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Jürgen Ritsert Dimensionen des Vernunftbegriffs in der „Dialektik ...

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„konkret frei“ bedeuten, auch wenn Hegel selbst eher die Wendung „substantiell<br />

sittlich“ bevorzugt hat.<br />

Es ist <strong>der</strong> vorgeschlagenen Deutung ganz zuträglich, dass Theodor W. Adorno<br />

se<strong>in</strong>e Vorlesung „Zur Lehre von <strong>der</strong> Geschichte und von <strong>der</strong> Freiheit“ ebenfalls<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr knappen „Def<strong>in</strong>ition“ ausmünden lässt, <strong>der</strong>en Parallele zur Idee <strong>der</strong><br />

konkreten Freiheit bei Hegel auf <strong>der</strong> Hand liegt: „Sie sehen: ich suche, me<strong>in</strong><br />

Versprechen e<strong>in</strong>zuhalten und mit Def<strong>in</strong>itionen zwar nicht anzufangen, aber zu<br />

schließen – frei dürfte man jede Handlung nennen, die durchsichtig bezogen ist<br />

auf die Freiheit <strong>des</strong> Ganzen.“ 20 Das gilt für Adorno, obwohl die Subjekte sich<br />

immer wie<strong>der</strong> „<strong>in</strong>termittierend … als <strong>der</strong> Möglichkeit nach frei und als unfrei <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Wirklichkeit“ erfahren müssen. 21<br />

Teil II: Paradoxie o<strong>der</strong> strikte Ant<strong>in</strong>omie?<br />

Es gibt zahlreiche Vorbehalte gegenüber <strong>der</strong> sog. „älteren kritischen Theorie“<br />

im Allgeme<strong>in</strong>en, gegenüber <strong>der</strong> <strong>„Dialektik</strong> <strong>der</strong> Aufklärung“ im Beson<strong>der</strong>en.<br />

Spitzt man den Stachel e<strong>in</strong>iger dieser schon erwähnten Kritiken noch weiter zu,<br />

dann treten zugleich alternative S<strong>in</strong>nmöglichkeiten <strong>der</strong> kritisierten Texte klarer<br />

hervor:<br />

(1) Der Vernunftphilosophie Horkheimers und Adornos wird ganz allgeme<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Paradoxie im S<strong>in</strong>ne <strong>des</strong> performativen Selbstwi<strong>der</strong>spruchs nachgesagt. 22<br />

Ihre Kritik an <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Aufklärung falle so radikal aus, dass die Untersuchung<br />

selbstzerstörerischer Kräfte „<strong>der</strong> Vernunft“ <strong>in</strong> die Diagnose e<strong>in</strong>er<br />

Auflösung sämtlicher Kriterien <strong>der</strong> Vernunftkritik ausmünden müsse – die normativen<br />

Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> beiden kritischen Theoretiker selbst e<strong>in</strong>geschlossen! Der<br />

Formulierungen, die an <strong>der</strong> Oberfläche <strong>in</strong> diese Richtung weisen, gibt es bei ihnen<br />

zweifellos genug: Haben Horkheimer und Adorno tatsächlich an mehr als<br />

die Zwangshaftigkeit philosophischer Systeme, womöglich gar an den politischen<br />

Totalitarismus gedacht, wenn sie schreiben: „Aufklärung ist totalitär wie<br />

nur irgende<strong>in</strong> System“ (DdA 37)? Wie und wie entschieden ist daher <strong>der</strong> lakonische<br />

Spruch zu nehmen: „Aufklärung ist totalitär“ (DdA 16)? In Horkheimers<br />

Schrift über „Vernunft und Selbsterhaltung“ sche<strong>in</strong>en die D<strong>in</strong>ge noch klarer auf<br />

<strong>der</strong> Hand zu liegen: „Indem die Vernunft die Begriffsfetische zerstört, kassiert<br />

sie schließlich den Begriff ihrer selbst.“ – „Am Ende <strong>des</strong> Fortschritts <strong>der</strong> sich<br />

selbst aufhebenden Vernunft bleibt ihr nichts mehr übrig als <strong>der</strong> Rückfall <strong>in</strong> die<br />

20 Th. W. Adorno: Zur Lehre von <strong>der</strong> Geschichte und von <strong>der</strong> Freiheit, Frankfurt/M 2001, S. 370.<br />

21 Ebd. In die gleiche Richtung weisen Aussagen wie die folgende: „ „Das re<strong>in</strong>e Vernunftpr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Persönlichkeit<br />

müsste konvergieren mit <strong>der</strong> Selbsterhaltung <strong>der</strong> Person, <strong>der</strong> Totalität se<strong>in</strong>es >Interesses

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