Befestigung eines dynamisch beanspruchten Wandschwenkkranes
Befestigung eines dynamisch beanspruchten Wandschwenkkranes
Befestigung eines dynamisch beanspruchten Wandschwenkkranes
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<strong>Befestigung</strong> <strong>eines</strong> <strong>dynamisch</strong> <strong>beanspruchten</strong> <strong>Wandschwenkkranes</strong><br />
am Beispiel einer Produktionshalle<br />
fischerwerke Artur Fischer GmbH & Co. KG, Steffen Schneider, Marke Upat<br />
1. Objekt<br />
In einer Produktionshalle war ein Wandschwenkkran mit der aus Bild 1 ersichtlichen Geometrie<br />
zu verankern. Die maximale Nutzlast des Wandschwenkkrans liegt bei 500 kg. Der<br />
Schwenkbereich des Auslegers beträgt 180°.<br />
Bild 1<br />
2. Aufgabenstellung<br />
Die regelgerechte nachträgliche Verankerung <strong>dynamisch</strong> beanspruchter Anbauteile an<br />
Stahlbetonbauteilen stellte den planenden Ingenieur noch vor kurzem vor ein schwer zu<br />
bewältigendes Problem. Die allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen regelten ausschließlich<br />
die Verankerung vorwiegend ruhender Lasten, der Weg über Gutachten und<br />
Zustimmungen im Einzelfall war oftmals zu langwierig und steinig.<br />
Im Juli 1999, mit dem Erscheinen der ersten allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung für<br />
einen Dübel zur Verankerung vorwiegend nichtruhender Lasten, ist der <strong>Befestigung</strong>stechnik<br />
der Schritt aus der „Grauzone“ heraus gelungen. Dynamische Lasten können nun auch<br />
baurechtlich einwandfrei mit Dübeln verankert werden.<br />
Nachstehend wird anhand <strong>eines</strong> Beispiels der Umgang mit dem in der Zulassung enthaltenen<br />
Bemessungskonzept für vorwiegend nicht ruhende Belastung erläutert.<br />
Hinsichtlich ihres zeitlichen Verlaufes macht es Sinn, <strong>dynamisch</strong>e Beanspruchungen auf<br />
Dübelverankerungen in beliebige, impulsartige, niedrigzyklische und ermüdungsrelevante<br />
zu unterteilen.<br />
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Impulsartige Einwirkungen sind durch extrem hohe, aber meist nur einmalig auftretende<br />
Beanspruchungen kurzer Dauer gekennzeichnet. Hervorgerufen werden sie z.B. durch den<br />
Aufprall von Flugzeugen und durch Explosionen und sind daher u.a. im Zivilschutz von<br />
Bedeutung. Plastische Verformungen werden in der Regel in Kauf genommen und die<br />
<strong>Befestigung</strong>en im Ereignisfall ersetzt. Versuchsergebnisse belegen, dass die Tragfähigkeit<br />
von Dübeln unter impulsartigen Einwirkungen höher sein kann als unter ständiger bzw.<br />
vorwiegend ruhender Belastung.<br />
Typisch für niedrigzyklische Einwirkungen sind wenige, aber intensive Beanspruchungszyklen.<br />
Während sich die Bemessung bei Schwellbelastung in Anlehnung an die Bemessung<br />
risstauglicher Anker unter vorwiegend ruhender Belastung durchführen lässt, ist wegen<br />
höherer Verschiebungen eine Aussage bei Wechselbelastungen nur schwer möglich.<br />
Ermüdungsrelevante Einwirkungen treten beispielsweise bei Schwenkkrananlagen, Aufzügen,<br />
im Verkehrswegebau, bei schwingungsanfälligen Bauteilen sowie im Maschinen- und<br />
Anlagenbau auf.<br />
Als Ermüdung wird dabei die Abnahme der Festigkeit <strong>eines</strong> Baustoffes mit zunehmender<br />
Lastspielzahl bezeichnet. Die Höhe des Tragfähigkeitsverlustes ist dabei abhängig von der<br />
Schwingbreite, also der Differenz von Ober- und Unterspannung.<br />
Mit einer typischen Anwendung, bei der ermüdungsrelevante Einwirkungen auf die <strong>Befestigung</strong><br />
wirken, beschäftigt sich das nachfolgende Beispiel.<br />
Ein besonderer Anspruch bei der konstruktiven Gestaltung der Wandverankerung war<br />
durch das Vorhandensein einer nicht verlegbaren Sprinkler- und einer Druckleitung gegeben.<br />
Der Wandschwenkkran musste zwischen die Leitungen positioniert werden.<br />
3. Lösung<br />
Im Sinne einer einfachen Montage und einer möglichst kleinen Anschlussplatte wurde<br />
zuerst eine Zwischenplatte an der Wand montiert und anschließend auf die darauf bereits<br />
vorhandenen Stehbolzen der Kran angeschlossen. Die daraus resultierende einachsig<br />
exzentrische Lasteinleitung in die Ankerplatte musste in der Nachweisführung für den<br />
Anschluss berücksichtigt werden.<br />
Das Vorgehen bei der Nachweisführung für die Verankerung wird anhand von 4 Teilschritten<br />
dargestellt. Die ersten beiden Teilschritte zur Ermittlung der Einwirkungen auf die<br />
Ankerplatte und der charakteristischen Widerstände für die Versagensarten des Betons<br />
unterscheiden sich dabei nicht von der Vorgehensweise der Bemessung bei vorwiegend<br />
ruhender Beanspruchung. Im 3. Schritt werden dann lediglich die Ergebnisse für die ermüdungsrelevanten<br />
Nachweise zusammengefasst und in Schritt 4 entsprechend den Maßgaben<br />
des allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungsbescheides bewertet.<br />
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1. Schritt: Ermittlung der Einwirkungen auf die Ankerplatte<br />
Für die Beurteilung der Verankerungen waren 3 Lastfälle zu untersuchen. Die aus den<br />
Gleichgewichtsbedingungen ermittelten ständigen (G) und veränderlichen (Q) Einwirkungen<br />
auf die obere Ankerplatte wurden aus der Statik entnommen und je Lastfall in die Eingabemaske<br />
der Dübelbemessungssoftware COMPUFIX 6.0 eingetragen.<br />
Für die Verankerung wurden Ankerplatten mit 6 Dübeln gewählt. Beeinflussende Bauteilränder<br />
waren nicht vorhanden.<br />
2. Schritt:<br />
Ermittlung der Bemessungswerte der Einwirkungen für den höchst<strong>beanspruchten</strong> Dübel<br />
bzw. die Dübelgruppe und Bemessung der Widerstände des Dübels / der Gruppe nach<br />
Beanspruchungsrichtung und Versagensart.<br />
Als <strong>Befestigung</strong>smittel (Bild 2) wurde der Upat UMV multicone dynamic Verbundanker mit<br />
Gewindestange M20 und multicone Verbundankerpatrone mit einer Verankerungstiefe<br />
von 170 mm gewählt.<br />
Bild 2<br />
Der UMV dynamic ist die Weiterentwicklung des bewährten risstauglichen multicone Verbundankers,<br />
dessen Vorgänger, der UKA 3, Anfang der 60er Jahre als erster Verbundanker<br />
eine neue Ära auf dem <strong>Befestigung</strong>smarkt einläutete.<br />
Den UMV dynamic gibt es in verzinkter Ausführung in den Größen M12 bis M24. Zum Einsatz<br />
kommt ein Sonderstahl. Zusammen mit dem styrolfreien Mörtel und der Spannbuchse<br />
bildet der Anker im Bohrloch ein steifes System, das die Beanspruchungen dauerhaft und<br />
ohne signifikante Verschiebungen aufnehmen kann. Die Spannbuchse wird nach dem Setzen<br />
des Gewindestahles in den Ringspalt der Durchgangsbohrung zwischen Ankerplatte<br />
und hervorstehenden Gewindeteil eingeschlagen. So werden Bewegungen der Ankerplatte<br />
bei hohen wechselnden Querlasten verhindert.<br />
Die Montage (Bild 3) unterscheidet sich nicht vom seit vielen Jahren bekannten Setzvorgang<br />
von Verbundankern (Einvibrieren des Gewindestahles in das mit einer Mörtelpatrone<br />
versehene Bohrloch). Als besonderer Vorteil hat sich erwiesen, dass durch ein größeres<br />
Durchgangsloch in der Ankerplatte nun auch die Durchsteckmontage des Ankers möglich<br />
und zulässig ist. Einen deutlichen Handlings- und Zeitvorteil bedeutet dies bei der Montage<br />
von Ankerplatten mit mehr als 2 Ankern.<br />
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Erstellung des Bohrlochs<br />
durch die Ankerplatte<br />
Einführen der UMV multicone<br />
in das Bohrloch<br />
Einvibrieren des UMV<br />
dynamic Gewindestahles<br />
Aufsetzen der mitgelieferten<br />
Spannbuchse auf den<br />
Gewindestahl<br />
Einschlagen der Spannbuchse<br />
in den Ringspalt<br />
Nach dem Aushärten – Anziehen<br />
der Mutter mit dem<br />
Drehmomentenschlüssel<br />
Bild 3<br />
Für die Bemessung werden die Widerstände für die die einzelnen Versagensarten nach dem<br />
CC-Verfahren unter der Annahme vorwiegend ruhende Einwirkung von Hand oder mit der<br />
Bemessungssoftware COMPUFIX 6.0 ermittelt.<br />
Werden nun die nach dem Bemessungsverfahren erforderlichen Nachweise für die Versagensarten<br />
sowie der Interaktionsnachweis für die kombinierte Zug- und Querzugbeanspruchung<br />
geführt, gelangt man (nach wie vor unter der Betrachtungsweise vorwiegend<br />
ruhender Lasten!) zu folgenden Erkenntnissen:<br />
1. Maßgebliche Lastfälle sind LFI und III (also Ausleger parallel zur Bauteilwand)<br />
2. Die Verankerung ist unter der Prämisse vorwiegend ruhender Beanspruchungen noch<br />
aufnahmefähig für weitere Lasten.<br />
Zusammenfassung der Ausnutzungsgrade<br />
Nachweis Zug Querzug Interaktion<br />
Lastfall I und III 27 % 25 % 27 %<br />
Lastfall II 30 % 3 % 17 %<br />
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3. Schritt:<br />
Zusammenfassung der Werte für die Bemessung vorwiegend nichtruhender Lasten<br />
Bis zu diesem Punkt unterschied sich der Rechenweg nicht von dem der Bemessung bei vorwiegend<br />
ruhender Belastung. Für die Nachweisführung unter <strong>dynamisch</strong>er Beanspruchung<br />
ist es nun erforderlich die Werte aus den „Vorbemessungen“ zusammenzutragen.<br />
Die Anteile der vorwiegend ruhenden Belastungen und der vorwiegend nichtruhenden<br />
Belastungen sind zu addieren und in ihrer Summe als nichtruhende Belastung anzusetzen.<br />
Diese Vorgehensweise liefert bei nur geringen Anteilen <strong>dynamisch</strong>er Last weit auf der<br />
sicheren Seite liegende Ergebnisse, vereinfacht die Bemessung allerdings entsprechend.<br />
Bei wechselnden Querlasten werden die Beträge der Lasten summiert, da der Betrag der<br />
Gesamtschwingbreite maßgeblich für die Tragfähigkeit unter <strong>dynamisch</strong>er Einwirkung ist.<br />
4. Schritt:<br />
Nachweis des Widerstandes gegen ermüdungsrelevante Einwirkungen<br />
Abschließend sind die Nachweise entsprechend allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung zu<br />
führen. Diese gehen über den Inhalt von Anhang C der Leitlinie für europäisch technische<br />
Zulassungen hinaus und sind daher explizit in der Zulassung beschrieben.<br />
In diesem Beispiel war der Maßgeblicher Nachweis mit einem Ausnutzungsgrad von 92 %<br />
Stahlversagen.<br />
4. Fazit<br />
Anhand des Bemessungsbeispieles der Verankerung <strong>eines</strong> <strong>Wandschwenkkranes</strong> wird deutlich,<br />
dass der Einfluss <strong>dynamisch</strong>er Lastanteile insbesondere auf die Stahltragfähigkeit der<br />
<strong>Befestigung</strong>smittel sehr hoch ist. Während der Ausnutzungsgrad bei Bemessung nach vorwiegend<br />
ruhender Belastung in der Schrägzug-Interaktion lediglich 27 % beträgt, folgt bei<br />
Bemessung unter der Annahme <strong>dynamisch</strong>er Beanspruchungen ein Ausnutzungsgrad für<br />
den Stahl von 92 %!<br />
Bei welchen Lastspielzahlen sollte nun aber ein Nachweis der Ermüdungstragfähigkeit<br />
erfolgen? Bereits ab ca. 10.000 Lastwechseln kommt es beim Werkstoff Stahl entsprechend<br />
der Wöhlerlinie zu signifikanten Ermüdungserscheinungen, so dass sich bei höheren Lastspielzahlen<br />
die Beanspruchbarkeit des Materiales reduziert. Bei nur 10 Lastwechseln pro<br />
Tag wird die „magische“ 10.000 bereits nach 3 Jahren überschritten!<br />
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