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toritäten der heiligen Städte im Iran oder im Irak und somit eine Verlagerung der spirituellen<br />
und politischer Bezugspunkte nach außen. Indem die Pole traditioneller religiöser<br />
Vergemeinschaftung von der regionalen PlrlMrr-Ebene auf eine internationale Muqalled-<br />
Ebene verlagert worden sind (und mit ihnen auch Gruppen-Grenzen und Konflikt-<br />
Sphären), ist die Gruppenidentität der Hazira als homogene ethnische Gruppe erst real<br />
und entsprechend aktivierbar geworden.<br />
Der von der Staatsmacht angestrebte Abbau der territorialen und verwandschaftlichen<br />
Grundlagen der ehemaligen Machtblöcke wurde durch den Aufbau einer zentralstaatlichen<br />
Verwaltung unterstützt, deren fortschreitende Differenzierung diesen Prozeß im Laufe<br />
des zo.Jahrhundert stetig vorantrieb. Im Schutze der Militärs, die sich das Gewaltmonopol<br />
insbesondere mit den paschtunischen Stämmen teilen mußten, konnte ein staatlicher Verwaltungsapparat<br />
etabliert werden, der einen Prozeß stimulierte, in dem die traditionelle<br />
Ordnung der Haza:a wenn auch nicht völlig, so doch gravierend verändert worden ist.<br />
Die Entwicklungsabfolge von einer den Gewalt- und Wirtschaftsfaktor mobiler Nomadeneinheiten<br />
unterstützenden rudimentären Staatsverwaltung hin zu einer funktional als<br />
auch räumlich differenzierten Staatsmacht, die die Entwicklung srationärer Bazar-Märkte<br />
und damit eines kontrollierbaren nationalen Marktes protegierte, bildete das strukturelle<br />
Rückgrad dieses Wandels.<br />
Am Anfang stand eine regelrechte Invasion von paschtunischen Nomaden, denen die<br />
Staatsmacht, als Lohn frir ihre im Bürgerkrieg gegen die Hezira erbrachten militärischen<br />
Dienste, 'Weiderechte im Siedlungsgebiet der Llnterworfenen eingeräumt hatte. Wie gewaltig<br />
der durch diese staatlichen Freibriefe ausgelöste Druck auf diese Region war läßt<br />
sich daraus ersehen, daß es König Amanullah zwei bis dreiJahrzehnte später fiir notwendig<br />
befand, die Weide-Rechtstitel so umzudefinieren, daß auch der örtlichen Hazära-Bevölkerung<br />
wieder weiderechte eingeräumt wurden (Davydov ry66:4r). wenngleich auch<br />
im vorigenJahrhundert fernwandernde Nomaden ins zentrale Hochland gezogen waren,<br />
so konnte dies dazumals nur in Ab- und Übereinstimmung mit den Hazära-Potentaten<br />
erfolgen, die die Macht besaßen, das Ausmaß auf die eigenen Weidebedürfnisse und die<br />
wirtschaftlichen Austauschinteressen zu beschränken. Auch die Routen des internationalen<br />
Karawanen-Handelssystems führten damals nicht durchs kriegerische Hazere|at, sondern<br />
streiften lediglich seine Ausläufer. Angesichts dieser Voraussetzungen eröffnete sich den<br />
Paschtu-Nomaden mit den neuen Weiderechten zugleich auch ein ,jungfräulicher Mark",<br />
der ihre latenten Handelstendenzen stimulierte:,Jedermann, der irgendwie konnte, d.h.<br />
insbesondere wer verfügbares Kapital hatte, widmete sich Handelsaktivitäten und für<br />
einige der Stämme entwickelten sich diese in einem solchen Ausmaß, daß die Viehzucht<br />
für sie allmählich ihre Bedeutung verlor." (Ferdinand 1969: r38). Diese Entwicklung legte<br />
den Grundstein für einschneidende Veränderungen im 'Wirtschaftsleben des Hazärafats.<br />
Zum einen beeinträchtigten die immensen Viehherden, die neuerdings auf die Hochweiden<br />
der Ha;zära geftihrt wurden, deren viehwirtschaftliches Potential als auch das eingespiehe<br />
ökologische Gleichgewicht. Zttm anderen induzierten sie mit ihrer Tätigkeit als marktorientierte<br />
Produzenten und Händler (Glatzer und Casimir 1983: 3o8) den nationalen<br />
Markt bis in die entferntesten Winkel der Hochweiden. Ihre Tausch- und Handelsaktivitäten<br />
erfolgten zum einen in Form von großangelegten Handelsexpeditionen. Deren<br />
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