Staat Kangaba, der in der Nähe des oberen Niger-Flusses<br />
lag. Kangaba hatte ursprünglich verschiedene fremde<br />
Herren, zuletzt den Kriegerfürsten Sumanguru. Im Jahre<br />
1235 schlug Sundjata Keita (1235‐1255), ein berühmter<br />
Fürst aus Kangaba, Sumanguru und legte so den Grundstein<br />
für den Aufstieg <strong>Mali</strong>s. In den folgenden 20 Jahren<br />
seiner Regierung eroberte Sundjata Keita selbst mehrere<br />
benachbarte Gebiete, in denen unter anderem auch<br />
wichtige Handelszentren, Bergbaureviere und Goldfelder<br />
lagen. Dadurch förderte er den wirtschaftlichen
Aufschwung in seinem Reich und baute eine wirksame<br />
Verwaltung aus. Als Volksheld und Reichsgründer gefeiert<br />
nahm er den Titel Mansa an, was so viel wie König<br />
bedeutet.<br />
Um das Jahr 1312 bestieg Mansa Musa (ca. 1312‐1337)<br />
den Thron. Während seiner Regierung stieg <strong>Mali</strong> auf den<br />
Höhepunkt seiner Macht. Er kontrollierte effektiv sein<br />
Reich, sorgte sich um den Aufbau staatlicher Strukturen<br />
und förderte den Handel. Unter seiner Herrschaft wurden<br />
auch heute noch existierende Städte wie Timbuktu,<br />
Gao und Djenné berühmt. Auch außenpolitisch engagierte<br />
er sich und pflegte Kontakte zu den nordafrikanischen<br />
Staaten. Außerdem förderte er die Verbreitung des<br />
Islam. Als Moslem begab er sich selbst zwischen 1324<br />
und 1326 auf eine Pilgerreise nach Mekka. Dabei erregte<br />
er international wegen seines verschwenderischen und<br />
prunkvollen Auftretens Aufsehen.<br />
In <strong>Mali</strong> gibt es bedeutende Kulturschätze wie z.B. die Moschee<br />
in Timbuktu.<br />
picture-alliance<br />
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begann der<br />
Niedergang des Königreichs, bis sich sein Einflussgebiet<br />
im 15. Jahrhundert nur noch auf das ursprüngliche Gebiet<br />
Kangaba beschränkte. Die Gründe hierfür waren vielfältig:<br />
Aufstände in den eigenen Provinzen, Angriffe der Tuareg<br />
aus dem Norden und der Mossi aus dem Süden und<br />
nicht zuletzt der Aufschwung des neuen Reiches Songhay.<br />
Was war das Königreich Songhay?<br />
Songhay war ein westafrikanisches Reich, das im Wesentlichen<br />
zwischen 1464 und 1591 bestand. Während<br />
seiner größten Ausdehnung zu Beginn des 16. Jahrhunderts<br />
umfasste es nicht nur den größten Teil des heutigen<br />
<strong>Mali</strong>, sondern reichte nach Osten und Westen deutlich<br />
darüber hinaus.<br />
Der wichtigste Grund für seinen Untergang 1591 war<br />
eine Invasion marokkanischer Truppen. Daraufhin<br />
<strong>Mali</strong>, Timbuktu Timbuktu Mosque<br />
<strong>Mali</strong>, Timbuktu Timbuktu Mosque<br />
Bildnummer:<br />
30667948<br />
Aufnahme:<br />
Rechte: picture alliance / CHROMORANGE Urheber: TipsImages / Andrea Pistolesi
ach das Reich auseinander, Chaos und Instabilität in<br />
der gesamten Region waren die Folge. Mehrere kleine<br />
Herr schafts gebiete, die daraus entstanden, rangen in<br />
der Zukunft um die Vorherrschaft. Dieser Zustand hielt<br />
grundsätzlich bis zum 19. Jahrhundert an.<br />
Welche Rolle spielte Frankreich in<br />
der <strong>Geschichte</strong> von <strong>Mali</strong>?<br />
Ende des 19. Jahrhunderts drangen französische Kolonialtruppen<br />
aus dem Senegal, also von Westen, auf das Gebiet<br />
des heutigen <strong>Mali</strong> und besetzten es. 1892 gründeten<br />
die Franzosen die Kolonie Soudan. 1895 gliederte sie diese<br />
in das Generalgouvernement Französisch-Westafrika<br />
ein. Nach einer erneuten Verwaltungsumstellung blieb<br />
das Gebiet des heutigen <strong>Mali</strong> bis zu seiner Unabhängigkeit<br />
am 22. September 1960 unter der Bezeichnung Französisch-Sudan<br />
Teil des französischen Kolonialreichs.<br />
Die Eroberung der Region durch französische Truppen<br />
erfolgte nicht ohne Blutvergießen. Anfangs gab es eine<br />
einheimische Widerstandsbewegung gegen die Fremdherrschaft.<br />
Nachdem aber bereits 1894 Timbuktu von<br />
den Franzosen unterworfen wurde, endete der Widerstand<br />
vier Jahre später 1898.<br />
Wie vollzog sich die Unabhängigkeit<br />
<strong>Mali</strong>s 1960?<br />
In den 1950er Jahren verstärkte sich die Unabhängigkeitsbewegung,<br />
um eine Loslösung von Frankreich zu<br />
erreichen. Der Zusammenschluss mehrerer westafrikanischer<br />
Unabhängigkeitsparteien <strong>zur</strong> sogenannten RDA<br />
(Rassemblement Démocratique Africain = Afrikanische<br />
Demokratische Sammlung) trieb dieses Ziel voran. Bestimmend<br />
wurde die malische Sektion des RDA unter<br />
Mamadou Konaté. Nach dessen Tod 1956 folgte ihm als<br />
führende Kraft Modibo Keita (* 1915 † 1977). Nachdem<br />
eine kurzfristige Föderation mit Senegal, die sogenannte<br />
<strong>Mali</strong>-Föderation, gescheitert war, erklärte <strong>Mali</strong> am<br />
22. September 1960 seine Unabhängigkeit.<br />
Erster Präsident war Modibo Keita, der eine sozialistisch<br />
orientierte Politik betrieb. Die Landwirtschaft wurde<br />
kollektiviert und die Gründung von industriellen Staatsbetrieben<br />
gefördert. Gegner des Regimes wurden ausgeschaltet<br />
und teilweise als Zwangsarbeiter deportiert.<br />
Was waren die weiteren historischen<br />
Stationen zwischen den Staatsstreichen<br />
1968 und 1991?<br />
Letzten Endes scheiterte die Politik Keitas. 1968 kam es<br />
zu einem Staatsstreich des Militärs unter Führung von
General Moussa Traoré. Er richtete ein Militärregime ein<br />
und baute die staatliche Wirtschaft weiter aus. Aufgrund<br />
innenpolitischer Probleme suchte er eine verstärkte<br />
Anlehnung an Frankreich, also die ehemalige Kolonialmacht,<br />
und die Europäische Union (EU). Nach Massenkundgebungen<br />
und blutigen Unruhen, die vor allem<br />
in der Hauptstadt Bamako zahlreiche Opfer forderten,<br />
wurde Traoré 1991 durch reformwillige Soldaten unter<br />
Führung von Oberstleutnant Amadou Toumani Touré<br />
gestürzt.<br />
Warum galt <strong>Mali</strong> zwischen 1992 und 2012<br />
als politische »Vorzeigedemokratie« in<br />
Afrika?<br />
In den folgenden beiden Jahrzehnten entwickelte sich<br />
<strong>Mali</strong> zu einem weitgehend politisch stabilen Land. Dafür<br />
spricht, dass 1992 mit der Wahl Alpha Oumar Konarés<br />
die erste freie und demokratische Präsidentschaftswahl<br />
stattfand. Und zehn Jahre später, 2002 erfolgte der erste<br />
demokratische Führungswechsel mit der Wahl von<br />
Amadou Toumani Touré. Er wurde 2007 wieder gewählt<br />
und blieb bis zum Putsch 2012 im Amt.<br />
Was sind die Ursachen für den aktuellen<br />
Konflikt in <strong>Mali</strong> 2012/2013?<br />
Erstens: Einer der Auslöser war der Libyen-Krieg 2011<br />
und der damit einhergehende Zusammenbruch des<br />
Gaddafi-Regimes. Angehörige der Tuareg hatten als<br />
Söldner für Gaddafi gekämpft. In seinen Camps waren<br />
sie zu Wüstenkrieg und Guerillakampf ausgebildet worden.<br />
Während des politischen Zusammenbruchs gelangten<br />
sie an libysche Waffen wie Panzerabwehrminen oder<br />
Raketenwerfer. Mit dem Tod Gaddafis verloren die Tuareg<br />
gleichzeitig ihren Gönner und Arbeitgeber. Daher<br />
schlossen sie sich der Unabhängigkeitsbewegung der<br />
Tuareg im Norden von <strong>Mali</strong> an.<br />
Zweitens: Die Tuareg im Norden von <strong>Mali</strong> gründeten<br />
im Oktober 2011 die Unabhängigkeitsbewegung<br />
MNLA (Mouvement National<br />
de Libération de l‘Az<br />
= Natio nale Bewegung für<br />
die Befreiung des Azawad).<br />
Ihr Ziel ist die Schaffung<br />
eines unabhängigen Staates<br />
Azawad in der nördlichen<br />
Hälfte von <strong>Mali</strong>. Diese Bewegung<br />
erhielt wesentliche<br />
Verstärkung durch die<br />
Flagge Azawad<br />
schwer bewaffneten und gut ausgebildeten Tuareg aus<br />
Libyen.
Wenige Monate später, im Januar 2012 kam es zum<br />
Aufstand gegen die malische Regierung. Bis Anfang April<br />
konnten die Rebellen weite Teile des Nordens unter<br />
ihre Kontrolle bringen. Am 6. April proklamierten sie<br />
den autonomen Staat Azawad mit Gao als Hauptstadt.<br />
International wurde diese Unabhängigkeitserklärung<br />
nicht anerkannt.<br />
Drittens: Während im Norden von <strong>Mali</strong> um die Unabhängigkeit<br />
gekämpft wurde, kam es im Süden des Landes<br />
im März 2012 zum Militärputsch. Der amtierende<br />
Präsident Amadou Toumani Touré wurde abgesetzt und<br />
eine Gruppe von Offizieren unter Hauptmann Amadou<br />
Sanogo übernahm die Macht. Als Grund gaben die Putschisten<br />
an, dass der Präsident zu wenig energisch gegen<br />
die Rebellion im Norden vorgegangen sei und der Entwicklung<br />
weitgehend tatenlos zugesehen habe.<br />
Übergangspräsident wurde Dioncounda Traoré, die<br />
Übergangsregierung bildete Modibo Diarra. Die Situation<br />
im Süden des Landes wurde weiter destabilisiert<br />
durch einen Gegenputsch von Anhängern des abgesetzten<br />
Präsidenten Touré Ende April 2012. Die Unruhen in<br />
der Hauptstadt Bamako hielten auch in den folgenden<br />
Wochen an.<br />
Brücke über den Niger in der Hauptstadt Bamako.<br />
<br />
picture-alliance<br />
Viertens: Um ihr Ziel eines unabhängigen Azawad<br />
im Norden von <strong>Mali</strong> zu erreichen, verbündeten sich die<br />
weitgehend säkular eingestellten Tuareg mit verschiedenen,<br />
mehr oder weniger radikalen islamistischen Gruppen.<br />
Diese stammten nicht nur aus dem Norden von<br />
<strong>Mali</strong>, sondern auch aus Algerien oder Mauretanien und<br />
verfügten über zum Teil beste Beziehungen zu Al Kaida.<br />
Zu nennen sind Ansar Dine (= Helfer des Glaubens bzw.<br />
Verteidiger des Islam), Al Kaida im islamischen Maghreb<br />
(AQIM), die Bewegung für Einheit und Dschihad in<br />
Westafrika (MUJAO) und Al Muwaqiun bi-l Dam (= Die<br />
mit dem Blut unterschreiben). Die Bewertung dieser<br />
High angle view of a bridge across a river, Niger River, Bamako, <strong>Mali</strong><br />
High angle view of a bridge across a river, Niger River, Bamako, <strong>Mali</strong><br />
Bildnummer:<br />
24975953<br />
Aufnahme:<br />
Rechte: picture alliance / United Archives/DEA Urheber:
Gruppen im Einzelnen ist komplex. Es bestehen zwischen<br />
ihnen teilweise erhebliche Unterschiede hinsichtlich<br />
der ethnischen Zusammensetzung, ihrer politischen<br />
Ziele sowie ihrer ideologischen Ausrichtung. Auch gibt<br />
es immer wieder Neugründungen, so zum Beispiel die<br />
Splittergruppe Al Muwaqiun bi-l Dam, die sich erst im<br />
Dezember 2012 von der AQIM abgespalten hat und für<br />
das Geiseldrama in Algerien Mitte Januar 2013 verantwortlich<br />
ist. Allen Gruppen gemeinsam ist ihre Feindschaft<br />
gegenüber der Regierung in Bamako.<br />
Nachdem nun die säkularen Tuareg der MNLA vom<br />
Beginn des Aufstands im Januar 2012 bis April 2012 weite<br />
Teile des Nordens erobert hatten, wurden sie in den<br />
folgenden Monaten von den, zuvor verbündeten, islamistischen<br />
Gruppierungen verdrängt und u.a. aus den<br />
Städten Timbuktu, Gao und Kidal vertrieben. Die Islamisten<br />
wollen einen fundamentalistischen Gottesstaat<br />
errichten, nach dem Modell der Taliban in Afghanistan.<br />
Die Tuareg kontrollierten zum Jahreswechsel 2012/13<br />
nur mehr ein kleines Gebiet im äußersten Norden des<br />
Landes. Zuletzt boten sie sogar an, als Verbündete auf<br />
der Seite Frankreichs gegen die islamistischen Gruppierungen<br />
zu kämpfen.<br />
Wer sind die Tuareg?<br />
Im Gegensatz <strong>zur</strong> mehrheitlichen schwarzafrikanischen<br />
Bevölkerung im Süden von <strong>Mali</strong> gehören die hellhäutigen<br />
Tuareg im Norden <strong>zur</strong> Gruppe der Berber. Ihr Anteil<br />
an der Gesamtbevölkerung ist von rund 10 % um 1960<br />
auf heute nur mehr ca. 5 % geschrumpft. Damit wurden<br />
sie immer mehr <strong>zur</strong> Minderheit. Ihr Siedlungsgebiet erstreckt<br />
sich vom Süden Algeriens und Libyens über die<br />
Zentralsahara bis nach Niger, in den Norden von <strong>Mali</strong><br />
und in Teile des Tschad.<br />
Die Grenzziehungen <strong>zur</strong> Zeit der französischen Kolonialherrschaft<br />
Ende des 19. Jahrhunderts und deren Beibehaltung<br />
im Zuge der Unabhängigkeit 1960 brachte es<br />
mit sich, dass das Siedlungsgebiet der Tuareg heute über<br />
mehrere Staaten verteilt ist.<br />
In der Vergangenheit versuchten die Tuareg immer<br />
wieder, mehr Autonomie zu erhalten und sich gegen<br />
eine jahrzehntelange Benachteiligung zu wehren. Dazu<br />
griffen sie auch zu gewaltsamen Mitteln. Neben dem<br />
Aufstand 2012 war es z.B. bereits 2007/2008 zu einer Rebellion<br />
der Tuareg gekommen. Nachdem ein Abkommen<br />
vom April 2008 <strong>zur</strong> Beendigung der Kämpfe gescheitert<br />
war, startete die Regierung <strong>Mali</strong>s 2009 eine Militäroffensive<br />
gegen die Rebellen. Ein weiterer bedeutender Tuareg-Aufstand<br />
fand ab 1990 in <strong>Mali</strong> und Niger statt. Er<br />
konnte erst 1996 mit Hilfe Algeriens und der westlichen<br />
Staatengemeinschaft beigelegt werden. Nach ihrer Ent
waffnung wurden die Rebellen in die Armee integriert.<br />
Außerdem gestand man ihnen mehr politische Mitspracherechte<br />
und eine eigene administrative Region zu.<br />
Wie entwickelte sich die politische Lage<br />
<strong>zur</strong> Jahreswende 2012/2013?<br />
In der Nacht vom 10. zum 11. Dezember 2012 setzte der<br />
in den USA ausgebildete Hauptmann Amadou Sanogo<br />
den Premierminister Modibo Diarra fest und zwang ihn<br />
zum Rücktritt. Diarra, erst seit März 2012 von Sanogo ins<br />
Amt gebracht, verlor seine Unterstützung, da er u.a. <strong>zur</strong><br />
Bekämpfung der Islamisten im Norden einen internationalen<br />
Militäreinsatz befürwortet hatte. Sanogo, Präsident<br />
Traoré und das Militär setzten dagegen auf eine<br />
innerstaatliche Lösung. Nicht einmal einen Tag später<br />
(11. Dezember) ernannte Staatspräsident Traoré Django<br />
Sissoko zum neuen Regierungschef. Der Beamte war seit<br />
den siebziger Jahren im Staatsapparat tätig, in den letzten<br />
Jahren bis 2011 Generalsekretär des damaligen Präsidenten<br />
Touré und zuletzt Ombudsmann der Republik.<br />
In der Zwischenzeit bereitete die westafrikanische<br />
Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas einen Militäreinsatz<br />
mit rund 3300 Soldaten vor. Ziel dieses Einsatzes ist die<br />
Vertreibung der Islamisten aus dem Norden des Landes.<br />
Auch die EU will <strong>Mali</strong> militärisch unterstützen. Rund<br />
200 bis 250 Militärausbilder sollen in die Hauptstadt Bamako<br />
entsandt werden.<br />
Am 11. Januar 2013 trat Frankreich aktiv in den Kampf<br />
gegen die vorrückenden islamistischen Rebellen im Norden<br />
von <strong>Mali</strong> ein (Operation »Serval«). Die französische<br />
Luftwaffe flog Angriffe auf Ziele im Norden des Landes.<br />
Bis zu 2500 französische Soldaten sollten ins Land gebracht<br />
werden.<br />
Seit dem 11. Januar 2013 kämpfen französiche und malische<br />
Truppen gemeinsam.<br />
picture-alliance<br />
French and <strong>Mali</strong>an soldiers on patrol<br />
epa03551810 French soldiers drive ahead of <strong>Mali</strong>an soldiers in a convoy on a patrol in the<br />
recently liberated town of Diabaly, <strong>Mali</strong>, 23 January 2013. French forces continue their advance<br />
northwards in <strong>Mali</strong> with over 2,000 troops assisting <strong>Mali</strong>an forces in the fight against Islamic<br />
militants linked to al-Qaeda in the Islamic Maghreb. EPA/NIC BOTHMA<br />
Bildnummer:<br />
36392355<br />
Aufnahme: 20130123<br />
Rechte: picture alliance / dpa Urheber: Nic Bothma
Warum griff Frankreich militärisch<br />
in diesen Konflikt ein?<br />
Als ehemalige Kolonialmacht unterhält Frankreich nach<br />
wie vor intensive Beziehungen zu <strong>Mali</strong>. Rund 7000 Franzosen<br />
leben dort. Frankreich fürchtet um die Sicherheit<br />
der eigenen Landsleute dort. Außerdem befürchtet man<br />
Terroranschläge und die Bildung neuer Terrorzellen in<br />
Frankreich, wenn der Norden von <strong>Mali</strong> durch die Islamisten<br />
erobert und sich dort dauerhaft Trainingslager<br />
von Al Kaida etablieren würden.<br />
Wie steht es um die Wirtschaft in <strong>Mali</strong>?<br />
<strong>Mali</strong> gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Rund<br />
59 % der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze.<br />
Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner lag 2011 gerade<br />
einmal bei rund 650 US-$, das sind ca. 500 €. Im Vergleich<br />
dazu lag der Wert in Deutschland bei rund 44 000 US-$,<br />
also ca. 34 000 €. Nach einem Bericht der Vereinten Nationen<br />
belegt <strong>Mali</strong> im Index der menschlichen Entwicklung<br />
für das Jahr 2011 lediglich den Platz 175 von 187.<br />
Auf die wirtschaftliche Situation wirken sich die geografischen<br />
Gegebenheiten massiv aus. Die fehlende<br />
Meeresanbindung macht sich negativ auf den Handel<br />
bemerkbar. Eklatant ist auch die ungleiche Regenverteilung<br />
zwischen Nord und Süd. Die großen Wüstengebiete<br />
der Sahara im Norden, in denen vornehmlich die Tuareg<br />
beheimatet sind, lassen eine geregelte Landwirtschaft<br />
<strong>zur</strong> Selbstversorgung aus dem Land praktisch nicht zu.<br />
Zu gering sind die jährlichen Niederschlagsmengen. Die<br />
sich daraus ergebende ungleiche Verteilung der Nahrungsmittel<br />
innerhalb des Landes bringt immer wieder<br />
innenpolitische Probleme und fördert bei den Tuareg<br />
das Gefühl, von der Regierung im Süden benachteiligt<br />
zu werden.<br />
Devisen bringen vor allem der Export von Gold und<br />
Baumwolle ein. Die anhaltend hohen Preise für Gold<br />
und Baumwolle auf den Weltmärkten wirkten sich in<br />
den letzten Jahren positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung<br />
aus. Hauptdevisenbringer ist dabei Baumwolle.<br />
Rund 50 % der Erlöse werden hier erwirtschaftet.<br />
Schließlich gehört <strong>Mali</strong> zu den größten Baumwollexporteuren<br />
Afrikas.<br />
Langfristig sind die Uranvorkommen in <strong>Mali</strong> von Interesse.<br />
Das Nachbarland Niger, wo sich ebenfalls umfangreiche<br />
Uranlagerstätten befinden, ist bereits heute<br />
größter Uranproduzent Afrikas. Vor allem Frankreich,<br />
das für seine zahlreichen Atomkraftwerke Uran benötigt,<br />
werden auf diesem Gebiet wirtschaftspolitische Interessen<br />
nachgesagt. Weitere Bodenschätze in <strong>Mali</strong> sind<br />
zum großen Teil noch unerschlossen.
Zahlen, Daten, Fakten:<br />
Landesname:<br />
Größe:<br />
Bevölkerung:<br />
Hauptstadt:<br />
Republik <strong>Mali</strong>/République du <strong>Mali</strong><br />
1 240 000 km² (im Vergleich Bundesrepublik<br />
Deutschland: 357 000 km²)<br />
ca. 15 Millionen Einwohner<br />
Bamako ( ca. 1,8 Millionen Einwohner)<br />
Weitere Städte: Sikasso (ca. 230 000),<br />
Kalabancoro (ca. 170 000),<br />
Koutiala (ca. 140 000),<br />
Ségou (ca. 130 000),<br />
Timbuktu (ca. 55 000),<br />
Gao (ca. 90 000),<br />
Kidal (ca. 26 000)<br />
Amtssprache: Französisch. Daneben mehrere<br />
Nationalsprachen, unter denen Bambara<br />
die bedeutendste ist.<br />
Religionen:<br />
ca. 90 % Muslime, 5 % Christen, Anhänger<br />
diverser indigener<br />
(ursprünglicher) Religionen<br />
Staats- und Regierungsform:<br />
Staatspräsident:<br />
Premierminister:<br />
Unabhängigkeit (von<br />
Frankreich):<br />
Nationalfeiertag:<br />
laizistische Republik,<br />
Präsidialdemokratie nach<br />
französischem Vorbild<br />
(Übergangspräsident) Dioncounda<br />
Traoré (seit 12. April 2012)<br />
Django Sissoko<br />
(seit 12. Dezember 2012)<br />
22. September 1960 (Auflösung der<br />
bereits im April 1960 unabhängig<br />
gewordenen Föderation mit Senegal)<br />
22. September, Unabhängigkeitstag<br />
Bruttoinlands produkt<br />
(2011): ca. 10,5 Milliarden US-$<br />
Bruttoinlands produkt<br />
je Einwohner (2011): ca. 650 US-$ (ca. 500 €)<br />
Aids-Rate: unter 2 %
Übersichtskarte <strong>Mali</strong><br />
W<br />
E<br />
S<br />
T<br />
S<br />
A<br />
H<br />
BAMAKO<br />
A<br />
R Timbuktu<br />
A<br />
Niger<br />
Zouerat<br />
Staatsgrenze<br />
Straßen und andere Wege<br />
Eisenbahn<br />
Flughafen<br />
Hauptstadt<br />
Stadt<br />
See<br />
Fluss<br />
Fluss, periodisch<br />
Fläche Azawad<br />
Taoudenni<br />
0<br />
100 200 300<br />
ALGERIEN<br />
400<br />
500 km<br />
S A H A R A<br />
MALI<br />
Kidal<br />
S A H E L<br />
Seneg al<br />
S E N E G A L<br />
Gambia<br />
Kayes<br />
MAURETANIEN<br />
Timbuktu<br />
Goundam<br />
Léré<br />
Nioro du Sahel Nara<br />
Yélimané<br />
Mopti<br />
Bafing<br />
Kenieba<br />
Niger<br />
Didiéni<br />
Ségou<br />
Kita<br />
Koulikoro<br />
Kalabancoro BAMAKO<br />
Baoule<br />
Bagoe<br />
Niger<br />
Sikasso<br />
GUINEA<br />
Bougouni<br />
Bani<br />
Djenné<br />
Koutiala<br />
San<br />
Mouhoun<br />
Niger<br />
Gao<br />
Gossi<br />
Ansongo<br />
BURKINA FASO<br />
QUAGADOUGOU<br />
Naka moe<br />
In Talak<br />
Ménaka<br />
NIGER<br />
NIAMEY<br />
Nig er<br />
BENIN<br />
N I G E R<br />
I A<br />
GHANA<br />
SIERRA<br />
LEONE<br />
C Ô TE D‘IVOIRE<br />
Oti<br />
TOGO<br />
© MGFA<br />
06889-02
Stand: Februar 2013
Anregungen und Nachfragen richten Sie bitte an:<br />
Zentrum für Militärgeschichte<br />
und Sozialwissenschaften der<br />
<strong>Bundeswehr</strong> (ZMSBw)<br />
(vormals MGFA)<br />
Bereich Einsatzunterstützung<br />
Oberstleutnant i.G. Dr. Martin Hofbauer<br />
Zeppelinstraße 127/128<br />
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