velobizMagazin_02-2012_TotemBikes_klein
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Report /1 Berliner Szene-Läden<br />
Rob mitbringt." Rob, damals noch mitten<br />
in seinem Geographie-Studium,<br />
war oft mit von der Partie und half<br />
beim Schrauben. Mit der Zeit verfestigte<br />
sich der Gedanke in ihren Köpfen,<br />
die Werkstatt aus dem Keller in oberirdische<br />
Räume zu verlegen. Nach Robs<br />
Studienabschluss machten sie aus<br />
dem Gedankenspiel Realität.<br />
Beiden war von Anfang an klar, dass<br />
sie keinen üblichen Radladen wollten,<br />
in dem "zehn<br />
Damen- und zehn Herren-Trekkingräder,<br />
ein paar City- und<br />
Klappräder und vielleicht noch ein zwei<br />
Mountainbikes stehen. Das ist nicht<br />
der Stil den wir mögen und vertretenn.<br />
Zum einen gibt es davon einfach schon<br />
zu viele. "Zum anderen wollten wir<br />
vermeiden, in irgendwelche Marken-<br />
Abhängigkeiten zu rutschen", so Rob.<br />
Dieser Kreislauf aus Vorordern und<br />
Saisonmodellen, die einen zwingen,<br />
Kredite aufzunehmen, die vorbestellten<br />
Räder den Sommer über unbedingt<br />
zu verkaufen, im Herbst dann die<br />
Reste zu Dumpingpreisen raus zu werfen,<br />
damit man ja das Geld - und den<br />
Platz - drin hat für die neuen Modelle<br />
und die Abbezahlung der Kredite...<br />
"Das alles zwingt dich dazu, dem Kunden<br />
alles aufzuschwatzen, was du im<br />
Laden hast, aber nicht das, was für ihn<br />
das Beste ist.n<br />
ln diesen Teufelskreis wollten sie<br />
nicht geraten, der verderbe letztlich<br />
die Freude an der Arbeit und sorge<br />
dafür, dass man vergisst, worum es<br />
eigentlich geht: Das Fahrrad und den<br />
Spaß, dieses zu fahren. ,Deshalb<br />
machen wir hier lieber das, was auch<br />
uns Spaß macht", sagt Rob. Und das ist<br />
eben das Restaurieren und Umbauen<br />
alter Räder oder der Aufbau eines Neurades<br />
nach Kundenwunsch. Keines<br />
sieht aus wie ein anderes und immer<br />
sind sie nach den Bedürfnissen und<br />
Vorstellungen der Kunden individuell<br />
zusammengestellt.<br />
überall im Laden flnden sich Bücher<br />
zur Radgeschichte: Von "Die Räder der<br />
Siegern über ,,The Golden Age of Handbuilt<br />
Bicycles", "Die Strafgefangenen<br />
der Landstraße« und "Klassiker des<br />
Radsports" bis hin zu den aktuell<br />
erschienen "Bicycle Diarys" von David<br />
Byrne. Eine gewisse Vorliebe für edle<br />
italienische Rennrösser ist deutlich<br />
spürbar, nicht zuletzt durch die Vintage-Trikots<br />
und Rennradmützen im<br />
Laden. L'Eroica ist ein fester Termin im<br />
Kalender der Cikago Bude. "Aber wir<br />
restaurieren nicht nur Räder für solche<br />
Zwecke", erklärt Bob. "Die schlanken<br />
Stahlrahmen aus den 1960er, t97jer<br />
und 1980erlahren eignen sich für fast<br />
jeden Einsatzzweck, man muss eben<br />
die Ausstattung anpassen." Quellen<br />
für das entsprechende Material gibt es<br />
unzählige, manchmal bringen sie die<br />
Räder auch aus italien mit, wenn<br />
ihnen dort etwas Passendes über den<br />
Weg läuft. Aufpassen müsse man<br />
lediglich, dass man nur von vertrauenswürdigen<br />
Leuten Teiie annimmt.<br />
"Deshalb schicken wir auch immer<br />
maI wieder jemanden weg, der uns<br />
nicht eindeutig nachweisen kann, wie<br />
er an den Rahmen oder das Rad<br />
gekommen ist."<br />
Eine Marke im Aufbau: Sbar<br />
Szenenwechsel: Kreuzberg, Forsterstraße<br />
4. Das uralte schmiedeeiserne<br />
Türgitter quietscht und rumpelt und<br />
Stefan Schott, 28, fummelt mit einiger<br />
Geduld und Kraft daran herum, bis es<br />
tut, was es soll - sich öffnen. Dann<br />
endlich steht der gebürtige Bamberger<br />
in seinem <strong>klein</strong>en Showroom. Der<br />
Raum hält, was das quietschende Türgitter<br />
versprochen hat: Die Wände<br />
sind nur zum Teil weiß getüncht, frei<br />
gelassen von frischer Farbe sind einige<br />
Rechtecke und Quadrate, in denen Stefan<br />
Schott seine Produkte wie<br />
Gemälde präsentiert. Die nach hinten<br />
in den Hausflur führende Holztür ist<br />
unlackiert, das Holz unterschiedlich<br />
nachgedunkelt. In die Rückwand ist<br />
ein hoher Rundbogen eingefügt. Zwei<br />
Scheinwerfer strahlen das knallrotschwarze<br />
Fixie über der Hintertür an,<br />
die Assoziation zu einer Apsis iiegt<br />
nahe. Doch hier wird nur einem Gott<br />
gehuldigt: dem puristischen Fahrrad.<br />
Die edlen, minimalistisch ausgestatteten<br />
Fixies und Singlespeed-Räder mit<br />
ihren glatten und scharfen Linien stehen<br />
in starkem Kontrast zu dem rustikalen<br />
Einrichtungsstil, wirken beinahe<br />
deplatziert und ziehen gerade deshalb<br />
die Aufmerksamkeit des Betrachters<br />
aufsich. "8bar" steht aufjedem Teil in<br />
klaren, schnörkellosen Linien.<br />
@8bor<br />
16 äelrltiz.cte MAEAruN <strong>02</strong>112