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Predigt zur Jahreslosung 2012 am 06.05.2012 Ulrike Poppe ...

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Stahl“ gehärtet wurden, den Empfinds<strong>am</strong>en, den Mitleidenden drangen dann<br />

allerdings die graus<strong>am</strong>en Kriegserlebnisse besonders in die Seele und sie<br />

konnten daran krank werden. Wie viele an den Gräueln des 2. Weltkrieges<br />

seelisch zerbrochen sind, können wir heute nur ahnen. In der Nachkriegszeit<br />

waren Traumatherapien noch kaum bekannt.<br />

Alle gesellschaftlichen Entwicklungen hin zu mehr Gerechtigkeit,<br />

Menschlichkeit, alles das, was wir den zivilisatorischen Prozess der<br />

Menschheitsgeschichte nennen, hat seinen Ursprung in Empathie. Wir können<br />

es auch Nächstenliebe nennen. Erst wenn Unrecht in uns Empörung auslöst,<br />

kann die nötige Leidenschaft entstehen ohne die ein Engagement besonders bei<br />

hohen Risiken nicht denkbar ist. Und hier sehe ich die Kraft, die Jesus Christus<br />

den Leidenden oder Mitleidenden vermittelt. „Selig sind die Sanftmütigen, denn<br />

sie werden das Erdenreich besitzen. Selig sind die Barmherzigen, denn sie<br />

werden Barmherzigkeit erlangen“. Diese Verheißungen aus der Bergpredigt<br />

können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Welt nicht den<br />

Sanftmütigen und Barmherzigen gehört. Aber ohne sie wären wir verloren. Sie<br />

sind nicht der Mainstre<strong>am</strong>, aber Veränderung kommt immer von den<br />

gesellschaftlichen Rändern her. Das Aufbegehren entsteht unter Minderheiten,<br />

den Mühseligen und Beladenen, den Andersdenkenden, den Benachteiligten.<br />

Neue Ideen werden in Gruppen entwickelt, die aus dem Zeitgeist ausbrechen,<br />

Selbstverständlichkeiten in Frage stellen, Tabus brechen. Sie sind zu Beginn<br />

ihrer Entwicklung wie zarte Spitzen, die im Frühjahr aus der Erde schießen. Wie<br />

diese können sie an Wassermangel leiden, leicht zertreten oder durch stärkere<br />

Pflanzen verdrängt werden. Und doch kann aus ihnen ein mächtiger Baum<br />

wachsen oder gar ein ganzer Wald.<br />

Die Oppositionellen in der DDR, wie auch in den anderen Ostblockländern,<br />

waren schwach, gefährdet und immer wieder voller Zweifel, ob sie jemals ihre<br />

Ziele erreichen werden. Die Nachkriegsordnung mit ihrer Aufteilung der Welt in<br />

die Einflusssphären der Großmächte schien manifest und die Länder waren bis<br />

an die Zähne hochgerüstet. Hochentwickelte Staatssicherheitsapparate<br />

überwachten jede Widerstandsregung. Grundlegende Veränderungen waren<br />

nicht in Sicht. Was verlieh den Menschen dennoch die Kraft, an den Mauern des<br />

Systems zu kratzen? Gerade in der bedrängten Situation wuchsen ihnen Kräfte<br />

zu, die sie selbst nicht einmal erahnten. Die Empörung über die Agonie in der<br />

Gesellschaft, die Wut über die Lügen der Herrschenden, die Sch<strong>am</strong> darüber,<br />

dass alle die vermeintlichen Kleider des nackten Königs bewunderten und<br />

niemand ruft: Aber seht doch hin! Der König ist doch nackt!<br />

Begnadet sind wir, weil wir Empörung, Wut und Sch<strong>am</strong> empfinden können und<br />

weil die Freiheitssehnsucht nicht verlorengeht. Weil wir aus christlichen<br />

Glauben oder menschenrechtlicher Überzeugung – auch die Menschenrechte<br />

haben ja christliche Wurzeln – unseren Freiheitsanspruch als Ausdruck der<br />

Würde und der Bestimmung des Menschen vor Gott erheben. „Freiheit“, so sagt<br />

Wolfgang Huber, der frühere Bischof Berlin-Brandenburgs, „Freiheit<br />

verwirklicht sich nach christlichem Verständnis in der Gemeinschaft von

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