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EU-Erweiterung & Mittelstand – Chancen und Risiken - EIZ ...

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Europa-Fokus<br />

Ein Info-Service der Niedersächsischen Staatskanzlei<br />

2004/1<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> & <strong>Mittelstand</strong><br />

<strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong>.


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

2


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Vorwort - Christian Wulff, Niedersächsischer Ministerpräsident ....................................................................... 4<br />

Was bedeutet die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> für die niedersächsische Wirtschaft?<br />

Walter Hirche, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> Verkehr ...................................................... 5<br />

Erfahrungen niedersächsischer Unternehmen<br />

Niedersächsischer Holzbauer in Polen erfolgreich<br />

Firma Cordes aus Rotenburg/Wümme seit 2002 mit eigener Produktion in Gniezno<br />

Interview mit dem Unternehmer Heinrich Cordes....................................................................................... 7<br />

<strong>EU</strong>-Beitritte stellt Zusammenarbeit auf stabiles F<strong>und</strong>ament<br />

Sartorius-Konzern aus Göttingen seit vielen Jahren in Osteuropa tätig<br />

Interview mit Georg Pytlik, Sartorius AG.................................................................................................... 9<br />

Die Neuen im Blick<br />

Polens größter Handelspartner ist Deutschland<br />

Konsul Joachim Thannhäuser, Generalkonsulat der Republik Polen in Hamburg ........................................... 11<br />

Tschechien <strong>und</strong> Niedersachsen: Nachbarn, die sich wirklich nah sind<br />

Gesandter Jan Sechter, Botschaft der Tschechischen Republik in Deutschland .............................................. 13<br />

Beratung <strong>und</strong> Unterstützung<br />

NBank: Umfassende Beratung aus einer Hand<br />

Dr. Sabine Johannsen<br />

Vorstandsmitglied der Investitions- <strong>und</strong> Förderbank Niedersachsen GmbH - NBank ...................................... 14<br />

Osteuropa-Agentur: Spezielles Angebot für Handwerksbetriebe<br />

Aneta Holtmann, Osteuropa-Agentur ..................................................................................................... 16<br />

Praktische Tipps<br />

Checkliste: Was Sie prüfen sollten, bevor Sie in den neuen Mitgliedstaaten investieren<br />

Hatto Brenner, Präsident der Europäischen Union Mittelständischer Unternehmen ....................................... 17<br />

Gr<strong>und</strong>stückserwerb durch Ausländer in den neuen mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen<br />

Mitgliedstaaten der <strong>EU</strong><br />

Ulrich Herfurth, Rechtsanwalt in Hannover .............................................................................................. 18<br />

Qualifizierung <strong>und</strong> Praktika<br />

Qualifizierungsoffensive für den <strong>Mittelstand</strong> -<br />

Landesprogramm für Osteuropa-Aktivitäten nutzbar<br />

Reinhard Bode-Schütte, Landesberatungsgesellschaft für Integration <strong>und</strong> Beschäftigung............................... 20<br />

Fit für Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa - Qualifizierung, Praktikums- <strong>und</strong> Kontaktvermittlung<br />

Martina Graupner-Kreutzmann, InWEnt gGmbH<br />

Petra Schulze-Ganseforth, Region Hannover ............................................................................................ 22<br />

Info-Kampagne des <strong>EIZ</strong> Niedersachsen: <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> & <strong>Mittelstand</strong> - <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong>.<br />

Bettina Raddatz, Leiterin des <strong>EIZ</strong> Niedersachsen ............................................................................................ 24<br />

Europa <strong>und</strong> die Neuen - Fragen <strong>und</strong> Antworten zur <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

Monika Wolff, <strong>EIZ</strong> Niedersachsen .................................................................................................................. 25<br />

Infos über Europa - Nützliche Adressen ......................................................................................................... 28<br />

3


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Vorwort<br />

Liebe Leserinnen <strong>und</strong> Leser,<br />

mit der Aufnahme von zehn neuen Mitgliedern zum 1. Mai 2004 rückt Niedersachsen<br />

von der bisherigen geografischen Randlage in eine zentrale Lage<br />

der Europäischen Union. Gleichzeitig wird der Binnenmarkt der Europäischen<br />

Union auf 455 Millionen Menschen anwachsen.<br />

Deutschland <strong>und</strong> damit auch Niedersachsen hat eine Schlüsselrolle bei der<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong>. So nimmt Deutschland bei den Exporten in die neuen<br />

Mitgliedstaaten der <strong>EU</strong> die erste Stelle unter den bisherigen Unionsländern<br />

ein. Die deutsche <strong>und</strong> auch niedersächsische Wirtschaft verfügt schon heute<br />

über gut etablierte Geschäftsbeziehungen nach Osteuropa. Für die größeren<br />

Beitrittsländer Polen, Tschechien <strong>und</strong> Ungarn ist Deutschland der größte<br />

Wirtschaftspartner.<br />

Dennoch wird die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> von vielen kleineren <strong>und</strong> mittleren Unternehmen,<br />

Freiberuflern <strong>und</strong> anderen Selbstständigen mit Skepsis betrachtet.<br />

Insbesondere das Bau- <strong>und</strong> Ausbaugewerbe befürchtet einen zunehmenden<br />

Verdrängungsprozess durch Billigkonkurrenz aus Osteuropa. Auch fragen<br />

sich viele Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger: Wie können die wachsenden Verkehrsströme<br />

bewältigt werden <strong>und</strong> wird es womöglich zu einer massenhaften Zuwanderung<br />

aus den neuen Mitgliedstaaten kommen? Für einen Zeitraum von bis<br />

zu sieben Jahren schließen Übergangsregelungen letzteres aus. Auch lassen<br />

die damaligen Erfahrungen mit dem Beitritt Griechenlands <strong>und</strong> Portugals in<br />

die <strong>EU</strong> derartige Befürchtungen als unbegründet erscheinen.<br />

Als stark exportorientierte Volkswirtschaft wird Deutschland von der <strong>Erweiterung</strong><br />

profitieren; dennoch wird es in Einzelfällen zu Arbeitsplatzverlagerungen<br />

kommen. Auch müssen sich kleinere Unternehmen auf eine<br />

zunehmende Internationalisierung einstellen <strong>und</strong> geeignete Unternehmensstrategien,<br />

z.B. Nischen-, Qualitäts- <strong>und</strong> Innovationsstrategien entwickeln. Als<br />

ein Land, in dem mehr als 90 Prozent der Unternehmen unter 50 Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter beschäftigen, sind wir gut beraten, die Sorgen des<br />

<strong>Mittelstand</strong>es ernst zu nehmen <strong>und</strong> diese bei der Diskussion über die wirtschaftlichen<br />

Auswirkungen der <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> nicht auszuklammern.<br />

<strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong> der <strong>Erweiterung</strong> müssen offen ausgesprochen <strong>und</strong><br />

Ansätze für Lösungsstrategien speziell auch für den kleineren <strong>Mittelstand</strong><br />

aufgezeigt werden. Hierzu soll die Informationskampagne des Europäischen<br />

Informations-Zentrums (<strong>EIZ</strong>) Niedersachsen „<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> & <strong>Mittelstand</strong> -<br />

<strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong>“ einen Beitrag leisten. Die Kampagne wird in engem<br />

Schulterschluss mit der NBank, der Osteuropa-Agentur, dem niedersächsischen<br />

Wirtschaftsministerium <strong>und</strong> vielen kompetenten <strong>Mittelstand</strong>sverbänden <strong>und</strong><br />

Wirtschaftskammern in Niedersachsen durchgeführt. Ich hoffe, dass das<br />

Informations-, Diskussions- <strong>und</strong> Beratungsangebot im Rahmen der Kampagne<br />

von möglichst vielen mittelständischen Unternehmen, Freiberuflern <strong>und</strong><br />

anderen Selbständigen genutzt wird.<br />

Christian Wulff<br />

Christian Wulff<br />

Niedersächsischer Ministerpräsident<br />

4


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Was bedeutet die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> für die<br />

niedersächsische Wirtschaft?<br />

Walter Hirche<br />

Mit dem Beitritt der zehn mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Länder zur <strong>EU</strong> nimmt Niedersachsen<br />

eine neue Position im europäischen Wirtschaftsraum ein. Noch bis Anfang der 90er Jahre<br />

war die geografische Randlage Norddeutschlands gegenüber den traditionellen Wirtschaftszentren<br />

der <strong>EU</strong> ein Nachteil. Die sog. Zonenrandförderung wurde sogar ausdrücklich durch<br />

die EG-Verträge akzeptiert. Jetzt wird die jahrzehntelange europäische Nord-Süd-Achse<br />

um die Ost-West-Achse erweitert. Niedersachsen rückt damit in die Mitte des neuen Europas<br />

<strong>und</strong> erhält die Chance, eine Brückenfunktion zwischen Ost <strong>und</strong> West einzunehmen.<br />

Diese <strong>Chancen</strong> werden wir nutzen. Und diese <strong>Chancen</strong> für Niedersachsen sind deutlich<br />

erkennbar.<br />

Seit dem 1. Mai sind 75 Millionen Menschen neu in<br />

die <strong>EU</strong> gekommen, zehn Staaten mit einem gesamten<br />

Bruttoinlandsprodukt von 450 Milliarden Euro sind in die<br />

<strong>EU</strong> integriert. Das zu erwartende Wachstum, der notwendige<br />

Ausbau der gesamten Infrastruktur <strong>und</strong> der immense<br />

Nachholbedarf der Verbraucherinnen <strong>und</strong> Verbraucher<br />

- dies alles wird die Absatzmöglichkeiten deutscher Unternehmen<br />

verbessern. Und was besonders wichtig ist:<br />

Die Übernahme des Regelwerks der Union schafft gleiche<br />

Bedingungen für Investitionen, für den Wettbewerb<br />

<strong>und</strong> für das öffentliche Auftragswesen.<br />

Den größten ökonomischen Nutzen werden die Unternehmen<br />

daraus ziehen, die bereits in der Vergangenheit<br />

international tätig waren. Durch Verlagerung von Teilproduktionen<br />

<strong>und</strong> strategischen Produktionsverbünden<br />

können sie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf der Basis von<br />

Mischkalkulationen sichern <strong>und</strong> verbessern. Niedersächsische<br />

Großunternehmen belegen dies beispielhaft: die<br />

Volkswagen AG mit ihrem Engagement in Polen,<br />

Tschechien <strong>und</strong> der Slowakei, die Continental AG mit ihrer<br />

Fertigungsstätte in Rumänien, das gemeinsam mit<br />

Bulgarien voraussichtlich 2007 der <strong>EU</strong> beitreten wird.<br />

Hilfen für mittelständische Unternehmen<br />

Auch die mittelständischen Unternehmen in Niedersachsen<br />

haben erkannt, dass sich eine wirtschaftliche Beteiligung<br />

in den neuen Mitgliedstaaten lohnt. Allein in<br />

Polen, Ungarn <strong>und</strong> der Tschechischen Republik - den wirtschaftlich<br />

bedeutendsten Ländern - gibt es über 500 Produktionsstätten,<br />

Niederlassungen, Vertretungen oder Beteiligungen<br />

niedersächsischer Unternehmen. Mit ihren<br />

Investitionen nutzen die niedersächsischen Firmen die<br />

Kostenvorteile in den Beitrittsländern. Sie erschließen sich<br />

diese Absatzmärkte. Beides sichert damit auch Arbeitsplätze<br />

bei uns.<br />

Der sich verschärfende Wettbewerbsdruck wird vor<br />

allem auf denjenigen kleinen <strong>und</strong> mittleren Unterneh-<br />

Walter Hirche<br />

men lasten, welche die bestehenden Außenwirtschaftspotentiale<br />

noch nicht oder in unzureichendem Umfang<br />

wahrgenommen haben. Aufgabe der niedersächsischen<br />

Wirtschaftspolitik ist es daher, gerade diesen Unternehmen<br />

zur Seite zu stehen, z.B. mit den Landesprogrammen<br />

„Auslandsmesseförderung“ <strong>und</strong> „Beratung Außenwirtschaft”.<br />

An dieser Stelle möchte ich auch auf eine vom Land<br />

als Mehrheitsgesellschafter mitfinanzierte Einrichtung<br />

hinweisen, die eine besondere Rolle in den niedersächsischen<br />

Wirtschaftsbeziehungen zu Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa<br />

spielt: die Deutsche Management Akademie Niedersachsen<br />

(DMAN) in Celle. Als anerkanntes Zentrum<br />

für den Ost-West-Dialog bildet sie Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte<br />

der Wirtschaft aus diesen Staaten praxisnah aus.<br />

Durch die vielseitigen Kontakte<br />

zu Entscheidungsträgern<br />

aus Wirtschaft <strong>und</strong> Politik<br />

der mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen<br />

Staaten kommt das<br />

Wirken der DMAN auch niedersächsischen<br />

Unternehmen<br />

zugute. Aus meiner<br />

Sicht kann die Verzahnung<br />

der Interessen der niedersächsischen<br />

Mittelständler<br />

mit der Arbeit der DMAN<br />

noch deutlich intensiviert<br />

werden.<br />

Wir werden auch die Repräsentanz des Landes in<br />

Warschau, die im Vorjahr bereits zahlreiche Kontakte für<br />

niedersächsische Firmen nach Polen vermittelt hat, in diesem<br />

Jahr noch stärker als Beratungsstelle für niedersächsische<br />

<strong>und</strong> für polnische Unternehmen nutzen. Erneut wird<br />

ein niedersächsischer Gemeinschaftsstand auf der internationalen<br />

Umweltmesse POLEKO im November in Posen<br />

das Angebot der Umweltwirtschaft unseres Landes<br />

verdeutlichen.<br />

Sitz der DMAN:<br />

Das Schloss in Celle.<br />

Im Internet unter<br />

www.dman.de.<br />

5


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Seit dem 1. März werden erstmals Informationen r<strong>und</strong><br />

um das Thema niedersächsische Außenwirtschaft gezielt<br />

auf einer speziellen Internetseite gebündelt. Mit „nexport”<br />

wollen wir vor allem kleine <strong>und</strong> mittelständische<br />

Unternehmen noch stärker mit den Weltmärkten<br />

vernetzen <strong>und</strong> so Niedersachsens Außenwirtschaft international<br />

wettbewerbsfähiger machen. Neben Informationen<br />

über aktuelle Förderprogramme <strong>und</strong> Unternehmen<br />

gibt „n-export” Auskunft über Außenwirtschaftstermine<br />

des Ministeriums, internationale Messen in Niedersachsen<br />

sowie über Möglichkeiten für weitere Messebeteiligungen<br />

im Ausland.<br />

Ausbau der Verkehrswege<br />

Die Ausweitung der Handelsströme zwischen Ost <strong>und</strong><br />

West ist bereits jetzt für diejenigen spürbar, die auf den<br />

niedersächsischen Autobahnen unterwegs sind. Durch den<br />

Beitritt der mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Länder ist mit einem<br />

weiter wachsenden Verkehrsaufkommen zu rechnen.<br />

Niedersachsen mit seiner zentralen Lage als Drehscheibe<br />

zwischen Ost <strong>und</strong> West wird dies in besonderem Maße<br />

zu spüren bekommen. Das Thema „Mobilität” steht deshalb<br />

für uns in Niedersachsen ganz oben.<br />

Erfolg hatten wir bereits mit der Aufnahme der A<br />

39 Braunschweig <strong>–</strong> Lüneburg als weitere Nord-Süd-Verbindung<br />

<strong>und</strong> der Küstenautobahn A22 in die Planungen<br />

des B<strong>und</strong>es. Im Blick haben wir auch den weiteren Ausbau<br />

des Bahnsystems, insbesondere die so genannte Y-<br />

Trasse zwischen Hannover <strong>und</strong> Hamburg bzw. Bremen.<br />

Durch die Van-Miert-Gruppe der <strong>EU</strong> ist dieses Projekt<br />

bereits in die Liste der vorrangigen Projekte der Transeuropäischen<br />

Netze (TEN) aufgenommen worden. Auch<br />

für die Küstenautobahn wollen wir die Aufnahme beantragen.<br />

Trotz unserer finanziell angespannten Lage setzen<br />

wir auf eines der größten Infrastrukturprojekte unseres<br />

Landes: den Tiefwasserhafen. Ende Oktober 2003 wurde<br />

das Planfeststellungsverfahren eingeleitet. Die <strong>EU</strong> hat mittlerweile<br />

das Vorhaben als Maßnahme von europaweiter<br />

Bedeutung anerkannt <strong>und</strong> beteiligt sich an den Planungskosten.<br />

Der Hafen soll etwa in den Jahren 2008 bis 2010<br />

in Betrieb gehen <strong>und</strong> wird in der Region 3.500 bis 5.000<br />

neue Arbeitsplätze schaffen. Selbst wenn mit solchen<br />

Vorhersagen stets Prognoseunsicherheiten verb<strong>und</strong>en<br />

bleiben, ist doch die Aussage gerechtfertigt, dass der<br />

JadeWeserPort als Drehscheibe für den Ostseeraum <strong>und</strong><br />

die mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Staaten der Region Wilhelmshaven<br />

den entscheidenden Impuls zur Überwindung<br />

der bestehenden strukturellen Schwäche geben wird.<br />

Europäische Gesichtspunkte sind es auch, die uns dazu<br />

veranlassen, das Projekt einer Transrapidverbindung von<br />

Amsterdam nach Hamburg mit der Option einer Verlängerung<br />

über Berlin nach Warschau zu verfolgen. Nur gemeinsam<br />

mit den Niederlanden können wir die notwendige<br />

Verankerung des Transrapidprojekts in den Strukturen<br />

<strong>und</strong> Prozessen der <strong>EU</strong> erreichen.<br />

Dies alles macht deutlich, dass Niedersachsen wie kein<br />

anderes B<strong>und</strong>esland als Drehscheibe von der <strong>Erweiterung</strong><br />

profitiert. Wir werden diese einmalige Chance nutzen.<br />

Informationen im Internet<br />

Deutsche Management Akademie Niedersachsen<br />

Informationen über die DMAN<br />

www.dman.de<br />

n-export<br />

Außenwirtschaftsportal des Niedersächsischen Ministeriums<br />

für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> Verkehr<br />

www.n-export.de<br />

Internet-Portal n-export.<br />

6


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Erfahrungen niedersächsischer Unternehmen (I)<br />

Niedersächsischer Holzbauer in Polen erfolgreich<br />

Firma Cordes aus Rotenburg/Wümme seit 2002 mit eigener Produktion in Gniezno<br />

Heinrich Cordes führt die Ingenieur-Holzbau Cordes GmbH & Co.KG in dritter Generation,<br />

seit 1994 zusammen mit seinem Sohn Ulf Cordes. Nach einer Lehre zum Zimmerer absolvierte<br />

Cordes ein Bauingenieurstudium <strong>und</strong> übernahm 1971 die Geschäftsführung von seinem<br />

Vater. Der Unternehmer ist seit 1998 Vorstandsmitglied im Zentralverband des Deutschen<br />

Baugewerbes.<br />

Die Ingenieur-Holzbau Cordes GmbH & Co.KG blickt auf eine fast 100-jährige Geschichte<br />

zurück. 1905 als Familienbetrieb mit den Sparten Sägewerk, Zimmerei <strong>und</strong> Tischlerei in<br />

Rotenburg-Wümme gegründet, beschäftigt das Unternehmen heute ca. 60 Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter <strong>und</strong> führt neben einer Niederlassung in Berlin seit November 2002<br />

auch ein Tochterunternehmen in Gniezno/Polen.<br />

Das Kerngeschäft der Holzbau Cordes ist die Herstellung von Dachkonstruktionen mit<br />

Nagelplattenbindern, die computergestützte Fertigung von Dachstühlen auf einer CNC-Abb<strong>und</strong>anlage <strong>und</strong> der<br />

Holzrahmenbau für Wohnhäuser <strong>und</strong> gewerbliche Bauten. Bekannt wurde Holzbau Cordes mit spektakulären<br />

Sonderbauten, sogenannten „Holzgroßprojekten” wie dem Bau der weltgrößten Holzachterbahn „Colossos” im<br />

Heidepark Soltau (2001) mit 60 Metern Höhe <strong>und</strong> 1500 Metern Länge. Eine weitere Holzachterbahn baute Cordes<br />

2002 in Göteborg/Schweden. Seit neuestem liefert Cordes auch Holzelemente für Solarenergie-Projekte. Zurzeit<br />

erstellt das Unternehmen in der Nähe von Leipzig das weltweit größte Solarfeld. Hier werden nicht nur Holzrahmen<br />

aufgestellt, sondern auch die Photovoltaik-Module von eigenen Facharbeitern montiert.<br />

Heinrich Cordes<br />

Interview mit Heinrich Cordes<br />

Europa-Fokus: Was hat Sie veranlasst, in Polen eine Produktionsstätte<br />

zu eröffnen?<br />

Heinrich Cordes: Zunächst einmal die Größe des Marktes.<br />

Polen ist mit r<strong>und</strong> 40 Millionen Einwohnerinnen <strong>und</strong><br />

Einwohnern unser größter osteuropäischer Nachbar. Dann<br />

die Lage. Die Entfernungen sind überschaubar <strong>und</strong> die<br />

Verkehrsanbindungen günstig. Mit dem Nachtzug Hannover-Posen<br />

kann ich ohne Probleme abends hier losfahren,<br />

um am nächsten Vormittag in Gniezno zu sein, das<br />

ungefähr 50 km nordöstlich von Posen liegt. Unsere Entscheidung<br />

für Polen hat auch damit zu tun, dass eine<br />

Reihe anderer europäischer Unternehmen dort bereits mit<br />

Produktionsstätten, Baubetrieben <strong>und</strong> Supermärkten aktiv<br />

ist. Im Holzbau haben wir eine Lücke gesehen, die wir<br />

schließen wollen. Wir rechnen mit einer günstigen Auftragslage<br />

vor allem durch den Ausbau der Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> durch die Modernisierung öffentlicher Anlagen.<br />

Womit beschäftigt sich Ihr Tochterunternehmen in Polen?<br />

Unsere Unternehmung ist eine Investition „in Polen <strong>und</strong><br />

für Polen”, das heißt, wir produzieren für den polnischen<br />

Markt. Angefangen hat die Cordes Polen GmbH mit der<br />

Produktion von freitragenden Dachkonstruktionen mit<br />

Nagelplattenbindern für eine große Supermarktkette. Inzwischen<br />

fertigen die 11 Mitarbeiter in Gniezno auch<br />

Dachkonstruktionen für andere gewerbliche Bauten <strong>und</strong><br />

für private Wohnhäuser. Der Beitritt Polens zur <strong>EU</strong> wird<br />

sich auf unsere Auftragslage günstig auswirken. Neue<br />

Projekte erwarten wir vor allem dort, wo künftig <strong>EU</strong>-<br />

Fördergelder fließen. In erster Linie sind das Bauten für<br />

landwirtschaftliche Betriebe <strong>und</strong> für öffentliche Einrichtungen.<br />

Welches waren Ihre ersten Schritte auf dem Weg zur<br />

Firmengründung in Polen? Und welche Erfahrungen haben<br />

Sie bis zur Eröffnung Ende 2002 gesammelt?<br />

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Weg zum Erfolg<br />

länger dauert, als ursprünglich geplant. Zukunftsmärkte<br />

werfen nicht gleich Geld ab. Man kann nicht mal<br />

eben nach Polen gehen, um dort das Geld „abzuholen”.<br />

Eine solche Firmengründung ist also nichts für Unternehmen,<br />

denen das Wasser schon bis zum Halse steht. Es<br />

gab viele Probleme mit den Behörden <strong>und</strong> der Bürokratie<br />

in Polen. Wir haben dadurch Zeit <strong>und</strong> Geld verloren <strong>und</strong><br />

mussten am Ende weit mehr investieren, als ursprünglich<br />

geplant.<br />

Schon 1998 sind wir einige Male auf eigene Faust nach<br />

Polen gefahren, um uns mögliche Standorte anzuschauen.<br />

Dann haben wir uns an die hiesige Industrie- <strong>und</strong><br />

7


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Handelskammer (IHK) gewandt <strong>und</strong> gefragt, welche Unterstützung<br />

<strong>und</strong> Fördermöglichkeiten es für unser Projekt<br />

gibt. Die IHK verwies uns an ein Unternehmen in<br />

Osnabrück, das auf die Beratung bei Firmengründungen<br />

in Polen spezialisiert ist. Die haben nach unseren Vorgaben<br />

eine Marktanalyse gemacht <strong>und</strong> uns dann eine Reihe<br />

von Standorten <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>stücken empfohlen. Es kristallisierte<br />

sich Gniezno als die beste Wahl heraus. In der<br />

Stadt leben 80.000 Menschen <strong>und</strong> die dortige Infrastruktur<br />

ist gut. Unser Gr<strong>und</strong>stück liegt direkt an der Bahn<br />

<strong>und</strong> ist nur fünf Minuten von der Innenstadt entfernt.<br />

Das Gelände ist noch ausbaufähig. Auch andere europäische<br />

Unternehmen haben sich dort bereits angesiedelt,<br />

zum Beispiel „Velux”.<br />

Bald stellte sich dann aber heraus, dass unser Gr<strong>und</strong>stück<br />

als landwirtschaftliche Nutzfläche geführt wurde.<br />

Für die Umwandlung in eine gewerbliche Fläche sollten<br />

wir eine Zusatzsteuer zahlen, die nach verlorenen<br />

Getreideeinheiten berechnet wurde. Es hat ein Jahr gedauert,<br />

bis wir endlich eine Baugenehmigung bekamen.<br />

Dann verlangten die Behörden von uns die Vorlage einer<br />

„Betriebsgenehmigung”, die wir nur unter Schwierigkeiten<br />

beschaffen konnten. Die Widerstände <strong>und</strong> behördlichen<br />

Auflagen waren am Anfang ganz erheblich.<br />

In Polen ist es extrem wichtig, persönliche Kontakte<br />

vor Ort aufzubauen <strong>und</strong> ein Beziehungsgeflecht zu schaffen.<br />

Ohne ein solches Netzwerk ist man verloren, denn<br />

viele Probleme lassen sich nur durch persönliche Kontakte<br />

lösen. Das ist in Polen anders als bei uns. Inzwischen<br />

hat unserer Prokurist in Gniezno die örtlichen Entscheidungsträger<br />

kennen gelernt <strong>–</strong> auch beim Bier <strong>–</strong> <strong>und</strong> vieles<br />

läuft besser.<br />

Wir haben für unsere Firmengründung kein Förderprogramm<br />

in Anspruch genommen. Allerdings hat das<br />

Land Niedersachsen uns mit einem Drittel bei den Beratungskosten<br />

geholfen. Für die Finanzierung durch unsere<br />

Haus-Sparkasse konnten wir eine 50-prozentige Landesbürgschaft<br />

in Anspruch nehmen.<br />

Wie haben Sie Ihre Beschäftigten in Polen ausgewählt?<br />

Wir haben unsere Kontakte vor Ort genutzt <strong>und</strong> um Empfehlungen<br />

gebeten. Zunächst haben wir die polnischen<br />

Mitarbeiter dann für eine kurze Einarbeitung nach Rotenburg/Wümme<br />

geholt. Darunter waren auch drei Bauingenieure<br />

aus Posen, die bei uns eine Einarbeitung durchlaufen<br />

<strong>und</strong> einen Sprachkurs besucht haben.<br />

Wie wurde die Entscheidung, einen Standort in Polen<br />

aufzubauen, bei Ihren Mitarbeitern zu Hause aufgefasst?<br />

Es gab zwar keinen Widerstand, aber Akzeptanzprobleme.<br />

Viele fragten sich, wie sicher der eigene Arbeitsplatz noch<br />

ist. Inzwischen konnten wir zeigen, dass wir durch den<br />

neuen Standort die hiesigen Arbeitsplätze nicht gefährden,<br />

sondern stabilisieren. Das Werk in Polen bietet neue<br />

Möglichkeiten der Kooperation <strong>und</strong> der Aufgabenverteilung,<br />

von denen unser Standort in Deutschland profitiert.<br />

Was können Sie Unternehmern empfehlen, die nach Polen<br />

gehen wollen?<br />

An erster Stelle steht eine ausführliche Beratung <strong>und</strong> Vorbereitung.<br />

Man muss viel Zeit, Geduld <strong>und</strong> Kapital mitbringen,<br />

um dort etwas aufzubauen. Das richtige Gespür<br />

bei der Auswahl der Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

spielt ebenso eine Rolle.<br />

Ich halte auch ein gutes Einfühlungsvermögen in die<br />

Denkweise <strong>und</strong> Lebenssituation der Polen für wichtig. Die<br />

Leute sind stolz <strong>und</strong> nationalbewusst. Die Türen öffnen<br />

sich für den, der den richtigen Ton <strong>und</strong> Umgang beherrscht.<br />

Mit Großspurigkeit kommt man nicht weit. Was<br />

dort akzeptiert wird, ist der Aufbau eines Unternehmens<br />

mit verlässlicher Perspektive, aber nicht ein kurzfristiges<br />

Engagement um des „schnellen Geldes” wegen.<br />

Das Gespräch führte Wera Hoek, <strong>EIZ</strong> Niedersachsen.<br />

Informationen im Internet<br />

Ing.-Holzbau Cordes GmbH & Co. KG<br />

Homepage des Unternehmens in Rotenburg/Wümme<br />

www.cordes-row.de<br />

8


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Erfahrungen niedersächsischer Unternehmen (II)<br />

<strong>EU</strong>-Beitritte stellt Zusammenarbeit auf stabiles F<strong>und</strong>ament<br />

Sartorius-Konzern aus Göttingen seit vielen Jahren in Osteuropa tätig<br />

Georg Pytlik ist Prokurist bei der Sartorius AG in Göttingen. Er leitet den Geschäftsbereich<br />

Osteuropa / GUS <strong>und</strong> spricht Polnisch, Tschechisch <strong>und</strong> Russisch.<br />

Der Sartorius-Konzern bietet international führend Labor- <strong>und</strong> Prozesstechnologie an<br />

mit den Segmenten Biotechnologie <strong>und</strong> Mechatronik. Der Konzern erzielte damit im Jahr<br />

2003 einen Umsatz von ca. 442,3 Millionen Euro.<br />

Das Göttinger Unternehmen beschäftigt derzeit rd. 3.660 Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter.<br />

Sartorius ist weltweit in mehr als 110 Ländern vertreten, entweder mit Produktionsstätten,<br />

Vertriebsniederlassungen <strong>und</strong>/oder örtlichen Handelsvertretungen.<br />

Georg Pytlik<br />

Interview mit Georg Pytlik<br />

Europa-Fokus: Seit wann ist die Sartorius AG in Osteuropa<br />

aktiv?<br />

Georg Pytlik: Wir gehören zu den Pionieren des wiederentstandenen<br />

Osteuropageschäftes, das möchte ich schon<br />

sagen. Bereits mit Beginn der 60er Jahre nahm das Unternehmen<br />

Sartorius seine aktive Tätigkeit in Polen <strong>und</strong><br />

den Anrainerstaaten des ehemaligen Comecons wieder<br />

auf. Heute sorgen r<strong>und</strong> 200 Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

in 24 Sartorius-Stützpunkten in Osteuropa - darunter<br />

auch in allen neuen Mitgliedstaaten der <strong>EU</strong> - <strong>und</strong><br />

in den GUS-Staaten für eine erfolgreiche Sartoriuspräsenz.<br />

Diese Stützpunkte leisten den Vertrieb, die anwendungstechnische<br />

Beratung beim K<strong>und</strong>en, den Service<br />

<strong>und</strong> die Logistik für die Unternehmensbereiche<br />

Mechatronik <strong>und</strong> Biotechnologie. Zusätzlich ist Sartorius<br />

mit einer eigenen Produktionsstätte in Russland präsent.<br />

Die <strong>EU</strong>-Beitrittsstaaten Polen, Ungarn, Tschechien <strong>und</strong> Slowakei<br />

zählen neben Russland zu unseren wichtigsten<br />

Märkten in Osteuropa.<br />

Was hat sich durch die Beitrittsperspektive in den jetzigen<br />

neuen Mitgliedstaaten der <strong>EU</strong> für Sie geändert?<br />

Welche <strong>Chancen</strong> sehen Sie in den neuen Mitgliedstaaten?<br />

Als wir damals begannen, standen vor allem Mut <strong>und</strong><br />

der Wille zur Nutzung einer Zukunftschance im Vordergr<strong>und</strong>,<br />

da jegliche Rechtssicherheit nach westlichem Maßstab<br />

fehlte. Dieser Unsicherheitsfaktor fällt nun weg, denn<br />

die Anpassung an <strong>EU</strong>-Recht ist so gut wie vollzogen: <strong>EU</strong>-<br />

Normen <strong>und</strong> <strong>EU</strong>-Standards gelten auf allen Ebenen, was<br />

vieles erleichtert.<br />

Zölle <strong>und</strong> Importlizenzen, die hohe Kosten <strong>und</strong> erheblichen<br />

Aufwand verursachten, entfallen mit dem <strong>EU</strong>-Beitritt<br />

<strong>und</strong> es bieten sich somit gleiche Wettbewerbschancen.<br />

Durch die erforderlichen technologischen Anpassungen<br />

an die Standards <strong>und</strong> Normen der <strong>EU</strong> ist der Bedarf an<br />

neuen bzw. nicht vorhandenen Technologien groß. Dies<br />

ist natürlich auch für Sartorius eine Chance, die bereits<br />

vorhandenen Marktanteile beider Sparten weiter auszubauen.<br />

Auch im Bereich des Wissensmanagements - für unser<br />

Unternehmen ebenfalls ein wichtiges Thema - ist der<br />

damit verb<strong>und</strong>ene Austausch von Studierenden, Praktikantinnen<br />

<strong>und</strong> Praktikanten erheblich leichter geworden,<br />

gerade im Hinblick auf organisatorische <strong>und</strong> administrative<br />

Belange.<br />

Denken Sie daran, Produktionsstätten in den neuen<br />

Mitgliedstaaten aufzubauen?<br />

Auf kurze Sicht gesehen nicht. Im Moment produzieren<br />

wir nur in St. Petersburg in Russland. Allerdings kommen<br />

wir in einem so wichtigen Markt wie Polen langfristig<br />

nicht ohne eine eigene Produktionsstätte aus, um den<br />

künftigen Markterfordernissen gerecht zu werden. Was<br />

allerdings nicht heißen soll, dass wir Arbeitsplätze dorthin<br />

verlagern würden mit dem Ziel, Lohnkosten einzusparen.<br />

Das wäre zu kurz gedacht, denn in ein paar Jahren<br />

kann es in den Ländern schon wieder ganz anders<br />

aussehen. Die Erfahrungen zeigen: Das Lohnniveau innerhalb<br />

der <strong>EU</strong> gleicht sich relativ schnell an.<br />

Sie arbeiten schon seit vielen Jahren, eigentlich seit Gründung<br />

des Unternehmens mit der Wissenschaft zusammen.<br />

Diesen Faden haben Sie auch in Osteuropa aufgenommen.<br />

Was machen Sie dort? Und was versprechen Sie<br />

sich davon?<br />

9


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Tatsächlich hat der Universitätsmechanikus Florenz<br />

Sartorius das Unternehmen 1870 in Göttingen gegründet<br />

<strong>und</strong> die ersten kurzarmigen Analysenwaagen hergestellt.<br />

Seither bestand immer ein intensiver Austausch mit<br />

der Universität Göttingen.<br />

Was machen wir in Osteuropa? In Polen beispielsweise<br />

haben wir mit der Landwirtschaftsakademie der Universität<br />

Posen am 1. Dezember 2003 eine Absichtserklärung<br />

über eine enge Zusammenarbeit unterzeichnet. Der<br />

Vertrag wird nach Zustimmung des Senats voraussichtlich<br />

im zweiten Quartal 2004 unterschrieben. Das dortige<br />

Biotechnologie-Zentrum ist eine der modernsten Anlagen,<br />

die ich gesehen habe. Wir planen unter anderem<br />

einen Studierenden- <strong>und</strong> Praktikantenaustausch. Vorstellen<br />

können wir uns auch eine punktuelle projektbezogene<br />

Zusammenarbeit, z.B. zur Weiterentwicklung einzelner<br />

Produkte. Gr<strong>und</strong>lage ist ein Geben <strong>und</strong> Nehmen: Einerseits<br />

ermöglichen wir jungen Wissenschaftlerinnen <strong>und</strong><br />

Wissenschaftlern, Erfahrungen in unseren Werken zu machen<br />

<strong>und</strong> hoffen natürlich auch, dass sie sich später als<br />

Führungskräfte an ihr Praktikum bei Sartorius <strong>und</strong> an<br />

unsere Produkte erinnern. Bedarfsorientiert bieten wir hin<br />

<strong>und</strong> wieder auch Stellen vor Ort an.<br />

Andererseits gehen wir davon aus, dass unsere Leute<br />

Impulse <strong>und</strong> Anregungen aus dem hochmodernen Biotechnologie-Zentrum<br />

mit zurückbringen. Kontakte zu<br />

knüpfen <strong>und</strong> Netzwerke zum Wissensaustausch aufzubauen<br />

ist allerdings manchmal schon an sich ein großer<br />

Gewinn. Als Ort des internationalen Wissensaustauschs<br />

bietet sich hier das Sartorius College an.<br />

Außerdem intensivieren wir in Polen derzeit auch die<br />

Verbindungen zur Universität Thorn. Die Kontakte haben<br />

sich aus der Städtepartnerschaft Göttingen <strong>–</strong> Thorn entwickelt.<br />

Wir knüpfen an die guten Beziehungen zwischen<br />

den Universitäten Göttingen <strong>und</strong> Thorn an.<br />

Was würden Sie Neueinsteigern auf dem osteuropäischen<br />

Markt empfehlen?<br />

Bei den ersten Schritten in einem neuen Land sollten sich<br />

Neueinsteiger zunächst von den deutschen Botschaften<br />

<strong>und</strong> den Handelskammern beraten lassen. Die können<br />

zwar nicht „unser” Geschäft machen, aber sie können<br />

sehr behilflich sein. Wir haben meist gute Empfehlungen<br />

bekommen. Sehr hilfreich sind auch Unternehmensbörsen,<br />

die die Handelskammern in den Ländern anbieten.<br />

Mit deren Hilfe können Sie dort seriöse Partner kennen<br />

lernen. Das Land Niedersachsen hat z.B. eine Repräsentanz<br />

bei der Deutsch-Polnischen Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer<br />

in Warschau. Auch dort kann Ihnen geholfen<br />

werden, den richtigen Partner zu finden. Je unsicherer<br />

ein Land ist, desto wichtiger sind solche Tipps. Ich kann<br />

nur raten: Lassen Sie sich Zeit <strong>und</strong> lassen Sie sich die ersten<br />

Schritte etwas kosten. Sonst kann es später teuer<br />

werden.<br />

Sehr nützlich sind in jedem Fall Sprach- <strong>und</strong> Kulturkenntnisse:<br />

Sie öffnen Türen <strong>und</strong> helfen dabei, Vertrauen<br />

zu gewinnen <strong>und</strong> sich gegenseitig zu verstehen. Gute<br />

Erfahrungen haben wir auch mit Unternehmerreisen gemacht,<br />

die von den IHK hier angeboten werden. Wichtig<br />

sind darüber hinaus die Signale, die im Rahmen von Auslandsreisen<br />

des Ministerpräsidenten kommen, nach dem<br />

Motto: „Politik unterstützt Wirtschaft”. Ich würde mir da<br />

noch etwas mehr wünschen.<br />

Was die Rekrutierung von Personal angeht: Wir beschäftigen<br />

in Osteuropa <strong>und</strong> Russland fast ausschließlich<br />

Einheimische. Das bringt nicht nur Kostenvorteile mit sich,<br />

sondern ermöglicht auch eine effektivere Marktbearbeitung.<br />

Wir geben das Profil vor <strong>und</strong> die dortige<br />

Geschäftsführung sucht aus.<br />

Lassen Sie mich abschließend noch eines sagen: Die<br />

Verhandlungen in diesen Ländern sind meist dann besonders<br />

erfolgreich gelaufen, wenn beide Seiten den Eindruck<br />

hatten, dass sie etwas gewinnen können. Das Leben<br />

darf nie eine Einbahnstraße sein.<br />

Das Gespräch führte Monika Wolff, <strong>EIZ</strong> Niedersachsen.<br />

Informationen im Internet<br />

Sartorius AG<br />

Homepage des Konzerns mit Sitz in Göttingen<br />

www.sartorius.de<br />

10


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Die Neuen im Blick (I)<br />

Polens größter Handelspartner ist Deutschland<br />

Konsul Joachim Thannhäuser<br />

Polens Bilanz nach über zehn Jahren Transformation von<br />

der Plan- zur Marktwirtschaft fällt überwiegend positiv<br />

aus. Unser Weg allerdings war lang <strong>und</strong> beschwerlich.<br />

Mit einem beispiellosen Kraftakt hat Polen Ende 2002<br />

gemeinsam mit sieben anderen mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen<br />

Staaten die Beitrittsverhandlungen zur <strong>EU</strong> erfolgreich<br />

abgeschlossen. Heute sehen wir optimistisch in die<br />

Zukunft. Der <strong>EU</strong> sind wir am 1. Mai mit einer von Gr<strong>und</strong><br />

auf reformierten Wirtschaft beigetreten, die im vergangenen<br />

Jahr ein Wachstum von 3,7 Prozent erzielte <strong>und</strong> in<br />

diesem Jahr weiter steigen wird. Den schon heute guten<br />

polnisch-deutschen Wirtschaftsbeziehungen wird der <strong>EU</strong>-<br />

Beitritt Polens eine neue Dimension geben.<br />

Deutschland ist Polens größter Handelspartner. Mit<br />

keinem anderen Land betreibt Polen so intensiv Handel,<br />

wie mit seinem deutschen Nachbarn. Umgekehrt ist Polen<br />

mit einem Gesamtvolumen von über 30 Milliarden<br />

Euro im letzten Jahr knapp hinter Tschechien Deutschlands<br />

zweitgrößter Außenhandelspartner im Osten. Aus<br />

polnischer Sicht ist dabei besonders erfreulich, dass der<br />

bisherige Handelsbilanzüberschuss zu Gunsten Deutschlands<br />

stetig abgenommen hat.<br />

Deutschland ist allerdings nur noch der viertgrößte<br />

Investor in Polen mit einem Volumen von fast 8 Milliarden<br />

US-Dollar (USD) <strong>und</strong> annähernd 8.000 deutsch-polnischen<br />

Joint Ventures <strong>und</strong> Kooperationspartnerschaften<br />

(nach Frankreich, den USA <strong>und</strong> Niederlanden). Erfreulich<br />

aus der Sicht beider Länder ist, dass Investitionen nicht<br />

mehr nur in eine Richtung gehen: Immer mehr polnische<br />

Investoren sind auch in Deutschland tätig.<br />

Niedersachsen nimmt unter den B<strong>und</strong>esländern mit<br />

einem Gesamthandelsvolumen mit Polen von über 3,5<br />

Milliarden Euro im Jahr 2003 den dritten Rang ein. Seit<br />

den 90er Jahren wurde Polen für niedersächsische Investitionen<br />

um so interessanter, je näher der <strong>EU</strong>-Beitritt rückte<br />

<strong>und</strong> je mehr Normen, Standards <strong>und</strong> Rechte der <strong>EU</strong><br />

Polen übernahm. Zahlreiche niedersächsische Unternehmen<br />

haben sich bereits in Polen angesiedelt, darunter<br />

neben den Großunternehmen wie Volkswagen, Bahlsen,<br />

Nordzucker, Rossmann, Klose-Harzlake <strong>und</strong> Faurecia Autositze<br />

auch zahlreiche mittelständische Betriebe.<br />

Polen verbindet große Hoffnungen mit dem Beitritt in<br />

die <strong>EU</strong>. Wirtschaftlich versprechen wir uns potente <strong>und</strong><br />

gewinnbringende Geschäftsbeziehungen. Durch den<br />

Wegfall von Grenzen <strong>und</strong> Zöllen können wir die Kontakte<br />

zur niedersächsischen Wirtschaft noch stärker ausbauen.<br />

Wir begrüßen es sehr, wenn weitere polnische <strong>und</strong><br />

niedersächsische Unternehmen Kooperationen vereinbaren.<br />

Um aber tatsächlich als gleichberechtigte Partner<br />

auftreten zu können, müssen sich für polnische Unternehmen<br />

die Bedingungen an die in der <strong>EU</strong> angleichen.<br />

Die polnischen Firmen erwarten, dass sich der Zugang<br />

zu äußeren Finanzierungsquellen <strong>–</strong> sowohl zu langfristigen<br />

Krediten als auch zu Umlaufkapital - jetzt nach dem<br />

Beitritt wesentlich verbessert. Gleichfalls müssen die jetzt<br />

noch sehr hohen Kreditkosten deutlich gesenkt werden.<br />

Dieses sind wichtige Voraussetzungen für die Durchsetzungsfähigkeit<br />

polnischer Unternehmen auf dem sehr<br />

konkurrenzstarken europäischen Markt.<br />

Wir hoffen, in enger Zusammenarbeit mit den niedersächsischen<br />

Unternehmen die Beitritts-Turbulenzen leichter<br />

überwinden zu können, um so mit ihnen den positiven<br />

<strong>und</strong> gewinnsteigernden Effekt der europäischen Wirtschaft<br />

gemeinsam zu geniessen.<br />

In Warschau vor dem Schloss.<br />

Kontakt:<br />

Generalkonsulat der Republik Polen<br />

Gründgensstraße 20<br />

22309 Hamburg<br />

Telefon: 040 / 61 18 70<br />

Fax: 040 / 6 32 50 30<br />

E-mail: Joachim.Thannhaeuser@botschaft-polen.de<br />

Internet: www.botschaft-polen.de<br />

11


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Polen<br />

Tschechische Republik<br />

Allgemeines<br />

Fläche:<br />

312.683 qkm<br />

Bevölkerung: 38,2 Mio. Einwohner<br />

Hauptstadt:<br />

Warschau (ca. 1,6 Mio. Einwohner)<br />

Wirtschaftszentren / Städte:<br />

Warschau, Poznan (Posen), Szczecin (Stettin), Wroclaw<br />

(Breslau)<br />

Amtssprache:<br />

Polnisch<br />

Korrespondenzsprachen: Polnisch, Englisch, Deutsch<br />

Wirtschaft<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP): 199,9 Mrd. <strong>EU</strong>R (2002)<br />

Wirtschaftswachstum:<br />

Inflationsrate:<br />

3,7 % (2004 Prognose)<br />

3,2 % (2004 Prognose)<br />

Arbeitslosenquote: 18,0 % (2003)<br />

Durchschnitts-Bruttolohn: 510 <strong>EU</strong>R im Monat (2003)<br />

Währung: Polnischer Zloty (PLZ)<br />

Wechselkurs: 1 <strong>EU</strong>R = 4,71 PLZ (01/2004)<br />

Außenhandel<br />

Export: 43,59 Mrd. USD (2002)<br />

Import: 58,56 Mrd. USD (2202)<br />

Hauptlieferländer:<br />

Deutschland (25,2 %), Italien (9,4 %), Russland (7,4 %),<br />

Frankreich (6,8 %)<br />

Hauptwirtschaftsbereiche:<br />

Nahrungsmitel, Fahrzeug-, Maschinenbau, Chemieindustrie<br />

Allgemeines<br />

Fläche:<br />

78.866 qkm<br />

Bevölkerung: 10,2 Mio. Einwohner<br />

Hauptstadt:<br />

Prag (ca. 1,2 Mio. Einwohner)<br />

Wirtschaftszentren / Städte:<br />

Prag, Brno (Brünn), Ostrava (Ostrau), Plzen (Pilsen),<br />

Olomouc (Olmütz)<br />

Amtssprache:<br />

Tschechisch<br />

Korrespondenzsprachen: Tschechisch, Englisch, Deutsch<br />

Wirtschaft<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP): 78,2 Mrd. <strong>EU</strong>R (2002)<br />

Wirtschaftswachstum: 2,5 % (2004 Prognose)<br />

Inflationsrate: 1,5 % (2003)<br />

Arbeitslosenquote: 9,0 % (2003)<br />

Durchschnitts-Bruttolohn: 500 <strong>EU</strong>R im Monat (2003)<br />

Währung: Tschechische Krone (CSK)<br />

Wechselkurs: 1 <strong>EU</strong>R = 32,83 CSK (01/2004)<br />

Außenhandel<br />

Export: 48,1 Mrd. USD (2002)<br />

Import: 49,8 Mrd. USD (2202)<br />

Hauptlieferländer:<br />

Deutschland (32,3 %), Russland (6,5 %),<br />

Slowakei (6,0 %)<br />

Hauptwirtschaftsbereiche:<br />

Maschinenbau, Glas- <strong>und</strong> Textilverarbeitung, Chemie- <strong>und</strong><br />

Elektronikindustrie<br />

Weitere Informationen zu allen <strong>EU</strong>-Beitrittsländern finden Sie im Internet unter<br />

www.mittelstand-eu.de<br />

www.mittelstand-eu.de<br />

Informationskampagne des Landes Niedersachsen mit<br />

Informationen zur <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> für den <strong>Mittelstand</strong><br />

12


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Die Neuen im Blick (II)<br />

Tschechien <strong>und</strong> Niedersachsen:<br />

Nachbarn, die sich wirklich nah sind<br />

Gesandter Jan Sechter<br />

Die Tschechische Republik <strong>und</strong> Niedersachsen sind Nachbarn<br />

<strong>und</strong> sie sind sich wirklich nah. Allein wenn Sie auf<br />

der Landkarte die Metropolen suchen, die Hannover am<br />

nächsten liegen: Sie finden Den Haag, Luxemburg <strong>und</strong><br />

Prag. Hannover <strong>–</strong> Prag: regelmässige Flugverbindungen,<br />

bequeme Eisenbahnverbindungen <strong>und</strong> ein in den letzten<br />

Jahren schnell aufgebautes Autobahnnetz. Historisch betrachtet<br />

nichts Neues. Eine der wichtigen Verbindungen<br />

war immer die Elbe. Für Tschechien sind Niedersachsen,<br />

Hamburg <strong>und</strong> Bremen Tore zur Welt.<br />

Gemeinsam ist Niedersachsen <strong>und</strong> der Tschechischen<br />

Republik, dass sich beide - dank der deutschen Wiedervereinigung<br />

<strong>und</strong> des Falls des Eisernen Vorhangs - ihrer<br />

jeweiligen geografischen Randstellung entledigen konnten.<br />

Beide sehen sich nun in der Mitte Europas. Schon<br />

lange bevor Tschechien <strong>EU</strong>-Mitglied wurde, wußten Politik<br />

<strong>und</strong> Unternehmen aus beiden Ländern die<br />

geografische Lage <strong>und</strong> ihr Industriepotential zu nutzen.<br />

Das Engagement von Volkswagen in den SKODA-Automobilwerken<br />

von Mladá Boleslav gilt als eines der Flaggschiffe<br />

der europäischen Integration. Seit dem 1. Mai 2004<br />

ist es nun soweit: Beide Länder sind Teil eines einheitlichen<br />

Wirtschaftsraums. Zoll- <strong>und</strong> Grenzkontrollen für den<br />

Handel fallen weg. Die Übergangsfristen, die die <strong>EU</strong> <strong>und</strong><br />

die Tschechische Republik vereinbart haben, sollen noch<br />

helfen, die notwendigen Anpassungen zu erleichtern.<br />

Niedersachsen als Exportland <strong>und</strong> Verkehrsdrehscheibe<br />

kann stark von der europäischen Integration profitieren.<br />

Wie der starke Zuwachs zeigt, hat die Wiederbelebung<br />

der Wirtschaftsstandorte in Tschechien neue Absatzmärkte<br />

für niedersächsische Zuliefererbetriebe geschaffen. Was<br />

die deutschen Investitionen in der Tschechischen Republik<br />

angeht, so handelt es sich keinesfalls nur um die Auslagerung<br />

von Arbeitsplätzen, um von den Lohnkostenvorteilen<br />

zu profitieren. Viele deutsche Unternehmen sind<br />

nach Tschechien gegangen, um dort marktnah zu produzieren<br />

<strong>und</strong> um letztendlich im globalen Wettbewerb besser<br />

zu bestehen.<br />

Die wichtigsten niedersächsischen Investoren in der<br />

Tschechischen Republik findet man in der Automobilindustrie<br />

mit Volkswagen AG, Continental AG, Baude Kabeltechnik<br />

GmbH <strong>und</strong> Stankiewicz GmbH. Auch im Maschinenbau<br />

gibt es zahlreiche Aktivitäten: die Firmen Keibel<br />

Maschinenbau GmbH, BMT Georg GmbH, Georg Sahm<br />

GmbH, GMA G. Meyer GmbH, Hettich Int., A. Kümpers<br />

GmbH, die Carl Mahr Holding <strong>und</strong> viele andere. Darüber<br />

hinaus sind zahlreiche niedersächsische Firmen auf dem<br />

wichtigsten tschechischen Messestandort in der<br />

mährischen Stadt Brünn/Brno vertreten. Umgekehrt erhoffen<br />

sich viele tschechische Unternehmen positive Effekte<br />

von ihrer Teilnahme an der Hannover Messe.<br />

Die <strong>Erweiterung</strong> der <strong>EU</strong> bringt Gewinne <strong>und</strong> Verluste,<br />

<strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong> mit sich. Nur die wirtschaftliche Dimension<br />

zu sehen, wäre jedoch zu kurz gedacht. Die europäische<br />

Integration ist eine historische Aufgabe. Sie lässt<br />

sich kaum in Geld ausdrücken <strong>und</strong> sollte nicht zur neuen<br />

Sportdisziplin für Erbsenzähler werden. Nutzen wir daher<br />

alle Möglichkeiten der erweiterten <strong>EU</strong>, auch die auf<br />

kulturellem, zwischenmenschlichem, touristischem <strong>und</strong><br />

sozialem Gebiet!<br />

Prag, Hauptstadt der Tschechischen Republik.<br />

Kontakt:<br />

Botschaft der Tschechischen Republik<br />

Wilhelmstraße 44<br />

10117 Berlin<br />

Telefon: 030 / 22 63 80<br />

Fax: 030 / 22 94 033<br />

E-mail:<br />

berlin@embassy.mzv.cz<br />

Internet: www.mzv.cz/berlin<br />

13


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Beratung <strong>und</strong> Unterstützung (I)<br />

NBank: Umfassende Beratung aus einer Hand<br />

Dr. Sabine Johannsen<br />

Durch die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> um zehn neue Mitgliedstaaten zum 1. Mai 2004 ist mit ca. 455<br />

Millionen Menschen der größte Wirtschaftsraum der westlichen Welt entstanden. Die Integration<br />

dieser wachstumsstarken Märkte bietet den kleinen <strong>und</strong> mittleren niedersächsischen Unternehmen<br />

neue Geschäftsmöglichkeiten <strong>und</strong> damit <strong>Chancen</strong> zur Stärkung <strong>und</strong> Sicherung ihrer<br />

Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Sabine Johannsen<br />

Bereits seit einigen Jahren profitiert die niedersächsische<br />

Wirtschaft von dieser Entwicklung. Das zeigen die<br />

engen Handelsverflechtungen. Insbesondere Polen, die<br />

Tschechische Republik <strong>und</strong> die Slowakei zählen mit Anteilen<br />

an der Gesamtaus- <strong>und</strong> -einfuhr zwischen 2,1 <strong>und</strong><br />

6,7 Prozent zu den „Top Ten“ der Handelspartner Niedersachsens.<br />

Das Außenhandelsvolumen der Beitrittsländer<br />

hat sich von 2001 auf 2003 um ca. 30 Prozent erhöht.<br />

Die Beitrittsländer bieten den niedersächsischen Ländern<br />

somit interessante Marktpotenziale als Absatz- <strong>und</strong><br />

Beschaffungsmärkte.<br />

Zur Erschließung dieser Märkte hält die neu gegründete<br />

Investitions- <strong>und</strong> Förderbank Niedersachsen <strong>–</strong> NBank<br />

ein breites Spektrum unterstützender Maßnahmen bereit.<br />

Zur generellen Information hat die NBank einen<br />

internetbasierten Förderlotsen entwickelt, der je nach<br />

Zweck <strong>und</strong> Ziel die entsprechenden Fördermöglichkeiten<br />

ausweist (www.nbank.de). Bei einer sich anschließenden<br />

telefonischen oder auch persönlichen Beratung erfolgt<br />

eine individuelle Bedarfserfassung. Der Zielsetzung entsprechend<br />

werden die Unternehmen durch den<br />

Förderdschungel gelotst. Die Bandbreite umfasst Dienstleistungs-<br />

<strong>und</strong> Förderangebote auf europäischer, B<strong>und</strong>es<strong>und</strong><br />

Landesebene.<br />

Das Euro Info Centre (EIC) der NBank informiert über<br />

mehr als 200 europäische Förderprogramme. Die Unternehmen<br />

werden von der Projektidee über die Einreichung<br />

des Förderantrags bis zum unterschriebenen Vertrag begleitet.<br />

Der Großteil der europäischen Fördermittel kann<br />

nur in Anspruch genommen werden, wenn ein ausländischer<br />

Kooperationspartner identifiziert worden ist. Für die<br />

weniger kapitalstarken kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />

bieten Kooperationen mit einem oder mehreren<br />

Partnern gute Möglichkeiten, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

im eigenen Land zu stärken <strong>und</strong> neue Märkte zu erschließen.<br />

Dazu bietet die NBank auf mehreren Wegen Hilfestellungen<br />

an. Das Innovation Relay Centre (IRC) ist Experte<br />

für Innovationen, F&E-Ergebnisse, Technologieangebote<br />

<strong>und</strong> -gesuche <strong>und</strong> vermittelt zur Stärkung des<br />

transnationalen Technologietransfers europäische Kooperationspartner.<br />

Das IRC ist <strong>–</strong> ebenso wie das EIC <strong>–</strong> Teil<br />

eines großen europäischen Netzwerks <strong>und</strong> findet über<br />

die mehr als 300 Netzwerkpartner einen oder mehrere<br />

geeignete Projektpartner. Eine weitere Möglichkeit zur<br />

Kooperationspartnersuche bietet das niedersächsische<br />

Beratungsprogramm Außenwirtschaft. Dort wird die Suche<br />

über einen externen Berater durch einen Zuschuss zu<br />

den Beratungskosten unterstützt. Die NBank hilft bei der<br />

Identifizierung eines qualifizierten Außenwirtschaftsberaters.<br />

Nicht zuletzt bietet die Deutsche Management<br />

Akademie neben Führungskräftequalifizierung <strong>und</strong> internationalem<br />

Projektmanagement auch Kooperationspartnervermittlungen<br />

für Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa an.<br />

Aktuelle Ausschreibungen zu den Kooperationspartnergesuchen<br />

der Europäischen Union befinden sich<br />

auf den Internetseiten des EIC (www.eic-hannover.de) <strong>und</strong><br />

des IRC (www.irc-innsa.de). Dort können sich niedersächsische<br />

Unternehmen auch über Ausschreibungen zu speziellen<br />

Förderprogrammen für die <strong>EU</strong>-Beitrittsländer informieren.<br />

Die mittelständische Wirtschaft kann von diesen<br />

Programmen insofern profitieren, als dass es dort in<br />

der Folge auch zur Vergabe von Dienstleistungsaufträgen,<br />

Warenlieferungen bzw. Bauaufträgen kommt.<br />

Ebenfalls zum Repertoire der NBank gehören markt<strong>und</strong><br />

branchenspezifische Recherchen <strong>und</strong> Informationen<br />

über Richtlinien <strong>und</strong> Gesetzestexte. Zudem berät die<br />

NBank über Absatz- <strong>und</strong> Beschaffungschancen <strong>und</strong> mögliche<br />

Organisationsformen des Außenhandels im eigenen<br />

14


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Unternehmen. Regelmäßige Veranstaltungen <strong>und</strong> Workshops<br />

zu aktuellen Themen erweitern das Angebot.<br />

Auslandsmessen stellen nicht nur Verkaufs- <strong>und</strong><br />

Präsentationsinstrumente dar, sondern sind darüber hinaus<br />

ein wichtiges Orientierungs-, Informations- <strong>und</strong><br />

Kontaktforum. Die NBank informiert über die von B<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Land organisierten Messegemeinschaftsstände im<br />

Ausland. Schwerpunktmäßig unterstützt die NBank allerdings<br />

die einzelbetriebliche Messeförderung, um individuelle<br />

Auslandsgeschäfte zu ermöglichen.<br />

Die Bündelung der Europakompetenz in der NBank<br />

schafft für die niedersächsischen KMU die beste Voraussetzung<br />

für eine umfassende Beratung über alle <strong>Chancen</strong><br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten, die durch die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

entstehen.<br />

Kontakt:<br />

Investitions- <strong>und</strong> Förderbank Niedersachsen GmbH<br />

NBank<br />

Günther-Wagner-Allee 12-14<br />

30177 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 300 31 - 0<br />

Fax: 0511 / 300 31 - 300<br />

E-mail:<br />

info@nbank.de<br />

Internet: www.nbank.de<br />

15


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Beratung <strong>und</strong> Unterstützung (II)<br />

Osteuropa-Agentur: Spezielles Angebot für Handwerksbetriebe<br />

Aneta Holtmann<br />

Kleine <strong>und</strong> mittlere Handwerksbetriebe zögern derzeit<br />

noch, wenn es um Osteuropa geht. Das gilt aber nicht<br />

nur für Osteuropa sondern generell für ein Engagement<br />

im Ausland. Das hat Gründe: Begrenzte personelle Ressourcen<br />

<strong>und</strong> die Herausforderungen des Tagesgeschäftes<br />

lassen es oft nicht zu, neue Märkte, geschweige denn<br />

Auslandsmärkte zu erschließen. Oft scheitert es schon<br />

daran, sich Informationen über diese Märkte zu beschaffen.<br />

Dazu kommen Unsicherheiten hinsichtlich der Sprache,<br />

Mentalität <strong>und</strong> Kultur. Um jedoch die <strong>Chancen</strong> der<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> auch für das Handwerk zugänglich zu<br />

machen, hat die Vereinigung der Handwerkskammern<br />

Niedersachsen (VHN) gemeinsam mit dem Land Niedersachsen<br />

im Mai 2002 die Osteuropa-Agentur gegründet.<br />

Als Kontakt- <strong>und</strong> Kooperationsplattform bietet die Osteuropa-Agentur<br />

jedem interessierten Handwerksbetrieb,<br />

der in den neuen <strong>EU</strong>-Staaten wirtschaftlich tätig werden<br />

will, individuelle Hilfe an.<br />

Wege zur erfolgreichen Nutzung<br />

der <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

Die Osteuropa-Agentur ...<br />

vermittelt Kontakte <strong>und</strong> Kooperationen <strong>und</strong> nimmt interessierte<br />

Unternehmen in ihre Datenbank auf.<br />

hilft bei der konkreten Suche nach Kooperationspartnern<br />

in den mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Ländern.<br />

erstellt Länderinformationen <strong>und</strong> verbreitet Informationen<br />

über Messen, Kooperationsbörsen <strong>und</strong> Unternehmerreisen.<br />

unterstützt Unternehmen bei den einzelnen Schritten<br />

der außenwirtschaftlichen Zusammenarbeit bis hin zur<br />

Gründung einer eigenen Firma.<br />

organisiert Unternehmerreisen nach Polen <strong>und</strong> in Kooperation<br />

mit der Handwerkskammer Frankfurt/Oder<br />

Wirtschaftsreisen ins Baltikum. Dort können Unternehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Unternehmer direkt Kontakte zu Unternehmen<br />

aus Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa knüpfen.<br />

Eine Reihe von Handwerksunternehmen engagiert sich<br />

bereits in den neuen mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Mitgliedstaaten<br />

der <strong>EU</strong>. Die Formen reichen vom reinen Einkauf<br />

oder Absatz über die Gründung von Joint Ventures oder<br />

dem Aufbau von Kooperationen bis hin zum Aufbau von<br />

Produktionsstätten:<br />

Die meisten Unternehmen, die bereits Kontakte <strong>und</strong><br />

Geschäftsbeziehungen zu diesen Ländern haben, nutzen<br />

die günstigen Einkaufsmöglichkeiten für Vorprodukte<br />

<strong>und</strong> erweitern mit zusätzlichen Produkten ihr<br />

Angebot. Es handelt sich u.a. um Metallbetriebe <strong>und</strong><br />

teilweise auch um Tischlereien.<br />

Einige arbeitsintensive <strong>und</strong> produktionsorientierte Unternehmen<br />

nutzen Lohnkostenvorteile <strong>und</strong> verlegen<br />

Teile der Produktion in die Länder, beispielsweise nach<br />

Polen. Nicht immer gehen dadurch Arbeitsplätze vor<br />

Ort verloren. Eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit<br />

kann vielmehr dabei helfen, Arbeitsplätze <strong>und</strong> Umsätze<br />

am hiesigen Standort zu sichern.<br />

Andere Betriebe mit speziellen Produkten <strong>und</strong> Dienstleistungen,<br />

die in der hochwertigen Form <strong>und</strong> Qualität<br />

noch nicht in den einzelnen Ländern Mittel- <strong>und</strong><br />

Osteuropas erhältlich sind, erobern dort bereits Teilmärkte.<br />

Kontakt:<br />

Osteuropa-Agentur<br />

der Vereinigung der Handwerkskammern<br />

Niedersachsen (VHN)<br />

Ferdinandstraße 3<br />

30175 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 380 87 - 19<br />

Fax: 0511 / 380 87 - 21<br />

E-mail:<br />

osteuropa-agentur@handwerk-vhn.de<br />

Internet: www.handwerk-vhn.de<br />

16


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Praktische Tipps (I)<br />

Hatto Brenner<br />

Checkliste: Was Sie prüfen sollten, bevor Sie<br />

in den neuen Mitgliedstaaten investieren<br />

Lohnkosten:<br />

Soweit Lohnkostenvorteile im Mittelpunkt des Investitionsinteresses<br />

stehen, ist die Höhe der tatsächlichen Lohnkosten<br />

unter Berücksichtigung der Produktivität zu prüfen<br />

sowie deren voraussichtliche Entwicklung.<br />

Arbeitskräfte:<br />

Sind qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar, welche Rahmenbedingungen<br />

sind zu beachten u.a. für die Einstellung,<br />

für die Kündigung, welche Bedeutung haben die Gewerkschaften?<br />

Markterschließung:<br />

Ist die Erschließung des Marktes bestimmendes Argument<br />

für die Investition, dann sind u.a. die sehr unterschiedlichen<br />

Marktgrößen <strong>und</strong> die daraus resultierenden Absatzpotentiale<br />

zu beachten (Polen ca. 38,2 Mio., Estland ca.<br />

1,4 Mio. Einwohner).<br />

Gesellschaftsform:<br />

Welche Gesellschaftsformen (u. a. AG, GmbH, OHG, KG)<br />

<strong>und</strong> welche Beteiligungsmöglichkeiten sind gegeben, wie<br />

hoch ist das Mindestkapital?<br />

Genehmigungen <strong>und</strong> Gründungsverfahren:<br />

Sind Genehmigungen erforderlich, welche Institutionen<br />

sind zu kontaktieren, welcher Zeitbedarf ist hierfür einzukalkulieren?<br />

Besteuerung:<br />

Welche Art von Steuern fallen in welcher Höhe an (Körperschaftssteuer,<br />

Einkommenssteuer, Dividendensteuer,<br />

MwSt., Vermögenssteuer, Quellensteuer u.a.)?<br />

Vergünstigungen:<br />

Welche Vergünstigungen können genutzt werden im Zusammenhang<br />

mit der geplanten Investition (Steuererleichterungen,<br />

Fördermaßnahmen in Wirtschaftssonderzonen,<br />

Verlustvorträge usw.)?<br />

Eigentumserwerb:<br />

Unter welchen Voraussetzungen können ausländische Investoren<br />

z.B. Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden erwerben?<br />

Gewinntransfer:<br />

Unter welchen Umständen ist der freie Kapital- <strong>und</strong><br />

Gewinntransfer möglich?<br />

Bilaterale Abkommen:<br />

Bestehen Investitionsschutzabkommen mit Deutschland,<br />

sind Doppelbesteuerungsabkommen in Kraft?<br />

Handelsvergünstigungen:<br />

Bestehen Zollvergünstigungen, sind Import-/Exportlizenzen<br />

erforderlich?<br />

Finanzierungsmöglichkeiten:<br />

Welche Finanzierungsmöglichkeiten werden durch deutsche<br />

oder ausländische Institutionen angeboten [z.B. durch<br />

die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Europäische<br />

Investitionsbank (EIB)], besteht die Möglichkeit der<br />

Leasingfinanzierung?<br />

B<strong>und</strong>esgarantien:<br />

In welchem Umfang können private Investitionen durch<br />

Garantien des B<strong>und</strong>es abgesichert werden?<br />

Interkulturelles:<br />

Welche Besonderheiten sind im Umgang mit Arbeitskräften,<br />

Geschäftspartnern, Behörden usw. zu beachten, wie<br />

unterscheiden sich die Geschäftsgepflogenheiten von<br />

denen in Deutschland?<br />

Rechtsdurchsetzung:<br />

In welchem Umfange ist das Gerichtssystem entwickelt,<br />

mit welchen Verfahrensdauern ist zu rechnen?<br />

Infrastruktur:<br />

Bestehen noch Nachteile u.a. im Verkehrssystem, in der<br />

Energieversorgung, bei der Telekommunikation?<br />

Städtepartnerschaft:<br />

Welche deutsche Stadt/Region unterhält partnerschaftliche<br />

Beziehungen, die evtl. für den Aufbau des beabsichtigten<br />

Investitionsvorhabens genutzt werden können?<br />

Informationsstellen:<br />

Können Erfahrungen, Kontakte <strong>und</strong> Informationsmöglichkeiten<br />

der Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern, Handwerkskammern,<br />

der Auslandshandelskammern <strong>und</strong> von<br />

spezialisierten Beratern genutzt werden?<br />

Marktkontakt:<br />

Bestehen erste persönliche Kontakte/Erfahrungen zum<br />

Markt evtl. anlässlich eines Messebesuchs oder einer<br />

Messebeteiligung, die zu einer Investitionsbeurteilung<br />

herangezogen werden können?<br />

Informationen im Internet<br />

Union Mittelständischer Unternehmen<br />

(UMU) e.V.<br />

Website der UMU: www.umu.de<br />

17


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Praktische Tipps (II)<br />

Gr<strong>und</strong>stückserwerb durch <strong>EU</strong>-Ausländer in den neuen<br />

mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Mitgliedstaaten der <strong>EU</strong><br />

Ulrich Herfurth<br />

Der Gr<strong>und</strong>satz des freien Kapitalverkehrs gilt nach dem<br />

Beitritt nun im gesamten Raum der erweiterten <strong>EU</strong>. Einige<br />

der neuen Beitrittsstaaten haben jedoch Ausnahmeregelungen<br />

für den Erwerb von Gr<strong>und</strong>stücken (Immobilien)<br />

durch Angehörige der „Alt-<strong>EU</strong>-Staaten” innerhalb einer<br />

Übergangsfrist von bis zu zwölf Jahren durchsetzen<br />

können. Besondere Beschränkungen bestehen regelmäßig<br />

für den Eigentumserwerb an land- <strong>und</strong> forstwirtschaftlichen<br />

Gr<strong>und</strong>stücken.<br />

In den Beitrittsländern befindet sich das Gr<strong>und</strong>buchwesen<br />

nach westeuropäischem Standard häufig noch im Aufbau<br />

<strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>bücher sind nicht immer korrekt.<br />

der Ostsee. Sofern Investoren aus Ländern kommen, mit<br />

denen Lettland ein Investitionsschutzabkommen abgeschlossen<br />

hat, ist ihnen der Erwerb von Immobilien ohne<br />

weiteres möglich. Ein schriftlicher Kaufvertrag ist ausreichend.<br />

Dem Kaufvertrag folgt zwingend ein notarieller<br />

Antrag auf Gr<strong>und</strong>bucheintragung. Erst mit positivem Beschluß<br />

des Gr<strong>und</strong>buchamtes geht das Eigentum auf den<br />

Käufer über. Besonderheit: Ab Vertragsunterzeichnung<br />

haftet der Käufer für Schäden Dritter. Daher sollte der<br />

Käufer diese Haftung vertraglich ausschließen.<br />

In Polen dürfen <strong>EU</strong>-Ausländer gr<strong>und</strong>sätzlich Immobilien<br />

erwerben. Gleichwohl muß ein Käufer vor Vertragsschluss<br />

die Genehmigung des Innenministers einholen. Er hat<br />

aber Anspruch auf Erteilung, wenn er ein Unternehmen<br />

oder eine Niederlassung in Polen gründet. Lediglich für<br />

den Erwerb von Landwirtschafts- oder Forstflächen gelten<br />

Sonderregeln, zum Teil auch mit weiteren Einschränkungen<br />

<strong>und</strong> Übergangsfristen bis 2016.<br />

Anders als in Deutschland geht das Eigentum bereits<br />

bei Vertragsschluss (notarielle Form erforderlich) auf den<br />

Käufer über. Der Eigentumsübergang wird sodann im<br />

Gr<strong>und</strong>buch eingetragen. Das Gr<strong>und</strong>buch genießt öffentlichen<br />

Glauben, so dass eingetragene dingliche Rechte<br />

gutgläubig erworben werden können.<br />

In Estland bedarf der Erwerb von Immobilien der Zustimmung<br />

des zuständigen Gebietsgouverneurs. Die Zustimmung<br />

ist zu erteilen, wenn der Erwerber ein Unternehmen<br />

oder eine Niederlassung in Estland gründet. Nicht<br />

frei erwerbbar sind Gr<strong>und</strong>stücke in Grenzregionen <strong>und</strong><br />

auf einigen kleinen Inseln sowie landwirtschaftlich genutzte<br />

Flächen <strong>und</strong> Forstland.<br />

Das Eigentum geht mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages<br />

auf den Käufer über. Der Eigentumsübergang<br />

wird im Gr<strong>und</strong>buch registriert. Das Übertragungsverfahren<br />

dauert etwa ein halbes Jahr. Das Gr<strong>und</strong>buchwesen ist im<br />

Aufbau.<br />

In Lettland ist der Immobilienerwerb mit Ausnahme von<br />

Agrar- <strong>und</strong> Forstland gr<strong>und</strong>sätzlich möglich. Ausgeschlossen<br />

sind Grenzregionen sowie die Dünenlandschaften an<br />

In Litauen ist für den Gr<strong>und</strong>stückserwerb eine behördliche<br />

Genehmigung einzuholen.<br />

Der Erwerb durch in Litauen eingetragene oder vertretene<br />

ausländische Unternehmen oder natürliche ausländische<br />

Personen mit Erwerbstätigkeit in Litauen, die<br />

aus <strong>EU</strong>, OSZE oder mit der <strong>EU</strong> assoziierten Ländern kommen,<br />

unterliegt keinen nennenswerten Beschränkungen.<br />

Eingeschränkt ist jedoch der Erwerb von landwirtschaftlichen<br />

Nutzflächen, Waldflächen, Gebieten in Kurorten oder<br />

von Gr<strong>und</strong>stücken mit Rohstoffen. In allen anderen Fällen<br />

ist die Nutzung durch Pacht- oder Mietverträge möglich.<br />

Neben dem Erwerbsvertrag ist auch das Übergangsprotokoll<br />

zu unterzeichnen <strong>und</strong> notariell zu beglaubigen.<br />

Beide Dokumente sind beim staatlichen Amt für Kataster<br />

<strong>und</strong> Registrierung von Immobilien eintragen zu lassen.<br />

18


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Qualifizierung <strong>und</strong> Praktika (I)<br />

Qualifizierungsoffensive für den <strong>Mittelstand</strong> -<br />

Landesprogramm für Osteuropa-Aktivitäten nutzbar<br />

Reinhard Bode-Schütte<br />

Osteuropa-Know-how gefragt! Unternehmen, die sich in<br />

Osteuropa engagieren wollen, brauchen entsprechend<br />

qualifizierte Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter. Ob Märkte,<br />

Produktionsstätten oder Kooperationen <strong>–</strong> neue <strong>und</strong><br />

zusätzliche Kompetenzen sind erforderlich. Sprachkenntnisse<br />

<strong>und</strong> Wissen über die rechtlichen, institutionellen <strong>und</strong><br />

ökonomischen Rahmenbedingungen, sowie Vertrautheit<br />

mit den kulturellen Gegebenheiten erleichtern die Zugänge<br />

zu Osteuropa. Mittelständische Unternehmen haben<br />

oft nicht die zeitlichen <strong>und</strong> personellen Ressourcen, um<br />

ihre geplanten oder bereits begonnenen Osteuropa-Aktivitäten<br />

strategisch mit einer entsprechenden Personalentwicklung<br />

zu flankieren. An dieser Stelle kann das Programm<br />

des Landes Niedersachsen „Weiterbildungsoffensive<br />

für den <strong>Mittelstand</strong>” kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />

unterstützen.<br />

Ansprechpartner für Unternehmen<br />

Das Förderprogramm wird aus Mitteln des Europäschen<br />

Sozialfonds (ESF) <strong>und</strong> des Landes Niedersachsen finanziert.<br />

Zuständige Fachbehörde ist das Niedersächsische<br />

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> Verkehr. Bewilligungsbehörde<br />

ist seit dem 1. Mai 2004 die neugegründete<br />

Investitions- <strong>und</strong> Förderbank Niedersachsen<br />

GmbH (NBank) mit Sitz<br />

in Hannover. Die Beratung von Antragstellern<br />

ist Aufgabe der landeseigenen<br />

Beratungsgesellschaft für<br />

Integration <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

(LaBIB) in Hannover.<br />

Struktur eines geförderten Projektes<br />

Das Programm fördert Qualifizierungsmaßnahmen für<br />

KMU-Beschäftigte. Dabei ist es unerheblich, ob es sich<br />

- um eine Weiterbildung für eine einzelne Mitarbeiterin<br />

oder einen einzelnen Mitarbeiter<br />

- um ein umfangreicheres einzelbetriebliches Qualifizierungsprojekt<br />

oder<br />

Ein Antrag ist in jedem Fall von einer externen <strong>und</strong> geeigneten<br />

Bildungseinrichtung zu stellen. Wichtig dabei ist,<br />

den Qualifizierungsbedarf, der sich aus den Osteuropa-<br />

Aktivitäten ergibt, zeitnah <strong>und</strong> differenziert zu erfassen<br />

<strong>und</strong> in Weiterbildungsmodule zu übertragen, bevor die<br />

eigentliche Qualifizierung erfolgt. Auch diese Bedarfserfassung<br />

kann durch eine Bildungseinrichtung durchgeführt<br />

werden <strong>und</strong> ist förderfähig.<br />

Inhalte eines Qualifizierungsprojektes<br />

Das Förderprogramm ist offen für alle Qualifizierungsinhalte<br />

im Bereich der beruflichen Fach-, Sozial- <strong>und</strong><br />

Methodenkompetenz. Denkbar sind z.B. die Vermittlung<br />

von Kenntnissen über technische Anforderungen auf den<br />

jeweiligen Märkten, der Erwerb von Sprachkompetenz in<br />

den Landes- oder Geschäftssprachen der Beitrittsstaaten<br />

oder interkulturelle Trainingsmaßnahmen zur Vorbereitung<br />

auf geschäftliche Gepflogenheiten vor Ort. Wenn durch<br />

die Osteuropa-Aktivitäten Rückwirkungen auf den<br />

Betriebsstandort in Niedersachsen entstehen, die eine<br />

Anpassungsqualifizierung von Beschäftigten notwenig<br />

machen, so können auch diese gefördert werden. Nicht<br />

gefördert werden verständlicherweise reine Produktionsverlagerungen<br />

nach Osteuropa.<br />

Geeignete Bildungseinrichtungen<br />

Die Qualifizierungen können von ganz unterschiedlichen<br />

Bildungseinrichtungen durchgeführt werden. Ein oder<br />

mehrere Unternehmen sollten einen Bildungsträger auswählen,<br />

der über einschlägige Erfahrungen verfügt, die<br />

sich sowohl auf die betriebliche Zielgruppe als auch auf<br />

den Inhalt der Weiterbildung <strong>und</strong> den internationalen<br />

Kontext beziehen. Kooperationen mit mehreren Bildungseinrichtungen<br />

<strong>–</strong> in denen jede ihre spezifische Stärke einbringt<br />

<strong>–</strong> sind denkbar. In Niedersachsen sind eine Vielzahl<br />

kompetenter Bildungseinrichtungen in unterschiedlicher<br />

Trägerschaft mit Erfahrung in internationalen<br />

Weiterbildungsprojekten tätig.<br />

Kosten <strong>und</strong> Dauer eines Qualifizierungsprojektes<br />

- um eine große überbetriebliche Maßnahme in einer<br />

Branche oder Region handelt.<br />

Das Förderprogramm des Europäischen Sozialfonds <strong>und</strong><br />

des Landes beruht auf dem Prinzip der Anteilsfinan-<br />

20


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

zierung. Die beteiligten Unternehmen haben somit einen<br />

Eigenanteil zu erbringen. Dieser besteht aus den<br />

Freistellungskosten für ihre Beschäftigten während der<br />

Dauer der Qualifizierung zuzüglich eines Anteils von mindestens<br />

10 Prozent der direkten Qualifizierungsausgaben.<br />

Den größten Anteil an den direkten Qualifizierungsausgaben<br />

übernimmt das Förderprogramm. Die Dauer<br />

eines Qualifizierungsprojektes kann bedarfsgerecht gestaltet<br />

werden. Denkbar sind kurze intensive Schulungen<br />

ebenso wie ein längerer Projektzeitraum mit verschiedenen<br />

Qualifizierungsintervallen. Eine Mindestdauer von 40<br />

St<strong>und</strong>en pro Teilnehmerin oder Teilnehmer sollte nicht<br />

unterschritten werden, um eine nachhaltige Wirkung zu<br />

gewährleisten.<br />

Homepage der LaBIB mbH - www.labib.de<br />

Planungsschritte bei Qualifizierung für Osteuropa-<br />

Aktivitäten<br />

Unternehmen, die noch keinerlei Erfahrung mit entsprechenden<br />

Förderprogrammen haben, sollten sich zuerst an<br />

die Landesberatungsgesellschaft für Integration <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

<strong>–</strong> LaBIB mbH wenden. Wenn Unternehmen<br />

bereits mit erfahrenen Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten,<br />

kann gleich ein gemeinsames Projektgespräch<br />

zum geplanten Qualifizierungsvorhaben geführt werden.<br />

Die LaBIB begleitet die Projekte von der Planungsphase<br />

bis zur Antragstellung. Die Beratung ist eine Serviceleistung<br />

der niedersächsischen Landesregierung <strong>und</strong> der<br />

Europäische Kommission <strong>und</strong> daher kostenlos.<br />

Kontakt:<br />

Landesberatungsgesellschaft<br />

für Integration <strong>und</strong> Beschäftigung mbH - LaBIB<br />

- Fachbereich ESF -<br />

Bödekerstraße 56<br />

30161 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 33 696 - 13<br />

Fax: 0511 / 33 696 - 23<br />

E-mail:<br />

info@labib.de<br />

Internet: www.labib.de<br />

21


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Qualifizierung <strong>und</strong> Praktika (II)<br />

Fit für Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa -<br />

Qualifizierung, Praktikums- <strong>und</strong> Kontaktvermittlung<br />

Martina Graupner-Kreutzmann <strong>und</strong> Petra Schulze-Ganseforth<br />

Ist Ihr Unternehmen bereits in Mittel- oder Osteuropa tätig<br />

oder planen Sie dies in nächster Zeit? Das Projekt Job-fit<br />

für Europa unterstützt Sie, Ihre Beschäftigten für die neuen<br />

Herausforderungen zu qualifizieren. „Job-fit für Europa“<br />

wird von der Region Hannover <strong>und</strong> der Internationalen<br />

Weiterbildung <strong>und</strong> Entwicklung gGmbH (InWEnt) getragen<br />

<strong>und</strong> durch den Europäischen Sozialfonds (ESF)<br />

gefördert. Das Projekt will kleinen <strong>und</strong> mittelständischen<br />

Unternehmen mit Hilfe eines Trainingsprogramms helfen,<br />

in den neuen mittel- <strong>und</strong> osteuropäischen Mitgliedstaaten<br />

der <strong>EU</strong><br />

erfolgreich Geschäftsbeziehungen aufzubauen<br />

neue Geschäftsfelder zu entwickeln<br />

sich besser auf dem internationalen Markt zu behaupten<br />

<strong>und</strong> dadurch<br />

Der krönende Abschluss ist ein 2-wöchiges Auslandstraining,<br />

in dem die vermittelten Inhalte vertieft <strong>und</strong> praktisch<br />

erprobt werden sollen. Der Auslandsaufenthalt ist<br />

so angelegt, dass bereits Kontakte zu potenziellen Partnern<br />

geknüpft bzw. vertieft werden können.<br />

Um einen nachhaltigen Effekt des Projekts „Job-fit für<br />

Europa” zu erreichen, sind weitere Aktivitäten geplant.<br />

Die Region Hannover wird in Kürze einen Arbeitskreis einrichten,<br />

in dem Betriebe der Region ihre Erfahrungen in<br />

<strong>EU</strong>-Mitgliedstaaten austauschen können. Auch ein entsprechendes<br />

Internet-Forum ist in Vorbereitung.<br />

„Job-fit für Europa“ ist ein wichtiger Baustein der<br />

wirtschaftsbezogenen Europa-Aktivitäten der Region<br />

Hannover, neben Projekten wie den „Unternehmerbegegnungen<br />

im erweiterten Europa” in 2003 mit Polen<br />

<strong>und</strong> der „Jugendbegegnung im Gailhof“ <strong>–</strong> zusammen<br />

mit InWEnt <strong>–</strong> in diesem Jahr mit deutschen <strong>und</strong> polnischen<br />

Berufsschülerinnen <strong>und</strong> -schülern.<br />

Arbeitsplätze am hiesigen Standort zu sichern.<br />

Dass hier ein Bedarf besteht, hatte die Region Hannover<br />

durch eine Unternehmensbefragung im Frühjahr 2002<br />

festgestellt. Die Befragten hatten sich sehr interessiert an<br />

Europa-gerichteter Information <strong>und</strong> Beratung gezeigt.<br />

„Job-fit für Europa” hat nun im Mai 2004 mit dem Zielland<br />

Polen begonnen. Bis Sommer 2007 <strong>–</strong> solange läuft<br />

das Projekt <strong>–</strong> werden weitere neue Mitgliedstaaten folgen.<br />

Welche genau, soll noch durch eine Umfrage bei den<br />

Unternehmen ermittelt werden.<br />

Das Trainingsprogramm qualifiziert in den Feldern<br />

- Außenwirtschaft<br />

- Sprachen (des Ziellandes <strong>und</strong> Business-Englisch)<br />

- Interkulturelles (Geschäftskultur <strong>und</strong> Lebensart).<br />

Kontakt:<br />

„Job-fit für Europa“<br />

Projektleiterin Martina Graupner-Kreutzmann<br />

InWEnt gGmbH<br />

Regionales Zentrum Niedersachsen<br />

Theaterstraße 16<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 30 480 - 15<br />

Fax: 0511 / 30 480 - 99<br />

E-mail:<br />

niedersachsen@inwent.org<br />

Internet: www.inwent.org<br />

Job-fit für<br />

Europa<br />

22


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

InWEnt <strong>–</strong> Internationale Weiterbildung <strong>und</strong> Entwicklung gGmbH<br />

InWEnt ist eine Organisation für internationale Personalentwicklung,<br />

Weiterbildung <strong>und</strong> Dialog. Im Jahr 2002<br />

hervorgegangen aus der Fusion der Carl Duisberg Gesellschaft<br />

e.V. <strong>und</strong> der Deutschen Stiftung für internationale<br />

Entwicklung baut sie auf deren jahrzehntelanger<br />

Erfahrung in der internationalen Zusammenarbeit<br />

auf. Ihre internationalen Trainings- <strong>und</strong> Dialogprogramme<br />

richten sich an Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte sowie<br />

Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung<br />

<strong>und</strong> Zivilgesellschaft aus aller Welt. Mit einem<br />

Finanzvolumen von r<strong>und</strong> 130 Millionen Euro erreicht<br />

sie jährlich etwa 35.000 Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer<br />

aus Entwicklungsländern, aus Deutschland, anderen<br />

Industriestaaten <strong>und</strong> aus Osteuropa. Hauptgesellschafter<br />

ist die B<strong>und</strong>esregierung, wichtigster Auftraggeber<br />

das B<strong>und</strong>esministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> Entwicklung.<br />

Niedersächsische Agentur für Arbeit<br />

<strong>und</strong> Ausbildung im Ausland<br />

Projektleiter Dr. Michael Eichler<br />

InWEnt gGmbH<br />

Regionales Zentrum Niedersachsen<br />

Theaterstraße 16<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 30 480 - 24<br />

Fax: 0511 / 30 480 - 99<br />

E-mail:<br />

niedersachsen@inwent.org<br />

Internet: www.inwent.org<br />

Auf Landesebene arbeitet InWEnt als regionales Zentrum Niedersachsen seit vielen Jahren im Auftrag von<br />

unterschiedlichen Landesministerien an der Entwicklung internationaler Handlungskompetenz <strong>und</strong> ist ständig<br />

bemüht, seine Programme nah an den Erfordernissen des Marktes <strong>und</strong> der niedersächsischen Wirtschaft zu orientieren.<br />

Traditionell u.a. auf Osteuropa ausgerichtet, hat die Gesellschaft z.B. zwischen 1990 <strong>und</strong> 1998 ein Lehrlingsprogramm<br />

durchgeführt, in dessen Zuge 130 polnische Jugendliche zu einem gemeinsamen deutsch-polnischen<br />

Gesellenbrief geführt wurden. Für InWEnt gilt der Gr<strong>und</strong>satz, dass Auslandsqualifizierungen nicht nur fachliche<br />

<strong>und</strong> sprachliche Kompetenz fördert, sondern auch Kenntnisse über fremde Märkte <strong>und</strong> Mentalitäten vermittelt.<br />

Nur so kann es gelingen, dass international qualifizierte Beschäftigte die Wettbewerbs- <strong>und</strong> Entwicklungsfähigkeit<br />

ihrer Betriebe stärken.<br />

Im Wettbewerb der Regionen Europas profitieren Niedersachsen <strong>und</strong> die Region Hannover<br />

neben ihrer günstigen geografischen Lage auch von dem international anerkannten<br />

Ruf Hannovers als Messeplatz <strong>und</strong> Standort der EXPO 2000. Mit der im März 2004 initiierten Bildung der „Metropolregion<br />

Hannover - Braunschweig - Göttingen“ ist ein weiterer Schritt in die Richtung europäischer Wettbewerbsfähigkeit<br />

getan. Das größere Europa wird für Niedersachsen <strong>und</strong> die Region Hannover in einem besonderen<br />

Maße Entwicklungschancen mit sich bringen - durch die <strong>Erweiterung</strong> des Marktes, Kooperationen von Unternehmen,<br />

Austausch in Bildung <strong>und</strong> Politik, Kompetenzgewinn in europäischer Wirtschaftspraxis.<br />

Die Region Hannover ist eine regionale Gebietskörperschaft mit ca. 1,1 Millionen Einwohnerinnen <strong>und</strong> Einwohnern.<br />

Die Stabsstelle für <strong>EU</strong>-Angelegenheiten in der Regionsverwaltung soll die Position der Region in europäischen<br />

Zusammenhängen definieren <strong>und</strong> ihre Teilnahme an europäischen Meinungsbildungs- <strong>und</strong> Entscheidungsprozessen<br />

sicherstellen. In Zusammenarbeit mit anderen <strong>EU</strong>-Metropolregionen sollen verlässliche<br />

Kooperationsstrukturen entwickelt werden.<br />

Aufgaben sind die<br />

- Entwicklung einer Europastrategie,<br />

- Mitarbeit in europäischen Netzwerken,<br />

- Teilnahme an <strong>EU</strong>-Projekten,<br />

- Vertretung der Region bei <strong>EU</strong>-Institutionen,<br />

- Transfer von <strong>EU</strong>-Informationen in die Region,<br />

- Beratung der Regionsverwaltung in <strong>EU</strong>-Rechtsfragen,<br />

- Europaqualifizierung von Mitarbeitern/innen,<br />

- Mitwirkung bei arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen<br />

im Rahmen des Europäischen Sozialfonds.<br />

Europaregion Hannover<br />

Petra Schulze-Ganseforth<br />

Leiterin <strong>EU</strong>-Angelegenheiten<br />

Region Hannover<br />

Hildesheimer Straße 20<br />

30169 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 616 - 23 215<br />

Fax: 0511 / 616 - 23 458<br />

E-mail:<br />

info@europaregion-hannover.de<br />

Internet: www.europaregion-hannover.de<br />

23


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Info-Kampagne des <strong>EIZ</strong> Niedersachsen:<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> & <strong>Mittelstand</strong> - <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong>.<br />

Bettina Raddatz<br />

Gefährden Produktionsverlagerungen nach Osteuropa das<br />

Auftragspotential für Handwerksbetriebe in Niedersachsen?<br />

Lohnt es sich für kleinere Unternehmen, nach Osteuropa<br />

zu gehen <strong>und</strong> wenn, dann in welchen Sektoren?<br />

Was ist bei Kooperationen mit Partnern aus den <strong>Erweiterung</strong>sländern<br />

zu beachten? Im niedersächsischen <strong>Mittelstand</strong><br />

<strong>und</strong> insbesondere im Handwerk wird die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

nach wie vor mit gemischten Gefühlen betrachtet.<br />

Umfragen zufolge sieht fast die Hälfte der niedersächsischen<br />

Handwerksbetriebe die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> eher<br />

negativ.<br />

Um <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong> realistischer einschätzen zu<br />

können, hat das Europäische Informations-Zentrum (<strong>EIZ</strong>)<br />

Niedersachsen die Informationskampagne „<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

& <strong>Mittelstand</strong> <strong>–</strong> <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong>“ entwickelt.<br />

Der Niedersächsische Ministerpräsident hat sie Ende März<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Zwischen April <strong>und</strong> November 2004 finden landesweit<br />

Veranstaltungen statt, die sich mit den unterschiedlichen<br />

Aspekten der <strong>Erweiterung</strong> befassen. Ergänzend<br />

dazu ist die Broschüre „<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong>: Infos für den<br />

<strong>Mittelstand</strong>” erschienen <strong>und</strong> ein Portal in das Internet<br />

eingestellt worden. Neben dem <strong>EIZ</strong> sind die NBank, bei<br />

der auch das Euro Info Centre (EIC) angesiedelt ist, die<br />

Osteuropa-Agentur der Vereinigung der Handwerkskammern<br />

Niedersachsen (VHN), das Niedersächsische Ministerium<br />

für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> Verkehr (MW) sowie<br />

Kooperationspartner aus dem niedersächsischen <strong>Mittelstand</strong><br />

<strong>und</strong> dem Handwerk an der Kampagne beteiligt.<br />

Die NBank <strong>und</strong> andere Einrichtungen bieten u.a. im Rahmen<br />

der Veranstaltungen Beratungen an.<br />

Das Logo der Info-Kampagne.<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong>: Infos für den <strong>Mittelstand</strong><br />

Die vom <strong>EIZ</strong> Niedersachsen <strong>und</strong> von der NBank gemeinsam<br />

herausgegebene <strong>und</strong> mit Unterstützung der<br />

Osteuropa-Agentur erstellte, gleichnamige Broschüre<br />

bietet Informationen<br />

- darüber, was sich mit der <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> am 1. Mai<br />

2004 ändert,<br />

- zum Thema <strong>Erweiterung</strong> für mittelständische Unternehmen<br />

<strong>und</strong> Betriebe,<br />

- zu den zehn neuen <strong>EU</strong>-Mitgliedstaaten,<br />

- über die Info-Kampagne des Landes <strong>und</strong><br />

- weiterführende Adressen <strong>und</strong> Internet-Links zum<br />

Thema.<br />

Die Broschüre kann beim <strong>EIZ</strong> Niedersachsen bestellt<br />

<strong>und</strong> auch im Internet (als PDF-Datei) heruntergeladen<br />

werden.<br />

Europäisches Informations-Zentrum<br />

Niedersachsen<br />

<strong>EIZ</strong> Niedersachsen<br />

Niedersächsische Staatskanzlei<br />

Aegidientorplatz 4<br />

30159 Hannover<br />

Telefon: 0511 / 120 - 8888<br />

Fax: 0511 / 120 - 8889<br />

E-mail:<br />

info@eiz-niedersachsen.de<br />

Internet: www.eiz-niedersachsen.de<br />

Das Internet-Portal zur Info-Kampagne unter<br />

www.mittelstand-eu.de.<br />

24


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

<strong>EIZ</strong>-Veranstaltungen im Rahmen der Info-Kampagne<br />

27.05.2004 Donnerstag 19:00 Uhr Göttingen<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> <strong>und</strong> Europäisches Parlament - <strong>Chancen</strong> für <strong>Mittelstand</strong> <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

mit Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering (MdEP) <strong>und</strong> Staatssekretär Dr. Lothar Hagebölling (MF)<br />

Kooperationspartner: Sparkasse Göttingen<br />

17.06.2004 Donnerstag 17:00 Uhr Oldenburg<br />

Was bringt die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> dem <strong>Mittelstand</strong>?<br />

mit Staatssekretär Joachim Werren (MW)<br />

Kooperationspartner: IHK Oldenburg<br />

24.06.2004 Donnerstag 17:30 Uhr Hannover<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> - Neue Marktchancen für die Freien Berufe!<br />

mit Walter Hirche, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit <strong>und</strong> Verkehr<br />

Kooperationspartner:<br />

Verband der Freien Berufe im Lande Niedersachsen <strong>und</strong> Rechtsanwalt Ulrich Herfurth<br />

25.08.2004 Mittwoch 17:00 Uhr Aurich<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong>: Folgen für Handwerk <strong>und</strong> <strong>Mittelstand</strong><br />

mit Hermann Dinkla (MdL), Mitglied im Ausschuss der Regionen (AdR) der <strong>EU</strong><br />

Kooperationspartner: Handwerkskammer für Ostfriesland<br />

02.09.2004 Donnerstag 17:00 Uhr Lüneburg<br />

Neuer <strong>EU</strong>-Nachbar Polen - <strong>Chancen</strong> für die niedersächsische Wirtschaft<br />

mit Ewa Klamt (MdEP)<br />

Kooperationspartner: IHK Lüneburg<br />

07.10.2004 Donnerstag 17:00 Uhr Holzminden<br />

Auswirkungen der <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> auf die Wirtschaft der Region Holzminden<br />

mit Hans-Heinrich Sander, Niedersächsischer Umweltminister<br />

Kooperationspartner: Kreishandwerkerschaft Holzminden<br />

03.11.2004 Mittwoch 17:00 Uhr Osnabrück<br />

<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong>:<br />

Wirtschaftliche Betätigungsmöglichkeiten für den niedersächsischen <strong>Mittelstand</strong>?<br />

mit Staatssekretär Joachim Werren (MW)<br />

Kooperationspartner: Handwerkskammer Osnabrück-Emsland<br />

08.11.2004 Montag 18:00 Uhr Hannover<br />

<strong>Chancen</strong> für den <strong>Mittelstand</strong> in Ungarn, Tschechien <strong>und</strong> im Baltikum<br />

mit Bernd Lange (MdEP)<br />

Kooperationspartner: Region Hannover<br />

11.11.2004 Donnerstag 17:00 Uhr Hildesheim<br />

Konkrete Erfahrungen - Was hat die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> gebracht?<br />

mit Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl (MdEP)<br />

Kooperationspartner: Handwerkskammer Hildesheim<br />

An allen Veranstaltungen nehmen auch Beraterinnen <strong>und</strong> Berater der NBank <strong>und</strong> der Osteuropa-Agentur<br />

der Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen (VHN) teil.<br />

Weitere Infos zu den Veranstaltungen im <strong>EIZ</strong> bei Christina Lange - Telefon 0511 / 120 - 8881.<br />

25


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Europa <strong>und</strong> die Neuen -<br />

Fragen <strong>und</strong> Antworten zur <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

Monika Wolff<br />

Warum <strong>Erweiterung</strong>? Um welche Länder geht es?<br />

Gehen Arbeitsplätze verloren?<br />

Frieden <strong>und</strong> Wohlstand sind verletzliche Güter. Das wissen<br />

wir nicht erst seit den Terroranschlägen der letzten<br />

Jahre. Deswegen stellte die Europäische Union schon bald<br />

nach dem Zusammenbruch des Ostblocks den mittel- <strong>und</strong><br />

osteuropäischen Ländern den Beitritt in die Gemeinschaft<br />

in Aussicht, allerdings nicht ohne Bedingungen. Mit den<br />

„Kopenhagener Beitrittskriterien“ von 1993 verlangt die<br />

<strong>EU</strong> von beitrittswilligen Ländern:<br />

1. Institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische<br />

<strong>und</strong> rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der<br />

Menschenrechte sowie für die Achtung <strong>und</strong> den Schutz<br />

von Minderheiten,<br />

2. Bestehen einer funktionsfähigen Marktwirtschaft <strong>und</strong><br />

Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck standzuhalten,<br />

3. Verpflichtung zur Einhaltung der Ziele der <strong>EU</strong> <strong>und</strong> Übernahme<br />

<strong>und</strong> Umsetzung des gesamten Rechtsbestandes<br />

der <strong>EU</strong>.<br />

Einerseits profitiert die Wirtschaft der „alten“ Mitgliedstaaten<br />

schon seit längerem von dem erwarteten Beitritt.<br />

Handelshemmnisse wurden schrittweise abgebaut, sodass<br />

die Exporte in die neuen Staaten massiv wuchsen. Das<br />

hat Arbeitsplätze bei uns gesichert <strong>und</strong> zusätzliche sind<br />

entstanden. Der Trend wird sich fortsetzen: Neue Konsumbedürfnisse<br />

entstehen <strong>und</strong> durch die Anpassung an die<br />

<strong>EU</strong>-Standards neue Märkte, z.B. für Umwelttechnologien.<br />

Schon jetzt ist Deutschland bei fast allen „Neuen” der<br />

wichtigste Handelspartner <strong>und</strong> profitiert als stark exportorientierte<br />

Volkswirtschaft ganz erheblich.<br />

Andererseits gibt es Beispiele dafür, dass Arbeitsplätze<br />

verlagert wurden, um Lohnkostenvorteile in den neuen<br />

Ländern zu nutzen. Auch dieser Trend wird sich fortsetzen.<br />

Unterm Strich werden zwar einige Arbeitsplätze<br />

wegfallen. Durch die erwartete positive wirtschaftliche<br />

Entwicklung im mit 455 Millionen Menschen größten Binnenmarkt<br />

der westlichen Welt werden dafür aber neue<br />

hinzukommen.<br />

Die Details wurden mit jedem einzelnen Beitrittskandidaten<br />

zwischen 1998 bzw. 1999 <strong>und</strong> 2002 in 31 Kapiteln<br />

verhandelt. Seit dem 1. Mai diesen Jahres sind Polen,<br />

Ungarn, die Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien,<br />

Estland, Lettland, Litauen, Zypern <strong>und</strong> Malta neue<br />

Mitglieder der <strong>EU</strong>. Die Neuen werden im Juni an den<br />

Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen.<br />

Sind die neuen Länder ausreichend auf die Mitgliedschaft<br />

vorbereitet?<br />

In den vergangenen Jahren haben die neuen Mitglieder<br />

beachtliche Reformanstrengungen unternommen. Sie<br />

haben wirtschaftliche Maßnahmen ergriffen, die bisweilen<br />

für die Bevölkerung sehr schmerzhaft waren. Die <strong>EU</strong><br />

hat den Umstrukturierungsprozess mit zwei Programmen<br />

unterstützt: Mit dem Phare-Programm wurden öffentliche<br />

Institutionen in den Ländern Mittel- <strong>und</strong> Osteuropas<br />

darauf vorbereitet, die Rechtsvorschriften der <strong>EU</strong> zu übernehmen<br />

<strong>und</strong> effektiv umzusetzen. Mit dem Twinning-Programm<br />

wurden Expertinnen <strong>und</strong> Experten aus den „alten”<br />

Mitgliedstaaten in die Bewerberländer entsandt, um<br />

beim Aufbau der Verwaltungs- <strong>und</strong> Justizstrukturen zu<br />

helfen.<br />

Ist mit einer Zuwanderung von Arbeitskräften aus<br />

den neuen Mitgliedstaaten zu rechnen?<br />

Studien zur möglichen Einwanderung aus Mittel- <strong>und</strong><br />

Osteuropa ergaben, dass diese nur begrenzt einsetzen<br />

wird <strong>und</strong> sich hauptsächlich in den Grenzregionen mit<br />

26


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

den neuen Mitgliedstaaten abspielen wird. Je mehr Wirtschaftswachstum<br />

in diesen Ländern selbst erzielt wird,<br />

desto weniger attraktiv wird es für Arbeitnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Arbeitnehmer sein, einen Arbeitsplatz in anderen <strong>EU</strong>-<br />

Staaten zu suchen. Als Spanien <strong>und</strong> Portugal 1986 der<br />

<strong>EU</strong> beitraten, löste die Stärkung der spanischen <strong>und</strong> portugiesischen<br />

Wirtschaft eine Rückwanderung aus, so dass<br />

die eingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit mit einer<br />

Frist von sieben Jahren verkürzt wurde.<br />

Gilt die freie Wahl des Arbeitsplatzes <strong>EU</strong>-weit?<br />

Das Recht, seinen Arbeitsplatz in der neuen, erweiterten<br />

<strong>EU</strong> frei wählen zu können, ist für die „Neuen“ mit Ausnahme<br />

von Zypern <strong>und</strong> Malta eingeschränkt. Jeder alte<br />

Mitgliedstaat kann die sog. Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />

zunächst für zwei Jahr einschränken <strong>und</strong> Arbeitserlaubnisse<br />

verweigern. Wenn auch danach noch mit schweren<br />

Störungen auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen ist, kann<br />

die Frist um weitere drei, danach noch einmal um zwei<br />

Jahre, also insgesamt auf bis zu sieben Jahre verlängert<br />

werden. Für diese Übergangsregelung hatten sich insbesondere<br />

Deutschland <strong>und</strong> Österreich eingesetzt, wegen<br />

der räumlichen Nähe zu den <strong>Erweiterung</strong>sländern <strong>und</strong><br />

für Deutschland auf Gr<strong>und</strong> der schwierigen Situation auf<br />

dem Arbeitsmarkt.<br />

Welche Dienstleistungen aus den neuen Ländern<br />

sind eingeschränkt?<br />

Generell können Unternehmen aus den neuen Mitgliedstaaten<br />

seit dem 1. Mai in der erweiterten <strong>EU</strong> uneingeschränkt<br />

Dienstleistungen erbringen. Für Deutschland ist<br />

die Dienstleitungsfreiheit allerdings in bestimmten Bereichen<br />

eingeschränkt: im Baugewerbe, im Industriereinigungssektor<br />

<strong>und</strong> bei den Tätigkeiten von Innendekorateuren<br />

zunächst für zwei Jahre <strong>und</strong> kann dann um weitere<br />

fünf Jahre verlängert werden.<br />

Gilt der freie Personenverkehr?<br />

Alle <strong>EU</strong>-Bürgerinnen <strong>und</strong> -Bürger können sich in der <strong>EU</strong><br />

frei bewegen. Es entfallen sämtliche Einreisebeschränkungen<br />

für die Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger aus den<br />

Beitrittsländern, wie zum Beispiel Visapflichten. An den<br />

Grenzen zu den neuen Mitgliedstaaten führt der B<strong>und</strong>esgrenzschutz<br />

aber weiterhin Personenkontrollen durch.<br />

Ein gültiger Reisepass oder Personalausweis wird benötigt.<br />

Erst wenn die Außengrenzen wirksam kontrolliert<br />

werden, kann die <strong>EU</strong> die Personenkontrollen an den Binnengrenzen<br />

für die einzelnen Länder aufheben.<br />

Wer kann sich niederlassen?<br />

Die Niederlassungsfreiheit gilt seit dem 1. Mai uneingeschränkt.<br />

Damit können Selbstständige <strong>und</strong> Firmen sich<br />

in den neuen Mitgliedstaaten dauerhaft niederlassen. Das<br />

gleiche gilt auch für Unternehmen aus den neuen<br />

Mitgliedstaaten, die sich in Deutschland niederlassen<br />

wollen.<br />

Wer ist in der nächsten <strong>Erweiterung</strong>sr<strong>und</strong>e dran?<br />

Die nächste <strong>Erweiterung</strong>sr<strong>und</strong>e wird 2007 mit Rumänien<br />

<strong>und</strong> Bulgarien angestrebt. Die Verhandlungen über<br />

die einzelnen Kapitel laufen mit beiden Ländern bereits<br />

seit 1999.<br />

Die Türkei hat zwar schon einen offiziellen Kandidatenstatus,<br />

die <strong>EU</strong> wird jedoch die Beitrittsreife im Dezember<br />

2004 erneut prüfen. Bisher bestehen Zweifel daran,<br />

dass die Türkei die politischen Kriterien ausreichend<br />

erfüllt, wie z.B. die Einhaltung der Menschenrechte.<br />

Als weiteres Land hat Kroatien im Februar 2003 einen<br />

Beitrittsantrag gestellt. Die <strong>EU</strong>-Kommission hat dem<br />

Rat der <strong>EU</strong> am 20. April 2004 empfohlen, die Beitrittsverhandlungen<br />

mit Kroatien zu eröffnen.<br />

Was ändert sich beim Zoll?<br />

Durch die Freigabe des Warenverkehrs wird der gesamte<br />

<strong>EU</strong>-Raum zum Binnenmarkt. In den einzelnen Mitgliedstaaten<br />

gelten aber weiterhin nationale Bestimmungen,<br />

die die Einfuhr regeln. Für die Neuen liegen entsprechende<br />

Vorschriften noch nicht vor. Zollkontrollen entfallen,<br />

aber die zollamtliche Überwachung nationaler Regelungen<br />

erfolgt stichprobenartig durch mobile Kontrollgruppen<br />

der Zollverwaltung.<br />

Näheres im Internet unter www.zoll-d.de.<br />

27


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Infos über Europa - Nützliche Adressen<br />

Niedersächsische Staatskanzlei<br />

Abteilung für Europaangelegenheiten,<br />

Internationale Zusammenarbeit<br />

Clemensstraße 17<br />

30169 Hannover<br />

Telefon 0511 / 120 - 4647<br />

Telefax 0511 / 120 - 4699<br />

E-mail poststelle@stk.niedersachsen.de<br />

Internet www.niedersachsen-<strong>und</strong>-europa.de<br />

Europäisches Informations-Zentrum Niedersachsen<br />

Niedersächsische Staatskanzlei<br />

Aegidientorplatz 4<br />

30159 Hannover<br />

Telefon 0511 / 120 - 8888<br />

Telefax 0511 / 120 - 8889<br />

E-mail<br />

info@eiz-niedersachsen.de<br />

Internet www.eiz-niedersachsen.de<br />

Vertretung des Landes Niedersachsen<br />

bei der Europäischen Union<br />

61, Rue Montoyer<br />

B-1000 Brüssel<br />

Telefon 00322 / 230 00 17<br />

Telefax 00322 / 230 13 20<br />

E-mail<br />

eu.vertretung@niedersachsen.be<br />

Internet www.niedersachsen.de<br />

Das Team des <strong>EIZ</strong><br />

Niedersachsen mit<br />

dem niedersächsischen<br />

Ministerpräsidenten<br />

Christian<br />

Wulff (Mitte).<br />

Euro Info Centre (EIC) <strong>und</strong> Carrefours (Foren für den ländlichen Raum) in Niedersachsen:<br />

Euro Info Centre (EIC) Hannover<br />

Günther-Wagner-Allee 12-14<br />

30177 Hannover<br />

Telefon 0511 / 300 31 - 374<br />

Telefax 0511 / 300 31 - 11374<br />

E-mail<br />

eic@eic-hannover.de<br />

Internet www.eic-hannover.de<br />

Euro Info Centre (EIC)<br />

an der Fachhochschule Osnabrück<br />

Albrechtsstraße 30<br />

49009 Osnabrück<br />

Telefon 0541 / 969 - 2954<br />

Telefax 0541 / 969 - 2990<br />

E-mail<br />

egbuero@fh-osnabrueck.de<br />

Internet www.fh-osnabrueck.de/~webeu/eic/<br />

eichome.htm<br />

Carrefour Lüneburg<br />

Europa-Büro der Bezirksregierung Lüneburg<br />

Auf der Hude 2<br />

21332 Lüneburg<br />

Telefon 04131 / 15 - 2339<br />

Telefax 04131 / 15 - 2932<br />

E-mail info@carrefour-lueneburg.de<br />

Internet www.carrefour-lueneburg.de<br />

Carrefour Weser-Ems<br />

MCON Dieter Meyer Consulting<br />

Donnerschweer Straße 90<br />

26123 Oldenburg<br />

Telefon 0441 / 80 994 - 0<br />

Telefax 0441 / 80 994 - 48<br />

E-mail mcon@eurooffice.de<br />

Internet www.eurooffice.de<br />

28


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Informationsstellen in Deutschland:<br />

Europäisches Parlament<br />

Informationsbüro für Deutschland<br />

Unter den Linden 78<br />

10117 Berlin<br />

Telefon 030 / 2280 - 1000<br />

Telefax 030 / 2280 - 1111<br />

E-mail<br />

epberlin@europarl.eu.int<br />

Internet www.europarl.de<br />

Europäische Kommission<br />

Vertretung in Deutschland<br />

Unter den Linden 78<br />

10117 Berlin<br />

Telefon 030 / 2280 - 2000<br />

Telefax 030 / 2280 - 2222<br />

E-mail<br />

eu-kommission@cec.eu.int<br />

Internet www.eu-kommission.de<br />

Europa-Informationen im Internet:<br />

www.niedersachsen-<strong>und</strong>-europa.de<br />

Portal der Internet-Angebote des Landes Niedersachsen zum Thema Europa.<br />

www.eiz-niedersachsen.de<br />

Europäisches Informations-Zentrum (<strong>EIZ</strong>) Niedersachsen mit Informationen <strong>und</strong> Service r<strong>und</strong> um die<br />

Europäische Union <strong>und</strong> Europa-Themen.<br />

www.event.eiz-niedersachsen.de<br />

„Europa-Event-Kalender Niedersachsen“ des <strong>EIZ</strong> Niedersachsen mit Terminen <strong>und</strong> Informationen zu<br />

<strong>EU</strong>- <strong>und</strong> europabezogenen Veranstaltungen in Niedersachsen.<br />

www.europa-wird-bunter.de<br />

Gemeinsame Informationskampagne „Europa wird bunter - Die <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong>“ des Landes Niedersachsen<br />

<strong>und</strong> der Europäischen Union mit Informationen zur Kampagne, zum Thema <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong><br />

<strong>und</strong> zu den Ländern der Beitrittskandidaten.<br />

www.mittelstand-eu.de<br />

Informationskampagne „<strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> & <strong>Mittelstand</strong> - <strong>Chancen</strong> <strong>und</strong> <strong>Risiken</strong>“ des Landes Niedersachsen<br />

mit Informationen zur <strong>EU</strong>-<strong>Erweiterung</strong> für kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen <strong>und</strong><br />

Betriebe.<br />

www.dabei-sein.eiz-niedersachsen.de<br />

Informationen für Jugendliche des <strong>EIZ</strong> Niedersachsen r<strong>und</strong> um die <strong>EU</strong> <strong>und</strong> Europa unter dem Motto<br />

„dabei sein in Europa“.<br />

www.eu-beratungsnetzwerk.niedersachsen.de<br />

Portal des Niedersächsischen Beratungsnetzwerkes: Zusammenschluss von niedersächsischen Einrichtungen,<br />

die über <strong>EU</strong>-Förderprogramme informieren, beraten <strong>und</strong> bei der Antragstellung behilflich<br />

sind.<br />

www.europa.eu.int<br />

Portal der Europäischen Union <strong>und</strong> ihrer Institutionen.<br />

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Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Die <strong>EU</strong>-Osterweiterung<br />

Was ändert sich für den deutschen <strong>Mittelstand</strong>?<br />

Die Europäische Union wird größer - aber viele Mittelständler sind<br />

unsicher, was sich konkret ab dem 1. Mai 2004 ändert. Können deutsche<br />

Unternehmen ihre Dienstleistungen in den neuen Mitgliedstaaten<br />

uneingeschränkt anbieten? Wie steht es in umgekehrter<br />

Richtung mit der polnischen oder tschechischen Firma, die Bauleistungen<br />

bei uns erbringen will? Wie ändern sich durch den <strong>EU</strong>-Beitritt<br />

die Rahmenbedingungen für Investitionen?<br />

Die neue, gemeinsam vom B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft <strong>und</strong> Arbeit, dem Deutschen Industrie<strong>und</strong><br />

Handelskammertag (DIHK) <strong>und</strong> der B<strong>und</strong>esagentur für Außenwirtschaft (bfai) erarbeitete Studie<br />

gibt Antworten auf diese Fragen. In ihr werden systematisch für die Länder Polen, Tschechische<br />

Republik, Ungarn, Slowakei, Litauen, Lettland, Estland, Slowenien <strong>und</strong> Malta sowie in einer Kurzübersicht<br />

zu Zypern die ab Mai geltenden Bestimmungen im Kapital-, Waren- <strong>und</strong> Dienstleistungsverkehr<br />

(einschließlich Normen, Standards, Zertifizierung <strong>und</strong> Ausschreibungen) erörtert. Außerdem<br />

werden die Arbeitnehmerfreizügigkeit <strong>und</strong> der Zugang zu freien Berufen analysiert.<br />

Vergleichstabellen <strong>und</strong> eine Aufstellung der in den Beitrittsverträgen eingeräumten Übergangsfristen<br />

bei der Anpassung an den gemeinschaftlichen Besitzstand ergänzen die Länderbeiträge.Weiterhin<br />

enthält die Studie eine Übersicht über die geltenden Regelungen bei der Beschäftigung<br />

von Staatsangehörigen aus den Beitrittsländern in Deutschland.<br />

Die Publikation kann zum Preis von 19,80 Euro (zzgl. Versandkosten) bei der bfai bezogen werden:<br />

B<strong>und</strong>esagentur für Außenwirtschaft (bfai)<br />

Postfach 10 05 22<br />

50445 Köln<br />

Telefon: 0221 / 2057 - 0<br />

Telefax: 0221 / 2057 - 212<br />

E-mail:<br />

info@bfai.de<br />

Internet: www.bfai.de<br />

Hinweis der Redaktion:<br />

Die Beiträge auf den Seiten 7 bis 23 dieser Ausgabe geben<br />

die Meinungen <strong>und</strong> Standpunkte der jeweiligen Verfasserinnen<br />

<strong>und</strong> Verfasser wieder <strong>und</strong> müssen nicht in jedem<br />

Fall mit der Meinung des <strong>EIZ</strong> Niedersachsen als Herausgeber<br />

übereinstimmen.<br />

30


Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

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Europa-Fokus Niedersachsen 2004/1<br />

Herausgeber:<br />

Europäisches<br />

Informations-Zentrum Niedersachsen<br />

Niedersächsische Staatskanzlei<br />

Aegidientorplatz 4<br />

30159 Hannover<br />

Telefon 0511 / 120 - 8888<br />

Telefax 0511 / 120 - 8889<br />

E-mail info@eiz-niedersachsen.de<br />

Internet www.eiz-niedersachsen.de<br />

Mai 2004<br />

Redaktion: Monika Wolff<br />

Layout: Achim Schipporeit<br />

Titel-Grafik: Stephan Tewes<br />

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Recyclingpapier<br />

Europa-Fokus Niedersachsen<br />

Internet www.europa-fokus.de<br />

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