«Humor ist eine Sache des gesunden ... - Nachttopf.ch
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12/2006 CURAVIVA 7<br />
SCHWERPUNKT Kultur<br />
Das <strong>ist</strong> in m<strong>eine</strong>n Augen der Begegnungsclown.<br />
■ Was <strong>ist</strong> das Besondere bei der Arbeit<br />
mit betagten Mens<strong>ch</strong>en?<br />
Briand: Im Altersberei<strong>ch</strong> geht es darum,<br />
reaktivierend zu arbeiten. Dur<strong>ch</strong> das<br />
Hervorholen alter Erinnerungen und<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten berühre i<strong>ch</strong> die Mens<strong>ch</strong>en<br />
auf <strong>eine</strong>r emotionalen Ebene und<br />
führe sie weg von der stets vorhandenen<br />
kognitiven Ebene.<br />
■ Warum <strong>ist</strong> La<strong>ch</strong>en wi<strong>ch</strong>tig?<br />
Briand: Humor <strong>ist</strong> ni<strong>ch</strong>t wi<strong>ch</strong>tiger als<br />
Essen, Trinken, S<strong>ch</strong>lafen und alle<br />
anderen Grundbedürfnisse. La<strong>ch</strong>en <strong>ist</strong><br />
ein Ausdruck mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Wohlbefindens.<br />
Ausgenommen das pathologis<strong>ch</strong>e<br />
La<strong>ch</strong>en während <strong>eine</strong>r Psy<strong>ch</strong>ose<br />
oder das in der Gesells<strong>ch</strong>aft übli<strong>ch</strong>e<br />
Verlegenheitsla<strong>ch</strong>en. E<strong>ch</strong>tes La<strong>ch</strong>en<br />
hat viel mit Vertrauen zu tun, das i<strong>ch</strong><br />
m<strong>eine</strong>m Gegenüber entgegenbringe.<br />
Wann und wo immer gela<strong>ch</strong>t wird,<br />
verändert si<strong>ch</strong> etwas grundlegend<br />
Wi<strong>ch</strong>tiges.<br />
■ Was?<br />
Briand: Beispiel: Situation «Aufnahmezimmer».<br />
Erstes Gesprä<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en<br />
Patient und Betreuungsperson. Graue<br />
Wände, steriler Boden, ein Tis<strong>ch</strong>, zwei<br />
Stühle, ges<strong>ch</strong>lossene Fenster und mit<br />
etwas Glück ein gelber Blumentopf.<br />
Der Patient steckt in <strong>eine</strong>r s<strong>ch</strong>weren<br />
Krise, <strong>ist</strong> stark verunsi<strong>ch</strong>ert und<br />
angespannt. D<strong>ist</strong>anziertes Frage-<br />
Antwort-Szenario. Eckdaten werden<br />
aufgenommen. Plötzli<strong>ch</strong> gibt <strong>eine</strong><br />
Situation Anlass zum gemeinsamen<br />
La<strong>ch</strong>en. Auf <strong>eine</strong>n<br />
S<strong>ch</strong>lag verändert<br />
si<strong>ch</strong> die ganze<br />
Atmosphäre im<br />
Raum. Das Eis <strong>ist</strong><br />
gebro<strong>ch</strong>en. Der<br />
Patient entspannt<br />
si<strong>ch</strong>, der Druck lässt<br />
na<strong>ch</strong>. Eine Vertrauensbasis<br />
baut si<strong>ch</strong><br />
langsam auf.<br />
andere sind Tendenzen. Wi<strong>ch</strong>tiger <strong>ist</strong><br />
mir die alltägli<strong>ch</strong>e Erfahrung, dass<br />
humorvolle Interaktionen die Stimmung<br />
in <strong>eine</strong>m<br />
Betrieb positiv<br />
stimulieren. Wenn<br />
Betreuer sagen, «so<br />
habe i<strong>ch</strong> Herrn<br />
Müller no<strong>ch</strong> nie<br />
erlebt», dann <strong>ist</strong><br />
mir das mehr wert,<br />
als wenn das<br />
La<strong>ch</strong>en den<br />
Blutdruck von<br />
Herrn Müller senkt.<br />
■ Wird La<strong>ch</strong>en zur<br />
neuen Therapieform?<br />
Briand: I<strong>ch</strong> wehre<br />
mi<strong>ch</strong> dagegen.<br />
Letzthin las i<strong>ch</strong> auf<br />
<strong>eine</strong>m Veranstaltungsplakat<br />
„La<strong>ch</strong>en <strong>ist</strong> ein Ausdruck<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Wohlbefindens.“<br />
■ Wel<strong>ch</strong>e Rolle<br />
spielt Dr. Hunter,<br />
alias «Pat<strong>ch</strong><br />
Adams», in der<br />
Humor-Medizin?<br />
Briand: Pat<strong>ch</strong> Adams<br />
zu m<strong>eine</strong>r Person:<br />
<strong>«Humor</strong>therapeut». Das ärgert mi<strong>ch</strong>.<br />
Humor <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>Sa<strong>ch</strong>e</strong> <strong>des</strong> <strong>gesunden</strong><br />
Mens<strong>ch</strong>enverstan<strong>des</strong> und ni<strong>ch</strong>t als<br />
Therapie im eigentli<strong>ch</strong>en Sinne<br />
geda<strong>ch</strong>t. Der Begriff «Therapie» wird<br />
heutzutage sehr strapaziert.<br />
war ein depressiver, suizidgefährdeter<br />
Mens<strong>ch</strong>, der si<strong>ch</strong> 1969 in den USA<br />
selber in <strong>eine</strong> psy<strong>ch</strong>iatris<strong>ch</strong>e Klinik<br />
einwies. Dort entdeckte er bei si<strong>ch</strong> die<br />
Fähigkeit, andere Mens<strong>ch</strong>en zum<br />
La<strong>ch</strong>en zu bringen. Das La<strong>ch</strong>en wirkte<br />
si<strong>ch</strong> positiv auf die Befindli<strong>ch</strong>keit der<br />
andern und si<strong>ch</strong> selbst aus. S<strong>eine</strong><br />
■ Sie haben no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts zur physis<strong>ch</strong>en<br />
Wirkung <strong>des</strong> La<strong>ch</strong>ens gesagt.<br />
Briand: Weil i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t viel dazu sagen<br />
mö<strong>ch</strong>te. Es gibt viele Theorien, wie<br />
si<strong>ch</strong> La<strong>ch</strong>en positiv auf den Körper<br />
auswirkt. Wirkli<strong>ch</strong> bewiesen sind nur<br />
wenige. Wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> erhärtet <strong>ist</strong>,<br />
dass La<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>merz lindert. Alles<br />
Depression vers<strong>ch</strong>wand vollständig.<br />
Wenn La<strong>ch</strong>en so wirksam Mens<strong>ch</strong>en<br />
heilen kann, dann werde i<strong>ch</strong> Arzt,<br />
sagte er si<strong>ch</strong>. Na<strong>ch</strong> abges<strong>ch</strong>lossenem<br />
Medizinstudium gründete er die erste<br />
Klinikclown-Gruppe in New York.<br />
Deshalb wird er heute als Vater der<br />
Klinikclowns bezei<strong>ch</strong>net.<br />
Gelotologie<br />
Gelotologie (von grie<strong>ch</strong>. Gelos; das La<strong>ch</strong>en) <strong>ist</strong> die Wissens<strong>ch</strong>aft der Auswirkungen <strong>des</strong> La<strong>ch</strong>ens.<br />
Gelotologen fors<strong>ch</strong>en in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Disziplinen und bemühen<br />
si<strong>ch</strong> um die Erfors<strong>ch</strong>ung der körperli<strong>ch</strong>en und psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Auswirkungen <strong>des</strong> La<strong>ch</strong>ens auf den<br />
Mens<strong>ch</strong>en. Die Gelotologie hat ihre Wurzeln in der 1953 in Palo Alto gegründeten Gruppe um<br />
Gregory Bateson. Ihre Fors<strong>ch</strong>ungsergebnisse wirkten revolutionär im Berei<strong>ch</strong> der Psy<strong>ch</strong>o- und<br />
Hypnotherapie. Heute arbeiten weltweit über 200 Psy<strong>ch</strong>ologen, Immunologen, Neurologen und<br />
Stressfors<strong>ch</strong>er auf diesem Gebiet. Dur<strong>ch</strong> die beständige Fors<strong>ch</strong>ung im Berei<strong>ch</strong> der Gelotologie<br />
bekommen La<strong>ch</strong>en und Humor im Sozial- und Gesundheitswesen <strong>eine</strong>n immer grösseren Stellenwert.<br />
(ak)<br />
■ Was wurde aus ihm?<br />
Briand: Heute <strong>ist</strong> er ein weltweit<br />
gefragter Referent und Seminarleiter.<br />
Mein Eindruck <strong>ist</strong> zwiespältig. Auf<br />
<strong>eine</strong>m neueren Video ers<strong>ch</strong>eint er als<br />
getriebener, etwas d<strong>ist</strong>anzloser Clown.<br />
Sein Status als Symbolfigur der<br />
Klinikclown-Bewegung <strong>ist</strong> für die<br />
praktis<strong>ch</strong>e Umsetzung im pflegeris<strong>ch</strong>en<br />
Alltag ni<strong>ch</strong>t hilfrei<strong>ch</strong>. I<strong>ch</strong> fragte<br />
ihn persönli<strong>ch</strong> an <strong>eine</strong>m Wo<strong>ch</strong>enende:<br />
«Was ma<strong>ch</strong>en wir mit den alten und<br />
kranken Mens<strong>ch</strong>en in unseren Institu-