Das verbotene Zimmer - Demo - DDR-Autoren
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Partei war für mich: Gegen das Westliche auftreten. Nicht im Westen einkaufen, nicht in die<br />
Funkausstellung gehen und nicht zur Grünen Woche, nicht ins Kino. Außer zu<br />
Flugblattaktionen überhaupt nicht in den Westen fahren, sondern drum herum. Zuerst etwas<br />
umständlich, dann mit dem Sputnik.<br />
Überhaupt, dieses leidige Reiseproblem: Es lohnte nicht, darüber zu sprechen, denn es gab<br />
Wichtigeres. <strong>Das</strong>, was uns interessieren konnte, erfuhren wir aus dem Fernsehen.<br />
Eigentlich genügte es doch, wenn die Fernsehleute herumfuhren, um uns zu informieren. Sie<br />
hatten das gelernt, Kameraführung, Kommentare, Akzentesetzen und so weiter. Wir wären<br />
nur so durch die Straßen gelaufen, ganz nutzlos. Mecklenburg war noch nicht erschlossen<br />
und viel erholsamer.<br />
Zum Beispiel, von der Mona Lisa gab es wirklich gute Reproduktionen. Außerdem hätte<br />
man nie gewusst, ob sie gerade gestohlen oder gefälscht und ausgetauscht war. Paris<br />
lohnte sich also nicht. In London war immer Nebel, da hätte man sowieso nichts gesehen.<br />
Außerdem wurden die Öfen nicht ordentlich geheizt. In der Schweiz gab es nur Banken. In<br />
Wien hätte man dauernd Sachertorte essen müssen. In Italien konnte man entführt oder<br />
beraubt werden, und es gab kein Kleingeld. Die Benelux-Länder waren sowieso nicht<br />
auseinanderzuhalten. In Stockholm war meistens Winter, der Alkohol teuer, und die meisten<br />
nahmen sich das Leben. Es blieb Westdeutschland. Aber da wäre man ohnehin ermordet<br />
und vergewaltigt worden oder in eine terroristische Bombe geraten. Es genügte also, dass<br />
sich andere langweilten oder in Gefahr brachten, uns also vertretend.<br />
Man musste schließlich unterscheiden zwischen dem, was unsere Menschen nicht oder<br />
noch nicht interessierte, und dem, womit man sie nicht überfordern sollte. In den höheren<br />
Ebenen hatte man sich nämlich schon damit vertraut gemacht und konnte das abschätzen,<br />
schonend rationierend in der Wirkung einplanen: Für die Öffentlichkeit war das allerdings<br />
nicht bestimmt.<br />
Ich kann Ihnen Informationen geben, die nur für diesen Kreis und sie sollten auch in diesem<br />
Kreis bleiben. Nur für den Dienstgebrauch. Der Minister hat mir in der vorigen Woche, der<br />
Erste Sekretär sieht das so. <strong>Das</strong> nur zu Ihrer Hintergrundinformation. Und der Informierende<br />
schwieg, hatte Sorgenfalten, wählte aus zwischen den wichtigen Sätzen, die der und der<br />
gesagt hat. Und bei dieser Bemerkung hat Er nachsichtig gelächelt, sagte der<br />
Informierende, dann gewöhnlich nachsichtig lächelnd zum Schluss.