Katalog - Pierre Granoux
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Katalog - Pierre Granoux
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VORWORT<br />
<strong>Pierre</strong> <strong>Granoux</strong>, Ich und Du, 2009<br />
Rocco Hettwer, Kurbelmädchen-DU, 2009<br />
Rocco Hettwer, Ateliersituation, Januar 2010<br />
Man kann nie genug unterstreichen,<br />
was wir der Freundschaft alles zu verdanken<br />
haben. Aus einem glücklichen<br />
Zufall, einer Begegnung mit Hans-<br />
Georg Wolf, Freund des Berliner Malers,<br />
einer weiteren Begegnung bei der<br />
Vernissage einer Ausstellung in Paris,<br />
an welcher der französische, in Berlin<br />
lebende Künstler teilnahm, entstand<br />
diese Ausstellung, das Ergebnis<br />
gekreuzter Freundschaften: fünf Jahre<br />
freundschaftlicher Beziehungen mit<br />
Rocco Hettwer und <strong>Pierre</strong> <strong>Granoux</strong><br />
nehmen hier in Neuilly-sur-Seine –<br />
zu unserer aller Freude – mit aktuellen<br />
Werken erneut Form an. Über<br />
die Freundschaft hinaus, von welcher<br />
diese Ausstellung zeugt, sind Geschichten<br />
entstanden, parallel laufend<br />
aber auch ineinander verwoben, und<br />
haben Werke entstehen lassen mit<br />
sichtbaren und unsichtbaren Verbindungen.<br />
DU ist davon der augenfälligste Ausdruck,<br />
doch es gibt noch weitere<br />
Verbindungen zwischen den beiden<br />
Künstlern, deren formelle Unterschiedlichkeit<br />
sich beim Inhalt auflöst<br />
– Ergebnis einer Verinnerlichung<br />
und einer Reife, durch welche sie den<br />
Akademischen Künstlern unserer Zeit<br />
im Hinblick auf die Relevanz ihrer Arbeit<br />
überlegen sind.<br />
Meine Frau Nathalie und ich schenken<br />
den Werken, aber mehr noch den<br />
Menschen unsere ganz besondere<br />
Aufmerksamkeit. Rocco und <strong>Pierre</strong><br />
haben diese ganz außerordentliche<br />
Gabe des Zuhörens und des Gesprächs,<br />
von welcher auch ihre Werke<br />
zeugen. Die Arbeiten eröffnen einen<br />
Dialog mit Ideen, mit ihrer Umwelt<br />
aber auch mit ein oder mehreren<br />
Geschichten, in welchen wir die Figuren<br />
sind, aber von welchen wir auch<br />
beerbt werden. Die Problematik<br />
des geistigen Urheberrechts, in aller<br />
Munde in diesem digitalen Zeitalter,<br />
wird hier auf elegante Weise bearbeitet:<br />
Das Kopieren, dessen Grenzen<br />
humorvoll in dem von den beiden Künstlern<br />
verfassten Text aufgezeigt werden,<br />
kann, wenn dieser Vorgang nicht<br />
unbewusst erfolgt, neue Perspektiven<br />
öffnen oder Klarheit über den Sinn<br />
einer Vorgehensweise schaffen. Diese<br />
berühmten Entlehnungen können<br />
auch zu großen Werken führen, so<br />
wie zum Beispiel seit der Eisenzeit die<br />
simulierte Abkühlung zur Lösung von<br />
Optimierungsproblemen angewandt<br />
wird, dessen Rückschläge in Wirklichkeit<br />
seine Grundlagen bilden.<br />
Die Kunst zieht ebenfalls Gewinn aus<br />
diesen vermeintlichen Rückschlägen,<br />
die uns dazu bringen, Grenzen zu<br />
überschreiten – nicht die des überall<br />
vorherrschenden Spektakulären,<br />
sondern vielmehr die einer Geisteshaltung,<br />
für die der Körper nur Testamentsvollstrecker<br />
ist. Der Mensch<br />
steht somit im Mittelpunkt der Arbeit<br />
der beiden Künstler, ohne jegliche<br />
Eingeständnisse an Moden oder erstickendes<br />
Glamour.<br />
So schrieb es auch vor kurzem ein<br />
Facebook-Freund (Marc Molk): Der<br />
Plagiator befreit uns von dem, was uns<br />
in unserem Werk nicht selbst gehört. Er<br />
ist der Vogel, der dem Krokodil die Zähne<br />
säubert. Was der Plagiator nicht nachmachen kann<br />
ist unser eigentlicher Beitrag, unser Kern, den er freilegt.<br />
Rocco und <strong>Pierre</strong> liefern also ihren Beitrag<br />
zur Welt und zu unserem Genuss, indem sie eine<br />
eigene Welt von Sinn und Form erschaffen, für<br />
welche sie zwar Techniken und Zeichen einer sie<br />
speisenden Menschheit benutzen, aber aus welcher<br />
einmalige Werke entstehen.<br />
Die Frage ist also nicht die der Entlehnung<br />
sondern die Frage danach, was in uns ist und was<br />
uns hilft, es aufzudecken und zu vertiefen. Die<br />
Malerei von Rocco unterstützt diese Suche, da<br />
sie uns erlaubt, ehemals bekanntes Territorium<br />
neu zu entdecken und zu überschreiten und uns<br />
auf eine nahe Zukunft vorzubereiten. Die Werke<br />
von <strong>Pierre</strong> <strong>Granoux</strong>, und insbesondere das DU,<br />
zeugen von einer kritischen Sicht auf seine Umgebung<br />
(künstlerisch oder auf weitere konzentrische<br />
Kreise erweitert, die schließlich dasselbe Territorium<br />
beschreiben).<br />
Das Werk dieser beiden Freunde hat sich im Lauf<br />
der Jahre entwickelt und wir sind stolz darauf,<br />
einige Etappen dieser Entwicklung durch Diskussionen<br />
und gemeinsam gestaltete Ausstellungen<br />
miterlebt zu haben. Unsere Sicht auf die Welt<br />
hat sich durch den Kontakt mit ihnen verändert<br />
und die Freundschaft, die sie durch ihre Präsenz<br />
an diesem 16. Oktober bezeugen, sei es in diesen<br />
Texten, durch ihre Werke oder ihre körperliche<br />
Anwesenheit, ist ein neues, auserlesenes Geschenk.<br />
Nous sommes (très largement) en dû !<br />
(Wir stehen (reichlich) in Eurer Schuld!)<br />
Nathalie und Alexandre Callay,<br />
Neuilly-sur-Seine, September 2010<br />
(Übersetzung: Dominique <strong>Granoux</strong>)<br />
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