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debizz<br />
D E U TS C H S PR A C H I G E S W I R TS C H A F TS M A G A Z I N I N R U M Ä N I E N<br />
www.debizz.ro<br />
# 68<br />
November 2009<br />
© Grigore Popescu/Agerpres<br />
Designierter Regierungschef<br />
Mission impossible<br />
für Lucian Croitoru
DEBIZZ/NOVEMBER_2009/EDITORIAL<br />
Denkzettel<br />
Der IWF als Schlichter<br />
im Polit-Konflikt<br />
Was ist denn eigentlich so Besonderes passiert? Regierungschef<br />
Emil Boc (PDL) entließ Innenminister Dan Nica<br />
(PSD), die Koalition zwischen Bürgerlichen und Sozialisten<br />
zerschellte am Eklat, die Linken bildeten eine neue Mehrheit<br />
mit Liberalen und Ungarn und servieren die Regierung ab. Na<br />
und? Deutsche Leser, die das Tagesgeschehen in Rumänien<br />
mitbekommen haben, werden sich wohl noch an den September<br />
1982 zurückerinnern können, als die liberalen Minister der<br />
Schmidt-Regierung zurücktraten, die FDP ihr Bündnis mit der<br />
SPD aufkündigte, um sodann am 1. Oktober 1982 zusammen<br />
mit der CDU/CSU das Kabinett durch ein konstruktives Misstrauensvotum<br />
zu kippen. Es folgten Neuwahlen und dann<br />
wieder business as usual − Parteipolitik eben, heute Freunde,<br />
morgen Feinde, so geht das, alles stinklangweilig. In Deutschland<br />
vielleicht, in Rumänien nicht.<br />
Denn hier wirkt die Macht der Parteien über feinste Äderchen<br />
bis in die kleinste Dorfschule hinein. Alles wäre wohl halb<br />
so schlimm, würden nicht Präsident und Parlament um die<br />
Macht rangeln, würde der Grabenkrieg das Land nicht inmitten<br />
der Krise bis in die Kommunalpolitik hinein spalten und<br />
lahmlegen. Risiken und Kosten der derzeitigen Polit-Krise sind<br />
unkalkulierbar: Weil der Staatschef nicht den von der neuen<br />
Mehrheit auserkorenen Klaus Johannis als Premier designieren<br />
will und, umgekehrt, die Parteien mit Ausnahme der präsidentennahen<br />
PDL den vom Staatschef ernannten Finanzguru Lucian<br />
Croitoru ablehnen, steckt die Politik in einer Sackgasse. Die<br />
interimistische Boc-Regierung darf nur verwalten, nicht regieren<br />
– folglich auch keine Maßnahmen zur Reduzierung der gewaltigen<br />
Defizite in der Staatskasse ergreifen. Bislang verabschiedete<br />
Gesetze landeten – weil angeblich stümperhaft verfasst<br />
– beim Verfassungsgericht, das sich ausschweigt. Für Jeffrey<br />
Franks, den Chef der IWF-Mission, die in Bukarest prüfen<br />
sollte, inwiefern die Vorlagen des Abkommens mit Rumänien<br />
erfüllt wurden, war die Situation peinlich. Er musste, nolens<br />
volens, als adhoc-Schlichter eingreifen, da Präsident und Parteien<br />
sich mit IWF-Munition beschossen. Um die Position des anderen<br />
als moralisch unhaltbar darzustellen, malten sie Horrorbilder:<br />
Ohne IWF-Gelder würden die Fonds für die Auszahlung<br />
der Löhne von Staatsbediensteten sowie der Renten nicht<br />
ausreichen (böses Parlament, das den Ernst der Sachlage ignoriert!);<br />
Rumänien verliere durch das Hickhack 3 Milliarden<br />
Euro vom IWF (böser Präsident, hätte er dem Johannis-Vorschlag<br />
zugestimmt, wäre das Geld längst am Konto!). Franks<br />
musste diesmal nicht nur die obligaten Gespräche mit der Regierung<br />
absolvieren, sondern sich auch mit der Opposition-diekeine-Opposition-ist<br />
austauschen. Was er den Politikern als<br />
Lösung unter die Nase rieb, wird denen wohl kaum gefallen<br />
haben – nur eine Koalition der Kräfte könne das Problem lösen,<br />
keine Seite im Alleingang. Sollte das den Akteuren nicht in<br />
Bälde einleuchten, so dürfte der Druck der Straße für offenere<br />
Ohren sorgen: Die jüngst in Bukarest demonstrierenden Farmer<br />
und Viehzüchter rasteten aus, es kam zu Handgreiflichkeiten.<br />
Und spätestens dann ist es mit der Langeweile vorbei.<br />
..<br />
Alex Groblacher<br />
© Alex Micsik/Agerpres<br />
Foto des Monats – Protestwelle:<br />
Viehzüchter aus dem ganzen Land protestierten Ende Oktober<br />
vor dem Finanz- und Landwirtschaftsministerium wegen ausstehender<br />
Zahlungen der einschlägigen Subventionen, es kam zu Gerangeln mit den Ordnungskräften. Tags darauf<br />
demonstrierten die Angestellten der hauptstädtischen U-Bahn.<br />
debizz 3
debizz/INhalt<br />
17<br />
18<br />
19<br />
Politkrise zehrt am Leu<br />
Einkaufszentren scheitern an<br />
Investitionsflaute<br />
Wohnungsbau:<br />
Marktstabilisierung<br />
frühestens ab 2011<br />
20<br />
Überfällige Regelungen zu<br />
„IFN“ veröffentlicht<br />
3<br />
6<br />
7<br />
WIRTSCHAFT<br />
& FINANZEN<br />
Denkzettel<br />
Der IWF als Schlichter im<br />
Polit-Konflikt<br />
Fiskalpolitik<br />
Staatschef B`sescu:<br />
„Bin für die Erhöhung der<br />
Mehrwertsteuer“<br />
NEWS<br />
Klaus Johannis gibt nicht auf:<br />
Der Bürgermeister von Hermannstadt<br />
über seine Ambitionen auf das Amt<br />
des Regierungschefs (Seite 45)<br />
11<br />
13<br />
16<br />
Designierter Regierungschef<br />
Croitoru: „Es muss dringend<br />
Geld her“<br />
Interview des Monats:<br />
„Chancen gibt es mit und<br />
ohne Krise in allen<br />
Bereichen“<br />
Kanzlei Ha]egan:<br />
Österreichische Investitionen<br />
in Rumänien aus unserer<br />
Perspektive<br />
FOKUS<br />
21<br />
Spezialfinanzierer ordnen sich neu<br />
Bruchlandung am<br />
Leasingmarkt<br />
8<br />
9<br />
Analysten-Warnung:<br />
Politkrise gefährdet<br />
Abkommen mit dem IWF<br />
Wirtschaftskommentar<br />
Was Standard & Poor’s denkt<br />
Mag. Rudolf Lukavsky, österreichischer Handelsdelegierter<br />
für Rumänien und Moldawien (Seite 13)<br />
10<br />
Private Überschuldung<br />
Kreditrückstände möglicherweise<br />
bei 10 Milliarden RON<br />
4 debizz
debizz/INhalt<br />
34<br />
BUSINESS<br />
Kelag überlegt Markteinstieg<br />
/ Petrom in OMV Petrom umbenannt<br />
(Seite 55)<br />
35<br />
NEWS<br />
45<br />
Soll er oder soll er nicht…<br />
51<br />
NEWS<br />
36<br />
37<br />
38<br />
39<br />
40<br />
Unternehmer zur Regierungskrise<br />
„Solange sich die politische<br />
Lage nicht stabilisiert,<br />
liegen unsere<br />
Investitionspläne auf Eis“<br />
5 maßgebliche Tipps der<br />
Geschäftswelt für die neue<br />
Regierung<br />
Der Leasing-Markt<br />
Leute von heute<br />
Business-Village neben<br />
Technologiepark / Ausreichend<br />
Brotgetreide – Probleme<br />
sind jedoch vielseitig<br />
46<br />
47<br />
48<br />
49<br />
50<br />
2010 wird es wieder aufwärts<br />
gehen<br />
Schweighofer – Holzmarktführer<br />
in Rumänien / EGGER<br />
bietet „mehr aus Holz“<br />
Der Schweizer Erweiterungsbeitrag<br />
für Rumänien<br />
Holcim: Neues Millionen-<br />
Terminal in Bukarest /<br />
InterContinental Bukarest:<br />
Neueröffnung in luftigen<br />
Höhen<br />
Designierter Regierungschef<br />
Mission impossible für Lucian<br />
Croitoru<br />
52<br />
54<br />
55<br />
56<br />
57<br />
59<br />
Klaus Johannis gibt nicht auf<br />
Literatur-<br />
Nobelpreis für<br />
Herta Müller<br />
„Landschaften<br />
der<br />
Heimatlosigkeit“<br />
The Last Hour of Elena and<br />
Nicolae Ceau[escu<br />
Rumänien und seine zweifelhaften<br />
Spitzenpositionen<br />
Die Friedhofsspekulanten<br />
FREIZEIT<br />
41<br />
Hochschulabsolventen immer<br />
optimistischer und loyaler<br />
42<br />
„Kleines“ Oktoberfest für die<br />
Kronstädter<br />
44<br />
„Ein Stück Wien nach<br />
Hermannstadt gezaubert“<br />
(Seite 50)<br />
debizz 5
WIRTSCHAFT & FINANZEN<br />
Fiskalpolitik<br />
Staatschef B`sescu:<br />
„Bin für die Erhöhung der<br />
Mehrwertsteuer“<br />
© Alex Tudor/Agerpres<br />
Angesichts der gravierenden<br />
Haushaltmisere<br />
scheint<br />
2010 hierzulande<br />
ein Jahr schmerzlicher<br />
Steueranhebungen zu werden.<br />
Noch im September stritt<br />
Regierungschef Emil Boc jedwelche<br />
Überlegungen zum Thema<br />
der Erhöhung der Mehrwertsteuer<br />
und/oder der Flattax kategorisch<br />
ab, mittlerweile gibt<br />
zumindest Staatschef B`sescu<br />
offen zu, dass kein Weg mehr<br />
daran vorbei führt.<br />
Landesvater und Interimsregierung wollen Investoren<br />
zwar gnädig stimmen, vermiesen aber den Konsum<br />
Wohl um die hierzulande aktiven Investoren<br />
trotz schwerer Rezession bei<br />
Laune zu halten, erklärte der Staatspräsident<br />
bei einem Anfang Oktober stattgefundenen<br />
Wirtschaftsforum, eine Erhöhung<br />
der Mehrwertsteuer (derzeit<br />
19%) der potenziellen Anhebung der<br />
Einheitssteuer (derzeit 16%) auf jeden<br />
Fall vorzuziehen – schließlich wolle man<br />
die Wirtschaft nicht noch mehr belasten.<br />
„Mag der Internationale Währungsfonds<br />
(IWF) noch so sehr drängen, die<br />
Flattax bleibt unangetastet“, so Traian<br />
B`sescu gegenüber den beim Wirtschaftsforum<br />
anwesenden Investoren,<br />
berichtete die Presse.<br />
Wirtschaftsanalysten zufolge wird<br />
die Mehrwertsteuer höchstwahrscheinlich<br />
um 2 bis 3%, ergo auf 21-22% angehoben.<br />
Schon ein einziger Prozentpunkt<br />
mehr würde bei einem relativ<br />
gleichen Konsum wie 2009 etliche zusätzliche<br />
Milliarden Euro in die Staatskasse<br />
spülen. Im letzten Jahr hatten sich<br />
die MWSt.-Einnahmen auf 41 Milliarden<br />
Lei (rund 11 Milliarden Euro) belaufen,<br />
bei der maximal möglichen bzw.<br />
3%-igen Anhebung der Umsatzsteuer<br />
würden die Einnahmen des Staates dementsprechend<br />
wohl auf bis zu 13 Milliarden<br />
Euro ansteigen, beeilte sich das<br />
Wirtschaftsblatt „Ziarul Financiar“ auszurechnen.<br />
Aus dem Finanzministerium<br />
verlautbarte, dass der IWF bereits im<br />
Frühjahr auf einer Erhöhung der Mehrwertsteuer<br />
bestanden hatte, man habe<br />
sich letztendlich jedoch auf eine Beibehaltung<br />
ihres derzeitigen Prozentsatzes<br />
und stattdessen auf die Einführung der<br />
Mindeststeuer einigen können, so Ressort-Interimsminister<br />
Gheorghe Pogea.<br />
Die gleiche Maßnahme hatte der IWF<br />
auch im Rahmen seiner Verhandlungen<br />
mit den ungarischen Behörden gefordert,<br />
Budapest hatte daraufhin die Mehrwertsteuer<br />
auf 25% angehoben.<br />
Für die heimischen Verbraucher stehen<br />
demnach schwere Zeiten an, da diese<br />
sensible fiskalpolitische Maßnahme<br />
die Preise explodieren lassen wird – zu<br />
erwarten ist nämlich eine nichtlineare<br />
Preisentwicklung bei sämtlichen Waren<br />
und Dienstleistungen. Analysten warnen,<br />
dass eine Preissteigerung über präzise<br />
3% keineswegs gewährleistet werden<br />
kann, die meisten Verkäufer würden<br />
diese Gelegenheit ergreifen, um ihre<br />
Preise weit mehr anzuheben. Gleicher<br />
Ansicht ist auch die Geschäftswelt: Bei<br />
einer 3%-igen Anhebung der Umsatzsteuer<br />
würde der Endpreis zumeist um<br />
ganze 5% höher ausfallen, deshalb rechne<br />
die Arbeitgeberschaft mit erheblichen<br />
negativen Auswirkungen, erläuterte Cezar<br />
Coraci, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes<br />
UGIR 1903. „Zwar handelt<br />
es sich aus Arbeitgebersicht um eine<br />
absetzbare Steuer, nichtsdestotrotz werden<br />
auch wir betroffen, wenn die Verbraucher<br />
betroffen sind. Die Folgen sind<br />
leicht absehbar: Die Umsätze werden<br />
einbrechen, der Markt wird schrumpfen“,<br />
warnte Coraci.<br />
Last but not least kündigte das Finanzministerium<br />
Anfang Oktober auch<br />
die Anhebung etlicher Lokalsteuern und<br />
-abgaben – u.a. die Immobilien-, die<br />
Kfz- und Bootssteuer – zum 1. Januar<br />
2010 an, ein entsprechender Regierungsbeschluss<br />
wurde bereits im Amtsblatt<br />
veröffentlicht.<br />
Lilo Millitz-Stoica<br />
6 debizz
wIRTSCHAFT & FINANZEN/NEWS<br />
©sxc.hu<br />
©Grigore Popescu/Agerpres<br />
Explosion der<br />
Arbeitslosenzahlen<br />
Die Zahl der Arbeitslosen steigt beharrlich<br />
und wird auch im 1. Quartal<br />
2010 zunehmen, teilte Eugen Preda,<br />
Chef des einheimischen Beschäftigungsamtes,<br />
mit. Seine Behörde rechnet mit<br />
mindestens 750.000 Erwerbslosen bis<br />
Jahresende, die Arbeitslosenquote werde<br />
– bei insgesamt 9,7 Mio. Erwerbspersonen<br />
– folglich knapp 8% betragen.<br />
Erstmals seit 1991 habe die Arbeitslosenzahl<br />
kontinuierlich, über das ganze<br />
Jahr hinweg, zugenommen. „Eine derartige<br />
Lage hatten wir noch nie. Die Arbeitslosigkeit<br />
ist auch im 14. Folgemonat<br />
gestiegen“, so Preda mit Bezug auf<br />
den September, als sie um 0,3 Prozentpunkte<br />
auf 6,9% hochgeschnellt war.<br />
Die Zahl der Erwerbslosen ist mit über<br />
525.000 die höchste der letzten 5 Jahre<br />
bzw. seit April 2004, als 661.895 Arbeitslose<br />
registriert worden waren.<br />
Mit noch schlimmeren Daten rechnet<br />
der IWF, dessen jüngste Rumänien-<br />
Prognose für 2009 von einer 9,6%igen<br />
Arbeitslosenquote ausgeht, 2010 könnte<br />
sogar die 10-Prozent-Marke gesprengt<br />
werden. Die europaweit steigende Arbeitslosigkeit<br />
beunruhigt auch die EU,<br />
sie fürchtet dramatische Folgen für<br />
staatliche Sozialversicherungen. Kommissionsökonomen<br />
warnen, dass es<br />
auch nach der Krise weniger Jobangebote<br />
geben und die Langzeitarbeitslosigkeit<br />
deshalb steigen wird.<br />
Recovery-Rating<br />
für rumänische<br />
Kreditrisiken<br />
Die Ratingagentur Standard &<br />
Poors (S&P) hat letzten Monat in<br />
Europa „Recovery Ratings“ für besicherte<br />
Bankkredite eingeführt, die anzeigen<br />
sollen, wie viel Geld Kreditgeber in<br />
etwa zurückerhalten würden, falls der<br />
Schuldner insolvent wird. So dürfte bei<br />
einem Zahlungsausfall des rumänischen<br />
Staates mindestens die Hälfte – bzw.<br />
zwischen 50 und 70% – der offenen<br />
Auslandsverbindlichkeiten weiter bedient<br />
werden, deshalb habe man Rumänien<br />
ein „Recovery Rating“ von „3“ für<br />
Titel in ausländischen Währungen erteilt,<br />
informierte S&P. Das Rating basiere<br />
auf dem Szenario eines Zahlungsausfalls,<br />
bei dem es infolge eines andauernden<br />
Wirtschaftsrückgangs und politischer<br />
Unsicherheit zu einer "ungeordneten<br />
Anpassung des Wechselkurses" käme.<br />
Die resultierende Abwertung der<br />
Landeswährung könnte nämlich zu Verwerfungen<br />
an den Finanzmärkten führen,<br />
die den Staat zum Eingreifen zwingen<br />
würden. Ohne offizielle Kreditgeber<br />
dürfte es Rumänien allerdings schwer<br />
fallen, seine Finanzierungsbedürfnisse in<br />
diesem Szenario zu stillen. Gestützt werde<br />
das Rating durch die moderate<br />
Staatsverschuldung, die potenzielle Erhöhung<br />
der Exportkapazitäten und den<br />
flexiblen Wechselkurs des Landes, so<br />
S&P. Die Ratings für die Staatsverbindlichkeiten<br />
in Fremdwährungen (BB+/<br />
Negativ/B) und in Lokalwährung (BB-<br />
/Negativ/A-3) behielt S&P unverändert.<br />
Wirtschaftsrückgang<br />
im zweistelligen<br />
Bereich?<br />
An einem zweistelligen Rückgang<br />
der rumänischen Wirtschaft in 2009<br />
führe kein Weg vorbei, verlautbarte Liviu<br />
Voinea, Leiter der Gruppe für Angewandte<br />
Wirtschaft (GEA), der zudem<br />
seine Skepsis gegenüber den Einschätzungen<br />
des Prognoseamtes kund tat: Im<br />
„Kampf“ mit der Rezession „erzwinge“<br />
der Prognoseausschuss offenbar höhere<br />
Werte als die realen. „Eine im zweistelligen<br />
Bereich liegende Rezession ist unvermeidlich.<br />
Überlegen Sie doch rein mathematisch:<br />
Im 3. Quartal 2008 lag das BIP-<br />
Wachstum bei plus 9%. Da allein eine<br />
Stagnation einen 9%-igen Rückgang bedeutet,<br />
muss die gegenüber dem Vorjahr<br />
verzeichnete tatsächliche Schrumpfung<br />
von 7 bis 8% also hinzugezählt werden.<br />
Und dieses Ergebnis liegt eindeutig im<br />
zweistelligen Bereich“, so Voinea im Gespräch<br />
mit dem rumänischen Rundfunk.<br />
„Keineswegs glaube ich an die Prognose<br />
über einen Wirtschaftsrückgang von nur<br />
7,7% in 2009“, eröffnete der Ökonom,<br />
der darauf hinwies, dass die hiesige Rezession<br />
in den Monaten Juli, August und<br />
September eine besonders tiefe gewesen<br />
sei. Laut Voinea wird die Inflation<br />
künstlich unter Kontrolle gehalten, auch<br />
besteht eine Korrelation zwischen den<br />
unrealistischen Daten des Nationalen<br />
Statistikamtes und den Einschätzungen<br />
des Prognoseamtes.<br />
debizz 7
WIRTSCHAFT & FINANZEN/aussichten<br />
Analysten-Warnung: Politkrise<br />
gefährdet Abkommen mit dem IWF<br />
Das Aus der einheimischen Regierungskoalition<br />
sorgte auch in internationalen<br />
Wirtschaftskreisen für einigen<br />
Wirbel. Westliche Wirtschaftsanalysten<br />
befürchten, dass das derzeitige<br />
Zwerg-Kabinett bestehend aus 11 liberaldemokratischen<br />
Ministern, auf die insgesamt 20<br />
Mandate umverteilt wurden, nicht zugkräftig genug<br />
sein wird, um den harten Reformkurs samt<br />
seinen drastischen Sparmaßnahmen weiter zu<br />
fahren.<br />
Zurzeit sei völlig offen, ob „die rumänische Interimsregierung<br />
noch willens und imstande ist, die mit dem IWF vereinbarten<br />
Auflagen einzuhalten. Das ist, mit anderen Worten,<br />
des Pudels Kern“, erläuterte Koon Chen, Stratege bei Barclay’s<br />
Capital, der Nachrichtenagentur Reuters. Laut Chen<br />
ist nicht auszuschließen, dass die nächste Tranche des IWF-<br />
Notdarlehens Bukarest nur zögerlich, d.h. mit einigen Monaten<br />
Verspätung, erreicht. An einen Ausstieg der Regierung –<br />
egal welcher politischer Couleur oder Zusammensetzung –,<br />
aus dem Abkommen mit IWF, der EU und den anderen internationalen<br />
Finanzinstitutionen glaubt Chen hingegen nicht.<br />
Dessen Bedenken teilt Ionu] Dumitru, Chefvolkswirt der<br />
Raiffeisen Bank Romania, voll und ganz. Die jüngsten Regierungsturbulenzen<br />
sowie die inzwischen offen tobenden Machtkämpfe<br />
im Parlament hätten den politischen Spielraum des<br />
Rest-Kabinetts unweigerlich eingegrenzt und damit dessen<br />
Schlagkräftigkeit in punkto angestrebter Haushaltseinsparungen<br />
erheblich gemindert, dementsprechend könnte auch „das<br />
Abkommen mit dem IWF und der EU“ in Gefahr geraten – ein<br />
Aspekt, der sich eindeutig „negativ auf die Bonität Rumäniens,<br />
die Stabilität der Landeswährung sowie auf die Realwirtschaft“<br />
auswirken und die Rezession hierzulande nur noch vertiefen<br />
würde, so Dumitru. Tatsächlich hatten die Finanzmärkte<br />
bereits wenige Stunden nach Bekanntgabe des Koalitionsbruchs<br />
reagiert: Der Aktienindex BET büßte Anfang Oktober<br />
zwei Prozent ein, die Rendite der bis 2018 laufenden Staatsanleihen<br />
schnellte um 6 Basispunkte in die Höhe und der seit Monaten<br />
recht stabile Leu sackte gegenüber dem Euro urplötzlich<br />
ab – binnen 24 Stunden kostete ein Euro mit 4,2790 Leu über<br />
1,2 Prozent mehr als am Vortag.<br />
Kopfschmerzen bereiten den einheimischen Analysten<br />
zudem auch die potenziellen Reaktionen der Investoren. „Eine<br />
schwere Politkrise kann im Nu einen massiven Rückzug<br />
der Investoren einläuten. Das würde uns gerade noch fehlen<br />
... eben jetzt, wo Rumänien verzweifelt um Geldmittel bemüht<br />
ist, um sein Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren“, äußerte<br />
der rumänische Finanzexperte und Ex-Bankier Bogdan<br />
Baltazar gegenüber der Presseagentur AFP.<br />
© Cristian Nistor/Agerpres<br />
8 debizz
wIRTSCHAFT & FINANZEN/meinungsartikel<br />
Wirtschaftskommentar<br />
Was Standard & Poor’s denkt<br />
Seit mehreren Jahren sagen es viele<br />
offen: Standard & Poor’s (S&P) geht<br />
mit Rumänien subjektiv um, das Land<br />
werde viel zu drastisch abgewertet.<br />
Die Bewertungen für 2009 waren ein<br />
„BBplus/B“ für Anleihen in Fremdwährung<br />
und „BBB minus/A-3“ für<br />
Anleihen in Landeswährung, beide<br />
mit negativer Perspektive. Anfang Oktober<br />
bewertete S&P Rumänien dann<br />
mit einem Schuldenrating von „3“ für<br />
Fremdwährungsschulden. Dieser Indikator<br />
ist gewissermaßen neu.<br />
Erstens: Das neue Rating ist ein Indikator<br />
für die Schuldeneintreibung.<br />
Zweitens: Die Bewertung selbst (3 auf<br />
einer Skala von 1 bis 6) deutet auf eine<br />
bestimmte Prognose von S&P. Sollte<br />
Rumänien in eine Insolvenzlage schlittern,<br />
würden zwischen 50 und 70 Prozent<br />
der Schulden eingenommen werden,<br />
so das Ratingbüro. Dabei hat Rumänien<br />
nie, unter keinen Umständen,<br />
Schuldenzahlungen eingestellt. Ebenso<br />
klar ist, dass eine solche Situation auch<br />
in absehbarer Zukunft nicht eintreten<br />
wird.<br />
Die Agentur spielt mit Vermutungen.<br />
Sie gibt offen zu verstehen, dass<br />
ihr „Schuldenrating auf einem Szenario<br />
beruht, das eine ungeordnete Kursjustierung<br />
voraussetzt, bedingt durch<br />
ein verlängertes Schrumpfen der Wirtschaft<br />
und eine verstärkte politische<br />
Unsicherheit“, heißt es im genauen<br />
S&P-Wortlaut. Die Agentur nimmt<br />
sozusagen ein Versagen Rumäniens<br />
aufgrund einer eventuellen Vertragsverletzung<br />
mit dem IWF und der EU<br />
in Kauf. Sicher, im Kontext möglicher<br />
Finanzierungsschwierigkeiten<br />
würde die Landeswährung unaufhaltsam<br />
abdriften. Weiter vermutet S&P,<br />
dass eine solche Konstellation die Devisenreserven<br />
der Zentralbank aufzehren<br />
würde. Zudem würden ausländische<br />
Banken ihren Rumänien-<br />
Töchtern sodann die Unterstützung<br />
entziehen. Von diesen Hypothesen<br />
ausgehend, brütet S&P zwei Schlussfolgerungen<br />
aus. „Wir glauben, dass<br />
in dieser Situation ernste finanzielle<br />
Schwierigkeiten entstehen würden,<br />
die eine Unterstützung der Regierung<br />
erforderlich machen und deshalb zu<br />
einem starken Anstieg der Verschuldung<br />
führen“, so das Gedankenkonstrukt<br />
von S&P. Und nachträglich:<br />
ADRIAN VASILESCU ist Berater<br />
des Gouverneurs der Zentralbank (BNR)<br />
und einer der bekanntesten rumänischen<br />
Wirtschaftsanalysten.<br />
„Weil eine Unterstützung offizieller<br />
Geldgeber nicht mehr verfügbar ist,<br />
wird die Regierung unseres Erachtens<br />
außerstande sein, sich zu finanzieren.“<br />
Was also könnten ausländische<br />
Kreditgeber noch eintreiben, wenn all<br />
das eintreffen sollte, fragt sich S&P.<br />
Als Antwort schlägt die Agentur ein<br />
Schuldenrating auf einer Skala von 1<br />
bis 6 vor – eine Innovation, die S&P<br />
bislang in Sonderlagen eingesetzt hat.<br />
Nach den plötzlichen Krisen der 90er<br />
Jahre, zuerst in Asien, dann in Russland,<br />
scheuen Ratingagenturen mittlerweile<br />
das Feuer wie das sprichwörtliche<br />
gebrannte Kind – sie haben all<br />
diese Krisen nicht kommen sehen und<br />
wollen nunmehr auf Nummer sicher<br />
gehen. Überall in der Welt stürzten Bewertungen<br />
ab. Doch auch so entging<br />
ihnen die gegenwärtige Krise. Und<br />
nachdem sie endlich überstanden sein<br />
wird – denn schließlich dauert keine<br />
Krise ewig –, dürfte auch sofort heftigst<br />
beanstandet werden, dass es keine<br />
Frühwarnsignale gegeben hat. Daher<br />
also die Entscheidung von S&P, in letzter<br />
Minute ein Schuldenrating einzuführen.<br />
S&P arbeitet nicht mit Prognosen<br />
und sagt nicht, dass Rumänien die<br />
Schuldenzahlungen einstellen wird.<br />
S&P sagt aber, was geschehen könnte,<br />
FALLS Rumänien seine Zahlungen einstellt.<br />
Allerdings könnte eine solche offen<br />
ausgesprochene Wahrscheinlichkeit<br />
Besorgnis erregen – ja sogar Panik.<br />
Textanalyse gefällig? OK. Die<br />
Agentur spricht von einer möglichen<br />
„ungeordneten Kursjustierung“. Wie<br />
und woher sollte auf dem Devisenmarkt<br />
eine solche Unordnung erscheinen?<br />
Wer und was könnte sie verursachen?<br />
Umso mehr, als sich der Kurs<br />
seit März eher unsignifikant bewegte<br />
hat. Oder sollen wir nach Bedeutungen<br />
suchen, wo es sie nicht gibt?<br />
Was S&P sagt, baut auf einer Hypothese<br />
auf: Was passiert, wenn die<br />
Zentralbank die Landeswährung nicht<br />
mehr untermauern kann? Eine dramatische<br />
Abwertung wäre unvermeidlich,<br />
glaubt die Agentur. Wirklich? Seit<br />
mehreren Monaten ist der Devisenmarkt<br />
von Stabilität geprägt. Über 7<br />
Milliarden Euro gelangten ins Land.<br />
Wo steckt dieses Geld? Bestimmt<br />
nicht nur bei der Notenbank. Ein Teil<br />
davon liegt in den langfristigen Devisenpositionen<br />
der Banken. Und dieses<br />
Devisenangebot traf auf ein RON-<br />
Angebot, das das Gleichgewicht am<br />
Markt sichert.<br />
Adrian Vasilescu<br />
debizz 9
WIRTSCHAFT & FINANZEN/finanzmarkt<br />
Private Überschuldung<br />
Kreditrückstände möglicherweise<br />
bei 10 Milliarden RON<br />
Der Anteil der Rückstände<br />
am Gesamtsaldo<br />
der Kredite für<br />
private und betriebliche<br />
Kunden ist von<br />
2,97% im Juli auf 3,12% im August<br />
gestiegen und liegt somit<br />
auf doppelt so hohem Niveau<br />
wie Ende letzten Jahres (1,41%).<br />
die Kreditrückstände erreichten<br />
2009 nach acht Monaten 6,24<br />
Milliarden RON – das sind 3,443<br />
Milliarden RON über dem Stand<br />
vom Dezember 2008. Die Zahl<br />
der Beschäftigten fiel in den ersten<br />
sieben Monaten des Jahres<br />
von 4,74 Millionen auf 4,51 Millionen;<br />
die Arbeitslosigkeit stieg<br />
somit im gleichen Zeitraum von<br />
4,4% auf 6,6% und im September<br />
weiter auf 6,9%.<br />
Sollten die Befürchtungen des Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF) bezüglich<br />
Rumänien zutreffen, so dürfte<br />
die Arbeitslosigkeit hierzulande zum<br />
Jahresende bei 8,9% liegen. Das entspricht<br />
einem Zuwachs von 2,2%, so<br />
viel wie zwischen Januar und August<br />
2009. Wird der gleiche Schlüssel bei der<br />
Entwicklung der Kreditrückstände angewandt,<br />
könnten die Gesamtrückstände<br />
Ende des Jahres 9,686 Milliarden<br />
RON erreichen.<br />
Weil zumindest in der Theorie der<br />
Leitzins die Sparzinsen und die Kreditkosten<br />
beeinflusst, müsste die bereits in<br />
Kraft getretene Herabsetzung des Leitzinses<br />
auf 8% früher oder später Wirkung<br />
zeigen. Allgemein wird dementsprechend<br />
mit einer Verbilligung der<br />
Kredite gerechnet. Der jetzige Schlüsselzins<br />
von 8% gleicht dem Niveau von<br />
Februar 2008, einem der Höhepunkte<br />
der Konsumwut, als der effektive Jahreszins<br />
(EJZ) bei Konsumkrediten in Landeswährung<br />
bei 17,86% und bei Hypotheken<br />
bei 11,08% lag. Die Risikorückstellungen<br />
der Banken betrugen zu dem<br />
Zeitpunkt nur 4 Milliarden RON, die<br />
Differenz zwischen Aktiv- und Passivzinsen<br />
lag bei lediglich knapp über 5%.<br />
Seit Ende September liegt der Leitzins<br />
unverändert bei 8%. Dafür liegt<br />
der EJZ für Hypothenkredite schon bei<br />
fast 13% und für Konsumdarlehen bei<br />
23%. Die Differenz zwischen Aktivund<br />
Passivzinsen übersteigt 7% – das<br />
sind 40% mehr als im Februar 2008. Die<br />
schlimmste Verschlechterung ist jedoch<br />
bei den Risikorückstellungen zu beklagen:<br />
Die Banken mussten sie auf 12 Milliarden<br />
RON verdreifachen. Kann der<br />
Stand der Kreditkosten unter diesen<br />
Umständen der gleiche sein wie vor 20<br />
Monaten, nur weil der Leitzins bei nun<br />
wieder bei 8% liegt?<br />
Der Finanzanalyst Aurelian Dochia<br />
glaubt, dass der gravierende Unterschied<br />
zwischen damals und<br />
heute in den<br />
s t e i -<br />
genden Risikoausgaben liegt, die nach<br />
Daten der Notenbank um mindestens<br />
2% stieg. „Nach dem Zusammenbruch<br />
von Lehman Brothers stiegen diese Kosten<br />
weltweit, trotz massiver Liquiditätsmaßnahmen<br />
der Zentralbanken. Rumänien<br />
blieb vom Trend nicht verschont<br />
und musste dazu mit seinen eigenen spezifischen<br />
Risiken umgehen“, so Dochia.<br />
Der Finanzexperte weist auch darauf<br />
hin, dass die politische Instabilität ein<br />
Faktor ist, der die Risikoausgaben nicht<br />
nur extern, sondern auch intern steigen<br />
lässt. „Die nationalen Märkte reagieren<br />
und berücksichtigen bei den Kosten sofort<br />
diesen Aspekt der Instabilität, der<br />
gleich doppelt wirkt. In erster Linie<br />
kommt es dazu, dass Anleger keine niedrigen<br />
Sparzinsen mehr akzeptieren –<br />
ihr Risikoempfinden mit Bezug auf die<br />
Banken ist gestiegen. Nicht, dass man<br />
mit Insolvenz rechnen würde, aber die<br />
Menschen wissen, dass die Leistungsfähigkeit<br />
einer Bank nachlässt, wenn Inflation<br />
oder Steuerbelastung zunehmen.<br />
Zweitens beeinflusst dieses Risiko auch<br />
das spezifische Geschäft einer Bank, weil<br />
die Instabilität wirkt“, fügt Dochia<br />
hinzu. Auf jeden Fall, so das<br />
Fazit des Fachmanns,<br />
sind die risikobedingten<br />
Kosten für jeden Investor<br />
erheblich gestiegen.<br />
Ada Com`nescu<br />
10 debizz
wIRTSCHAFT & FINANZEN/defizit-alarm<br />
Designierter Regierungschef<br />
Croitoru: „Es muss dringend<br />
Geld her“<br />
© Lucian Tudose/Agerpres<br />
In Rumänien spitzt sich die finanzielle<br />
Schieflage bedenklich zu: Dem<br />
Notenbankexperten und designierten<br />
Regierungschef Lucian Croitoru zufolge<br />
muss Geld her − und zwar „dringend;<br />
egal woher, ob aus in- oder ausländischen<br />
Quellen“. Nachdem die Expertenmission<br />
des Internationalen Währungsfonds<br />
(IWF), der EU und der Weltbank<br />
noch Anfang letzten Monats angekündigt<br />
hatte, ihre quartalsmäßige<br />
Überprüfung der rumänischen Staatsfinanzen<br />
bzw. die Einhaltung der Auflagen<br />
des Hilfsabkommens vertagen zu<br />
wollen, solange es vor Ort keine Ansprechpartner<br />
bzw. keine voll handlungsfähige<br />
Regierung gibt, lenkte Missions-Chef<br />
Jeffrey Franks letztendlich<br />
ein: Aufgrund eines persönlichen Ansuchens<br />
des rumänischen Präsidenten habe<br />
man beschlossen, Ende Oktober<br />
nach Bukarest zu reisen, um die periodische<br />
Evaluierung des Stand-by-Abkommens<br />
vorzunehmen. Hintergrund<br />
der Nachfrage Traian B`sescus war die<br />
akute Besorgnis der einheimischen Behörden,<br />
womöglich verspätet in den Besitz<br />
der dritten Tranche des internationalen<br />
Notdarlehens zu kommen. Es<br />
handelt sich dabei um 1,5 Mrd. Euro,<br />
mit denen Bukarest ab Mitte Dezember<br />
rechnet und die teils dem Finanzministerium<br />
zur Verfügung gestellt, teils das<br />
Haushaltsdefizit – mit anderen Worten<br />
die Renten sowie die Löhne der Staatsbediensteten<br />
– decken sollen. Laut designiertem<br />
Ministerpräsidenten benötigt<br />
Rumänien bis Jahresende insgesamt<br />
3,5 Mrd. Euro, um „funktionsfähig“<br />
zu bleiben bzw. seine Aufwendungen<br />
zu finanzieren − er habe die Staatsfinanzen<br />
genauestens überprüft, so Lucian<br />
Croitoru.<br />
EU erklärt Rumänien zum<br />
„Hochrisikostaat“<br />
Eine weitere Hiobsbotschaft kam<br />
letzten Monat auch aus Brüssel: In ihrem<br />
Nachhaltigkeitsbericht 2009 warnt<br />
die EU-Kommission vor den Gefahren,<br />
die die hohe Verschuldung etlicher EU-<br />
Staaten für deren langfristige Haushaltsstabilität<br />
in sich birgt. EU-Wirtschafts-<br />
und Währungskommissar Joaquin<br />
Almunia teilte insgesamt 13 Länder<br />
einer Hochrisikogruppe zu, bei denen<br />
bezweifelt wird, ob sie imstande<br />
sind, die Kosten ihrer Schulden langfristig<br />
durch Staatseinnahmen zu decken.<br />
Zu diesen Hochrisikostaaten zählen<br />
Rumänien, Großbritannien, Tschechien,<br />
Lettland und Litauen sowie die<br />
Euro-Mitglieder Spanien, Niederlande,<br />
Griechenland, Irland, Slowakei, Slowenien,<br />
Malta und Zypern. Besagte Länder<br />
verbindet, dass ihre Defizite und<br />
Schuldenstände als Folge der Krise weit<br />
über den Grenzen des Stabilitätspaktes<br />
liegen, der eine maximale Neuverschuldung<br />
pro Jahr von 3,0% des BIP sowie<br />
einen Gesamtschuldenstand von 60%<br />
der Wirtschaftsleistung zuläßt.<br />
L. M. S.<br />
debizz 11
DEBIZZ/BERATUNG/ADVERTORIAL<br />
Neue Bestimmungen auf dem Gebiet<br />
des Insolvenzrechts: Ende der vertraglichen<br />
Beendigungsklauseln im Insolvenzfall<br />
Erhöhung des Schwellenwertes für Forderungen auf RON 30.000. Kritik<br />
seitens von Spezialisten für Forderungseintreibungen<br />
Die Hebung der Mindesthöhe einer<br />
Verbindlichkeit, welche es einem Gläubiger<br />
ermöglicht ein Insolvenzverfahren<br />
einzuleiten, von RON 10.000 auf RON<br />
30.000 hat zu massiver Kritik seitens der<br />
Spezialisten auf dem Gebiet der Forderungseintreibung<br />
geführt.<br />
Diese scheint nicht unberechtigt vor<br />
dem Hintergrund, dass die Anzahl rumänischer<br />
Gesellschaften mit beschränkter<br />
Haftung, die lediglich mit einem Mindeststammkapital<br />
iHv RON 200 ausgestattet<br />
sind und in schädigender Absicht<br />
bzw. zumindest grob fahrlässig agieren,<br />
bedenklich angestiegen ist.<br />
Nach der erwähnten Änderung sind<br />
nunmehr Gläubigern mit Forderungen<br />
unter RON 30.000 weitestgehend die<br />
Hände gebunden, sofern nicht der Schuldner<br />
selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
beantragt. Gleichfalls ist die<br />
alternative gerichtliche Zusprechung einer<br />
Zahlungsaufforderung gegenüber<br />
dem Schuldner selten zielführend, sofern<br />
der Schuldner bereits zahlungsunfähig ist<br />
oder eine Insolvenz unmittelbar bevor<br />
steht. Der Gläubiger kann daher einzig<br />
hoffen, dass ein anderer Gläubiger mit<br />
einer Forderung über RON 30.000 einen<br />
Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens<br />
stellt.<br />
Beendigung von aufrechten Vertragsverhältnissen<br />
aufgrund von Insolvenz<br />
Größere Unternehmen (insbesonders<br />
solche, die aufgrund der Natur ihres Unternehmensgegenstandes<br />
eine große Anzahl<br />
von Verträgen mit einem breiten<br />
Personenkreis abschließen) haben sich<br />
bislang gegenüber ihren sich in Insolvenz<br />
(i.e. Reorganisation und/oder Konkurs)<br />
befindlichen Vertragspartnern ihre Leistungserfüllung<br />
aufgrund vertraglicher<br />
Schutzklauseln vorbehalten. Diese Klauseln<br />
sahen die Vertragsauflösung vor, für<br />
den Fall, dass sich der Vertragspartner<br />
im Insolvenzverfahren befand oder zur<br />
Liquidation/richterlichen Löschung gezwungen<br />
war. Solche Klauseln minderten<br />
jedoch oftmals die Chancen einer<br />
Restrukturierung von Schuldnern und<br />
somit das Schuldnervermögen.<br />
Daher ist Artikel 86 des Gesetz Nr.<br />
85 über das Insolvenzverfahren aus Unternehmersicht<br />
vermutlich die bedeutendste<br />
Änderung. Auf Grundlage dieses<br />
abgeänderten Artikels sind jegliche Vertragsklauseln<br />
mit dem Ziel der Auflösung<br />
von laufenden Verträgen aufgrund<br />
einer Verfahrenseröffnung ungültig.<br />
Einführung spezialisierter Insolvenzabteilungen<br />
im Rahmen der Kreisgerichte<br />
Gemäß dieser Änderung wird in Zukunft<br />
jedes Kreisgericht über eine eigene<br />
Insolvenzabteilung verfügen. Die Insolvenzabteilungen<br />
werden für sämtliche<br />
spezifische Insolvenzverfahren zuständig<br />
sein mit Ausnahme von Berufungen gemäß<br />
Artikel 8 des Gesetzes Nr. 85/2006.<br />
Diese Änderung soll die Professionalität<br />
der Insolvenzgerichtsbarkeit erhöhen sowie<br />
eine unitäre Ausübung dieses<br />
Rechtsgebietes mit sich bringen.<br />
Erhöhung der Rechtsgebühren (von<br />
RON 39 auf RON 120)<br />
Das Gesetz Nr. 277 novelliert weiters<br />
Gesetz Nr. 146/1997 betreffend Rechtsgebühren<br />
– insoweit, dass nunmehr eingebrachte<br />
Klagen, Anträge und Beschwerden<br />
gemäß Gesetz Nr. 85 sowie<br />
der Regierungsverordnung Nr. 10/2004<br />
über gerichtliche Umstrukturierungverfahren<br />
und Insolvenzen von Kreditgesellschaften<br />
mit einer Gebühr in Höhe von<br />
RON 120, anstatt der bisherigen Gebühr<br />
iHv RON 39, vergebührt werden.<br />
Verkürzte Frist zur Behandlung eines<br />
Konkursantrages seitens des Schuldners<br />
Ein insolventer Schuldner ist binnen<br />
längstens 30 Tagen nach Eintritt der Insolvenz<br />
verpflichtet einen Antrag bei<br />
Gericht einzubringen, um den Bestimmungen<br />
des Gesetzes Nr. 85 zu unterliegen.<br />
Gemäß den Änderungen des Gesetzes<br />
Nr. 277 wird über den Antrag des<br />
Schuldners nunmehr im Eilverfahren<br />
innerhalb von längstens 5 Tagen entschieden.<br />
Damit wird es Schuldnern rascher<br />
als bisher möglich sein, mit einem<br />
Insolvenzverfahren zu beginnen. Wir<br />
halten fest, dass vor dieser Änderung<br />
zwischen Antrag und Verfahrensbeginn<br />
in der Praxis gewöhnlich ein Zeitraum<br />
von mehreren Monaten lag.<br />
Die erwähnten Änderungen machen<br />
das Insolvenzgesetz dynamischer, was<br />
vor dem Hintergrund des Anstiegs solcher<br />
Verfahren in Zeiten der Wirtschaftskrise<br />
dringend notwendig ist. Wenn einige<br />
Änderungen vorbehaltlos gut geheißen<br />
werden können und aller Voraussicht<br />
nach Verfahren tatsächlich beschleunigen<br />
werden, sind einige der Änderungen<br />
des Gesetzes Nr. 277 zu hinterfragen<br />
und werden in Zukunft noch<br />
Gegenstand zahlreicher Diskussionen<br />
seitens betroffener Personen oder Unternehmen<br />
sein.<br />
Emeric Domokos Hancu<br />
Schoenherr [i Asocia]ii<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
Schoenherr [i Asocia]ii SCA<br />
Dacia Blvd. 30, Et. 7<br />
Sektor 1, RO-010413 Bukarest<br />
Tel:: + 40 21 319 67 90<br />
Fax: + 40 21 319 67 91<br />
E-mail:office@schoenherr.ro<br />
www.schoenherr.eu<br />
12 debizz
DEBIZZ/INTERVIEW_DES_MONATS<br />
„Chancen gibt es mit und<br />
ohne Krise in allen Bereichen“<br />
debizz-Gespräch mit Mag. Rudolf Lukavsky, österreichischer Handelsdelegierter<br />
für Rumänien und Moldawien<br />
© Marian Mocanu<br />
essentiell. Ich habe einen überaus spannenden<br />
Job in Rumänien übernommen<br />
und freue mich auf die nächsten Jahre<br />
in diesem dynamischen Markt. Ihn in<br />
schwierigen Zeiten übernommen zu haben,<br />
macht erst recht Spaß, denn genau<br />
in solchen Zeiten kann letzten Endes<br />
viel bewegt werden, da die Aufgaben<br />
ganz einfach viefältiger sind. Selbst<br />
wenn es Probleme gibt, kann man österreichische<br />
Firmen begleiten und mitgestalten.<br />
In wirtschaftlich sehr guten<br />
Zeiten ist es leicht, von einem Erfolgsprojekt<br />
zum nächsten mitgetragen zu<br />
werden – auch das ist natürlich sehr<br />
schön und positiv, doch ist es sicherlich<br />
noch wichtiger, den österreichischen<br />
Firmen auch in schwierigen Zeiten bei<br />
ihren geschäftlichen Aktivitäten zur Seiten<br />
zu stehen und da auch seine Erfahrungen<br />
und Ideen einzubringen.<br />
Herr Mag. Lukavsky, Ihren neuen Posten<br />
haben Sie in wirtschaftlich äußerst<br />
schwierigen Zeiten übernommen –<br />
kann die Arbeit angesichts der hierzulande<br />
vorherrschenden tiefen Rezession<br />
überhaupt noch Spaß machen?<br />
Rumänien ist und bleibt der Hotspot<br />
Südosteuropas für österreichische<br />
Firmen. Besonders in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten ist eine starke und<br />
engagierte Vertretung der österreichischen<br />
Wirtschaft im In- und Ausland<br />
Was steht in den ersten Monaten<br />
Ihrer Tätigkeit hauptsächlich auf<br />
dem Programm?<br />
Für uns ist besonders der direkte<br />
<strong>Kontakt</strong> mit österreichischen Firmen<br />
wichtig. Wir beraten und unterstützen<br />
österreichische Firmen, die bereits Geschäftsbeziehungen<br />
mit Rumänien haben,<br />
und motivieren durch gezielte Veranstaltungen<br />
andere Unternehmen, den<br />
Einstieg in den rumänischen Markt zu<br />
wagen. Das geschieht bei Veranstaltungen<br />
in Österreich und in Rumänien sowie<br />
in unserer täglichen Betreuung individueller<br />
Anliegen österreichischer<br />
Firmen. Selbstverständlich ist die Außenhandelsstelle<br />
Bukarest Ansprechpartner<br />
Nummer eins für<br />
<br />
alle Niederlassungen und<br />
Repräsentanzen österreichischer<br />
Firmen vorort.<br />
debizz 13
DEBIZZ/INTERVIEW_DES_MONATS<br />
<br />
Unter der Rezession stöhnen<br />
mittlerweile selbst die erfolgreichsten<br />
Wirtschaftszweige Rumäniens.<br />
Wie haben, Ihrer Meinung nach,<br />
die hierzulande aktiven österreichischen<br />
Unternehmen bislang reagiert<br />
– schlagen sie sich wacker oder ziehen<br />
sie es vor, sich vom Standort Rumänien<br />
zu verabschieden?<br />
Auch die österreichischen Firmen<br />
sind von der rückläufigen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung in diesem Jahr natürlich<br />
nicht verschont geblieben, wenn<br />
auch der Effekt je nach Branche stark<br />
unterschiedlich ist. Wir stehen in regem<br />
<strong>Kontakt</strong> mit den österreichischen Niederlassungen<br />
in Rumänien – bis jetzt ist<br />
uns keine Firma bekannt, die eine Niederlassung<br />
aufgrund der derzeitigen Krise<br />
geschlossen hat. Im Gegenteil, von<br />
österreichischer Seite wird weiter investiert,<br />
für das erste Halbjahr 2009 gehen<br />
wir von einer Milliarde Euro aus.<br />
Zwar sind die Investitionen im Allgemeinen<br />
relativ stark gefallen – es gab<br />
Rückschläge von über 40% –, aber man<br />
sollte auch die positiven Beispiele an Projekten<br />
sehen, da Rumänien für dieses<br />
Jahr immerhin Auslandsinvestitionen<br />
über rund 5 Milliarden Euro erwarten<br />
kann – und das im schlechtesten Jahr<br />
seit vielen. Darauf aufbauend hoffen<br />
wir, dass das nächste Jahr schon besser<br />
und das übernächste noch viel besser<br />
ausfallen werden.<br />
Wie viele Firmen aus Österreich haben<br />
sich eigentlich im Verlauf der Jahre<br />
hierzulande engagiert und welche<br />
Branchen waren dabei der Renner?<br />
Insgesamt verzeichnet die österreichische<br />
Wirtschaft in Rumänien mehr als<br />
5.000 Investments, dabei gehen wir von<br />
mindestens 1.000 aktiven österreichischen<br />
Firmen aus. Österreich ist vor den Niederlanden<br />
und Deutschland der größte<br />
Investor mit rund 12 Milliarden Euro Gesamtinvestitionsvolumen.<br />
Österreichische<br />
Firmen sind in fast allen Wirtschaftszweigen<br />
vertreten, u.a. in den Bereichen Petrochemie,<br />
Banken, Versicherungen, Immobilien<br />
sowie Baumaterialien und Holzverarbeitung<br />
– in denen unsere Firmen<br />
im Übrigen auch Marktführer sind.<br />
Welches wäre, Ihren <strong>Info</strong>rmationen<br />
zufolge, derzeit das größte Problem<br />
der Unternehmen?<br />
Wünschenswert wäre eine Optimierung<br />
und Beschleunigung der Abläufe<br />
bei Registrierungen, Zertifizierungen<br />
sowie öffentlichen Ausschreibungen.<br />
Vor allem auch bei der Abwicklung der<br />
EU-Förderprojekte haben sich Verzögerungen<br />
ergeben – das sind aber Probleme,<br />
die nicht nur österreichische Unternehmen<br />
im rumänischen Markt betreffen,<br />
sondern nationale und internationale<br />
in gleichem Maße.<br />
© Marian Mocanu<br />
Wie beurteilen die österreichischen<br />
Firmen zurzeit den Standort Rumänien<br />
und die von den einheimischen<br />
Behörden getroffenen - oder ausgebliebenen<br />
- Krisenmaßnahmen?<br />
Rumänien ist nach wie vor der Hotspot<br />
der Region. Die hervorragende<br />
Einbindung Rumäniens in die internationale<br />
Gemeinschaft u.a. durch die<br />
EU ist sehr wichtig für die Stabilität<br />
der Region. Die Inanspruchnahme der<br />
Kredite durch den IWF und die EU ist<br />
ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung<br />
des Marktes.<br />
Österreichische Investoren sind in<br />
Rumänien immer mit offenen Armen<br />
aufgenommen worden – sie genießen<br />
hier auch einen sehr guten Ruf, der u.a.<br />
auf Eigenschaften wie Langfristigkeit<br />
der Planung und Handschlagqualität<br />
zurückzuführen ist. Für die Zukunft erwarten<br />
wir uns einen weiteren Ausbau<br />
der Geschäftsbeziehungen.<br />
Welche Rolle spielt, aus Sicht der<br />
österreichischen Investoren, die hiesige<br />
Korruption? Erhalten Sie Feedbacks<br />
über ihr tatsächliches Ausmaß?<br />
Als wie er- oder gar abschreckend<br />
wirkt sie auf österreichische Unternehmen?<br />
Im Corruption Perceptions Index<br />
(CPI) 2008 der Transparency International<br />
rangiert Österreich auf Platz 12<br />
von 180, wobei 180 der schlechtesten<br />
Wertung entspricht. Mit Platz 70 liegt<br />
Rumänien noch weit vor der Ukraine<br />
(134) und Russland (147) sowie vor Serbien<br />
und Albanien (jeweils 85). Der<br />
Nachbar Bulgarien belegt Platz 72.<br />
Selbstverständlich sind auch österreichische<br />
Firmen von Korruption in Rumänien<br />
betroffen und setzen auf die rumänische<br />
Administration, damit alles<br />
unternommen wird, um die Situation<br />
zu verbessern.<br />
Wie beunruhigend wirkt sich die gegenwärtige<br />
politische Krise auf das<br />
Gemüt und die Pläne bereits aktiver<br />
oder potenzieller Investoren aus?<br />
Ein Hauptfaktor für eine florierende<br />
Wirtschaft ist ein stabiles politisches<br />
Umfeld. Das wünschen wir uns auch<br />
für Rumänien. Derzeit sind weniger auf<br />
Grund politischer, als auf Grund wirtschaftlicher<br />
Faktoren zahlreiche größere<br />
14 debizz
DEBIZZ/INTERVIEW_DES_MONATS<br />
Projekte von Regierungsseite auf „hold“.<br />
Wir hoffen, dass möglichst bald ein stabiles<br />
politisches und wirtschaftliches<br />
Umfeld zurückkehrt.<br />
Wie ist es zurzeit, Ihren Schätzungen<br />
zufolge, um die rumänischen Tochterfirmen<br />
der österreichischen Banken<br />
bestellt? Schließlich dürfte das<br />
Problem Osteuropa noch längst nicht<br />
ausgestanden sein angesichts des<br />
Ausmaßes der faulen Kredite ...<br />
Wir können in diesem Fall nur für<br />
Rumänien sprechen. Selbstverständlich<br />
sind auch hier Kreditausfälle zu erwarten.<br />
Dafür haben die österreichischen<br />
Banken aber vorgesorgt und erwirtschaften<br />
mit ihren Tochterunternehmen<br />
weiterhin positive Ergebnisse.<br />
Die rumänischen Firmen beschäftigte<br />
2009 hauptsächlich die Frage, woher<br />
der nächste Kredit kommt. Meinen<br />
Sie, dass die Banken auch weiterhin<br />
geizen werden und sich die Kreditklemme<br />
2010 unverändert fortsetzt?<br />
Was wir vor der Krise beobachten<br />
konnten war in vielen Branchen wie Real<br />
Estate und Autohandel bereits eindeutig<br />
eine Überhitzung des Marktes. Im günstigsten<br />
Fall wirkt die Krise nun wie ein<br />
reinigendes Gewitter, das die Realisierung<br />
wirtschaftlich rentabler, nachhaltiger<br />
Projekte zu angemessenen Konditionen<br />
ermöglicht.<br />
Die Banken beobachten natürlich<br />
die Marktentwicklung und analysieren<br />
jedes einzelne Risiko. Bei guten Projekten<br />
und guten Firmen wird im kommenden<br />
Jahr auch deren Bereitschaft,<br />
verstärkt wieder Kredite zu vergeben,<br />
deutlich besser werden. Allerdings wird<br />
es sicherlich auch weiterhin Vorsicht<br />
bei großen Risiken geben – und das ist<br />
eben das Hauptproblem bei vielen kleinen<br />
und mittelständischen Unternehmen,<br />
die diese Sicherheit nun einmal<br />
nicht anbieten können.<br />
In einigen EU-Ländern sieht es bereits<br />
so aus, als sei das Schlimmste<br />
der Krise überstanden. Als armes<br />
Land konnte sich Rumänien keine<br />
Konjunkturpakete leisten, auch zogen<br />
es die Behörden vor, sich mehr<br />
den staatlichen Sektoren als der Privatwirtschaft<br />
und deren Stützung zu<br />
widmen. In welchen Branchen der<br />
Realwirtschaft sehen Sie für 2010<br />
trotz dieses Mankos Spielräume? Mit<br />
anderen Worten, welche Branchen<br />
könnten sich ab 2010 als besonders<br />
interessant erweisen?<br />
© Marian Mocanu<br />
Chancen gibt es mit und ohne Krise<br />
in allen Bereichen in Rumänien. Besonders<br />
interessant wird das Jahr 2010 für<br />
die Baubranche, die Energiewirtschaft<br />
sowie Umwelttechnik und Infrastruktur.<br />
Österreichische Firmen sind in diesen<br />
Bereichen sehr gut aufgestellt, darunter<br />
einige Weltmarktführer, und haben<br />
für Rumänien viel zu bieten.<br />
Das Jahr 2010 wird hierzulande mit<br />
Steuer- und Abgabenerhöhungen<br />
Einzug halten: Jüngst sprach sogar<br />
Staatschef Băsescu offen über eine<br />
Erhöhung der Mehrwertsteuer. Gemunktelt<br />
wird zudem seit Monaten<br />
auch über die unabdingbare Erhöhung<br />
der Flattax. Wie entmutigend<br />
sind diese Aussichten für ausländische<br />
Investoren?<br />
Stark vereinfacht gesprochen lautet<br />
die Basis für jedes wirtschaftliche Projekt:<br />
„Es muss sich rechnen“ – solange<br />
dies der Fall ist, mit anderen Worten<br />
Nachhaltigkeit gewährleistet werden<br />
kann bzw. das Projekt auf soliden Beinen<br />
steht, steht aus meiner Sicht einer<br />
Investition nichts im Wege. Eine Änderung<br />
der Sätze für die Gewinnsteuer wäre<br />
aus meiner Sicht wenig wahrscheinlich,<br />
da sich Rumänien da erstens im internationalen<br />
Wettbewerb befindet, anderseits<br />
andere Möglichkeiten bestehen,<br />
wie die Ausweitung der Steuerbasis.<br />
Natürlich wäre es keinesfalls gut, im<br />
Gewinnsteuerbereich die Schrauben anzusetzen.<br />
Wenn Rumänien ein attraktiver<br />
Investitionsstandort bleiben will, ist<br />
es sicherlich besser, das bestehende Flattax-System<br />
beizubehalten. Auf der anderen<br />
Seite ist jedoch nicht nur der absolute<br />
Steuersatz relevant, sondern ganz<br />
konkret auch die Abschreibemöglichkeit<br />
sowie die Bemessung der Steuer –<br />
und bei diesem Kapitel gab es bislang ja<br />
eine ganze Menge Vorschläge und Änderungen.<br />
Herr Lukavsky, angenommen, die rumänische<br />
Regierung würde Sie über<br />
Nacht als Berater heranziehen, welche<br />
Maßnahmen würden Sie empfehlen,<br />
um einen Aufholprozess zu starten?<br />
Der Hauptbedarf liegt in der Effizienzsteigerung<br />
der Verwaltung, einer<br />
stabilen politischen Situation sowie der<br />
Rechtssicherheit, sowohl theoretisch als<br />
auch in der praktischen Handhabung.<br />
Das sind fundamentale Faktoren für<br />
das Funktionieren der Wirtschaft eines<br />
jeden Landes. Bei der Abwicklung der<br />
EU-Fördergelder besteht ebenso Bedarf<br />
an transparenteren und schnelleren Abläufen.<br />
Daneben gilt es in die Ausbildung,<br />
von der Schulbildung bis zur<br />
Ausbildung technischer Fachkräfte zu<br />
investieren.<br />
Abschließend – was empfiehlt die<br />
österreichische Außenhandelsstelle<br />
mit Bezug auf Rumänien für 2010?<br />
Dranbleiben, die gesunkenen Faktorpreise<br />
aufgrund der Krise nutzen,<br />
und die starke Position Österreichs in<br />
der rumänischen Wirtschaft weiter ausbauen!<br />
Besten Dank für Ihre Ausführungen.<br />
Lieselotte Millitz-Stoica<br />
debizz 15
DEBIZZ/ADVERTORIAL<br />
Kanzlei Ha]egan: Österreichische<br />
Investitionen in Rumänien aus unserer<br />
Perspektive<br />
Als deutschsprachige Kanzlei<br />
betreuen wir eine Vielzahl<br />
österreichi scher, deutscher<br />
und Schweizer Mandanten<br />
vorwiegend im Westen Rumäniens, wo<br />
sich auch unsere Hauptniederlassung befindet,<br />
jedoch auch landesweit – wo immer<br />
die Projekte unserer Mandanten abgewickelt<br />
werden. Schon seit mehreren<br />
Jahren bieten der Westen Rumäniens und<br />
insbesondere die Stadt Timi[oa ra/Te -<br />
meswar samt Umgebung alle Vorraussetzungen<br />
für eine ausgezeichnete Investition,<br />
was insbesondere österreichische<br />
Unternehmen zu ihren Gunsten zu nutzen<br />
gewusst haben und nun, trotz weltweiter<br />
Wirtschaftskrise, zu einer stabilen<br />
Lage in der Region beitragen. Sorgfältig<br />
ausgearbeitete Investitionspläne und eine<br />
ausgeglichene Geschäftsführung waren<br />
weitere Elemente, die es diesen Unternehmen<br />
ermöglichten, auch in den stärker<br />
von der Krise betroffenen Bereichen<br />
weiter auf dem Markt zu bleiben.<br />
Die Bereiche, in denen oftmals ös -<br />
terreichische Investoren tätig sind, reichen<br />
von der Automobilzuliefererindustrie<br />
über erneuerbare Energien, Landund<br />
Forstwirtschaft bis hin zu Bauunternehmen<br />
und Immobilien, so dass die<br />
Projekte, die wir für unsere Mandanten<br />
aus Österreich begleitet haben, sehr<br />
vielfältig und oftmals sehr komplex gestaltet<br />
waren.<br />
Zu den bedeutendsten Projekten, an<br />
denen wir mitgewirkt haben, zählten der<br />
Erwerb mehrerer Tausend Hektar Waldfläche<br />
in unterschiedlichen Teilen des<br />
Landes durch ein Joint Venture der zwei<br />
wichtigsten österreichischen Grund besitzer,<br />
die in Rumänien seit rund zwei Jahren<br />
im Bereich Forstwirtschaft gemeinsam<br />
tätig sind. Da mit dem Grundstückskauf<br />
viele Risiken verbunden sein können,<br />
waren in allen Fällen weitreichende<br />
Due Diligence Prüfungen erforderlich,<br />
Besprechungsraum der Kanzlei Ha]egan<br />
um solche Risiken möglichst auszuschließen.<br />
Für besagte Mandanten haben<br />
wir zudem Projekte in Bereichen wie<br />
corporate und Vertragsrecht betreut.<br />
Weitere interessante Projekte, im<br />
Verlauf derer wir unsere österreichischen<br />
Mandanten begleiten dürfen, werden im<br />
Bereich erneuerbare Energien abgewickelt,<br />
und zwar handelt es sich hierbei<br />
um die Errichtung von Windparks. Bei<br />
solchen Projekten – die unterschiedliche<br />
Etappen beginnend mit der Identifizierung<br />
und dem Erwerb geeigneter Grundstücke<br />
bis hin zur Lizenzierung und Inbetriebnahme<br />
der Anlagen voraussetzen<br />
– wirken neben der Abteilung für Energie<br />
und Rohstoffabbau auch andere Abteilungen<br />
unserer Kanzlei mit, so z. B. die<br />
Abteilung Immobilienrecht und öffentlich-private<br />
Partnerschaften oder Gesellschaftsrecht<br />
und Transaktionen. Ferner<br />
unterstützen wir derzeit die rumä nische<br />
Niederlassung eines weiteren österreichischen<br />
Straßenbauunternehmens bei<br />
der Eintreibung unterschiedlicher Forderungen<br />
von erheblichem Wert.<br />
Schon zu Beginn der Tätigkeit unserer<br />
Anwaltskanzlei zählten österreichische<br />
Investoren zu unseren Mandanten,<br />
die ausgezeichnete Zusammenarbeit<br />
besteht mit den meisten von ihnen<br />
auch nach mehr als fünf Jahren fort.<br />
Durch die Art und Weise, in der diese<br />
Kooperation im Laufe der Jahre abgewickelt<br />
wurde, hatten wir die Möglichkeit,<br />
unser Motto – Immer bereit für Ihre<br />
Herausforderungen – tatsächlich umzusetzen<br />
und unter Beweis zu stellen.<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
Kanzlei Ha]egan<br />
~dy Endre Str. 11<br />
300175 Timi[oara<br />
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Fax: 0040 - 256 436 516<br />
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16 debizz
WIRTSCHAFT & FINANZEN/KURSVERFALL<br />
Politkrise zehrt am Leu<br />
Zu den Hauptleidtragenden des heimischen<br />
Politkrieges zählte letzten Monat<br />
auch die Landeswährung, der Kurs<br />
verfiel zeitweilig auf bis zu 4,3079<br />
Lei/Euro – der schlechteste Wert der<br />
letzten 8 Monate –, im Interbanken-<br />
Handel sogar auf 4,33 Lei/Euro. Solange<br />
das „Politgetöse“ andauert, besteht, den<br />
© Grigore Popescu/Agerpres<br />
Brokern zufolge, auch keinerlei Aussicht<br />
auf eine baldige Aufwertung des Leu.<br />
Die Landeswährung werde derzeit vom<br />
Politgeschehen regelrecht „sabotiert“,<br />
teils durch die andauernden Span nungen,<br />
teils durch die fehlenden konkreten<br />
Beschlüsse und Maßnahmen zur Ankurbelung<br />
der Wirtschaft, monieren die<br />
Dealer. Der Leu sei bereits am Tag vor<br />
dem Misstrauensantrag und dem Sturz<br />
der Boc-Regierung unter Druck geraten,<br />
das darauffolgende Hickhack um<br />
den neuen Regierungschef habe sodann<br />
die Befürchtung verstärkt, dass jedwelches<br />
neue Kabinett außerstande sein<br />
wird, die Auflagen des Internationalen<br />
Währungsfonds (IWF) tatsächlich einzuhalten.<br />
Mit Bezug auf den Wechselkurs<br />
gehen die Broker davon aus, dass<br />
die 4,3 Lei/Euro-Marke bis zur Präsidentschaftswahl<br />
wohl nicht erheblich<br />
überschritten wird. „Wir glauben, dass<br />
die Notenbank den Kurs bis nach dem<br />
Urnengang stützen wird, danach mag<br />
der Himmel uns beistehen. Die Angst<br />
vor einer Nichteinhaltung der IWF-Programmziele<br />
ist tatsächlich sehr groß.<br />
Sollte das Abkommen gekündigt werden,<br />
steht uns eine Katastrophe bevor.<br />
Bis nach der präsidentschaftlichen Stichwahl<br />
vom 6. Dezember rechnet niemand<br />
mit einem Wechselkurs von bedeutend<br />
mehr als 4,3 Lei/Euro, darüber<br />
hinaus wagt jedoch niemand eine Prognose“,<br />
lautete der allgemeine Tenor.
WIRTSCHAFT & FINANZEN/bausektor<br />
Einkaufszentren scheitern an<br />
Investitionsflaute<br />
Neue Malls, die ihre<br />
Tore europaweit bis<br />
Jahresende öffnen<br />
wollen, werden – an<br />
ihrer Oberfläche gemessen<br />
– gegenüber 2008 nur<br />
etwa 5 Prozent zurückstecken.<br />
Im Kontext der allgemeinen Unruhe<br />
auf den Immobilienmärkten<br />
scheint das geradezu eine gute<br />
Nachricht zu sein. Ist es aber<br />
nicht, ganz im Gegenteil.<br />
Selbst Analysten aus dem Bereich<br />
Retail Development, die mit optimistischen<br />
Planspielen arbeiten, prophezeihen,<br />
dass 2010 und 2011 die wohl schwär zesten<br />
Jahre für die Industrie der Einkaufsund<br />
Freizeitzentren sein werden. Grund<br />
dafür ist die grassierende Investitionsflaute.<br />
Hier zeigt es sich, wie schwer die Krise<br />
diese Branche traf: Auf europäischer<br />
Ebene sind die Investitionen seit Jahresanfang<br />
um 54% auf insgesamt knapp<br />
über 8 Mrd. Euro zurückgegangen. Attraktiv<br />
für Investoren sind derzeit lediglich<br />
die Märkte in Großbritannien,<br />
Deutschland, Frankreich und Spanien.<br />
In Osteuropa herrscht bei Investitionen<br />
in Mall-Projekte fast Stillstand, was für<br />
Rumänien dementsprechend eine düstere<br />
Zukunft in Aussicht stellt.<br />
Letztes Jahr wurden in Europa 310<br />
neue Malls mit einer Gesamtfläche von<br />
über 9 Mio. Quadratme ter eingeweiht.<br />
In den ersten 5 Mona ten laufenden Jahres<br />
waren es 120 Einkaufszentren und<br />
3,1 Mio. Quadratmeter – im Halbjahresvergleich<br />
um 18% weniger als 2008.<br />
Bis Ende 2009 soll sich die Lage allerdings<br />
etwas ausgleichen – 8,7 Mio. Quadratmeter<br />
entsprechen nur 5% weniger<br />
als 2008. Doch auf längere Sicht wird<br />
die Entwicklung rückläufig sein; 2010<br />
sollen 7 Mio. Quadratmeter in Europa<br />
entstehen, 2011 dürfte die Retailentwicklung<br />
dann auf einen absoluten<br />
Tiefststand seit 2003 fallen, erwartet<br />
werden nämlich nur knapp über 5 Mio.<br />
Quadratmeter an Shopping Malls.<br />
Für Rumänien drücken sich Analysten<br />
weniger pessimistisch aus – obwohl<br />
in Europa bis 2011 mit einem Rückgang<br />
von 50% (gemessen am Höhepunkt<br />
2007) gerechnet wird, gehen die Experten<br />
davon aus, dass große und mittelgroße<br />
Malls sowie Kaufhäuser hierzulande<br />
weiterhin zu ihren Finanzierungen<br />
kommen werden. Ein Unterschied zu<br />
den vergangenen Jahren besteht allerdings<br />
darin, dass die Entwickler diesmal<br />
auch ihr eigenes Kapital einsetzen müssen.<br />
Diese neuen Center entstehen in<br />
erstklassigen locations, wo der Bedarf<br />
nach neuen Retailern als bereits erwiesen<br />
gilt. Der rumänische Markt sei bei<br />
weitem nicht zum Stillstand gekommen,<br />
nur kleinere Retailer, die ihre Kosten<br />
nicht optimiert haben, stecken in Schwi e-<br />
rigkeiten. Darin liegt aber auch die<br />
Chance neuer Marken: Große Retailer<br />
und Handelsketten sind am heimischen<br />
Markt weiterhin interessiert und könnten<br />
die derzeit weit günstigeren Konditionen<br />
nutzen, um ihre Netze breiter auszuwerfen.<br />
Allerdings sind die finanziellen<br />
Erwartungen der Einzelhändler so<br />
aus den Fugen geraten, dass die Entwickler<br />
kaum noch Spielraum für eine<br />
sinnvolle Finanzierung bei entsprechender<br />
Bauqualität haben – viele von ihnen<br />
ziehen es deshalb vor abzuwarten, bis<br />
die Mietpreise auf ein Niveau fallen, das<br />
neue Projekte tatsächlich ermöglicht.<br />
2009 lagen in Rumänien die von Gebäudebesitzern<br />
verlangten Mietpreise<br />
bei zwischen 500 und 750 Euro/Quadratmeter/Jahr<br />
– niedriger als in jenen<br />
Ländern, die von den Investoren bislang<br />
als attraktive Standorte erachtet worden<br />
waren. In Ungarn kommen Mietpreise<br />
auf 600 bis 1.300 Euro/Quadrat me ter/<br />
Jahr, in Polen auf 650 bis 950 Euro/<br />
Quadratmeter /Jahr und in der Türkei<br />
auf 600 bis 850 Euro.<br />
Bulgarien, Kroatien und Malta sowie<br />
drei weitere Länder, darunter auch<br />
Rumänien, gelten laut einer jüngst veröffentlichten<br />
Studie über die vielversprechendsten<br />
Märkte Europas als aussichtsreichste<br />
Standorte. Der Studie zufolge<br />
dürfte die branchenspezifische<br />
Wachstumsrate dieser Länder im Zeitraum<br />
Juli 2009–Dezember 2010 im<br />
zwei- und sogar dreistelligen Bereich<br />
(30% bis 250%) liegen. Für Rumänien<br />
liegt die Erwartung bei 33,6% mehr<br />
Wachstum in der Industrie der Shopping<br />
Center.<br />
Ada Com`nescu<br />
18 debizz
WIRTSCHAFT & FINANZEN/bausektor<br />
Wohnungsbau: Marktstabilisierung frühestens ab 2011<br />
Der Wohnungsbau stöhnt weiter<br />
unter der Krise bzw. der Geldknappheit:<br />
Im Monat August ist das Bauvolumen<br />
besonders rasant zurückgegangen,<br />
nämlich um 24,9% – das Dreifache des<br />
Vormonats –, während die Immobilientransaktionen<br />
in den ersten acht Monaten<br />
um 13,3% nachgaben, meldete das<br />
Nationale Statistikamt. Bei den restlichen<br />
Branchensegmenten ergab sich folgendes<br />
Bild: Die Generalüberholungen<br />
gingen um 43,1% zurück, die Wartungsarbeiten<br />
um 30%, während die<br />
kommerziellen, industriellen und Bürobauvorhaben<br />
ein Minus von 26,7%<br />
aufwiesen.<br />
„Der gegenwärtige Absturz der<br />
Branche stellt für uns keine Überraschung<br />
dar, jedermann hatte damit gerechnet.<br />
Es wird mindestens ein Jahr<br />
dauern, bis sich der Markt für Immobilientransaktionen<br />
wieder einigermaßen<br />
stabilisiert, erst danach wird sich allmählich<br />
auch ein leichter Aufwärtstrend<br />
im Bereich des Wohnungsbaus<br />
einstellen“, sagt Branchenexperte Radu<br />
Zili[teanu. Den jüngsten Daten des<br />
Landesverbandes der öffentlichen Notare<br />
zufolge sind die Immo-Transaktionen<br />
in den Monaten Januar–August<br />
2009 um knapp 33% im Vergleich zur<br />
Vorjahresperiode zurückgegangen.<br />
Allerdings rechnet die Fachwelt<br />
auch mit einem saisonbedingten leichten<br />
Aufwind des Bausektors im kommenden<br />
Frühjahr. Derlei Trends sollten<br />
aber lediglich als „Schwalbe“ erachtet<br />
werden, die bekanntlich noch<br />
lange keinen Sommer macht, warnte<br />
Immobilienentwickler Liviu Ureche.<br />
„Vor 2011 wird nicht Nennenswertes<br />
laufen, erst einmal muss sich der Finanz-<br />
und Kreditmarkt wieder einkriegen“,<br />
so Ureche.<br />
© sxc.hu
DEBIZZ/BERATUNG/ADVERTORIAL<br />
Überfällige Regelungen zu<br />
„IFN“ veröffentlicht<br />
Nach leidvollen Erfahrungen mit<br />
„schwarzen Schafen“ unter den Finanzdienstleistern<br />
wurde Anfang 2006 die<br />
rechtliche Konstruktion der „Finanzinstitutionen,<br />
die keine Banken sind (institu]ii<br />
financiare nebancare, kurz „IFN“)<br />
geschaffen. Unter diesen Begriff fallende<br />
Dienstleister, zu denen auch Anbieter<br />
von Finanzleasing gehören, müssen seither<br />
eine Vielzahl besonderer Pflichten<br />
unter der Aufsicht der Nationalbank<br />
BNR beachten. Der Gesetzgeber hatte<br />
im April mit dem Gesetz Nr. 93/2009 einen<br />
neuen gesetzlichen Rahmen für IFN<br />
geschaffen und der BNR eine Frist von<br />
90 Tagen zur Erarbeitung eines konkretisierenden<br />
Reglements gesetzt. Unmittelbar<br />
vor Redaktionsschluss und damit<br />
3 Monate zu spät wurde dieses Reglement<br />
nun im Amtsblatt veröffentlicht.<br />
Betroffene Unternehmen<br />
Die Pflichten einer „IFN“ obliegen<br />
rumänischen Unternehmen (und Niederlassungen<br />
ausländischer), die bestimmte,<br />
abschließend aufgezählte Finanzdienstleistungen<br />
anbieten. Im<br />
Wesentlichen gehören hierzu die Kreditvergabe<br />
außerhalb des Bankensystems<br />
und − besonders praxisrelevant<br />
− das Finanzleasing (leasing financiar).<br />
Die Abgrenzung dieser<br />
Leasingform vom operationellen<br />
Leasing (leasing<br />
opera]ional), zu dessen Betrieb<br />
kein IFN-Status erforderlich<br />
ist, erfolgt hauptsächlich<br />
aufgrund steuerrechtlicher<br />
und buchhalterischer<br />
Aspekte sowie anhand<br />
der Frage, ob das<br />
Risiko der Verwertung<br />
des Leasinggegenstands<br />
zum Restwert<br />
auf den Leasingnehmer<br />
übertragen<br />
wird oder<br />
Christian Weident, Rechtsanwalt<br />
nicht. Sie kann im Einzelfall ebenso<br />
schwierig wie entscheidend sein.<br />
Wesentliche Regelungen<br />
„IFN“ ist keine Gesellschaftsform.<br />
Gesellschaften, die zum IFN-Status verpflichtet<br />
sind, müssen in die Rechtsform<br />
einer Aktiengesellschaft eingekleidet<br />
sein. Ihr Mindestgrundkapital beträgt<br />
200.000 Euro; ausnahmsweise dann<br />
3 Mio. Euro, wenn sie hypothekarisch<br />
gesicherte Finanzierungen gewähren. Der<br />
Geschäftsgegenstand einer IFN darf sich<br />
nur auf einen Kreis bestimmter Finanzierungstätigkeiten<br />
und die dazu gehörenden<br />
Hilfsaktivitäten beschränken. Die<br />
Richtigkeit der Buchführung von IFN<br />
wird durch eine Auditierungspflicht sichergestellt.<br />
Besondere Anforderungen<br />
bestehen auch an die Aktionäre, die Geschäftsleitung,<br />
die sogenannten Leiter<br />
(con duc`tori) und die Buchprüfer der<br />
Gesellschaft. Hierzu und zu einer Vielzahl<br />
von Daten und Aspekten bestehen<br />
strenge Mitteilungs- und regelmäßige<br />
Berichtspflichten gegenüber der Nationalbank.<br />
Registrierungspflichten und<br />
-voraussetzungen<br />
IFN werden durch die BNR<br />
zum Betrieb zugelassen. Eine<br />
IFN muss binnen 30 Tagen<br />
nach ihrer Handelsregistereintragung<br />
in das sog. „generelle<br />
Register“ aufgenommen werden.<br />
Hierfür muss sie bei der<br />
Regelungs- und Zulassungsabteilung<br />
der BNR eine Vielzahl<br />
von Dokumenten einreichen.<br />
Nachzuweisen ist u. a.:<br />
• die Identität der<br />
Aktionäre sowie die<br />
Struktur der Unternehmensgruppen,<br />
zu<br />
denen diese gehören;<br />
• das Vorhandensein von Leitern<br />
(conduc`tori), deren Ruf und Erfahrung<br />
angemessen sind (erfreulicherweise wurde<br />
abgeschafft, dass die Leiter Arbeitnehmer<br />
der IFN sein und ein Hochschulstudium<br />
nachweisen müssen. So hat endlich<br />
eine Anpassung an die Regelungen<br />
des Handelsgesellschaftsgesetzes 31/1990<br />
und an die Realität stattgefunden);<br />
• der gute Ruf und die Erfahrung<br />
der Vorstands-/Aufsichtsratsmitglieder;<br />
•Erfahrung und Fähigkeit der satzungsmäßigen<br />
oder externen Buchprüfer<br />
(auditori), die von der BNR genehmigt<br />
werden müssen;<br />
• das Vorhandensein interner Regelungen<br />
bezüglich der Tätigkeit der IFN.<br />
Je nach Art und Umfang der Tätigkeit<br />
erfolgt darüber hinaus eine Eintragung<br />
in das sogenannte Spezial- oder<br />
das Nach weisregister, womit weitergehende<br />
Pflichten einhergehen.<br />
Sonstiges<br />
Aus Platzgründen kann abschließend<br />
nur darauf hingewiesen werden,<br />
dass besondere Organisationsvorschriften<br />
betreffend die Geheimhaltung von<br />
Daten, das Risikomanagement, die interne<br />
Kontrolle u.v.m. existieren.<br />
Die ursprünglich in einer unscheinbaren<br />
Regierungsverordnung und nicht<br />
weniger als 8 Reglements der Nationalbank<br />
verstreuten Regelungen betreffend<br />
IFN sind nunmehr in zwei Rechtsakte<br />
zusammengefasst und strukturiert worden.<br />
Zusätzlich wurden zuvor bestehende<br />
Unklarheiten und Unstimmigkeiten<br />
beseitigt. Der somit kompaktisierte<br />
und konkretisierte rechtliche Rahmen<br />
macht einen guten ersten Eindruck.<br />
Christian Weident, RA<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
STALFORT Legal. Tax. Audit.<br />
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20 debizz
Spezialfinanzierer ordnen sich neu<br />
FOKUS<br />
Bruchlandung am<br />
Leasingmarkt<br />
Guck' mal, was ich<br />
soeben geleast habe!<br />
debizz<br />
21
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
Nach ALB-Hochrechnungen könnte<br />
die Gesamtsparte Leasing vor dem<br />
Hintergrund der derzeitigen einheimischen<br />
Wirtschaftslage und der größtenteils<br />
ungünstigen internationalen Konjunktur<br />
zwischen 20% und 30% einbüßen,<br />
doch sind diese Schätzungen durchaus<br />
korrigierbar.<br />
<br />
Die ersten Anzeichen hatten sich zwar schon im 4. Quartal<br />
2008 bemerkbar gemacht, doch die Verschlechterung<br />
der finanziellen Lage von Firmen und Haushalten<br />
schlug erst 2009 mit voller Wucht am Leasingmarkt<br />
ein. Im 1. Quartal 2009 sprachen Insider bereits über<br />
den schlimmsten Schock der – zugegeben jungen – Leasinggeschichte<br />
in Rumänien: Um satte 73,6% war urplötzlich das Volumen<br />
der finanzierten Aktiva eingebrochen, gegenüber Januar–März<br />
2008 waren nur noch 776,65 Millionen Euro finanziert worden.<br />
22 debizz<br />
Noch drastischer erwies sich der<br />
Einbruch bei der Finanzierung von Importwaren<br />
(Fahrzeuge und Anlagen).<br />
Nur lokal hergestellte Produkte, insbesondere<br />
Autos der Marke Dacia/Renault,<br />
kon nten aufatmen.<br />
Im Halbjahresvergleich sah die Situation<br />
noch schlechter aus. Analysten<br />
begriffen, dass die Schockwelle vom<br />
Jahresanfang in einer Bruchlandung enden<br />
dürfte; Skeptiker rechneten mit einer<br />
Katastrophe, die den Markt auf das<br />
Niveau des Jahres 2006 zurückschleudern<br />
würde. Die negativen Rückmeldungen<br />
prasselten aus allen Leasingsparten<br />
ein. Die Daten, die der Chef des<br />
Dachverbands der Finanzierungsunternehmen<br />
(ALB), Jean-Claude Boloux,<br />
bekannt gab, zeichneten schließlich ein<br />
trauriges Bild: Die Finanzierungen für<br />
Fahrzeugkäufe waren um 75,8% auf<br />
507,14 Millionen Euro zurückgegangen<br />
– zwischen Januar und Juni 2008 waren<br />
es noch stolze 2,1 Milliarden Euro gewesen.<br />
Maschinen und Anlagen brachen<br />
um 81,88% bis auf 117,3 Millionen<br />
Euro ein, Immobilienfinanzierungen<br />
schrumpften um 20,94% auf 152,19<br />
Millionen Euro. Am stärksten schien<br />
die Sparte der Leasingfinanzierungen<br />
für Industrieanlagen zu leiden, wo der<br />
Wert gegenüber Januar–Juni 2008 um<br />
gewaltige 92%, auf nur 27 Millionen<br />
Euro einbrach. „Am schlimmsten traf<br />
es den Fahrzeug- und Industrieanlagenmarkt<br />
− eine Folge der Finanzkrise,<br />
aber auch der einheimischen Steuerpolitik<br />
und ihrer Regelungen, wie etwa die<br />
Auspuffsteuer“, so Boloux.<br />
Bewegte Geschichte<br />
Von Italienern (UniCredit) und Ös -<br />
terreichern (Erste, Raiffeisen, Volksbank)<br />
dominiert, zeichnete sich der lokale<br />
Leasingmarkt bis Mitte 2008 durch<br />
einen erheblichen Boom aus, gefördert<br />
von der allgemein günstigen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung des Landes. Innerhalb<br />
des Gesamtmarktes gab es immer<br />
wieder dynamische Neujustierungen der<br />
Gewichtung einzelner Segmente wie<br />
Fahrzeugleasing, Industriefinanzierung<br />
oder Immobilienleasing. Geprägt wurde<br />
der Markt auch von einem immer intensiveren<br />
Wettbewerb zwischen den Akteuren<br />
bei ständig wachsenden Finanzierungsvolumina.<br />
Die Nachfrage gewerblicher<br />
Kunden stieg speziell im Bereich<br />
der Fahrzeuge: Immer mehr Unternehmen<br />
legten sich neue Fuhrparks an, der<br />
boomende Einzelhandel lechzte nach<br />
Nutzfahrzeugen für die Versorgung<br />
kleinerer und größerer Outlets. Das beste<br />
Jahr im rumänischen Leasing –<br />
schwerpunktmäßig im Fahrzeugleasing<br />
– war 2006 gewesen, als das Geschäft im<br />
Vergleich zum Vorjahr sprunghaft um<br />
60% auf 3,26 Milliarden Euro anstieg.<br />
Der Trend hielt sich auch 2007: Das Volumen<br />
der finanzierten Aktiva wuchs<br />
um 32%. 2008 erschienen dann die ersten<br />
Schmerzwellen, die anschließend im<br />
laufenden Jahr immer stärker wurden.<br />
Die internationale Krise, die zu guter<br />
Letzt auch Rumänien heftig zu beuteln<br />
begann, machte den Leasingfirmen<br />
einen Strich durch die Rechnung. Urspüngliche,<br />
von den lokalen Playern für<br />
2008 vorgelegte Prognosen mussten verworfen<br />
werden: Von den erwarteten<br />
5,59 Milliarden Euro wurden schließlich<br />
nur 4,82 Milliarden Euro realisiert. Allerdings<br />
herrschte nicht überall<br />
Bestürzung, manche Unterneh-
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
© Claas<br />
<br />
men konnten sich trotz mieser Marktbedingungen<br />
erstaunlich gut schlagen.<br />
BCR Leasing (Erste Bank Gruppe) finanzierte<br />
im Jahr 2008 Objekte im Wert<br />
von 462 Millionen Euro, rund 16%<br />
mehr als 2007. Zur guten Entwicklung<br />
der BCR Leasing trug damals auch bei,<br />
dass 25% mehr Fahrzeuge und 14%<br />
mehr Equipment finanziert wurden. Eine<br />
ganz andere Geschichte war die der<br />
Raiffeisen Leasing IFN, die im Jahr 2008<br />
ingesamt 3.000 Leasingverträge im Gesamtwert<br />
von 191 Millionen Euro abschloss<br />
– deutlich weniger als die 261<br />
Millionen Euro des Vorjahres. Im Jahr<br />
2007 stieg zwar das Anlagenleasing um<br />
22%, doch wurde im Fahrzeugbereich<br />
ein Minus von 75% registriert. Ein weiterer<br />
Player konnte 2008 gut abschneiden:<br />
UniCredit Leasing finanzierte letztes<br />
Jahr Verträge über 555 Millionen<br />
Euro, 11% mehr als 2007. „Für dieses<br />
Jahr rechnen wir mit einem rückläufigen<br />
Geschäft gegenüber 2008, doch wird der<br />
Rückgang niedriger sein als jener des<br />
Gesamtmarktes“, so Dan Constantinescu,<br />
Verkaufsleiter bei UniCredit Leasing<br />
jüngst auf einer Pressekonferenz.<br />
Das übergeordnete Ziel des Marktes<br />
– bis 2010 die Reife der EU-Leasingmärkte<br />
und damit ein Volumen von 7<br />
bis 8 Milliarden Euro zu erreichen – ist<br />
derzeit nicht mehr realistisch. Wegen<br />
der schwachen Konjunktur, die auf die<br />
Nachfrage in vielversprechenden Segmenten<br />
wie Immobilienleasing, Finanzierung<br />
von Medizintechnik oder Landwirtschaftsgeräten<br />
drückten, schwimmen<br />
der Branche die Felle davon.<br />
Noch im letzten Jahr schwärmten<br />
Analysten von einem 12%igen Plus des<br />
Immobilienleasings. Die Bauindustrie<br />
blühte, die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt<br />
hatte Spitzenwerte erreicht,<br />
Kunden fassten immer mehr Vertrauen<br />
zu Leasingfinanzierungen. Doch dann<br />
kam die Krise, die alles lähmte.<br />
Noch gravierender war, dass die<br />
staatlichen Beschaffungsbugets immer<br />
spärlicher wurden und die Behörden<br />
dementsprechend immer weniger Fahrzeuge<br />
und Dienstleistungen leasten. Die<br />
Polizei, einer der Hauptauftraggeber,<br />
schraubte beispielsweise ihren Etat für<br />
die Beschaffung von Spezialfahrzeugen<br />
(u.a. der Marken Dacia und Mercedes)<br />
um 61,4% zurück. Von 1.836 ursprünglich<br />
vorgesehenen Einsatzautos blieben<br />
letzten Endes nur 820 übrig, den Kürzeren<br />
zogen dabei die Leasingunternehmen<br />
Ager Leasing und }iriac Leasing, die 27<br />
Verträge mit der Polizei abgeschlossen<br />
hatten. Der Entscheidung der Polizeiführung<br />
war zudem ein Medienskandal<br />
vor ausgegangen: Im letzten Herbst hatte<br />
die Presse enthüllt, dass das Innenministerium<br />
Sonderanfertigungen von Dacia<br />
Logans für 78.000 Euro und BMWs für<br />
rund 112.000 Euro akquiriert hatte − die<br />
hohen Preise sorgten für erheblichen<br />
Wirbel. Die Polizisten versuchten die Beträge<br />
dadurch zu rechtfertigten, dass die<br />
Autos geleast und somit höhere Kosten<br />
für Vollkasko, Haftpflichtversicherungen,<br />
Montage usw. angefallen waren.<br />
Auf Druck der Öffentlichkeit muss ten<br />
die Behörden jedoch schließlich einen<br />
Rückzieher machen.<br />
Für 2009 verhängte die Regierung<br />
sodann als Sparmaßnahme eine vollständige<br />
Beschaffungssperre im Bereich<br />
des Fahrzeugleasings – einzige Ausnahme<br />
bildeten die neu eingerichteten Behörden.<br />
Vor diesem Hintergrund musste die<br />
Leasingbranche herbe Verluste hinnehmen.<br />
Dabei hätten die Unternehmen am<br />
Markt von einer eher günstigen Ent-<br />
© Vlad Stavric`/Agerpres<br />
24 debizz
wicklung profitieren können − denn das<br />
Kreditgeschäft der Banken kam fast<br />
zum völligen Erliegen. Doch obwohl die<br />
Leasingfirmen mit längeren Laufzeiten<br />
für Finanzierungen warben und auch eine<br />
straffere interne Bürokratie sowie<br />
verbesserte Dienstleistungen anboten,<br />
half die ganze Mühe wenig bis nichts.<br />
Gebrauchtwagenmarkt<br />
floriert aufgrund von<br />
geplatzten Leasings<br />
© sxc.hu<br />
Die Finanzkrise bedingte auch eine<br />
gewisse Umgewichtung und Neuordnung<br />
am lokalen Leasingmarkt. Die<br />
stärkste Sparte bleibt nach wie vor das<br />
Fahrzeugleasing, doch hat wegen der<br />
geminderten Kaufkraft der Haushalte<br />
und Betriebe größtenteils nur die Finanzierung<br />
von Gebrauchtwagen zugenommen.<br />
Pkw hielten 58% Anteile an<br />
der Sparte, 5% mehr als in den ersten<br />
sechs Monaten des Jahres 2008. Auch<br />
bei den leichten Nutzfahrzeugen lässt<br />
sich eine leichte Steigerung von 14% auf<br />
17% feststellen. Weil das Transportgeschäft<br />
nachgelassen hat, sank die Quote<br />
der schweren Nutzfahrzeuge von 32%<br />
auf 19%.<br />
Eine Umschichtung fand auch innerhalb<br />
des Fahrzeugsegments statt –<br />
Neuanschaffungen verloren 8% (von<br />
94% auf 86%), Gebrauchtwagen legten<br />
dafür von 6% auf 14% zu. Die Erklärung<br />
liegt darin, dass viele Kunden ihre<br />
Leasingautos aufgaben und die Firmen<br />
diese wieder verkaufen mussten, um ihre<br />
Verluste zu minimieren.<br />
Nach Daten des Verbandes der Automobilhersteller<br />
und -Importeure<br />
(APIA) sind Leasingfinanzierungen für<br />
Neuwagen im Vergleich April 2008−<br />
April 2009 um 6% zurückgegangen und<br />
damit unter die 10-Prozent-Marke auf<br />
8% gefallen. Im gleichen Zeitraum fiel<br />
die Finanzierung für Importwagen um<br />
7% auf 26%. Von 4.595 einheimischen<br />
Fabrikaten (Dacia), die im April 2009<br />
verkauft wurden, waren 8% (345 Stück)<br />
Leasingkäufe – der Rest entfiel auf<br />
Bankkredite oder Bargeldkäufe. Von<br />
insgesamt 10.289 Importwagen wurden<br />
26% (2.655 Stück) per Leasing finanziert,<br />
der Rest über alternative Mittel wie Kredite<br />
oder Cashgeschäfte. Im April 2009<br />
waren 33% der Importkäufe geleast.<br />
Von der Krise in Mitleidenschaft gezogen<br />
wurde auch das exklusive Segment<br />
der Luxusautos. „Für ein Verkaufs -<br />
geschäft arbeiten wir heute zehnmal<br />
mehr als früher. Wir haben Kunden, mit<br />
denen wir schon seit Januar im Gespräch<br />
sind“, klagte Adrian Pascu von Porsche<br />
România − dem Unternehmen, das hierzulande<br />
Fahrzeuge der Marken Lamborghini,<br />
Bentley und Porsche verkauft − gegenüber<br />
Journalisten der Presseagentur<br />
Mediafax. Pascu erläuterte, dass ihm<br />
auch die Leasingfirmen Schwierigkeiten<br />
bereiten: „Nur wenige Finanzierer wollen<br />
derzeit ein solches Geschäft finanzieren.<br />
Wir haben noch Glück mit unserer<br />
Tochterfirma Porsche Leasing, die uns<br />
hilft, so weit es nur geht.“<br />
Von den Anlagen entfielen 23% auf<br />
Baustellengerätschaft, 8% auf IT (Hardund<br />
Software), 8% auf Landwirtschaftsgeräte,<br />
5% auf Medizintechnik und 4%<br />
auf Anlagen aus der Metallindustrie.<br />
Mit jeweils 3% trugen Anlagen und Geräte<br />
für die Lebensmittelindustrie, den<br />
Holzverarbeitungssektor, die Druckereien<br />
und die Ölindustrie bei.<br />
Laut Vertragszahlen im Segment<br />
des sale&lease-back-Verfahrens stieg<br />
im untersuchten Zeitraum allerdings die<br />
Gewichtung der Gewerbeobjekte im<br />
Immobilienleasing von 37% auf 65%.<br />
„Die Zahlen zeigen auf, dass eindeutig<br />
mehr sale&lease-back-Verträge abgeschlossen<br />
wurden. Der Kunde veräu -<br />
ssert sein Gebäude an die Leasingfirma<br />
und least es zurück, um seinen Cash-<br />
Flow zu verbessern. Auf der anderen<br />
Seite sind viele Verträge bereits im letzten<br />
Jahr ausgehandelt und erst 2009 re -<br />
alisiert worden“, so Bas Hoekstra, Geschäftsführer<br />
von ING Lease. Büroflächen<br />
hatten innerhalb der Immobilienfinanzierungen<br />
eine Quote von 22%, was<br />
auch der Gewichtung im ersten Halbjahr<br />
2008 entspricht. Dafür wurde im<br />
Hotel- und Wohnbauleasing ein Rückgang<br />
von 10% auf 1% bzw. von 24%<br />
auf 5% verzeichnet.<br />
Eine weitere krisenbedingte Veränderung<br />
ereignete sich im operatives Leasing,<br />
dessen Kunden sich in letzter Zeit<br />
zu einer Vertragsverlängerung bis maximal<br />
vier Jahre Laufzeit entschieden haben.<br />
Die Unternehmen am Markt sehen<br />
auch in diesem Fall den Hauptgrund in<br />
der Verschlechterung der finanziellen<br />
Verhältnisse. „Früher hatten<br />
wir Verträge über 12 oder 24
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
<br />
Monate. In der Krise beantragen<br />
Kunden eine Vertragsverlängerung<br />
und ziehen es vor, von einem neuen<br />
Auto abzusehen. Weil sie zusätzlich<br />
zum Erstvertrag weitere ein bis zwei<br />
Jahre ausharren, rechnen wir heute eben<br />
mit Laufzeiten von bis zu vier Jahren“,<br />
erklärt der Geschäftsführer von ALD<br />
Automotive, Martin Kössler.<br />
Verkäufer der Firma Sixt New Kopel<br />
bestätigten ihrerseits, dass Kunden,<br />
die bereits für drei Jahre unterschrieben<br />
hatten, jetzt eine Vertragsverlängerung<br />
um ein Jahr beantragen, so dass die Verträge<br />
erst 2011 auslaufen – bis dann hoffen<br />
offenbar alle, die Krise und ihre Folgen<br />
überstanden zu haben. Zu den Firmen,<br />
die im operativen Leasing arbeiten<br />
und nun vermehrt Verlängerungsanträge<br />
erhalten, gehören auch Hertz Lease,<br />
LeasePlan und Fleet Management Services<br />
(FMS).<br />
Big Player weiterhin stark<br />
Stärkste Unternehmen auf dem lokalen Markt sind und bleiben die Leasingtöchter<br />
der Banken – selbst in der tiefsten Krise. 2008 schafften sie es,<br />
64% aller Verträge heranzuziehen. Im Ranking folgen eine Vielzahl ungebundener<br />
Unternehmen mit einem Anteil von 26% am Gesamtmarkt sowie die<br />
an Autoimporteure und -Hersteller gekoppelten Leasingfirmen mit 10%.<br />
Allerdings kam es durch die Krise auch zu Ranking-Änderungen, denn<br />
betroffen waren schließlich nicht nur die Umsätze und Anteile der bankeigenen<br />
Leasingfirmen, sondern auch deren Marktanteil. Ende des ersten Halbjahres<br />
2009 war nach Angaben des Dachverbands der Finanzunternehmen<br />
der Anteil der Bankentöchter auf 61% des Leasingmarkts gesunken, was einem<br />
Volumen von 474.000 Euro entspricht. Gegenüber 2008 verloren sie somit<br />
rund 2%. Dafür kletterten die an Autohändler gebundenen Leasingfirmen<br />
Ende Juni 2009 auf 28% des Marktes. Unabhängige Firmen, die in der<br />
Krise auf wenig bis gar keine Unterstützung zurückgreifen konnten, verloren<br />
am meisten – ihr Anteil sank im ersten Halbjahr 2009 auf 11%.<br />
Rund 50 bis 60 flächendeckend repräsentative Leasingfirmen bestimmen<br />
heute maßgeblich das Geschehen am heimischen Markt. Hervorzuheben sei<br />
auch, dass in dieser Branche die Krise bislang zu keinen spektakulären Insolvenzen<br />
geführt hat, da die Akteure äußerst vorsichtig taktierten.<br />
Gegenteil, das Vordrängen in noch nicht<br />
ausreichend erschöpfte Marktnischen.<br />
Sämtliche Firmen waren bemüht, zusammen<br />
mit den Kunden nach alternativen<br />
Rück zahlungslösungen zu suchen,<br />
um eine Rückgabe der Objekte, besonders<br />
der Autos, zu vermeiden. Vereinbart<br />
wurden dabei u.a. Vertragsverlängerungen,<br />
Gnadenfristen (in denen der Kunde<br />
nur die Zinsen zu begleichen hat) sowie<br />
neue Ratensysteme.<br />
© sxc.hu<br />
Acht bewährte<br />
Antikrisenmethoden<br />
Leasingbetreiber haben in dieser komplizierten<br />
Konjunktur nicht weniger als<br />
acht Methoden entwickelt, um möglichst<br />
„krisenfest“ zu sein. Dazu<br />
gehören Partnerschaften<br />
für den Verkauf<br />
von Gebrauchtwagen,<br />
die Einrichtung großräumiger<br />
Logistik- und Ausstellungszentren<br />
für von Kunden zurückgebrachte<br />
Fahrzeuge, die Aufstockung<br />
von Stammkapital oder die Heranziehung<br />
von Bankkrediten, die Beteiligung<br />
an dem Regierungsprogramm<br />
zur Auszahlung<br />
von<br />
Abwrackprämi-<br />
en beim Kauf eines<br />
Neuwagens, schärfere Finanzierungsbedingungen<br />
für Privatpersonen, die Begrenzung<br />
der Angebote – oder, ganz im<br />
1. Partnerschaften zum Verkauf von<br />
Gebrauchtwagen<br />
Eine solche Partnerschaft gingen<br />
ALD Automotive und BRD Finance<br />
ein, die sich damit vornehmlich an<br />
Privatkunden richteten. „Durch<br />
die Partnerschaft mit BRD Finance<br />
können wir neben operativem<br />
Leasing einen Vollservice<br />
für neue Fahrzeuge<br />
sowie eine Finanzierungslösung<br />
für den<br />
Kauf von Gebrauchtwagen<br />
anbieten. Das Gebraucht -<br />
wagengeschäft wird in nächster Zukunft<br />
steigen, der Verkauf an Privatkunden<br />
ist ein wichtiger Absatzweg, den wir<br />
über diese Partnerschaft ausbauen wollen“,<br />
so der Geschäftsführer von ALD<br />
Automotive, Martin Kössler.<br />
26 debizz
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
<br />
Autokredite der BRD Finance können<br />
mit mindestens 10% Vorauszahlung<br />
und festen Raten über die gesamte<br />
Laufzeit des Kredits bezogen werden –<br />
ohne dass dabei die Verpflichtung einer<br />
Kaskoversicherung besteht. Die Firma<br />
ALD Automotive, die die Fuhrparks<br />
der Group Société Générale verwaltet,<br />
ist seit 2005 auf dem Vollservice-Markt<br />
des operativen Leasings für Fuhrparks<br />
eingestiegen.<br />
2. Einrichtung von Logistikcentern<br />
Ein anderes, im Bereich des operativen<br />
Leasing tätiges Unternehmen ist<br />
Fleet Management Services (FMS). Die<br />
Firma verlautbarte unlängst, in einem<br />
Logistikcenter von 3000 Quadratmeter<br />
Fahrzeuge verkaufen zu wollen, die zahlungsunfähige<br />
Kunden der Alpha Leasing,<br />
}iriac Leasing und AT Leasing zurückgebracht<br />
hatten. FMS bietet seinen<br />
Kunden gegen eine Monatszahlung von<br />
50 Euro Dienstleistungen wie Lagerung<br />
des zum Verkauf ausgeschriebenen Wagens,<br />
Werbung im Internet, Bewachung,<br />
Reinigung und einen wöchentlichen<br />
Motorstart an. Kunden können dabei<br />
zwischen einem monatlichen Festbetrag<br />
oder einer Erfolgsprovision wählen.<br />
FMS will Fahrzeuge von Firmen übernehmen,<br />
die Finanzleaser umzulagern<br />
planen. Das funktioniert durch die<br />
Überschreibung der Leasingverträge,<br />
wobei die Autos langfristig gemietet<br />
und anderen Kunden in Form des operativen<br />
Leasings angeboten werden.<br />
3. Aufstockung des Stammkapitals,<br />
Bankkredite<br />
Leasingunternehmen versuchten in<br />
diesem Jahr, durch die Aufstockung ihres<br />
Stammkapitals mehr finanziellen<br />
Bestand zu fassen. BT Leasing Transilvania<br />
IFN, die auf Finanzleasing spezialisierte<br />
Firma der Bank Transilvania,<br />
hat ihr Stammkapital durch die Einverleibung<br />
des nicht ausgeschütteten Gewinns<br />
vermehrt. Die Firma will in diesem<br />
Jahr 35,57 Millionen Euro finanzieren<br />
– letztes Jahr waren es 56,44 Millionen<br />
Euro gewesen.<br />
Mercedes-Benz Leasing IFN und<br />
Mercedes-Benz Service Leasing − beide<br />
Tochterunternehmen der deutschen<br />
Daimler-Gruppe − haben in diesem<br />
Jahr einen 15 Millionen-Euro-Kredit<br />
von der rumänischen Vertretung der<br />
ING Bank aufgenommen; die Firmen<br />
dürfen das Geld je nach Bedarf einsetzen.<br />
Auch BRD Sogelease IFN nahm einen<br />
gleich hohen Kredit von der Europäischen<br />
Investitionsbank auf; das Geld<br />
stammt aus einem Programm für kleine<br />
und mittlere Unternehmen zur Krisenbewältigung.<br />
BRD Sogelease, die Leasingtochter<br />
der BRD-Groupe Société<br />
Générale, hat im letzten Jahr Finanzierungen<br />
über 237,27 Millionen Euro anhand<br />
von 3.400 Verträgen vergeben,<br />
das sind 4,52% mehr als das Geschäftsergebnis<br />
von 2007.<br />
4. Beteiligung am Abwrackprogramm<br />
Nachdem die Regierung die öffentlichen<br />
Beschaffungen kappte, gab es für<br />
Leasingsfirmen dann allerdings doch<br />
noch ein indirektes Trostpflaster – nämlich<br />
das „Schrottkiste“-Programm,<br />
durch das der Staat beim Abstoßen eines<br />
älteren Pkw und dem Kauf eines Neuwagens<br />
eine Abwrackprämie zuschießt.<br />
Bis zur diesjährigen Ausrichtung des<br />
Programms konnte die Prämie nur von<br />
28 debizz
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
jenen Kunden abgerufen werden, die eigenes<br />
Geld für den Neuwagen aufbringen<br />
konnten, seit 2009 ist das nun anders.<br />
Bürger können die 900 Euro inzwischen<br />
unabhängig von der Finanzierungsart<br />
ihres Neukaufs beanspruchen.<br />
Eine Erweiterung des Programms auf<br />
leichte Nutzfahrzeuge und die Tatsache,<br />
dass inzwischen Besitzer mehrerer<br />
Wagen diese für neue umtauschen können<br />
(bisher war lediglich ein einziger<br />
Umtausch erlaubt), stellten einen zusätzlichen<br />
Balsam für die geschundenen<br />
Seelen der Leasingsfirmen dar. Das Umdenken<br />
im Umweltministerium, wo das<br />
Abwrackprogramm verwaltet wird, ist<br />
zweifelsfrei eine Folge der intensiven<br />
Lobbyarbeit der Autohersteller und -<br />
Importeure. Wiederholt hatten sie gefordert,<br />
dass auch das Leasing in die<br />
Liste der zugelassenen Finanzierungsmöglichkeiten<br />
aufgenommen wird, umso<br />
mehr, dass dadurch Käufer unterstützt<br />
werden, an Geld zu kommen,<br />
wenn sie Schwierigkeiten beim Aufnehmen<br />
eines Bankkredits haben. Der Staat<br />
stockte auch die Zahl der Prämien auf:<br />
von 40.000 im Jahr 2008 auf 60.000 in<br />
diesem Jahr. 134 Hersteller, Importeure<br />
und Händler wurden zugelassen; geholfen<br />
hat das alles nichts – der Neuwagenverkauf<br />
brach in den ersten acht Mo naten<br />
des laufenden Jahres um 53,52% ein<br />
und kam auf nur 92.428 Einheiten (2008<br />
– 198.861 Einheiten).<br />
5. Kurzarbeit, Entlassungen und<br />
Optimierung der Geschäftspläne<br />
Viele kleinere Leasingunternehmen<br />
sahen sich in den vergangenen Monaten<br />
gezwungen, aufgrund des eingebrochenen<br />
Geschäfts zuerst auf Kurzarbeit<br />
und sodann auch auf Personalentlassungen<br />
zurückzugreifen. In der Krise<br />
mussten zudem viele Gesellschaften ihre<br />
Geschäftspläne laufend justieren, so<br />
auch Dirent Romania, die im operativen<br />
Leasing aktiviert und derzeit ihre<br />
Entwicklungsprognosen und Verkaufsziele<br />
alle zwei Monate aktualisiert.<br />
6. Risikominimierung<br />
Viele Leasingfirmen setzen in diesen<br />
äußerst schwierigen Zeiten auf Vorsicht<br />
und verschärften dementsprechend ihre<br />
Finanzierungskonditionen. NBG Leasing,<br />
die der National Bank of Greece<br />
gehört, finanzierte im ersten Quartal<br />
laufenden Jahres Gegenstände im Wert<br />
von 30 Millionen Euro − um 47,3%<br />
weniger als in den ersten drei Monaten<br />
des Vorjahres, als der Umsatz 57 Millionen<br />
Euro ausgemacht hatte. Grund<br />
für die quasi-Halbierung des Umsatzes<br />
war die Zurückhaltung der Investoren<br />
und der damit verbundene Kurs der Risikominimierung.<br />
Mehr als halbiert erwies<br />
sich auch die Zahl der Leasingverträge<br />
– nur 600 Verträge wurden zwischen<br />
Januar und März 2009 abgeschlossen.<br />
Der Geschäftsführer der NBG Leasing,<br />
Dan D`n`il`, erklärte dazu, dass<br />
seine Firma es vorgezogen hat, sich mittlerweile<br />
aus jenen Bereichen zurückzuziehen,<br />
die von der Krise am stärksten<br />
betroffen worden sind: Immobilien,<br />
Transport (besonders internationale<br />
Transporte), Baugewerbe. Verträge mit<br />
Kunden aus diesen Branchen würden<br />
nur noch mit äußerster Vorsicht und zu<br />
viel schärferen Konditionen abgeschlossen,<br />
das Geschäft sei folglich um<br />
70−80% gekürzt. Letztes Jahr finanzierte<br />
NBG Leasing Verträge über insgesamt<br />
185 Millionen Euro (23% weniger<br />
als 2007). Für 2009 rechnet das Unternehmen<br />
mit rund 100 Millionen Euro,<br />
etwa 46% weniger als im Vorjahr. „Die<br />
meisten Finanzierungen vergeben wir<br />
heute für kleinere Werte, was letzten<br />
Endes zu einem noch stärkeren Rückgang<br />
führen könnte. Es ist nicht auszuschließen,<br />
dass wir sogar unter die 100<br />
Millionen-Euro-Schwelle rutschen. Im<br />
Moment setzen wir den Schwerpunkt<br />
aber natürlich nicht mehr auf Umsatz<br />
oder Marktanteile, sondern auf die<br />
Qualität der Portfolios und der Kunden“,<br />
sagt der Geschäftsführer.<br />
BCR Leasing verfolgte ihrerseits<br />
kleinere Projekte vielversprechender<br />
KMU und warf dabei ein aufmerksameres<br />
Auge auf das Verhältnis zwischen<br />
Gewinnrate und Finanzierungsrisiko<br />
auf dem hiesigen Immobilienmarkt.<br />
7. Eingrenzung der<br />
Leasingobjekte<br />
Ebenfalls zum Zweck der Risikominimierung<br />
zogen sich viele Firmen aus<br />
etlichen Nischenbereichen des Leasinggeschäfts<br />
zurück. Bestes Beispiel: Motorradleasing.<br />
Dieser Geschäftsbereich<br />
ist heute praktisch vollkommen erlahmt.<br />
Leasingfirmen und Banken stellten<br />
an Finanzierungsnehmer derart<br />
drastische Bedingungen, dass Motorräder<br />
zurzeit fast nur noch gegen Barzahlung<br />
verkauft werden. Folglich dürfte<br />
der einschlägige Markt in diesem Jahr<br />
wohl um 40–45% schrumpfen, zumindest<br />
besagen das die Einschätzungen der<br />
meisten Branchenkenner. „Von 20 Kunden<br />
werden heute allerhöchstens zwei<br />
akzeptiert, faktisch gibt niemand mehr<br />
Leasing für Motorräder. Wahrscheinlich<br />
ist das Risiko zu groß, hinzu kommt<br />
auch, dass die Verschuldung der Bevölkerung<br />
bereits sehr hoch ist. Der Markt<br />
ist praktisch blockiert“, erläutert Alin<br />
Radu, Geschäftsführer von Suzuki România,<br />
den Stand der Dinge. Auch die<br />
Kunden, die es in die engere Auswahl<br />
schaffen, müssen hohe Anzahlungen<br />
von 40−50% des Objektwertes leisten.<br />
„Ein Motorrad gilt als Luxusprodukt;<br />
Leute, die sich so etwas wünschten, haben<br />
nach dem Schreck über die Finanzkrise<br />
zumeist längst darauf verzichtet“,<br />
sagt Radu Toma, Verkaufsleiter bei<br />
Motodynamics România, Lokalimporteur<br />
von Yamaha.<br />
(Fortsetzung auf Seite 32)<br />
<br />
debizz 29
FOKUS/LEASINGMARKT/ADVERTORIAL<br />
Industrieinvestitionen in der<br />
Krisenzeit möglich<br />
Heute scheint das Investieren sehr schwer durchführbar.<br />
Die traditionelle Kreditfinanzierung ist wegen Engpässen<br />
in der Finanzwelt, erhöhten Kosten und Garantien sehr<br />
schwierig. Doch gerade jetzt könnte das Investieren vorteilhaft<br />
sein. Denn nicht alle Mitbewerber können es tun und damit<br />
kann das investierende Unternehmen seinen Marktanteil erhöhen.<br />
IKB Leasing bietet zu diesem Zeitpunkt<br />
das Leasing als Finanzierungsinstrument<br />
an. Das Unternehmen kam<br />
vor kurzem auf den rumänischen<br />
Markt und ist deswegen in Rumänien<br />
nicht sehr bekannt. Im Heimatland<br />
Deutschland und mit ihren Tochtergesellschaften<br />
in acht anderen europä -<br />
ischen Ländern hat sich die IKB Leasing<br />
schon einen Namen gemacht. IKB Leasing<br />
agiert auf einem speziellen Markt<br />
− dem Leasing von industriellen Maschinen,<br />
Lagertechnik und Kraftfahrzeugen<br />
für Kunden aus dem gehobenen<br />
Mittelstand. Die jahrzehntelange Erfahrung<br />
auf diesem Gebiet in Deutschland<br />
bietet die IKB Leasing jetzt auch in Rumänien<br />
an. Gerade dieser industrielle<br />
Schwerpunkt kann jetzt eine erhebliche<br />
Chance in Rumänien sein. Nach der<br />
Wende war hier ein Entindustrialisierungsprozess<br />
zu beobachten, der auf<br />
der einen Seite normal, auf der anderen<br />
Seite bedauerlich ist. Heutzutage ist der<br />
Großteil der rumänischen Industrie eine<br />
Ruine. Das kann aber vorteilhaft sein,<br />
denn jetzt ist in Rumänien viel Raum<br />
für Investitionen, die das Land aus der<br />
Krise ziehen könnten.<br />
An der Seite der IKB Leasing können<br />
Unternehmer Partnerschaften zu<br />
namhaften internationalen Herstellern<br />
aus der Industrie finden. Unternehmer<br />
können auf diese Weise Investitionen in<br />
erstklassige Maschinen tätigen, Hochtechnologien<br />
anwenden und entsprechend<br />
wettbewerbsfähig auf internationaler<br />
Ebene produzieren.<br />
Neben der Hochtechnologie finden<br />
Unternehmen an der Seite der IKB Leasing<br />
auch die Finanzierungsmittel zu<br />
günstigen Konditionen − zu einem<br />
Zeitpunkt, zu dem diese Mittel schwer<br />
zu bekommen sind.<br />
Zur Finanzierung von Industrieinvestitionen<br />
bietet IKB Leasing das Financial<br />
Leasing und Operational Leasing<br />
an. Weil die lokale Bedeutung<br />
groß ist, wird in Kürze auch das EU-<br />
Fördermittel-Co-Financing in der Form<br />
eines Darlehens die Produktpalette ergänzen.<br />
IKB Leasing bietet seine Finanzierung<br />
besonders in der Form des Leasing<br />
an. Leasing als alternative Finanzierungsquelle<br />
hat eine Reihe von Vorteilen,<br />
die nicht allen bewusst sind. Leasingfinanzierung<br />
bedeutet eine objektbezogene<br />
Fremdfinanzierung. Die Liquidität<br />
wird verbessert, denn liquide Mittel<br />
werden beim Operational Leasing nicht<br />
im Anlagevermögen gebunden. Weiterhin<br />
bewirkt das Operational Leasing<br />
keine Veränderungen in den Bilanzrelationen.<br />
Der Leasinggeber aktiviert als<br />
wirtschaftlicher Eigentümer das Objekt<br />
in seiner Bilanz. Das Unternehmen kann<br />
die Leasingraten als Kosten in der GuV<br />
in voller Höhe steuerlich wirksam absetzen.<br />
Leasing bedeutet auch feste Kosten<br />
während der Vertragslaufzeit und gibt<br />
dabei die volle Planungssicherheit. Finanzierung<br />
durch Leasing ist weniger<br />
bürokratisch und erfolgt mit weniger<br />
Garantien als im Falle eines Kredites.<br />
Für die großen Produzenten von Industrieanlagen<br />
kann Leasing zusätzlich<br />
als Verkaufsförderungsinstrument benutzt<br />
werden, indem diese ihre Produkte<br />
gleichzeitig mit einer Leasingfinanzierung<br />
anbieten. Darüber hinaus übernimmt<br />
die Leasinggesellschaft die Bonitätsbeurteilung<br />
des Kunden und auch<br />
das Bonitätsrisiko.<br />
Um ihre jahrzehntelange Erfahrung<br />
in Deutschland im Industrieleasing in<br />
günstigen Finanzierungsbedingungen<br />
und in der konsequenten Kundenorientierung<br />
leichter an den Kunden bringen<br />
zu können, möchte IKB Leasing-Büros<br />
außerhalb von Bukarest eröffnen. Am<br />
01. 10. 2009 wurde bereits in Cluj-Napoca<br />
ein Büro eröffnet und am 01. 01.<br />
2010 wird die Eröffnung eines weiteren<br />
Büros in Timi[oara stattfinden. In der<br />
nahen Zukunft plant die Gesellschaft,<br />
ihre Aufmerksamkeit auch dem Osten<br />
des Landes zu schenken: Das nächste<br />
Büro wird in Ia[i geplant.<br />
Maria-Magdalena Ionescu<br />
IKB Leasing<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
IKB Leasing Finance IFN SA<br />
IKB Leasing SRL<br />
Grigore ~lexandrescu Str. 16-20, Et. 5<br />
010626 Bukarest<br />
Tel.: +40 (0)21 308 73 00<br />
Fax: +40 (0)21 308 73 90<br />
E-Mail: info@ikb-leasing.ro<br />
www.ikb-leasing.ro<br />
Blv. 21 Decembrie 1989 Nr. 54-56<br />
RII, Et. 2, Hotel Victoria<br />
3400 Cluj-Napoca<br />
Tel.: +40(0) 364 10 41 65<br />
Fax: +40(0) 364 14 82 13<br />
Tel.: +40(0) 755 02 25 22<br />
30 debizz
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
<br />
(Fortsetzung von Seite 29)<br />
8. Erschließung von Nischenbereichen<br />
Während einige Firmen Nischen ausgrenzen,<br />
zielen andere darauf ab. Interessant<br />
sind dabei natürlich die kaum erschöpften<br />
Bereiche. UniCredit Leasing<br />
Corporation und der IT-Konzern Cisco<br />
Capital haben gemeinsam ein Finanzierungsprogramm<br />
namens Cisco EasyLease<br />
auf die Beine gestellt. Damit sollen<br />
KMU Zugang zu Finanzierungen für <strong>Info</strong>rmations-<br />
und Kommunikationstechnik<br />
erhalten. „Die größte Hürde ist nicht<br />
die fehlende Technologie an sich, sondern<br />
der Geldmangel, um sie einzuführen.<br />
Eine adäquate Finanzierung kann<br />
zur Lösung dieses Problems führen. Die<br />
Firmen wären endlich fähig, in fortschrittliche<br />
Technologien zu investieren,<br />
die wiederum deren Produktivität und<br />
operative Effizienz bei gleichzeitig geringeren<br />
Betriebskosten verbessern würden“,<br />
beschreibt Bogdan Drago[ Constantinescu,<br />
Chef von Cisco România, das<br />
Programm. UniCredit Leasing finanzierte<br />
letztes Jahr Gegenstände im Wert von 555<br />
Millionen Euro, 11% mehr als in 2007.<br />
Gewinner in der Krise:<br />
Porsche Leasing verdoppelt<br />
Marktanteil<br />
Porsche Leasing überraschte die An -<br />
al ysten des Leasingmarktes mit ihrer Ankündigung<br />
von Ende Juni, ihre Marktquote<br />
verdoppelt zu haben − und das in<br />
Zeiten, in denen viele große Akteure<br />
der Branche buchstäblich agonisieren.<br />
Im 1. Quartal des Krisenjahres 2009<br />
kam Porsche Leasing auf einen Anteil<br />
von 18% − doppelt so viel als noch in<br />
der Vorjahresperiode. Schon bei der<br />
Ankündigung hieß es, dass im 2. Quartal<br />
eine gleich gute Entwicklung zu erwarten<br />
sei, da die Monate April und<br />
Mai vor dem Hintergrund einer relativen<br />
Wiederbelebung des Geschäfts gut<br />
gelaufen seien. „Ich erachte es als äußerst<br />
wichtig, dass wir unter den derzeitig<br />
schwierigen Umständen die Position<br />
des Marktführers im Bereich des Autoleasings<br />
halten konnten, mit einem doppelt<br />
so hohen Marktanteil als<br />
noch im 1. Quartal 2008“,<br />
teilte Kurt Leitner, CEO<br />
Porsche Finance Group,<br />
in einer Presseaussendung<br />
mit. In den ersten drei<br />
Monaten finanzierte<br />
die Firma<br />
Fahrzeuge im Wert von 40,5 Millionen<br />
Euro und lag somit an zweiter Stelle<br />
in der Rangordnung der nationalen<br />
Leasinggesellschaften.<br />
„Der Automarkt hat eine gewisse<br />
Stabilität erreicht, auch wenn er niedrigere<br />
Verkaufszahlen aufweist, als wir es<br />
bislang gewohnt waren. Es sind dies<br />
Zeiten, in denen das Geschäft neu erfunden<br />
wird, Ziele neu gesetzt werden,<br />
da Finanzierungen nun einmal die Basis<br />
für das Autogeschäft sind“, so Leitner.<br />
Porsche Leasing ist Teil der Porsche Finance<br />
Group, die seit 1999 auf dem heimischen<br />
Markt tätig ist. Die Gruppe<br />
bietet durch fünf Tochterfirmen Finanzdienstleistungen<br />
an: Porsche Leasing<br />
(finanzielles Leasing), Porsche Mobility<br />
(operatives Leasing), Porsche<br />
Bank (Autokredite), Porsche Broker de<br />
Asigurare (Versicherungsmakler) und<br />
Porsche Versicherungen.<br />
Ein weiterer Krisengewinner war<br />
Medicredit Leasing. Die Firma finanzierte<br />
in den ersten drei Monaten dieses<br />
Jahres Gegenstände im Wert von 4,2<br />
Millionen Euro − um 22,7% mehr als<br />
im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
FOKUS/LEASINGMARKT<br />
Hintergrund war eine Aufstockung<br />
des Investitionswertes je Projekt, so<br />
Medicredit-Chef Mugur Stancu. Finanzierungen<br />
wurden im 1. Quartal für lediglich<br />
zwei Objekte vergeben – zwei<br />
schlüsselfertige Privatkliniken für fortgeschrittene<br />
Diagnose; eine in Bukarest,<br />
die andere außerhalb der Hauptstadt.<br />
2008 finanzierte Medicredit Leasing Gegenstände<br />
in Wert von 17,6 Millionen<br />
Euro – eine Steigerung von 70% gegenüber<br />
den 10,3 Millionen Euro des Vorjahres.<br />
Die Marktquote in der Leasing-<br />
Sparte von Medizintechnik (Gesamtumsatz<br />
32,46 Millionen Euro) lag bei 54%.<br />
Viele der Branchenakteure hegen<br />
Gewinnerambitionen und wollen sich<br />
nicht so leicht unterkriegen lassen. BT<br />
Direct, die der Bankgruppe Transilvania<br />
gehört, kündigte noch im Sommer<br />
an, ihren Gewinn in 2009 verneunfachen<br />
zu wollen, nachdem das Finanzierungsvolumen<br />
um 5% und der Saldo<br />
der Leasingverträge um über 18% gestiegen<br />
waren. Ende letztes Jahres hatte<br />
die Firma 8.403 laufende Verträge,<br />
33,09% mehr als 2007.<br />
Dirent România, eine<br />
andere Firma, die im operativen<br />
Leasing tätig ist,<br />
rechnet mit einer Verdoppelung<br />
des Fahrzeugsportfolios<br />
auf<br />
rund 1.000 Fahrzeuge.<br />
Das September-Geschäft<br />
lief gut, die<br />
Vorzeichen für Oktober–<br />
Dezember sind es<br />
ebenfalls. „Auf<br />
jeden Fall ist<br />
die Lage<br />
etwas besser als noch im Winter. Die<br />
Monate Januar–Februar hatten uns einen<br />
kompletten Stillstand<br />
beschert, da Kunden in Panik<br />
geraten waren und lieber abwarten<br />
wollten, was die Zukunft<br />
bringt. Ab März–April<br />
begannen wir dann endlich wieder<br />
Verträge zu unterzeichnen. In letzter<br />
Zeit hat die Nachfrage im operativen<br />
Leasing zugenommen“, so<br />
Effie Valsamaki, Geschäftsführer<br />
von Dirent.<br />
Auch die Operativleaser<br />
von Arval România, Teil<br />
der BNP Paribas Group,<br />
rechnen für 2009 mit 16−17<br />
Millionen Euro, fast doppelt so<br />
viel wie im Vorjahr. Die Arval-<br />
Vertreter verwiesen ihrerseits dar -<br />
auf, dass mittlerweile das Interesse<br />
für Finanzierungen von Fuhrparks<br />
durch operatives Leasing steigt.<br />
Teodora Zaizon
BUSINESS<br />
Kelag überlegt Markteinstieg<br />
© Kelag Bildarchiv<br />
Der österreichische Energieversorger<br />
Kelag plant offenbar einen Dreifacheinstieg<br />
auf dem einheimischen Markt:<br />
Dem Kreisratsvorsitzenden von Suceava,<br />
Gheorghe Flutur, zufolge beabsichtigt<br />
das Kärntner Energieunternehmen<br />
in Suceava, Cluj/Klausenburg und Alexandria<br />
Wärmekraftwerke basierend<br />
auf Biomasse zu errichten. Das Novum<br />
des von den Kärntnern vorgeschlagenen<br />
Projekts besteht laut Flutur in der Biomasse,<br />
die nicht nur auf Holz abfällen,<br />
sondern auch auf der Energiepflanze<br />
Miscanthus (Elefantengras) basiert. Sollte<br />
die Investition der Österreicher durchgezogen<br />
werden, so würde anhand der<br />
von ihnen vorgeschlagenen Anlage vor<br />
Ort der Preis für Strom aus dem Wärmekraftwerk<br />
lediglich ein Viertel bis ein<br />
Fünftel des marktüblichen Preises betragen,<br />
erklärte Flutur, der hinzufügte, dass<br />
das Energieunternehmen bislang bezüglich<br />
seiner potenziellen Investition bereits<br />
etliche Verhandlungsrunden mit den Lokalbehörden<br />
geführt habe.<br />
Zu den strategischen Zielen von Kelag<br />
zählt seit längerem auch das „selektive<br />
Wachstum“ in Südosteuropa im<br />
Bereich der erneuerbaren Energie, dabei<br />
seien insbesondere der rumänische, bulgarische<br />
sowie bosnische Markt als „interessant“<br />
erachtet worden, informierte<br />
die österreichische Presse. Die Expansion<br />
des Energieversorgers in Südosteuropa<br />
sei schon seit 2006 geplant, wird jedoch<br />
„unter anderem wegen bürokratischer<br />
Hürden“ erst jetzt umgesetzt, erwähnte<br />
Kelag-Vorstand Harald Kogler<br />
gegenüber dem Wirtschaftsblatt.<br />
Petrom in OMV Petrom umbenannt<br />
Petrom, die rumänische Tochter des<br />
österreichischen Mineralölkonzerns<br />
OMV, trägt seit letztem Monat einen<br />
neuen Namen – und zwar „OMV Petrom“.<br />
Die Umbenennung wurde Mitte<br />
Oktober auf der Hauptversammlung<br />
der Petrom-Aktionäre gebilligt und<br />
tritt ab dem 1 Januar 2010 in Kraft. Es<br />
habe sich dabei lediglich um einen<br />
„Formalakt“ gehandelt, da die Marke<br />
Petrom weiterhin bestehen bleibt, verlautbarte<br />
das Unternehmen.<br />
Petrom OMV ist mit einem Umsatz<br />
von 4,85 Milliarden Euro das größte<br />
Unternehmen in Südosteuropa, bestätigte<br />
jüngst ein von den Roland Berger<br />
Strategy Consultants und der Nachrichtenagentur<br />
SeeNews erstelltes Ranking<br />
der 100 im Verlauf des letzten Jahres<br />
umsatzstärksten Unternehmen Südosteuropas.<br />
Der einheimische Erdöl- und Erdgaskonzern<br />
gehört seit 2004 mehrheitlich<br />
(51 Prozent) der OMV, weitere<br />
20,6 Prozent hält der Staat, 20,1 Prozent<br />
der rumänische Eigentumsfonds,<br />
während 2 Prozent der Europäischen<br />
Bank für Wiederaufbau und Entwicklung<br />
(EBRD) gehören. Laut österreichischer<br />
Presse denkt der OMV-Vorstand<br />
zurzeit nicht an ein Aufstocken<br />
bei Petrom, man sei „mit dem derzeitigen<br />
Anteil zufrieden“. Das erste Halbjahr<br />
2009 bescherte der Petrom allerdings<br />
eher wenig Grund zur Freude: Ihr<br />
Nettogewinn fiel im Vergleich zur Vorjahresperiode<br />
um 44,5% auf 923 Millionen<br />
Lei (216 Millionen Euro).<br />
© Petrom<br />
34 debizz
BUSINESS/news<br />
© sxc.hu<br />
© Nicolae Badea/Agerpres<br />
© Imtech<br />
Soravia eröffnet<br />
hauptstädtisches<br />
„Metropolis Center“<br />
Das österreichische Immobilienunternehmen<br />
Soravia hat letzten Monat in<br />
Bukarest sein jüngstes multifunktionales<br />
Großprojekt eröffnet. Es handelt<br />
sich um das „Metropolis Center“ – eine<br />
Investition in Höhe von rund 60 Mio.<br />
Euro. Die Gesamtfläche des Centers beträgt<br />
knapp 30.000 Quadratmeter, es<br />
umfasst ein Vier-Sterne-Hotel sowie<br />
zahlreiche Büros und Shops, teilte das<br />
Unternehmen in einer Presseaussendung<br />
mit. Soravia zufolge haben sich<br />
bereits etliche Mieter im Metropolis<br />
Center niedergelassen, darunter Citroën<br />
Romania, die EBRD, DLA Piper, Parexel<br />
International, Leopold Jordan GmbH<br />
und Advent International.<br />
Die Soravia Group ist seit über einem<br />
Jahrzehnt auf dem einheimischen<br />
Markt aktiv, den sie auch weiterhin als<br />
einen der vielversprechendsten in Südosteuropa<br />
einschätzt. Weitere Investitionen<br />
des österreichischen Immobilienunternehmens<br />
stehen zumindest im Bukarester<br />
Raum bereits fest: Laut Soravia<br />
sind 300 Mio. Euro veranschlagt worden,<br />
um einen am Mihai Bravu-Boulevard<br />
gelegenen Bürokomplex sowie ein<br />
Outlet Center bzw. Einkaufszentrum im<br />
Vorstadtbezirk {ef`ne[ti zu errichten.<br />
GEA: Millionen-<br />
Auftrag aus Turceni<br />
Der deutsche Technologiekonzern<br />
GEA Group AG hat vor wenigen Wochen<br />
bekanntgegeben, einen Millionen-<br />
Auftrag über die Ausrüstung des Kohlekraftwerks<br />
in Turceni, Kreis Gorj, mit<br />
einer Aschebehandlungsanlage erhalten<br />
zu haben. Die GEA Circumix-Anlage<br />
sei Teil des Projekts zur Laufzeitverlängerung<br />
des Kraftwerks Turceni sowie<br />
zum Erreichen der Umweltauflagen, sie<br />
werde die im 7 x 330 MW Kohlekraftwerk<br />
anfallende Asche umweltfreundlich<br />
verwerten und gleichzeitig Wasser<br />
sparen. Dem Bochumer Maschinenbauer<br />
zufolge ist dies bereits der sechste<br />
Auftrag aus Rumänien für ein derartiges<br />
System.<br />
Die GEA Group AG ist einer der<br />
größten reinen Maschinenbaukonzerne<br />
Deutschlands, derzeit beschäftigt sie<br />
mehr als 20.000 Mitarbeiter in 50 Ländern.<br />
Sie hat sich als international tätiger<br />
Technologiekonzern auf den Spezialmaschinenbau<br />
mit den Schwerpunkten<br />
Prozesstechnik und Komponenten<br />
konzentriert und im Geschäftsjahr 2008<br />
einen Konzernumsatz von 5,2 Milliarden<br />
Euro erwirtschaftet. Rund 50 Prozent<br />
davon wurde im Segment der langfristig<br />
wachsenden Lebensmittel- und<br />
Getränkeindustrie generiert.<br />
Imtech baut<br />
Marktposition aus<br />
Der deutsche Gebäudeausrüster Imtech<br />
hat jüngst seinen rumänischen<br />
Wettbewerber Arconi übernommen.<br />
„Imtech will seine Marktstellung in Osteuropa<br />
strategisch weiter stärken“, teilte<br />
Klaus Betz, Geschäftsführer von Imtech<br />
Deutschland, in einem Pressrelease<br />
mit. „Dabei ist die Übernahme von Arconi<br />
ein wichtiger Meilenstein. Die Akquisition<br />
schafft ein solides Fundament<br />
für den weiteren Ausbau unserer Stellung,<br />
mithilfe von Arconi werden wir<br />
unseren Kunden in Rumänien schon<br />
bald die gesamte Leistungspalette von<br />
Imtech anbieten können, wobei weiteres<br />
Wachstum absehbar ist, vor allem,<br />
weil die Nachfrage nach hochwertigen<br />
technischen Lösungen in Rumänien zunimmt.“<br />
Arconi wurde 1991 gegründet, das<br />
Unternehmen bietet elektrotechnische<br />
Lösungen, Luft-, Klima-, MSR- und<br />
Brandschutztechnik sowie Energieversorgung<br />
für Büros, Banken, Kaufhäuser,<br />
Krankenhäuser, Einzelhandel und Hotels<br />
an. Auch auf dem Industriesektor<br />
fasst Arconi zunehmend Fuß. Imtech<br />
und Arconi arbeiten bereits seit längerem<br />
zusammen – so wurden 2008 und<br />
2009 die technische Ausstattung des<br />
hauptstädtischen Hotels Intercontinental<br />
sowe die Ausrüstung der Selgros SB-Warenhäuser<br />
gemeinsam durchgezogen.<br />
debizz 35
BUSINESS/BESORGNIS<br />
Unternehmer zur Regierungskrise<br />
„Solange sich die politische Lage nicht stabilisiert,<br />
liegen unsere Investitionspläne auf Eis“<br />
Obige Aussage stammt, der rumänischen Presse zufolge,<br />
von keinem geringerem als dem Holzindustriellen<br />
Gerald Schweighofer. Der Österreicher ist lediglich einer<br />
von vielen in- und ausländischen Unternehmern,<br />
die wegen der gegenwärtig abstrusen politischen Verhältnisse<br />
und des endlosen Wahlkampfgetöses ihre Investitionspläne<br />
einstweilig auf Eis gelegt haben.<br />
Für die Geschäftswelt sei die Lage<br />
das gesamte Jahr über eine äußerst<br />
schwierige gewesen, erläuterte Schweighofer<br />
gegenüber dem Blatt „Ziarul Financiar“.<br />
Kein Politiker habe mehr Zeit<br />
für die Belange der Unternehmer, man<br />
könne überhaupt keine Termine mehr<br />
abmachen, um zu versuchen, Probleme<br />
anzusprechen oder gar zu lösen, „alle<br />
haben nur noch den Wahlkampf im<br />
Kopf“, so der Holzindustrielle. Laut<br />
Schweighofer stellt die verteuerte Finanzierung<br />
derzeit das größte Problem der<br />
Unternehmer dar, doch scheint auch die<br />
einheimische Bürokratie erheblich zum<br />
allgemeinen Missmut beizutragen. So<br />
beklagt der österreichische Holzunternehmer,<br />
der hierzulande immerhin über<br />
300 Millionen Euro in drei Sägewerke<br />
investierte, die stätig hinausgezögerten<br />
Ausschreibungen von Projekten im Bereich<br />
des Waldwegbaus, für die EU-<br />
Fonds abgerufen werden könnten.<br />
dass eine direkte Konsequenz der politischen<br />
Krise eine weitere Senkung der<br />
Bonität des Landes sein dürfte. „Es liegt<br />
auf der Hand, dass zum einen die ausländischen<br />
Investoren sich zumindest<br />
zeitweilig in Zurückhaltung üben werden.<br />
Parallel dazu wird der Zugang zu<br />
Auslandsdarlehen erschwert bzw. verteuert,<br />
was sich nicht nur in höheren Refinanzierungskosten<br />
der Banken, sondern<br />
dementsprechend auch in teureren<br />
Krediten für die Bevölkerung niederschlagen<br />
wird“, sagt der Ex-Bankier.<br />
Der Wirtschaftsanalyst Ilie {erb`nescu<br />
umreisst das allgemeine Bild in wenigen<br />
Worten: „Die Wirtschaft ist praktisch<br />
unten durch, während die Staatsschulden<br />
enorm zugenommen haben, ohne<br />
dass das Land etwas Positives davon<br />
abbekommen hätte.“ Unternehmer und<br />
Analysten sind sich einig, dass ohne eine<br />
schnelle Beendung der Regierungskrise,<br />
ohne baldige Gespräche zwischen<br />
Behörden, Unternehmerschaft und Gewerkschaften<br />
demnächst auch noch eine<br />
soziale Krise über Rumänien hereinbrechen<br />
dürfte. Denn schrumpft die Wirtschaft<br />
auch in 2010, so wird die Arbeitslosigkeit<br />
weiter steigen, was letzten Endes<br />
zu einem Zusammenbruch des Sozialversicherungssystems<br />
führen könnte –<br />
und das bedeute das sichere Chaos,<br />
warnen die Analysten.<br />
„Es ist wirklich zum Haareraufen:<br />
Zurzeit müssten wir längst unsere Strategien<br />
für 2010 erarbeiten – zumal das<br />
kommende Jahr wohl noch schlimmer<br />
als das jetzige ausfallen wird. Anstatt<br />
mit den Behörden über weitere Krisenmaßnahmen<br />
zu beraten, anstatt Gespräche<br />
über das Steuer- und das Arbeitsgesetz<br />
zu führen, kann die Arbeitgeberschaft<br />
derzeit jedoch leider nur<br />
hilflos herumstehen“, monierte Maria<br />
Grapini, Vorsitzende der Föderation<br />
der Arbeitgeberschaft aus der Leichtindustrie.<br />
Emil Grenzer<br />
Verunsicherte Geschäftspartner,<br />
verschärfte<br />
Zahlungsbedingungen<br />
Einheimische Unternehmer berichten<br />
inzwischen vermehrt über die wachsende<br />
Verunsicherung ihrer ausländischen<br />
Geschäftspartner, Verträge würden<br />
derzeit nur zögerlich unterzeichnet<br />
und auch dann zu verschärften Zahlungsbedingungen.<br />
Und das ist nur eine<br />
von etlichen Auswirkungen. Finanzexperte<br />
Bogdan Baltazar verweist darauf,<br />
© Constantin Duma/Agerpres<br />
36 debizz
BUSINESS/erwartungen<br />
5<br />
maßgebliche Tipps der Geschäftswelt<br />
für die neue Regierung<br />
Das Anfang Oktober über ein Misstrauenvotum<br />
gestürzte und derzeit interimistisch<br />
regierende Kabinett hatte sich<br />
auch vor ihrem Aus bekanntlich wenig<br />
bis überhaupt nicht um die Realwirtschaft<br />
gekümmert und fast ausschließlich<br />
dem Staatssektor – vornehmlich<br />
dessen Einnahmen und Ausgaben – gewidmet.<br />
Von der zukünftigen Regierung<br />
– egal, ob politisch oder aus Experten<br />
bestehend – erwartet die Geschäftswelt<br />
erheblich mehr Initiative<br />
und hat mit Bezug auf dringend zu ergreifende<br />
Maßnahmen sehr konkrete<br />
Vorstellungen. Einer Umfrage des Online-Portals<br />
Hotnews zufolge empfehlen<br />
die Unternehmer in allererster Linie einen<br />
Verzicht auf die „Samthandschuhe“,<br />
mit denen die Staatsbediensteten<br />
bislang behandelt worden sind, die<br />
Ausgaben der öffentlichen Hand gehörten<br />
drastisch gekürzt. Zudem empfehle<br />
sich, die Besteuerung in etlichen Bereichen<br />
herabzusetzen, auch seien die Behörden<br />
gut beraten, von den andauernden<br />
Preissteigerungen bei den öffentlichen<br />
Versorgungsbetrieben abzusehen,<br />
des Weiteren müsse der Arbeitsmarkt<br />
flexibilisiert werden.<br />
Keine Preissteigerungen bei den<br />
Versorgern, Senkung der Umsatzsteuer<br />
auf Grundnahrungsmittel<br />
„Die Wirtschaft muss endlich stabilisiert<br />
und nicht noch mehr untergraben<br />
werden“, so Ion Niculae, Präsident<br />
der Unternehmensgruppe Inter -<br />
agro. „Als erstes sollte den ewigen Preisanhebungen<br />
der Versorgungsanbieter<br />
ein Ende bereitet werden. Während in<br />
den gegenwärtigen Krisenzeiten überall<br />
in Europa genau diese Preise längst<br />
gesenkt wurden, sind sie in Rumänien<br />
aufgrund der staatlichen Eigeninteressen<br />
bzw. dessen Monopol in die Höhe<br />
getrieben worden. Monopolpreise sollten<br />
zukünftig verstärkt unter die Lupe<br />
genommen werden“, so die Empfehlung<br />
des Geschäftsmannes.<br />
Aus der Nahrungsmittelindustrie<br />
kommt der Tipp zur Senkung der Umsatzsteuer,<br />
insbesondere bei den Grundnahrungsmitteln,<br />
oder etwa der Senkung<br />
einiger Direktsteuern. „Damit würde man<br />
den Konsum fördern, was wiederum die<br />
Produktion stimulieren und sich dementsprechend<br />
positiv auf den Arbeitsmarkt,<br />
die Exporte und die Konjunktur auswirken<br />
würde“, erläuterte Mihai Vi[an, Exektivdirektor<br />
des Verbandes der rumänischen<br />
Fleischverarbeiter.<br />
Kein Erbarmen mit den Staatsbediensteten<br />
In punkto Staatsbedienstete ist man<br />
sich allgemein einig: „Die absolute<br />
Priorität der neuen Regierung müsste<br />
eine erbarmungslose, 20%-ige Reduzierung<br />
der Lohnausgaben im öffentlichen<br />
Sektor sein. Wie die neue Regierung<br />
das bewerkstelligen will, ist ihre Sache<br />
– ob sie nun die Bediensteten auf einen<br />
zehntägigen unbezahlten Urlaub schicken<br />
will oder es vorzieht, Stellen abzubauen<br />
und Löhne zu kürzen. Danach<br />
muss das Rentengesetz erörtert und<br />
schleunigst vom Parlament verabschiedet<br />
werden“, fasste Finanzexperte Bogdan<br />
Baltazar dass allgemeine Fazit zusammen.<br />
Einhaltung des IWF-Abkommens,<br />
Erarbeitung eines neuen<br />
Fiskalsystems<br />
Last but not least behält die Wirtschaft<br />
das Abkommen Rumäniens mit<br />
dem IWF und der EU besorgt im Auge –<br />
da es das einzige „Krisenpaket“ des Landes<br />
darstellt, käme dessen Kündigung einer<br />
Katastrophe gleich. „Aus kurzfristiger<br />
Sicht müssen sämtliche Auflagen des<br />
IWF respektiert werden, da Rumänien<br />
ohne das internationale Notdarlehen<br />
aufgeschmissen ist. Mittelfristig sollte<br />
das Land endlich imstande sei, ein neues<br />
Steuersystem aufzubauen. Die Wirtschafts-<br />
und Finanzkrise hat die Grenzen<br />
des derzeitigen Steuersystems klar aufgezeigt,<br />
es ist außerstande, auch in schwierigen<br />
Zeiten zu funktionieren. Auch<br />
muss die Schwarzwirtschaft ans Tageslicht<br />
gebracht werden und das ist nur<br />
mittels etlicher Steuererleichterungen erreichbar.<br />
Ebenfalls mittelfristig stehen in<br />
den Ressorts sämtlicher Ministerien Reformen<br />
an, kurzfristig wird die neue Regierung<br />
dafür wohl keine Zeit haben. Zu<br />
beneiden ist sie nicht – sie muss Erhebliches<br />
leisten, und das beim jetzigen, desolaten<br />
Zustand der Wirtschaft“, lautete<br />
die Meinung der Bankenvertreter.<br />
Emil Grenzer<br />
debizz 37
DEBIZZ/BERATUNG/ADVERTORIAL<br />
Der Leasing-Markt<br />
Im laufenden Jahr wurden sowohl der Leasingmarkt selbst<br />
als auch die gesamte einheimische Wirtschaft schwerwiegend<br />
getroffen, wobei die durchgeführten Transaktionen<br />
deutlich gesunken sind. Der Grund dieses Rückgangs ist<br />
eindeutig die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie deren<br />
zahlreiche Nebenwirkungen: steigende Arbeitslosigkeit, zeitweilig<br />
volatiler Wechselkurs usw.<br />
In Rumänien ist der Leasingvertrag<br />
von der Regierungsverordnung Nr.<br />
51/1997, so wie diese geändert wurde,<br />
geregelt.<br />
Das Leasing ist ein Rechtsgeschäft,<br />
durch das eine Partei – Finanzierer/Vermieter<br />
genannt –, für einen bestimmten<br />
Zeitraum das Nutzrecht eines (Leasing)-<br />
Gegenstandes einer anderen Partei –<br />
Nutzer genannt – überträgt aufgrund der<br />
Einforderung einer regelmässigen Zahlung,<br />
Leasingrate genannt, wobei nach<br />
Ablauf des Leasingzeitraums sich der Finanzierer/Vermieter<br />
verpflichtet, das Optionsrecht<br />
des Nutzers zum Erwerb des<br />
Gegenstandes, zur Verlängerung des Leasingvertrags<br />
oder zur Beendung der Vertragsbeziehungen<br />
zu gewährleisten.<br />
Leasingverträge sowie persönliche<br />
und sachbezogene Garantien, die hinsichtlich<br />
der Zusicherung der Verpflichtungen<br />
des Leasingvertrags abgeschlossen<br />
wurden, haben vollstreckbaren Charakter,<br />
umsomehr da der Abschluss eines<br />
Leasingvertrags schriftlich erfolgen<br />
muss.<br />
Leasingverträge, die als Nutzgegenstand<br />
unbewegliche Güter haben, werden<br />
im Grundbuch eingetragen.<br />
Leasingoperationen des Typs Dreieck<br />
sind eine oft angewandte Form des<br />
Leasings. Die Initiative liegt normalerweise<br />
beim Nutzer, der einen bestimmten<br />
Gegenstand benötigt und/oder<br />
durch die Identifizierung eines möglichen<br />
Lieferanten und eines Finanzierers<br />
zur Markterkundung beiträgt.<br />
Beim Leasing unterliegt der Mietvertrag<br />
einem zweiseitigen (gegenseitigen)<br />
Mietversprechen –<br />
das bedeutet, dass der Finanzierer<br />
den erworbenen Gegenstand<br />
zu vermieten verspricht, während<br />
der Nutzer zusichert, ihn zu mieten.<br />
Eigentlich ist der Mietvertrag<br />
ein rechtliches Instrument, um<br />
dem Nutzer den Gegenstand zur<br />
Verfügung zu stellen<br />
Beim Leasing unterliegt der Mietvertrag<br />
einem zweiseitigen (gegenseitigen)<br />
Mietversprechen – das bedeutet,<br />
dass der Finanzierer den erworbenen<br />
Gegenstand zu vermieten verspricht,<br />
während der Nutzer zusichert, diesen<br />
zu mieten. Eigentlich ist der Mietvertrag<br />
ein rechtliches Instrument, um dem<br />
Nutzer den Gegenstand zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Laut rumänischer Gesetzgebung<br />
gibt es zweierlei Leasingarten:<br />
• das operative Leasing und<br />
• das Finanzleasing<br />
Der Hauptunterschied zwischen<br />
dem Finanzleasing und dem operativen<br />
Leasing besteht darin, dass im Falle des<br />
Finanzleasings der Leasingsvertrag den<br />
Erwerb des Gegenstandes, die Verlängerung<br />
des Vertrags ohne Veränderungen<br />
und auch die Beendung der Vertragsbeziehungen<br />
in Aussicht stellt, während<br />
das operative Leasing die Vermietung<br />
des Gegenstandes für einen bestimmten<br />
Zeitraum, jedoch nicht auch dessen Erwerbung<br />
bei Vertragsende, bedeutet.<br />
Aus buchhalterischer Sicht erfolgt<br />
die Eintragung der Absetzung des Vertragsgegenstandes<br />
im Falle des Finanzleasings<br />
durch den Mieter/Nutzer und<br />
im Falle des operativen Leasings durch<br />
den Vermieter/Finanzierer.<br />
Vermerkt sei noch, dass auf dem<br />
einheimischen Markt auch das Rechtsgeschäft<br />
„Verkauf und leaseback“<br />
durchgeführt wird, durch den der Eigentümer<br />
des Gegenstandes diesen verkauft<br />
und gleichzeitig eine Vereinbarung<br />
mit dem Käufer trifft, um den Gegenstand<br />
unter bestimmten Bedingungen<br />
zu mieten. Der Käufer des Gegenstandes<br />
kann eine Bank, eine Versicherung,<br />
eine Leasinggesellschaft oder ein<br />
privater Investor sein. Der Verkäufer<br />
erhält sofort den Kaufpreis des Gegenstandes<br />
und gebraucht den Gegenstand,<br />
wobei er dem neuen Eigentümer (Käufer)<br />
Gebühren zahlt.<br />
Unter Beachtung der besonderen<br />
wirtschaftlichen Lage und des Leasingmarktes<br />
haben Spezialisten versucht,<br />
sich auf neue Produkte zu konzentrieren,<br />
wie zum Beispiel die Finanzierung<br />
für den Erwerb von Gebrauchtwagen.<br />
Trotzdem erwarten die Spezialisten eine<br />
Marktstabilisierung frühestens im zweiten<br />
Quartal 2010.<br />
Daniela Popescu, Rechtsanwältin<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
Daniela Popescu, RA<br />
Gilescu & Partenerii CHSH<br />
Bukarest<br />
Splaiul Independen]ei 42-44,<br />
Sektor 5<br />
Tel.: +40/21/ 311 12 13<br />
Fax: +40/21/ 314 24 70<br />
Temeswar<br />
Coriolan Brediceanu Str. 10<br />
City Business Center<br />
Corp ~, Mezzanin<br />
Tel.: +40/356/ 007 033<br />
Fax: +40/356/ 007 034<br />
E-Mail: office@gp-chsh.ro<br />
www.gp-chsh.ro<br />
38 debizz
BUSINESS/INFO<br />
Deutsche Bank: Markteinstieg in 2010<br />
Die Deutsche Bank AG plant, im kommenden Jahr operativ<br />
auf dem rumänischen Markt einzusteigen. Man sehe in<br />
Osteuropa und auch in den BRIC-Staaten − Brasilien, Russland,<br />
Indien und China − „weiterhin Potenzial“, verlautbarte<br />
Jürgen Fitschen, Vorstandsmitglied und Deutschland-Chef<br />
des Finanzinstituts, Ende Oktober in Frankfurt.<br />
Mit Bezug auf Rumänien sagte Fitschen, dass die Bank<br />
vor Ort zwar schon über eine Repräsentanz vertreten sei,<br />
was jedoch bislang nur „ein eingeschränktes Geschäft“ ermöglicht<br />
habe. Die Deutsche Bank wolle hierzulande zukünftig<br />
„organisch wachsen“, deshalb sei die Gründung einer<br />
eigenen Tochter notwendig. Zukäufe seien derzeit zwar<br />
nicht geplant, doch würden sie grundsätzlich nicht ausgeschlossen,<br />
so Fitschen.<br />
Die Deutsche Bank hat erst unlängst eine Gesellschaft<br />
in der Ukraine aufgebaut, die mittelständischen Kunden<br />
unter anderem auch Handelsfinanzierungen anbietet. Das<br />
Finanzinstitut stand schon einmal kurz vor dem Einstieg ins<br />
hiesige Bankgeschäft – im Jahr 2005 hatte es sich am Rennen<br />
um die Banca Comercial` Român` (BCR) beteiligt, unterlag<br />
aber letzten Endes im Bieterwettstreit der österreichischen<br />
Erste Bank.<br />
Leute von heute<br />
© Lucian Tudose/Agerpres<br />
Mugur Is`rescu: Der wohl weltweit dienstälteste<br />
Zentralbankchef ist Anfang letzten<br />
Monats in seinem Amt als Gouverneur der<br />
rumänischen Nationalbank wieder bestätigt<br />
worden. Der 60-jährige Is`rescu steht<br />
seit 1990 an der Spitze der rumänischen<br />
Zentralbank, eine Unterbrechung gab es<br />
ledliglich in der Zeitspanne 1999–2000, als<br />
er das Amt des Premierministers bekleidete.<br />
Michel Lamoot: Seit Oktober ist der erfahrene<br />
Fachmann neuer Geschäftsführer von<br />
real,- Hypermarket Romania. Davor war<br />
er Non-Food-Beschaffungsleiter bei real,-<br />
Polen. Lamoot studierte an der Universität<br />
Grenoble Hotel- und Gastronomiemanagement<br />
und war im Verlauf seiner Karriere<br />
auch als Führungskraft in Südkorea, Japan<br />
und Frankreich tätig gewesen.<br />
Stefan Vancek: Der 42-jährige Slowake ist<br />
neuer Handelsdirektor der Generali Asigur`ri.<br />
Er soll sich um die Entwicklung und<br />
Verwaltung der Vertriebswege des Versicherers<br />
kümmern. Seit Mai 2008 war Vancek<br />
Direktor für Geschäftsentwicklung der<br />
Generali PPF Holding in Tschechien, davor<br />
arbeitete er bei Ceska Poistovna in der slowakischen<br />
Hauptstadt Bratislava.<br />
Mihai Grigore: Als neuer Chief Operating<br />
Officer bei Colliers wird der bisherige Leiter<br />
der Abteilung Wertgutachten das Tagesgeschäft<br />
der Immobilienfirma beaufsichtigen<br />
und steuern. Grigore gehört dem<br />
Rumänien-Team von Colliers seit acht<br />
Jahren an; bislang verwaltete er mehrere<br />
Prestige-Accounts wie jene der BCR, BRD,<br />
Immoeast, Petrom und Romtelecom.<br />
David Smith: Der studierte Jurist und<br />
Kaufmann ist neuer Executive Director bei<br />
Ernst & Young România und steht derzeit<br />
auch der Abteilung Betrugsermittlung vor.<br />
16 Jahre lang war Smith Betrugsfahnder<br />
und Sachwertgutachter für Handelsstreitigkeiten<br />
in England, Irland, Tschechien<br />
und Australien, nun soll er das Fachteam<br />
beim Büro von Ernst & Young in Rumänien<br />
unterstützen.<br />
debizz 39
BUSINESS/BANAT<br />
Business-Village neben<br />
Technologiepark<br />
Der Temescher Kreisrat betreibt<br />
über die Entwicklungsagentur ADE-<br />
TIM einen Technologiepark – und das<br />
schon seit fünf Jahren. Mehrmals mussten<br />
die Betreiber bei Betriebsstart der<br />
Einrichtung ihre Auflagen korrigieren,<br />
bis sich letztendlich der Boom bzw. die<br />
erwarteten Klein- und Mittelständler<br />
aus dem Bereichen IT, Kommunikation,<br />
Software, Automotive oder Logistik einstellten.<br />
Trotz Wirtschaftskrise sind derzeit<br />
24 von 26 Grundstücken belegt, sagte<br />
Geschäftsführerin Nicoleta Tisu debizz<br />
gegenüber. Der Technologiepark<br />
liegt an der Torontaler Straße, der Ausfahrtsstraße<br />
Temeswars in Richtung<br />
Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare.<br />
In unmittelbarer Nähe des Technologieparks<br />
beabsichtigt nun die britische<br />
Firma Charter Properties, ein sogenanntes<br />
Business-Dorf (Business-Village)<br />
einzurichten. Dazu streben die Engländer<br />
eine Zusammenarbeit mit dem<br />
Temescher Kreisrat über die Entwicklungsagentur<br />
ADETIM an. Ende Oktober<br />
wollten die Kreisratsabgeordneten<br />
darüber entscheiden, ob und unter welchen<br />
Auflagen der Kreisrat sich an diesem<br />
Projekt beteiligt. Neben dem Technologiepark<br />
will Charter Properties<br />
Grundstücke aus Eigenmitteln kaufen<br />
und dann eventuell über Strukturfonds<br />
der EU die eigentliche Investition tätigen.<br />
„Business-Village” heißt, auf einem<br />
begrenzten Areal, außerhalb der Kommunen,<br />
Gebäude zu diversen Wirtschaftszwecken<br />
zu errichten. Angesprochen<br />
sind kleine Firmen, denen auch<br />
Dienstleistungen in punkto Betriebsstart<br />
und Berufsbildung angeboten werden.<br />
So stellt der Betreiber kleine Werkhallen<br />
oder Lagerräume zur Verfügung, Büroflächen,<br />
Räumlichkeiten für Konferenzen<br />
und/oder Aus- und Fortbildung des<br />
Personals. Hinzu kommen Restaurants<br />
und Clubs, die als Treffpunkt der Unternehmer<br />
gedacht sind.<br />
Ausreichend Brotgetreide –<br />
Probleme sind jedoch vielseitig<br />
Offiziell geht man in diesem Herbst<br />
von einer Weizenernte von rund 5,3<br />
Mio. Tonnen aus. In Berufsverbänden<br />
wie der Föderation der rumänischen<br />
Landwirte herrscht jedoch eine andere<br />
Auffassung: Die Weizenernte werde<br />
heuer bei etwa 4 Mio. Tonnen liegen,<br />
alles andere seien „rein politische Einschätzungen“,<br />
sagt Föderationspräsident<br />
Matei, der selbst im Kreis Temesch<br />
Landwirtschaft in großem Stil betreibt.<br />
Doch werden auch die 4 Mio. Tonnen<br />
Weizen als ausreichend geschätzt, um<br />
den Inlandsbedarf zu decken, heißt es<br />
unter Fachleuten. So kommen etwa 3,5<br />
Mio. Tonnen dem Brotgetreide zu, weitere<br />
500.000 Tonnen werden als Saatgut<br />
benötigt.<br />
Die Erträge bei Weizen, Gerste,<br />
Raps dürften um rund 35% niedriger<br />
als im Vorjahr ausfallen – dies im Landesdurchschnitt,<br />
denn in vielen Gegenden<br />
war der Einbruch noch drastischer.<br />
Das Kernproblem liege nicht nur in der<br />
geringen Ernte, sondern auch darin, dass<br />
die Dürre nicht offiziell als Naturkatas -<br />
trophe gewertet wird, was bedeutet, dass<br />
die Landwirte trotz versicherter Kulturen<br />
keine Abfindungen erhalten haben.<br />
Zudem seien die Bewässerungssysteme<br />
komplett eingebrochen: 2,5 Mio. Hektar<br />
– etwa ein Viertel des rumänischen<br />
Ackerlandes – müssten bewässert werden,<br />
erläutert Viorel Matei, während<br />
tatsächlich jedoch nur 35.000–40.000<br />
Hektar bewässert würden.<br />
Laut Matei fehlt der Landwirtschaft<br />
auch ein Gesetz zur Kreditaufnahme zu<br />
Investitionszwecken – mit einem Zinssatz<br />
von höchstens 6% könnten die<br />
Kredite EU-Fonds mitfinanzieren helfen,<br />
auch käme die Mechanisierung der<br />
Landwirtschaft besser voran. Und weil<br />
von Gesetzen die Rede ist: Der Bauernverband<br />
ist entschlossen, den Anbau<br />
von Genmais und Sojabohnen durchzusetzen.<br />
Dadurch könne man die Kulturen<br />
widerstandsfähig gegen Dürre machen,<br />
sagt Matei und verweist darauf,<br />
dass es außerdem Überproduktionen<br />
gäbe, die eine Alternative zu herkömmlichen<br />
Rohstoffen darstellen könnten.<br />
Dass man in den USA Gen-Produkte<br />
fördert und in der EU nicht, ist für Matei<br />
nicht nachvollziehbar. „Die EU-Länder<br />
importieren landwirtschaftliche<br />
Produkte aus den USA und Gen-Gegner<br />
Greenpeace wird aus den USA finanziert“,<br />
moniert Matei.<br />
S. T.<br />
40 debizz
BUSINESS/BANAT<br />
Hochschulabsolventen immer<br />
optimistischer und loyaler<br />
Continental-Studie über Karrierechancen ausgewertet<br />
© HHL<br />
Die Sicherheit des zukünftigen<br />
Arbeitsplatzes<br />
hat auf der<br />
Prioritätenliste von<br />
Studenten in den<br />
letzten Jahren deutlich zugenommen,<br />
demzufolge ist auch<br />
die Loyalität gegenüber dem<br />
Arbeitgeber in der Zeitspanne<br />
2007–2009 gestiegen.<br />
Ein Großteil der Studenten kann<br />
sich inzwischen längst vorstellen, weit<br />
über zehn Jahre in ein und demselben<br />
Unternehmen tätig zu sein. Geld spielt<br />
trotzdem nach wie vor eine bedeutende<br />
Rolle: Mehr als Dreiviertel der Jugendlichen<br />
würden den Arbeitsplatz wechseln,<br />
wenn ihnen ein anderes Unternehmen<br />
ein besseres Lohnangebot unterbreitet.<br />
Im Frühjahr 2009 hat TNS7-Infratest<br />
im Auftrag der Continental AG<br />
insgesamt 1.031 Studenten in Rumänien<br />
befragt und deren Aussagen mit jenen<br />
deutscher Studenten verglichen. Die<br />
Umfrage wird in Rumänien seit 2005<br />
im Zweijahres-Rhythmus durchgeführt,<br />
in Deutschland findet sie jedes<br />
Jahr statt. „Rumänien hat für uns als<br />
Entwicklungsstandort eine sehr hohe<br />
Bedeutung in Europa“, sagt Heinz-Gerhard<br />
Wente, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor<br />
der Continental AG, und<br />
fügt hinzu: „Unser geschäftliches Engagement<br />
hier ist langfristiger Art und insofern<br />
sind wir auch in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten daran interessiert,<br />
zu erfahren, wie die Karrierepräferenzen<br />
und -optionen der Studenten aussehen,<br />
um unsere Spitzenposition als Arbeitgeber<br />
in Rumänien aufrecht erhalten<br />
zu können.“ Wente war zugegen,<br />
als die Umfrageergebnisse in Bukarest<br />
veröffentlicht wurden. Allgemein sei<br />
zur Umfrage gesagt: Die Mehrheit der<br />
rumänischen Studenten ist trotz Wirtschaftskrise<br />
noch zuversichtlicher, was<br />
ihre Berufschancen angeht, als dies<br />
noch vor zwei Jahren – mitten im Wirtschaftsboom<br />
– der Fall war. Das heißt<br />
jedoch nicht, dass die Ansprüche der<br />
jungen Leute gesunken sind: „Es ist nur<br />
einfacher, junge Leute einzustellen“,<br />
sagt Dr. Cristian von Albrichsfeld, Leiter<br />
der Forschung und Entwicklung bei<br />
Continental Automotive Rumänien.<br />
„Wenn man die Einstellung der rumänischen<br />
Studenten mit der ihrer<br />
deutschen Kollegen vergleicht, zeigt sich,<br />
dass Wissen und Einstellung nicht assoziiert<br />
werden können“, stellte die bekannte<br />
Psychologin und Gastrednerin Dr. Aurora<br />
Liiceanu auf der Konferenz zur Ergebnispräsentation<br />
fest. 42,6% der Befragten<br />
haben keine Vorstellung darüber,<br />
welche Folgen die Krise für ihren Karrierestart<br />
haben könnte; 18,6% (Deutschland:<br />
48%) gehen davon aus, dass sie keine<br />
Konsequenzen haben wird. „Möglicherweise<br />
ist die durch das schnelle wirtschaftliche<br />
Wachstum der vergangenen<br />
Jahre entstandene Euphorie noch sehr<br />
präsent in den Köpfen der rumänischen<br />
Studenten. Trotzdem spielt Arbeitsplatzsicherheit<br />
für sie die größte Rolle.<br />
Außerdem verstehen sie «Karriere» jetzt<br />
auch als Entwicklung innerhalb einer<br />
Abteilung oder eines Unternehmens“,<br />
hebt Dr. Liiceanu hervor.<br />
Mehr als ein Drittel der befragten<br />
rumänischen Studenten betrachten die<br />
Unternehmensgröße als irrevelant für<br />
ihre Karriereaussicht, 26,4% würden es<br />
vorziehen, für ein mittelgroßes Unternehmen<br />
zu arbeiten, während 22% eher<br />
gerne bei einem Global Player beschäftigt<br />
wären. Nur 7,2% würden sich für<br />
ein Familienunternehmen entscheiden.<br />
Über 75% der Studenten sehen Praxiserfahrung<br />
als wesentliche Voraussetzung<br />
für einen guten Job, gefolgt von<br />
Fremdsprachenkenntnissen. Gleich<br />
wichtig erscheinen ein Masterabschluss/<br />
MBA und gute Abschlussnoten. Nähe<br />
zu Familie und Freunden ist oft der entscheidende<br />
Faktor, weshalb sich Studenten<br />
einen Arbeitsplatz hier im Land<br />
wünschen. Etwas mehr als die Hälfte<br />
der Befragten würden jedoch bei besserer<br />
Bezahlung einen Job im Ausland annehmen.<br />
Mehr als die Hälfte der Studenten<br />
wäre bereit, ihre Heimstadt zu<br />
verlassen und eine Arbeit in einer anderen<br />
Stadt im Land zu akzeptieren. Von<br />
den rumänischen Städten werden Bukarest<br />
die besten Karriereaussichten zugeschrieben,<br />
es folgen mit großem Abstand<br />
Temeswar/Timi[oara, Hermannstadt/Sibiu,<br />
Kronstadt/Bra[ov, und Jassy/Ia[i.<br />
Siegfried Thiel<br />
debizz 41
BUSINESS/kronstadt<br />
„Kleines“ Oktoberfest für die Kronstädter<br />
DWK führt neue Form der Unterhaltung ein<br />
Die Einladung ü ber raschte selbst die Kronstädter Medien<br />
: „Sie sind herzlichst zu unserer Pressekonferenz<br />
eingeladen, die aus Anlass der Veranstaltung eines<br />
«kleinen Oktoberfestes» organisiert wird. Gezeichnet<br />
– Deutscher Wirtschaftsklub-Kronstadt“. Die Berichterstatter<br />
stutzten erst einmal, da ihnen die Assoziation der drei<br />
Begriffe Oktoberfest, Kronstadt und DWK anfänglich rein gar<br />
nichts zu sagen schien.<br />
Doch bei dem ersten Treffen mit<br />
den DWK-Vertretern gingen der Presse<br />
dann gleich mehrere Lichter auf. Erstens<br />
erfuhren selbst die Unwissenden,<br />
dass es vor Ort tatsächlich einen Deutschen<br />
Wirtschaftsklub gibt, zweitens<br />
gab es Details über dessen Wirkungsfeld<br />
und Mitglieder. Werner Braun,<br />
Vorsitzender des DWK, erklärte, wor auf<br />
das „kleine“ Oktoberfest hauptsächlich<br />
abzielt: „Wir wollen den Kronstädtern<br />
und den Urlaubern etwas Neues, etwas<br />
Andersartiges bieten. In diesem Sinne<br />
haben wir zunächst ein Konzept erarbeitet<br />
und sodann die Mitglieder des<br />
DWK angesprochen. Die Idee wurde<br />
nicht nur akzeptiert, sondern auch ergänzt<br />
– zu unserer Freude engagierte<br />
sich jeder Unternehmer so gut er nur<br />
konnte, die Unterstützung erwies sich<br />
als sehr breit, angefangen von der Logistik<br />
und bis hin zum letzten Detail.“<br />
Was ist „anders“?<br />
Diese Frage wurde im Vorfeld immer<br />
wieder gestellt. Cristian Macedonschi,<br />
einer der Mitveranstalter, erläuterte:<br />
„Das Oktoberfest ist nicht bloß ein<br />
einfaches Bierfest, sondern stellt eine<br />
Gelegenheit dar, mit Familie und<br />
Freunden mehrere Stunden bei gutem<br />
Essen, guter Musik und eben auch bei<br />
einem Bier zu verbringen. Das fängt mit<br />
so simplen Dingen wie einem Veranstaltungszelt<br />
nebst Tischen und Bänken<br />
an. Hinzu kommen die Musik, Wettbewerbe<br />
u.a., um eine passende Atmosphäre<br />
zu schaffen, des Weiteren Spielmöglichkeiten<br />
für Kinder sowie Verkaufsstände<br />
mit passenden Produkten,<br />
um das Fest nicht nur für die Einwohner<br />
selbst, sondern auch für die Urlauber<br />
attraktiv zu machen. Alles in allem<br />
geht es darum, einen fröhlichen und<br />
Die stolzen Veranstalter – ihr Event wurde ein haushoher Erfolg<br />
entspannten Rahmen für recht viele Besucher<br />
zu schaffen.“<br />
Werner Brauns Aufmerksamkeit<br />
galt inzwischen dem Unterhaltungsangebot:<br />
„Die Musik ist zweifelsfrei das A<br />
und O einer solchen Veranstaltung, mit<br />
ihr steht und fällt alles. Wir haben eine<br />
sehr gute Party-Band unter Vertrag genommen,<br />
die bereits bei zahlreichen<br />
Oktoberfesten mitgespielt und sich als<br />
genau das erwiesen hatte, was wir<br />
brauchten.“<br />
Konsul Gerlach und Gattin<br />
eröffnen das Fest<br />
1, 2, 3, 4: O’zapft is!<br />
Ganz in der Tradition des „echten“<br />
Oktoberfestes auf der „Wiesn“ durfte<br />
auch in Kronstadt das Anzapfen des<br />
ersten Bierfasses nicht fehlen. Die Aufgabe<br />
übernahmen der Generalkonsul<br />
der Bundesrepublik Deutschland in<br />
Hermannstadt, Thomas Gerlach, und<br />
Gattin. Genau wie in München wurden<br />
auch in Kronstadt die Schläge gezählt,<br />
bis Konsul Gerlach mit seinem Holzhammer<br />
das erste Fass Bier anstechen<br />
konnte. Der Konsul schlug sich wacker,<br />
wenn auch noch nicht ganz so routiniert<br />
wie ein Münchner Oberbürgermeister:<br />
Erst beim vierten Schlag zischte<br />
das Bier schäumend aus dem Fass. Nun<br />
ja, Übung macht den Meister!<br />
42 debizz
BUSINESS/kronstadt<br />
„Wirbelwind“ sorgte für eine erstklassige Gaudi<br />
Von Oldies bis Andrea Berg<br />
„Die Atmosphäre war das wichtigste<br />
Element unserer Veranstaltung“, blickt<br />
Werner Braun stolz zurück und damit<br />
hat er eindeutig Recht, denn die Stimmungsmacher<br />
„Wirbelwind“ verstanden<br />
ihr Metier. Roman (Bass und Gesang),<br />
Georgy (Keyboard, Gitarre und<br />
Gesang) und Christian (Akkordeon und<br />
Gesang) rückten mit Unterstützung an:<br />
Schlagzeuger Randy und Sängerin Michaela.<br />
Gemeinsam rissen sie die über<br />
3.000 Besucher im Zelt von ihren Bänken<br />
und verleiteten zu einer Gaudi, wie<br />
sie Kronstadt noch nicht erlebt hat.<br />
Heiße Rhythmen, Schlageroldies und<br />
neue Hits reihten sich stundenlang anein -<br />
ander. Das Publikum klatschte begeistert<br />
Beifall und sang teilweise lauthals<br />
mit – sogar bei Songs, die für viele ein<br />
Novum dargestellt haben mögen.<br />
Bei einem kurzen Gespräch vor seinem<br />
ersten Auftritt versuchte Schlagzeuger<br />
Randy, genannt „der Wolf“, eine<br />
möglichst grimmige Miene aufzusetzen<br />
und auf „Macho“ zu machen – was<br />
dem gutmütigen Musiker nicht so recht<br />
gelingen wollte: „Ich bin der wilde<br />
Mann der Band, ich bin so was von<br />
hart…. Ich esse keinen Honig, ich kaue<br />
Bienen!“ Nach vier Stunden fetziger<br />
Musik und etlicher Wettbewerbe war<br />
der Hunger inzwischen groß. Auch bei<br />
diesem Kapitel hielten sich die Veranstalter<br />
strikt an die bayerischen Regeln:<br />
Weißwurst mit süßem Senf, Kartoffelsalat<br />
und Sauerkraut gab’s nicht nur im<br />
Überfluss, sondern auch nach Originalrezept!<br />
Natürlich brutzelten auf zahlreichen<br />
Grillrosten auch andere Leckerbissen,<br />
doch blieben die Würstchen und<br />
das Helle vom Fass den ganzen Abend<br />
über der absolute Renner. Ein lokaler<br />
Konditor wartete zudem mit einer<br />
„Sonderauflage“ auf: Lebkuchenherzen<br />
mit passender Aufschrift „Oktoberfest.<br />
Kronstadt 2009“, die wie die sprichwörtlichen<br />
warmen Semmeln reißenden<br />
Absatz fanden. Als kleines „Extra“ gab’s<br />
außerdem superleckere Bretzel zum Bier,<br />
eine für viele Kronstädter neue Kombination,<br />
die sofort begeisterte.<br />
Allgemeine Begeisterung: Gibt’s 2010<br />
bereits ein „großes“ Oktoberfest?<br />
„Sehen uns<br />
2010 wieder!“<br />
Der Riesenerfolg der Veranstaltung,<br />
die ehrliche Begeisterung der Besucher<br />
und nicht zuletzt auch das gute Geschäft<br />
sind hervorragende Voraussetzungen<br />
dafür, bei der nächsten Ausgabe<br />
nicht mehr ein „kleines“, sondern bereits<br />
ein „großes“ Oktoberfest ins Auge<br />
zu fassen.<br />
Bis dahin abschließend einige Zahlen<br />
über die so erfolgreiche „kleine“<br />
Ausgabe: Erwartet wurden bis zu<br />
20.000 Besucher an insgesamt drei<br />
Veranstaltungstagen, tatsächlich dürfte<br />
sich die Besucherzahl letzten Endes<br />
auf rund 30.000 Personen belaufen<br />
haben, darunter auch viele Urlauber<br />
aus dem Ausland. Der Bierkonsum<br />
dürfte – gleichfalls schätzungsweise –<br />
bei rund 3 Liter pro Besucher gelegen<br />
haben, ebenso gab fast jeder Gast<br />
mindestens zwei Bestellungen seines<br />
Lieblingsmenüs ab. Fazit: ein erträgliches<br />
Geschäft für alle Beteiligten, einschließlich<br />
der Lieferanten für Speis und<br />
Trank.<br />
Kein Wunder also, wenn Organisatoren<br />
und Lieferanten schon jetzt eifrig<br />
Pläne für die nächste Ausgabe schmieden.<br />
Hans Butmaloiu<br />
debizz 43
BUSINESS/HERMANNSTADT<br />
© Sebastian Marcovici<br />
„Ein Stück Wien nach<br />
Hermannstadt gezaubert“<br />
Kaffee ist kein Getränk,<br />
sondern eine Kultur,<br />
meint Gerald Schüßl,<br />
der im Mai letzten<br />
Jahres gemeinsam<br />
mit dem Hermannstädter Radu<br />
Coica ein Kaffeehaus im Hof der<br />
evangelischen Stadtpfarrkirche<br />
eröffnet hat.<br />
„Es war nicht so, dass ich eines Tages<br />
mit dem Gedanken aufgewachte, ein<br />
Café in Hermannstadt zu eröffnen. Erst<br />
habe ich österreichische Firmen, die bereits<br />
Beziehungen zu Rumänien hatten,<br />
betreut, irgendwann hat es sich dann so<br />
ergeben. Das Café war folglich nicht der<br />
Grund, weswegen ich nach Rumänien<br />
kam, sondern eher eine Konsequenz, eine<br />
Draufgabe“, blickt Schüßl zurück.<br />
Den Anstoß gab eigentlich die Entdeckung<br />
einer hinreißenden Location<br />
im Zentrum Hermannstadts – zwischen<br />
der evangelischen Stadtpfarrkirche und<br />
dem Brukenthal-Gymnasium gelegen,<br />
bot die Terasse einen wunderbaren<br />
Ausblick auf die rot-braunen Dächer<br />
der unteren Altstadt. „Als wir die Location<br />
entdeckten, kam sofort die Frage<br />
auf: Was fehlt Hermannstadt? Und da<br />
lautete unsere Anwort - ein echtes Wiener<br />
Café, natürlich! Beim evangelischen<br />
Bezirkskonsistorium stießen wir auf offene<br />
Ohren – so kam es dazu, dass wir<br />
die Räumlichkeiten mieten konnten.“<br />
Allerdings war der Anfang dennoch<br />
kein Kinderspiel, erinnert sich der Ös -<br />
terreicher: „Wir mussten komplett sanieren,<br />
die Räumlichkeiten waren<br />
schließlich mehr als 15 Jahre frei gestanden.<br />
Wir haben so viel wie möglich von<br />
der alten Bausubstanz erhalten, wie etwa<br />
die Balken, Böden und Fenster.“ Der<br />
Aufwand hat sich gelohnt, denn das Café<br />
besticht mit Gemütlichkeit. An den<br />
Wänden hängen Fotos von Wien und<br />
Hermannstadt, im Hintergrund sorgt<br />
ein österreichischer Radiosender leise<br />
für adäquate Musikuntermalung.<br />
Während Schüßl erzählt, blickt er<br />
zum Fenster hinaus auf die ersten<br />
Schneeflocken des Jahres. Trotz anstehendem<br />
Wintertrubel sei dieser kein<br />
Grund zur Aufregung, meint der Café-<br />
Inhaber, denn „wir bemühen uns wesentlich<br />
mehr um die lokale Kundschaft,<br />
Touristen werden eher selten zu Stammkunden.“<br />
Deshalb gibt es im Café Wien<br />
immer wieder Kulturveranstaltungen<br />
wie Konzerte, Lesungen und Diskussionsrunden,<br />
im Sommer zudem auf der<br />
Terrasse tägliche Live-Musik.<br />
Trotz der Nähe zum Brukenthal-<br />
Gymnasium stellen die Schüler keineswegs<br />
das Hauptsegment der Klientel.<br />
Der Grund ist einfach: „Wir bieten keinen<br />
2-Lei-Kaffee an.“ Tatsächlich ist<br />
der Kaffee etwas teurer, trotzdem: „Von<br />
den Preisen her liegen wir eher im<br />
Durchschnitt.“ Dafür hat man im Café<br />
Wien die Wahl zwischen „einem echten<br />
Wiener Kaffee, nicht einem mit Gewalt<br />
italienisierten.“ Überhaupt entpuppt<br />
sich, dem Geschäftsführer zufolge, der<br />
Kaffee hierzulande nur allzu oft als eine<br />
„Frechheit“, obwohl es „da wohl einmal<br />
eine Tradition gegeben haben muss, sonst<br />
gäbe es ja auch keinen Kaffee «Mar ghiloman»“,<br />
den man übrigens auch im Café<br />
Wien erhalten kann, neben einem Kleinen<br />
Braunen, dem Wiener Melange und<br />
dem „Überstürzten Neumann“.<br />
Schüßl spricht mit Begeisterung<br />
über Kaffee und Kaffeekultur, zu der<br />
natürlich auch das Gebäck gehört. Und<br />
weil er in Rumänien noch keinen Lieferanten<br />
mit „einer vernünftigen Qualität<br />
gefunden“ hat, werden die Sacher- und<br />
die Linzertorte aus Wien importiert. Da<br />
sie aus einer berühmten Konditorei –<br />
Gerstner Viena – stammen, kosten sie<br />
dementsprechend viel. „Wir bieten aber<br />
auch in Hermannstadt hergestellte Kuchen<br />
an, die natürlich billiger sind. Die<br />
Transportkosten sind leider hoch, mit<br />
den Torten machen wir praktisch keinen<br />
Gewinn, sondern verfolgen bloß<br />
unser Ziel, so viele österreichische Produkte<br />
wie möglich anzubieten“, sagt<br />
der Inhaber.<br />
Gerald Schüßl hofft auf einen guten<br />
Herbst – mittlerweile kann er sich dar -<br />
über freuen, dass „so in richtiger Wiener<br />
Tradition“ die Stammkundschaft unterschiedlichen<br />
Gesellschaftssegmenten angehört,<br />
denn das „macht den Charme<br />
aus“. Und weil ihm die heimatliche<br />
Kaffeekultur lieb ist, „habe ich mir einfach<br />
ein Stück Wien nach Hermannstadt<br />
gezaubert“, lacht Gerald Schüßl.<br />
R. S.<br />
44 debizz
BUSINESS/HERMANNSTADT<br />
© Sebastian Marcovici<br />
seid großzügig,<br />
auch wir wollen<br />
„Hermannstädter,<br />
etwas von eurem<br />
Bürgermei -<br />
ster abhaben“, bloggte ein Bukarester,<br />
kaum dass Klaus Johannis<br />
von der Opposition als<br />
Übergangspremier nominiert<br />
wurde. Wenig später meldeten<br />
die Medien, dass die besorgten<br />
Hermannstädter gegen den Abgang<br />
ihres Stadtvaters am Großen<br />
Ring demonstrieren würden.<br />
Die gesamte Lokalpresse eilt, mit<br />
Kameras und Aufnahmegeräten bewaffnet,<br />
zum „Tatort“. Langsam stellen<br />
sich einige, wenige, Demonstranten<br />
ein. Der Meinungsaustausch beginnt:<br />
„Ich möchte nicht, dass er nach Bukarest<br />
zieht, wir brauchen ihn hier in Hermannstadt“,<br />
sagt ein entrüsteter Rentner.<br />
„Woher einen weiteren Sachsen<br />
nehmen? Ich habe sie schon immer gemocht,<br />
sie sind zuverlässig, tüchtig und<br />
arbeiten gründlich.“ Seine beiden Begleiter<br />
nicken. „Wir haben für ihn gestimmt,<br />
deshalb soll er auch da bleiben.“<br />
Ein lokaler Politikwissenschaftler<br />
sieht das anders: „Man muss das nationale<br />
Interesse über das lokale stellen. Es<br />
ist für alle besser, wenn Rumänien gut<br />
regiert würde – besser jedenfalls, als<br />
dass nur Hermannstadt gut verwaltet<br />
wird. Die Nominierung ist eine klare<br />
Anerkennung, schließlich ist Hermannstadt<br />
zu einem Aushängeschild für Rumänien<br />
geworden. Es mag letzten Endes<br />
Soll er oder soll<br />
er nicht…<br />
Hermannstädter Reaktionen<br />
zum Johannis-Hype<br />
auch unserer Stadt nutzen, eine gewichtige<br />
Vertretung in Bukarest zu haben.“<br />
Die Gemüter erhitzen sich langsam<br />
– knallharte Verhandlungen über Johannis’<br />
Zukunft scheinen nicht nur in<br />
den Bukarester Machtkorridoren, sondern<br />
auch am Großen Ring auf der Tagesordnung<br />
zu stehen. „Von Bukarest<br />
aus könnte er endlich das Problem unserer<br />
Ringstraße lösen“, ereifert sich ein<br />
junger Mann, der sofort von einer älteren<br />
Dame zurecht gewiesen wird:<br />
„Nichts da, hier soll er bleiben und das<br />
tun, wofür wir ihn gewählt haben.“<br />
Dem widerspricht eine junge Frau: „I wo<br />
– ab nach Bukarest mit ihm. Dort soll er<br />
den Politikern beibringen, was Tüchtigkeit<br />
und Pünktlichkeit bedeuten.“<br />
Die anwesenden Hauptstädtler bleiben<br />
eher skeptisch, den Hermannstädter<br />
shooting-star sehen sie daheim am<br />
besten aufgehoben: „Er soll lieber vor<br />
Ort bleiben, in Bukarest fressen ihn die<br />
Politiker mit Haut und Haaren“, unkt<br />
ein Journalist. Sodann scheiden sich die<br />
Geister auch an Johannis’ Abstammung:<br />
„Gibt es einen besseren Premier<br />
als ihn?“, sinniert laut eine junges Ehepaar.<br />
„Er ist schließlich Deutscher.“<br />
Eben dieses Detail scheint einer Rentnerin<br />
nicht so sehr zu schmecken: „Ich bitte<br />
Sie, nennen Sie mir ein Land, in dem<br />
der Vertreter einer Zwergminderheit regiert?<br />
Auf Stadtebene geht das in Ordnung,<br />
doch an der Spitze des Landes hat<br />
gefälligst ein Rumäne zu stehen.“ „Hermannstadt<br />
wirkt ja auch schon fast wie<br />
ein anderes Land“, bemerkt ein nihilistischer<br />
Klausenburger im Vorbeigehen.<br />
„Die rumänischen Politiker sind alle<br />
dermaßen korrupt, dass nicht ’mal der<br />
aufrichtigste Mann eine Chance hätte,<br />
ehrlich zu bleiben. Johannis wäre gut<br />
beraten, daheim zu bleiben.“<br />
Den ganzen Rummel um den Lokalpolitiker<br />
können beileibe nicht alle<br />
Stadtbewohner nachvollziehen: „Echte<br />
Chancen hat er kaum, so bekannt ist er<br />
nun wiederum auch nicht. Man kennt<br />
ihn in Siebenbürgen, aber ansonsten<br />
…Hätten Sie vor einer Woche in Craiova<br />
gefragt, wer Johannis ist, wären die<br />
meisten Einwohner eine Antwort schuldig<br />
geblieben“, will ein junger Geschäftsführer<br />
wissen. Johannis’ Karriere<br />
läßt auch dessen Geschäftspartner kalt:<br />
„Ob er geht oder bleibt ist Wurscht fürs<br />
Geschäft, die Bürokratie bleibt die gleiche.<br />
Die Leute im Bürgermeisteramt<br />
bleiben die gleichen, und der Chef – ob<br />
nun Johannis oder ein anderer – weiss<br />
längst nicht immer, was seine Leute so<br />
alles treiben. Diesbezüglich sind wir<br />
hier in Hermannstadt keineswegs besser<br />
dran als anderswo in Rumänien.“<br />
Es dunkelt längst, die bibbernden<br />
Presseleute beginnen, sich enttäuscht<br />
vom Grossen Ring zu verziehen – aus<br />
der Traum von der Berichterstattung<br />
über ein Massenevent. Zwar mag so<br />
mancher Hermannstädter seinen Stadtvater<br />
behalten wollen, doch dafür bei<br />
frostigen Temperaturen zu demonstrieren,<br />
ist für die meisten offenbar zuviel<br />
des Guten.<br />
Ruxandra St`nescu<br />
debizz 45
BUSINESS/INVESTORIES ÖSTERREICH<br />
2010 wird es wieder aufwärts gehen<br />
2010 wird es wieder aufwärts gehen.<br />
Mit der Wirtschaft in Österreich, wo<br />
man nach letzten Hochrechnungen für<br />
das Jahr 2010 mit einem Wachstum von<br />
+1,5% rechnet, in Deutschland mit einem<br />
Plus von rund 1%, dem wichtigsten<br />
Handelspartner Österreichs, aber<br />
auch Rumäniens. Das gibt Grund zur<br />
Hoffnung auf eine Stabilisierung der<br />
Märkte. Genauso wie die Abwärtsspirale<br />
alle Länder zu Fall brachte, wird<br />
auch der Sog des Aufschwungs wieder<br />
alle Märkte beflügeln. Ob es aber auch<br />
in Rumänien schnell wieder bergauf<br />
geht, ist momentan schwer zu sagen.<br />
Rumänien ist wie viele andere junge<br />
Mitgliedsländer der Europäischen Union<br />
stärker von der Wirtschaftskrise betroffen<br />
als etablierte Märkte wie Österreich,<br />
wofür es sicherlich verschiedene<br />
Gründe gibt. Rumänien hatte in den<br />
letzten Jahren einen beispiellosen Boom<br />
zu verzeichnen, der stark von Aus landsinvestitionen<br />
getragen und in einem großen<br />
Ausmaß von der Perspektive und<br />
der Impulse der Mitgliedschaft in der<br />
Europäischen Union getragen war – einerseits<br />
von den Aussichten auf Förderungen<br />
aus EU-Mitteln und anderen internationalen<br />
Finanzierungsinstitutionen<br />
wie die EBRD oder die Weltbank,<br />
vor allem aber durch die Privatinitiative<br />
rumänischer und ausländischer Firmen,<br />
die das Potenzial Rumäniens im Herzen<br />
Europas erkannt haben und in Erwartung<br />
der Entwicklung des rumänischen<br />
Marktes langfristig Kapital eingebracht<br />
haben. Aufgrund fehlender finanzieller<br />
Reserven konnte Rumänien aber auch<br />
keine eigenen wirkungsvollen und starken<br />
Konjunkturbelebungspakete schnüren.<br />
Die finanzielle Stabilität in Rumänien<br />
ist zwar garantiert, aber einen großen<br />
Spielraum für aktive Budgetpolitik<br />
gibt es derzeit keinen.<br />
Daher wird es nicht nur auf solide<br />
und gute Wirtschaftspolitik durch eine<br />
stabile Regierung ankommen, auf die<br />
nun alle in Rumänien hoffen, sondern<br />
auf ein Wiedererstarken des Optimismus<br />
unter den Investoren. Was können wir<br />
daher tun? Warten und Teetrinken<br />
bringt sicherlich nichts. Es gilt gerade<br />
jetzt – in Zeiten, wo Faktorpreise wieder<br />
gefallen sind, die Immobilien etwa erweisen<br />
sich so günstig wie vor rund 3<br />
Jahren – weiter zu investieren. Starke, finanziell<br />
gesunde Firmen sind daher aufgerufen,<br />
die Chancen zu nutzen und jetzt<br />
wieder groß einzusteigen, um die vielfältigen<br />
Möglichkeiten, die Rumänien zu<br />
bieten hat, dementsprechend zu nutzen.<br />
Die Außenhandelsstelle wird daher<br />
weiterhin proaktiv auftreten und ihr<br />
übliches Programm zur Unterstützung<br />
österreichischer Firmen in Rumänien<br />
anbieten – sei es mit einer Delegation<br />
für Investitionen und Technologie für<br />
die Forstwirtschaft und Holzverarbeitung<br />
in die Bukowina oder mit Marktsondierungsreisen<br />
und Beteiligungen an<br />
internationalen Messen in den Bereichen<br />
Landwirtschaft, Erneuerbare Energie<br />
und Infrastruktur. Dabei gilt es nicht<br />
nur, neue Firmen nach Rumänien zu<br />
bringen – ein großer Teil der infrage<br />
kommenden Firmen aus Österreich<br />
kennt bereits den rumänischen Markt –,<br />
sondern sich vor allem auch auf die bereits<br />
vor Ort aktiven Firmen zu konzentrieren.<br />
5.400 österreichische Unternehmen<br />
sind schon in Rumänien aktiv,<br />
wenn all diese Firmen aktiv und erfolgreich<br />
agieren, ist das eine exzellente Basis<br />
für einen nachhaltigen Aufschwung.<br />
Rudolf Lukavsky,<br />
der österreichische Handelsdelegierte<br />
Teilnehmer an der MSR Holz- und Forstwirtschaft in die Bukowina, 28.–30. 10. 2009<br />
EURODATA www.eurodata.co.at<br />
GANTNER Seilbahnbau www.gantner-cableways.com<br />
Kaindl EVGmbh www.die-foerster.com<br />
Landgut Agrarmanagement und Holding Email:<br />
moessmer@landgutholding.com<br />
Perusch Paletten GmbH www.palettenperusch.at<br />
VA Intertrading www.vait.com<br />
Wiehag www.wiehag.com<br />
Forstzeitung www.timber-online.net<br />
IT-Lösungen<br />
Seilbahnen und Kabelzüge<br />
Komplette Projektlösungen<br />
Agrarmanagement<br />
Europaletten und Verpackung<br />
Transport und Logistik<br />
Komplette Projektlösungen<br />
Forstfachzeitschrift<br />
46 debizz
BUSINESS/INVESTORIES ÖSTERREICH<br />
Schweighofer – Holzmarktführer in Rumänien<br />
© Schweighofer<br />
Die Holzindustrie Schweighofer ist<br />
der führende Holzverarbeiter in Rumänien.<br />
Seit dem Bau des ersten Sägewerkes<br />
in Sebe[ im Jahre 2002 haben sich<br />
das Einschnittvolumen und die Produktpalette<br />
stetig vergrößert. 2007 wurde<br />
das zweite Sägewerk in R`d`u]i in<br />
Betrieb genommen und im darauffolgenden<br />
Jahr wurde schließlich von<br />
Swedwood (IKEA) ein Weiterverarbeitungswerk<br />
in Siret übernommen.<br />
Insgesamt 2,3 Millionen Kubikmeter<br />
Rundholz können in Sebe[ und<br />
R`d`u]i eingeschnitten und weiter verarbeitet<br />
werden. Die Produkte finden<br />
zu 48% in Europa Absatz. Die größten<br />
Exportmärkte liegen in Asien (hauptsächlich<br />
Japan) und im Mittleren Osten.<br />
In Siret werden Leimholzplatten für<br />
Baumärkte und Produkte für die Möbelindustrie<br />
hergestellt. Aus der bei der<br />
Säge anfallenden Rinde wird in KWK-<br />
Anlagen (Sebe[ und R`d`u]i) Wärme<br />
für die betriebseigenen Holztrocknungsanlagen<br />
und Grünstrom für das<br />
öffentliche Netz produziert. Weitere Sägenebenprodukte<br />
bilden den Rohstoff<br />
für die Herstellung von Pellets und Briketts.<br />
Neben der Holzindustrie betreibt<br />
die Schweighofer Gruppe ein Hotel in<br />
R`d`u]i, ist in der Forstwirtschaft tätig<br />
und engagiert sich für den Ausbau der<br />
klimaschonenden Energieproduktion<br />
aus Biomasse in Rumänien.<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
S.C. Holzindustrie Schweighofer s.r.l.<br />
Industriilor Str. 1<br />
515800 Sebe[, Rumänien<br />
Cosmin Capras<br />
Tel.: +40 258 806 300<br />
Fax: +40 258 806 301<br />
E-Mail: office@schweighofer.ro<br />
www.schweighofer.ro<br />
EGGER bietet „mehr aus Holz“<br />
Die EGGER Gruppe mit Stammsitz<br />
in St. Johann in Tirol gehört mit 5.500<br />
Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,5<br />
Mrd. Euro (Geschäftsjahr 2008/2009) zu<br />
den international führenden holzverarbeitenden<br />
Firmen. Das Familienunternehmen,<br />
das 1961 gegründet wurde,<br />
produziert europaweit an 15 Standorten<br />
und hat weltweit Abnehmer in der Möbelindustrie,<br />
dem Holz-Fachhandel sowie<br />
bei Baumärkten und DIY-Geschäften.<br />
EGGER-Produkte finden sich in unzähligen<br />
Bereichen des privaten und öffentlichen<br />
Lebens: in Küche, Bad, Büro,<br />
Wohn- und Schlafräumen. Dabei versteht<br />
sich EGGER als Komplettanbieter<br />
für den Möbel- und Innenausbau, für<br />
den konstruktiven Holzbau sowie für<br />
Laminatfußböden. Dem Leitgedanken<br />
„Mehr aus Holz“ folgend, bietet der Tiroler<br />
Holzwerkstoffhersteller unter der<br />
Dachmarke EGGER eine umfassende<br />
Produktpalette an Trägermaterialien<br />
aus Holzwerkstoffen (Span-, OSB- und<br />
MDF-Platten) sowie Schnittholz. Die<br />
Produktionskapazität lag im Geschäftsjahr<br />
2008/2009 bei 6,35 Mio. m³. Ein<br />
Großteil dieser Basiswerkstoffe wird<br />
mit trendgerechten Dekoren und Oberflächen<br />
weiter veredelt.<br />
Anfang Januar 2008 hat EGGER in<br />
seinem neuesten Werk im rumänischen<br />
R`d`u]i, Bezirk Suceava, plangemäß die<br />
Produktion aufgenommen. Das Werk<br />
mit 400 Mitarbeitern kann jährlich bis<br />
zu 600.000 m³ Rohspanplatten herstellen.<br />
Rund 80% werden weiter veredelt<br />
und als melaminharzbeschichtete Spanplatten<br />
(MFC-Platten) vertrieben.<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
EGGER Romania SRL<br />
Emanuel Ruc`reanu<br />
Bdul. Dimitrie Pompeiu 10A<br />
Et. 4, Sektor 2<br />
020337 Bukarest, Romania<br />
Tel.: +40 21 311 01 38<br />
Fax: +40 21 311 01 39<br />
E-Mail: info-ro@egger.com<br />
debizz 47
BUSINESS/INVESTORIES_SCHWEIZ<br />
Der Schweizer<br />
Erweiterungsbeitrag<br />
für Rumänien<br />
Anfang September stimmte der Schweizer Nationalrat<br />
(Abgeordnetenhaus) mit 113 Stimmen zu 52 Stimmen<br />
für den so genannten Beitrag der Schweiz für Rumänien<br />
und Bulgarien zur Verringerung der wirtschaftlichen<br />
und sozialen Ungleichheiten in der erweiterten<br />
Europäischen Union (kurz: Erweiterungsbeitrag). Das Gesamtpaket<br />
hat ein finanzielles Volumen von 257 Millionen CHF, was rund 170<br />
Millionen Euro entspricht. 181 Millionen CHF davon gehen an Rumänien.<br />
Falls die zweite Kammer des Schweizer Parlaments, der Ständerat<br />
(Senat), in der Wintersession 2009 ebenfalls „ja“ sagt, was als<br />
sicher gilt, kann ein bilaterales Rahmenabkommen ausgehandelt<br />
und wohl gegen Ende 2010 mit der Implementierung von ersten<br />
Projekten begonnen werden.<br />
Worum geht es beim Schweizer Erweiterungsbeitrag?<br />
Die Schweiz ist<br />
nicht Mitglied der EU und sie beteiligt<br />
sich damit logischerweise auch nicht an<br />
den Kohäsions- und Strukturfonds der<br />
EU. Da die Schweiz aber durch bilaterale<br />
Verträge eng mit der EU verbunden<br />
ist und vom EU-Binnenmarkt wirtschaftlich<br />
profitiert, leistet sie autonom<br />
ihren Beitrag für Stabilität und Wohlstand<br />
in Europa sowie zur Verringerung<br />
der sozialen und ökonomischen<br />
Ungleichheiten. Sie tut dies mit dem Erweiterungsbeitrag,<br />
also mit bilateralen<br />
Programmen in den 10 EU-Staaten (EU-<br />
10), die 2004 beigetreten sind. Nun<br />
kommen auch Programme in Rumänien<br />
und Bulgarien hinzu. Diese Programme<br />
basieren auf bilateralen Rahmenabkommen<br />
mit jedem der Partnerstaaten.<br />
Erste Erfahrungen mit dem Erweiterungsbeitrag<br />
für die EU-10 (insgesamt<br />
1 Milliarde CHF) sind positiv.<br />
Der Erweiterungsbeitrag für Rumänien<br />
wird sich an der erfolgreichen<br />
Transitionshilfe orientieren, die die<br />
Schweiz seit Mitte der neunziger Jahre<br />
und bis 2007 geleistet hat. Es geht dar -<br />
um, die Programme auf einige ausgewählte<br />
Bereiche zu fokussieren, bei denen<br />
ein rumänischer Bedarf gegeben ist<br />
und die Schweizer Seite auch ein spezifisches<br />
Know-how hat. Thematisch dürfte<br />
der Erweiterungsbeitrag für Rumänien<br />
aus den folgenden vier Portfolios<br />
bestehen. Im Portfolio „Sicherheit, Stabilität<br />
und Reformen“ könnten beispielsweise<br />
Projekte in den Bereichen Sicherheit<br />
der Außengrenzen, Schengen,<br />
Bekämpfung des Menschenhandels,<br />
aber auch die Reform des Gesundheitswesens<br />
sowie die Integration von Minderheiten<br />
unterstützt werden. Im Portfolio<br />
„Umwelt und Infrastruktur“ geht es<br />
vor allem um Projekte im Bereich der<br />
Energieeffizienz sowie von Fernheizungssystemen.<br />
Im Rahmen der „Privatsektorförderung“<br />
etwa soll Geld in einen<br />
Private Equity Fund für kleine und<br />
mittlere Unternehmen (KMU) investiert<br />
werden. Das Portfolio „Men schliche<br />
und soziale Entwicklung“ umfasst Forschung,<br />
Bildung und Stipendien.<br />
Die bilateralen Verhandlungen zwischen<br />
der Schweiz und Rumänien werden<br />
nun den genauen Inhalt des Rahmenabkommens<br />
definieren. Dabei haben<br />
verschiedene Akteure die Möglichkeit,<br />
ihre Ideen einzubringen. Das Rahmenabkommen<br />
ist aber flexibel gestaltet.<br />
Für verschiedene Projekte wird es<br />
auch öffentliche Ausschreibungen geben,<br />
an denen sich rumänische, schweizerische<br />
oder auch andere Firmen beteiligen<br />
können.<br />
In gewissen Nischen wird der<br />
Schweizer Beitrag einen wichtigen Beitrag<br />
zur Entwicklung Rumäniens leisten<br />
können. Die Sichtbarkeit des Erweiterungsbeitrags<br />
wird wichtig sein, denn er<br />
repräsentiert nicht „nur“ eine Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Er ist ebenso ein<br />
zentrales Element der politischen und<br />
wirtschaftlichen bilateralen Beziehungen<br />
zwischen der Schweiz und Rumänien.<br />
Dr. Simon Geissbühler,<br />
Botschaftsrat<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
© Mike Lehmann<br />
Simon Geissbühler<br />
Botschaftsrat<br />
Schweizerische Botschaft<br />
Grigore ~lexandrescu Str. 16-20<br />
010626 Bukarest 1<br />
Tel.: +40 21 206 16 00<br />
Fax: +40 21 206 16 20<br />
www.eda.admin.ch/bukarest<br />
48 debizz
BUSINESS/INVESTORIES_SCHWEIZ<br />
Holcim: Neues Millionen-<br />
Terminal in Bukarest<br />
Der Schweizer Zementriese Holcim<br />
hat ein neues Terminal im Bukarester<br />
Stadtteil Progresul in Betrieb genommen.<br />
Das Terminal im Wert von 11,5<br />
Mio. Euro reduziert die Vertriebskosten<br />
und arbeitet umweltschonend.<br />
Trotz zurückgegangener Nachfrage<br />
am Baustoffmarkt hält Holcim an seinen<br />
Investitionsvorhaben in Rumänien<br />
fort. Das neue Terminal erhöht die Lagerkapazität<br />
auf 6.000 Tonnen Zement;<br />
dadurch steigt die Lieferfähigkeit von<br />
jährlich 60.000 auf 400.000 Tonnen.<br />
„Durch das Distributionscenter will<br />
Holcim näher an jenen Kunden sein, die<br />
auf dem wichtigsten, individuell konzentrierten,<br />
Markt arbeiten. Das neue<br />
Terminal ermöglicht zudem die Umstellung<br />
des Zementtransports von der Straße<br />
auf die Schiene, wodurch eine Optimierung<br />
der Vertriebskosten ermöglicht<br />
und die Umwelt erheblich mehr geschont<br />
wird“, sagt Markus Wirth, Geschäftsführer<br />
von Holcim România.<br />
Die neuen Anlagen entsprechen<br />
dem höchsten Standards hinsichtlich<br />
Leistung, Umweltschutz und Sicherheit.<br />
Lieferbestellungen können leicht aufgegeben<br />
werden: 0248 506 600 oder einfacher<br />
*CIMENT (*246368) auf dem<br />
Handy wählen. Die Produkte werden<br />
dann innerhalb 24 Stunden ausgeliefert.<br />
Nach sechs Monaten anspruchsvoller<br />
Komplettsanierung und einer Investition<br />
im sechsstelligen Bereich eröffnet<br />
das Bukarester InterContinental Hotel<br />
auf 1.325 m 2 im 21. Stockwerk den<br />
neuen Club InterContinental Lounge<br />
sowie die Säle Fortuna und Hora.<br />
Club Lounge InterContinental ist<br />
die perfekte Adresse für eine private<br />
und gleichzeitig hochelegante Atmosphäre<br />
– die ideale Location für Begegnungen,<br />
Geschäftstreffen, Networking<br />
oder einen leichten Lunch. Club Inter-<br />
Continental Lounge kann von Hotelgästen<br />
gegen einen Aufpreis von 55<br />
Euro/Tag genutzt werden, ist aber auch<br />
Gästen von außerhalb zugänglich.<br />
Der frühere Prunksaal Balada ist auf<br />
Fortuna umgetauft worden und präsentiert<br />
sich nun als modular-flexibler<br />
Die neue Technologie erlaubt sowohl<br />
eine direkte Beladung als auch die<br />
Aufbereitung zahlreicher Produkte wie<br />
Grau-Zement in loser Schüttung, Beton,<br />
Mörtel und hydraulische Bindemittel<br />
für den Straßenbau.<br />
Holcim ist einer der weltweit führenden<br />
Anbieter von Zement und Zuschlagstoffen<br />
sowie weiterer Baustoffe<br />
wie Transportbeton und Asphalt. Dazu<br />
bietet Holcim aufwändige Serviceleistungen.<br />
Der Konzern hält Beteiligungen<br />
in rund 70 Ländern und beschäftigt<br />
über 80.000 Mitarbeiter.<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
Markus Wirth<br />
GM Holcim Romania<br />
Floreasca Business Park<br />
Calea Floreasca 169 ~<br />
Eingang B, 7. Stock, Sektor 1<br />
Tel.: + 40 (0) 21 231 77 08 / 09<br />
Fax: + 40 (0) 21 231 77 14 / 15<br />
InterContinental Bukarest: Neueröffnung<br />
in luftigen Höhen<br />
Konferenzraum auf dem neuesten<br />
Stand der Ton-Bild-Be leuchtungs tech -<br />
nik, die eine höchstgradige Personalisierung<br />
zulassen. Die 282 m 2 mit atemberaubendem<br />
Blick auf die Stadt bieten<br />
Platz für 150 bis 200 Gäste.<br />
Das gesamte Stockwerk wurde vom<br />
Londoner Architektenbüro Virgile and<br />
Stone Associates eingerichtet; design -<br />
mäßig bieten Leuchtkörper von Castellani<br />
& Smith, Möbel von Minotti und<br />
Kunstwerke einheimischer Künstler eine<br />
sinnvolle Ergänzung.<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
InterContinental Bucharest<br />
Tel: +40 21 310 20 20<br />
Fax: +40 21 312 08 85<br />
E-Mail: sales@interconti.ro<br />
www.intercontinental.com/bucharest<br />
debizz 49
POLITIK & GESELLSCHAFT<br />
Designierter Regierungschef<br />
Mission impossible für Lucian Croitoru<br />
Dieser Kuchen dürfte Staatschef B`sescu wohl kaum geschmeckt<br />
haben: Just zu seinem Geburtstag, dem 4. November,<br />
beabsichtigte das Parlament, über den Regierungsvorschlag<br />
des von ihm designierten Ministerpräsidenten,<br />
Lucian Croitoru, abzustimmen. Dass die Croitoru-Mannschaft<br />
angesichts der Zweidrittelmehrheit der parlamentarischen<br />
Koalition zwischen Sozialisten (PSD), Liberalen (PNL) und Ungarn-Verband<br />
(UDMR), die den Hermannstädter Bürgermeister<br />
Klaus Johannis als Regierungschef durchsetzen will, rein mathematisch<br />
gesehen chancenlos dastand, war von Anfang offensichtlich.<br />
(v.l.n.r.): Der designierte Regierungschef<br />
Lucian Croitoru und Präsident Traian B`sescu<br />
© Sorin Lup[a/Agerpres<br />
Der Monat Oktober bescherte Rumänien<br />
eine Dreifachkrise: Als ob Wirtschafts-<br />
und Finanzkrise nicht schon genug<br />
wären, tobt seit Wochen nun auch<br />
eine schwere Regierungskrise, deren<br />
Ende nicht absehbar ist.<br />
Nachdem die Sozialisten Ende September<br />
die Regierungskoalition mit den<br />
Liberaldemokraten aufkündigten, stürzte<br />
die Minderheitsregierung unter Ministerpräsident<br />
Boc kaum zwei Wochen<br />
später über ein Misstrauensvotum. Tags<br />
darauf schlug die Liberale Partei den populären<br />
Bürgermeister Hermannstadts,<br />
Klaus Johannis, als neuen Regierungschef<br />
vor, Sozis und Ungarn-Verband<br />
unterstützten den Vorstoß. Johannis gilt<br />
zurzeit als den Liberalen nahestehend,<br />
davor (2000−2004) hatte er ein gutes<br />
Verhältnis zum ehemaligen sozialistischen<br />
Premier Adrian N`stase unterhalten.<br />
Der Landespräsident, dem laut<br />
Verfassung die Designierung eines Ministerpräsidenten<br />
obliegt, wies den Vorschlag<br />
der Opposition zurück und beauftragte<br />
den Nationalbank-Berater<br />
Lucian Croitoru mit der Bildung einer<br />
neuen Regierung, seine Entscheidung<br />
begründete er mit Croitorus wirtschaftlicher<br />
Kompetenz sowie dem Wunsch<br />
der Opposition nach einem unabhängigen<br />
Experten an der Regierungsspitze.<br />
Angesichts der prekären Wirtschaftslage<br />
des Landes, das auf Finanzspritzen<br />
seitens des IWF und der EU angewiesen<br />
ist, sei ein Regierungschef vonnöten,<br />
der „die Sprache des IWF“ spreche, so<br />
B`sescu. PSD-Chef Mircea Geoan`<br />
warf dem Staatschef daraufhin vor, sich<br />
bewusst für einen chancenlosen Kandidaten,<br />
der für die Opposition inakzeptabel<br />
sei, entschieden zu haben, um die<br />
abgewählte Boc-Regierung bis zum<br />
Ausgang der Präsidialwahl (Stichwahl<br />
am 6. Dezember) kommissarisch im<br />
Amt zu behalten.<br />
Ende Oktober stellte Lucian Croitoru,<br />
der seinerseits als dem Präsidenten<br />
nahestehend gilt, schließlich seine Mannschaft<br />
vor: Sein Regierungsvorschlag erwies<br />
sich mit 14 Ministerien zwar als<br />
schlanker, aber − zum Frust der Opposition<br />
− auch mit etlichen PDL-Schwergewichten<br />
besetzt, da die Liberaldemokraten<br />
als einzige Partei Gespräche mit dem<br />
designierten Premier eingegangen waren.<br />
Eine Bestätigung durch das Parlament<br />
am 4. November schien daher von Anfang<br />
an doppelt aussichtslos − die Croitoru-Mannschaft<br />
benötigte 236 Für-<br />
Stimmen, doch konnte sie lediglich mit<br />
der Unterstützung der Liberaldemokraten<br />
und deren 179 Stimmen rechnen.<br />
Laut Grundgesetz muss der Staatschef<br />
nach einem durchgefallenen Regierungsvorschlag<br />
zum zweiten Mal einen Kandidaten<br />
mit der Regierungsbildung beauftragen.<br />
Wird auch dieser Vorschlag<br />
im Parlament abgeschmettert, so kann er<br />
die Legislative auflösen und Neuwahlen<br />
ausrufen − allerdings erst nach der Präsidialwahl<br />
bzw. nach Ablegung des Amtseides<br />
durch den neu gewählten Staatschef.<br />
Bis dahin werden die Fronten wohl<br />
verhärtet und das Land folglich weiterhin<br />
politisch gelähmt bleiben, während<br />
Opposition und Präsidentschaft sich darauf<br />
konzentrieren, einander um jeden<br />
Preis auszutricksen. Derzeit ist nicht absehbar,<br />
ob B`sescu nach der Croitoru-<br />
Episode beabsichtigt, einen neuen Kandidaten<br />
mit der Regierungsbildung zu<br />
beauftragen − die Boc-Regierung hat<br />
demzufolge gute Chancen, bis zum 6.<br />
Dezember kommissarisch im Amt bleiben.<br />
In Neuen Jahr dürften Rumänien<br />
dann nicht nur erhebliche finanzielle<br />
Engpässe, sondern auch Neuwahlen blühen<br />
– denn die einheimischen Politiker<br />
scheinen sich nur auf Politzoff und<br />
Wahlkampfgedöns, nicht aber auch aufs<br />
Koalieren und Regieren zu verstehen.<br />
Lilo Millitz-Stoica<br />
50 debizz
POLITIK & GESELLSCHAFT/NEWS<br />
© Mihai Poziumschi/Agerpres<br />
© Angelo Brezoianu/Agerpres<br />
© Grigore Popescu/Agerpres<br />
Referendum<br />
für schlankeres<br />
Parlament<br />
Am 22. November sind die Rumänen<br />
aufgerufen, ihre Stimme gleich doppelt<br />
abzugeben − einerseits zur Wahl des<br />
zukünftigen Landespräsidenten, anderseits<br />
für oder wider eine schlankere Legislative.<br />
Staatschef B`sescu verfügte die<br />
Abhaltung des Referendums bezüglich<br />
der Reduzierung des derzeitigen Zwei-<br />
Kammern-Parlaments auf eine Kammer<br />
per Dekret und setzte sich damit über die<br />
– nicht bindende − Meinung des Parlaments<br />
hinweg, das sich dagegen ausgesprochen<br />
hatte. Von einem Einkammerparlament<br />
bestehend aus maximal 300<br />
Volksvertretern (zurzeit 471) verspricht<br />
sich der Präsident eine vereinfachte Beschlussfassung,<br />
mehr Effizienz und weniger<br />
Korruption. Damit das Referendum<br />
gültig ist, müssen über 50% der wahlberechtigten<br />
Bürger abstimmen.<br />
Laut Grundgesetz ist der „Präsident<br />
befugt, den Volkswillen per Referendum<br />
in Fragen des nationalen Interesses“<br />
zu eruieren, allerdings müssen danach<br />
„beide Parlamentskammern“ über<br />
den Volksentscheid befinden. Da Art.<br />
61 der rumänischen Verfassung besagt,<br />
dass die Legislative des Landes aus<br />
„Abgeordnetenkammer und Senat“ besteht,<br />
müsste – unabhängig vom Referendum<br />
– auch eine Verfassungsänderung<br />
vorgenommen werden, um das<br />
Einkammerparlament überhaupt einführen<br />
zu können.<br />
Vorgezogene<br />
Neuwahlen immer<br />
wahrscheinlicher<br />
Liberalen-Chef Crin Antonescu<br />
zieht vorgezogene Neuwahlen einer<br />
Croitoru-Regierung vor. „Wenn B`sescu<br />
meint, dass die Abgeordneten seinen<br />
designierten Premier Lucian Croitoru<br />
aus Angst, ihre Parlamentssitze zu verlieren,<br />
durchwinken werden, so irrt er<br />
gewaltig. Lieber vorgezogene Neuwahlen<br />
als Herrn Croitoru“, erklärte Antonescu.<br />
Sozi-Vorsitzender Mircea Geoan`<br />
ging sogar einen Schritt weiter:<br />
„Selbst einen zweiten Vorschlag des<br />
Präsidenten werden wir im Parlament<br />
abschmettern, danach mag das Verfassungsgericht<br />
darüber urteilen, ob für<br />
den neu gewählten Landespräsidenten<br />
die zwei gescheiterten Vorschläge ausreichen,<br />
um das Parlament aufzulösen“,<br />
oder ob „der Neue“ seinerseits erst einmal<br />
zwei Kandidaten designieren muss.<br />
Von vorgezogenen Neuwahlen<br />
scheint auch der derzeitige Staatschef zu<br />
träumen – allerdings verleitete ihn sein<br />
Wunschtraum auch zu einem Faux-pas:<br />
„Der Präsident kann das Parlament<br />
gleich nach den Präsidialwahlen, ergo<br />
bereits am 7. Dezember auflösen. Das<br />
macht der noch amtierende Präsident,<br />
niemand muss den Amtsantritt des neuen<br />
abwarten“, ereiferte sich Traian B` -<br />
sescu in einem Hörfunkinterview. Tags<br />
darauf musste er allerdings klein beigeben:<br />
Die Auflösung der Legislative kann<br />
nur vom neu gewählten Präsidenten<br />
nach dessen Vereidigung stattfinden.<br />
Künftig simultane<br />
Parlaments- und<br />
Präsidialwahlen?<br />
Kaum sechs Jahre sind es her, dass<br />
die rumänische Verfassung abgeändert<br />
wurde, um die Amtszeit des Landespräsidenten<br />
von vier auf gegenwärtig fünf<br />
Jahre zu verlängern. Damit könnte bald<br />
wieder Schluss sein, denn Staatschef<br />
B`sescu sprach sich Ende letzten Monats<br />
für einen zukünftig „einheitlichen<br />
Wahlprozess“ bzw. für simultane Parlaments-<br />
und Präsidentschaftswahlen aus.<br />
„Entweder werden Legislative und Landespräsident<br />
alle fünf oder aber alle vier<br />
Jahre gewählt. Doch sollte dies simultan<br />
geschehen. Ich selbst bin gewillt, auf<br />
zwei Jahre meines Mandats zu verzichten,<br />
falls die Verfassung dementsprechend<br />
abgeändert würde“, erläuterte<br />
der Staatschef. Der Beschluss, die Parlaments-<br />
von den Präsidentschaftswahlen<br />
abzukoppeln, habe sich leider als ein uninspirierter<br />
erwiesen, so Traian B`sescu.<br />
Dies sei in diesem Herbst, im Zuge des<br />
Wahlrennens um die Präsidentschaft,<br />
besonders offensichtlich geworden, da<br />
sämtliche Parteien nichts anderes als den<br />
Wahlkampf im Kopf gehabt hätten.<br />
Dem Staatschef zufolge wäre es empfehlenswert,<br />
das in diesem Sinne abgeänderte<br />
Grundgesetz noch im Verlauf der<br />
derzeitigen Legislaturperiode zu verabschieden.<br />
debizz 51
POLITIK & GESELLSCHAFT/INTERVIEW<br />
Klaus Johannis gibt nicht auf<br />
Der Bürgermeister von Hermannstadt über seine Ambitionen auf das<br />
Amt des Regierungschefs<br />
War es eine Niederlage für Sie, dass<br />
Sie nicht als Regierungschef designiert<br />
wurden?<br />
Nein auf keinen Fall. Warum sollte<br />
ich das als Niederlage ansehen? Dass<br />
ich als Kandidat von der Opposition<br />
ausgewählt wurde, betrachte ich als<br />
persönlichen Erfolg für mich. Dass jetzt<br />
der Präsident eine andere Meinung hatte<br />
als die Opposition, die die Mehrheit<br />
im Parlament bildet, muss man als Tatsache<br />
hinnehmen.<br />
Der designierte Regierungschef Lucian<br />
Croitoru stellt gerade sein Kabinett<br />
zusammen, das erst regierungsfähig<br />
ist, wenn es vom Parlament bestätigt<br />
wird. Die Opposition hat bereits erklärt,<br />
die neue Regierung abzulehnen.<br />
Was erwarten Sie?<br />
Die neue Regierung wird höchstwahrscheinlich<br />
im Parlament durchfallen.<br />
Dann wird es neue Verhandlungen<br />
geben müssen.<br />
Wollen Sie weiterhin Premier werden?<br />
Ich stehe als Kandidat weiter zur<br />
Verfügung. Ebenso halten die Oppositionsparteien<br />
derzeit an ihrem Vorschlag<br />
fest, dass ich zum Regierungschef berufen<br />
werde. Es ist das erste Mal im Nachwende-Rumänien,<br />
dass sich mehrere<br />
politische Parteien auf einen gemeinsamen<br />
unabhängigen Kandidaten für das<br />
Amt des Regierungschefs geeinigt haben.<br />
Dieses Novum hat mich überzeugt,<br />
mich auf dieses Projekt einzulassen.<br />
Das Vorschlagsrecht für den neuen Regierungschef<br />
hat aber Präsident Traian<br />
B`sescu. Er argumentierte, dass Rumänien<br />
in Krisenzeiten einen Wirtschaftsexperten<br />
als Regierungschef brauche,<br />
der angesichts der neuen Tranchen des<br />
Internationalen Währungsfonds auch<br />
dessen Sprache spreche. Falsche oder<br />
richtige Strategie des Präsidenten?<br />
Ich halte es für eine falsche Strategie.<br />
Der Ansprechpartner für die internationalen<br />
Finanzgremien ist der Finanzminister,<br />
nicht der Regierungschef.<br />
Ein Premier hat hingegen dafür zu sorgen,<br />
die gesamte Regierung am Laufen<br />
zu halten, Differenzen auszugleichen,<br />
diplomatisch für den größten gemeinsamen<br />
Nenner zu sorgen. Der designierte<br />
Regierungschef Lucian Croitoru, der<br />
zuvor ein ranghoher Finanzexperte der<br />
Rumänischen Zentralbank war, wäre<br />
ein guter Finanzminister. Zudem ist<br />
Croitoru nicht nur apolitisch, sondern<br />
unpolitisch. Er ist aus einer ganz anderen<br />
Branche jetzt rein zufällig in die politische<br />
Welt geraten. Das ist eine komplizierte<br />
Ausgangslage für ihn, als designierter<br />
Regierungschef von Rumänien<br />
zu agieren.<br />
Sie wurden zwar als unabhängiger<br />
Kandidat für den Premierposten vorgeschlagen,<br />
doch stehen Sie der Liberalen<br />
Partei nahe. Haben Sie Traian<br />
B`sescu einfach nur politisch nicht geschmeckt?<br />
Es ist schon möglich, dass ich B`sescu<br />
politisch nicht geschmeckt habe. Der<br />
© Angelo Brezoianu/Agerpres<br />
Präsident hat derzeit sein eigenes Konzept,<br />
wie Rumänien vor der Präsidentenwahl,<br />
für die er selbst kandidiert, regiert<br />
werden soll. Und das ist offensichtlich<br />
ein anderes Konzept, als die<br />
Mehrheit der Oppositionsparteien im<br />
Parlament hat.<br />
Es wurden bereits erste Stimmen laut,<br />
Sie als Einheitskandidaten der Opposition<br />
für die Präsidialwahl aufzustellen.<br />
Würden Sie sich auch dafür nominieren<br />
lassen?<br />
Nein. Diese Entscheidung habe ich<br />
schon vor Monaten getroffen und bei<br />
der bleibe ich.<br />
Ihnen ist schon in der Vergangenheit<br />
das Amt eines Ministers angeboten<br />
worden. Damit wären Sie bereits von<br />
der Lokalpolitik in die Landespolitik<br />
aufgestiegen. Sie haben – anders als<br />
jetzt bei der Kandidatur zum Premier<br />
– damals jedoch abgelehnt.<br />
Das stimmt. Präsident B`sescu hatte<br />
mir im Dezember 2004 angeboten, ein<br />
Ministerium zu übernehmen. Das habe<br />
ich damals aus gutem Grund abgelehnt.<br />
Hermannstadt war kurz zuvor mit Lu-<br />
52 debizz
POLITIK & GESELLSCHAFT/INTERVIEW<br />
xemburg als Europäische Kulturhauptstadt<br />
für das Jahr 2007 ausgewählt<br />
worden. Dieses Projekt war mir so<br />
wichtig, dass mich alles andere nicht<br />
interessiert hat.<br />
Das klingt so, als hätten Sie jetzt keine<br />
spannenden Aufgaben mehr in Hermannstadt<br />
und könnten deshalb Premier<br />
werden.<br />
Das Projekt einer Europäischen<br />
Kulturhauptstadt ist für einen Bürgermeister<br />
und für eine Stadt einmalig und<br />
schwer zu überbieten.<br />
Rumänien steckt seit Monaten neben<br />
einer wirtschaftlichen auch in einer<br />
politischen Krise. Was hat Ihrer Meinung<br />
nach zu dieser politischen Instabilität<br />
geführt?<br />
Es ist nach den Parlamentswahlen<br />
im Herbst 2008 eine Große Koalition<br />
aus Sozialdemokraten und Liberaldemokraten<br />
entstanden, aus zwei Parteien,<br />
die definitiv nicht zusammenpassen.<br />
Der Bruch der Großen Koalition<br />
Anfang Oktober ist letztlich nur der Beweis<br />
dafür. Als politisch instabil würde<br />
ich Rumänien derzeit nicht bezeichnen.<br />
Alles, was in den vergangenen Monaten<br />
politisch passiert ist, sei es der monatelange<br />
Streit innerhalb der Großen Koa -<br />
lition, dann ihr Bruch und schließlich<br />
der Sturz der Interimsregierung ist legitim<br />
und verfassungskonform. Sicher<br />
steckt Rumänien gerade in einer politischen<br />
Krise. Die kann aber überwunden<br />
werden, zunächst durch die Präsidentenwahl<br />
im November. Vielleicht<br />
folgen, wenn man sich nicht auf eine<br />
neue Regierung einigen kann, Neuwahlen<br />
fürs Parlament, um eine stabile<br />
Mehrheit zu finden. Nachteil ist, dass<br />
die Lösung der politischen Krise zeitraubend<br />
ist, es werden wohl noch Monate<br />
dafür vergehen. Das beflügelt mit<br />
Sicherheit keinen neuen wirtschaftlichen<br />
Aufschwung in Rumänien.<br />
Die rumänischen Medien haben Sie als<br />
idealen Kandidaten beschrieben und<br />
immer wieder darauf verwiesen, dass<br />
Sie nicht nur der erfolgreichste Bürgermeister<br />
des Landes seien, sondern<br />
auch deutsche Tugenden hätten: Sie<br />
seien pünktlich, seriös, beständig. Was<br />
halten Sie von dieser Beschreibung?<br />
Ich fühle mich natürlich geschmeichelt.<br />
Doch ich hüte mich davor, das<br />
Klischee vom guten Deutschen selbst zu<br />
verwenden. Solche ethnischen Zuweisungen<br />
helfen uns in der Politik nicht<br />
weiter.<br />
© Angelo Brezoianu/Agerpres<br />
Wenn die Medien die so genannten<br />
deutschen Tugenden so hervorheben,<br />
scheint es, als ob sie der rumänischen<br />
Klasse fehlen würden. Stimmt das?<br />
Nein, das denke ich nicht. Das ist<br />
vielmehr der verzweifelten Suche nach<br />
guten Politikern, guten Managern, gutem<br />
Personal geschuldet, die es übrigens<br />
weltweit gibt. Jeder wünscht sich Menschen<br />
in Schlüsselpositionen, die pünktlich<br />
sind, seriös und gut ausgebildet. Da<br />
bildet die Politik keine Ausnahme.<br />
Der Machtpoker um die neue Regierung<br />
lässt Sie in der Diskussion auch<br />
als eine Art Retter in Krisenzeiten erscheinen.<br />
Was halten Sie davon?<br />
Rumänien kann auch ohne mich regiert<br />
werden. Alles andere wäre eine absurde<br />
Annahme.<br />
Die Antikorruptionsbehörde hat laut<br />
rumänischen Medien gegen Sie in<br />
den vergangenen Wochen wegen<br />
möglicher Unregelmäßigkeiten bei<br />
Rückgaben von Grundstücken in<br />
Hermannstadt ermittelt. Nun sollen<br />
strafrechtliche Ermittlungen gegen<br />
Sie laufen. Bringen diese Ermittlungen<br />
Ihr Image als akkurater Politiker<br />
ins Wanken?<br />
Das stimmt so nicht. Die Antikorruptionsbehörde<br />
hat die Unregelmäßigkeiten<br />
nicht bestätigen können, strafrechtliche<br />
Ermittlungen laufen keine.<br />
Das vergessen die Journalisten dann<br />
gerne zu schreiben.<br />
Sie haben mit dem Amt als Regierungschef<br />
geliebäugelt und bleiben<br />
nun weiterhin Bürgermeister von Hermannstadt,<br />
eine Stadt, die Sie erfolgreich<br />
in den vergangenen Jahren aufgebaut<br />
haben. Genügt Ihnen denn<br />
dieses Amt jetzt noch?<br />
Natürlich. Ich bin schließlich stolz,<br />
Bürgermeister von Hermannstadt zu<br />
sein. Das Amt des Premiers wäre für<br />
mich nicht wertvoller als der Bürgermeisterposten.<br />
Es gibt nur einen entscheidenden<br />
Unterschied: Der Bürgermeister<br />
wird von den Wählern direkt<br />
gewählt, der Regierungschef wird hingegen<br />
von politischen Parteien eingesetzt.<br />
Wie haben denn die Hermannstädter<br />
auf Sie in den vergangenen Tagen<br />
reagiert?<br />
Die Leute haben mich angesprochen,<br />
mir e-mails und SMS geschrieben,<br />
und mich teils darin bestärkt, Premier<br />
zu werden, teils erklärt, ich solle den<br />
Bürgermeisterposten nicht aufgeben.<br />
Dass so viele Hermannstädter Anteil an<br />
dieser Entscheidung nehmen, hat mich<br />
beeindruckt.<br />
Ist das auch ein Trostpflaster für Sie,<br />
dass Sie den Posten des Regierungschefs<br />
in der ersten Runde nicht bekommen<br />
haben?<br />
Also, ein Trostpflaster brauche ich<br />
zu dieser Stunde noch keines.<br />
Annett Müller<br />
debizz 53
POLITIK & GESELLSCHAFT/KULTUR<br />
Literatur-Nobelpreis für Herta Müller<br />
„Landschaften der<br />
Heimatlosigkeit“<br />
„F<br />
ür Herta Müller, die aus ihrem<br />
eigenen Land fliehen<br />
musste, ist das Vergangene<br />
immer lebendig. Als ich ihre Bücher gelesen<br />
habe, hat mich das innerlich erschüttert“,<br />
erklärte Peter Englund, Chef<br />
der schwedischen Nobelpreis-Akademie,<br />
anläßlich der Bekanntgabe der diesjährigen<br />
Preisträgerin. Müller schreibe „völlig<br />
ehrlich, mit einer unglaublichen Intensität.<br />
Sie schreibt auch als jemand aus einer<br />
Minderheit, ohne Rücksicht auf sich<br />
selbst“ und habe „mittels Verdichtung<br />
der Poesie und Sachlichkeit der Prosa<br />
Landschaften der Heimatlosigkeit“ gezeichnet,<br />
so Eglund in seiner Laudatio.<br />
Die Entscheidung des Nobelpreiskomitees<br />
sorgte weltweit teils für Verblüffung<br />
(hauptsächlich in den USA),<br />
teils für Freude. Selbst die frischgebackene<br />
Nobelpreisträgerin zeigte sich<br />
überrascht. „Ich glaube es noch immer<br />
nicht. Es ist noch nicht im Kopf angekommen“,<br />
sagte Müller während ihrer<br />
ersten Pressekonferenz in Berlin. „So etwas<br />
habe ich nicht erwartet, ich brauche<br />
noch Zeit, um das einzuordnen.“<br />
Herta Müller wurde 1953 im Banater<br />
Dorf Nitzkydorf (unweit von Temeswar)<br />
geboren, ihre Eltern gehörten<br />
der hiesigen deutschen Minderheit an.<br />
Der Vater hatte im Zweiten Weltkrieg<br />
in der Waffen-SS gedient, die Mutter<br />
wurde 1945 in die Sowjetunion deportiert<br />
und war fünf Jahre in einem Arbeitslager<br />
in der jetzigen Ukraine interniert.<br />
Während ihres Studiums Mitte<br />
der 70er Jahre in Temeswar gehörte<br />
Herta Müller der „Aktionsgruppe Banat“<br />
an – einem Kreis junger deutschsprachiger<br />
Autoren, die sich in Diktaturzeiten<br />
für Meinungsfreiheit einsetzten.<br />
Aufgrund ihrer Weigerung, der damaligen<br />
Geheimpolizei als Spitzel zu<br />
dienen, verlor Müller ihre Stelle als<br />
Übersetzerin in einer Maschinenfabrik,<br />
wurde von der Securitate schikaniert<br />
und letzten Endes anhand ihrer regimekritischen<br />
Werke mit einem Publikationsverbot<br />
belegt. 1987 erhielt sie und<br />
ihr damaliger Ehemann Richard Wagner<br />
die Ausreiseerlaubnis, nach ihrer<br />
Ankunft in Deutschland ließ sich Müller<br />
in Berlin nieder.<br />
In Deutschland würdigte Bundespräsident<br />
Köhler, dass sie immer wieder<br />
„gegen das Vergessen angeschrieben und<br />
so an den hohen Wert der Freiheit erinnert“<br />
habe. „Ihre Literatur ist geprägt<br />
von den Erfahrungen, die Sie selber in<br />
Rumänien mit der kommunistischen<br />
Diktatur gemacht haben.“ Es sei „eine<br />
besonders glückliche Fügung, dass Sie<br />
die höchste Auszeichnung, die ein<br />
Schriftsteller bekommen kann, gerade<br />
in diesem Jahr erhalten, in dem wir an<br />
das Ende der Diktaturen in Osteuropa<br />
vor 20 Jahren erinnern“, hieß es in Köhlers<br />
Glückwunschschreiben. Bundeskanzlerin<br />
Merkel freute sich ihrerseits<br />
„von ganzem Herzen“ für Müller, die<br />
den Preis „mehr als verdient“ habe.<br />
© Soeren Stache/EPA/Agerpres<br />
Hierzulande verwies der Philosoph<br />
und ehemalige Außenminister Andrei<br />
Ple[u darauf, dass die Rumänen bisher<br />
stets betrübt gewesen seien, keinen eigenen<br />
Nobelpreisträger aufweisen zu<br />
können. „Nun können sie sich trösten.<br />
Herta Müller ist zwar eine deutsche<br />
Schriftstellerin, doch stammt sie aus<br />
Rumänien und ihre Werke enthalten ein<br />
Stück rumä nische und osteuropäische<br />
Geschichte.“<br />
Auch in Müllers Heimatdorf Nitzkydorf<br />
herrschte nach Bekanntgabe der<br />
Entscheidung des Nobel-Komitees eitel<br />
Freude: Bürgermeister Ioan Mascovescu<br />
verlautbarte, er sei „glücklich“, dass mit<br />
Müller eine aus Nitzkydorf stammende<br />
Autorin die begehrte Auszeichnung erhalte<br />
– auch wenn sie nicht mehr dort<br />
lebe. „War unser Ort bislang kaum bekannt,<br />
so kennt uns jetzt das ganze<br />
Land. Wir sind alle stolz, dass wir mit<br />
jemanden zusammengelebt haben, der<br />
den Nobelpreis für Literatur bekommen<br />
hat“, so Mascovescu. Inzwischen hat<br />
Nitzkydorf die Dichterin zur Ehrenbürgerin<br />
der Ortschaft ernannt.<br />
Herta Müller ist die zwölfte Frau,<br />
die mit dem Literatur-Nobelpreis geehrt<br />
wird. Die letzten Preisträger aus dem<br />
deutschen Sprachraum waren Elfriede<br />
Jelinek (Österreich) 2004 und Günter<br />
Grass (Deutschland) 1999. Die mit 10<br />
Millionen Kronen (knapp eine Million<br />
Euro) dotierte Auszeichnung wird Müller<br />
am 10. Dezember in Stockholm entgegennehmen.<br />
Emil Grenzer<br />
54 debizz
POLITIK & GESELLSCHAFT/REKONSTRUKTION<br />
© Privat<br />
Regisseur Milo Rau (rechts) nach ihrem Interview mit General Victor St`nculescu<br />
(Mitte) Anfang des Jahres, damals noch im Hochsicherheitstrakt Jilava<br />
The Last Hour of Elena<br />
and Nicolae Ceau[escu<br />
Ein Schweizer und ein<br />
deutscher Theatermacher<br />
wollen im Dezember<br />
den Prozess<br />
gegen die Ceau[escus<br />
auf die Bukarester Theaterbühne<br />
bringen. Es geht dabei vor allem<br />
um Verrat, ganz im shakes -<br />
peareschen Sinne.<br />
Im westeuropäischen Fernsehprogramm<br />
werden am 26. Dezember 1989<br />
die Bilder des Ceau[escu-Prozesses ausgestrahlt.<br />
Nicolae singt die Internationale,<br />
Elena rügt die Soldaten, dann werden<br />
die beiden abgeführt. Cut. Die Exekution<br />
wird ausgespart, auf dem Bildschirm<br />
sind die beiden Leichen zu sehen. Der<br />
Schweizer Milo Rau, damals zwölfjährig,<br />
verfolgt den Ceau[escu-Prozess im<br />
Fernsehen, ist gebannt vom Real-Krimi.<br />
20 Jahre danach will Rau, jetzt 32-jährig<br />
und Theaterautor, den Prozess auf der<br />
Bühne nachinszenieren – zusammen mit<br />
dem Berliner Dramaturgen Jens Dietrich.<br />
Doch nicht nur das. Im geplanten<br />
Theaterstück „The Last Hour of Elena<br />
and Nicolae Cea u[escu“ wird es zudem<br />
um die Ereignisse der 89er-Revolution<br />
und um die rumänische Gegenwart gehen.<br />
Dass der Schweizer Theaterautor<br />
und der Berliner Dramaturg sich für die<br />
rumänische Wende entschieden haben,<br />
„liegt an ihrer hohen Erzähldichte und<br />
dass sie voller theatraler Momente ist“,<br />
meint Milo Rau.<br />
Zu den geplanten Hauptfiguren im<br />
Theaterstück zählt der umstrittene General<br />
Victor St`nculescu: Erst organisierte<br />
er den Flucht-Helikopter für das<br />
Diktatoren-Ehepaar, wenig später den<br />
Prozess gegen die beiden. „Ein Verräter<br />
im shakespeareschen Sinne“, nennt ihn<br />
Dramaturg Jens Dietrich. Die beiden<br />
Theatermacher haben den General im<br />
Winter dieses Jahres noch im Hochsicherheitsgefängnis<br />
Jilava besucht.<br />
Char mant sei er gewesen „und mit einer<br />
Menge Akten“ zum Gespräch gekommen,<br />
goldene Bowlingschuhe tragend.<br />
„Wollen Sie die Wahrheit wissen?“,<br />
fragt St`nculescu im Gespräch,<br />
dann bricht er inmitten seiner Erklärung<br />
ab und sagt, er werde lieber ein<br />
Buch darüber schreiben. Den Anspruch,<br />
alleinig „die Wahrheit über die<br />
Revolution zu kennen“, hätten viele ihrer<br />
Interviewpartner gehabt, sagen Rau<br />
und Dietrich. Sie haben rund 50 Gespräche<br />
geführt: mit früheren Militärs,<br />
Ex-Securitate-Mitarbeitern, Journalisten,<br />
Künstlern sowie Wissenschaftlern.<br />
Die meisten hätten sich als Dissidenten<br />
bezeichnet. Die Widersprüchlichkeit<br />
der recherchierten Aussagen hat die<br />
beiden bestärkt, „mit unseren Stück<br />
nicht neue Fakten erzählen zu wollen,<br />
sondern den Rollentausch auf die Bühne<br />
zu bringen, wie aus treuen Dienern<br />
in Windeseile Verräter werden“, meint<br />
Jens Dietrich. Der Anspruch der beiden<br />
Theatermacher dabei: „Wir wollen die<br />
Gespenster der Vergangenheit wecken,<br />
um eine öffentliche Diskussion über die<br />
Revolutionstage anzuschieben.“<br />
Das Stück wurde am 3. November in<br />
ersten Auszügen im Bukarester Theater<br />
Act gezeigt und soll am 10. und 11. Dezember<br />
vollständig im Bukarester Odeon-Theater<br />
aufgeführt werden. Anschließend<br />
wird es auf deutschen und<br />
Schweizer Bühnen gezeigt. Auch ist eine<br />
TV-Fassung geplant. Sie am 25. Dezember,<br />
dem Hinrichtungstag der Ceau[escus<br />
zu zeigen, hat das deutsche öffentlich-rechtliche<br />
Fernsehen bereits abgelehnt.<br />
Zum Weihnachtsfest sei die Geschichte<br />
„zu morbid“, hieß es zur Begründung.<br />
Annett Müller<br />
debizz 55
DEBIZZ/BERATUNG/ADVERTORIAL<br />
Rumänien und seine<br />
zweifelhaften Spitzenpositionen<br />
Diese Wette gehe ich ruhig<br />
schon jetzt ein: Wenn über<br />
die Wirtschaftskrise endlich<br />
in der Vergangenheitsform gesprochen<br />
werden wird, so wird auch Rumänien<br />
zweifelsfrei einen „Spitzenplatz“ in<br />
punkto Dauer und Intensität der Krise<br />
eingenommen haben. Zeichen dafür gibt<br />
es bereits: Das Krisenmanagement der<br />
jüngst abgewählten Boc-Regierung benotete<br />
das Wirtschaftsforschungsinstitut<br />
CESifo Group unlängst mit 1,3 (auf einer<br />
Werteskala von 1 bis 9, wobei 9 die<br />
Bestnote und 1 die schlechteste darstellte).<br />
Zudem entpuppt sich der Staat als<br />
der säumigste Geschäftspartner überhaupt,<br />
dessen Rückstände gegenüber<br />
den Wirtschaftspartnern den Liquiditätsmangel<br />
am Markt und damit auch<br />
die Krisenauswirkungen vertiefen. Man<br />
kann folglich ruhig behaupten, dass der<br />
Staat die Wirtschaft sabotiert, anstatt<br />
ihr unter die Arme zu greifen.<br />
Im westlichen Ausland herrschen<br />
natürlich andere Verhältnisse. Blicken<br />
wir etwa in die schöne Schweiz, um –<br />
der Objektivität halber – ein Beispiel außerhalb<br />
der EU zu wählen. Laut eidgenössischem<br />
Steuergesetzbuch haben<br />
Steuerbehörden und Steuerpflichtige gemeinsam<br />
für die Einhaltung der Steuerprinzipien<br />
zu sorgen, darunter die Neutralität<br />
(„vor dem Fiskus sind alle gleich“)<br />
und die Gleichheit („jedermann wird<br />
nach den gleichen Regeln besteuert“). Da<br />
das Verhältnis zwischen Steuerbehörden<br />
und Steuerzahlern auf gegenseitigem Vertrauen<br />
und Respekt beruht, führt das in<br />
der Schweiz zu einem hohen Grad an<br />
volontärer Steuerbefolgung. Wohl auch<br />
aus diesem Grund haben so manche<br />
schweizerische Gemeinschaften sogar in<br />
Krisenzeiten einen Budgetüberschuss<br />
erwirtschaften können.<br />
In Rumänien hingegen sind die Umstände<br />
genau umgekehrt. Die Steuerbehörden<br />
gehen prinzipiell davon aus,<br />
dass in jedem Geschäftsmann ein potenzieller<br />
Steuerhinterzieher steckt („ansonsten<br />
würde er ja beim Staat arbeiten!“),<br />
der beileibe nicht alle steuerpflichtigen<br />
Erträge anführt. Der Staat<br />
sieht sich während seiner Kontrollen<br />
von Anfang an berechtigt, vermeintlich<br />
nicht beglichene Abgaben anhand von<br />
Geldbußen „einzustreichen“. Was tut es<br />
schließlich zur Sache, dass diese Geldstrafen<br />
zumeist missbräuchlich verhängt<br />
werden? Dafür sieht sich der „bestrafte“<br />
Steuerzahler anhand des Fehlverhaltens<br />
seines „Partners“ – der Staat – wiederum<br />
berechtigt, seinen somit entstandenen<br />
finanziellen Verlust irgendwie wettzumachen,<br />
natürlich durch „unorthodoxe“<br />
Methoden. Das verstärkt dagegen<br />
die Behörden in ihrer Überzeugung, Unternehmer<br />
gehörten noch härter angefasst<br />
... und so setzt sich die Negativspirale<br />
fort und fort. Wer ficht noch ein<br />
Kontrollprotokoll an, wenn er weiss,<br />
dass seine Klage prompt abgewiesen<br />
wird? Wer klagt noch gegen das Finanzamt,<br />
wenn er weiss, dass ihm Gerechtigkeit<br />
bestenfalls nach etlichen Jahren,<br />
nachdem er womöglich schon längst<br />
bankrott ist, widerfahren könnte?<br />
Jüngst veröffentlichte die Weltbank<br />
ihren Report „Doing Business 2010“.<br />
Der internationalen Finanzinstitution<br />
zufolge hält Rumänien einen weiteren<br />
Rekord im CEE-Raum: Das Land erhebt<br />
insgesamt 113 Steuern und Abgaben, für<br />
deren Entrichtung der Steuerzahler sage<br />
und schreibe 202 Stun den/Jahr aufbringen<br />
muss. Auch beläuft sich der Gesamtsatz<br />
aller Gewinnsteuern auf stolze<br />
44,6% − die vielgepriesene 16%-ige Gewinnsteuer<br />
ist ergo nur Augenwischerei.<br />
In den letzten Wochen wurde vermehrt<br />
über eine Reduzierung der Beamtenanzahl<br />
und der Staatsbediensteten<br />
überhaupt gesprochen, doch hat bislang<br />
noch niemand auch die Effizienzfrage<br />
angeschnitten. Solange Beamte nicht<br />
persönlich haften, solange ihr Missbrauch<br />
nicht geahndet wird, solange ihre<br />
Entscheidungen subjektiv bleiben<br />
und nicht auf Landesebene vereinheitlicht<br />
werden, solange die Bürokratie<br />
nicht abgebaut wird und die alte Mentalität<br />
über die Behandlung des Steuerzahlers<br />
nicht einer neuen weicht, hat<br />
Rumänien auch keine Aussichten auf<br />
ein gesundes und performantes Geschäftsumfeld.<br />
Corneliu-Teofil Teaha, Sorana Cernea<br />
<strong>Kontakt</strong> <strong>Info</strong>:<br />
TEAHA MANAGEMENT CONSULTING<br />
Bukarest, Chi[in`u, Klausenburg<br />
Hermannstadt, Kronstadt, Temeswar<br />
JW Marriott Grand Offices Bukarest<br />
Tel.: 0040-21-407.49.64<br />
Fax: 0040-21-313.88.57<br />
www.teaha.ro<br />
56 debizz
POLITIK & GESELLSCHAFT/HAUPTSTADT-STORIES<br />
Die Friedhofsspekulanten<br />
Der Bellu-Friedhof in Bukarest ist ein Ort, wo prominente Künstler,<br />
Stadtväter und Politiker begraben sind. Offiziell ist er längst ausgebucht,<br />
doch ein freier Platz findet sich immer noch. Gegen Geld natürlich.<br />
A<br />
uf dem Bellu-Friedhof kann<br />
man schon mal den Überblick<br />
verlieren, er ist fast 40 Mal so<br />
groß wie ein Fußballfeld. Wegweiser<br />
gibt es nicht. Die Rentnerin Maria Popescu<br />
findet sich in diesem Labyrinth<br />
auch so zurecht. Sie besitzt ein Doppelgrab<br />
auf dem Friedhof, das sie verkaufen<br />
will, um ihre Rente - umgerechnet<br />
67 Euro bekommt sie monatlich – ein<br />
„wenig aufzubessern“. Weil das jedoch<br />
illegal ist, will sie ihren richtigen Namen<br />
nicht nennen. Popescu dürfte das Grab<br />
nur weitervererben oder jemandem<br />
schenken. Doch wer verschenkt heutzutage<br />
noch etwas, dass sich in bare Münze<br />
verwandeln lässt? Und so ist der Bellu-Friedhof<br />
längst zu einem Immobilienmarkt<br />
geworden, auf dem spekuliert<br />
und gewuchert wird. Wer zentral und in<br />
der Nähe eines prominenten Toten platziert<br />
werden will, muss laut rumänischen<br />
Medien bis zu 30.000 Euro für die letzte<br />
Ruhestätte blechen. Eine außergewöhnliche<br />
Skulptur dazu – schon ist man bei<br />
80.000 Euro. Für das Geld könnte man<br />
© C`t`lin Alexa<br />
sich auch eine Ein-Raum-Wohnung in<br />
der Bukarester Innenstadt kaufen. Maria<br />
Popescu ist nun schon eine Viertelstunde<br />
vom Haupttor aus gelaufen.<br />
Endlich. Sie bleibt stehen, an einem abseits<br />
gelegenen Grab. Prominenz fehlt<br />
weit und breit. Nicht gerade die beste<br />
Lage, doch hat Popescu „einen Sonderpreis“.<br />
11.000 Euro soll die Grabstätte<br />
kosten, „die schließlich eine Wohnung<br />
für die Ewigkeit ist“.<br />
Seit rund 150 Jahren lassen sich<br />
Künstler, Politiker und die Oberschicht<br />
von Bukarest auf dem Bellu-Friedhof<br />
beerdigen – in prachtvollen Mausoleen<br />
oder Familiengräbern mit einzigartigen<br />
Skulpturen. Der Nationaldichter Mihai<br />
Eminescu ist auf dem Bellu begraben,<br />
ebenso der Dramatiker Ion Luca Caragiale<br />
oder die Wissenschaftlerin Ana<br />
Aslan, die zu Lebzeiten selbst dem früheren<br />
Bundeskanzler Konrad Adenauer<br />
Tipps gegen das Altern gegeben haben<br />
soll. Bis zur Zwischenkriegszeit war der<br />
Bellu „ein beliebter Promenadenort“,<br />
sagt die Bukarester Architektin Ioana<br />
Petrescu, „weil man sich auf den breit<br />
angelegten Alleen wie in einem Park fühlen<br />
konnte“. Petrescu hat in den vergangenen<br />
Jahren prominente Grabsteine<br />
analysiert und 180 Kulturdenkmale ausfindig<br />
gemacht. Mit diesem Kulturschatz<br />
ist der Bellu ähnlich bedeutend<br />
wie Pariser Friedhof Père Lachaise, auf<br />
den jährlich Hunderttausende Touristen<br />
pilgern, um die Gräber des verstorbenen<br />
irischen Schriftstellers Oscar Wilde<br />
oder des US-Sängers Jim Morisson<br />
zu besuchen. „An eine touristische Vermarktung<br />
wird in Bukarest hingegen<br />
noch keineswegs gedacht“, sagt Petrescu.<br />
Stattdessen geht es auf dem Bellu<br />
vorerst nur darum, Platz zu sparen. Auf<br />
den Alleen entstehen neue Grabesreihen,<br />
Doppelgräber werden nicht mehr<br />
in die Breite, sondern in die Tiefe gebaut<br />
- eine Art Doppelstockbetten also.<br />
Auch darf nach rumänisch-orthodoxem<br />
Brauch das Grab nach sieben Jahren geöffnet,<br />
um die verbliebenen Knochen<br />
auf kleinerer Oberfläche neu zu vergraben<br />
und um Platz zu schaffen – für einen<br />
neuen Toten.<br />
Die 75-jährige Rentnerin Maria Popescu<br />
hat ihren Grabplatz schon. Der<br />
liegt nahe eines Klosters, in dem sie früher<br />
Nonne war. Die Ruhestätte auf dem<br />
Promifriedhof Bellu kann sie also an den<br />
Meistbietenden verkaufen. Das Grab ist<br />
zweietagig und unten bereits belegt –<br />
mit einer Frau, die Popescu zu Lebzeiten<br />
betreut hat. Ein Käufer hat sich<br />
noch nicht gefunden. Vielleicht, weil<br />
Popescu hier eine Art Grabes-WG anzubieten<br />
hat. Nun, die kann man auflösen,<br />
meint sie geschäftstüchtig: „Was<br />
soll nach 20 Jahren von der Alten noch<br />
übrig sein außer Knochen? Ich stecke sie<br />
in ein Säckchen und nehm sie mit zu<br />
mir ins Kloster.“<br />
Annett Müller<br />
58 debizz
gesellschaft/freizeit<br />
Bukarest:<br />
„Quiet Nights“<br />
mit Diana Krall<br />
Auf eine Darbietung der Extraklasse<br />
dürfen sich die hauptstädtischen Jazzfans<br />
am 22. November freuen, da moderne<br />
und klassische Jazzsounds auf<br />
dem Programm des Palastsaals stehen:<br />
Solistin ist die bekannte, im kanadischen<br />
British Columbia geborene Pianistin<br />
und Sängerin Diana Krall, die zum ersten<br />
Mal vor rumänischem Publikum<br />
auftreten wird. Kralls Talent und Musikalität<br />
machten die blonde Jazz-Chanteuse<br />
zu einer weltweit renommierten<br />
Künstlerin, deren Klavierspiel und Stimme<br />
immer neue Akzente setzen. Sie erweckt<br />
die Jazz-Standards des amerikanischen<br />
Songbooks zum Leben und entdeckt<br />
ihre eigene Version alter Klassiker<br />
von Nat King Cole, Peggy Lee und<br />
Frank Sinatra, wobei die meisten ihrer<br />
Songs von Liebes-Freudentaumel und<br />
-Wehmut handeln. Die Jazzmusikerin,<br />
die als Diva des modernen Jazz gilt, will<br />
das Bukarester Publikum auch mit<br />
Songs aus ihrem jüngsten Album „Quiet<br />
Nights“ (2009) begeistern. Tickets, deren<br />
Preise diesmal zwischen 100 und 500<br />
RON liegen, können sowohl über die<br />
Internet-Seite www.myticket.ro bestellt<br />
als auch in den Diverta-Buchhandlungen<br />
erstanden werden.<br />
Eurothalia-Festival<br />
in Temeswar<br />
© Branko Gojkovic/TANJUG/Agerpres<br />
In der Zeitspanne 15.–22. November<br />
findet das europäische Theaterfestival<br />
„Eurothalia“ erstmals in Temeswar<br />
statt. Das Festival versteht sich als Plattform<br />
für die Präsentation aktueller Strömungen<br />
im europäischen Theater sowie<br />
als Ort des Ausstausches für Künstler<br />
und Theatermacher. Das Banater Publikum<br />
darf sich folglich auf Inszenierungen<br />
etlicher renommierter Spielleiter<br />
freuen. Den Auftakt macht das Deutsche<br />
Staatstheater Temeswar am 15. 11.<br />
(19.00 Uhr) mit „Alles zu seiner Zeit“<br />
von David Ives in der Regie von Radu-<br />
Alexandru Nica. Das Jüdische Staatstheater<br />
Bukarest führt am 16. 11. (19.00<br />
Uhr) Lessings „Nathan der Weise“ in<br />
der Regie von Grigore Gon]a auf. Am<br />
17. 11. (19.00 Uhr) folgt der Auftritt des<br />
Bukarester Odeon-Theaters mit dem<br />
Stück „Die Präsidentinnen“ von Werner<br />
Schwab, für dessen Regie Sorin Militaru<br />
zeichnet, das Jugendtheater Piatra Neam]<br />
präsentiert sich sodann am 19. 11.<br />
mit „Man spielt nicht mit der Liebe“<br />
von Alfred de Musset in der Regie Alexandru<br />
Dabijas. Am 21. 11. (18.00 und<br />
21.00 Uhr) steht das Theater Biel Solothurn<br />
(Schweiz ) mit Eschenbachs „Parzival“<br />
in der Regie von Max Merker auf<br />
der Bühne. Mit „Before and After“ unter<br />
der künstlerischen Leitung von<br />
Baczo Tünde klingt das Theaterfestival<br />
schließlich am 22. 11. aus.<br />
Klausenburg feiert<br />
F. M. Bartholdy<br />
© Radu Tuta/Agerpres<br />
Ein Sinfoniekonzert mit Jochen Wehner<br />
veranstalten das deutsche Kulturzentrum<br />
Klausenburg und die Staatsphilharmonie<br />
„Transilvania“ am 27. November<br />
um 19.00 Uhr im Studenten-Kulturhaus<br />
(Pia]a Lucian Blaga 1). Anlässlich des<br />
200. Geburtstages von Felix Mendelssohn<br />
Bartholdy dirigiert der deutsche<br />
Orchesterleiter Jochen Wehner das Oratorium<br />
„Paulus“. Wehner, der auch außerhalb<br />
Deutschlands dank seiner zahlreichen<br />
Auslandsauftritte bekannt ist,<br />
absolvierte das Dirigentenstudium in<br />
Halle (Saale) und Dresden, er erwarb zudem<br />
Abschlüsse in den Fächern Klarinette,<br />
Violoncello und Komposition. Nach<br />
etlichen Jahren als Kapellmeister in<br />
Magdeburg, Brandenburg und Stendal<br />
verpflichtete ihn das Mecklenburgische<br />
Staatstheater Schwerin als Generalmusikdirektor.<br />
Seit 1994 ist Jochen Wehner<br />
künstlerischer Leiter des Rundfunk-Blasorchesters<br />
Leipzig sowie der Bläserakademie<br />
Sachsen. Ständige Gastverträge<br />
verbinden ihn auch mit der Litau i schen<br />
Nationalphilharmonie Vilnius sowie mit<br />
dem Bukarester philharmonischen Orchester<br />
„George Enescu“. Neben seinen<br />
Gastdirigaten ist Wehner derzeit auch<br />
mit Kompositionsaufgaben, Juroren-Tätigkeiten,<br />
Dirigenten-Lehrgängen und<br />
Gastdirigaten beschäftigt.<br />
debizz 59
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