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Jürgen Ritsert Dimensionen des Vernunftbegriffs in der „Dialektik ...

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zum empirischen Denken e<strong>in</strong>zelner Personen verhielte, das umfassende Sprachspiel<br />

zum e<strong>in</strong>zelnen Sprechakt, die Kompetenz zur Performanz usw. usf. …? All<br />

diese l<strong>in</strong>guistischen und erkenntnistheoretischen Fragestellungen fallen hier <strong>der</strong><br />

Reduktion von Komplexität zum Opfer. Ich berufe mich statt<strong>des</strong>sen beim Problem<br />

<strong>der</strong> Vernunftdimensionen schlicht und e<strong>in</strong>fach auf die <strong>in</strong> angelsächsischen<br />

Län<strong>der</strong>n schon lange üblichen, bei uns <strong>in</strong>zwischen ohne Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />

e<strong>in</strong>gebürgerten Anläufe zu Vernunfttypologien im Ausgang von <strong>der</strong> elementaren<br />

Vernunftprädikation. 4 „Prädikationen“ stellen bekanntlich Eigenschaftszuschreibungen<br />

dar. Unter e<strong>in</strong>er „Prädikation“ verstehe ich e<strong>in</strong> Urteil. Dieses wird hier<br />

ganz altbacken im Stil <strong>der</strong> klassischen Aussagenlogik (statt <strong>des</strong> mo<strong>der</strong>nen Prädikatenkalküls!),<br />

also mit Subjekt, Objekt und Copula angeschrieben. Den Startpunkt<br />

für die Angabe e<strong>in</strong>iger Hauptdimensionen <strong>des</strong> Vernunftbegriffes <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gestalt e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Typologie bildet demnach die Normalform e<strong>in</strong>es Urteils:<br />

S (S „ist“ = „hat die Eigenschaft“ P). Die elementare Vernunft-Prädikation<br />

lautet dementsprechend: xr. Zu lesen: Irgende<strong>in</strong> x hat die Eigenschaft r = „rational“<br />

(zu se<strong>in</strong>) o<strong>der</strong> nicht (= ¬r). Rationalität wird mith<strong>in</strong> logisch zu e<strong>in</strong>em Prädikat<br />

und grammatisch zu e<strong>in</strong>em Adjektiv umgeformt. 5 Das mag nach e<strong>in</strong>er<br />

ziemlich bescheidenen Spurensuche von Krümelmonstern kl<strong>in</strong>gen. Doch dieses<br />

Vorgehen weist e<strong>in</strong>ige wesentliche Vorzüge auf: Man ist dadurch we<strong>der</strong> starr<br />

auf e<strong>in</strong>e überlieferte Ontologie und Metaphysik „<strong>der</strong> Vernunft“ festgelegt, noch<br />

auf e<strong>in</strong>e und ke<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Vernunfttypologie. Denn an den beiden Variablenstellen<br />

<strong>des</strong> Urteils, also an den Stellen „x“ und „r“ (o<strong>der</strong> im Falle e<strong>in</strong>es Irrationalitätsverdachts:<br />

¬r) können sowohl wissenschaftssprachlich als auch alltagssprachlich<br />

sehr verschiedene Fälle e<strong>in</strong>gesetzt und auf verschiedene Weisen vernünftig<br />

sortiert werden. Ohne die dah<strong>in</strong> führenden Schritte und die Gründe <strong>der</strong><br />

Auswahl näher anzugeben, soll die folgende kle<strong>in</strong>e Typologie von <strong>Dimensionen</strong><br />

<strong>des</strong> Vernunftbegriffes verwendet werden. Sie dient alle<strong>in</strong> dem Zweck, die für<br />

Horkheimers „Kritik <strong>der</strong> <strong>in</strong>strumentellen Vernunft“, implizit auch für die <strong>„Dialektik</strong><br />

<strong>der</strong> Aufklärung“ maßgebende Unterscheidung zwischen „subjektiver“ und<br />

„objektiver“ Vernunft etwas klarer zu umreißen.<br />

1. Gesellschaftliche Rationalitäten. Man kann an <strong>der</strong> Variablenstelle x <strong>der</strong><br />

elementaren Rationalitätsformel Akte und Akteure <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft als<br />

typisierte Träger <strong>der</strong> Eigenschaft „vernünftig“ e<strong>in</strong>setzen. In Frage kommen<br />

daher e<strong>in</strong>zelne Handelnde (Aktorrationalität), Handlungen selbst<br />

(Handlungsrationalität), Beziehungen zwischen Handlungen (Interaktionsvernunft),<br />

Institutionen und Organisationen (<strong>in</strong>stitutionelle Rationalität)<br />

bis h<strong>in</strong> zu ganzen Gesellschaften (Systemrationalität). Das Sortiment<br />

<strong>der</strong> Prädikate r, die sich dem jeweiligen x zuordnen lassen, ist alle<strong>in</strong> schon<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Alltagssprache außerordentlich breit. Der e<strong>in</strong>zelne Akteur kann ei-<br />

4 Vgl. dazu M. Hollis: The Cunn<strong>in</strong>g of Reason, Cambridge 1987, E. Martens/H. Schnädelbach (Hg.): Philosophie.<br />

E<strong>in</strong> Grundkurs, Re<strong>in</strong>bek b. Hamburg1985, S. 77 ff., H. Brentel: Soziale Rationalität Opladen 1999 u.v.a.m.<br />

5 „Das Adjektiv >>vernünftig

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