Poesie03 Therapie01 Beziehung Beratung - 3p-dialoge.de
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Karin Gailing<br />
Helmut von Bialy<br />
POESIE 3<br />
Poesie-Therapie 1<br />
Themen:<br />
• Einführung in die Poesie-Therapie<br />
• <strong>Beziehung</strong> und Liebe<br />
• <strong>Beziehung</strong>sfallen<br />
• Paarberatung<br />
• <strong>Beratung</strong><br />
Hamburg, November 2008
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
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Helmut von Bialy<br />
Haspa (BLZ 20050550)<br />
Konto-Nr: 107279433<br />
Danke!<br />
2
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Inhalt<br />
Einführung: Poesie-Therapie 4<br />
Wie die I<strong>de</strong>e geboren wur<strong>de</strong> 4<br />
Konzept unserer Poesie-Therapie 5<br />
Poesie für die Partnerseele 7<br />
Poesie-Therapie 9<br />
Liebe, Reim und Metrik 12<br />
Reichtum <strong>de</strong>r Liebesworte 13<br />
<strong>Beziehung</strong>en 16<br />
<strong>Beziehung</strong> lernen 16<br />
Einladung zur Suche 21<br />
Das gemeinsame Dritte 22<br />
<strong>Beziehung</strong>sfallen 24<br />
Abwärtsspiralen 24<br />
Partnerschaftsirrtümer 28<br />
Lebendige <strong>Beziehung</strong> 30<br />
Starr und unbalanciert 32<br />
Neurotisch 35<br />
Neurosetest 37<br />
Humor befreit 40<br />
Oben-Unten-Falle 43<br />
Nähe-Distanz-Falle 45<br />
Dauer-Wechsel-Falle 47<br />
Pflichtfalle 49<br />
Paarberatung 50<br />
Klischee: Männer fühlen und re<strong>de</strong>n wenig 50<br />
Klischee: Schweigen ist Gold 52<br />
Klischee: Frauen han<strong>de</strong>ln und schweigen wenig 54<br />
Verän<strong>de</strong>rungswi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> 56<br />
Intermezzo 58<br />
Erste Erfolge 59<br />
Beraten 61<br />
Innere Team<strong>dialoge</strong> 61<br />
<strong>Beratung</strong>s-Metho<strong>de</strong>n 63<br />
Obszönität <strong>de</strong>s Fragens 67<br />
Therapeutische Dramadreiecke 69<br />
Moral 72<br />
3
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Einführung: Poesie-Therapie<br />
Wie die I<strong>de</strong>e geboren wur<strong>de</strong><br />
Ist es möglich, dass zwei Menschen gemeinsam Gedichte<br />
schreiben. Ja, es ist.<br />
In vorliegen<strong>de</strong>n Gedichtband sind nur wenige Gedichte<br />
ganz allein von Helmut o<strong>de</strong>r Karin verfasst wor<strong>de</strong>n.<br />
Ansonsten entstan<strong>de</strong>n die Gedichte aus Koproduktionen<br />
unterschiedlicher Art:<br />
Wir lebten ein Jahr in einer Fernbeziehung. Es ergab<br />
sich aus <strong>de</strong>r Laune eines Augenblicks, dass unsere E-<br />
Mail-Korrespon<strong>de</strong>nz zur Überbrückung <strong>de</strong>r Trennungszeiten<br />
im Wesentlichen aus Gedichten bestand.<br />
Wir fühlten uns an Traditionen aus <strong>de</strong>r Romantik erinnert.<br />
Meist wur<strong>de</strong>n Themen durch unseren Wunsch angeregt,<br />
eine gemeinsame Erfahrungssituation aufzuarbeiten.<br />
Mehrstündige Bahnfahrten zwischen unseren Wohnorten<br />
waren i<strong>de</strong>ale Gelegenheiten, Gedichte zu entwerfen,<br />
in <strong>de</strong>nen wir uns unser Erleben zwischen<br />
Staunen, Fühlen, Denken und Sprachlosigkeit mitteilten.<br />
Später, als wir zusammengezogen waren, ergaben sich<br />
auch Themen für Gedichte aus Gesprächen über<br />
unsere Erfahrung in Therapie und Coaching o<strong>de</strong>r während<br />
wir uns aus Büchern vorlasen.<br />
Entwürfe zu Gedichten entstan<strong>de</strong>n gleichsam wie<br />
Tagebuchnotizen zu unserem privaten und beruflichen<br />
Alltag.<br />
Wir nahmen uns viel Zeit, uns die Entwürfe vorzulesen<br />
und teilweise Wort für Wort durchzugehen. Hilfreich<br />
waren dabei Nachfragen wie:<br />
Was möchtest du eigentlich zum Ausdruck bringen?<br />
Worum ging es dir wirklich?<br />
Diese gemeinsamen Wort- und Aussagefindungs-Pro-<br />
4
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
zesse erwiesen sich als wun<strong>de</strong>rbare Situationen tiefer<br />
dialogischer Begegnung.<br />
Das eine Mal wur<strong>de</strong> das Gedicht von <strong>de</strong>r Person<br />
überarbeitet, die auch <strong>de</strong>n Entwurf erstellt hatte, ein<br />
an<strong>de</strong>rmal arbeitete die an<strong>de</strong>re Person weiter.<br />
Aus meinem o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>inem Gedicht wur<strong>de</strong> dadurch unser.<br />
Konzept unserer Poesie-Therapie<br />
Unsere durchweg positiven Erfahrungen aus dieser gemeinsamen<br />
Dicht-Arbeit mün<strong>de</strong>ten in unser beson<strong>de</strong>res<br />
Konzept von Poesie-Therapie.<br />
Unsere Poesie-Therapie besteht aus folgen<strong>de</strong>n Elementen:<br />
1. Die Grundlage unserer therapeutischen Arbeit bil<strong>de</strong>n<br />
die in diesem Band zusammengefassten Gedichte –<br />
vom Kurzgedicht bis zur Balla<strong>de</strong>. Folgen<strong>de</strong> Themen-<br />
Bereiche wer<strong>de</strong>n auf diese Weise in vielen Variationen<br />
angesprochen:<br />
a. Bezogen leben und lernen:<br />
<strong>Beziehung</strong> und Liebe, Liebesstörungen und <strong>Beziehung</strong>sfallen,<br />
Paarberatung, Gefühle und Geschlechter,<br />
Abschied, Tod und Trauer, Trennung und<br />
Neuanfang, Lebensqualität, Lehren, Berater und<br />
Heilen<br />
b. Sieben Säulen liebevoller Paarbeziehung:<br />
Eigenliebe, Treuebekenntnis, Freiheit, Achtsamkeit,<br />
Sinnlichkeit, Partnerschaftlichkeit, Hingabebereitschaft<br />
c. Weisheit <strong>de</strong>r Seele:<br />
Leben und Liebe, Sinn und Seele, Gesetze <strong>de</strong>r Psyche,<br />
Wege zur Seele, Schatten- und Kraftplatz Seele,<br />
Cranio-Sacrale Regulation und Seelenmassage,<br />
Wüstenreise, Spiegel- und Trommelreise zur Seele<br />
5
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Nach einer Einzel- o<strong>de</strong>r Paarsitzung wer<strong>de</strong>n unseren<br />
Klient/-innen ein bis drei thematisch passen<strong>de</strong> Gedichte<br />
zur Integration <strong>de</strong>r Themen mitgegeben.<br />
2. Sollten zu <strong>de</strong>m spezifischen <strong>Beratung</strong>sthema noch<br />
keine Gedichte vorliegen, so schreiben wir – so uns die<br />
Intuition nicht im Stich lässt – für das nächste Treffen<br />
ein passen<strong>de</strong>s Gedicht.<br />
Start <strong>de</strong>s Gedicht-Schreibens ist ein gemeinsames<br />
Brain-Storming zu <strong>de</strong>m Themenkreis. In<strong>de</strong>m wir uns<br />
das Thema und <strong>de</strong>n Prozess <strong>de</strong>r Therapie-/Coaching-<br />
Sitzung vor Augen führen, ergeben sich nebenbei auch<br />
supervisorische Effekte: Versäumnisse können erkannt<br />
und möglicherweise im Gedicht aufgegriffen wer<strong>de</strong>n.<br />
3. Oft kommen die Klient/-innen mit <strong>de</strong>n Gedichten in die<br />
nächste Sitzung, besprechen Unklares, bringen ihre<br />
Meinung ein, run<strong>de</strong>n das Thema durch ihre Ergänzungen<br />
ab.<br />
4. Soweit die passive Variante unserer Poesie-Therapie.<br />
Die vorgegebenen Gedichte können die Klient/-innen<br />
auch dazu verführen, eigene Gedichtentwürfe zu verfassen.<br />
Wir ermuntern sie nach Kräften dazu, eine Art Poesie-<br />
Tagebuch zu führen, also ihre äußeren und vor allem<br />
inneren Erlebnisse in <strong>de</strong>r sprachlich viel freieren Form<br />
<strong>de</strong>r Gedichte zu verfassen – mit o<strong>de</strong>r ohne Reim und<br />
Metrik.<br />
Daneben ermöglichen wir eine Vielfalt an<strong>de</strong>rer Formen<br />
kreativer Themenbearbeitung.<br />
5. Wir bieten <strong>de</strong>n Klient/-innen an, ihre Gedichtentwürfe in<br />
die Sitzungen mit uns einzubringen. Dort kann sowohl<br />
an <strong>de</strong>n Inhalten als auch an <strong>de</strong>r Form gearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Ergebnis dieser Arbeit ist zumeist größere thematische,<br />
aber auch gefühlsbezogene Klarheit.<br />
6. In Partnerschaften kann die Form <strong>de</strong>r poetischen Mitteilung<br />
fester Bestandteil <strong>de</strong>s Kommunikations-Prozesses<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
6
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Poesie für die Partnerseele<br />
(Oktober 2006)<br />
Damit seelenverbun<strong>de</strong>n<br />
Dir, ferner Liebling, ich bleibe,<br />
Dankend <strong>de</strong>n Weg ich gefun<strong>de</strong>n,<br />
Dass Liebesgedichte ich schreibe.<br />
Aber ich schreibe dir nicht<br />
Aus mich zieren<strong>de</strong>r Eitelkeit,<br />
Auch nicht aus Mitteilungspflicht,<br />
Ab und an jedoch aus Begehrlichkeit.<br />
Wähle Reime für dich,<br />
Weil ich herzlich dich liebe.<br />
Während zugleich körperlich.<br />
Wild wabernd die sinnlichen Triebe.<br />
Mit dir fällt es mir leicht<br />
Mich leibhaftig zu spüren.<br />
Möchte dich doch stets zugleich<br />
Mit sanft sehnen<strong>de</strong>r Seele berühren.<br />
Jemand ganz tief in mir<br />
Jubelnd langsam begreift:<br />
Ja, ich bin so glücklich mit dir,<br />
Juchheirassasa, für <strong>Beziehung</strong> gereift.<br />
Es leuchtet mir ein:<br />
Endlich gestehen ich kann,<br />
Erwacht für diese Liebe zu sein.<br />
Ein neues Leben dabei wie<strong>de</strong>r gewann.<br />
Lass uns beizeiten<br />
Liebesräume an<strong>de</strong>ren errichten,<br />
Lebenspartner gemeinsam begleiten,<br />
Leichte Verse ihnen zur Orientierung dichten.<br />
7
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Begleiten könnte sogar<br />
Bei<strong>de</strong>r Bestimmung sein.<br />
Bedingung: Du stimmst fürwahr<br />
Begeistert mit mir in dieser I<strong>de</strong>e überein.<br />
Wollen, was benötigt,<br />
Wendig in Verse fassen,<br />
Wünschend, dass man rauspickt,<br />
Was gut zu ihm o<strong>de</strong>r ihr könnte passen.<br />
Solche Worte <strong>de</strong>r Poesie<br />
Sind Perlen unserer Kultur.<br />
Send uns Himmel die Hilfe, sie<br />
Schnüren und reihen auf heilen<strong>de</strong> Schnur.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Poesie-Therapie<br />
(Juli 2008)<br />
Allzu lange habe ich fest daran geglaubt,<br />
Mit klarem Kalkül mein Leben zu meistern.<br />
Alles Nicht-Rationale ist dabei eingestaubt,<br />
Nur logisch Erklärbares konnte begeistern.<br />
Den Götzen <strong>de</strong>r Wissenschaft verschrieben.<br />
Zählte für mich Scharfsinn und Wortgefecht.<br />
In mir ist so viel auf <strong>de</strong>r Strecke geblieben,<br />
Was mein Wesen ausmacht, voll und echt.<br />
Geliebte Frau starb. Ich schmerzlich begriff,<br />
Wie wenig ich bisher vom Leben verstan<strong>de</strong>n.<br />
Ich war nicht Steuermann auf meinem Schiff,<br />
Ohne Herz und Seele musste es stran<strong>de</strong>n.<br />
Seele spricht nicht durch kühlen Intellekt,<br />
Bedient sich mitteilend Formen <strong>de</strong>r Kunst.<br />
Seelenklang sich hinter Worten versteckt.<br />
Ihn zu hören ist <strong>de</strong>s inneren Ohres Gunst.<br />
Inneres Ohr braucht Metaphern, Symbole,<br />
Reime und Rhythmen, Formen und Klang.<br />
Zutaten, die ich aus meinem Herzen hole,<br />
Nicht aus <strong>de</strong>m engen Verstan<strong>de</strong>sschrank.<br />
Am Morgen nach <strong>de</strong>m Tod meiner Frau,<br />
Saß ich allein, von Schmerzen erschüttert.<br />
Das Herz war verkrampft, <strong>de</strong>r Magen flau,<br />
Es war mir, als wenn meine Seele zittert.<br />
Und durch das Düster <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>sgrauens<br />
Drangen Worte an mein Ohr, leis und zart.<br />
Erlebte ich die Gna<strong>de</strong> inneren Schauens,<br />
Mit trösten<strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>r göttlichen Art.<br />
9
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Ich dufte in Versen mein Leid ausdrücken,<br />
Fühlte mich flüchtiger Seele verbun<strong>de</strong>n.<br />
Für Töchter und mich über Seelenbrücken<br />
Habe ich Worte <strong>de</strong>s Trostes gefun<strong>de</strong>n.<br />
Seit dieser Zeit ist mir vieles Geschehen.<br />
Ich durfte Glück und Liebe neu ent<strong>de</strong>cken.<br />
Verse helfen mir, mein Leben zu verstehen,<br />
Ohne <strong>de</strong>nkend mein Herz zu verstecken.<br />
Verstehen ist nicht rationales Durchdringen.<br />
Verstehen ist Hinschauen, sich <strong>de</strong>m stellen,<br />
Was Herzensworte ans Tageslicht bringen.<br />
Sollen doch Ratio-Hun<strong>de</strong> sich heiser bellen.<br />
Durchstoßen wir Schichten <strong>de</strong>r Rationalität,<br />
Die sich trennend um unseren Kern gelegt.<br />
Wer zu transrationalen Seiten in sich steht,<br />
Wird von Krisen nicht leicht hinweg gefegt.<br />
Erst habe ich Verse nur für mich geschrieben.<br />
Dann schrieb ich Verse in neuem Liebesglück.<br />
Poesie ist tragen<strong>de</strong> Mitteilungsform geblieben,<br />
In nüchternen Verstand führt kein Weg zurück.<br />
Irgendwann fing ich an, Gedichte zu verfassen,<br />
Wenn an<strong>de</strong>re beratend mich etwas aufgewühlt.<br />
Ich konnte meine Gefühle in Versen lassen,<br />
Wur<strong>de</strong> für nächste Begegnungen leer gespült.<br />
Manchmal habe ich Gedichte weiter gegeben,<br />
Als Protokoll hinterher und Anlass, zu schauen.<br />
Verdichtete Themen kann man an<strong>de</strong>rs erleben,<br />
Sind in Versen bisweilen besser zu verdauen.<br />
10
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
So haben sich aus meinem Alltagserleben,<br />
Mich unterstützend wie auch an<strong>de</strong>re Personen,<br />
Drei Formen <strong>de</strong>r Poesie-Therapie ergeben,<br />
Die bisweilen zu nutzen sich für uns lohnen:<br />
Hält <strong>de</strong>in Leben für dich ein Thema bereit,<br />
An <strong>de</strong>m wächst, wer es im Kern durchdringt,<br />
Dann zieh dich zurück und nimm dir Zeit,<br />
Dass im Herzenskontakt ein Vers gelingt.<br />
Lass die Ansprüche offen. Sei ohne Druck,<br />
Damit stimmiges Wort <strong>de</strong>m Herzen entrinnt.<br />
Doch sei dabei beherzt, gib dir einen Ruck,<br />
Weil je<strong>de</strong>r neue Weg mit Zweifeln beginnt.<br />
Du kannst auch passen<strong>de</strong> Verse auftreiben,<br />
Quintessenzen <strong>de</strong>ines Themas berührend,<br />
Dich in sie versenken o<strong>de</strong>r sie umschreiben,<br />
Mach damit, was für dich zum Ziele führend.<br />
Es kann gut sein, sich beraten zu lassen,<br />
Wenn wir in Gewohnheit hangen bleiben.<br />
Vielleicht bekommst du Berater zu fassen,<br />
Die für dich Protokolle in Versen schreiben.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Liebe, Reim und Metrik<br />
(Oktober 2006)<br />
Will ich schäumen<strong>de</strong> Liebe dir,<br />
Wie ich sie empfin<strong>de</strong>, ausdrücken,<br />
Leiht karge Alltagssprache mir<br />
Reichlich schwächliche Krücken.<br />
Ob Liebe zwischen uns wächst,<br />
Da wir Prosasätze schmie<strong>de</strong>n?<br />
Ich vermute, solch einem Text<br />
Ist nur recht selten beschie<strong>de</strong>n,<br />
Dass er tief innen aufwühlt<br />
Der Liebe Wesensbereich,<br />
Der nur vom Herzen gefühlt,<br />
Verstand verborgen zugleich.<br />
Wie käme man in Fühlung<br />
Mit Liebe kraftvoller Elegie,<br />
Gäbe es nicht dafür Stil und<br />
Formen <strong>de</strong>r lyrischen Poesie,<br />
Gäbe es nicht die Chance,<br />
Unsere Worte so zu reimen,<br />
Dass aus <strong>de</strong>r Verse Glanze<br />
Harmonie kann erkeimen?<br />
Eine Rhythmische Metrik,<br />
Gleich Trommelschlag fest,<br />
Unsere Herzen lebendig<br />
Im Gleichtakt pochen lässt.<br />
Lässt Worte <strong>de</strong>r Liebe du<br />
In dir wahrhaftig erklingen,<br />
Takt und Reim sie im Nu<br />
Wird zu Lieben<strong>de</strong>n bringen.<br />
Beginne ab heute zu dichten,<br />
Egal, ob du es kannst o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Herzensworte an an<strong>de</strong>re richten,<br />
Glich stets schon einem Gedicht.<br />
12
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Reichtum <strong>de</strong>r Liebesworte<br />
(Oktober 2006)<br />
Unsere Worte können Orte sein,<br />
Wo Welten entspringen, ganz neu.<br />
Über Gespräche ich mich verein.<br />
Im Dialog mit dir ich mich freu.<br />
La<strong>de</strong>n wir einan<strong>de</strong>r mutig und offen<br />
Zu einfühlen<strong>de</strong>r Verständigung ein,<br />
Wird unsere Mitwelt, das ist zu hoffen,<br />
Liebenswerter und friedlicher sein.<br />
Unsere Worte können Quellen sein,<br />
Aus <strong>de</strong>nen Kräfte entspringen, ganz klar,<br />
Gebün<strong>de</strong>lte Kraft, die wie Sonnenschein<br />
Leitend und stützend im Universum war.<br />
Wahrhaftiger Ausdruck von tiefem Sehnen<br />
Wird heilen<strong>de</strong> Energien zu uns lenken.<br />
Gekräftigt können wir Kräfte aus<strong>de</strong>hnen,<br />
Vielen Menschen davon etwas schenken.<br />
Unsere Worte können Mütter sein,<br />
Die uns nährend versorgen, ganz nah.<br />
Fühlst du dich hilflos, zaghaft und klein,<br />
Bin mit stützen<strong>de</strong>n Worten ich da.<br />
Wie <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn ich einst gab die Brust,<br />
Will ich trösten<strong>de</strong> Worte dir geben,<br />
Worte, die Mütter von jeher gewusst,<br />
Dich heilend ins Herze dir legen.<br />
Unsere Worte können Bausteine sein,<br />
Womit wir Heimat uns erbauen, ab nun.<br />
Wir Schaffen uns einen Liebeshain,<br />
Wenn unsere Worte zusammen wir tun.<br />
13
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Richten wir in Gedanken auch Plätze<br />
Für Familie und Freun<strong>de</strong> uns ein,<br />
Wird unsere Liebesheimat, ich schätze,<br />
Nicht mal im Winter zu eng für uns sein.<br />
Unsere Worte können Echo sein.<br />
So treten Leibseelen in Resonanz.<br />
Ob dies Schwingen <strong>de</strong>r Seelen fein<br />
Wir jemals mit Worten erfassen ganz?<br />
Sind wir einan<strong>de</strong>r in Liebe gewogen,<br />
Begegnung auch wortlos entsteht.<br />
Denn sind Menschen innig bezogen,<br />
Wird selbst ihr Schweigen beredt.<br />
Unsere Worte können Klänge sein,<br />
Ein verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Lied singend, uralt,<br />
Das seit Urzeit, solange Menschen zu zwein,<br />
In allen Herzensbeziehungen erschallt.<br />
Wenn dieses gemeinsame Liebeslied<br />
Die Herzen <strong>de</strong>r Menschen erreicht,<br />
Man sich bis auf <strong>de</strong>n Seelengrund sieht.<br />
Dann wird alles im Leben ganz leicht.<br />
Unsere Worte können Spinnen sein,<br />
Uns ein Liebesnetz webend, ganz weich.<br />
Gemeinsame Sprache spinnt uns ein.<br />
So vernetzt sind wir geborgen und reich.<br />
Wir weben in das Netz dieser Worte<br />
Rote Fä<strong>de</strong>n gemeinsamer Ziele.<br />
So schafft unser Han<strong>de</strong>ln sich Orte<br />
Für gelingen<strong>de</strong> Liebesspiele.<br />
14
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Unsere Worte können Lichter sein,<br />
Die unser Leben erhellen, ganz klar.<br />
Spür nur, Geliebter, <strong>de</strong>n Schein<br />
Der in <strong>de</strong>n lieben<strong>de</strong>n Worten war.<br />
Zusammen wir Mantren aufsagen<br />
Und glänzen<strong>de</strong> Kerzen anzün<strong>de</strong>n,<br />
Die uns in all unseren Ir<strong>de</strong>ntagen<br />
Von Liebe und Frie<strong>de</strong>n kün<strong>de</strong>n.<br />
Meine Worte sollen Geschenke dir sein,<br />
Die voll Liebe ich sen<strong>de</strong>, ganz viele.<br />
Worte allein für dich, Liebling mein.<br />
Mit Herzensgaben ich nicht spiele.<br />
Denk ich an die Gna<strong>de</strong> unserer Liebe,<br />
Wird mir so heilig und heiter zugleich.<br />
Überglücklich wäre ich, wenn es so bliebe,<br />
Dass mit Worten <strong>de</strong>in Herz ich erreich.<br />
15
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
<strong>Beziehung</strong>en<br />
<strong>Beziehung</strong> lernen<br />
(März 2007)<br />
Viele Menschen sich nicht scheuen,<br />
Sich ewige Treue zu versprechen,<br />
Doch Versprochenes bald bereuen,<br />
Ihre Schwüre Leid schaffend brechen.<br />
So manifestiert sich für diese Paare<br />
<strong>Beziehung</strong>, gedacht für die Ewigkeit,<br />
Häufig als eine auf wenige Jahre<br />
Begrenzte Episo<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Lebenszeit.<br />
Warum wer<strong>de</strong>n so viele auf Dauer<br />
Dennoch füreinan<strong>de</strong>r Abonnent,<br />
Wenn mehr als die Hälfte sauer<br />
Und frustriert auseinan<strong>de</strong>r rennt?<br />
Warum suchen so viele <strong>de</strong>n Segen<br />
Einer auf ewig währen<strong>de</strong>n Liebe?<br />
Machen sie das alles nur wegen<br />
Ihrer wollüstig-gierigen Triebe?<br />
Wenn wir auf ewig lieben wollen,<br />
Sollten wir auch dazu fähig wer<strong>de</strong>n,<br />
Der Liebe volle Achtsamkeit zollen,<br />
Sie kompetent und wachsam er<strong>de</strong>n.<br />
Achtsam sollten wir Gefahren<br />
Unseres Scheiterns einbeziehen,<br />
Uns darüber rechtzeitig im Klaren<br />
Um Gefahrenabwehr bemühen.<br />
16
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Es ist nicht son<strong>de</strong>rlich hilfreich,<br />
Krisen im Leben zu verdrängen,<br />
Durch diesen Leichtsinn zugleich<br />
Unser Lebensglück zu verengen.<br />
Solch Verdrängen wird sich rächen.<br />
Wir müssen unnötig dafür sühnen.<br />
Können nur noch mit Schwächen<br />
Als schlechte Vorbil<strong>de</strong>r dienen.<br />
Lasst uns Krisen und Gefahren<br />
Hoffnungsvoll ins Auge blicken,<br />
Angesichts ihrer nicht erstarren,<br />
Uns dadurch nicht bedrücken.<br />
Alle Fehler, die wir sicher machen,<br />
Dann in heilen<strong>de</strong> Richtung weisen.<br />
Wenn wir lernend über sie lachen,<br />
Und wir Fehlerbereinigung preisen.<br />
Statt in Liebe miteinan<strong>de</strong>r zu leben,<br />
Wird laut o<strong>de</strong>r zischelnd gestritten,<br />
Weil kaum wer gelernt zu vergeben,<br />
Wird schweigend und streitend gelitten.<br />
Haben wir uns voneinan<strong>de</strong>r entfernt,<br />
Entwicklung und Klärung vermie<strong>de</strong>n,<br />
Wird, statt dass man aus Fehlern lernt,<br />
Sich meist lieber qualvoll geschie<strong>de</strong>n.<br />
O<strong>de</strong>r man bleibt sich fesselnd gebun<strong>de</strong>n,<br />
Lebt nörgelnd und greinend neben sich,<br />
Bis man nähren<strong>de</strong> Menschen gefun<strong>de</strong>n,<br />
Bis man sich lässt voll Skrupel in Stich.<br />
17
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Warum nur vermei<strong>de</strong>n so viele Paare<br />
So häufig das für sie heilen<strong>de</strong> Neue,<br />
Woran sie miteinan<strong>de</strong>r über die Jahre<br />
Reifend wachsen in lebendiger Treue?<br />
Entsteht Stillstand aus fehlen<strong>de</strong>r Kunst,<br />
Aus trotzig-ängstlicher Lernunfähigkeit<br />
O<strong>de</strong>r sind wir trotz bevorzugen<strong>de</strong>r Gunst<br />
Nicht bindungsfähig und bindungsbereit?<br />
Was macht es uns <strong>de</strong>nn so schwer,<br />
Gutes Miteinan<strong>de</strong>r alltäglich zu lernen,<br />
Dass so viele Menschen sich lieber eher<br />
Nicht lernend voneinan<strong>de</strong>r entfernen?<br />
Liegt das an <strong>de</strong>n wenig nutzbringen<strong>de</strong>n,<br />
Bis untauglichen Partnerwahlverfahren?<br />
Sollte man sich zum Wechsel zwingen,<br />
Um sich Dauerbeziehungen zu ersparen?<br />
Vielleicht können wir heutzutage nur<br />
Noch uns lieben für kurze Abschnitte.<br />
Doch dann lasst <strong>de</strong>n Ewigkeitsschwur!<br />
Keine unhaltbaren Versprechen, bitte!<br />
Dann muss man nicht mehr im Lan<strong>de</strong><br />
Ständig Treueversprechen brechen,<br />
Stellt sich we<strong>de</strong>r entehren<strong>de</strong> Schan<strong>de</strong><br />
Ein noch muss man Enttäuschung rächen.<br />
Dann ist man nur noch fragmentarisch<br />
Nur noch partiell aufeinan<strong>de</strong>r bezogen,<br />
Dann ist Nähe nur noch exemplarisch,<br />
Wird beim Fremdgehen nicht gelogen.<br />
18
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Für einen <strong>de</strong>rart überschaubaren<br />
Freud und Leid begrenzen<strong>de</strong>n Augenblick.<br />
Muss man sich nicht verbindlich paaren,<br />
Träumt keiner von Ehe und Dauerglück.<br />
Doch was brauchen von uns unsere Kin<strong>de</strong>r?<br />
Was ist für diese Kleinen <strong>Beziehung</strong>sglück?<br />
Was machen wir in <strong>de</strong>r Einsamkeit Winter,<br />
Ging ein Partner und kehrte nicht zurück?<br />
Wo verbleiben wir in seelischen Nöten,<br />
Wenn uns <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n wir brauchen, verlässt?<br />
Wer<strong>de</strong>n wir gramvoll uns psychisch töten,<br />
O<strong>de</strong>r feiern wir im Rollstuhl ein Singlefest?<br />
Ist Dauerbeziehung uns überhaupt möglich?<br />
Und wie bleiben wir frei und lebendig darin?<br />
Wie erneuern wir unsere Liebe alltäglich?<br />
Wie schaffen wir einen gemeinsamen Sinn?<br />
Was machen wir nur in <strong>Beziehung</strong>skrisen,<br />
Wenn verhakt wir nicht mehr weiter wissen?<br />
Machen wir Partner zu schuldigen Miesen?<br />
Muss einer für bei<strong>de</strong>r Unfähigkeit büßen?<br />
Viele Fragen stellt uns <strong>Beziehung</strong>sleben.<br />
Unzählige Alltagsprobleme kommen hinzu.<br />
Welche Antworten kann ich dir, Liebste, geben?<br />
Und welche Lösungen, Schatz, kennst du?<br />
Kommen wir an Grenzen, allein und zu zweit,<br />
Gelingt es uns dann, an<strong>de</strong>re einzubeziehen?<br />
O<strong>de</strong>r schämen wir uns <strong>de</strong>r Hilfsbedürftigkeit,<br />
Entschei<strong>de</strong>n wir uns aus Scham fürs Fliehen?<br />
19
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Ich möchte mich trotz all dieser Fragen,<br />
Auf dich für unbegrenzte Dauer einlassen,<br />
Möchte herzlich zu unserer Liebe Ja sagen,<br />
Dich zu endlosem Paartanz sacht umfassen.<br />
Mit dir zusammen will ich mehr sein als allein.<br />
Wenn wir im Tanze innere Grenzen erspüren,<br />
För<strong>de</strong>rn wir uns, machen wir uns nicht klein,<br />
Wenn wir uns entgrenzend ins Neue führen.<br />
Wenn wir merken, dass wir uns begrenzen,<br />
Gefähr<strong>de</strong>t, an <strong>Beziehung</strong>szirrhose zu lei<strong>de</strong>n,<br />
Lass uns alle Verpflichtungen schwänzen,<br />
Unterstützung holen, ehe wir uns schei<strong>de</strong>n.<br />
Wenn wir hilfreiche Unterstützung bekamen,<br />
Machen wir uns bereit, an<strong>de</strong>re zu unterstützen.<br />
Verbreiten wir <strong>de</strong>n Liebesbeziehungs-Samen.<br />
Keimen<strong>de</strong> Liebesblumen wer<strong>de</strong>n uns nützen.<br />
Unser beschei<strong>de</strong>ner Beitrag zu diesem Keimen,<br />
Sind I<strong>de</strong>en zum <strong>Beziehung</strong>sglück in Reimen.<br />
Wir hoffen, dass Sie für sich Anregungen fin<strong>de</strong>n,<br />
Entwe<strong>de</strong>r vorn, in <strong>de</strong>r Mitte o<strong>de</strong>r weiter hinten.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Einladung zur Suche<br />
(Mai 2007)<br />
Wissen über Liebe ist tief in uns versteckt.<br />
Intuition ist oft durch Konzepte ver<strong>de</strong>ckt.<br />
Traue dich ab heute. La<strong>de</strong> die Liebe ein.<br />
Einladungs-Rituale können Hilfe dir sein.<br />
Künste helfen beim Suchen von Wegen,<br />
Darum ist es hilfreich, Musen zu pflegen.<br />
Komm ins Sein mit musizieren und tanzen,<br />
Schau malend, dichtend Sosein im Ganzen.<br />
Von Menschen und Konzepten löse dich,<br />
Die dich nicht meinen, nur nutzen für sich.<br />
Sich vertrauensvoll Einlassen im Augenblick<br />
Ermöglicht erfüllen<strong>de</strong> Liebe, Lebensglück.<br />
Wenn wir uns tief in Begegnung einlassen,<br />
Wird in Hingabe Zeit und Raum verblassen.<br />
Alles um uns, in uns füllt sich mit Intensität,<br />
Wenn uns Liebe zur Verschmelzung einlädt.<br />
Tauchen wir ein ins innere Erfahrungsmeer,<br />
Begreifen wir materielle Außenwelt als leer.<br />
Sind wir wirklich zur Reise nach innen gewillt,<br />
Kann sein, dass uns Glück für immer erfüllt.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Das gemeinsame Dritte<br />
(Oktober 2007)<br />
<strong>Beziehung</strong> braucht zu ihrer Entfaltung<br />
Als Bezugspunkt das gemeinsame Dritte,<br />
Braucht zumin<strong>de</strong>st ein Projekt zur Gestaltung<br />
Zur Kristallisation <strong>de</strong>r <strong>Beziehung</strong>smitte.<br />
Mitte ist das, worin wir uns innerlich verbin<strong>de</strong>n,<br />
Was Gemeinsamkeit bil<strong>de</strong>nd zwischen uns steht,<br />
Diese Mitte gestaltend miteinan<strong>de</strong>r zu fin<strong>de</strong>n<br />
Verleiht Liebesbeziehung überdauern<strong>de</strong> Qualität.<br />
Mitten bil<strong>de</strong>nd kommen für uns in Frage<br />
Sicherlich niemals allein unsere Kin<strong>de</strong>r.<br />
Sie können durch <strong>Beziehung</strong>s-Sommer tragen,<br />
Tragen uns aber nicht durch Herbst und Winter.<br />
Was macht, dass wir tief im Inneren verbun<strong>de</strong>n,<br />
Ist sicherlich nicht allein unser aktives Tun.<br />
Denn was geschähe dann in <strong>de</strong>n Mußestun<strong>de</strong>n,<br />
In <strong>de</strong>nen unsere Aktivitäten zwangsläufig ruh`n?<br />
Wir können nicht ewig am Häuschen rumbauen,<br />
Maria und Kläuschen beim Wachsen zuschauen.<br />
Wir müssen doch auch mal innehalten können,<br />
Uns Zeiten zum Genießen und Schauen gönnen.<br />
Dieses bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dritte we<strong>de</strong>r Ruhm noch Ehre<br />
Noch etwas an<strong>de</strong>res Äußerliches wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Denn irgendwann einmal en<strong>de</strong>t je<strong>de</strong> Karriere,<br />
Vergeht je<strong>de</strong>r Jugend- und Schönheitswahn.<br />
Dauerglück in <strong>Beziehung</strong> kann niemand erreichen<br />
Über Anhäufung von Hab und Gut und Geld.<br />
Habt ihr jemals erlebt, dass bei all <strong>de</strong>n Reichen,<br />
Viel Geld die <strong>Beziehung</strong> besser zusammenhält?<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
An Paaren, die sich entfrem<strong>de</strong>nd zerstritten,<br />
Erkennt, wer wachsam hinsieht, irgendwann,<br />
Dass man ohne wirksam verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mitten<br />
<strong>Beziehung</strong>en we<strong>de</strong>r heilen noch retten kann.<br />
Es gibt in uns nur eine wirklich schlaue Instanz,<br />
Die uns unseren Weg zur <strong>Beziehung</strong>smitte weist,<br />
Die unserer <strong>Beziehung</strong> verleiht einen Dauerglanz,<br />
Diese Instanz in uns landläufig Seele heißt.<br />
Unsere Seele ist liebevoll, achtsam und weise,<br />
Ist Begleiter für uns auf lieben<strong>de</strong>r Lebensreise.<br />
Mach dich jetzt auf <strong>de</strong>n Weg und erforsche sie<br />
Die Weisheit <strong>de</strong>r Seele, die Psychosophie.<br />
Mit unseren Seelen können wir uns berühren,<br />
Wenn wir ein Leben in achtsamer Liebe führen.<br />
Unsere Seelenberührung ist das gesuchte Dritte,<br />
Die glücksbil<strong>de</strong>nd erschafft die verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mitte.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
<strong>Beziehung</strong>sfallen<br />
Abwärtsspiralen<br />
(September 2006)<br />
Wie waren die Wochen <strong>de</strong>r Verliebtheit doch schön.<br />
Da brauchte man sich nur in die Augen zu sehn,<br />
Schaute auf gül<strong>de</strong>ne Engel o<strong>de</strong>r stolze Galane,<br />
Verfiel berauschen<strong>de</strong>m Gleichschaltungs-Wahne:<br />
Ich weiß, was du fühlst, und du willst, was ich tu.<br />
Bin mit dir verschmolzen, fast genauso wie du.<br />
Ich liebe dich, schwöre dies mit Brief und Siegel.<br />
Ich sehe mich in dir, <strong>de</strong>nn du bist mein Spiegel.<br />
Dank dieser illusorischen Selbstbespiegelung<br />
Trübten Augen sich ein, Verstand wur<strong>de</strong> wund.<br />
Jedoch toben<strong>de</strong> Schmetterlinge in bei<strong>de</strong>r Bauch<br />
Die kreischten: Er liebt mich. Ich liebe ihn auch.<br />
So lange Verliebtheitshormone in ihnen tobten,<br />
Sie sich unverbrüchliche Liebe auf ewig gelobten.<br />
Nur wir wollen es dauerhaft miteinan<strong>de</strong>r treiben,<br />
Wollen lebenslänglich fest zusammen bleiben.<br />
Greifen Liebespaare zur Ehe als Sakrament,<br />
Schwören Treue sie, bis dass <strong>de</strong>r Tod sie trennt.<br />
Junge Verliebte schwören das meist ohne Not.<br />
Was be<strong>de</strong>utet schon, wenn man jung ist, <strong>de</strong>r Tod.<br />
Man klebt fest zusammen, ist geil, hat sich gern.<br />
Das Lebensen<strong>de</strong> scheint noch unendlich fern.<br />
Dank Harmoniesucht wird erahnbarer Konflikt<br />
Leichtfertig verdrängt o<strong>de</strong>r im Keime erstickt.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Doch jenseits Verliebtheits- und Überhöhungswahn<br />
Dämmert dumpf dunkles <strong>Beziehung</strong>selend heran,<br />
Worin man sich festfährt, allmählich verstrickt,<br />
So dass hol<strong>de</strong>s Paarspiel gründlich missglückt.<br />
Denn eines Tages, oh graus und au weia,<br />
Sind Schmetterlinge fort und zurück bleiben Eier.<br />
Wenn erst aus <strong>de</strong>n Eiern kriechen die Raupen,<br />
Wan<strong>de</strong>lt süße Verliebtheit sich in saure Trauben.<br />
Kommt <strong>de</strong>r Alltag zurück mit prägen<strong>de</strong>r Macht,<br />
Erschreckt aus Verliebtheitswahn man erwacht.<br />
Dann ist man zwar von Illusionitis genesen,<br />
Doch damit wird fremd auch das an<strong>de</strong>re Wesen.<br />
Wer ist diese Frau? Wer mag dieser Mann sein?<br />
Wieso fiel ich eigentlich auf diese Frau rein?<br />
Das darf doch nicht sein. Da stimmt doch was nicht.<br />
Wir zwei sind so menschlich und dabei so schlicht.<br />
Sie hat auch Fehler! Er greint oft und lei<strong>de</strong>t!<br />
Von meinem Wunschbild er sich unterschei<strong>de</strong>t,<br />
Das darf doch nicht sein! Was mache ich da bloß?<br />
Dies garstig-frem<strong>de</strong> Wesen, wie wer<strong>de</strong> ich es los?<br />
Ich erkenne auf einmal so vieles, was uns trennt.<br />
Wieso sie mich immer noch Liebling nennt?<br />
Höre ich sie re<strong>de</strong>n, mache die Augen ich zu,<br />
Denke ich bisweilen, vor mir blökt eine Kuh.<br />
Was ist das nur für ein saublö<strong>de</strong>r Mann,<br />
Der noch nicht einmal Wäsche legen kann.<br />
Seine Mutter hat ihn ganz schön verzogen.<br />
Mich hat er mit Liebesschwüren betrogen.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Ob Liebe stark genug ist, ob wirklich sie trägt,<br />
Zeigt sich erst, wenn an ihr grauer Alltag sägt.<br />
Statt Aufbruch, Klärung, Liebe, Entschie<strong>de</strong>nheit,<br />
Schleicht träge Routine sich ein mit Bitterkeit.<br />
Zumeist ist schlechter Gewohnheiten Zahn<br />
Viel härter als flüchtiger Verliebtheitswahn.<br />
Dann wird gekämpft, gezankt und gestritten.<br />
Wird <strong>de</strong>r Baum <strong>de</strong>s Vertrauens eingeschnitten.<br />
Scheinbar unversehens taucht sie auf, die Neue.<br />
Futsch ist Commitment, <strong>de</strong>r Schwur zur Treue.<br />
Verschwun<strong>de</strong>n sind gänzlich die guten Vorsätze.<br />
Moral wird mir egal, auch wenn ich dich verletze.<br />
Was macht es, wenn er bald zur nächsten rennt,<br />
In launischer Gier mit dieser und jener pennt.<br />
Doch trotz Jagdtrieb, Abwechslung, Sex ohne Maß.<br />
Macht Leben ohne Liebe auf Dauer kaum Spaß.<br />
Durch Misstrauen und Eifersucht wird provoziert,<br />
Durch Verschweigen und Fremdgehen schikaniert.<br />
In siechen<strong>de</strong>r <strong>Beziehung</strong> durch Alltag sich quält.<br />
Rin<strong>de</strong>streifen vom Stamm <strong>de</strong>r <strong>Beziehung</strong> schält.<br />
Bis kein Saft mehr zu welken<strong>de</strong>n Blättern treibt.<br />
Modrig-faulen<strong>de</strong>r Stamm schließlich übrig bleibt.<br />
Lässt man zu Verrotten, Verfaulen, Verwesen,<br />
Wie sollen Seele, <strong>Beziehung</strong> jemals genesen.<br />
Alles kein Grund, dass nicht weiter man macht,<br />
Bis <strong>de</strong>r Baum schließlich fällt, zersplittert, kracht.<br />
Ist <strong>de</strong>r faulen<strong>de</strong> Stamm vollends ausgehöhlt,<br />
Sind gemeinsame Stun<strong>de</strong>n zumeist gezählt.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Verzweifelt magst zum Therapeuten du rennen.<br />
Der rät: Solltest dich zu dir, zum Dasein bekennen.<br />
So kehre Liebe wahrscheinlich ins Leben zurück,<br />
Gewönne man Chancen für <strong>Beziehung</strong> im Glück.<br />
Du <strong>de</strong>nkst: „Über <strong>de</strong>rlei Tipps kann ich nur lachen.<br />
Wie soll <strong>de</strong>rlei mich je wie<strong>de</strong>r glücksoffen machen?<br />
Das mit Bekennen und Liebe ist doch nur Illusion.<br />
Eine gescheiterte <strong>Beziehung</strong>, die hatte ich schon.“<br />
Wie<strong>de</strong>r streust du dir Bittersalz in Seelenwun<strong>de</strong>n.<br />
Rennst rastlos weitere <strong>Beziehung</strong>slosigkeitsrun<strong>de</strong>n.<br />
Merkst innehaltend: „Alles wird letztlich zur Qual.<br />
Flüchtige Begegnungen wer<strong>de</strong>n flach, hohl, schal.“<br />
Eines Nachts fiel mir träumend die Frage ein:<br />
Könnte so etwas wie Liebe doch möglich sein?<br />
Vielleicht hatte <strong>de</strong>r Psycho-Klempner doch Recht.<br />
Ist Liebesbeziehung etwa das, was ich möcht’?<br />
Ich bin schon älter, komme allmählich in die Jahre.<br />
Habe <strong>de</strong>n Zenit überschritten, grau wer<strong>de</strong>n die Haare.<br />
Kann neu beginnend ich je gründlich zu lieben lernen,<br />
Enttäuschung und Frust aus <strong>de</strong>m Leben entfernen?<br />
Doch wer zeigt mir, wie ich hineinwachse ins Lieben,<br />
Wie ich lerne zu verbin<strong>de</strong>n meine Liebe mit Trieben?<br />
Mache ich Tantra? Gehe ich zur kundigen Nutte?<br />
Helfen Schamanen mir weiter o<strong>de</strong>r Mönche mit Kutte?<br />
Ich frage mich am besten durch diese Heilswelten.<br />
Lasse die Vielzahl <strong>de</strong>r Antworten gleichwertig gelten.<br />
Wer<strong>de</strong> nicht einen dieser Wege vorher ausgrenzen,<br />
Bis ich gefun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Liebesbeziehung Essenzen.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Partnerschaftsirrtümer<br />
(September 2007)<br />
Wir sind nicht Klötze aus Holz,<br />
Durch Liebe verklebt,<br />
Fest aneinan<strong>de</strong>r haftend,<br />
Solange man lebt.<br />
Liebe kommt nicht garantiert,<br />
Wenn man sie bestellt.<br />
Liebe wirkt nicht wie Kleister,<br />
Der ein Leben lang hält.<br />
Partnerschaft ist kein Getriebe<br />
Zwischen zwei Motoren.<br />
Ist nicht austauschbar,<br />
Geht was entzwei, verloren.<br />
Partner sind nicht gehalten<br />
Durch reparierbares Band.<br />
Man kann es nicht verknoten,<br />
Hält es nicht in <strong>de</strong>r Hand.<br />
Partnerschaft ist kein Brunnen,<br />
Aus <strong>de</strong>m man Freu<strong>de</strong> schöpft,<br />
Ist kein Schwein, das man mästet<br />
Und irgendwann lei<strong>de</strong>r köpft.<br />
Partnerschaft ist keine Bank,<br />
Auf <strong>de</strong>r Liebe Zinsen trägt,<br />
Kein Ofen, <strong>de</strong>n man befeuert,<br />
In<strong>de</strong>m man Glück zersägt.<br />
Kann Zweckgemeinschaft sein<br />
Von Lebenssinn-Erfin<strong>de</strong>rn.<br />
Ist hoffentlich nie Bündnis allein<br />
Zur Aufzucht von Kin<strong>de</strong>rn,<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Man darf, um in Liebe zu sein<br />
Sich nicht darauf beschränken,<br />
Bedürftigen Dritten allein<br />
Alle Zuwendung zu schenken.<br />
Partnerschaft wie eine Pflanze<br />
Zum Wachsen Wasser braucht,<br />
Jedoch verfault, wenn das Ganze<br />
Zu lange achtlos eingetaucht.<br />
Partnerschaft erlebt recht lang,<br />
Wer sich Achtung entgegen bringt,<br />
Ist vergleichbar <strong>de</strong>m Gesang,<br />
Der resonanzlos verklingt.<br />
Partnerschaft ist nicht konkret,<br />
Letztlich nicht zu begreifen.<br />
Ist Lebendigkeit, die vergeht,<br />
Wenn wir haltend versteifen.<br />
Partnerschaft Eigenleben führt,<br />
Kennt kein for<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>s Muss.<br />
Je mehr man kanalisiert,<br />
Desto wil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Fluss.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Lebendige <strong>Beziehung</strong><br />
(September 2007)<br />
In <strong>Beziehung</strong> lebendig zu bleiben, ist kein leichtes Spiel.<br />
Partnerschaften sind pflegeintensiv, störanfällig, fragil.<br />
Bleibt man aber im Fluss, balanciert man durchs Leben,<br />
Kann innige Partnerschaft stabilisieren<strong>de</strong> Stütze geben.<br />
Partner sein heißt führen, bisweilen auch verführen.<br />
Einan<strong>de</strong>r zu locken durch bislang verschlossene Türen.<br />
Partner sein heißt, sich jenseits aller Skepsis erlauben,<br />
Dem an<strong>de</strong>ren zu vertrauen, naiv an Gutes zu glauben.<br />
Partnerschaft ist Gemeinsamkeit jenseits von Zwingen.<br />
Nur in inniger Freiheit die Wonnen <strong>de</strong>r Liebe gelingen.<br />
Wenn wir einan<strong>de</strong>r liebend nichts Bestimmtes erwarten,<br />
Kann unsere Liebe niemals zum Frondienst entarten.<br />
Sollten wir uns vermei<strong>de</strong>nd für die Geliebten verbiegen,<br />
Bricht Partnerschaft zusammen o<strong>de</strong>r wird verfliegen.<br />
Wenn wir auf eigenen Vorteil statt auf Seelenheil sehen,<br />
Geht Amor seines Weges, bleibt nicht länger stehen.<br />
Partnerschaft ist mehr als bezogen zusammen zu sein,<br />
Räumt gelingend reiche Chancen zu Wachstum ein.<br />
Partnerschaft, gedacht als Entwicklungsgemeinschaft,<br />
Verleiht Ich-Grenzen sprengend Halt geben<strong>de</strong> Kraft.<br />
Partnerschaft vertraut, dass man sie nicht beschmutzt,<br />
Einan<strong>de</strong>r nicht als Objekte <strong>de</strong>r Selbstgeltung benutzt.<br />
Unsichtbar zwischen uns stehend als verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mitte,<br />
Erscheint Partnerschaft als das schwer fassbare Dritte.<br />
Zuneigung braucht zum Überdauern verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Kern.<br />
Auf Dauer reicht die Bekenntnis nicht: Ich hab dich gern.<br />
So sehr und so schön man sich Liebe einan<strong>de</strong>r beteuert,<br />
Es bedarf <strong>de</strong>r Kraft, in <strong>de</strong>r Liebe sich wan<strong>de</strong>lnd erneuert.<br />
30
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Diese Kraft können wir nicht von an<strong>de</strong>ren stehlen.<br />
Diese Kraft fin<strong>de</strong>n wir nur innen, in unseren Seelen.<br />
Diese Kraft entwickelt sich, wenn wir Zeiten einräumen,<br />
In <strong>de</strong>nen wir still wer<strong>de</strong>n im Kontakt mit <strong>de</strong>n Träumen,<br />
In <strong>de</strong>nen wir aufbrechen zur mutigen Reise nach innen,<br />
Suchend, schauend uns auf die Bestimmung besinnen.<br />
In <strong>de</strong>nen wir hineinwachsen in tragen<strong>de</strong>n Lebenssinn,<br />
Akzeptierend: Es reicht, wenn du bist und ich bin.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Starr und unbalanciert<br />
(September 2007)<br />
Da glaubt man, man habe sich in Liebe gefun<strong>de</strong>n,<br />
Sich zwecks Partnerschaft aneinan<strong>de</strong>r gebun<strong>de</strong>n.<br />
Sehnt sich nach Erfüllung, Intimität und Vergnügen.<br />
Möchte we<strong>de</strong>r sich selbst noch <strong>de</strong>n Partner betrügen.<br />
Man schwingt sich voll <strong>de</strong>r Wonne aufeinan<strong>de</strong>r ein.<br />
Was auf Er<strong>de</strong>n kann schöner als Eintracht sein?<br />
Anfangs sieht man nur auf Einheit und Harmonie.<br />
Dann stören Unterschie<strong>de</strong>, die man bisher verzieh.<br />
Wer Fremdheit und Vertrautheit nicht ausbalanciert,<br />
Einan<strong>de</strong>r in Unterwerfung o<strong>de</strong>r Zerwürfnis verliert.<br />
<strong>Beziehung</strong>en en<strong>de</strong>n im Elend und bringen Leid,<br />
Wenn zu viel Unterschied ist o<strong>de</strong>r Gemeinsamkeit.<br />
Wer nur Harmonie ins Zentrum <strong>de</strong>r <strong>Beziehung</strong> stellt,<br />
Erreicht, dass Gemeinsamkeit in sich zusammen fällt.<br />
Wer sich auf kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert,<br />
Macht, dass Zusammensein zirrhotisch wird, kollabiert.<br />
Wer jedoch An<strong>de</strong>rssein und Unterschie<strong>de</strong> überbetont,<br />
Lieber mit sich als mit Geliebten zusammen wohnt,<br />
Versäumt wechselseitiges Wachsen in vertrauter Nähe,<br />
Lernt nie Alltag vertrauen<strong>de</strong>s Klimmen in Liebeshöhe.<br />
Warum nur Wenige lange glücklich zusammenfin<strong>de</strong>n?<br />
Aus Angst, sich entschie<strong>de</strong>n zu trennen, zu bin<strong>de</strong>n.<br />
Enttäuschung abwehrend einseitig in <strong>de</strong>r Lebenssicht,<br />
Erkennen die Mitte sie von Eigensinn und Bindung nicht.<br />
Manche können durchgehen<strong>de</strong> Nähe nicht ertragen,<br />
Können nähephobisch nicht ja zum an<strong>de</strong>ren sagen.<br />
Behalten sich vorbehaltlich eine Hintertür offen,<br />
Aus <strong>de</strong>r sie, wird es eng, zu entschlüpfen hoffen.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Manche ängstigt es, allein mit sich einsam zu sein.<br />
Lassen sich darum auf nicht nähren<strong>de</strong> Partner ein.<br />
Ordnen sich herrschbedürftigen an<strong>de</strong>ren unter.<br />
Beherrscht gramvoll eng statt offen und munter.<br />
Im Herrschaftsgefälle erstarrt je<strong>de</strong> Partnerschaft,<br />
Rauben Unterwerfen und Unterdrücken Lebenskraft.<br />
Vitalität geht verloren, wenn man sein Leben fixiert<br />
Und ein Dasein entgegen <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung führt.<br />
Viele meinen von sich, nichts wirklich wert zu sein,<br />
Und lassen sich auf eine einseitige <strong>Beziehung</strong> ein.<br />
Statt ausgewogen zu sein im Geben und Nehmen,<br />
Geben Sie sich hin, weil sie sich ihrer schämen.<br />
Sind <strong>Beziehung</strong>en jedoch starr und unbalanciert,<br />
Wen wun<strong>de</strong>rt, wenn dabei nicht Neues passiert?<br />
Wen wun<strong>de</strong>rt, wenn Glück in Erschöpfung versinkt<br />
Und Liebe gelangweilt im Alltag ertrinkt?<br />
Paarsein ist nicht mehr das überraschen<strong>de</strong> Geile,<br />
Son<strong>de</strong>rn nur noch Verdruss, Pflicht, Langeweile.<br />
So ist Gemeinsamsein kein Zustand, <strong>de</strong>r beglückt,<br />
Son<strong>de</strong>rn wird quälen<strong>de</strong> Enge, in <strong>de</strong>r man erstickt.<br />
Starr beharrend auf überholter Pose und Position<br />
Gerät man schleichend in freudlose Stagnation,<br />
Verliert dabei Pioniergeist und lebendige Lust,<br />
Früh vergreisend sich seiner selbst unbewusst.<br />
Wenn <strong>de</strong>rart Paare unwillentlich Elend erbauen,<br />
Verschwin<strong>de</strong>t in Partner und in sich Vertrauen.<br />
Wer Wan<strong>de</strong>l vermei<strong>de</strong>nd Atem gedrosselt hat,<br />
Sehnt sich heimlich nach Freiheit, hat Bindung satt.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Doch statt sich aus erkalteter Klammerung zu lösen<br />
Tun viele, als sei alles okay, sei nie was gewesen.<br />
Können sich nicht loseisen aus toter <strong>Beziehung</strong> Kühle,<br />
Weil sie sich ängstigen vor mächtigem Schuldgefühle.<br />
So re<strong>de</strong>n sie sich und an<strong>de</strong>ren ein, alles sei in Butter,<br />
Verklemmt im Joch <strong>de</strong>s I<strong>de</strong>albil<strong>de</strong>s Vater und Mutter.<br />
Ungläubig, dass <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re sich jetzt trennen kann,<br />
Wähnen sie sich unersetzlich als Frau o<strong>de</strong>r Mann.<br />
<strong>Beziehung</strong>en verlieren an Spannung, wer<strong>de</strong>n trübe,<br />
Wenn wer zu leben verzichtet <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren zu Liebe.<br />
Im <strong>Beziehung</strong>sgefälle wird <strong>de</strong>r Gefallene zur Last,<br />
Wird unattraktiv mit <strong>de</strong>r Haltung: Wenn du nur hast.<br />
Wer sich selbst liebt, zufrie<strong>de</strong>n ist mit seinem Sein,<br />
Lässt sich in Freiwilligkeit auf seinen Partner ein.<br />
Nur wer sich mag, braucht an<strong>de</strong>re nicht als Krücke,<br />
Als Füllmasse zum Stopfen <strong>de</strong>r Lieblosigkeitslücke.<br />
Wir nähren unsere Liebe mit Küssen, nicht mit Blut,<br />
Partner aussaugen zu müssen, tut sicher nicht gut.<br />
In lebendiger Partnerschaft lieben sich immer vier.<br />
Liebt ein je<strong>de</strong>r sich selbst, entsteht kraftvolles Wir.<br />
So wächst aus sich öffnen<strong>de</strong>r Eigenliebe heraus,<br />
Ein wun<strong>de</strong>rvoll wärmen<strong>de</strong>r Partnerschafts-Strauß.<br />
So wie Wellen wild und sanft schwingen im Meer,<br />
Schwingt Liebe vom Kern nach außen, hin und her.<br />
Sich lieben, <strong>de</strong>n Partner lieben und geliebt wer<strong>de</strong>n.<br />
Mit so viel <strong>de</strong>r Liebe la<strong>de</strong>n wir Glück ein auf Er<strong>de</strong>n.<br />
So viel Liebe macht fließend, erfin<strong>de</strong>risch und frei,<br />
Macht, dass wir uns liebenswert erleben täglich neu.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Neurotisch<br />
(Mai 2008)<br />
Neurose ist Gefängnis aus virtuellen Gitterstäben,<br />
In das wir uns mit angstvoller Phantasie begeben.<br />
Dort, wo die Neurosen ungebremst in uns toben,<br />
Teilen wir zwangsweise ein in ein Unten und Oben.<br />
Neurotisch, wer Wünsche und sein Elend projiziert,<br />
Sich im Aufwerten und Verachten an<strong>de</strong>rer verliert.<br />
Auch wenn die Erkenntnis manch Denker empört:<br />
Wer sich vertikal einordnet, ist narzisstisch gestört.<br />
Neurotisch, wer hauptsächlich an an<strong>de</strong>re <strong>de</strong>nkt,<br />
Eigener Bedürftigkeit kaum Beachtung schenkt.<br />
Ich bin nicht so wichtig, also lebe ich über dich.<br />
Wer ich bin, was ich brauche, das weiß ich nicht.<br />
Neurotisch ist, wer Selbstwert über an<strong>de</strong>re erfährt,<br />
Selbstlosigkeit <strong>de</strong>r Theresas und Gandhis verehrt,<br />
Du bist alles. Doch ich bin beson<strong>de</strong>rs, bin nichts,<br />
Heißt <strong>de</strong>r Vers ihres sinngeben<strong>de</strong>n Lebensgedichts.<br />
Neurotisch, wer statt mutig zu han<strong>de</strong>ln stets grübelt,<br />
Mutigen ihre misslungenen Experimente verübelt.<br />
Wer wenig ausprobiert, statt<strong>de</strong>ssen viel re<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>nkt,<br />
Chancen für glücklich erfüllen<strong>de</strong>s Leben verschenkt.<br />
Neurotisch, wer erstarrend inneren Wan<strong>de</strong>l abwehrt,<br />
Traditionsverhaftet über Neues, Frem<strong>de</strong>s beschwert,<br />
Wer sich verschanzend hinter damals, wir und man,<br />
Kein selbstverantwortliches Leben genießen kann.<br />
Unsere Neurosen sind schlau und harte Brocken,<br />
Wollen gern an<strong>de</strong>re zu sich ins Gefängnis locken,<br />
Möglichst je<strong>de</strong>n in ihr Trugbild-System entführen,<br />
Um traute Neurose-Gewohnheit nicht zu verlieren.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Neurosen scheuen offensichtliche Selbstkundgabe.<br />
Nähren sich von heimlichtuerischem Abwehrgehabe.<br />
Leben von Schlaumeierei und Über-an<strong>de</strong>re-Re<strong>de</strong>n.<br />
Wer<strong>de</strong>n Klärung und Verän<strong>de</strong>rung heftig befeh<strong>de</strong>n.<br />
Wir können <strong>de</strong>n Neurosen wirksam zu Leibe rücken,<br />
In<strong>de</strong>m wir uns ausdrückend mit Augen an<strong>de</strong>rer blicken.<br />
Achtsam freundlich zeigend, wie wir uns inszenieren,<br />
Können wir uns gemeinsam han<strong>de</strong>lnd entneurotisieren.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Neurosetest<br />
(Oktober 2006)<br />
Ob wir krank in <strong>de</strong>r Psyche o<strong>de</strong>r seelisch gesund<br />
Entschei<strong>de</strong>n wir nicht gern, da uns Maßstäbe fehlen.<br />
Wir haben Angst vor Neurosen und vor <strong>de</strong>r Angst und<br />
Wollen uns lieber aus Selbstverantwortung stehlen.<br />
Dabei ist unsere Angst vor Neurose ziemlich idiotisch.<br />
Da ist kaum ein Mensch, <strong>de</strong>r frei von Neurosen lebt.<br />
Angst vor Verrücktsein macht erst recht neurotisch,<br />
Weil bei Irrsinnsangst die Störung fester an uns klebt.<br />
Viele Menschen glauben, sie brauchen keine Therapie.<br />
Sie glauben, nicht hinreichend neurotisch zu sein.<br />
Gönnen Sie sich folgen<strong>de</strong>n Selbsttest o<strong>de</strong>r lassen Sie<br />
Sich am besten sogleich auf Coaching <strong>de</strong>r Seele ein.<br />
Nur wenn Sie zu realistischer Einschätzung fin<strong>de</strong>n,<br />
Akzeptieren, wo sie einst seelisch zu kurz gekommen,<br />
Können Sie Hoffnung getragen Defizite überwin<strong>de</strong>n,<br />
Können Fackeln brennen, wo Tranfunzeln glommen.<br />
Sie sind neurotisch, wenn Sie<br />
1. in Traditionen und Konventionen erstarrt,<br />
Verbittert, verbiestert, verknittert und muskulär hart.<br />
2. Sinne nicht merken, Gefühle nicht spüren,<br />
Ihr Leben ausschließlich vom Verstan<strong>de</strong> her führen.<br />
3. im Elend sind und schrecken doch zurück<br />
Vor Wan<strong>de</strong>l im Leben und vor unbekanntem Glück.<br />
4. Neues und möglicherweise Gutes mei<strong>de</strong>n,<br />
Lieber unter alten, schlechten Gewohnheiten lei<strong>de</strong>n.<br />
5. statt sich entspannt und gelöst hinzugeben<br />
Ihr Sein in einengen<strong>de</strong>n Zwängen und Pflichten leben.<br />
6. programmiert, nachzufolgen düsteren Ahnen,<br />
O<strong>de</strong>r ständig auf wünschenswerte Zukunft hin planen.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
7. so gern von an<strong>de</strong>ren geliebt wer<strong>de</strong>n wollen,<br />
Doch sich als nicht liebenswert kaum Beachtung<br />
zollen.<br />
8. sich aus Mangel an Selbstliebe vermei<strong>de</strong>n,<br />
Mit überzogenem Anspruch an Ihren Defiziten lei<strong>de</strong>n.<br />
9. statt in <strong>de</strong>n Fluss <strong>de</strong>s Erlebens zu gehen,<br />
Ersatzweise Stars und Idolen beim Leben zusehen.<br />
10. Liebessehnsucht mit Konsum verwechseln<br />
Um sich eine Scheinwelt voll Wertsachen drechseln.<br />
11. großen Reichtum in sich nicht erkennen,<br />
Statt <strong>de</strong>ssen schuftend äußerem Erfolg nachrennen.<br />
12. festhaltend Status und Sicherheit anstreben<br />
In einem <strong>de</strong>m Wesen nach zumeist unsicheren Leben.<br />
13. durch Funktionsmasken und äußere Stärken<br />
Die diese grün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schwächen nicht merken.<br />
14. sich zu Entscheidung und Handlung zwingen,<br />
Von <strong>de</strong>nen Sie ahnen, dass die nicht weiter bringen.<br />
15. unbemerkt Selbsthass nach außen projizieren,<br />
Ihren Kampf gegen wohlmeinen<strong>de</strong> Menschen führen.<br />
16. sich ständig kämpfend ans Kämpfen gewöhnen,<br />
Nicht mehr in <strong>de</strong>r Lage sind, sich zu versöhnen.<br />
17. glauben, mit medizinischer Hilfe lange zu leben,<br />
Gedanken an Sterben keinen Raum in sich geben.<br />
18. aus Angst vor <strong>de</strong>m Sterben ganz von Sinnen<br />
Bisher nicht, obwohl lebendig, zu Leben beginnen.<br />
19. Möglichkeiten ausklammern, auch Seele zu sein,<br />
Statt sich im Seelenkontakt vom Elend zu befrein.<br />
20. Ihre Sinnsuche im Leben verleugnend so tun,<br />
Als könne man auch ohne Sinn in sich ruh’n.<br />
21. nicht mutig sind und nicht einzusehen bereit,<br />
Dass realistische Einschätzung von Neurosen befreit.<br />
Haben Sie min<strong>de</strong>stens fünf <strong>de</strong>r zwanzig Neurose-I<strong>de</strong>en<br />
Für sich als be<strong>de</strong>utsam erkannt, mit Häkchen versehn,<br />
Dann wird es Zeit, dass Sie mit Fachleuten sprechen<br />
Sich erlauben mit Dogma „Hilf dir selbst!“ zu brechen.<br />
38
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Eine schlimme Neurose ist die, wenn Mensch glaubt,<br />
Dass er sich hilfsbedürftig die Existenzbasis raubt.<br />
Je<strong>de</strong>r weiß: Autos müssen alle zwei Jahre zum TÜV,<br />
Dass Fachmensch Sicherheit und Fahrtüchtigkeit prüf.<br />
Erlauben Sie, zum Seelen-Fachmenschen zu gehen,<br />
Lebenstüchtigkeit zu überprüfen, sich zu verstehen.<br />
Gönnen Sie sich ab und an <strong>Beratung</strong>sstun<strong>de</strong>n,<br />
Bis Sie mehr Energie, Glück und Liebe gefun<strong>de</strong>n.<br />
39
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Humor befreit<br />
(Januar 2007)<br />
Gestört im Seelenkontakt sind wir fast alle,<br />
Kaum ein Weg führt an Seelenelend vorbei.<br />
Verloren schmoren wir in <strong>de</strong>r Neurosenfalle,<br />
Auf dass das Leben nur nicht zu einfach sei.<br />
Wir suchen traumwan<strong>de</strong>lnd bekanntes Elend,<br />
Vermei<strong>de</strong>n zugleich gezielt unbekanntes Glück.<br />
Wir halten viel zu lange fest am Alten quälend<br />
Und schrecken vor Neuem ängstlich zurück.<br />
Mit schlechten Gewohnheiten gehen wir huren.<br />
Angesichts <strong>de</strong>s Frem<strong>de</strong>n wir kläglich verzagen.<br />
Wir verharren in überkommenen Strukturen,<br />
Statt <strong>de</strong>n fälligen Sprung ins Leben zu wagen.<br />
Stell dir einmal vor, wir wären hier die „Netten“,<br />
Die alle <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Schwächen nicht hätten:<br />
Zwänge, Panikattacken und an<strong>de</strong>re Neurosen,<br />
Angst vor Sterben, vor Irrsinn und Psychosen,<br />
Nicht eine <strong>de</strong>r gemeinen Persönlichkeitsseiten,<br />
Befreit von zahllosen Unvollkommenheiten,<br />
Wären ohne Konkurrenz- und Intrigengehabe,<br />
Hätten keine Verantwortung-von-uns-weise-Gabe,<br />
Hätten nicht einmal Scham- und Schuldgefühle,<br />
Kein Im-Elend-und-Selbstmitleid-Rumgewühle,<br />
Keine Gefallsucht, garniert mit Eitelkeiten,<br />
Keine Dumm- und Borniertheiten beizeiten,<br />
Nicht Fehleinschätzung noch Größenwahn,<br />
Nicht Geschlechterkrisen als Frau und Mann,<br />
We<strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rwertigkeit als Selbstwertkomplex<br />
Noch Störungen beim seltener wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Sex,<br />
40
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Lebten nur Im Jetzt, nie im Gestern und Morgen,<br />
Wären bar überflüssiger, übermächtiger Sorgen,<br />
Es fehlte uns jeglicher Hang zur Ungerechtigkeit,<br />
Wir hätten niemals Probleme mit Alter und Zeit,<br />
Wären unbehelligt von Sado-Masochismen,<br />
Vermie<strong>de</strong>n alle Ignoranz und Irrationalismen,<br />
Verzichteten auf Eifer- und Selbstdarstellungssucht,<br />
Hätten nie unsere Schwächen als Stärken verbucht,<br />
Lebten ohne Gieraffen und Sehnsuchtsratten,<br />
Schauen unverzerrt ohne Wahrnehmungsschatten,<br />
Kennen nicht Herzensenge noch Handlungszwänge,<br />
Brauchten we<strong>de</strong>r Moral noch überzogene Strenge,<br />
Wür<strong>de</strong>n niemals verwechseln Sein und Haben,<br />
Wären nicht fixiert auf Geld, Gut und Gaben,<br />
Wären nicht verfangen in Sollen-Wollen-Verstrickung,<br />
Fühlen uns nicht berufen zur Menschheits-Beglückung.<br />
Wie könnten wir dabei nur Humor entfalten,<br />
Vor Lachen über uns uns die Bäuche halten?<br />
Wir brauchen die Macken, das Blö<strong>de</strong>, die Faxen!<br />
Woran sollte sonst unsere Liebe wachsen?<br />
Wer Humor hat, <strong>de</strong>r kann viel leichter verzeihen.<br />
Humor hilft, uns von falschen Ratgebern befreien:<br />
Wer Humor hat, braucht selten, ist das nicht toll,<br />
Nachtragerei, Zorn und Zank mit geifern<strong>de</strong>m Groll.<br />
Wer nachträgt und grollt, sich im Inneren zersetzt,<br />
Sich selbst und auch an<strong>de</strong>ren das Leben verätzt.<br />
Entschei<strong>de</strong> dich: Willst du humorvoll dich reinigen<br />
O<strong>de</strong>r mit Zorn und Moral dich und an<strong>de</strong>re peinigen?<br />
41
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Wir müssen einan<strong>de</strong>r we<strong>de</strong>r quälen noch frusten.<br />
Wacher Humor löst Verdruss und an<strong>de</strong>re Krusten.<br />
Weitere Reinigungsmittel hat Mensch stets besessen:<br />
Bereuen, sich entschuldigen, schließlich vergessen.<br />
Wie könnten wir glück- und friedlich zusammen leben<br />
Ohne Humor mit Verzeihen, Vergessen, Vergeben?<br />
Vergib dir, <strong>de</strong>inen Peinigern, bitte du um Verzeihung.<br />
Erfahre, von erlösen<strong>de</strong>r Liebe durchflutet, Befreiung.<br />
42
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Oben-Unten-Falle<br />
(Mai 2007)<br />
Er:<br />
Bitte bewun<strong>de</strong>re mich,<br />
Sieh mich als <strong>de</strong>in Held,<br />
Weil darin mein Ego sich<br />
Sonnt und gut gefällt.<br />
Sie:<br />
Mein Mann ist ziemlich klug.<br />
Dafür ich ihn bewun<strong>de</strong>r’.<br />
Doch nur solang er klug genug,<br />
Ordne ich mich unter.<br />
Er:<br />
Sollte ich nicht genügen,<br />
Fin<strong>de</strong>t sie mich beknackt.<br />
Muss notfalls ich sie belügen,<br />
Dass sie Koffer nicht packt.<br />
Sie:<br />
Er gibt <strong>de</strong>n Weg mir an,<br />
Ich trotte brav hinterher,<br />
Wird Weg beschwerlich, dann<br />
Ich mich bitter beschwer.<br />
Bin recht unterlegen ihm,<br />
Fühl mich dumm und naiv.<br />
Darum wird nicht verzieh’n,<br />
Geht seinetwegen was schief.<br />
Habe ich ihn über mir, kann<br />
Legitim ich ihn bekämpfen.<br />
Wer<strong>de</strong> seinen Größenwahn<br />
Mit meinen Mitteln dämpfen.<br />
43
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Kriege ich ihn klein dadurch,<br />
Nenne ich ihn Flasche.<br />
Waschlappen voller Furcht<br />
Stecke ich in die Tasche.<br />
Er:<br />
Was ist eigentlich los mit ihr,<br />
Seit kurzem stellt sie Fragen.<br />
Suche lieber Frauen mir,<br />
Die das nicht wagen.<br />
44
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Nähe-Distanz-Falle<br />
(Mai 2007)<br />
Er:<br />
Möchte mich mit einer Frau verbin<strong>de</strong>n,<br />
Und mit ihr eine heile Familie grün<strong>de</strong>n.<br />
Doch erlebe ich auch Panik oh wehe,<br />
Kommen Frauen mir zu eng in die Nähe.<br />
Natürlich habe ich Sehnsucht nach Glück,<br />
Doch vor zuviel Nähe schrecke ich zurück.<br />
Frauen, die lieben, müssen sich begnügen,<br />
Mit <strong>de</strong>m, was sie von mir an Nähe kriegen.<br />
Sie:<br />
Immer dann, wenn ich mit ihm schlief,<br />
Erfuhr ich seine sehnen<strong>de</strong> Liebe tief.<br />
Doch wenn ich ihn ansonsten berühre,<br />
Ich heftig seine Zurückweisung spüre.<br />
Er will mich Tag und Nacht nicht missen,<br />
Zugleich irgendwie von mir nichts wissen.<br />
Ohne Berührung bin ich nicht bezogen,<br />
Durch fehlen<strong>de</strong> Nähe um Liebe betrogen.<br />
Er liebt mich anscheinend dann nur,<br />
Wenn ich ihm fern bin und ihm fehle.<br />
Solch Distanziertheit ist eine üble Tortur,<br />
Für meine viel Nähe ersehnen<strong>de</strong> Seele.<br />
Ohne berühren<strong>de</strong> Nähe bin ich mir fremd,<br />
Verängstigt, verschüchtert und gehemmt.<br />
Selbst über inniges sexuelles Beisammensein<br />
Kann ohne Alltagsnähe ich mich nicht freu’n.<br />
45
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Er:<br />
Früher war sie doch nicht so gehemmt,<br />
Jetzt wirkt sie auf mich fast wie verklemmt.<br />
Sie sagt, sie braucht zu ihrer Verführung,<br />
Viel Nähe am Tage und viel Berührung.<br />
Doch <strong>de</strong>rlei Berührung, die ist mir ein Graus,<br />
Das halte ich an Kopf und Körper nicht aus.<br />
Wieso will sie sich nicht damit zufrie<strong>de</strong>n geben,<br />
Dass wir einträchtig nebeneinan<strong>de</strong>r leben?<br />
46
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Dauer-Wechsel-Falle<br />
(Mai 2007)<br />
Er:<br />
Als ich sie kennen lernte war ich fasziniert,<br />
Wie sie mich mit ihrem Charme hat verführt.<br />
Und wie gut es ihr zu Gesichte steht,<br />
Ihr greller Outfit und ihre Spontaneität.<br />
Sie:<br />
Der Kerl wirkte beruhigend soli<strong>de</strong> und stoisch.<br />
Den mir zu erobern fand ich äußerst heroisch.<br />
Ich für mich so was recht gut gebrauchen kann,<br />
Einen richtig zuverlässigen, standhaften Mann.<br />
Er:<br />
Nach<strong>de</strong>m wir nun länger zusammen sind,<br />
Kommt sie mir vor wie ein Blatt im Wind.<br />
Ich bin ganz verwirrt und total geschafft,<br />
Wie getrieben sie ist, unstet und flatterhaft.<br />
Was gestern Tabu war, erscheint ihr heute legal.<br />
Verbindlichkeit und Berechenbarkeit ist ihr egal.<br />
Menschen, die nicht <strong>de</strong>utlich ja o<strong>de</strong>r nein sagen,<br />
Konnte ich eigentlich noch nie länger ertragen.<br />
Sie:<br />
Ich weiß, er ist ehrlich und auch nicht blö<strong>de</strong>,<br />
Aber irgendwie ist unser Zusammensein ö<strong>de</strong>.<br />
Dabei wäre alles einfach, wenn er es liebt,<br />
Mit mir das zu leben, was sich spontan ergibt.<br />
Wir könnten von Augenblick zu Augenblick springen,<br />
Mal lachen, mal weinen, mal tanzen, mal singen.<br />
Doch er dies Bedürfnis anscheinend nicht versteht,<br />
Spricht dauernd von Verlässlichkeit und Kontinuität.<br />
47
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Ihm zu Liebe habe ich mich zu Ordnung gezwungen.<br />
Doch lei<strong>de</strong>r ist mir dies nur recht wi<strong>de</strong>rwillig gelungen.<br />
Fühle mich dadurch gebun<strong>de</strong>n, verwahrt, getrieben.<br />
Mag in solch engen Fesseln nicht leben und lieben.<br />
Er:<br />
Sie spricht davon, dass ich sie in einen Käfig sperre,<br />
Dass ich durch mein For<strong>de</strong>rn das Glück ihr verwehre.<br />
Ich bin doch kein Unmensch, warum sieht sie nicht ein:<br />
Ein gewisses Maß Zuverlässigkeit muss einfach sein.<br />
48
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Pflichtfalle<br />
(Mai 2007)<br />
Wie gut es mir tut, dass ich von dir weiß.<br />
Wie sehr du geprägt durch Pflicht und Fleiß.<br />
So brauche ich eigentlich nichts anzufassen.<br />
Kann mich auf <strong>de</strong>inen Räumtrieb verlassen.<br />
Ist <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n schmutzig, die Wanne speckig,<br />
Dir allein erscheint so was zuerst als dreckig.<br />
Du putzt und wischt dir <strong>de</strong>n Rücken krumm,<br />
Ich jedoch kümmere mich einfach nicht darum.<br />
Habe ich vergessen, meine Arbeit zu planen,<br />
Gibt es noch dich. Du wirst mich schon mahnen.<br />
Mir ist, als könnte ich nicht lesen noch schreiben,<br />
Darf unwissend frei von Verantwortung bleiben.<br />
Und stolpere ich mitten hinein in eine Krise,<br />
Was macht das schon, du meisterst ja diese.<br />
Da brauche ich dich gar nicht lange zu drängen.<br />
Bleibe abwartend ich, du lässt mich nicht hängen.<br />
Doch verlangst du von mir, ich solle mich regen,<br />
Dann bin ich empört und sage: Von wegen,<br />
So willst du mich scheint’s nur entmündigen.<br />
Du zwingst mich, dir innerlich zu kündigen.<br />
Das mit <strong>de</strong>r Pflicht, <strong>de</strong>m Fleiß, <strong>de</strong>m Bücken<br />
Machst du doch nur, um zu unterdrücken.<br />
Willst du mich in Verantwortung zwingen,<br />
Verweigere ich mich. Es wird dir nichts bringen.<br />
Du siehst daran: Ich habe die Peilung<br />
Und sorge mich um unsere Arbeitsteilung.<br />
Bitte än<strong>de</strong>re nichts, mach keinen Scheiß,<br />
Bleibe lieber gefangen in Pflicht und Fleiß.<br />
49
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Paarberatung<br />
Klischee:<br />
Männer fühlen und re<strong>de</strong>n wenig<br />
(Dezember 2006)<br />
Sie:<br />
Woran soll ich erahnen,<br />
Ob mein Mann mich liebt,<br />
Wenn er es nicht wortreich<br />
Zu erkennen gibt?<br />
Re<strong>de</strong>t kaum mit mir<br />
Über belanglose Dinge,<br />
Äußert sich fast nur,<br />
Wenn ich ihn dazu zwinge.<br />
Wür<strong>de</strong> er doch nur mal<br />
Von sich aus was sagen!<br />
Müsste ich nicht alles<br />
So mühsam erfragen!<br />
Wenn ich nicht<br />
Mit ihm re<strong>de</strong>n kann,<br />
Rufe ich eben<br />
Meine Freundin an.<br />
Sieh dir doch mal<br />
Meinen Männe an,<br />
Der zwar gut han<strong>de</strong>ln,<br />
Aber kaum re<strong>de</strong>n kann.<br />
In seiner Gefühlswelt<br />
Ist er vollkommen verklemmt,<br />
Beim Darüber-Sprechen<br />
Entsetzlich gehemmt.<br />
50
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Er spricht kaum mit mir.<br />
Ist wie<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Haus.<br />
Ich drehe bald durch.<br />
Ich halt es nicht mehr aus.<br />
Wir för<strong>de</strong>rn Entfremdung,<br />
Zerstören Verstehen,<br />
Wenn wir uns ständig<br />
Aus <strong>de</strong>m Wege gehen.<br />
Ich wer<strong>de</strong> ihn heute<br />
Damit konfrontieren.<br />
Dann wird er, ich hoffe,<br />
Meine Sorgen kapieren.<br />
Er kann sonst auch re<strong>de</strong>n,<br />
Ist doch kein Depp.<br />
Ich drohe ihm, dass ich<br />
Zur <strong>Beratung</strong> ihn schlepp.<br />
Ich spüre seine Ängste<br />
Höre ihn schon schrein:<br />
Therapie habe ich nicht nötig.<br />
Geh dahin doch allein.<br />
Doch was soll das,<br />
Wenn ich zur <strong>Beratung</strong> lauf<br />
Und er än<strong>de</strong>rt sich nicht?<br />
Das geht doch nicht auf.<br />
Müssen wir Frauen uns immer<br />
Um Wachstum bemühen,<br />
Für die Männer die Kastanien<br />
Aus <strong>de</strong>m Feuer ziehen.<br />
Das kann doch von ihm<br />
Nicht wirkliche Liebe sein,<br />
Lässt er mich mit unseren<br />
<strong>Beziehung</strong>sproblemen allein.<br />
51
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Klischee:<br />
Schweigen ist Gold<br />
(März 2007)<br />
Er:<br />
Bin ich ganz in <strong>de</strong>iner Näh<br />
Hab ich kaum noch eine I<strong>de</strong>e,<br />
Was ich dir nur könnte sagen,<br />
Wür<strong>de</strong> lieber an dir nagen.<br />
Mit dir zu re<strong>de</strong>n müsste ich Küssen<br />
Mehrfach unterbrechen müssen.<br />
Doch ist es we<strong>de</strong>r höflich noch gesund,<br />
Spreche ich zu dir mit vollem Mund.<br />
Käme ich doch mal bei dir zu Wort,<br />
Wür<strong>de</strong> ich schwärmen in einem fort.<br />
Wür<strong>de</strong> dich stören bei <strong>de</strong>iner Lektüre,<br />
Durch Dauergebrabbel <strong>de</strong>r Liebesschwüre.<br />
Das wäre dir irgendwann zu bunt.<br />
Ehe du mich anbrüllst: „Halt <strong>de</strong>n Mund“,<br />
Verfalle ich lieber gleich ins Schweigen.<br />
Ich kann ja auf die Stellen zeigen,<br />
Die du kannst zärtlich bei mir massieren<br />
Unter <strong>de</strong>r Decke, damit wir nicht frieren.<br />
Warum auch sollte ich mit dir klönen,<br />
Wenn wir genussvoll wollüstig stöhnen?<br />
Rolle glücklich erschöpft ich beiseite,<br />
Ist es sicher dir eine große Freu<strong>de</strong>,<br />
Wenn ich ein Weile schweige dann,<br />
Damit mein Liebchen träumen kann.<br />
52
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
En<strong>de</strong>t morgens jäh die Nacht,<br />
Scheint es mir eher angebracht,<br />
Ich lasse Worte im Kehlkopf stecken,<br />
Um mein Schätzchen nicht zu wecken.<br />
Sitzen wir am Frühstückstisch,<br />
Wird es mit Re<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r nisch,<br />
Weil mein Anstand drohend spricht:<br />
Mit vollem Mun<strong>de</strong> spricht man nicht.<br />
So ist zu schweigen alle Malen<br />
Die weitaus klügere <strong>de</strong>r Wahlen.<br />
Das war es, was ich beweisen wollt:<br />
Re<strong>de</strong>n ist Blech, Schweigen Gold.<br />
53
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Klischee:<br />
Frauen han<strong>de</strong>ln und schweigen wenig<br />
(März 2007)<br />
Er:<br />
Merkt sie noch immer nicht,<br />
Wie sehr ich sie liebe,<br />
Da ich ständig Son<strong>de</strong>rschicht<br />
Für uns bei<strong>de</strong> schiebe.<br />
Komme mü<strong>de</strong> ich je<strong>de</strong>n<br />
Abend nach Haus,<br />
Will auch sie noch re<strong>de</strong>n,<br />
Quetscht nach Worten mich aus.<br />
Könnte meine Frau doch<br />
Endlich mal schweigen!<br />
Könnte ich Liebe noch<br />
Auf meine Art zeigen!<br />
Will sie nicht haben,<br />
Was ich ihr geben kann,<br />
Treffe ich lieber am Abend<br />
Kumpels in Kneipen dann.<br />
Hör doch im Falle <strong>de</strong>s Falles,<br />
Wie die Weiber so re<strong>de</strong>n,<br />
Über nichts und alles<br />
Und über fast je<strong>de</strong>n,<br />
Dieses <strong>Beziehung</strong>sgelalle<br />
Geht oft stun<strong>de</strong>nlang,<br />
Als hätten die nicht alle<br />
Tassen im Schrank.<br />
Ich rackere wie ein Pferd,<br />
Schaff ran all die Sachen.<br />
Sie schätzt das nicht wert.<br />
Was soll ich nur machen?<br />
Seit einiger Zeit höre<br />
Vermehrt ich Vorwürfe,<br />
54
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Dass ich alles zerstöre,<br />
Nicht mehr so sein dürfe.<br />
Wieso ist sie mit ihrem Mann<br />
Eigentlich so unzufrie<strong>de</strong>n?<br />
Das liegt höchstwahrscheinlich an<br />
Den Geschlechtsunterschie<strong>de</strong>n?<br />
Jetzt will sie mich noch<br />
Zur <strong>Beratung</strong> schleppen.<br />
So macht mich doch<br />
Vollends zum Deppen.<br />
Wenn wir alleine nicht schaffen<br />
Unsere Probleme zu packen,<br />
Wie sollen Berateraffen<br />
Die Problemnüsse knacken?<br />
Ich könnte mir <strong>Beratung</strong> schenken<br />
Weil ich unschuldig am Elend bin,<br />
Gehe jedoch trotz Be<strong>de</strong>nken<br />
Mit ihr zur <strong>Beratung</strong> hin.<br />
55
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Verän<strong>de</strong>rungswi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong><br />
(März 2007)<br />
Berater zu ihr:<br />
Schau doch mal hin,<br />
Was <strong>de</strong>in Mann so macht,<br />
Was kommt ihm in <strong>de</strong>n Sinn<br />
und worüber er lacht.<br />
Lerne auch du<br />
Schweigen zu ertragen.<br />
Han<strong>de</strong>ln kann im Nu<br />
Mehr als Worte sagen.<br />
Sie:<br />
Ich krieche doch schon jetzt<br />
Auf allen Vieren.<br />
Statt mich zu verän<strong>de</strong>rn,<br />
Könnte ich resignieren.<br />
Ist es nicht klüger,<br />
Wir machen Schluss,<br />
Bevor ich mich selbst<br />
Noch verän<strong>de</strong>rn muss?<br />
Wenn ich ihn so<br />
Nicht mehr halten kann,<br />
Warte ich lei<strong>de</strong>nd<br />
Auf einen an<strong>de</strong>ren Mann.<br />
Beraterin zu ihm:<br />
Damit <strong>de</strong>ine Liebe sie ahne,<br />
Braucht <strong>de</strong>ine Frau Worte,<br />
Das ist für sie wie Sahne<br />
Auf eurer <strong>Beziehung</strong>storte.<br />
Lernst du ein wenig mehr<br />
Von dir zu erzählen,<br />
Wird sie dich nicht so sehr<br />
Mit Nachfragen quälen.<br />
56
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Er:<br />
Ich überlege sehr,<br />
Ob es nicht schlau,<br />
Ich nehme mir eher<br />
Eine an<strong>de</strong>re Frau,<br />
Die mich einfach liebt,<br />
So wie ich bin.<br />
Wo es nichts zu än<strong>de</strong>rn gibt,<br />
Das haut sowieso nicht hin.<br />
Eigentlich wollte ich sie<br />
Nur lebenslang lieben,<br />
Ganz privat wollte ich nie<br />
Was zu lernen kriegen.<br />
57
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Intermezzo<br />
(März 2007)<br />
Berater:<br />
Entwicklung entsteht nicht,<br />
Das kennen wir schon,<br />
Wenn bei<strong>de</strong> erstarrt zwischen Pflicht,<br />
Flucht und Resignation.<br />
Stoppt euer Resignieren<br />
Und hört auf, zu fliehen,<br />
Lernt statt euch zu kastrieren<br />
Euch auf euch zu beziehen.<br />
Beraterin:<br />
Und in Bezogenheit entwickelt<br />
Sich mit Hilfe zu zweit,<br />
Bis es wie<strong>de</strong>r prickelt<br />
Eure Liebesfähigkeit.<br />
Bleibt nicht trotzig und scheu<br />
In Geschlechtsgräben stehen.<br />
Erlaubt euch, ganz neu,<br />
aufeinan<strong>de</strong>r zuzugehen.<br />
58
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Erste Erfolge<br />
(März 2007)<br />
Er:<br />
Irgendwann begriff ich:<br />
Es geht nicht um Schuld.<br />
Es geht um Zuhören,<br />
Verständnis, Vertrauen, Geduld.<br />
Tröstlich war, als wir beizeiten,<br />
Gefühlsgetragen verstan<strong>de</strong>n hatten,<br />
Wir haben unsere Lichtseiten<br />
Genauso wie unsere Schatten.<br />
Ich spüre meine Emotion<br />
Und zeige sie auch mehr.<br />
Sie auszudrücken war schon<br />
Am Anfang ziemlich schwer.<br />
Auch wenn ein Stück<br />
Wie Frauen re<strong>de</strong>n kann,<br />
Bleibe ich zum Glück<br />
Für diese ein Mann.<br />
Wenn sie strahlend mich meint,<br />
Und wenn sie mich so anlacht,<br />
Spüre ich, was mich mit ihr vereint<br />
Einst um <strong>de</strong>n Verstand mich gebracht.<br />
Ansonsten freue ich mich wie<strong>de</strong>r,<br />
Sie tagtäglich zu sehn.<br />
Erlebe sie vom Haupt bis in die Glie<strong>de</strong>r<br />
Als immer noch schön.<br />
59
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Sie:<br />
Ich hätte zur damaligen Zeit<br />
Nicht im Traum dran gedacht,<br />
Dass gemeinsames Tun<br />
So viel Freu<strong>de</strong> macht.<br />
Kann viel besser nun<br />
Mit meinem Manne schweigen,<br />
Dennoch seine Liebe spüren<br />
Und die meine ihm zeigen.<br />
Manchmal ist er so<br />
Wie ganz zu Anfang nett.<br />
Ich bin wie<strong>de</strong>r mit ihm froh,<br />
Ist er bei mir im Bett.<br />
Auch wenn wir nicht ständig<br />
Vor Wollust beben,<br />
Freue ich mich unbändig.<br />
Dass zusammen wir leben.<br />
Er ist ehrlich und warm,<br />
Wenn auch kein großes Genie.<br />
Bisweilen sprüht er vor Charme<br />
Und vor humorig Esprit.<br />
Wenn ich mich nicht scheue,<br />
Dann ent<strong>de</strong>cke<br />
Ich bei ihm manche neue,<br />
Inspirieren<strong>de</strong> Ecke.<br />
60
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Beraten<br />
Innere Team<strong>dialoge</strong><br />
(Mai 2008)<br />
Ob wir allein o<strong>de</strong>r in einer Gruppe sind,<br />
Team<strong>dialoge</strong>n man niemals entrinnt.<br />
Was man als Mensch so <strong>de</strong>nkt und tut,<br />
Auf Dialogen in sich und um sich beruht.<br />
Dialoge mit inneren, äußeren Figuren<br />
Hinterlassen im Bewusstsein Spuren.<br />
Dialoge, mit wichtigen Personen geführt,<br />
Sind oft als Eigenstimmen internalisiert.<br />
Je<strong>de</strong>r hat viele Stimmen in sich. Soweit<br />
Sind wir alle eine multiple Persönlichkeit.<br />
Soll uns ein wenig Bewusstheit glücken,<br />
Ist es gut, diese Stimmen auszudrücken.<br />
Was sagst du, Topdog, mit <strong>de</strong>iner Moral?<br />
Wogegen rebelliert Un<strong>de</strong>rdog dir zur Qual?<br />
Gestrenges Eltern-Ich, rebellisches Kind,<br />
Die bei<strong>de</strong>n leidbringend verflochten sind.<br />
Was soll’s, dass ihr euch fruchtlos bekämpft,<br />
Verwirklichung <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite dämpft?<br />
Müsst ihr euren Kleinkrieg ewig führen,<br />
O<strong>de</strong>r kann ich euch irgendwie integrieren?<br />
Will ich mein Lebensfeld euch überlassen,<br />
O<strong>de</strong>r darf ich Lebensziele selbst abfassen?<br />
Stimmen, die gehört, können schweigen.<br />
Lösungen sich jenseits von ihnen zeigen.<br />
61
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Hinter Gebrabbel <strong>de</strong>r Stimmen <strong>de</strong>s Ich<br />
Öffnen sich Türen: Das Selbst zeigt sich.<br />
Wird Verinnerlichtes nach außen geführt,<br />
Im Ausdruck man neue Freiheit spürt.<br />
Wenn wir statt mit uns mit an<strong>de</strong>ren re<strong>de</strong>n,<br />
Müssen wir uns nicht länger befeh<strong>de</strong>n.<br />
Auch wenn <strong>de</strong>r Dialog außen nicht glückt,<br />
Bin ich innen nicht mehr so einsam verrückt.<br />
62
Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
<strong>Beratung</strong>s-Metho<strong>de</strong>n<br />
(Mai 2008)<br />
Menschen kommen zu dir, suchen Rat,<br />
In <strong>de</strong>r <strong>Beratung</strong>spraxis mit Eingangsschild.<br />
Metho<strong>de</strong>ngewappnet schreitest du zur Tat:<br />
Strukturiert und entschlossen, doch mild.<br />
Metho<strong>de</strong>n wirken nicht an und für sich,<br />
Wenn sich zwei Menschen begegnen.<br />
Sie wirken speziell durch dich und mich,<br />
Wenn wir <strong>de</strong>n Kontakt achtsam segnen.<br />
Unwirksam bleiben <strong>de</strong>ine Kompetenzen.<br />
Wenn du dich nicht ehrlich verbin<strong>de</strong>st,<br />
Wenn du nicht öffnest <strong>de</strong>ine Grenzen.<br />
Trennen<strong>de</strong>s zwischen euch überwin<strong>de</strong>st.<br />
<strong>Beziehung</strong> und Metho<strong>de</strong> sind untrennbar.<br />
Vertrauen<strong>de</strong>r Kontakt ist die halbe Miete.<br />
Wenn echte Begegnung unmöglich war,<br />
Zogen Ratsuchen<strong>de</strong> mit dir eine Niete.<br />
Verkaufe dich nicht an <strong>Beratung</strong>smo<strong>de</strong>n.<br />
Beharre nicht auf ihnen selbstverliebt.<br />
Es bedarf so vieler <strong>Beratung</strong>smetho<strong>de</strong>n,<br />
Wie es einzigartige Ratsuchen<strong>de</strong> gibt.<br />
Nicht in Erfolgsroutinen dich verliere.<br />
Lass die Ratsuchen<strong>de</strong>n nicht alleine.<br />
Darum ermögliche je<strong>de</strong>r Frau das Ihre,<br />
Und gib auch je<strong>de</strong>m Manne das Seine.<br />
Frage sie stets, was sie heute brauchen.<br />
Kannst du dieses ihnen nicht geben,<br />
Dann magst beschei<strong>de</strong>n du auch sehn:<br />
Zum Glück ist keiner perfekt im Leben.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Die einen brauchen viel weibliche Nähe.<br />
An<strong>de</strong>re jedoch eher männliche Distanz.<br />
Auf ihre beson<strong>de</strong>ren Bedürfnisse sehe,<br />
Dabei betrachte die Einzelnen ganz.<br />
Du wirst einige Ratsuchen<strong>de</strong> verlieren,<br />
Wenn du nicht Kompetenzen vorgaukelst.<br />
Besser ist, mit an<strong>de</strong>ren zu kooperieren,<br />
Als dass du Ratbrauchen<strong>de</strong> verschaukelst.<br />
Sieh Menschen als integrierte Einheit,<br />
Als Leibseele mit Kopf, Herz und Hand.<br />
Es bleibt weit weniger als eine Halbheit,<br />
Beachtest du vorwiegend <strong>de</strong>n Verstand.<br />
Lass sie sich auch nicht fühlend verirren.<br />
Man kann sich am Fühlen berauschen.<br />
Rausch wür<strong>de</strong> uns reichlich verwirren,<br />
Statt achtsam nach innen zu lauschen.<br />
Und lass sie sich erprobend agieren,<br />
Denn Mensch ist Bewegung und Leib.<br />
Es kann schon viel Gutes passieren,<br />
Wenn ich wachsam beim Atem bleib.<br />
Hilf ihnen, zu merken, was sie tun,<br />
Wahrhafte Wünsche zu realisieren,<br />
Han<strong>de</strong>lnd zugleich in sich zu ruh’n,<br />
Und sich nicht im Tun zu verlieren.<br />
Bremse übertriebenen Aktionismus.<br />
Man kann sich han<strong>de</strong>lnd vermei<strong>de</strong>n.<br />
Wer immer irgen<strong>de</strong>twas tun muss,<br />
Spürt we<strong>de</strong>r Sehnen noch Lei<strong>de</strong>n.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Befreit von Moral nicht bewerte.<br />
Moralisches Urteil steht dir nicht zu.<br />
Sei ein unterstützen<strong>de</strong>r Gefährte.<br />
Schaffe wertend kein weiteres Tabu.<br />
Es ist gut, sich vorweg zu verbin<strong>de</strong>n<br />
Im <strong>de</strong>inen Innen mit Himmel und Er<strong>de</strong>,<br />
Als hinter Theorien zu verschwin<strong>de</strong>n,<br />
Mit <strong>de</strong>nen man Menschen bewerte.<br />
La<strong>de</strong> Menschen nicht auf neue Bür<strong>de</strong>.<br />
Höre damit auf, sie zu klassifizieren.<br />
Magst sie lieber zu Freiheit und Wür<strong>de</strong>,<br />
Zu innerer Stärke und Klarheit führen.<br />
Du begegnest Suchen<strong>de</strong>n mit Seele.<br />
Darum begegne je<strong>de</strong>m mit Respekt.<br />
Zu dir selbst <strong>de</strong>r Respekt nicht fehle,<br />
Weil auch in dir eine Seele steckt.<br />
Als Leibseele präsent fin<strong>de</strong> zur Liebe.<br />
In Richtung Herz <strong>de</strong>in Kompass peilt.<br />
Wenn von Metho<strong>de</strong>n nichts übrig bliebe,<br />
Liebe reicht. Sie ist das, was uns heilt.<br />
Errichte Räume für tiefes Vertrauen,<br />
Lass Menschen so, wie sie sind, sein.<br />
So können sie sich öffnend auftauen,<br />
Lassen wirklich und wirksam sich ein.<br />
So lernen sie, Ängste zu überwin<strong>de</strong>n,<br />
Sich zu verwirklichen, wie sie gemeint.<br />
So können sie die Menschen fin<strong>de</strong>n,<br />
Mit <strong>de</strong>nen in Liebe sie glücklich vereint.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Wer wi<strong>de</strong>r besseres Wissen klammert,<br />
An Routine, die anscheinend schlecht,<br />
Wird nicht als unheilbar bejammert.<br />
Auf ureigenes Elend hat je<strong>de</strong>r Recht.<br />
Wer scheinbar beste Lösung nicht fand,<br />
Hat sicher seine persönlichen Grün<strong>de</strong>,<br />
Befin<strong>de</strong>t sich nicht zu dir im Wi<strong>de</strong>rstand,<br />
Begeht nicht gegen dich eine Sün<strong>de</strong>.<br />
<strong>Beratung</strong>serfolg kann keiner erzwingen.<br />
Glück an<strong>de</strong>rer liegt nicht in <strong>de</strong>iner Macht.<br />
Kannst keinen Menschen dazu bringen,<br />
Dass er über <strong>de</strong>ine Scherze echt lacht.<br />
Übe dich, Beraten<strong>de</strong>r, in Beschei<strong>de</strong>nheit,<br />
Sei <strong>de</strong>mütig, doch im Herzen stets offen.<br />
Selbst für dich ist Liebe keine Kleinigkeit.<br />
Dass auch du glücklich wirst, ist zu hoffen.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Obszönität <strong>de</strong>s Fragens<br />
(Oktober 2007)<br />
Kennst du das klamme Unbehagen,<br />
Wenn manche Menschen dich etwas fragen?<br />
Dann fühlst du dich, wie kann das sein,<br />
Auf einmal so lächerlich, dumm und klein.<br />
Lass uns <strong>de</strong>m Kleinmachphänomen<br />
Ein wenig in die Karten seh’n.<br />
Wie lernt man Menschen unterdrücken,<br />
Dass sie vor Ehrfurcht tief sich bücken?<br />
Ich wer<strong>de</strong> dir die Antwort sagen:<br />
Der Trick besteht darin - zu fragen.<br />
Wer fragt, quetscht an<strong>de</strong>re Leute aus<br />
Und hält sich selbst dabei heraus.<br />
Es fragt <strong>de</strong>r Lehrer, welch ein Scheiß,<br />
Obwohl er längst die Antwort weiß.<br />
Und Menschen, die gern an<strong>de</strong>re strafen,<br />
Mit bohren<strong>de</strong>n Fragen ins Schwarze trafen.<br />
Machst viele ganz beson<strong>de</strong>rs dumm.<br />
Wenn du geschickt sie fragst: Warum?<br />
Warum hast du das nur angestellt?<br />
Warum bist du eigentlich auf dieser Welt?<br />
Warum weißt du dies mal wie<strong>de</strong>r nicht?<br />
Warum bist du so ein schwaches Licht?<br />
Warum kannst du nicht endlich ruhig sein?<br />
Warum bist du <strong>de</strong>nn immer noch allein?<br />
Mit Fragen kannst du an<strong>de</strong>re quälen<br />
Musst dabei nichts von dir erzählen.<br />
Wird das von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren nicht erkannt,<br />
Bleibst mächtig du in <strong>de</strong>r Oberhand.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Es gibt ein an<strong>de</strong>res Fragespiel,<br />
Das dir bestimmt nicht sehr gefiel.<br />
Mit Fragen löchern oh jemine,<br />
Manch Kin<strong>de</strong>r uns Erwachsene.<br />
Warum ist die Banane krumm?<br />
Wieso geht das nicht an<strong>de</strong>rsrum?<br />
Wie fühlt sich Leberwurst <strong>de</strong>nn an?<br />
Und wer ist dieser Weihnachtsmann?<br />
Dies Fragen strapaziert Geduld.<br />
Daran ist Sesamstraße schuld.<br />
Die re<strong>de</strong>n uns ein, dass Kin<strong>de</strong>r klug,<br />
Wenn sie nur immer fragen genug.<br />
Ob ich die Fernsehmacher verprelle,<br />
Wenn ich dies Dogma in Frage stelle?<br />
Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum,<br />
Wer ständig an<strong>de</strong>re fragt, bleibt dumm.<br />
Willst <strong>de</strong>ine Dummheit du überwin<strong>de</strong>n,<br />
Musst Antworten du alleine fin<strong>de</strong>n.<br />
Wer Frage und Antwort zusammen bringt,<br />
Dem eine Entwicklung in Freiheit gelingt.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Therapeutische Dramadreiecke<br />
(April 2008)<br />
Selten sehen wir Liebesbeziehungen glücken,<br />
Viele Menschen aus festen Bindungen fliehen,<br />
Weil Paare sich anscheinend weit eher bedrücken<br />
Als sich achtsam-liebend aufeinan<strong>de</strong>r beziehen.<br />
Der Ausgangspunkt unserer <strong>Beziehung</strong>serfahrung<br />
Ist das, was sich unsere Eltern an Zuneigung zeigen.<br />
Alles Wissen und Können über Paare und Paarung,<br />
Machten wir uns <strong>de</strong>ren Vorbild kopierend zu Eigen.<br />
Wenn wir <strong>Beziehung</strong>sunfähigkeit vorgelebt bekamen<br />
Dies ungefiltert in unseren <strong>Beziehung</strong>en verbraten,<br />
Dann erleben wir sicher wie in <strong>de</strong>r Kirche das Amen,<br />
Dass unsere Liebesversuche nicht son<strong>de</strong>rlich geraten.<br />
Erlebten wir jedoch, dass unsere Eltern sich lieben,<br />
Dass sie wachsam und respektvoll einan<strong>de</strong>r achten,<br />
Dann ist Ehrung und Dankbarkeit nicht übertrieben,<br />
Da sie uns Chancen zu <strong>Beziehung</strong>sglück vermachten.<br />
Es reicht nicht, <strong>Beziehung</strong>sfähigkeit zu verstehen,<br />
Wenn wir nur auf Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r Eltern schauen,<br />
Wir müssen noch einen Schritt weiter gehen,<br />
In die Dreiecksbeziehung hinein uns trauen.<br />
Grundlagen unseres sozialen Verhaltens sind,<br />
Obgleich wir Entscheidungsfreiheit in uns tragen,<br />
Die Erfahrungen im Dreieck Mutter-Vater-Kind<br />
Egal, ob uns das passt und wir ja dazu sagen.<br />
Hat mein Vater sich liebevoll auf mich bezogen?<br />
Hat meine Mutter mich geachtet und geehrt?<br />
Haben sie mich aufgeklärt o<strong>de</strong>r eher belogen,<br />
Mich liebend angenommen o<strong>de</strong>r abgewehrt?<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Habe zu meinem Vater einen Draht ich gefun<strong>de</strong>n?<br />
Konnte ich Mutter als Frau und Mensch akzeptieren?<br />
Habe ich mich zu sehr distanziert o<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n?<br />
Durfte ich gewinnen o<strong>de</strong>r musste stets ich verlieren?<br />
Wechselwirkungen von Dreien in alle Richtungen<br />
Woben unser Netz <strong>de</strong>r <strong>Beziehung</strong>serfahrungen,<br />
Schufen in uns handlungsleiten<strong>de</strong> Gewichtungen<br />
Als Grundlage für gelingen<strong>de</strong> Liebe in Paarungen.<br />
Wo uns Grundlagen für Liebesgelingen noch fehlen,<br />
Können wir uns ein Leben lang nachsozialisieren.<br />
Brauchen wir uns nicht mit Verdrängung zu quälen.<br />
Können Menschen suchen, die uns lehren und führen.<br />
Doch wenn ihr euch führen lasst, vermei<strong>de</strong>t die Retter,<br />
Die sich mühsam-unbeholfen als Therapeuten tarnen.<br />
Denn Retter sind häufig egozentrisch-helfen<strong>de</strong> Täter<br />
Und vor solch helfen<strong>de</strong>n Tätern kann man nur warnen.<br />
Ein Retter ist ein Mensch, <strong>de</strong>r beratend dazu neigt,<br />
Durch Schuldzuweisung Opfer und Täter zu schaffen.<br />
In<strong>de</strong>m er mit Opfern zusammen auf die Täter zeigt,<br />
Benutzt er die Opfer für sich als machtvolle Waffen.<br />
Durch die Retten<strong>de</strong>n entstehen so Dramadreiecken.<br />
Verfolgen selbsternannte Retter vermeintlichen Täter.<br />
Solche Verfolgungsjag<strong>de</strong>n sollen Hilfe bezwecken,<br />
Doch schaffen sie nur Elend. Opfer wird dabei je<strong>de</strong>r.<br />
Greifen wir zurück auf unsere Ausgangssituation,<br />
Auf die <strong>Beziehung</strong> von Vater, Mutter und Kind.<br />
Ein mögliches Drama-Dreieck haben wir da schon.<br />
Doch was passiert, wenn die Eltern die Täter sind?<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Wenn die TherapeutInnen ihren KlientInnen sagen:<br />
Schuld an <strong>de</strong>inem Elend haben Vater und Mutter.<br />
Du tust Recht, sie zu beschimpfen und zu verklagen.<br />
Denn ohne <strong>de</strong>ine Eltern wäre für dich alles in Butter.<br />
Wirtschaftlich kann man solche Therapeuten verstehen.<br />
Sie müssen ja schließlich auch ihr Geld verdienen.<br />
Solange Eltern schlecht, können Klienten nicht gehen.<br />
Nur die Eltern machen zu diesem Spiel böse Mienen.<br />
Warum sollte man Klienten zur Verantwortung führen,<br />
Wenn sie verantwortlich sein eigentlich gar nicht wollen.<br />
Warum soll man sie unterstützen, sich zu emanzipieren,<br />
Ist es doch viel leichter, zu beschuldigen und zu grollen.<br />
Geldgier steuert viele Therapeuten, zum Glück nicht alle.<br />
Manche helfen Menschen, sich zu spüren, zu erkennen.<br />
Wer<strong>de</strong>n nicht zu Rettern, vermei<strong>de</strong>n sorgsam Opferfalle,<br />
Dass wir selbstwirksam verantwortlich wer<strong>de</strong>n können.<br />
Sagen Klienten: Es geht nicht um Schan<strong>de</strong> und Schuld.<br />
Es geht darum, sich achtsam durchs Leben zu begleiten.<br />
Es geht um Wachsen, beharrlich, freundlich mit Geduld.<br />
Es geht um die Chance, sein Herz für Liebe zu weiten.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Moral<br />
(September 2007)<br />
Moral ist für Menschen eine gefährliche Waffe.<br />
Mit Moral ich eher Spaltung als Heilung schaffe.<br />
Moral trennt in gut und böse, oben und unten.<br />
Innere Mitte geht verloren, wird nicht gefun<strong>de</strong>n.<br />
Moral lässt uns selbst und <strong>Beziehung</strong> zerbrechen.<br />
Moralisches Urteil wird sich irgendwann rächen.<br />
Wer moralisch ist, muss zwangsläufig verteufeln,<br />
Wird angesichts dieser Teufelei selbst verzweifeln.<br />
Wer verzweifelt ist, droht auseinan<strong>de</strong>r zu fallen,<br />
Verliert <strong>de</strong>n Herzenskontakt zu allem und allen,<br />
Verirrt sich im Wollen-und-nicht-Dürfen-Konflikt,<br />
Wird in seinem Kern aufgelöst in Rollen verstrickt.<br />
Wer moralisch ist, ist seinen Normen verpflichtet.<br />
Was <strong>de</strong>n Normen nicht entspricht, wird vernichtet.<br />
Wer moralisch ist, neigt dazu, sich zu betrügen,<br />
Kann sonst frem<strong>de</strong>n Ansprüchen nicht genügen.<br />
Moral macht uns zur Eigen- und Fremdqual bereit.<br />
Auf <strong>de</strong>m Moralaltar opfern wir innere Wahlfreiheit.<br />
Moral macht unser Leben schal und voll Mief.<br />
Wieso ist <strong>de</strong>nnoch Moralisch-Sein so attraktiv?<br />
Wer moralisch ist, gewinnt Gewissen zum Lohn.<br />
Doch Gewissen erweist sich als gerissene Fron.<br />
Alles Tun wird bewertet, gemessen, zensiert.<br />
Experiment nur bei Erfolgsgarantie ausgeführt.<br />
Moral weiß vorher schon: Dieser Mensch ist blö<strong>de</strong>.<br />
Dies kommen<strong>de</strong> Ereignis ist falsch, <strong>de</strong>shalb ö<strong>de</strong>.<br />
Die sind zu beschimpfen, als krank zu bezichtigen,<br />
Die sich nicht nach unseren Vorstellungen richten.<br />
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Karin Gailing, Helmut von Bialy: Poesie 3 - Poesie-Therapie 1<br />
Doch wer o<strong>de</strong>r was zwingt uns, moralisch zu sein?<br />
Warum bringen wir nicht Amoral ins Leben ein?<br />
Warum dies An-Antreiber-und-Verbieter-Klammern<br />
Und zugleich unter Druck und Verboten jammern?<br />
Wer Moral hat, muss nicht spontan entschei<strong>de</strong>n,<br />
Muss nicht momentan Entscheidungsdruck erlei<strong>de</strong>n.<br />
Wer Moral hat, hat sich nur einmal entschie<strong>de</strong>n,<br />
Von da an sich selbst und zu leben vermie<strong>de</strong>n.<br />
Moral macht uns scheinbar verantwortungsfrei.<br />
Sein scheint berechenbar und nicht täglich neu.<br />
Moral gibt unserem Dasein fragwürdigen Halt.<br />
Wenn außen noch jung, ist man innen schon alt.<br />
So wird Han<strong>de</strong>ln auf <strong>de</strong>r Basis von Moralität<br />
Zur Dauersituation von Wachstums-Mortalität.<br />
Auch wenn wir uns äußerlich sicher bewegen,<br />
Verhin<strong>de</strong>rt Moral such-fragen<strong>de</strong>s Innenregen.<br />
Kann es sein, dass moralbefreit wir besser leben?<br />
Kann es Han<strong>de</strong>ln jenseits von Moralitäten geben?<br />
An welchem Gelän<strong>de</strong>r hangeln wir uns entlang<br />
In einer Welt ohne Gebote, Verbote und Zwang?<br />
Die Antwort erfahren wir nur, wenn wir probieren,<br />
Ein Leben ohne moralines Stützkorsett zu führen,<br />
Wenn wir uns trauen, uns von Gelän<strong>de</strong>rn zu lösen,<br />
Nicht mehr richten als die Guten über die Bösen,<br />
Wenn wir mitten hinein in unser Leben fallen,<br />
In Herzenskontakt eintreten mit allem und allen.<br />
Ich möchte abwertungsfrei durchs Leben fin<strong>de</strong>n,<br />
Meinen Leben statt auf Moral auf Liebe grün<strong>de</strong>n.<br />
Ich weiß nicht, ob so was überhaupt möglich wird.<br />
Ob man sich ohne Moral nicht unerträglich verirrt.<br />
Ich will es <strong>de</strong>nnoch probieren, brauche dazu Mut.<br />
Denn eins ist klar: Moral tut uns allen nicht gut.<br />
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