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Standardisierte Methoden der Medienforschung: Wie ... - BiBB

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<strong>Standardisierte</strong> <strong>Methoden</strong> <strong>der</strong> <strong>Medienforschung</strong>:<br />

<strong>Wie</strong> zielgruppenspezifische Studien den<br />

Medienumgang Jugendlicher beschreiben –<br />

die JIM-Studie<br />

Sabine Feierabend<br />

SWR-<strong>Medienforschung</strong><br />

1


Ob in Schule, Beruf o<strong>der</strong> Freizeit – die Medien sind aus unserem Alltag<br />

und dem Alltag unserer Kin<strong>der</strong> nicht mehr wegzudenken. Fernsehen,<br />

Radio, Computer, Internet, Handy, DVD und MP3 stehen uns dabei auf<br />

vielfältige Weise zur Information, Kommunikation und Unterhaltung zur<br />

Verfügung. Dabei unterliegt die Medienwelt einem ständigen Wandel. Um<br />

hier Transparenz und Orientierung zu schaffen bedarf es <strong>der</strong><br />

kontinuierlichen Darstellung aktueller Nutzungszahlen und <strong>der</strong><br />

Untersuchung neuer Entwicklungen. So können neue und bestehende<br />

Konzepte <strong>der</strong> Medienkompetenz überprüft und entwickelt werden.<br />

Dass die Entwicklungen im Medienbereich bzw. die zunehmende<br />

Implementierung von Medien und Medieninhalten im Alltag von Kin<strong>der</strong>n<br />

und Jugendlichen auch die Vermittlung von Bildungsinhalten beeinflusst,<br />

wird niemand bezweifeln. So erleben wir, dass <strong>der</strong> Spagat zwischen<br />

medial vermittelter Information und Kommunikation in <strong>der</strong> Freizeit<br />

einerseits und in Schulen bzw. in Bildungseinrichtungen an<strong>der</strong>erseits, nur<br />

allmählich geschlossen wird. Zwar verbessert sich beispielsweise die<br />

Ausstattung mit IT-Technologien an Schulen kontinuierlich 1 , steht aber in<br />

keinem Vergleich zur heimischen Ausstattung von Kin<strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen.<br />

Bereits seit 1998 untersucht die Studienreihe „JIM – Jugend, Information,<br />

(Multi-) Media“ das Medienverhalten Jugendlicher in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland. Für die JIM-Studien bilden die gut sieben Millionen<br />

deutschsprachigen Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren die<br />

Grundgesamtheit. Hieraus wurde jeweils eine repräsentative Stichprobe<br />

von rund 1.200 Zielpersonen mittels computerunterstützter<br />

Telefoninterviews untersucht. Themenschwerpunkte <strong>der</strong> JIM-Studie<br />

bilden u.a. Freizeitaktivitäten, Themeninteressen und Informationsquellen,<br />

Mediennutzung, TV-Präferenzen, Medienbesitz, Computer- und<br />

Internetnutzung, Medienfunktionen, Handy und SMS, Medienbindung.<br />

Die JIM-Studie verwendet ein standardisiertes Verfahren, um das<br />

Medienverhalten Jugendlicher zu beschreiben, die (telefonische)<br />

Befragung. Weite Teile des Fragebogens bleiben aus Gründen <strong>der</strong><br />

Vergleichbarkeit unverän<strong>der</strong>t bzw. werden nur um aktuelle Entwicklungen<br />

z.B. im Bereich <strong>der</strong> Medienausstattung, modifiziert. Etwa ein Drittel des<br />

Fragebogens wird von Jahr zu Jahr je nach spezifischen Fragestellungen<br />

variiert. So lag im Jahr 2005 ein Schwerpunkt auf dem<br />

Jugendmedienschutz im Bereich Computerspiele.<br />

1<br />

Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): „IT-Ausstattung <strong>der</strong><br />

allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen in Deutschland – Bestandsaufnahme<br />

2006 und Entwicklung 2001 bis 2006“. Berlin, 2006.<br />

2


Die Studienreihe wird vom Medienpädagogischen Forschungsverbund<br />

Südwest (mpfs) beauftragt, eine Forschungskooperation bestehend aus<br />

<strong>der</strong> Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und <strong>der</strong><br />

Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) <br />

die mit diesem Beitrag die Diskussion über das Medienverhalten von<br />

Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen versachlicht und objektives Datenmaterial<br />

bereitstellt. 2 Die Durchführung <strong>der</strong> JIM-Studie erfolgt in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Medienforschung</strong> des SWR.<br />

Medien im Alltag Jugendlicher<br />

Betrachtet man die Medien und Geräte, die sich nach Angaben <strong>der</strong><br />

Jugendlichen in <strong>der</strong>en Eigenbesitz befinden und somit eine eigenständige<br />

Zuwendung erlauben, wird <strong>der</strong>en Alltäglichkeit beson<strong>der</strong>s deutlich. Mit<br />

einer Besitzrate von 92 Prozent führt das Mobiltelefon die Liste <strong>der</strong><br />

eigenen Geräte an. Es folgt <strong>der</strong> eigene CD-Player (90 %), das eigene<br />

Radio (88 %) und MP3-Player (66 %). Kassettenrekor<strong>der</strong> und Fernseher<br />

besitzen jeweils 61 Prozent <strong>der</strong> Jugendlichen, einen eigenen Computer<br />

haben 57 Prozent <strong>der</strong> 12- bis 19-Jährigen. Es folgen DVD-Player (nicht im<br />

Computer) mit 38 Prozent und Spielkonsole (37 %). Mit 35 Prozent<br />

verfügt ein Drittel <strong>der</strong> Jugendlichen über einen persönlichen<br />

Internetzugang, eine eigenen Videorekor<strong>der</strong> hat je<strong>der</strong> Vierte.<br />

Gerätebesitz Jugendliche 12 - 19 Jahre<br />

Handy<br />

8<br />

92<br />

Radio in HiFi-Anlage*<br />

84<br />

88<br />

Fernsehgerät<br />

61<br />

60<br />

Computer/Laptop<br />

35<br />

57<br />

Spielkonsole<br />

23<br />

37<br />

Internetzugang<br />

externer DVD-Player<br />

(nicht PC)<br />

35<br />

38<br />

2005, n=1.203<br />

1998, n=803<br />

MP3-Player<br />

66<br />

25<br />

Videorekor<strong>der</strong><br />

25<br />

* unterschiedliche Fragestellung Quelle: JIM 2005, JIM 1998, Angaben in Prozent<br />

Die (eigene) Medienwelt von Jungen und Mädchen unterscheidet sich nur<br />

in einigen speziellen Hinsichten. Computer, Internet o<strong>der</strong> Spielkonsole<br />

2<br />

Alle Studienberichte stehen als Volltext unter www.mpfs.de zum download zur<br />

Verfügung.<br />

3


efinden sich bei männlichen Jugendlichen fast doppelt so häufig im<br />

eigenen Besitz als dies bei Mädchen <strong>der</strong> Fall ist. Auch Fernseher, DVDund<br />

MP3-Player sind bei Jungen weiter verbreitet. Mädchen und junge<br />

Frauen liegen bei Handy, CD-Player, Radio, Kassettenrekor<strong>der</strong> und Walk­<br />

/Discman vorne – sie haben die älteren auditiven Technologien noch nicht<br />

so stark durch digitale Abspielgeräte ersetzt wie die Jungen.<br />

Der Blick zurück auf das Jahr 1998 – damals haben wir die erste JIM-<br />

Studie durchgeführt – zeigt, mit welcher Geschwindigkeit sich hier das<br />

Rad weitergedreht hat. Nach eigenem Internetzugang, DVD- o<strong>der</strong> MP3-<br />

Player wurde mangels Verfügbarkeit dieser Medien noch nicht gefragt, ein<br />

Mobiltelefon besaßen damals gerade acht Prozent. Deutlich erhöht hat<br />

sich de Besitzrate bei Computer und Spielkonsole, während<br />

Fernsehgerät, Radio und Videorekor<strong>der</strong> bereits 1998 ähnlich verbreitet<br />

waren wie 2005.<br />

Die Liste <strong>der</strong> Medientätigkeiten (nutze ich mind. mehrmals pro Woche)<br />

wird im Jahr 2005 mit 93 Prozent vom Fernsehen angeführt, die Nutzung<br />

von Musik-CDs/-Kassetten kommt mit 85 Prozent auf den zweiten Platz.<br />

Die Beschäftigung mit dem Computer rückt auf den dritten Platz, 76<br />

Prozent <strong>der</strong> Jugendlichen sitzen mindestens mehrmals pro Woche vor<br />

dem Bildschirm. Das Radio folgt mit 72 Prozent auf dem vierten Rang.<br />

Erstmals geson<strong>der</strong>t abgefragt wurde die Nutzung von MP3-Playern, die<br />

mit 70 Prozent nur knapp hinter dem Radio liegt. 60 Prozent geben an,<br />

mindestens mehrmals pro Woche online zu sein. Mit leichtem Abstand<br />

folgt die Beschäftigung mit Zeitungen (44 %) und Büchern (40 %).<br />

Zeitschriften und Magazine werden nicht ganz so häufig zur Hand<br />

genommen (32 %). Ein Viertel nutzt regelmäßig DVDs, ein Fünftel<br />

Spielkonsolen.<br />

<strong>Wie</strong> <strong>der</strong> Vergleich mit den Daten des Jahres 1998 zeigt, hat sich neben<br />

„neueren“ Medienaktivitäten wie MP3, DVD o<strong>der</strong> Internet vor allem die<br />

Nutzung des Computers deutlich verstärkt. Zurückgegangen ist die<br />

regelmäßige Zuwendung zu Zeitung und Zeitschrift, die Buchnutzung<br />

befindet sich entgegen an<strong>der</strong>slautenden Befürchtungen auf dem Niveau<br />

von 1998. Im Bereich <strong>der</strong> auditiven Medien haben sowohl das Radio als<br />

auch die klassischen Tonträger einen Rückgang zu verzeichnen.<br />

4


Ausgewählte Medienbeschäftigung Jugendlicher 12-19 Jahre<br />

- täglich/mehrmals pro Woche -<br />

Fernseher<br />

93<br />

95<br />

Musik-CDs/Kassetten<br />

85<br />

94<br />

Computer<br />

48<br />

76<br />

Radio<br />

72<br />

85<br />

MP3<br />

70<br />

Internet<br />

Zeitung<br />

44<br />

60<br />

59<br />

2005, n=1.203<br />

1998, n=803<br />

Bücher<br />

40<br />

38<br />

Zeitschriften/Magazine<br />

DVD<br />

Hörspielkassetten/-CDs<br />

Video<br />

25<br />

19<br />

13<br />

15<br />

23<br />

32<br />

49<br />

2005:<br />

Freunde treffen 88 %<br />

Sport treiben 66 %<br />

ausruhen/nichts tun 60 %<br />

selbst Musik machen 18 %<br />

Familienunternehmungen 16 %<br />

10<br />

Comics 12<br />

Quelle: JIM 2005, JIM 1998, Angaben in Prozent<br />

Jenseits <strong>der</strong> reinen Nutzungsfrequenzen gibt die Frage nach <strong>der</strong><br />

Unverzichtbarkeit verschiedener Medien einen Aufschluss über <strong>der</strong>en<br />

Stellenwert im Leben von Jugendlichen. Im Jahr 2005 wurden die jungen<br />

Menschen vor die Wahl gestellt, auf welches Medium sie am wenigsten<br />

verzichten könnten: Fernseher, Radio, Bücher, Tageszeitung, Zeitschrift,<br />

Computer und Internet. Vor diese Wahl gestellt, würden sich mit 30<br />

Prozent für den Fernseher entscheiden, ein knappes Viertel für den<br />

Computer, weitere 16 Prozent für das Internet. Bücher und Radio sind für<br />

jeden zehnten am wichtigsten, die Bindung an die Zeitung und<br />

Zeitschriften ist dagegen kaum ausgeprägt.<br />

Allerdings unterscheiden sich die Geschlechter hier deutlich. 31 Prozent<br />

<strong>der</strong> Mädchen und jungen Frauen entscheiden sich für das Fernsehen, mit<br />

Ausnahme von Zeitschriften und Zeitungen rangieren aber Computer (13<br />

%) , Internet (15 %), Bücher (16 %) und das Radio (15 %) auf<br />

vergleichbaren Ebenen. Jungen und junge Männer hingegen setzen den<br />

Computer mit 31 Prouemt auf Platz 1, dicht gefolgt vom Fernseher (29<br />

%). Das Internet (17 %) kommt auf den dritten Rang, die restlichen<br />

Medien sind in dieser subjektiven Einschätzung <strong>der</strong> Jugendlichen weniger<br />

bedeutsam. Auffällig ist die große Diskrepanz zwischen Jungen und<br />

Mädchen beim Computer, während das Internet für beide Geschlechter<br />

die gleiche Wichtigkeit hat.<br />

Im Vergleich zu 1998 wurde die Frage im Jahr 2005 um Bücher und das<br />

Internet ergänzt. Auch aufgrund dieser Erweiterung ist vor allem die<br />

Bindungskraft des Radios zurückgegangen. Kontinuierlich gewachsen ist<br />

hingegen die Bindung an die sogenannten „neuen“ Medien.<br />

5


Bindung an Medien 2005<br />

Am wenigsten verzichten kann ich auf...<br />

2005<br />

1998<br />

Fernseher<br />

30%<br />

Zeitungen<br />

4%<br />

Zeitschriften<br />

5%<br />

Radio<br />

11%<br />

Fernseher<br />

38%<br />

Zeitungen<br />

8%<br />

Zeitschriften<br />

9%<br />

Bücher<br />

11%<br />

Computer<br />

23%<br />

Internet<br />

16%<br />

Computer<br />

19%<br />

Radio<br />

26%<br />

Quelle: JIM 2005, JIM 1998, Angaben in Prozent<br />

Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Medien<br />

Fragt man die Jugendlichen, welchem Medium sie bei wi<strong>der</strong>sprüchlicher<br />

Berichterstattung am ehesten glauben würden (hier standen Fernsehen,<br />

Radio, Internet und die Tageszeitung zur Auswahl), so entscheiden sich<br />

mit 42 Prozent die meisten 12- bis 19-Jährigen für die Tageszeitung, 28<br />

Prozent würde am ehesten dem Fernsehen Glauben schenken. Das<br />

Internet (16 %) und auch das Radio (10 %) werden als weniger<br />

glaubwürdig empfunden. Jungen und Mädchen urteilen hier im großen<br />

und ganzen ähnlich, allerdings genießt das Internet bei Jungen größeres<br />

Vertrauen als bei Mädchen. Die subjektive Glaubwürdigkeit variiert aber<br />

vor allem vor dem Bildungshintergrund <strong>der</strong> Jugendlichen. Für 12- bis 19-<br />

Jährige, die die Hauptschule besuchen, liegt das Fernsehen ganz knapp<br />

vor <strong>der</strong> Tageszeitung, aber auch das Internet wird als recht<br />

vertrauenswürdig eingestuft. Gymnasiasten hingegen votieren eindeutig<br />

für die Tageszeitung, das Fernsehen liegt mit über 20 Prozentpunkten<br />

Abstand auf dem zweiten Rang. Mit gleich großem Abstand folgen das<br />

Internet und das Radio. Diese Befunde illustrieren, dass im Bereich <strong>der</strong><br />

Medienerziehung bzw. Kompetenzstärkung noch größere Anstrengungen<br />

unternommen werden müssen. Insgesamt korrespondieren diese<br />

Angaben ja nur eingeschränkt mit dem tatsächlichen<br />

Mediennutzungsverhalten <strong>der</strong> Jugendlichen und können daher auch als<br />

Imagewerte interpretiert werden.<br />

6


Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Medien<br />

- würde bei wi<strong>der</strong>sprüchlicher Berichterstattung am ehesten vertrauen auf ... ­<br />

Hauptschüler<br />

Realschüler<br />

Gymnasiasten<br />

53<br />

35<br />

31<br />

31<br />

30<br />

24<br />

21<br />

20<br />

13<br />

11<br />

11<br />

9<br />

3<br />

28<br />

10 16 42<br />

5<br />

3<br />

3<br />

Fernsehen Radio Internet Tageszeitung weiß nicht<br />

Quelle: JIM 2005, Angaben in Prozent<br />

Themenkompetenz verschiedener Medien<br />

Um Bildungsangebote an junge Menschen heranzutragen, sind<br />

Informationen über die generelle Befindlichkeit dieser Zielgruppe von<br />

großer Bedeutung. Denn über diese „Vehikel“ lassen sich Themen, die für<br />

junge Menschen ansonsten weniger attraktiv sind, transportieren. Was ist<br />

bedeutsam im Alltag junger Menschen und woher beziehen Jugendliche<br />

Informationen über Themen, die sie beschäftigen? Die 12- bis 19-<br />

Jährigen wurden im Rahmen <strong>der</strong> JIM-Studie 2005 gebeten, für 20<br />

Themenfel<strong>der</strong> die persönliche Wichtigkeit auf einer sechsstufigen Skala<br />

(1=ist für mich sehr interessant, 6=ist für mich überhaupt nicht<br />

interessant) anzugeben. In einem zweiten Schritt wurde für alle Bereiche,<br />

für die Jugendlichen starkes Interesse zeigen (Skalenpunkte 1 und 2),<br />

nach <strong>der</strong> wichtigsten Informationsquelle zu diesem Themenblock gefragt.<br />

„Liebe/Freundschaft“ (87 %), „Musik“ (86 %) aber auch „Ausbildung und<br />

Beruf“ (77 %) sowie „Sport“ (72 %) zählen zu den Themenkreisen, die für<br />

Heranwachsende nach eigenem Bekunden am wichtigsten sind,<br />

sicherlich auch im Kontext <strong>der</strong> Identitätsfindung Jugendlicher. 62 Prozent<br />

<strong>der</strong> 12- bis 19-Jährigen sind sehr am aktuellen Weltgeschehen<br />

interessiert, ebenso wie an allem rund um das „Internet“ (61 %). Auch<br />

„Musikstars“ (59 %), „Computer“ (58 %) und „Mode/Kleidung“ (57 %)<br />

wecken das Interesse <strong>der</strong> Heranwachsenden in vergleichbarer<br />

Größenordnung. Etwa die Hälfte <strong>der</strong> 12- bis 19-Jährigen bekundet ein<br />

großes Interesse für „Kino/Filme“ (53 %), das Thema „Schule“ und<br />

„Gesundheit/Medizin (jeweils 50 %). Für vier von zehn Jugendlichen spielt<br />

„Umwelt/-schutz“ eine Rolle, und auch für „Film- und Fernsehstars“<br />

7


können sich 37 Prozent begeistern. Für ein Drittel sind „Computerspiele“<br />

wichtige Alltagsbegleiter. Und für jeweils ein Fünftel sind „Kunst/Kultur“<br />

(21 %), überregionale (21 %) und regionale (18 %) Politik und Wirtschaft<br />

(19 %) interessante Themen.<br />

Die geschlechtsspezifische Betrachtung zeigt die eher männlich besetzte<br />

Themen: Computerspiele, Computer allgemein, Sport, Internet sowie<br />

Wirtschaft und Politik. Eher weiblich besetzte Themen sind<br />

Mode/Kleidung und Musik- und Filmstars, aber auch Schule, Gesundheit<br />

o<strong>der</strong> Kunst und Kultur. Während Themenfel<strong>der</strong> wie „Ausbildung/Beruf“,<br />

„Liebe/Freundschaft", "Musik“ o<strong>der</strong> „Gesundheit/Medizin“ für alle<br />

Altersgruppen gleichermaßen bedeutsam sind, interessieren sich 12- bis<br />

13-Jährige beispielsweise noch deutlich mehr für den Bereich Umwelt als<br />

dies die 18- bis 19-Jährigen tun (54 vs. 34 %). Zu den großen Verlierern<br />

im Altersverlauf zählen Schwärmereien für Stars aus <strong>der</strong> Musik- (von 72<br />

auf 42 %) und Filmbranche (von 56 auf 20 %), aber auch Computerspiele<br />

sind für 18- bis 19-Jährige (22 %) deutlich weniger spannend als für 12­<br />

bis 13-Jährige (46 %). Rückläufig ist auch das Interesse am Sport (von 79<br />

auf 63 %). Umgekehrt werden eher nach außen gerichtete bzw.<br />

gesellschaftliche Themen wie Nachrichten bzw. Aktuelles (von 56 auf 68<br />

%), Bundespolitik (von 12 auf 33 %) o<strong>der</strong> Wirtschaft (von 13 auf 27 %) für<br />

die Jugendlichen mit zunehmendem Alter bedeutsamer.<br />

Die Frage, welche Medien für die Informationsbeschaffung persönlich<br />

bedeutsamer Themenbereiche am ehesten herangezogen werden – hier<br />

waren das Fernsehen, Radio, Internet, Tageszeitung, Zeitschriften und<br />

Bücher vorgegeben –, wird deutlich mit Verweis auf das Internet<br />

beantwortet. Dem Fernsehen wird die höchste Kompetenz für aktuelle<br />

Berichterstattung – hier kommt das Internet überraschen<strong>der</strong> Weise nach<br />

<strong>der</strong> Tageszeitung nur auf den dritten Rang – und Sport zugeschrieben,<br />

auch gilt das (Musik-)Fernsehen als erste Adresse, wenn es um<br />

Neuigkeiten bei Film- und Fernsehstars geht. Zeitschriften gelten bei den<br />

Jugendlichen nach wie vor als wichtige Berater in Sachen Mode und<br />

Partnerschaft, die Tageszeitung gilt diesem Bild folgend als Ratgeber in<br />

den Bereichen Politik und Wirtschaft. Anscheinend haben die<br />

verschiedenen Medien trotz zunehmen<strong>der</strong> „Digitalisierung“ <strong>der</strong><br />

Informationen bzw. <strong>der</strong> Informationswege in <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong><br />

jungen Menschen ganz spezifische, thematische Kompetenzbereiche –<br />

eine nicht irrelevante Information, wenn es um die Vermittlung von<br />

Bildungsinhalten geht.<br />

8


Computer und Internet<br />

Die Nutzung von Computer und Internet gehört ganz selbstverständlich<br />

zum Alltag <strong>der</strong> Jugendlichen: 95 Prozent nutzen Computer mindestens<br />

einmal im Monat, Erfahrung mit dem Internet (nutze ich zumindest selten)<br />

haben 86 Prozent <strong>der</strong> 12- bis 19-Jährigen gesammelt. Jungen und<br />

Mädchen unterscheiden sich hier kaum, und auch nur in Bezug auf die<br />

Internetnutzung zeigen sich bei den 12- bis 13-Jährigen etwas weniger<br />

Nutzer. Deutlichere Unterschiede zeigen sich hinsichtlich <strong>der</strong> Schultypen ­<br />

mit steigendem Bildungsgrad ist weitere Verbreitung von Computern und<br />

Internet verbunden. Entsprechend korrespondiert die immer häufigere<br />

Nutzung des Computers auch mit dem persönlichen Gerätebesitz: 57<br />

Prozent <strong>der</strong> Jugendlichen verfügen über einen eigenen Computer, wobei<br />

die Jungen mit 65 Prozent deutlich besser ausgestattet sind als die<br />

Mädchen (48 %). Bei den 12- bis 13-Jährigen haben bereits knapp die<br />

Hälfte einen eigenen Computer o<strong>der</strong> Laptop. Deutliche Unterschiede<br />

ergeben sich hinsichtlich <strong>der</strong> Schulbildung <strong>der</strong> Jugendlichen –<br />

Hauptschüler (43 %) sind deutlich schlechter mit Computern ausgestattet<br />

als Realschüler (58 %) und Gymnasiasten (62 %).<br />

In Bezug auf die inhaltliche Nutzung – hier zunächst einmal die Offline-<br />

Tätigkeiten - liegt die Musiknutzung (täglich/mehrmals pro Woche) am<br />

Computer mit 59 Prozent deutlich an <strong>der</strong> Spitze Mit Abstand an zweiter<br />

Stelle folgen Computerspiele (38 %), für die Schule arbeiten (37 %) und<br />

Texte schreiben (32 %). Weniger häufig zu den alltäglichen<br />

Anwendungen zählt das Erstellen von Musik-CDs o<strong>der</strong> die Bearbeitung<br />

von Bil<strong>der</strong>n (jeweils 14 %), gleiches gilt für das Brennen von CDs (13 %)<br />

o<strong>der</strong> die Nutzung von Lernprogrammen (12 %), die doch eher von<br />

Jüngeren genutzt werden. Noch weniger verbreitet sind eher kreative<br />

Tätigkeiten wie Malen/Zeichnen, die Bearbeitung von Tönen (jeweils 9<br />

%)o<strong>der</strong> das Programmieren (6 %).<br />

Allerdings sind die Interessen <strong>der</strong> Jungen und Mädchen sehr<br />

unterschiedlich: Während zwei Drittel <strong>der</strong> Jungen den Computer<br />

mindestes mehrmals pro Woche als Musikabspielstätte nutzen, tun dies<br />

nur die Hälfte <strong>der</strong> Mädchen. Beson<strong>der</strong>s deutlich ist die unterschiedliche<br />

Interessenlage bei den Computerspielen, die für Jungen die<br />

zweithäufigste Anwendung darstellen, während Mädchen sich hierfür nur<br />

vereinzelt begeistern können.<br />

Auch im Bereich des Internet handelt es sich bei den Jugendlichen zum<br />

größten Teil um sehr aktive Nutzer. So geben 70 Prozent <strong>der</strong> Nutzer an,<br />

täglich o<strong>der</strong> mehrmals pro Woche online zu sein (2004: 58 %, 2003: 66<br />

9


%, 2002: 63 %), weitere 18 Prozent nutzen das Internet etwa einmal pro<br />

Woche. Elf Prozent zählen zu den selteneren Nutzern, die höchstens<br />

einmal pro Monat surfen. Hervorstechendes Merkmal dieser Gruppe ist<br />

das Alter – es sind eher die Jüngeren – und nicht das Geschlecht o<strong>der</strong> die<br />

Schulbildung. Wenn also Hauptschülerinnen und -schüler erst einmal<br />

Zugang zum Internet haben, unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer<br />

Nutzungshäufigkeit nicht von Jugendlichen, die die Realschule o<strong>der</strong> das<br />

Gymnasium besuchen bzw. besucht haben.<br />

Offline-Tätigkeiten Jugendlicher 2005<br />

- PC-Nutzer, täglich/mehrmals pro Woche -<br />

Musik hören<br />

Computerspiele<br />

Arbeiten für Schule/Lernen<br />

Texte schreiben<br />

Musik-CDs erstellen<br />

Bearbeiten von Bil<strong>der</strong>n<br />

CDs brennen<br />

Lernprogramme<br />

5<br />

DVDs anschauen<br />

4<br />

Bearbeiten von Tönen, Musik<br />

malen, zeichnen, Grafiken<br />

3<br />

programmieren<br />

2<br />

Selbst Musik machen<br />

6<br />

2<br />

DVDs brennen 3<br />

9<br />

8<br />

15<br />

10<br />

17<br />

14<br />

13<br />

12<br />

15<br />

12<br />

13<br />

13<br />

13<br />

10<br />

30<br />

37<br />

38<br />

35<br />

50<br />

67<br />

61<br />

Mädchen<br />

Jungen<br />

Quelle: JIM 2005, Angaben in Prozent<br />

Das Internet hat sich in den vergangenen Jahren hinsichtlich seiner<br />

Nutzungsmöglichkeiten kontinuierlich weiterentwickelt – die Bereiche<br />

Kommunikation, Information, Spiel und virtuelles Kaufhaus wurden dabei<br />

zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Untersuchung um Schlagworte wie Weblog<br />

(öffentliches Tagebuch) o<strong>der</strong> Podcasting ergänzt. Doch wie die Liste<br />

unterschiedlichster Nutzungsmöglichkeiten zeigt, ist das Internet für<br />

Jugendliche nach wie vor in erster Linie ein Kommunikationsmedium. 52<br />

Prozent <strong>der</strong> Internet-Nutzer verschicken o<strong>der</strong> Empfangen mindestens<br />

mehrmals pro Woche E-Mails, 41 Prozent nutzen mit dieser Häufigkeit<br />

einen Instant-Messenger, ein Viertel trifft sich regelmäßig zum Plau<strong>der</strong>n in<br />

Chatrooms. Daneben wird das Internet auch für die Suche nach<br />

Informationen sowohl für schulische (29 %) als auch außerschulische<br />

Belange (35 %) genutzt, ein knappes Drittel informiert sich nach eigenen<br />

Angaben regelmäßig über Aktuelles bzw. Nachrichten, regionale<br />

Veranstaltungen werden von 14 Prozent online abgerufen. Als<br />

Internetauktionäre bei E-Bay treten die Jugendlichen weniger auf, aber<br />

sie stöbern gerne durch das Angebot (18 %). 13 Prozent spielen im<br />

10


Internet alleine o<strong>der</strong> gemeinsam mit an<strong>der</strong>en. Das für Jugendliche<br />

beson<strong>der</strong>s wichtige Thema Musik wird durch das Internet ebenfalls gut<br />

bedient, 28 Prozent hören sich regelmäßig Musikstücke an o<strong>der</strong> laden<br />

diese herunter (14 %). Fernsehen o<strong>der</strong> Radiohören über das Internet ist<br />

für Jugendliche kaum ein Thema, dies gilt auch für die Nutzung von<br />

Weblogs o<strong>der</strong> Podcasting-Angebote.<br />

Medienfunktionen<br />

Neben <strong>der</strong> bisher eher inhaltlichen Betrachtung des Medienumgangs<br />

Jugendlicher abschließend noch ein Blick auf die eher emotionale<br />

Komponente. <strong>Wie</strong> eingangs beschrieben, weisen die verschiedenen<br />

Medien bei den Jugendlichen eine unterschiedliche Bindung auf. Im<br />

engen Zusammenhang hierzu stehen die spezifischen Medienfunktionen<br />

wie Spaß, Spannung, Unterhaltung o<strong>der</strong> auch Eskapismus.<br />

Gegen Langeweile hilft das Fernsehen am besten. 40 Prozent <strong>der</strong><br />

Mädchen und 36 Prozent <strong>der</strong> Jungen würden sich in dieser Situation für<br />

dieses Medium entscheiden. Für jeden fünften Jungen ist das Internet das<br />

wichtigste Medium in dieser Situation, dies gilt nur für etwa halb so viele<br />

Mädchen (13 %). Um Ärger abzubauen spielen Tonträger für ein Drittel<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen eine wichtige Rolle (Mädchen: 36 %, Jungen: 26 %).<br />

Aber auch das Fernsehen ist in dieser Situation für ein Fünftel <strong>der</strong><br />

Jugendlichen eine relevante Größe, für Jungen wie Mädchen<br />

gleichermaßen. Bei Traurigkeit kommen erneut die Tonträger und damit<br />

generell „Musik“ zum Einsatz (35 %, Jungen: 31 %, Mädchen: 40 %), mit<br />

Abstand folgen auf gleichem Niveau das Radio und das Fernsehen<br />

(jeweils 14 %). Wenn Jugendliche sich alleine fühlen, nutzt ein knappes<br />

Viertel am häufigsten das Fernsehen, für jeweils ein Fünftel stellt<br />

telefonieren bzw. das Handy o<strong>der</strong> die Nutzung von Tonträgern bei<br />

Einsamkeit die beste Abhilfe dar. Das Internet kommt in dieser Situation<br />

für Jungen (14 %) etwas stärker in Frage als für Mädchen (10 %),<br />

Computer hingegen stellen nur für Jungen (8 %) überhaupt eine Option<br />

dar (Mädchen: 2 %). Wenn Jugendliche Spaß haben wollen, dann bietet<br />

für jeden Fünften das Internet die besten Möglichkeiten, sich zu<br />

amüsieren. Mädchen (17 %) und Jungen (23 %) liegen hier nicht allzu<br />

weit auseinan<strong>der</strong>. Aber auch die reine Computernutzung verspricht zwölf<br />

Prozent gute Unterhaltung, allerdings nur für Jungen (18 %, Mädchen:4<br />

%), ein Indiz dafür, dass hier vor allem Computerspiele gemeint sind.<br />

Tonträger und das Fernsehen stehen für jeweils 16 Prozent an erster<br />

Stelle und auch das Mobiltelefon (13 %) ist eine relevante Größe. Das<br />

Attribut, ein „Fun-Medium“ zu sein, kann somit kein Medium für sich<br />

alleine in Anspruch nehmen.<br />

11


Schlussbemerkung<br />

Bei <strong>der</strong> Vermittlung von – medial vermittelten - Bildungsinhalten ist es mit<br />

Sicherheit hilfreich, Kenntnis über das generelle Medienverhalten <strong>der</strong><br />

jeweiligen Zielgruppe zu haben. Im vorliegenden Fall liefert die JIM-Studie<br />

als standardisierte Methode umfassende Informationen nicht nur über den<br />

Stellenwert <strong>der</strong> unterschiedlichen Medien bei Jugendlichen, durch die<br />

Langzeitperspektive können kurz- wie langfristige Entwicklungen ebenso<br />

abgebildet werden wie Kontinuitäten. Computer und Internet haben sich in<br />

den letzten Jahren immer stärker im Alltag Jugendlicher verfestigt, und<br />

entsprechend ihrer spezifischen Interessen und Vorlieben gehen die<br />

jungen Menschen mit diesen Medien um. Für die Vermittlung von<br />

Bildungsinhalten ist das eine große Chance, gleichzeitig werden sie sich<br />

wohl auch mit den generellen Nutzungsgewohnheiten Jugendlicher<br />

messen lassen müssen.<br />

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