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Drs. 16/5559 - Niedersächsischer Landtag

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<strong>Niedersächsischer</strong> <strong>Landtag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>5559</strong><br />

Unterrichtung<br />

Der Präsident Hannover, den 19.12.2012<br />

des Niedersächsischen <strong>Landtag</strong>es<br />

– <strong>Landtag</strong>sverwaltung –<br />

Haushaltsrechnung für das Haushaltsjahr 2007<br />

Archivierung von Grundbüchern und Grundbuchakten - Archivverwaltung vor neuer Herausforderung<br />

Beschlüsse des <strong>Landtag</strong>es<br />

a) vom 29.10.2009 (Nr. 11 der Anlage zu <strong>Drs</strong>. <strong>16</strong>/1764)<br />

b) vom 10.11.2010 (II Nr. 4 f der Anlage zu <strong>Drs</strong>. <strong>16</strong>/2937)<br />

c) vom 12.10.2011 (II Nr. 3 c der Anlage zu <strong>Drs</strong>. <strong>16</strong>/4055)<br />

d) vom 08.11.2012 (II Nr. 1 c der Anlage zu <strong>Drs</strong>. <strong>16</strong>/5263 - nachfolgend nochmals abgedruckt)<br />

Der <strong>Landtag</strong> erwartet den Bericht der Landesregierung nunmehr bis zum 31.12.2012.<br />

Antwort der Landesregierung vom 18.12.2012<br />

Die Antwort der Landesregierung vom 25.08.2010 in der Drucksache <strong>16</strong>/2792 wird wie folgt abschließend<br />

ergänzt:<br />

Das von der Landesregierung vorgelegte „Rahmenkonzept für die Übernahme von Grundbüchern<br />

und Grundakten durch das Niedersächsische Landesarchiv“ wird modifiziert. Bislang war vorgesehen,<br />

dass das Niedersächsische Landesarchiv (NLA) bereits zeitnah damit beginnt, sowohl Grundbücher<br />

als auch Grundakten von den Grundbuchämtern sukzessive in die Magazine der jeweils regional<br />

zuständigen Archivstandorte zu übernehmen. Nach vertiefter Prüfung und Abstimmung zwischen<br />

Justiz- und Archivverwaltung sollen nunmehr mittelfristig ab 2014 nur noch Grundbücher und<br />

keine Grundakten übernommen werden. Außerdem soll die Übernahme nicht mehr in die regionalen<br />

Magazinstandorte des NLA erfolgen, sondern allein in das Magazin des neuen Gebäudes in<br />

Stade. Die Übernahme von Grundakten wird auf unbestimmte Zeit zurückgestellt.<br />

Begründung<br />

Eine umfassende Lösung, wie sie im Rahmenkonzept vom August 2010 beschrieben worden ist,<br />

wird weiterhin für grundsätzlich richtig erachtet, schon weil sie als mittel- bis langfristige Lösung<br />

weiterhin die optimale Handlungsalternative darstellt, denn die Bestandspflege von Schriftgut gehört<br />

zu den Kernaufgaben des NLA. Nur dieses besitzt umfängliche Erfahrungen in der dauerhaften<br />

Aufbewahrung von Schrift- und Archivgut. Jedoch haben sich neue Erkenntnisse ergeben, die -<br />

auch auf längere Sicht - eine differenziertere Vorgehensweise verlangen. So wurden im Rahmen<br />

der weiteren Feinkonzeptionierung für eine Hochrechnung der Bedarfe zunächst die Bestände von<br />

18 von MJ benannten Amtsgerichten genauer untersucht. Untersuchungsgegenstand waren Ordnungszustand,<br />

Kapazitäten, Lagerbedingungen, Zustand des Schriftgutes (insbesondere Art und<br />

Umfang vorhandener Schäden wie Schimmelpilz, Feuchtigkeit, Verschmutzung). Daneben wurde<br />

ein neues NLA-weites Magazinbelegungskonzept erarbeitet, um unter Berücksichtigung der erheblichen<br />

neuen Magazinkapazitäten am Standort Stade zu einer möglichst ausgewogenen NLAweiten<br />

Auslastung unter Berücksichtigung der zu erwartenden regelmäßigen Zuwächse zu gelangen.<br />

Ergebnis aus diesen beiden Untersuchungen ist, dass eine differenzierte Betrachtung und Bewertung<br />

zwischen Grundbüchern einerseits und Grundakten andererseits erforderlich ist.<br />

1


<strong>Niedersächsischer</strong> <strong>Landtag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>5559</strong><br />

Grundbücher<br />

Zu unterscheiden ist im ersten Schritt zwischen laufenden und geschlossenen Grundbüchern. Nur<br />

die geschlossenen Grundbücher, die in der Justizverwaltung nicht mehr permanent benötigt werden,<br />

sind für eine Übernahme in das NLA in Betracht zu ziehen. Es sind sodann zwei Arten von geschlossenen<br />

Grundbüchern zu unterscheiden:<br />

Zum einen gibt es die geschlossenen Grundbücher, die bei der Einführung des maschinell geführten<br />

Grundbuches eingescannt worden sind. Bei diesen Grundbüchern gibt es eine neue Entwicklung,<br />

denn MJ erwägt deren Aussonderung und Vernichtung. Rechtsgrundlage dafür ist § 128<br />

Abs. 3 Grundbuchordnung, wonach Grundbücher dann ausgesondert werden können, wenn die<br />

Anlegung des maschinell geführten Grundbuchs in der Weise erfolgt ist, dass der gesamte Inhalt<br />

der bisherigen (papierenen) Grundbuchblätter in den für das maschinell geführte Grundbuch bestimmten<br />

Datenspeicher aufgenommen wurde und die Wiedergabe auf dem Bildschirm bildlich mit<br />

den bisherigen Grundbuchblättern übereinstimmt. Es gibt Anlass zu der Vermutung, dass Substanz<br />

und Qualität der elektronischen Speicherung der Grundbuchblätter dieser Anforderung inzwischen<br />

umfassend und dauerhaft gerecht werden. Die Größenordnung, um die es hier geht, beläuft sich<br />

auf ca. 3 000 lfd. Meter.<br />

Zum anderen gibt es die Grundbücher, die bereits vor der Übernahme in das maschinelle Grundbuch<br />

geschlossen waren. Für diese - nur in der Papierform existierenden - Grundbücher wird weiterhin<br />

davon ausgegangen, dass sie dauerhaft als aufbewahrungspflichtig und auch grundsätzlich<br />

als archivwürdig angesehen werden müssen 1 . Hier geht es um eine Größenordnung von ca. 5 000<br />

lfd. Meter.<br />

Die Übernahme dieser Bestände in das NLA erscheint möglich und sinnvoll. Denn die Bestände in<br />

den vorgenannten Amtsgerichten weisen einen weitgehend einwandfreien Erhaltungszustand auf,<br />

und es ist davon auszugehen, dass dies auch für die Grundbücher in den restlichen Amtsgerichten<br />

gilt.<br />

Es ist daher vorgesehen, dass die Archivverwaltung sukzessiv diese Bestände übernehmen wird<br />

und damit gewährleistet, dass der gute Zustand dieses Schriftgutes auch für die Zukunft gesichert<br />

wird. Hierdurch wird zugleich für die Amtsgerichte eine Entlastung bei den vielerorts bestehenden<br />

räumlichen Engpässen erreicht.<br />

Abweichend von der bisherigen Rahmenkonzeption sollen die Grundbücher nicht dezentral an den<br />

regionalen Archivstandorten, sondern zentral untergebracht werden, und zwar von 2014 an am<br />

Standort Stade (Neubau nach Inbetriebnahme). Soweit bereits in der Vergangenheit geringe Mengen<br />

Grundbücher (ca. 700 lfd. Meter) und einige wenige Grundakten in einzelne Standorte übernommen<br />

wurden, werden diese voraussichtlich ebenfalls sukzessiv nach Inbetriebnahme des<br />

Standortes Stade dorthin verlagert.<br />

Grundakten<br />

Deutlich anders stellt sich die Situation bei den geschlossenen Grundakten dar:<br />

In vielen Amtsgerichten muss der Zustand dieses Schriftgutes als unbefriedigend bezeichnet werden.<br />

Infolge der jahrzehntelangen Aufbewahrung unter immer schwierigeren, aus der vorhandenen<br />

Bausubstanz resultierenden Lagerungsbedingungen weisen die Bestände Feuchtigkeit und<br />

Schimmelpilzbefall auf. Der Aufwand zur Beseitigung der Schriftgutschädigungen wird nach den Erfahrungen<br />

des NLA selbst bei nur punktuellem Befall von bis zu 20 % erheblich sein - und dies bei<br />

einer Gesamtgrößenordnung an Grundakten, die bei ca. 83 000 lfd. Meter liegt.<br />

Maßgeblich für die Übernahme durch die Archivverwaltung ist aber - neben dem grundbuch- und<br />

archivrechtlichen Rechtsrahmen - vor allem der Zustand des angebotenen Schriftgutes. Übernahmen<br />

größerer Mengen geschädigten Schriftgutes kann die Archivverwaltung auf absehbare Zeit unter<br />

keinen Umständen bewältigen. Wie die Erfahrungen im Magazin des Hauptstaatsarchivs Hannover/Pattensen<br />

gezeigt haben, ist der Befall mit Schimmelpilz in Magazinen für das gesamte<br />

Schriftgut - also auch für das nicht geschädigte Schriftgut - ein potenziell nicht beherrschbarer Gefahrenherd.<br />

Die Ausbreitung der Schimmelpilze, insbesondere bei einzusetzender Klimatechnik,<br />

____________________<br />

1<br />

Rechtsänderungen sind insoweit derzeit nicht erkennbar und erwartbar.<br />

2


<strong>Niedersächsischer</strong> <strong>Landtag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>5559</strong><br />

schreitet derart schnell voran, das mit Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Beseitigung der<br />

Schäden kaum Schritt gehalten werden kann. Für das Archivgut im Magazin in Pattensen zum Beispiel<br />

werden seit 2002 die eingetretenen Schäden an ca. 20 000 lfd. Meter wertvollsten Archivgutes<br />

durch Einsatz von sieben Vollzeiteinheiten mit hohem Aufwand beseitigt; und diese Maßnahme<br />

wird erst 2023 abgeschlossen sein. Dies zeigt, dass das NLA nicht in der Lage ist, weitere Schimmelpilzentfernungen<br />

- zumal in der sich bei den Grundakten andeutenden Größenordnung, an welchem<br />

Standort auch immer - mit eigenen Mitteln vorzunehmen. Das NLA muss - auch im Interesse<br />

der Bestandspflege des vorhandenen Archivgutes von rd. 91 000 lfd. Meter an allen NLA-<br />

Standorten - zwingend bei der Übernahme von Schriftgut darauf achten, dass dieses in einem ordnungsgemäßen<br />

Zustand ist.<br />

Festgestellt werden muss allerdings zugleich, dass sich die Schädigungen auch für die Justizverwaltung<br />

als äußerst schwierig darstellen: Nicht nur dass die Justizverwaltung - anders als das<br />

NLA - über keine eigenen Erfahrungen im Umgang mit der Beseitigung derartiger Schäden verfügt<br />

und deswegen auf externe Dienstleister angewiesen ist; auch die Justizverwaltung hat keine finanziellen<br />

Ressourcen, um derartige Mengen in absehbarer Zeit zu entschimmeln, um sie (erst) dann<br />

dem Archiv in einem geordneten Zustand zu übergeben. Soweit in der Vergangenheit im Einzelfall<br />

solche Maßnahmen durchgeführt wurden, war der Mitteleinsatz beträchtlich; ein größerer finanzieller<br />

Aufwand ist im Rahmen des MJ-Haushaltes nicht finanzierbar.<br />

Weder die Justiz- noch die Archivverwaltung sehen also mit Blick auf die unvermindert erforderliche<br />

weitere Haushaltskonsolidierung realistische Möglichkeiten, die erforderlichen finanziellen Mittel für<br />

eine zeitnahe, zielgerichtete und konsequente bestandspflegerische Aufbereitung des gesamten<br />

Grundaktenbestandes (ca. 83 000 lfd. Meter) und für eine anschließende Übernahme durch das<br />

NLA im jeweils eigenen Haushalt bereitzustellen.<br />

Auch ein Zusammenführen aller Grundaktenbestände in einer sonstigen Liegenschaft außerhalb<br />

von Justiz- und Archivverwaltung - etwa vergleichbar der Konzeption in Baden-Württemberg mit einem<br />

zentralen Grundbucharchiv - ist aus Sicht von MJ und StK derzeit weder realisierbar noch<br />

überhaupt sinnvoll. Denn selbst wenn entsprechende Liegenschaften für ein Mengengerüst von<br />

rd. 90 000 lfd. Meter verfügbar wären, würde das Problem der Schädigungen des Schriftgutes nur<br />

räumlich verlagert und im Zweifel sogar verschärft, weil dann das Risiko einer noch umfassenderen<br />

Verschimmelung des Gesamtbestands entstünde.<br />

Im Ergebnis ist daher zu konstatieren, dass die Rahmenkonzeption zum Thema Grundbücher/Grundakten<br />

anders als noch 2010 vorgesehen, bis auf Weiteres beschränkt werden muss auf<br />

die sukzessive Übernahme der Grundbücher der Justizverwaltung durch das NLA und dass in Bezug<br />

auf die Grundakten, die auch den deutlich größeren Teil des Materials ausmachen, eine Übernahme<br />

und damit Entlastung der Justizverwaltung durch das NLA auf absehbare Zeit ausscheiden<br />

muss.<br />

Immerhin aber werden die zweifelsfrei bestehenden Kapazitätsengpässe in einer Reihe von Amtsgerichten<br />

auch bereits durch die Übernahme der Grundbücher mittelfristig zu Entlastungen führen,<br />

und zwar in einem Gesamtvolumen von ca. 5 000 lfd. Meter. Kurzfristige Engpässe in einzelnen<br />

Amtsgerichten wird allerdings auch dies nicht lösen, denn eine Übernahme auch der Grundbücher<br />

durch das NLA ist erst ab 2014 nach und nach möglich (Inbetriebnahme Stade). Es werden daher<br />

aktuell innerhalb der Justizverwaltung kurzfristige Lösungen gesucht, zum Beispiel durch Umlagerungen<br />

(etwa freiwerdende Justizvollzugseinrichtungen, die gemeinsam betrieben werden könnten).<br />

Zugleich steht das NLA der Justizverwaltung mit seinem Fachwissen zur Schimmelpilzbekämpfung<br />

und insgesamt zur Bestandspflege über die Zentrale Werkstatt des NLA zur Verfügung.<br />

Eine gewisse Hoffnungsperspektive entsteht daneben aus der aktuellen technischen Entwicklung<br />

bei der maschinellen Reinigung und Entfernung von Schimmelpilzsporen. Es deuten sich verbesserte<br />

technische Verfahren an, mit deren Hilfe den genannten Herausforderungen gegebenenfalls<br />

schneller und kostengünstiger begegnen werden könnte.<br />

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<strong>Niedersächsischer</strong> <strong>Landtag</strong> – <strong>16</strong>. Wahlperiode Drucksache <strong>16</strong>/<strong>5559</strong><br />

Und abschließend ist auch nicht gänzlich auszuschließen - wenn auch derzeit schwer abschätzbar<br />

-, dass eventuell die in den einschlägigen bundesrechtlichen Vorschriften enthaltene Pflicht zur<br />

dauerhaften Aufbewahrung auch der Grundakten durch die technische Entwicklung und die Umstellung<br />

auf elektronische Verfahren vielleicht doch eines Tages modifiziert werden könnte.<br />

Angesichts dieser Befundlage und Aussicht erscheint es gerechtfertigt und vertretbar, die Übernahme<br />

der Grundakten bis auf Weiteres zurückzustellen und diese in den Amtsgerichten zu belassen.<br />

4<br />

(Ausgegeben am 27.12.2012)

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