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Das Leben der griechischen Frau in antiker Zeit

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Eleonore Dörner<br />

Dr. Eleonore Dörner<br />

''"'"'"'-Allee 55/IV<br />

30<br />

62<br />

<strong>Das</strong> <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong> <strong>in</strong> <strong>antiker</strong> <strong>Zeit</strong><br />

I n G r i e c h e n 1 a n d , a u f eYi11t?f' 1 i c h t d u r c h f 1 u t e t e n H a 1 b i n s e 1 i m<br />

Mittelmeer vollzog sich zum erstenmal <strong>in</strong> <strong>der</strong> europ~ischen Geschichte<br />

<strong>der</strong> Aufstieg <strong>der</strong> <strong>Frau</strong> aus <strong>der</strong> namenlosen Zahl <strong>der</strong><br />

Mütter und Bäuer<strong>in</strong>nen zur Bürger<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadtkultur, zur Gestalt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kunst bis h<strong>in</strong>auf zu e<strong>in</strong>er Welt <strong>der</strong><br />

Schönheit und <strong>der</strong> Ideale. Zwei Jahrtausende und mehr trennen uns<br />

von dieser <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong> <strong>in</strong> <strong>antiker</strong> <strong>Zeit</strong>, und doch hat sie<br />

bis <strong>in</strong> unsere Gegenwart Maßstäbe und Richtl<strong>in</strong>ien gesetzt.<br />

Noch bis <strong>in</strong>s 19. Jahrhun<strong>der</strong>t h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> betrachtete man die griechische<br />

<strong>Frau</strong> u n befangen a 1 s Vor b i 1 d und -~l.s i-ttf'es.g~.e±€4eü. Erst das<br />

<strong>Zeit</strong>alter <strong>der</strong> Technik, <strong>der</strong> sozialen Revolutionen, <strong>der</strong> <strong>Frau</strong>enemanzipation<br />

fragte nach dem H<strong>in</strong>tergrund ihrer Ersche<strong>in</strong>ung, fragte, ob<br />

diese <strong>Frau</strong> im alten Griechenland, von <strong>der</strong> uns (mit Ausnahme e<strong>in</strong>er<br />

großen Dichter<strong>in</strong>) ke<strong>in</strong>e Selbstzeugnisse überliefert s<strong>in</strong>d, wirklich<br />

glücklich war und übertrug die eigenen Vorstellungen von e<strong>in</strong>em<br />

glücklichen <strong>Das</strong>e<strong>in</strong> dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e vergangene Welt.<br />

So fragte man mit e<strong>in</strong>em Seitenblick auf die heutigen For<strong>der</strong>ungen:<br />

Wie war die Rechtsstellung <strong>der</strong> <strong>Frau</strong>, wie ihre soziale Sicherung?<br />

Wie stand es um die Mitbestimmung im Staat, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de im<br />

Familienverband? Wie schwer war ihre körperliche Arbeit ohne irgend<br />

e<strong>in</strong>e Entlastung durch Masch<strong>in</strong>en? lrJie eng begmnzt war ihr <strong>Leben</strong>sraum?<br />

War sie nur auf ihr eigenes Hauswesen beschränkt? Wie stand es um<br />

ihre Schulbildung?<br />

Es ist heute elne weit verbreitete Me<strong>in</strong>ung, daß die <strong>Frau</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>griechischen</strong> Antike e<strong>in</strong> sehr kümmerliches <strong>Das</strong>e<strong>in</strong> geführt und <strong>in</strong><br />

nahezu orientalischer Abgeschlossenheit gelebt habe. Diese Ansicht<br />

stützt sich vor allem darauf, daß sie im öffentlichen <strong>Leben</strong> überhaupt<br />

ni ht auftrat und rechtli h gesehen, an unseren Maß täben gemessen,<br />

gegenüber dem Mann entschieden benachteiligt war. Sie war<br />

rechtlich und damit wirtschaftlich vom Manne als ihrem gesetzlichen


- 2 -<br />

Vertreter durchaus abhängig, was freilich den meisten vaterrechtlieh<br />

angelegten gesellschaftlichen Strukturen bis <strong>in</strong> die Neuzeit<br />

entsprach, und nur von uns als unzumutbar angesehen wird, die wir<br />

nicht mehr die Sippe o<strong>der</strong> die Großfamilie als rechtliche E<strong>in</strong>heit<br />

ansehen, son<strong>der</strong>n das Recht des e<strong>in</strong>zelnen verteidigen und für die<br />

Gleichberechtigung <strong>der</strong> Geschlechter e<strong>in</strong>treten.<br />

Wir müssen uns auch hüten, das Ideal von e<strong>in</strong>em "Wohlstand für alle"<br />

als erstrebenswert für die Antike anzunehmen Wenn uns die Epen<br />

Homers von den prächtigen Saalbauten <strong>der</strong> Fürsten, von den großen<br />

Gastmählern und reichlichen Tr<strong>in</strong>kgelagen erzählen, so müssen wir<br />

<strong>in</strong> Betracht ziehen, daß <strong>der</strong> Dichter vieles Alltägliche <strong>in</strong>s Märchenhafte<br />

steigert. Kle<strong>in</strong> war die Schicht <strong>der</strong> Herrschenden und groß die<br />

Zahl <strong>der</strong> e<strong>in</strong>fachen Landleute.<br />

Der antike Geschichtsschreiber Herodot sagt es ganz deutlich:<br />

"In Hellas ist die Armut schon immer heimisch gewesen."<br />

Dem mo<strong>der</strong>nen Reisenden wird auch heute noch die e<strong>in</strong>fach; <strong>Leben</strong>sführung<br />

<strong>der</strong> Griechen auffallen, wobei Arm und Reich dar<strong>in</strong> wetteifern,<br />

dem Fremden Gastfreundschaft zu erweisen.<br />

Herodot fährt dann fort: "Die Tugend wurde h<strong>in</strong>zuerworben.n<br />

Von allen Tugenden ist es immer wie<strong>der</strong> die Frömmigkeit, die gerühmt<br />

wird und die auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> weltbedeutenden Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit den<br />

Persern die Bewun<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>de hervorrief. So berichtet Herodot:<br />

"Es kamen aber zu den Persern e<strong>in</strong>ige Überläufer aus Arkadien. Die<br />

Perser führten sie vor den Kjnig und stellten sie dort vor die<br />

Frage, was die Griechen im Augenblick täten. Sie aber sagten, die<br />

Griechen feierten gerade die olympischen Spiele und sähen den Wettkämpfen<br />

zu. Da wurden sie gefragt, welches denn <strong>der</strong> Siegespreis<br />

wäre. Sie antworteten: "E<strong>in</strong> Kranz aus den Blättern des heiligen<br />

Ölbaums." Da rief e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> persischen Heerführer aus: "Wehe, Mardonios,<br />

gegen was für Mqnner hast du uns <strong>in</strong> den Kampf geführt!<br />

Nicht um Geld veranstalten sie ihre Kampfspiele, son<strong>der</strong>n um <strong>der</strong><br />

Leistung willen!"<br />

E<strong>in</strong>e solche Frömmigkeit schloß Neid, Gew<strong>in</strong>nsucht und Überheblichkeit<br />

aus. <strong>Das</strong> <strong>Leben</strong> e<strong>in</strong>er <strong>griechischen</strong> Familie vollzog sich <strong>in</strong> denkbar<br />

schlichtem Rahmen, unsche<strong>in</strong>bar waren die Wohnhäuser, glänzend waren


- 3 -<br />

nur die Tempel <strong>der</strong> G6tter. Ihnen wurde täglich im Hause geopfert,<br />

doch ihnen gehörten auch zahlreiche öffentliche Festtage. Diese<br />

bedeuteten nicht etwa "Freizeit", son<strong>der</strong>n Gang zum Tempel. An<br />

diesen Tempelprozessionen beteiligten sich auch oft genug die<br />

<strong>Frau</strong>en und Mädchen. Alltag und Festtag, religiöse Andacht und<br />

privates weltliches Verhalten waren nicht wie bei uns heute getrennt.<br />

Uns Heutigen ist e<strong>in</strong>e sehr viel längere <strong>Leben</strong>szeit zugemessen als<br />

den Bewohnern des antiken Griechenlands. Die Grabste<strong>in</strong>e künden uns,<br />

daß nur wenige über 40 Jahre alt wurden, daß vor allem die jungen<br />

<strong>Frau</strong>en oft genug im Wochenbett starben So waren alle von <strong>der</strong> Unausweichlichkeit<br />

e<strong>in</strong>es frühen Todes durchdrungen und wurden von<br />

ke<strong>in</strong>er Jenseitshoffnung getröstet <strong>Das</strong> Reich <strong>der</strong> Schatten konnte<br />

ihnen das schöne menschliche <strong>Das</strong>e<strong>in</strong> nicht ersetzen. Sie waren e<strong>in</strong><br />

für allemal abgeschieden von dieser Welt. Weiterleben bedeutete<br />

für sie, <strong>in</strong> ihren K<strong>in</strong><strong>der</strong>n weiterzuleben, das <strong>Leben</strong> ihnen gleich<br />

e<strong>in</strong>er Fackel weiterzugeben. Deshalb mahnt e<strong>in</strong> alter griechischer<br />

Spruch:<br />

"Meide die Ehe nicht, me<strong>in</strong> Sohn, daß nicht de<strong>in</strong> Name verschw<strong>in</strong>de!"<br />

Aus dieser E<strong>in</strong>stellung heraus wird die Ehe bejaht.<br />

Wodurch s<strong>in</strong>d wir nun über das <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong> unterrichtet?<br />

E<strong>in</strong>mal durch die uns überlieferten Texte <strong>der</strong> Dichter und<br />

Schriftsteller. Lei<strong>der</strong> erfahren wir fast nur durch den Mund e<strong>in</strong>es<br />

Mannes über ihr Wesen, und es ist ja e<strong>in</strong> Unterschied, ob er verliebt<br />

o<strong>der</strong> enttäuscht war, zu Übertreibungen neigte o<strong>der</strong> nur nüchtern<br />

berichtete.<br />

Ferner hat uns die griechische bildende Kunst ihr Abbild geschenkt,<br />

e<strong>in</strong>e Kunst, die das ganze griechische <strong>Leben</strong> durchzieht. Erdbeben<br />

Kriege und Feuersbrünste s<strong>in</strong>d über die Tempel und Städte h<strong>in</strong>weggegangen.<br />

Uns ist nur e<strong>in</strong> Bruchteil, nur Stückwerk erhalten geblieben,<br />

und doch erfüllt uns das, was wir noch retten konnten, mit<br />

Ehrfurcht und Bewun<strong>der</strong>ung. Marmorstatuen zeugen von <strong>der</strong> Schönheit<br />

<strong>der</strong> <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong>en, Reliefdarstellungen von ihrer Anmut und<br />

von ihrem Liebreiz. Doch nicht nur die großen Bildwerke, auch die<br />

kle<strong>in</strong>en D<strong>in</strong>ge, die uns die bewahrende Erde aus Ru<strong>in</strong>en und Gräbern<br />

schenkte, künden von ihrer Schönheit.


- 4 -<br />

Vor allem ist es die Welt <strong>der</strong> Töpfer, die das <strong>Leben</strong> <strong>der</strong> <strong>griechischen</strong><br />

<strong>Frau</strong> wi<strong>der</strong>spiegelt. Wir sprechen fälschlich von Vasen,<br />

e<strong>in</strong>e Bezeichnung, die sonst bei uns e<strong>in</strong>e spezielle Bedeutung hat,<br />

während es sich dabei jedoch um Gefäße jeglicher Art handelt, um<br />

Schalen, Vorratsgefäße, Krüge und Becher, die alle mit Bil<strong>der</strong>n aus<br />

<strong>der</strong> Sagen- und Götterwelt, aus <strong>der</strong> Welt des sportlichen Wettkampfes<br />

und aus dem täglichen Bereich <strong>der</strong> Häuslichkeit geschmückt waren.<br />

Dabei gab es ke<strong>in</strong>e Schablone, nur Handarbeit und Tausende von<br />

neuen E<strong>in</strong>fällen. Vergleichen wir damit unser Porzellan, muß es<br />

uns bescheiden ersche<strong>in</strong>en. Wir f<strong>in</strong>den auf ihm nur Ornamente o<strong>der</strong><br />

Blumenranken, abgesehen von Porzellan zu beson<strong>der</strong>en Gelegenheiten,<br />

z B. die Weihnachtsteller <strong>der</strong> verschiedenen Porzellanmanufakturen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fachen <strong>griechischen</strong> Haushalt vorwiegend<br />

unbemalte Töpferwaren verwandt, nur den Göttern weihte man<br />

so sorgfältig bemalte Gefäße, die man auch <strong>in</strong> großer Menge für den<br />

Export herstellte.<br />

Hier können wir auf unzähligen Bil<strong>der</strong>n die <strong>Frau</strong> <strong>in</strong> ihrem <strong>Leben</strong>skreis<br />

betrachten: beim Sp<strong>in</strong>nen, beim Weben, beim Wasserholen, beim<br />

Spielen und Baden, im Hochzeitszug und im Trauergeleite. Immer ist<br />

diese <strong>Frau</strong> jung, schlank, anmutig. Es fällt uns auch auf, daß s1e<br />

durch sich selbst, nicht durch ihre Kleidung schön ist. Durch Jahrhun<strong>der</strong>te<br />

h<strong>in</strong>durch kleidete sie sich betont schlicht.<br />

Der Stoff wirdmöglichst unzerteilt so genommen, wie er vom Web<br />

stuhl kommt, Schere und Nähnadel s<strong>in</strong>d weith<strong>in</strong> ausgeschaltet. <strong>Das</strong><br />

Maß ist so gewählt, daß man auf e<strong>in</strong>en schönen Fall des Stoffes<br />

vertrauen kann, den man durch e<strong>in</strong>e geschickte Drapierung steigert.<br />

Zuerst lernen wir den archaischen Peplos kennen, e<strong>in</strong> überkörperlanges<br />

Stück Wollstoff, das nur an e<strong>in</strong>er Seite zusammengenäht, den<br />

Körper säulenartig umschließt. <strong>Das</strong> Oberteil war umgeschlagen und<br />

wurde vorn straff über die Brust gezogen und unter den Gürtel gesteckt.<br />

Der Stoff zeigt oft fe<strong>in</strong>e Webmuster, die man auch auf<br />

Vasenzeichnungen erkennen kann. Im 4. Jahrhun<strong>der</strong>t wandten sich die<br />

<strong>Frau</strong>en von dem schlichten faltenlosen Peplos ab und bevorzugten<br />

den ionischen Chiton aus Le<strong>in</strong>en. <strong>Das</strong> hemdartige Gewand war wie<strong>der</strong><br />

wie <strong>der</strong> Peplos aus e<strong>in</strong>em e1nzigen tUck Tuch das aber breiter<br />

lag und so e<strong>in</strong>e dichtere Plissierung des fe<strong>in</strong>en Le<strong>in</strong>ens ermöglichte.<br />

<strong>Das</strong> Oberteil des Chitons wurde auf den Schultern durch Spangen


- 5 -<br />

festgehalten und an<strong>der</strong>s als beim Peplos nicht umgeschlagen, son<strong>der</strong>n<br />

das Gewand wurde über dem Gürtel hochgezogen, so daß es blusig<br />

überfiel. Auch die Ärmel s<strong>in</strong>d nur Sche<strong>in</strong>ärmel, <strong>der</strong> Stoff wird durch<br />

Spangen über dem Oberarm festgehalten. Meist ist aber <strong>der</strong> Chiton<br />

ärmellos, ja es ist möglich auch e<strong>in</strong>e Schulterfreizulassen. Sicherlich<br />

hat man sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> kalten Jahreszeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong> großes Stück<br />

Tuch gehüllt, das man auch kapuzenartig über den Kopf ziehen konnte.<br />

Auch haben die <strong>Frau</strong>en, wenn sie <strong>in</strong> Athen ausg<strong>in</strong>gen, den Peplosüberwurf<br />

unten zugenäht, doch berichtet <strong>der</strong> Schriftsteller Plutarch,<br />

daß dies die Spartaner<strong>in</strong>nen nicht taten. So flatterten die Gewän<strong>der</strong><br />

beim Gehen hoch und ließen den ganzen Schenkel sehen. Die Spartaner<strong>in</strong>nen,<br />

die auch beim Wettkampf ihre Kleidung ablegten und die<br />

beim Gehen möglichst weit ausschreiten wollten, unterschieden sich<br />

dadurch von den Athener<strong>in</strong>nen<br />

Noch e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Kle<strong>in</strong>kunst hält das Bild <strong>der</strong> <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong><br />

<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise fest: die Münzprägung. Mit Bewun<strong>der</strong>ung betrachten<br />

wir heute die kle<strong>in</strong>en Silbermünzen, die e<strong>in</strong>st von Hand zu<br />

Hand g<strong>in</strong>gen. Kurt Lange sagt darüber: "Wenn uns von den Griechen<br />

nichts geblieben wäre als ihre Münzen, so wären sie uns nicht verloren.<br />

Während die Weihestätten <strong>der</strong> großen Kunst als Trümmerfel<strong>der</strong><br />

auf uns gekommen s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong>en den Zufallslau-nen anheimgegebene<br />

Reste uns den ganzen Umfang des Verlustes ermessen lassen, bewahrt<br />

die Prägung den ungebrochenen Schimmer fünfhun<strong>der</strong>tjähriger, <strong>in</strong><br />

stetem Wandel begriffenen Schöpferleistung. Auf diesen Münzen lebt<br />

<strong>der</strong> Glanz e<strong>in</strong>er unvergleichlichen Kunstentfaltung Sie haben uns<br />

unvermittelt das Antlitz <strong>der</strong> Götter bewahrt, <strong>in</strong> dem sich das griechische<br />

Antlitz spiegelt."<br />

Die griechische <strong>Frau</strong> unterscheidet sich nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em von <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong>,<br />

daß sie altern muß und sterbli~h ist Sonst aber wagt es die Kunst,<br />

im menschlichen Abbild das göttliche Urbild zu zeigen. Wir selbst<br />

können es kaum unterscheiden, ob wir dem Bildnis e<strong>in</strong>er Gött<strong>in</strong> o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>er <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong> gegenüberstehen, wohl aber wußten es die<br />

Menschen <strong>der</strong> Antike. Sicher gehen wir aber bei e<strong>in</strong>er Münze, die mit<br />

e<strong>in</strong>em <strong>Frau</strong>enbildnis geschmückt ist, daß es sich um e<strong>in</strong>e Gött<strong>in</strong><br />

handelt; denn niemals erschien vor <strong>der</strong> hellenistischen <strong>Zeit</strong> das Bild<br />

e<strong>in</strong>es Menschen auf e1ner Münze


- 6 -<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s berühmt war die Münzprägung von Sizilien. Bewun<strong>der</strong>ung<br />

und Entzücken erregen noch heute die MOnzen <strong>der</strong> Stadt Syrakus,<br />

die jahrzehntelang das Porträt <strong>der</strong> Uuellnymphe Arethusa trugen.<br />

Bald nach 530 v. Chr. ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> weibliches Kbpfchen auf den<br />

Münzen, dessen nach archaischer Sitte geperltes Haar<br />

".J..<br />

mlL e<strong>in</strong>em<br />

Band zusammengehalten wird. Im Lauf <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> sprengt das Antlitz<br />

den quadratischen Rahmen von dem es umschlosssen war, und das<br />

Haupt wird nun von spielenden Delph<strong>in</strong>en umgeben und immer wie<strong>der</strong><br />

aufs neue durchkomponiert. Immer komplizierter, immer modischer<br />

wird die Frisur, entwe<strong>der</strong> werden lose Locken von e<strong>in</strong>em Band zusammengehalten,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jungmädchenschopf hochgebunden o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kunstvollen Knoten geschlungen und mit e<strong>in</strong>em Netz befestigt. Perlenkette<br />

nd Ohrgehänge zieren das jugendliche Antlitz. 480 nach <strong>der</strong><br />

Schlacht von Himera ersche<strong>in</strong>t das <strong>Frau</strong>enbild wie<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er<br />

schlichten Haarfrisur, ke<strong>in</strong> Netz, ke<strong>in</strong>e Perlen, alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> s~t1Ti0ht:er<br />

Ö 1 z w e i g i s t<br />

u m d a s H a u p t g e s c h 1 u n g e n • f\'1 a n g 1 a u b t e d a h e r e i n<br />

Idealbild <strong>der</strong> Fürst<strong>in</strong> Damarete gefunden zu haben. Diese Fürst<strong>in</strong>,<br />

e<strong>in</strong>e Gemahl<strong>in</strong> des Tyrannen Gelon, hatte sich <strong>in</strong> dem Krieg nicht<br />

nur für die eigenen Verwundeten, son<strong>der</strong>n auch für die gefangenen<br />

Karthager e<strong>in</strong>gesetzt und versucht, auch ihre Wunden versorgen und<br />

heilen zu lassen. Dafür bedankten sich die karthagischen Gesandten<br />

beim Abschluß des Friedensvertrages und Oberreichten ihr e<strong>in</strong>en<br />

goldenen Kranz im Wert von 100 Talenten. Die Fürst<strong>in</strong> Damarete bestimmte,<br />

daß er <strong>in</strong> Silbermünzen umgetauscht wurde und mit <strong>der</strong>en Hilfe<br />

die Zwangsanleihe zurückgezahlt wurde, die den Bürgern von Gelon<br />

auferlegt worden war. So wäre es denkbar, daß die neugeprägten<br />

Münzen ihr Bildnis trugen, denkbar für uns, aber nicht für die<br />

Menschen <strong>der</strong> damaligen <strong>Zeit</strong>. Doch mag sie auch nicht auf den Münzen<br />

dargestellt worden se<strong>in</strong>, ihr Andenken ist bewahrt geblieben, man<br />

bezeichnet heutzutage solch e<strong>in</strong>e f"lünze als "Dama.reteion". Auch ich<br />

b<strong>in</strong> durch e<strong>in</strong>e Straße <strong>in</strong> Syrakus gegangen, die ihren Namen trug.<br />

In gewissem S~ne<br />

war die Welt <strong>der</strong> <strong>griechischen</strong> <strong>Frau</strong> noch naturverbundener,<br />

noch umfassen<strong>der</strong> als unsere. <strong>Das</strong> gilt vor allem für die<br />

Frühzeit, für die ländlichen Geme<strong>in</strong>schaften. Aber auch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

klassischen <strong>Zeit</strong>, gab es für die <strong>Frau</strong> Aufgaben und Veranwortung<br />

ge g z t agc<br />

r :<br />

Jj_ 1 te <strong>in</strong> i11 r bürg rli n K ltur, i i m<br />

Geme<strong>in</strong>wesen, das von dem Mann Mitregierung und Kriegsdienst for<strong>der</strong>te.<br />

Der Staat gründete sich auf die Urzelle <strong>der</strong> Familie, die


- 7 -<br />

E<strong>in</strong>ehe. Man verlange damals noch nicht wie heute vom Staat Ausbildung<br />

und Versorgung. Die <strong>Frau</strong> war alle<strong>in</strong> auf ihre Familie angewiesen:<br />

Väter, Brü<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Ehemann o<strong>der</strong> die Söhne hatten die<br />

Verpflichtung, für die <strong>Frau</strong>en <strong>der</strong> Familie zu sorgen. Sie selbst<br />

hatte wenig Mitspracherecht, wenn sie verheiratet wurde, und hatte<br />

wenig rechtliche Ansprüche <strong>in</strong> ihrem Eheleben Doch verliert dieser<br />

Zustand an Schärfe, wenn man bedenkt, daß an alle Familienmitglie<strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ungen gestellt wurden. Es gilt <strong>der</strong> gleiche Grundsatz für<br />

den privaten Bereich, den Werner Fuchs für den Bereich <strong>der</strong> Kunst<br />

formuliert hat:<br />

"Nie geht es dem Griechen um das bloß Zufällig-Individuelle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

menschlichen Gestalt, son<strong>der</strong>n immer um das Allgeme<strong>in</strong>e das Gesetzmäßige,<br />

das wahrhaft Geordnete."<br />

Niemand erstrebte über das Geme<strong>in</strong>wohl h<strong>in</strong>aus auch noch e<strong>in</strong>e persönliche<br />

Freiheit. Alles Maßlose wurde verworfen.<br />

Der Grieche beanspruchte e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>imum an häuslicher Bequemlichkeit<br />

an Kleidung, Essen, Möbel o<strong>der</strong> Geräten. E<strong>in</strong> schönes Klima bot dazu<br />

allerd<strong>in</strong>gs Hilfestellung; denn großenteils konntesich das <strong>Leben</strong> im<br />

Freien abspielen. Dankbar genießen das auch die Griechen, und<br />

Herodot schreibt:<br />

"Den Randgebieten des Erdkreises s<strong>in</strong>d die schönsten Güter zuteil<br />

geworden, während Hellas bei weitem die schönste Mischung <strong>der</strong><br />

Jahreszeiten besitzt."<br />

Durch die günstige Wetterlage konnte man auf e<strong>in</strong>e Heizung weitgehend<br />

verzichten; auf den Straßen, <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>en Höfen und Gärten<br />

spielten die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, trafen sich die <strong>Frau</strong>en bei <strong>der</strong> Arbeit.<br />

Reisen unternahm man noch nicht aus Vergnügen son<strong>der</strong>n um e<strong>in</strong>es<br />

Geschäftes o<strong>der</strong> um e<strong>in</strong>er Erbschaft willen. Jede Reise war beschwerlich<br />

und konnte nur durch die Sitte <strong>der</strong> Gastfreundschaft<br />

e r 1 e i c h t e r t w e r d e n • I m a 11 g e m e i n e n b e g a b s i c h a 11 e i n d e r r~ a n n a u f<br />

die Reise, die <strong>Frau</strong> blieb zu Hause.<br />

Von allen Arbeiten, die <strong>der</strong> Haushalt <strong>der</strong> <strong>Frau</strong> auferlegte, wird am<br />

h~ufigsten<br />

das Sp<strong>in</strong>nen und Weben genannt. Auch auf den Grabste<strong>in</strong>en<br />

meißelte man die Darstellung e<strong>in</strong>es Wollkorbes häufig e<strong>in</strong>. Sp<strong>in</strong>nen<br />

und Weben s<strong>in</strong>d Handfertigkeiten, die Geduld, Geschick und Formgefühl<br />

verlangen.


- 8 -<br />

In dem Hochzeitslied des Theokrit heißt es von <strong>der</strong> Braut Helena:<br />

Ke<strong>in</strong>e verwahret so fe<strong>in</strong>gesponnene Knäuel im Korbe,<br />

ke<strong>in</strong>e noch wob im künstlichen Stuhl mit dem Schiffchen e<strong>in</strong> dichteres<br />

Zeug und schnitt das Gewebe vom langen Baume herunter,<br />

ke<strong>in</strong>e versteht so lieblich die kl<strong>in</strong>gende Zither zu rühren,<br />

s<strong>in</strong>gend <strong>der</strong> Artemis Lob und <strong>der</strong> männlich gerüsteten Pallas<br />

als Helena, du, die mit Anmut blicket und Liebreiz.<br />

Neben die musische Ausbildung, die hier genannt wird und auf die<br />

w i r s p ä t e r n o c h e i n,Jn a 1 z u r ü c k k o m m e n , t r i t t a 1 s o d i e i n d e n h ä u s -<br />

liehen Künsten,die damals noch als wirkliche Künste galten und<br />

entsprechend mit Liebe ausgeführt wurden Sp<strong>in</strong>del und Webstuhl gut<br />

zu beherrschen, war auch e<strong>in</strong>er königlichen <strong>Frau</strong> durchaus würdig.<br />

Die Gött<strong>in</strong> Hera, so erzählt uns Homer, schmückte sich, um ihren<br />

Gemahl Zeus zu entflammen und von den Ereignissen <strong>in</strong> Troja abzulenken,<br />

mit e<strong>in</strong>em von <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong> Athene selbst gewirkten Gewand,<br />

<strong>in</strong> das kunstreiche Muster e<strong>in</strong>gewebt waren. Sie erreicht ihre Absicht<br />

und bezaubert ihren Gemahl. Ovid erzählt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong>er<br />

Metamorphosen vom Wettkampf <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong> Athene mit <strong>der</strong> kunstreichen<br />

Weber<strong>in</strong> Arachne, die fast durch ihre herrlichen Bil<strong>der</strong>, die sie <strong>in</strong><br />

d e n S t o f f e i n g e _ __ wo b e n h a t t e , d i e G ö t t i n b e s i e g t h ä t t e • F ü r i h r e n<br />

Übermut wurde sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sp<strong>in</strong>ne verwandelt. Die Fürst<strong>in</strong> Penelope<br />

webt dem Schwiegervater Laertes das Totengewand mit schönen Mustern.<br />

Sie hat geschworen, nicht eher an den Tod des Odysseus zu glauben<br />

und e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Freier als neuen Gemahl zu erwählen, bis das Gewand<br />

fertig ist. Deshalb trennt sie nachts immer wie<strong>der</strong> auf, was sie<br />

am Tage gewebt hat, um den Entscheid herauszuzögern.<br />

Ähnlich geehrt wie <strong>der</strong> Webstuhl ist entsprechend die Sp<strong>in</strong>del. Auch<br />

Sp<strong>in</strong>nen galt ke<strong>in</strong>eswegs als Sklavenarbeit. Man hat das heutzutage<br />

wie<strong>der</strong> neu verstanden. E<strong>in</strong>e wohlgelungene Handarbeit macht auch<br />

heute wie<strong>der</strong> je<strong>der</strong> <strong>Frau</strong> große Freude. Nach e<strong>in</strong>er zeitweisen Überbewertung<br />

<strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>enweberei, <strong>der</strong> Konfektionsherstellung und<br />

<strong>der</strong> Nylonstoffe, schätzt man wie<strong>der</strong> handgesponnene und handgewebte<br />

Stoffe, selbstgestrickte Schals und Pullover<br />

So sieht man schon <strong>in</strong> vielen Schaufenstern und Häusern das Sp<strong>in</strong>nrad<br />

stehen. Im Altertum bes<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> Dichter Theokrit e<strong>in</strong>e kostbare<br />

elfenbe<strong>in</strong>erne Sp<strong>in</strong>d 1, die e<strong>in</strong>e <strong>Frau</strong> <strong>der</strong> Gatt<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es fernen Freundes<br />

schenken möchte:


- 9 -<br />

0 Sp<strong>in</strong>del, Wollefreund<strong>in</strong>, du Geschenk<br />

Athenes mit den blauen Augen, du,<br />

nach <strong>der</strong> <strong>in</strong> je<strong>der</strong> klugen Hausfrau Brust<br />

e<strong>in</strong> Wunsch sich regt<br />

und die Geber<strong>in</strong> malt sich dann die Übergabe ihre Geschenkes aus:<br />

Ich lege dann<br />

<strong>der</strong> Gatt<strong>in</strong> me<strong>in</strong>es Freundes <strong>in</strong> die Hand<br />

zur Gabe dich, des glatten Elfenbe<strong>in</strong>s,<br />

des mühevollen, Tochter. Künftigh<strong>in</strong><br />

wirst du mit ihr zu Männerklei<strong>der</strong>n oft<br />

und zarten Röcken, wie die <strong>Frau</strong>en dort<br />

sie tragen, schön vollenden e<strong>in</strong> Gesp<strong>in</strong>st •••<br />

Vor allem freut es uns zu hören, daß die Arbeit froh getan wird.<br />

So heißt es bei Homer im 5. Gesang <strong>der</strong> Odyssee, als Hermes die<br />

Gött<strong>in</strong> Kalypso aufsucht:<br />

"Und eilte, bis er erreichte die große Grotte, wo jene<br />

Lockige Nymphe wohnte, Sie sang im Hause mit lieblicher Stimme<br />

Und schritt am Webstuhl h<strong>in</strong> und webte mit goldenem Kamme."<br />

So wie für die Gött<strong>in</strong> es ke<strong>in</strong>e Schande war zu weben, war es für<br />

die Phäaken-Königstochter ke<strong>in</strong>e Schande, die Wäsche zu waschen.<br />

Im Gegenteil, die schwere Arbeit wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong> heiteres Spiel verwandelt.<br />

Der Vater gibt <strong>der</strong> Tochter e<strong>in</strong>en Wagen mit leichten,<br />

hübschen Rä<strong>der</strong>n, die Knechte spannen die Maultiere e<strong>in</strong>. Die Mutter<br />

gibt ihr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Korb Gebäck, Obst und We<strong>in</strong> mit, sie vergißt auch<br />

nicht e<strong>in</strong> Fläschchen Öl, damit die jungen Mädchen nach getaner<br />

Arbeit baden und sich salben können. Und so wird denn nach dem<br />

Waschen fröhlich getafelt gebadet und mit dem Ballspiel begonnen,<br />

allen voran tanzt und s<strong>in</strong>gt die Königstochter Nausikaa, bis es zu<br />

<strong>der</strong> unerwarteten Begegnung mit dem schiffbrüchigen Odysseus kommt<br />

Als sie aber wie<strong>der</strong> nach Hause kehrt, treten ihre Brü<strong>der</strong> aus dem<br />

Hause, spannen die Tiere ab und tra9en die Wäsche <strong>in</strong> die Kammern.<br />

Also auch Königssöhne hielten sich nicht zu gut dafür, ihrer<br />

Schwester zu helfen.<br />

Wie sehr würde sich e1ne <strong>Frau</strong> im Altertum gewun<strong>der</strong>t haben, daß wir<br />

die Bildung e<strong>in</strong>er <strong>Frau</strong> danach beurteilen, ob sie lesen o<strong>der</strong> schreiben<br />

kann o<strong>der</strong> ob sie Analphabet<strong>in</strong> ist, nicht aber danach, ob sie


- 10 -<br />

die weiblichen KUnste des Sp<strong>in</strong>nens, Webens und TeppichknUpfens<br />

versteht. Zwar besuchte das griechische Mädchen ke<strong>in</strong>e Schule wie<br />

die Knaben, aber es ist trotzdem noch nicht gesagt, daß sie das<br />

Lesen und das Schreiben nicht zu Hause erlernte. Denn diese beiden<br />

grundlegenden Fertigkeiten bilden ja nur die Voraussetzung für e<strong>in</strong>e<br />

Bildung, nicht ihren Inhalt. Die hUbsehe Geschichte von dem Liebesapfel,<br />

die Kallimachos berichtet, zeigt uns e<strong>in</strong> junges Mädchen, das<br />

sehr wohl schreiben und lesen kann. Der Inhalt lautet kurz gefaßt so:<br />

E<strong>in</strong> JUngl<strong>in</strong> Akontios verliebte sich <strong>in</strong> Delos am Fest <strong>der</strong> Artemis <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e schbne Athener<strong>in</strong> Kydippe. Da er ke<strong>in</strong> BUrger von Athen war,<br />

son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Insel Kos stammte und fürchtete, als Schwiegersohn<br />

abgewiesen zu werden, dachte er sich folgende List aus: Er ließ im<br />

Tempel vor die Füße se<strong>in</strong>er Angebeteten e<strong>in</strong>en Apfel rollen, <strong>in</strong> dessen<br />

Schale er geritzt hatte: ''Bei <strong>der</strong> Gbtt<strong>in</strong> Artemis, ich werde nur den<br />

Akontios heiraten!" <strong>Das</strong> Mädchen hob den Apfel auf und las laut, wie<br />

man es stets <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike tat, die e<strong>in</strong>geritzten Worte. Damit hatte<br />

sie aber e<strong>in</strong>en Schwur im Tempel <strong>der</strong> Gbtt<strong>in</strong> getan, den diese eifersüchtig<br />

bewachte. Vergeblich suchten sich die Eltern zu weigern.<br />

Jedesmal, wenn <strong>der</strong> Vater dem Mädchen e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Bräutigam zuführte,<br />

schickte ihr die Gött<strong>in</strong> Artemis e<strong>in</strong>e Krankheit. Schließlich<br />

gaben die Eltern nach und verheirateten sie mit Akontios.<br />

In den seltensten Fällen gab es allerd<strong>in</strong>gs fUr junge Mädchen e<strong>in</strong>e<br />

höhere Schulbildung. Wir kennen e<strong>in</strong>ige wenige Ausnahmen. So 1uissen<br />

wir von SchUler<strong>in</strong>nen des Pythagoras die als beson<strong>der</strong>s gelehrt<br />

galten. Zu <strong>der</strong> Gleichberechtigung, die Platon for<strong>der</strong>te, fand sich<br />

die griechische Gesellschaft <strong>in</strong> dieser Beziehung noch cht bereit.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs waren es die Hetären, die <strong>der</strong> freien Liebe lebten und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Männerwelt außerhalb <strong>der</strong> Familie erkehrten, die sich e<strong>in</strong>e<br />

höhere Bildung aneigneten, wie es z. B. spasia, <strong>der</strong> Geliebten und<br />

späteren Gatt<strong>in</strong> des Perikles bezeugt ist. Wenn wir dem Dichter<br />

Euripides Glauben schenken, hatten nur wenige <strong>Frau</strong>en sonst das Bedürfnis,<br />

über den Kreis ihrer fraulichen Tätigkeiten h<strong>in</strong>auszugehen.<br />

Der <strong>Frau</strong>enchor <strong>in</strong> dem Drama Medea'' s<strong>in</strong>gt nämlich:<br />

Ernster Betrachtung hab' ich bereits mich<br />

öfter geweiht und kühneren R<strong>in</strong>gens<br />

mich im Forschen vertieft, mehr als es geziemt<br />

dem weiblichen Geist. Docl1 wohnet im Weib auch<br />

iebe <strong>der</strong> Bildung, die sich gesellt zum Triebe<br />

des Wissens zw r jeglicher nicht,<br />

nur wenigen.


Abb. 72. Mädchen beim Wasserholen. Attisch-schwarzfigurige Hydria (nach 550 v. Chr.). Villa Giulia,<br />

Rom (Inv. 4 7 54 7).<br />

besucht. Aber fanden solche Gastmähler<br />

denn oft statt? Speiste <strong>der</strong><br />

Athener, wenn er zu Hause blieb, alle<strong>in</strong><br />

am Tisch und unterhielt sich nicht mit<br />

<strong>Frau</strong> und K<strong>in</strong><strong>der</strong>n? Die völlig an<strong>der</strong>en<br />

materiellen und sozialen Voraussetzungen,<br />

unter denen wir leben, und unser<br />

jahrhun<strong>der</strong>tealtes romantisches Erbe<br />

h n dazu geführt, daß wir viele<br />

Stellen falsch deuten.<br />

Weiterh<strong>in</strong> setzt sich Kitto mit dem<br />

Argument ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, daß die Mädchenbildung<br />

vernachlässigt wurde und<br />

nur die Knaben die Schule besuchten:<br />

"Wir gehen von e<strong>in</strong>er Annahme aus, die<br />

ebensowohl richtig wie falsch se<strong>in</strong> kann,<br />

nämlich, }'>'eil e<strong>in</strong> Mädchen nicht zur<br />

Schule geht, es deshalb auch nicht lesen<br />

und schreiben kann. Es kommt auch<br />

heute oft genug vor, daß die K<strong>in</strong><strong>der</strong> die<br />

Kunst des Lesens zu Hause lernen, und<br />

was wir sonst von <strong>der</strong> athenischen<br />

Intelligenz und Wißbegzer wissen, macht<br />

unsere Annahme höchst ungewiß. Sodann,<br />

wer heute nicht lesen kann, ist e<strong>in</strong>e<br />

Art Untermensch; aber das<br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bücher e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>igermaßen seltene Sache s<strong>in</strong>d. Für<br />

den gewöhnlichen Athener war es<br />

ziemlich gleichgültig, ob er lesen konnte<br />

o<strong>der</strong> nicht. Die Quelle se<strong>in</strong>er Bildung<br />

war das Gespräch, die politische Debatte,<br />

das Theater - sehr viel mehr als<br />

das geschriebene Wort! Der Knabe<br />

wurde nicht <strong>in</strong> die Schule geschickt, um<br />

für e<strong>in</strong> Zeugnis zu arbeiten und sich<br />

damit die , Vorteile <strong>der</strong> Bildung' zu<br />

vers~haffen (das heißt die Qualifikation<br />

für e<strong>in</strong>en höheren Beruf, <strong>der</strong> über <strong>der</strong><br />

Handarbeit steht): <strong>der</strong> Grieche<br />

schickte se<strong>in</strong>e Knaben <strong>in</strong> die Schule,<br />

damit sie dort zu rechten Männern<br />

gemacht wurden, zu Männern von<br />

Charakter, gutem Benehmen und gesun<strong>der</strong><br />

Körperkraft. Natürlich lehrte man<br />

sie lesen und schreiben, aber das kann<br />

nicht sehr lange beansprucht haben. Der<br />

Rest des Elementarunterrichts bestand<br />

im Erlernen von Gedichten, <strong>in</strong> Gesang<br />

und körperlichen Übungen. Musik<br />

diente hauptsächlich <strong>der</strong> Erziehung zur<br />

Sittlichkeit, Charakter und Weisheit;<br />

und auch die Gymnastik galt nzcht<br />

zuletzt <strong>der</strong> moralischen Ertüchtigung.<br />

_,<br />

Was tut nun das Mädchen unterdessen?<br />

Sie wurde von ihrer Mutter <strong>in</strong> den<br />

Künsten <strong>der</strong> Hausfrau unterwiesen.<br />

Wenn wir ,Hausarbeit' sagen, dann<br />

kl<strong>in</strong>gt das herabsetzend; aber wenn ·<br />

,Hauswirtschafts/ehre' sagen, d,,,j 11<br />

kl<strong>in</strong>gt das höchst respektabel. Wir haben<br />

gesehen, wie vielseitig die Verantwortung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frau</strong> war, und es ist e<strong>in</strong>e ganz<br />

willkürliche Annahme, daß sie nichts<br />

an<strong>der</strong>es lernte; daß ihr Vater nie über<br />

Politik mit ihr sprach, ist durch die<br />

Neaira-Stelle wi<strong>der</strong>legt" (S. 186 ff.).<br />

E<strong>in</strong> sehr anschauliches Bild über die<br />

vielseitige Verantwortung <strong>der</strong> <strong>Frau</strong> iq<br />

uns <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftslehre des Xenuphon<br />

erhalten geblieben.<br />

enophon, aus e<strong>in</strong>em adligen athenisehen<br />

Geschlecht, war e<strong>in</strong> Schüler des<br />

Sokrates. Im Jahre 401 trat er <strong>in</strong> das<br />

griechische Expeditionskorps des persischen<br />

Pr<strong>in</strong>zen Kyros e<strong>in</strong> und leitete<br />

nach <strong>der</strong> Katastrophe von Kunaxa mit<br />

Erfolg den Rückzug <strong>der</strong> 10000 <strong>griechischen</strong><br />

Söldner. Wegen se<strong>in</strong>er Teilnah-·<br />

me an spartanischen Unternehmungen<br />

bürgerte ihn Athen aus, und er lebte<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Zeit</strong>lang auf se<strong>in</strong>em Landgut<br />

Skillus bei Olympia, bis er später nach<br />

Aufhebung des Verbannungsurteils<br />

nach Kor<strong>in</strong>th übersiedelte. Se<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />

Werk Oikonomikos (d. h. über die<br />

richtige Führung e<strong>in</strong>es Haushaltes)<br />

wird heute nicht mehr so viel gelesen<br />

wie se<strong>in</strong>e Anabasis. Für uns bietet es<br />

aber das hübsche Bild e<strong>in</strong>es jungen<br />

<strong>griechischen</strong> Ehepaares, dessen Anschauungen<br />

von Athen geprägt s<strong>in</strong>d,<br />

auch wenn das Gut auf <strong>der</strong> Peleponnes<br />

liegt.<br />

In <strong>der</strong> <strong>in</strong> Dialogform abgefaßten<br />

Schrift erzählt <strong>der</strong> Gutsherr lschomachos<br />

se<strong>in</strong>em Freund Sokrates von se<strong>in</strong>er<br />

jungen Ehefrau:<br />

"Es schien mir das Natürlichste, ihr<br />

zuerst Wesen und Umfang des Wohnhauses<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen. Denn nicht<br />

mit Werken <strong>der</strong> dekorativen Kunst s<strong>in</strong>d<br />

die Räume geschmückt, son<strong>der</strong>n zu dem<br />

Zwecke angelegt, daß sie den für sie<br />

bestimmten Bewohnern möglichst praktisch<br />

ersche<strong>in</strong>en. Die Vorratskammer,<br />

welche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sicheren Teil des Hauses<br />

liegt, ist dazu e<strong>in</strong>gerichtet, das Wertvollste<br />

an Teppichen und Gerätschaften<br />

aufzunehmen. In die trockenen Räume<br />

gehört das Getreide, <strong>in</strong> die feuchten <strong>der</strong><br />

We<strong>in</strong>, für die hellen s<strong>in</strong>d die Arbeitsgeräte,<br />

an denen man bei Licht arbeiten<br />

muß. Die Wohnräume müssen im<br />

Sommer kühl, aber im W<strong>in</strong>ter warm, das<br />

Haus muß nach Süden h<strong>in</strong> offen se<strong>in</strong>.<br />

56


Ich setzte ihr auch ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, daß das<br />

Mägdezimmer durch e<strong>in</strong>e mit Zapfen<br />

versehene Tür von dem Knechtszimmer<br />

getrennt se<strong>in</strong> müsse, damit nicht Ungehöriges<br />

daraus entfernt werde und die<br />

Dienerschaft nicht ohne unsere Genehmigung<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verkehre. Brave<br />

verheiratete Dienstboten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Regel noch freundlicher gegen die<br />

Herrschaft, e<strong>in</strong> nichtsnutziger Knecht<br />

aber im Bunde mit e<strong>in</strong>er gleichges<strong>in</strong>nten<br />

Magd neigt noch viel mehr zu Schlechtigkeiten.<br />

Nun ordneten wir die bewegliche<br />

Habe: Zunächst stellten wir das zusammen,<br />

was wir zum Opfern brauchten.<br />

Dann sortierten wir den <strong>Frau</strong>enschmuck<br />

für festliche Gelegenheiten, die Gewän<strong>der</strong><br />

des Mannes für Feste und den Krieg,<br />

die Teppiche und Decken für die<br />

Gemächer <strong>der</strong> <strong>Frau</strong>en, endlich das<br />

Schuhwerk für alle. E<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Klasse bildeten die Waffen, e<strong>in</strong>e beson-<br />

. <strong>der</strong>e die Gerätschaften zum Sp<strong>in</strong>nen, die<br />

Werkzeuge für Küche und Speisekammer,<br />

für das Bad, für das Backen und<br />

endlich das Tischgerät -. Als ich ihr<br />

gezeigt hatte, wo je<strong>der</strong> Gegenstand zu<br />

liegen hatte, legte ich ihr ans Herz, ihn <strong>in</strong><br />

gutem Zustand zu erhalten -. Bei<br />

alledem versicherte ich me<strong>in</strong>er <strong>Frau</strong>, daß<br />

alle Mühe umsonst sei, wenn sie sich<br />

nicht selbst darum kümmerte, daß die<br />

Ordnung überall aufrecht erhalten werde;-·Sze<br />

sollte. <strong>in</strong> eigener Person Hüter<strong>in</strong><br />

I<br />

•<br />

<strong>der</strong> Satzungen des Hauses se<strong>in</strong>, das<br />

Inventar nachprüfen wie <strong>der</strong> Festungskommandant<br />

die Wachen, wie <strong>der</strong> Rat<br />

Roß und Reiter prüft und kraft ihrer<br />

Machtfülle wie e<strong>in</strong>e König<strong>in</strong> den Würdigen<br />

loben und beschenken, denjenigen<br />

schelten und züchtigen, <strong>der</strong> Tadel<br />

verdient. Ich machte ihr klar, daß sie<br />

ke<strong>in</strong>en Grund hätte, über die vielen<br />

Pflichten ungehalten zu se<strong>in</strong>. Sie müsse<br />

mehr Pflichten haben als die Dienerschaft,<br />

die das Eigentum des Herrn nur<br />

pflegt und bewahrt, während nur die<br />

Herrschaft es benutzt und genießt"<br />

(Auszug aus Kap. 9).<br />

Ischomachos geht von dem Grundgedanken<br />

aus, daß <strong>der</strong> Besitz beiden<br />

Ehegatten geme<strong>in</strong>sam gehört, und daß<br />

es schwer zu entscheiden ist, ob <strong>der</strong><br />

Abb. 73. Tanzendes Mädchen. Rotfiguriges Mischgefäß (um 420 v. Chr.). Staat!. Museen, Berl<strong>in</strong>-Ost (Inv. F 2400).<br />

li<br />

F<br />

I<br />

~<br />

I ,.<br />

Mann o<strong>der</strong> die <strong>Frau</strong> größere sittlich<br />

Vorzüge hat. Beide müssen gemäß ihre<br />

verschiedenen Veranlagung zu e<strong>in</strong>em<br />

geme<strong>in</strong>samen Ganzen <strong>in</strong> verschiedene<br />

Aufgabenbereichen wirken. Ischoma<br />

chos hat se<strong>in</strong>e junge <strong>Frau</strong> im Alter vo<br />

15 Jahren geheiratet. Im Elternhau<br />

wurde sie mit größter Sorgfalt erzogen<br />

"so daß sie möglichst wenig sah, fragt<br />

und härte". Es wird sich aber vermut<br />

lich nicht um e<strong>in</strong> streng von allem<br />

abgeschirmtes Mädchen, son<strong>der</strong>n ehe<br />

um e<strong>in</strong>e etwas verwöhnte junge Dam<br />

gehandelt haben, so wie man heut<br />

noch <strong>in</strong> <strong>griechischen</strong> Familien beobach<br />

ten kann, daß die junge Tochter de<br />

Schatz des Hauses ist und man ihr ger<br />

e<strong>in</strong> paar kurze sorglose Jahre gönnt, d<br />

später doch <strong>der</strong> Ernst des <strong>Leben</strong><br />

unweigerlich an sie herantritt. Dahe<br />

brauchte die kle<strong>in</strong>e Braut nicht viel z<br />

arbeiten, und man hielt ihr di<br />

Gespräche um Haushalts- und Ge<br />

schäftssorgen fern. Ischomachos is<br />

aber trotzdem mit ihrer Erziehung<br />

zufrieden; denn sie versteht es, Wolle<br />

zu verarbeiten, und sie weiß, wievie


man von e<strong>in</strong>er Sp<strong>in</strong>ner<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Weber<strong>in</strong><br />

als Tagesleistung verlangen kann.<br />

Außerdem hat sie ausgezeichnet gelernt,<br />

im Essen Maß zu halten, und dies<br />

sche<strong>in</strong>t ihrem Ehemann <strong>der</strong> wichtigste<br />

Punkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erziehung für alle K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

zu se<strong>in</strong>.<br />

Die junge <strong>Frau</strong> erzählt ihm, daß ihre<br />

Mutter ihr die Lehre auf den <strong>Leben</strong>s­<br />

\veg mitgegeben habe, immer um die<br />

Sophrosyne (crwcpgocruv11) bemüht zu<br />

se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Begriff, <strong>der</strong> ebenso Besonnenheit<br />

und Selbstbeherrschung bedeutet<br />

wie auch Mäßigung und Anstand. Der<br />

Bräutigam hat von se<strong>in</strong>en Eltern den<br />

gleichen Rat erteilt bekommen und ist<br />

daher sehr erfreut diese Übere<strong>in</strong>stimmung.<br />

.,,<br />

Der Schriftsteller Xenophon will ke<strong>in</strong><br />

~büchle<strong>in</strong> verfassen, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es<br />

uoer die gute Wirtschaftsführung. Um so<br />

e<strong>in</strong>drucksvoller ist die sittliche Grundlage<br />

se<strong>in</strong>er Schrift. Der Erfolg <strong>der</strong> guten<br />

Grundsätze und <strong>der</strong> sorgfältigen Belehrung<br />

des Eheherrn stellt sich auch dann<br />

bald e<strong>in</strong>. Aus dem 15jährigen kle<strong>in</strong>en<br />

Mädchen, <strong>in</strong> dessen Hände schon das<br />

Recht zu strafen und zu belohnen gelegt<br />

worden ist, wird e<strong>in</strong>e besonnene, fröhliche<br />

Hausfrau, <strong>der</strong> ihr Mann alle<br />

häuslichen Angelegenheiten übergeben<br />

kann, so daß er frei ist für den täglichen<br />

Gang zur Stadt und für die Übernahme<br />

politischer Ämter. Denn im Hause weiß<br />

er alles <strong>in</strong> bester Ordnung.<br />

Der ganze Abschnitt über die Aufgaben<br />

<strong>der</strong> <strong>Frau</strong> würde uns reichlich<br />

trocken und lehrhaft ersche<strong>in</strong>en, enthielte<br />

er nicht e<strong>in</strong>ige kle<strong>in</strong>e amüsante<br />

Episoden. So hat die junge Gutsherr<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>es Tages zu Pu<strong>der</strong> und Rouge<br />

gegriffen und sich hochhackige Sandalen<br />

über die Füße gezogen. Sie wie<strong>der</strong>holt es<br />

aber nie mehr, als sie von ihrem Mann<br />

hört, daß ihm solche "Vorspiegelungen<br />

falscher Tatsachen" nicht gefallen und er<br />

ihr recht mo<strong>der</strong>n anmutende kosmetische<br />

Ratschläge gibt. Vor allem soll sie<br />

sich bewegen und nicht den ganzen Tag<br />

sitzen wie e<strong>in</strong>e Sklav<strong>in</strong> (geme<strong>in</strong>t ist sicher<br />

e<strong>in</strong>e Sp<strong>in</strong>ner<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Weber<strong>in</strong>), son<strong>der</strong>n<br />

sie soll im Hause herumgehen, die<br />

Aufsicht führen und bei allen Arbeiten<br />

noch etwas dazulernen. Sie soll auch die<br />

häuslichen Anstrengungen nicht scheuen<br />

und überall selbst mit anfassen: Brot<br />

anrühren und kneten, Betten schütteln<br />

und Tücher zusammenfalten. Wenn sie<br />

sich Bewegung macht, schmeckt ihr das<br />

Essen besser und sie fühlt sich wohler.<br />

Dann stellt sich die gute Gesichtsfarbe<br />

von selbst e<strong>in</strong> (vgl. Kap. 10).<br />

Alles <strong>in</strong> allem: es ist ke<strong>in</strong>e rechtlose<br />

und unterdrückte <strong>Frau</strong>, die uns <strong>in</strong><br />

Xenophons Wirtschaftslehre und damit<br />

als Typ Bürger<strong>in</strong>nen Athens entgegentritt.<br />

Die <strong>in</strong>blick <strong>in</strong> bürgerlich-häusliche<br />

Verhältnisse ist außerordentlich<br />

selten. Wir dürfen nicht vergessen, daß<br />

die ausführliche Milieuschil<strong>der</strong>ung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Roman o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Novelle<br />

unseren heutigen Lesern gefällt, aber<br />

ansche<strong>in</strong>end den Griechen unwichtig .<br />

erschien, wie auch ihr privater Hausbau<br />

<strong>der</strong> Stadt ke<strong>in</strong> Gepräge gab, son<strong>der</strong>n<br />

Abb. 74. Mädchen beim Baden. Attisch-schwarzfigurige Amphora. Staat!. Museen, Berl<strong>in</strong>-Ost (Inv.<br />

F !843).<br />

alle<strong>in</strong> die öffentlichen Bauten. Die<br />

klassische griechische Literatur kümmerte<br />

sich nicht um Individuen, son<strong>der</strong>n<br />

um Leitbil<strong>der</strong>. Auch darauf weist Kitto<br />

h<strong>in</strong>, wenn er sagt: "In se<strong>in</strong>em Drama<br />

,Agamemnon' zeigt uns Aischylos ke<strong>in</strong>e<br />

Straßen und Märkte, ke<strong>in</strong>e Bürgerhäuser,<br />

Ziegenherden, Köche und Scheuermägde<br />

des Palastes. Aber wir schließen daraus<br />

noch nicht, daß es das alles nicht gab, und<br />

auch nicht, daß es Aischylos gleichgültig<br />

war. Wir verstehen sofort, daß diese<br />

D<strong>in</strong>ge deshalb nicht <strong>in</strong>s Spiel kamen,<br />

weil es ke<strong>in</strong>en Grund dafür gab, warum<br />

sie es hätten tun sollen. Alle griechische<br />

Kunst hat e<strong>in</strong>en sehr strengen Maßstab<br />

für das, was belangvoll ist und was<br />

nicht" (S. 179).<br />

Gewöhnlich wurde <strong>in</strong> Athen e<strong>in</strong>e Ehe<br />

durch Abschluß e<strong>in</strong>es Vertrages zwischen<br />

den Eltern <strong>der</strong> Brautleute o<strong>der</strong><br />

zwischen dem Brautvater und dem<br />

Bräutigam geschlossen, vorwiegend<br />

nach gesellschaftlichen und f<strong>in</strong>anziellen<br />

Gesichtspunkten.ln <strong>der</strong> Tragödie "Der<br />

gefesselte Prometheus" von Aischylos<br />

rühmt ·<strong>der</strong> Chor diese Form <strong>der</strong><br />

Eheschließung (887 ff.):<br />

Weise, ja weise gewiß<br />

war, wer zuerst sich dies<br />

<strong>in</strong> Gedanken ersann<br />

und lehrenden Wortes es aussprach,<br />

daß die Brautwahl,<br />

passend dem eigenen Stamm,<br />

den Preis verdient.<br />

Nie soll, die Reichtum üppig<br />

verweichlicht, und<br />

nicht die Ehe,<br />

die Adel verherrlicht, soll<br />

sich umwerben e<strong>in</strong>er,<br />

<strong>der</strong> arm, schafft um Lohn.<br />

Bei Euripides kl<strong>in</strong>gt dann aber die<br />

Klage <strong>der</strong> Andromache auf, die ungefragt<br />

das Opfer solcher Abmachung ist:<br />

Denn e<strong>in</strong>e <strong>Frau</strong> muß,<br />

auch vermählt dem schlimmen Mann,<br />

sich fügen, darf nicht ha<strong>der</strong>n<br />

<strong>in</strong> hoffärtigem Trotz.<br />

Andromache 213 ff.<br />

Die verheiratete <strong>Frau</strong> lebte zurückgezogen,<br />

und seit alter <strong>Zeit</strong> sah man<br />

ihre Untreue als Verbrechen an,<br />

während sie dem Mann nachgesehen<br />

wurde. Bei Euripides sagt <strong>der</strong> Chor zu<br />

Medea, als sie über die neue Gattenwahl<br />

Jasons verzweifelt:<br />

Schenkt er auch se<strong>in</strong> Herz<br />

an<strong>der</strong>er Liebe, groll' nicht;<br />

du teilst de<strong>in</strong> Los mit vielen.<br />

Medea 155 ff.<br />

Aus <strong>der</strong> Sage kennen wir die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Koronis, <strong>der</strong> Mutter<br />

58


- ll -<br />

Später fährt <strong>der</strong> Dichter dann aber fort: "Doch ist das Weib nicht<br />

ferne den 1'1usen." Auch auf diese Verb<strong>in</strong>dung mit den Musen wollen<br />

wir noch später zurückkommen. Hier sei aber e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s hübsche<br />

Schrift zitiert, e<strong>in</strong> sehr anschauliches Bild über die Verantwortung<br />

<strong>der</strong> <strong>Frau</strong>, die wir dem Schriftsteller Xenophon verdanken.<br />

Xenophon,<br />

büchle<strong>in</strong> verfassen, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es über die gute Wirtschaftsführung.<br />

Um so e<strong>in</strong>drucksvoller ist die sittliche Grundlage se<strong>in</strong>er Schrift.<br />

Der Erfolg <strong>der</strong> guten Grundsätze und <strong>der</strong> sorgfältigen Belehrung des<br />

Eheherrn stellt sich auch dann bald e<strong>in</strong>. Aus dem 15jährigen kle<strong>in</strong>en<br />

Mädchen, <strong>in</strong> dessen Hände schon das Recht zu strafen und zu belohnen<br />

gelegt worden ist, wird e<strong>in</strong>e besonnene, fröhliche Hausfrau, <strong>der</strong> ihr<br />

Mann alle häuslichen Angelegenheiten übergeben kann, so daß er frei<br />

ist für den täglichen Gang zur Stadt und für die Übernahme politischer<br />

Ämter. Denn im Hause weiß er alles <strong>in</strong> bester Ordnung.<br />

Der ganze Abschnitt über die Aufgaben <strong>der</strong> <strong>Frau</strong> würde uns reichlich<br />

trocken und lehrhaft ersche<strong>in</strong>en, enthielte er nicht e<strong>in</strong>ige kle<strong>in</strong>e<br />

amüsante Episoden. So hat die junge Gutsherr<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Tages zu Pu<strong>der</strong><br />

und Rouge gegriffen und sich hochhackige Sandalen über die Füße gezogen,<br />

Sie wie<strong>der</strong>holte es aber nie mehr, als sie von ihrem Mann hört,<br />

daß ihm solche "Vorspiegelungen falscher Tatsachen" nicht gefallen<br />

und er ihr recht mo<strong>der</strong>n anmutende kosmetische Ratschläge gibt. Vor<br />

allem soll sie sich bewegen und nicht den ganzen Tag sitzen wie<br />

e<strong>in</strong>e Sklav<strong>in</strong> (geme<strong>in</strong>t ist sicher e<strong>in</strong>e Sp<strong>in</strong>ner<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Weber<strong>in</strong>), son<strong>der</strong>n<br />

sie soll im Hause herumgehen, die Aufsicht führen und bei allen<br />

Arbeiten noch etwas dazulernen. Sie soll auch die häuslichen Anstrengungen<br />

nicht scheuen und überall selbst mit anfassen: Brot<br />

anrühren und kneten, Betten schütteln und Tücher zusammenfalten.<br />

Wenn sie sich Bewegung macht, schmeckt ihr das Essen besser und sie<br />

fühlt sich wohler. Dann stellt si h die gute Gesichtsfarbe von<br />

selbst e<strong>in</strong>.<br />

Alles <strong>in</strong> allem: es ist ke<strong>in</strong>e rechtlose und unterdrückte <strong>Frau</strong>, die<br />

uns <strong>in</strong> Xenophons Wirtschaftslehre und damit als Typ <strong>der</strong> Bürger<strong>in</strong>nen<br />

Athens entgegentritt.


- 12 -<br />

Nun möchte ich noch e<strong>in</strong>mal auf den Ausspruch des Dichters zurückgehen,<br />

daß die <strong>Frau</strong> nicht fern von den Musen steht. Die Erziehung<br />

<strong>der</strong> Knaben beruhte auf drei Säulen: auf <strong>der</strong> Gymnastik, <strong>der</strong> Musik<br />

und <strong>der</strong> Rhetorik.<br />

Gymnastik, das bedeutet täglich Sport <strong>in</strong> <strong>der</strong> Palästra, von dem<br />

die Mädchen (mit Ausnahme <strong>der</strong> Spartaner<strong>in</strong>nen) ausgeschlossen waren.<br />

Doch übten sie sich alle im Reigentanz, im Ballwerfen und im Chorgesang.<br />

Die Rhetorik erlernten die Knaben nicht nur bei e<strong>in</strong>em Lehrer,<br />

son<strong>der</strong>n auch auf dem Markt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Volksversammlung. Dorth<strong>in</strong> wurden<br />

die Mädchen nicht mitgenommen. Es ist aber wohl gut denkbar, daß auch<br />

sie die großen Dichtungen härten und behielten, die ihre Väter und<br />

Brü<strong>der</strong> auswendig lernten und zu Hause e<strong>in</strong>übten. Außerdem warden <strong>Frau</strong>en de1<br />

Theaterbesuch gestattet<br />

Die Musikerziehung sche<strong>in</strong>t für Mädchen ausnehmend wichtig erachtet<br />

gewesen zu se<strong>in</strong>. Immer wie<strong>der</strong> f<strong>in</strong>den wir auf Ste<strong>in</strong>denkmälern und Vasen<br />

musizierende <strong>Frau</strong>engestalten dargestellt.<br />

E<strong>in</strong>mal s<strong>in</strong>d es die 9 Musen, die die Menschen die schönen Künste lehren:<br />

Gesang und Spiel auf Instrumenten, Tanz, Dichtung und Wissenschaft.<br />

Lei<strong>der</strong> können wir uns nicht mehr vorstellen, wie die antike Musik<br />

geklungen hat. Die Haupt<strong>in</strong>strumente waren die Lyra, die Kithara und<br />

die Flöte, <strong>der</strong> Aulos, e<strong>in</strong> oboenartiges Blas<strong>in</strong>strument, gewöhnlich<br />

aus zwei Rohren bestehend. Der Sage nach besiegte <strong>der</strong> Gott Apoll<br />

mit se<strong>in</strong>er Kithara, e<strong>in</strong>em Saiten<strong>in</strong>strument mit 11 Saiten, die mit<br />

e<strong>in</strong>em Plektron geschlagen wurden, den wilden Hirten Marsyas, <strong>der</strong> ihn<br />

zum Wettkampf mit se<strong>in</strong>er Flöte herausgefor<strong>der</strong>t hatte Symbolisch<br />

siegte die verfe<strong>in</strong>erte Musik damit über die ursprüngliche Hirtenmusik,<br />

die man aber wegen ihres durchdr<strong>in</strong>genden Klanges weiter zum<br />

Tanz und zur Theatermusik brauchte.<br />

Die Vasenbil<strong>der</strong> zeigen uns nicht nur die göttlichen Musen beim<br />

Musizieren, son<strong>der</strong>n es s<strong>in</strong>d ihnen oft andächtige Zuhörer<strong>in</strong>nen, zarte<br />

Mädchengestalten beigegeben. Wir f<strong>in</strong>den z. B. solch e<strong>in</strong>e Darstellung<br />

auf e<strong>in</strong>er Vase, die e<strong>in</strong>er Jungverstorbenen mit <strong>in</strong>s Grab gegeben wurde.<br />

Außerdem fanden sich auch Abschiedsgeschenke, aus Ton gebildet, <strong>in</strong><br />

dieser Gruft, vor allem e<strong>in</strong> paar Püppchen, wie sie die jungen Mädchen<br />

an ihrem Hochzeitstag <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong> Artemis zu ~ihen pflegten.<br />

E<strong>in</strong>e dieser Figuren trägt wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>e Kithara <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand. Der<br />

Archäologe Ernst Buschor, <strong>der</strong> diesem Grab e<strong>in</strong>es attischen Mädchens


- 13 -<br />

e<strong>in</strong>e schöne Studie gewidmet hat, sagt dazu:<br />

"Die Freude des verstorbenen Mädchens am Unterricht, an <strong>der</strong> Musik,<br />

ist <strong>in</strong> dieser Beigabe s<strong>in</strong>nfällig gemacht. Und so müssen wir uns das<br />

Mädchen denken: im Hause sitzend mit <strong>der</strong> Leier, die Saiten rührend,<br />

im Kreise ihrer Gespiel<strong>in</strong>nen, die gebannt im Reich <strong>der</strong> Töne ihrem<br />

Spiel lauschen. 11<br />

Neben dem Kitharaspiel übten die Mädchen, wie wie<strong>der</strong>um viele Darstellungen<br />

zeigen, auch das Spiel <strong>der</strong> Doppelflöte, bei dem man die<br />

Backen sehr aufblasen mußte, was das Gesicht leicht verzerrte. Der<br />

Mythos erzählt, daß die Gött<strong>in</strong> Athene, als sie sich auf <strong>der</strong> Flöte<br />

versuchte, sich zufällig im Spiegel sah und daraufh<strong>in</strong> das Instrument<br />

weggeworfen habe Doch begleitete die Flöte immer noch den Tanz,<br />

und <strong>der</strong> Tanz spielte im <strong>Leben</strong> des jungen <strong>griechischen</strong> Mädchens e<strong>in</strong>e<br />

ganz wichtige Rolle. Schon Homer rechnet, wie e<strong>in</strong>e Stelle <strong>der</strong> Ilias<br />

zeigt, Gesang und Tanz zu den Grundtrieben des Menschen wie Schlaf<br />

und Liebe. Hierbei ist freilich weniger an den E<strong>in</strong>zeltanz gedacht,<br />

son<strong>der</strong>n an den Tanz als Geme<strong>in</strong>schaftskunst, an den Reigen.<br />

E<strong>in</strong> schönes Gedicht ist uns über den Reigentanz erhalten, hier<strong>in</strong><br />

wird auch die berühmte Dichter<strong>in</strong> Sappho gepriesen. Es ist für e<strong>in</strong><br />

<strong>Frau</strong>enfest im Herstempel gedacht:<br />

Kommt zu dem strahlenden Tempel <strong>der</strong> r<strong>in</strong><strong>der</strong>äugigen Hera,<br />

<strong>Frau</strong>en aus Lesbos, und setzt zierlich den Fuß vor den Fuß.<br />

Führt hier mit Anmut <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong> den Reigen vor und lasset die Sappho<br />

Euch vorschreiten zum Tanz, goldene Leier im Arm.<br />

Glücklich seid ihr im heiteren Reigen, und wahrlich, ihr glaubet,<br />

Wenn ihr die Dichter<strong>in</strong> hört, das sei <strong>der</strong> Muse Gesang.<br />

Oft ist <strong>der</strong> Reigen <strong>der</strong> <strong>Frau</strong>en auf Vasen und Reliefs dargestellt. Doch<br />

soll auch noch e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s schönes Gedicht des Dichters Theokrit<br />

folgen, <strong>in</strong> dem er den Hochzeitsreigen <strong>der</strong> Mädchen bei <strong>der</strong> mythologischen<br />

Hochzeit <strong>der</strong> Helena mit Menelaos schil<strong>der</strong>t:<br />

E<strong>in</strong>st im Königspalast Menelaos' des blonden zu Sparta<br />

Schwangen sich Mädchen im Tanz vor <strong>der</strong> neuverzierten Kammer,<br />

Mit Hyak<strong>in</strong>thosblOten umkränzt die lockigen Haare<br />

Zwdlfe, die ersten <strong>der</strong> Stadt, e<strong>in</strong> Stolz <strong>der</strong> lakonischen Jungfraun,


- 14 -<br />

Als <strong>in</strong> dem Brautgemach mit Tyndareos reizen<strong>der</strong> Tochter<br />

Helena nun sich verschloß des Atreus jüngerer Sprößl<strong>in</strong>g.<br />

Fröhlich im E<strong>in</strong>klang sangen sie alle, und es stampften die Füße<br />

Rasch durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gemischt, daß die Burg hallte vom Brautlied.<br />

Von dem Reigen im Haus <strong>der</strong> Braut ist <strong>der</strong> Schritt nicht weit zur<br />

feierlichen Opferprozession. Die zauberhafte Karyatidenhalle des<br />

Erechtheions auf <strong>der</strong> Akropolis, <strong>der</strong> Gött<strong>in</strong> Athena geweiht, zeigt<br />

uns sechs Mädchen <strong>in</strong> srolzer Haltung, die das Dach wie e<strong>in</strong>en fe<strong>in</strong>en<br />

Baldach<strong>in</strong> tragen. Wer s<strong>in</strong>d sie? Es ist nicht schwer es sich vorzustellen:<br />

Die auserwählten Mädchen Athens s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>t, die zum<br />

großen, alle vier Jahre gefeierten Fest <strong>der</strong> Panathenäen das neue<br />

Gew


- 15 -<br />

Die Liebe <strong>der</strong> <strong>Frau</strong>en ist stärker als <strong>der</strong> Haß <strong>der</strong> Männer.<br />

Vor allem erfüllt Antigone ihre Pflicht als Schwester gegen das<br />

Gebot des Tyrannen bis zum bitteren Todesgang. Es ist die Ehrfurcht<br />

vor dem Gesetz <strong>der</strong> G5tter, das ihren Mut nicht brechen<br />

kann und womit sie die Männer beschämt. Und ihr Wort soll auch<br />

am Ausklang unseres heutigen Vortrags stehen:<br />

"Nicht mitzuhassen; mitzulieben b<strong>in</strong> ich da!"

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