Fakten zur Herstellung
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<strong>Fakten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Herstellung</strong><br />
Porzellan<br />
Keramik<br />
Glas<br />
Besteck
Inhalt<br />
Vorwort<br />
3<br />
Marken<br />
4<br />
Porzellan<br />
5<br />
Keramik<br />
16<br />
Glas<br />
18<br />
Besteck<br />
26<br />
Literaturnachweis<br />
32
Porzellan, Keramik,<br />
Glas, Besteck<br />
Gefäße für Lebenswichtiges –<br />
für unsere Speisen und Getränke<br />
und Werkzeuge für eine der angenehmsten<br />
Tätigkeiten – das Essen.<br />
Die Kulte, Zeremonien, Sitten und<br />
Gebräuche, die in enger Beziehung<br />
zum Essen stehen, sind so alt wie<br />
die Menschheit.<br />
Dem jeweiligen Lebensraum und<br />
der jeweiligen Kulturstufe sich<br />
anpassend, änderte sich jedoch<br />
die Art zu essen und zu trinken<br />
bei den einzelnen Völkern im Laufe<br />
der Jahrhunderte ganz erheblich.<br />
Die ersten Geräte und Gefäße<br />
fanden die Menschen in der Natur.<br />
So waren z. B. die ersten Messer<br />
aus abgespaltenem Obsidian oder<br />
Kalkstein.<br />
Die ersten Schalen waren ausgehöhlte<br />
Steine und mit Ton verdichtete<br />
Körbe.<br />
Früh machten die Menschen die<br />
Erfahrung, daß Ton durch Brennen<br />
hart wird und sich dadurch das<br />
Gerippe aus Weiden oder Binsen<br />
erübrigt.<br />
Die Töpferkunst konnte sich entwickeln,<br />
denn Rohstoffe dazu gab<br />
es fast überall.<br />
In China fand man noch einen<br />
zweiten ähnlichen Rohstoff, den<br />
man besonders dünnwandig ausformen<br />
konnte, und der nach dem<br />
Brand einen hellen Scherben ergab:<br />
Porzellanerde.<br />
Nur an einem Ort auf der Erde<br />
kommt das richtige Mischungsverhältnis<br />
der Porzellanrohstoffe<br />
in der Natur vor.<br />
So begünstigt, konnte sich in China<br />
früh eine hohe Stufe der Porzellanherstellung<br />
entwickeln.<br />
Als die Menschen Metalle schmelzen<br />
und verarbeiten konnten,<br />
schufen sie wohl als erstes dolchähnliche<br />
Waffen daraus zum Erlegen<br />
der Tiere. Die Verwendung als<br />
Messer beim Essen lag nahe.<br />
Bei der <strong>Herstellung</strong> der Waffen<br />
und Schmuckstücke aus Bronze<br />
bildeten sich dort, wo der Sand für<br />
die Gußform mit der Asche der<br />
Holzfeuerung unter hohen Temperaturen<br />
zusammengetroffen war,<br />
farbig leuchtende, glänzende, harte<br />
Perlen: das erste Glas.<br />
Ein Abfallprodukt?<br />
Ein Zufall?<br />
Lange Zeit nur Schmuck, lernten<br />
die Menschen es immer vielseitiger<br />
zu verwenden.<br />
Einen langen Weg der Entwicklung<br />
hat die Verarbeitung all dieser traditionsreichen<br />
Materialien <strong>zur</strong>ückgelegt,<br />
bis zu den hochwertigen<br />
Produkten von heute.<br />
Überarbeitete Auflage 1999<br />
3
Gründung der<br />
Firma Rosenthal<br />
Rosenthal<br />
Studio-Line<br />
Rosenthal Classic<br />
Thomas<br />
Schloß Erkersreuth bei Selb<br />
1879 legte Philipp Rosenthal sen.<br />
mit einem Porzellanmaler in einem<br />
Landschlößchen nahe bei Selb<br />
den Grundstein zu einer Firma, die<br />
als Rosenthal AG bereits 50 Jahre<br />
später einer der bekanntesten<br />
Porzellanhersteller der Welt war.<br />
Er begann, indem er Weißporzellan<br />
anderer Firmen bemalte und<br />
weiterverkaufte. Als die Porzellanhersteller<br />
ihm keine Weißware mehr<br />
verkaufen wollten, gründete er die<br />
AG und stellte das erste Rosenthal<br />
Porzellan her.<br />
Die Rosenthal Studio-Line, eine<br />
Marke?<br />
Eine Idee, die weltweit für das<br />
Originale unserer Zeit steht, für<br />
Porzellan, Glas und Besteck mit<br />
internationaler Prägung.<br />
Mit der Studio-Line präsentiert<br />
Rosenthal eine Kollektion vielfältigster<br />
gestalterischer Temperamente –<br />
ohne dabei aber einen bestimmten<br />
Stil, eine formale Richtlinie festzuschreiben.<br />
Dafür garantieren schon die oft gegensätzlichen<br />
Charaktere der vielen<br />
Künstler und Designer aus aller<br />
Welt, die mit ihrer persönlichen gestalterischen<br />
»Handschrift« einen<br />
jeweils eigenen, unabhängigen<br />
Beitrag zu dieser Idee leisten. Die<br />
inhaltliche Klammer ist das einheitlich<br />
hohe Niveau, das Bewußtsein,<br />
nur authentische Zeugnisse zeitgenössischer<br />
Kultur zu schaffen.<br />
Nur was diesem Anspruch gerecht<br />
wird, findet Eingang in die Kollektion<br />
der Rosenthal Studio-Line und damit<br />
in die Rosenthal Studio-Häuser<br />
und Rosenthal Studio-Abteilungen<br />
des gehobenen Fachhandels.<br />
Hier tritt die »Idee Rosenthal« an<br />
den Kunden heran. Zunächst über<br />
das Rosenthal Schaufenster, das<br />
ständig wechselnde Themen neu<br />
inszeniert – und dann vor allem<br />
über die Rosenthal Fachverkäuferinnen,<br />
dem wichtigsten Glied in der<br />
Kommunikationskette eines kulturell<br />
engagierten Unternehmens wie<br />
Rosenthal.<br />
Rosenthal Classic, das ist die Kollektion,<br />
durch die die Tradition des<br />
Hauses Rosenthal zum Ausdruck<br />
gebracht, gepflegt und weitergetragen<br />
wird.<br />
Langlebige Serviceformen und Geschenkartikel<br />
aus dem 19. Jahrhundert,<br />
der Gründerzeit des Unternehmens,<br />
finden hier ebenso ihren<br />
Rahmen wie die neuen Kreationen<br />
von klassisch-moderner und traditionell-eleganter<br />
Anmutung.<br />
Wie vor hundert Jahren wird jedes<br />
Teil sorgfältig gefertigt, die Dekore<br />
von Hand aufgelegt oder geätzt und<br />
die Staffagen handgemalt.<br />
Die Service, die ergänzenden Kelchglasgarnituren<br />
und die Geschenkartikel<br />
der Rosenthal Classic spiegeln<br />
das hohe Niveau einer anspruchsvollen<br />
Tischkultur wider.<br />
Thomas – für jeden Tag, aber nicht<br />
alltäglich.<br />
Thomas hat sich voll auf den Zeitgeist<br />
eingestellt, arbeitet zielgruppenorientiert.<br />
Thomas, immer jung, spürt Trends<br />
des internationalen Lifestyle auf,<br />
setzt trendgerechte, markenspezifische<br />
Designakzente und steht für<br />
Alltagskultur und Alltagsästhetik.<br />
Thomas besitzt Kompetenz für schönes<br />
und gleichzeitig funktionales<br />
Geschirr in <strong>zur</strong>ückhaltender Schlichtheit,<br />
gepflegter Bescheidenheit und<br />
ist unkompliziert in Anwendung und<br />
Gebrauch.<br />
Das umfangreiche Sortiment ist in<br />
sieben klar definierte Bausteine<br />
gegliedert. Für die Produktwelten<br />
Home + Kitchen, Design, Colours,<br />
Ambiente, Kids, Glass und Gifts<br />
werden Produkte gezielt entwickelt<br />
und vermarktet. Dies ermöglicht die<br />
Durchsetzung von zielgruppengerechten<br />
Verkaufskonzepten.<br />
Zentrale Bedeutung nimmt der<br />
Baustein Home + Kitchen mit der<br />
Form Trend ein, dem meistverkauften<br />
Programmgeschirr der Welt.<br />
4
Porzellan<br />
Das älteste bis heute entdeckte Porzellan<br />
wurde bei Ausgrabungen in<br />
China in der Provinz Honan gefunden.<br />
Die Archäologen datieren seine<br />
Entstehung in das 16. bis 17. Jh. vor<br />
unserer Zeitrechnung.<br />
Es handelt sich dabei um ein Weingefäß<br />
mit gelber Glasur überzogen<br />
und mit einem feinen Reliefband verziert.<br />
Dieses Gefäß zeigt, daß die<br />
Chinesen schon vor über 3000 Jahren<br />
dünnwandiges Porzellan formen<br />
und brennen konnten.<br />
Seine erste große Blüte erlebte das<br />
Porzellan während der Sung-Zeit<br />
1000 bis 1250 n. Chr.<br />
Zur Zeit der Kreuzzüge wurde es<br />
über die Seidenstraße und den Vorderen<br />
Orient nach Europa gebracht.<br />
Als um 1300 der Weltreisende<br />
Marco Polo aus China in seine Heimat<br />
Venedig <strong>zur</strong>ückkehrte, berichtete<br />
er von den Wundern des fernen<br />
Ostens, nannte die herrlichen Keramikerzeugnisse<br />
Chinas »Porcella«,<br />
was Muschel bedeutet, und gab<br />
damit dem Porzellan seinen Namen.<br />
Seit dem Ende des 15. Jh. rüsteten<br />
die Seefahrer ihre Schiffe zu Weltumseglungen,<br />
und bald brachten<br />
Portugiesen, und nach ihnen die<br />
Holländer und Engländer, ganze<br />
Schiffsladungen voll reich bemaltem<br />
chinesischen Porzellan nach Europa.Porzellan<br />
war etwas Fürstliches,<br />
und die Fürsten in ganz Europa<br />
waren besessen von der Idee, diese<br />
Kostbarkeiten zu besitzen. Einige<br />
unter ihnen beschäftigten Alchimisten<br />
und Chemiker, damit diese<br />
das Geheimnis des »Weißen Goldes«<br />
lüften sollten.<br />
In Dresden gelang es 1709 dem<br />
Alchimisten Böttger in Zusammenarbeit<br />
mit dem Chemiker Tschirnhaus<br />
nach vielen Versuchen, die richtige<br />
Zusammensetzung für Hartporzellan<br />
zu finden: Kaolin, Feldspat<br />
und Quarz.<br />
Es nützte seinem König August dem<br />
Starken von Sachsen wenig, daß er<br />
Böttger und dessen Mitarbeiter auf<br />
die Burg von Meißen bringen ließ.<br />
Trotz strenger Bewachung ließ sich<br />
das Geheimnis in den Mauern der<br />
Albrechts-Burg nicht einschließen,<br />
und gegen Ende des 18. Jh. gab es<br />
allein in Deutschland acht bedeutende<br />
Manufakturen, darunter Nymphenburg,<br />
Berlin, Fürstenberg und<br />
Frankenthal.<br />
Aufwendige Service waren beim<br />
Adel in Mode gekommen, vor allem<br />
Tassen aus Porzellan, denn in ihnen<br />
konnte sich das flüchtige Aroma der<br />
neuen Modegetränke Kaffee, Tee und<br />
Schokolade voll entfalten.<br />
Gegen Ende des 18. Jh., in den politischen<br />
Wirren, verarmten die fürstlichen<br />
Manufakturen.<br />
Die technischen Erfindungen des<br />
19. Jh. ließen das Bürgertum zu<br />
mehr Ansehen und Geld gelangen.<br />
Staatliche Manufakturen gingen<br />
an private Besitzer über, neue Porzellanfabriken<br />
wurden gegründet.<br />
Porzellan wurde für breitere Schichten<br />
ein Gebrauchsgegenstand des<br />
täglichen Lebens.<br />
Gleichzeitig begann man hier, wie<br />
auf vielen anderen Gebieten, Formen<br />
und Dekore vergangener Zeiten<br />
nachzuempfinden.<br />
Feine Handarbeit ist über 3000 Jahre<br />
bis heute unentbehrlich geblieben<br />
bei der <strong>Herstellung</strong> hochwertiger<br />
Porzellane.<br />
Das Anfertigen der ersten Modelle,<br />
das Angarnieren, das Dekorieren und<br />
vieles andere kann nicht maschinell<br />
gemacht werden, ohne daß die Qualität<br />
und der Formenreichtum darunter<br />
leiden würden.<br />
5
Die Arbeit<br />
der Entwerfer<br />
Die Arbeit der<br />
Modelleure<br />
Kunstharz-Formen<br />
Gips-Arbeitsformen<br />
Rohstoff-<br />
Aufbereitung<br />
Rosenthal Creative Center –<br />
Zentrum der Rosenthal Produktentwicklung<br />
Aus einem Gipszylinder wird eine Vase gedreht<br />
Links die Kunstharzform,<br />
rechts die davon abgegossene Arbeitsform<br />
Rohstoffeinfüllung in eine Trommelmühle<br />
Die meisten Künstler und Entwerfer<br />
kommen von weither nach Selb. In<br />
einer von der Fabrikation unabhängigen<br />
Entwicklungsabteilung, dem<br />
Creative Center, arbeiten sie bei<br />
der Realisierung ihrer Entwürfe und<br />
Ideen mit, vom ersten Modell bis<br />
zum fertig dekorierten Service oder<br />
bis zu den letzten, ausgereiften Formen<br />
einer neuen Glasserie.<br />
Die Abteilung Produktentwicklung,<br />
der dazu alle notwendigen Werkstätten<br />
<strong>zur</strong> Verfügung stehen, arbeitet für<br />
die Marken Rosenthal Studio-Line,<br />
Rosenthal Classic und Thomas.<br />
Modelleure, Meister ihres Fachs,<br />
fertigen in oft jahrelanger Auseinandersetzung<br />
mit dem Werkstoff und in<br />
Zusammenarbeit mit den Entwerfern<br />
nach deren Entwürfen in handwerklicher<br />
Arbeit Modelle aus Gips an,<br />
weil Gips sich universell verarbeiten<br />
läßt.<br />
Runde Körper werden aus massiven<br />
Gipszylindern auf der Drehscheibe<br />
gedreht, Reliefs in die fertigen Modelle<br />
eingraviert. Henkel und Schnaupen<br />
werden aus Gipsblöcken herausgeschnitzt.<br />
Da Porzellan im Brand um ca. 15%<br />
kleiner wird und in glühendem,<br />
weichen Zustand durch sein Eigengewicht<br />
etwas nach unten absinkt,<br />
müssen die Gipsmodelle entsprechend<br />
größer angefertigt werden<br />
und bauchige Formen, Henkel und<br />
Schnaupen müssen steiler, gerader<br />
geformt sein. Letzteres läßt sich<br />
nicht berechnen. Es setzt Erfahrung<br />
und Einfühlungsvermögen voraus.<br />
Nach den ersten, sehr empfindlichen<br />
Gipsmodellen werden Formen aus<br />
haltbarem Kunstharz oder Silikon<br />
angefertigt. Von diesen positiven<br />
Kunstharzmodellen werden viele<br />
negative Arbeitsformen abgegossen,<br />
die wiederum aus Gips sein müssen,<br />
denn Gips ist porös und saugt, wenn<br />
er mit Porzellanmasse in Berührung<br />
kommt, das Wasser der Masse auf.<br />
Eine solche Gipsarbeitsform kann<br />
etwa 70mal, wenn sie ein Relief hat,<br />
nur ca. 35mal benutzt werden, da<br />
die Reliefs unscharf werden. Reliefs<br />
auf Servicen und Geschenkartikeln<br />
fallen aus diesem Grund immer unterschiedlich<br />
scharf aus.<br />
In Strängen, die<br />
keine Lufteinschlüsse<br />
mehr enthalten,<br />
kommt die Masse aus<br />
der Vakuumpresse<br />
Die wesentlichsten Bestandteile der<br />
Porzellanmasse des Hartporzellans<br />
sind: 50% Kaolin, 25% Feldspat<br />
und 25% Quarz. Diese Rohstoffe<br />
werden in großen Trommelmühlen<br />
und unter Zusatz von Wasser und<br />
Mahlkugeln fein gemahlen und gemischt.<br />
Anschließend läuft die flüssige<br />
Masse über ein Magnetband, das<br />
alle Eisenteilchen <strong>zur</strong>ückhält, denn<br />
diese würden auf dem fertig gebrannten<br />
Stück als braune Flecken<br />
sichtbar. Ein sehr feinmaschiges<br />
Schüttelsieb hält alle Verunreinigungen<br />
<strong>zur</strong>ück.<br />
Eine hydraulische Filterpresse<br />
entzieht der Masse den größten<br />
Teil des Wassers und eine Vakuum-<br />
Presse die Luft. Erst jetzt ist die<br />
Masse formbar.<br />
6
Drehen<br />
Isostatisches<br />
Pressen<br />
Eine Tasse wird eingeformt Geöffnete Form der Isostatischen Tellerpresse Der aus Porzellangranulat geformte Teller wird von<br />
einem elastischen Band aufgefangen<br />
Die Masse wird in entsprechend<br />
großen Portionen in die Gipsarbeitsformen<br />
der Tassen gelegt, die in eine<br />
Maschine, die sog. Bechertaktstraße,<br />
eingesetzt sind. Eine Metallschablone<br />
senkt sich und formt drehend die<br />
Innenseite der Tasse. Die Tasse wird<br />
»eingeformt«.<br />
Nachdem das rohe Stück getrocknet<br />
ist, löst es sich von der Gipsform ab<br />
und läßt sich herausnehmen. Die<br />
rauhen Ränder werden mit nassen<br />
Schwämmen bearbeitet, bis sie gut<br />
gerundet, glatt und gleichmäßig sind.<br />
Die Tassenhenkel werden separat<br />
gegossen. Sorgfältig werden die<br />
Gießgrate von Hand entfernt, bevor<br />
die Henkel an die Tassenbecher<br />
angarniert werden.<br />
Tassenhenkel auf Tablett<br />
Ein weiteres Verfahren ist das Isostatische<br />
Trocken-Pressen von Tellern.<br />
Dazu wird eine Porzellanmasse<br />
verwendet, die aus winzig kleinen,<br />
getrockneten Kügelchen besteht<br />
(sprühgetrocknet).<br />
Dieses Granulat wird in die Preßform<br />
eingefüllt und unter hohem Druck<br />
verdichtet. Der dafür notwendige<br />
Preßdruck beträgt etwa 300 kg/cm 2 .<br />
Die für das Pressen notwendigen<br />
Werkzeuge sind zweigeteilt, in Oberstempel<br />
und Unterstempel. Der<br />
Oberstempel formt in der Regel die<br />
Artikeloberseite und ist starr. Der<br />
Unterstempel formt die Artikelrückseite<br />
und ist <strong>zur</strong> isostatischen Ausformung<br />
der Artikel mit einer elastischen<br />
Membrane versehen. Durch<br />
Aufeinanderfahren von Ober- und<br />
Unterstempel entsteht ein allseits<br />
geschlossener Füllraum, in den<br />
durch eine verschließbare Öffnung<br />
mit Hilfe von Druckluft, Granulat<br />
geblasen wird. Durch Druck von ca.<br />
300 bar wird der Artikel ausgeformt<br />
und überall gleichmäßig verdichtet,<br />
was für die weitere Bearbeitung wie<br />
Putzen und Brennen von außerordentlicher<br />
Bedeutung ist. Die Artikel<br />
müssen nur am Rand (Preßgrat)<br />
verputzt werden. Dann schließt sich<br />
der normale Fertigungsablauf an.<br />
Das Pressen ist ein rationelleres Verfahren.<br />
Es bietet neben einer Reihe<br />
von Vorteilen auch eine Qualitätsverbesserung:<br />
Die Teller und Platten<br />
sind gleichmäßiger.<br />
7
Gießen<br />
Druckguß<br />
Glühbrand<br />
Einfüllen der flüssigen Porzellanmasse<br />
in die Gipsform<br />
Öffnen der Gipsform<br />
Geöffnete Form für Druckgußverfahren<br />
Brenntischofen<br />
Alle übrigen Porzellanteile, z.B.<br />
Kannen, Henkel, Schnaupen, Dosen,<br />
ovale Platten und Figurenteile, werden<br />
in Gipsformen gegossen. Dazu<br />
verwendet man eine Porzellanmasse,<br />
die durch Zusatz von wenig Wasser<br />
und anderen Verflüssigungsmitteln<br />
gießfähig gemacht wurde. Die zweioder<br />
mehrteiligen Formen saugen,<br />
wenn sie mit flüssiger Masse, dem<br />
Schlicker gefüllt sind, das Wasser an,<br />
so daß an der Gipswand eine gleichmäßige,<br />
feste Masseschicht, »der<br />
Scherben« entsteht.Die restliche,noch<br />
flüssige Porzellanmasse, wird wieder<br />
aus den Formen herausgegossen.<br />
Ausgießen der überschüssigen Masse (Gießen)<br />
Henkel, Schnaupen, Tassenfüße,<br />
Deckelknöpfe werden, wenn gesondert<br />
gefertigt, mit halbflüssiger Porzellanmasse,<br />
dem Garnierschlicker,<br />
von Hand an den eigentlichen<br />
Körper »angarniert«.<br />
Porzellanfiguren sind ebenfalls aus<br />
vielen, einzeln gegossenen Teilen<br />
von Hand zusammengesetzt.<br />
Die Gießnähte, die alle gegossenen<br />
Stücke dort aufweisen, wo die Gipsformen<br />
zusammengesetzt sind, werden<br />
mit Klingen und Schwämmen<br />
von Hand geglättet.<br />
Automatisches Einfüllen der Porzellanmasse<br />
an der Gießanlage<br />
Bei diesem Gießverfahren <strong>zur</strong><br />
<strong>Herstellung</strong> von eckigen und ovalen<br />
Platten wird der flüssige Porzellanschlicker<br />
in eine zweigeteilte, poröse<br />
Kunststoff-Form gepumpt und unter<br />
Druck gesetzt. Dadurch entweicht<br />
das Wasser durch die offenen Porenkanäle<br />
der Kunststoff-Form, während<br />
der <strong>zur</strong>ückgehaltene Feststoff,<br />
die eigentliche Porzellanmasse, in<br />
der Form <strong>zur</strong>ückbleibt und den gewünschten<br />
Artikel bildet.<br />
Danach wird die Form automatisch<br />
geöffnet, und der Artikel kann mit<br />
einem Saugheber herausgenommen<br />
werden.<br />
Nachdem das noch rohe Porzellan<br />
vorgetrocknet und bei ca. 1000˚C<br />
zum ersten Mal gebrannt, verglüht<br />
ist, ist es nicht mehr wasserlöslich,<br />
aber noch porös und wasseraufnahmefähig.<br />
Die neueste Entwicklung auf dem<br />
Gebiet der Brenntechnik sowohl<br />
für den Glühbrand als auch für den<br />
nachfolgenden Glattbrand ist der<br />
sogenannte Brenntisch. Bei dieser<br />
jüngsten Schnellbrandofengeneration<br />
wird das Porzellan auf Brenntischen<br />
aus nicht brennbarem Siliziumkarbid<br />
durch das offene Feuer<br />
gefahren. Kapsel und Stapelaufbau<br />
entfallen.<br />
Die Feuerführung wird besser genutzt<br />
und die Brennzeit auf 4,5 Stunden<br />
reduziert, was den Energieverbrauch<br />
von Erdgas ganz erheblich<br />
senkt.<br />
(Im alten Tunnelofen dauerte die<br />
Brennzeit 36 – 40 Std.)<br />
8
Glasieren<br />
Glattbrand<br />
Bomsen<br />
Maschinelles Eintauchen von Tellern in das Glasurbad<br />
unter gleichmäßigem Drehen<br />
Durch das Drehen ist die Glasur so gleichmäßig<br />
wie eine Handglasur<br />
Links die noch ungebrannte Kanne, rechts zum<br />
Vergleich die gebrannte Kanne vor der Gipsarbeitsform<br />
Während der Brände stützen »Bomsen«<br />
das Porzellan, damit es sich nicht deformiert<br />
Das verglühte Porzellan wird mit der<br />
Firmenmarke gestempelt und glasiert.<br />
Von Standringen und Tassenrändern<br />
wird die Glasur sofort wieder<br />
mit nassen Schwämmen entfernt, damit<br />
das Porzellan während des zweiten<br />
Brandes nicht festklebt.<br />
Die Glasur selbst besteht aus Quarz,<br />
Feldspat, wenig Kaolin und einem<br />
hohen Anteil verschiedener Flußmittel.<br />
Im Glattbrand schmilzt sie bevor<br />
der Scherben »dicht« wird. Dadurch<br />
entsteht eine sehr innige Verbindung<br />
von Porzellanscherben und Glasur.<br />
Die sehr quarzhaltige und dadurch<br />
nach dem Brand besonders harte<br />
Glasur wird duch Eintauchen in das<br />
Glasurbad von Hand oder maschinell<br />
auf das Porzellan gebracht.<br />
Bei besonders empfindlichen Stücken<br />
(z.B. »Zauberflöte« und Limitierte<br />
Kunst) wird die Glasur in einem speziellen<br />
Spritzverfahren aufgetragen.<br />
Im Glatt- oder Scharffeuer-Brand<br />
bei einer Temperatur bis ca. 1400˚C<br />
wird die Masse kleiner und wasserdicht.<br />
Sie sintert zu einem harten, feinen,<br />
durchscheinenden, neuen Werkstoff,<br />
dem Porzellan zusammen.<br />
Dabei macht sie eine chemische<br />
Veränderung und eine Formveränderung<br />
durch, die bei jedem Stück<br />
unterschiedlich verläuft. Nach diesem<br />
Glattbrand ist das Porzellan<br />
15% kleiner als bei der Ausformung.<br />
Es ist nicht möglich, zwei völlig<br />
gleiche Porzellanstücke zu brennen.<br />
Auch der Glattbrand erfolgt heute<br />
in einem Brenntischofen.<br />
Um während der Brände Verformungen<br />
des weichen, weißglühenden<br />
Porzellans möglichst gering zu<br />
halten, werden viele Stücke auf Bomsen<br />
gebrannt. Bomsen sind Stützen,<br />
die aus der gleichen Porzellanmasse<br />
bestehen müssen, damit sie den<br />
Schwindungsprozeß während der<br />
Brände mitmachen können. Ist ein<br />
Porzellanstück fertig gebrannt, ist<br />
die Bomse nicht mehr verwendbar.<br />
Durch Schwenken und Drehen<br />
muß die Glasur gleichmäßig<br />
auf dem Teller verteilt werden<br />
9
Hartporzellan<br />
Porcelaine noire<br />
Schleifen<br />
Sortierung<br />
Transparenz ist ein Hauptmerkmal guten<br />
Porzellans<br />
»Gropius-Service« in Porcelaine noire<br />
Die Mundränder der Tassen werden geschliffen<br />
und poliert<br />
Gute Augen und viel Erfahrung gehören dazu,<br />
um fehlerhafte Stücke auszusortieren<br />
Nach den beiden Bränden ist durch<br />
die Einwirkung der enorm hohen<br />
Temperaturen das Porzellan trotz<br />
größter Feinheit hart, schlagsicher<br />
und transparent geworden.<br />
Hartporzellan besitzt die höchste<br />
Kratzfestigkeit gegen Messerstahl<br />
und ist unempfindlich gegen Säuren,<br />
ausgenommen Flußsäure. Es ist<br />
witterungsbeständig und verändert<br />
sich nach dem letzten Brand nicht<br />
mehr, ganz gleich wie alt es wird.<br />
Es ist für den Mikrowellenherd<br />
geeignet. Ausnahmen sind Dekorationen<br />
mit Edelmetallen (Gold,<br />
Platin).<br />
Schwarzes Porzellan ist sowohl in<br />
der Masse als auch in der Glasur<br />
durch Metalloxide gefärbt.<br />
Ein so kostbares Porzellan wie Porcelaine<br />
noire gibt man nicht in die<br />
Spülmaschine. Man wäscht es mit<br />
der Hand, am besten mit warmem<br />
Wasser, und trocknet es sofort mit<br />
einem weichen Tuch ab. Man sollte<br />
vermeiden, Speisen mit Zitronenoder<br />
Essigsäure für längere Zeit<br />
mit dem Geschirr in Verbindung zu<br />
bringen. Es besteht sonst die Gefahr<br />
der Fleckenbildung.<br />
Schwarzes Porzellan ist für die<br />
Mikrowelle nicht geeignet.<br />
Die unglasierten Standringe und<br />
Auflageflächen des Porzellans sind<br />
auch nach dem zweiten Brand noch<br />
rauh.<br />
Durch mehrfaches Schleifen und<br />
Polieren werden sie so bearbeitet,<br />
daß sie glatt, angenehm und<br />
schmutzabweisend werden.<br />
Das undekorierte Porzellan, auch<br />
fertige Weißware genannt, wird von<br />
fachkundigen Frauen sorgfältig sortiert.<br />
Die typischen Materialeigenschaften<br />
und der keramische Fertigungsprozeß,<br />
besonders der Brennprozeß<br />
führen grundsätzlich zu Toleranzen<br />
und geringfügigen Abweichungen<br />
zwischen den einzelnen Stücken. Die<br />
Sortierarbeit trennt peinlich genau<br />
nach Graden solcher Abweichungen<br />
und scheidet Stücke mit Fehlern aus.<br />
Die weiße, manchmal leicht bläuliche<br />
Farbe des Porzellans entsteht<br />
durch den Reduktionsbrand, d.h.:<br />
es wird unter Sauerstoffmangel<br />
gebrannt.<br />
10
Dekore Dekorfolie Handmalerei Fond-Dekore<br />
Seit ältesten Zeiten haben die Menschen<br />
Freude daran, ihr Gebrauchsgerät<br />
zu schmücken.<br />
Dekore auf Porzellan beleben das<br />
Weiß des Materials durch ihre Farben.<br />
Dekore heben die Neutralität einer<br />
schlicht weißen Form auf.<br />
Ein Service oder eine Vase können<br />
durch einen reichen Golddekor festlich<br />
und repräsentativ wirken. Das<br />
gleiche Service, die gleiche Vase mit<br />
einem farbenfrohen Blumendekor<br />
wirken freundlich und heiter.<br />
Ein Dekor kann also ein Stimmungsfaktor<br />
sein und dadurch ein Service<br />
einem bestimmten Zweck zuführen.<br />
Außerdem werden durch verschiedene<br />
Dekore unterschiedliche Käuferschichten<br />
angesprochen.<br />
Darum läßt die Abteilung Produktentwicklung<br />
eine Vielzahl von Dekoren<br />
von namhaften Künstlern entwerfen,<br />
um daraus nach strengen<br />
Gesichtspunkten die besten auszuwählen.<br />
Präzisionsarbeit beim Auflegen der Dekorfolie auf<br />
das Porzellan<br />
Die häufigste Technik, Porzellan zu<br />
dekorieren, ist das Auflegen einer<br />
hauchdünnen, nassen Farbfolie.<br />
Dieses Auflegen erfordert große<br />
Genauigkeit, Geduld, eine sichere<br />
Hand und gute Augen. Die Ausdrücke<br />
Schiebedruck und Abziehbild<br />
vermitteln eine völlig falsche<br />
Vorstellung von dieser Arbeit.<br />
Die Dekorfolien selbst werden hauptsächlich<br />
im Siebdruckverfahren hergestellt.<br />
Heute werden sie nicht mehr<br />
nur für die Dekoration von Servicen<br />
verwendet, sondern auch für kostbare,<br />
limitierte Serien, die in Handmalerei<br />
nicht auszuführen sind,<br />
ohne dabei den Originalentwurf<br />
des Künstlers mehr oder weniger<br />
zu verfälschen. Ein Porzellanmaler<br />
kann den Entwurf eines Künstlers<br />
nicht einfach kopieren, indem er<br />
ihn abmalt. Solche Künstlerentwürfe<br />
kann man erst auf Porzellan übertragen,<br />
seit es durch neue, aufwendige<br />
Drucktechniken möglich ist,<br />
sie originalgetreu in keramischen Farben<br />
wiederzugeben.<br />
Golddekore werden sorgfältig von Hand gemalt<br />
Handgemalt sind Lüsterdekore,<br />
Gold- und Platinbänder, Goldätzdekore<br />
und vergoldete Reliefs.<br />
Nachdem eine erste Goldschicht<br />
aufgemalt und aufgebrannt ist, wird<br />
eine zweite Goldschicht aufgetragen,<br />
die nach einem zweiten Goldbrand<br />
mit Glashaarbürsten auf Hochglanz<br />
poliert wird. Nach diesem letzten<br />
Brand enthält eine handgemalte<br />
Goldauflage bis 95% reines Gold<br />
(22 Karat).<br />
Handgemalt sind auch alle Figuren.<br />
Dabei wird entweder auf der Glasur<br />
gemalt oder auf dem verglühten<br />
Scherben, der anschließend glasiert<br />
und glattgebrannt wird.<br />
Gleichmäßig wird der Farbfond aufgespritzt<br />
Sollen größere Flächen eines Porzellanstücks<br />
mit einer Farbe bedeckt<br />
sein, so wird dieser Farbfond mit<br />
einer Spritzpistole gleichmäßig auf<br />
das Porzellan aufgespritzt.<br />
Dabei werden alle diejenigen Flächen,<br />
die weiß bleiben sollen, zuvor<br />
mit Lack isoliert, der nach dem<br />
Spritzen wieder entfernt werden<br />
muß. Nach dem Abziehen der Lackschicht<br />
und vor dem Brennen werden<br />
die weißen Flächen des Porzellans<br />
sorgfältig geputzt. Kleinste Farbrückstände<br />
würden nach dem Brand als<br />
Flecken sichtbar werden.<br />
11
Dekor-Druck<br />
Ätzgolddekore Kombination matt –<br />
glänzend<br />
Überprüfung der Dekorbögen nach dem letzten<br />
Druckvorgang<br />
Dank neuer technischer Möglichkeiten<br />
ist die allgemein vorherrschende<br />
Meinung, daß nur Handmalerei<br />
besonders wertvoll sei, überholt.<br />
Heute wird der Entwurf eines<br />
Künstlers in einen Zeichencomputer<br />
eingespeist und in sehr aufwendiger<br />
Arbeit für die jeweilige Porzellanform,<br />
bzw. die einzelnen Serviceteile<br />
so umgearbeitet, daß er später auf<br />
eine dreidimensionale Form übertragen<br />
werden kann. Dabei bleibt<br />
der Charakter der Künstlerhandschrift<br />
voll erhalten. Anschließend<br />
werden die so ausgearbeiteten Dekore<br />
auf Papier ausgedruckt, das zuvor<br />
mit einer Leimschicht überzogen<br />
wurde, damit die Farben sich leichter<br />
vom Papier auf Porzellan übertragen<br />
lassen.<br />
Die Farben selbst werden im Siebdruckverfahren<br />
auf das Papier<br />
gebracht. Dazu werden sehr feinmaschige<br />
Stahlsiebe verwendet, die<br />
die Farbe nur an den gewünschten<br />
Stellen durchlassen. Jeder Farbton<br />
wird einzeln gedruckt, d.h. daß für<br />
jede Farbe auch ein entsprechendes<br />
Sieb hergestellt werden muß.<br />
Beim Druckvorgang selbst werden<br />
die einzelnen Farbtöne nacheinander<br />
und paßgenau nebeneinander<br />
gedruckt. Beim Siebdruckverfahren<br />
können die Farben verhältnismäßig<br />
stark aufgetragen werden. Das<br />
ermöglicht auf dem Porzellan die<br />
satte Leuchtkraft der Farben nach<br />
dem Brand.<br />
Ist der Druckbogen fertig, wird<br />
er noch mit einer Lackschicht überzogen.<br />
Zum Dekorieren des Porzellans<br />
wird der Druckbogen in Wasser<br />
gelegt, um die Leimschicht aufzulösen.<br />
Dann kann die hauchdünne,<br />
nasse Farbfolie vorsichtig auf das<br />
Porzellan übertragen werden.<br />
Durch Ätzen entsteht auf dem Porzellan ein feines<br />
Relief, das vergoldet besonders gut <strong>zur</strong> Geltung<br />
kommt<br />
Bei der sehr wertvollen Goldätzkante<br />
werden Teile des Dekors durch<br />
Flußsäure – die einzige Säure, die<br />
Porzellan angreift – aus der Glasur<br />
ausgeätzt, nachdem die nicht<br />
zu ätzenden Teile zuvor mit einem<br />
Schutzlack isoliert worden sind.<br />
Je länger das Porzellan in die Säure<br />
getaucht wird, um so tiefer wird der<br />
Dekor eingeätzt. Dabei sind Sekunden<br />
ausschlaggebend für immer<br />
gleichbleibende Qualität.<br />
Anschließend wird der Dekor zweimal<br />
handvergoldet. Jede Goldauflage<br />
muß einzeln aufgebrannt werden.<br />
Nach dem zweiten Brand wird das<br />
Gold mit Glashaarbürsten poliert,<br />
damit es glänzt.<br />
Aufspritzen einer Mattglasur<br />
Es gibt verschiedene Möglichkeiten,<br />
die Kombination matt – glänzend<br />
herzustellen.<br />
1. Eine Mattglasur wird mit<br />
einer Spritzpistole auf das Porzellan<br />
wie Farbfond aufgespritzt und<br />
anschließend aufgebrannt.<br />
2. Glasiertes Porzellan kann durch<br />
leichtes Ätzen in Flußsäure mattiert<br />
werden.<br />
3. Vor dem Eintauchen in das<br />
Glasurbad werden die Teile, die matt,<br />
unglasiert bleiben sollen, mit Wachs<br />
abgedeckt. Das Wachs, hier blau im<br />
Bild, verbrennt beim Glattbrand.<br />
12<br />
Das Relief wird mit<br />
blauem Wachs abgedeckt,<br />
damit es keine<br />
Glasur annimmt.
Unterglasur-<br />
Dekor-Brand<br />
Hochtemperatur-<br />
Dekor-Brand<br />
Aufglasur-<br />
Dekor-Brand<br />
Eine der ältesten Techniken der Porzellanmalerei<br />
wird noch heute gepflegt<br />
Das Einbrennen der Hochtemperatur-Dekore erfordert<br />
eine Brenntemperatur von 1250˚C<br />
Geschenkserie »Karat«<br />
Unterglasurdekore werden nach<br />
dem ersten Brand (Glühbrand)<br />
auf das noch poröse Porzellan<br />
meist in Handarbeit aufgetragen.<br />
Anschließend wird glasiert und bis<br />
1400˚C glattgebrannt.<br />
Auch die Firmenmarke wird vor dem<br />
Glasieren aufgestempelt. Sie liegt<br />
unter der Glasur.<br />
Für die hohen Brenntemperaturen<br />
sind nur wenige Dekorfarben geeignet.<br />
Zu diesen gehören Kobaltblau,<br />
Grün, Braun, ein nur mattes Gelb<br />
sowie Mischungen dieser Farben von<br />
Grau bis Schwarz.<br />
Unterglasur-Kobalt-Dekore werden<br />
gerne mit Ätzgolddekoren kombiniert.<br />
Hochtemperatur-Dekore werden<br />
mittels Farbfolien, Handmalerei<br />
oder Fondspritzen auf das fertige<br />
Porzellan aufgetragen.<br />
Im Gegensatz zum Unterglasurbrand<br />
kann man beim Hochtemperaturbrand<br />
wesentlich mehr<br />
Farbtöne und auch Gold und Platin<br />
in die Glasur einschmelzen. In<br />
90 Minuten wird das Porzellan auf<br />
1250˚C erhitzt, so daß die Dekore<br />
in die verflüssigte Glasur einsinken<br />
und von ihr geschützt werden.<br />
Hochtemperatur-Dekore sind unempfindlich<br />
gegen Oberflächeneinwirkungen<br />
und spülmaschinenfest.<br />
Aufglasur-Dekore werden ebenfalls<br />
durch Farbfolien, Fondspritzen<br />
oder in Handmalerei auf das fertige<br />
Porzellan aufgetragen. Alle lebhaften<br />
Farben, wie z.B. Rot und Orange,<br />
die keine hohen Brenntemperaturen<br />
aushalten, und oft auch reiche Gold-,<br />
Platin- und Lüsterdekore werden<br />
zwischen 800˚ und 900˚C auf die<br />
Glasur aufgebrannt. Aufglasur-<br />
Dekore sind nicht ganz so glatt wie<br />
die Glasur. Meistens kann man sie<br />
fühlen.<br />
Reich dekorierte Porzellane<br />
durchlaufen 6 Brände:<br />
Glühbrand<br />
Glattbrand<br />
4 Dekorbrände<br />
Ebenso viele Brände durchläuft das<br />
Service »Aida« mit Kobaltfahne und<br />
Goldätzkante (Rosenthal Classic):<br />
Glühbrand<br />
Glattbrand<br />
Kobaltbrand (Inglasur-Dekor-Brand)<br />
1. Goldbrand<br />
2. Goldbrand<br />
eventuell ein Korrektur-Brand.<br />
13
Dekor-Brand-<br />
Techniken<br />
Symbol/<br />
Dekorationsbezeichnung<br />
Dekorationstechnik/<br />
Farbskala<br />
Brenntemperatur/<br />
Brenndauer<br />
Glasur – Scherben<br />
IWT geprüft<br />
spülmaschinenfest<br />
Unterglasur<br />
Das Dekorbild wird nach dem Glühbrand<br />
auf die unglasierte Oberfläche aufgetragen,<br />
dann wird der Artikel glasiert.<br />
Kobalt, Braun, Grün, mattes Gelb, Grau<br />
bis Schwarz<br />
1400˚C<br />
36 – 40 Stunden<br />
Glasur<br />
Scherben<br />
Dekor<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
IWT geprüft<br />
spülmaschinenfest<br />
Inglasur<br />
Das Dekorbild wird auf die Glasur aufgetragen.<br />
Die Glasur erweicht bei dieser<br />
Brenntemperatur, so daß die Dekoration<br />
völlig in die Glasur einsinkt.<br />
Kobalt, Braun, Grün, mattes Gelb, Grau<br />
bis Schwarz<br />
1380˚C<br />
16 – 20 Stunden<br />
Glasur<br />
Scherben<br />
Dekor<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
IWT geprüft<br />
spülmaschinenfest<br />
Hochtemperatur<br />
Das Dekorbild wird auf die Glasur aufgetragen<br />
und sinkt beim Brand schwach<br />
ein. Die Dekoration ist ähnlich wie ein<br />
Inglasur-Dekor geschützt.<br />
Fast alle Farben, Gold und Weißgold<br />
1230 – 1260˚C<br />
1,5 Stunden<br />
Glasur<br />
Scherben<br />
Dekor<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
Aufglasur<br />
Farbdekor<br />
IWT geprüft<br />
spülmaschinengeeignet<br />
Das Dekorbild wird auf die Glasur aufgetragen<br />
und sinkt beim Brand nicht ein.<br />
Die Farbe verbindet sich mit der Glasuroberfläche.<br />
Alle Farben, vor allem lebhafte Farben<br />
und Gold<br />
840 – 900˚C<br />
4 Stunden<br />
Glasur<br />
Scherben<br />
Dekor<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
IWT geprüft<br />
Hochwert-Dekor<br />
Aufglasur<br />
Hochwertdekor<br />
Das Dekorbild wird auf die Glasur<br />
aufgetragen und sinkt beim Brand nicht<br />
ein. Die Farbe verbindet sich mit der<br />
Glasuroberfläche.<br />
Gold, Lüster, Platin<br />
840 – 880˚C<br />
4 Stunden<br />
Glasur<br />
Scherben<br />
Dekor<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
;;;;;;;;;;;<br />
14
Porzellan in der<br />
Spülmaschine<br />
Vielseitigkeit Porzellan –<br />
nur als Gebrauchsgegenstand?<br />
Die Einflüsse, die beim maschinellen<br />
Spülen auf das Geschirr einwirken,<br />
sind vielfältig. Die Zusammensetzung<br />
des Spülmittels, der Temperaturverlauf<br />
in der Maschine, die Härte des<br />
Wassers und die Art des Trocknens<br />
bestimmen über die Haltbarkeit des<br />
Spülgutes. Ältere Maschinen berücksichtigen<br />
die Notwendigkeiten der<br />
Schonung des Spülgutes zu wenig.<br />
Es ist wichtig, die Empfehlungen der<br />
Maschinenhersteller zu beachten, z.B.<br />
den Ionenaustauscher regelmäßig zu<br />
regenerieren und Dosieranweisungen<br />
zu befolgen. Spülmaschinen, die nicht<br />
automatisch abdampfen, sollten nach<br />
Beendigung des Spülvorgangs geöffnet<br />
werden. Die häufigsten Beschädigungen<br />
passieren beim Einstellen<br />
und Entnehmen des Spülgutes. Deshalb<br />
sollten Geschirre so eingestellt<br />
werden, daß ein Aneinanderschlagen<br />
nicht möglich ist. Wir teilen in bezug<br />
auf die Spülmaschineneignung unsere<br />
Dekore in drei Klassen ein: Hochwertdekore,<br />
spülmaschinengeeignete<br />
Dekore und spülmaschinenfeste<br />
Dekore.<br />
= Hochwert-Dekor<br />
Bei diesem Dekor steht das Erscheinungsbild<br />
des Porzellans bzw. seine<br />
künstlerische Gestaltung im Vordergrund.<br />
Der Gesichtspunkt der Spülmaschinenfestigkeit<br />
spielt hier eine<br />
untergeordnete Rolle. Die Verwendung<br />
hochwertiger Farben und die<br />
subtile Umsetzung fordern den Verzicht<br />
auf die Spülmaschine. Dieser<br />
Dekor wurde vom Institut für Werkstofftechnik<br />
(IWT) der Rosenthal AG<br />
geprüft.<br />
Das Service sollte unbedingt von<br />
Hand gereinigt werden.<br />
= Spülmaschinengeeignet<br />
Bei diesem Dekor werden die Farben<br />
bei mindestens 840˚C auf die Glasur<br />
gebrannt. Durch die Verwendung<br />
widerstandsfähiger Farben wird eine<br />
so starke Verbindung mit der Glasur<br />
erreicht, daß die Spülmaschine dem<br />
Dekor kaum etwas anhaben kann.<br />
Spülversuche im Institut für Werkstofftechnik<br />
(IWT) der Rosenthal AG<br />
haben die gute Haltbarkeit des Dekors<br />
unter Beweis gestellt. Das Service<br />
kann bei Anwendung des Schongangs<br />
(55˚) in der Spülmaschine gereinigt<br />
werden. Achten Sie auch auf<br />
die Hinweise der Hersteller von Spülmaschinen<br />
und Spülmitteln über die<br />
Schoneigenschaften ihrer Produkte.<br />
= Spülmaschinenfest<br />
Bei diesem Dekor werden die Farben<br />
bei über 1000˚C in die Glasur eingeschmolzen.<br />
Hierbei erweicht die Glasur<br />
und der Dekor sinkt in die Glasur<br />
ein. Dadurch wird er unzerstörbar<br />
in Farbe und Leuchtkraft, er ist kratzund<br />
abriebfest. Golddekore sind jedoch<br />
durch die natürlichen Materialeigenschaften<br />
nicht völlig unempfindlich<br />
gegen Verkratzen.<br />
Dieser Dekor wurde vom Institut für<br />
Werkstofftechnik (IWT) geprüft. Er<br />
kann bedenkenlos in der Spülmaschine<br />
gereinigt werden.<br />
Die Einschränkung des Fertigungsprogramms<br />
auf die als »spülmaschinenfest«<br />
bezeichneten Dekore wäre<br />
eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme.<br />
Spülmaschinengeeignete Dekore<br />
haben gleichfalls eine befriedigende<br />
Lebensdauer, sie erlauben farbfreudigere,<br />
künstlerisch vielfältigere Gestaltungen.<br />
So anspruchsvoll das Material Porzellan<br />
ist, so vielseitig sind seine<br />
Gestaltungsmöglichkeiten, und in<br />
der kühlen Eleganz eines schwarzweißen<br />
Teeservices kommt seine<br />
Zartheit ebenso zum Ausdruck wie in<br />
den beschwingten Formen traditioneller<br />
Kaffeetassen und Kaffeekannen.<br />
Porzellan kann viele Gesichter haben:<br />
Es kann kostbar und festlich wirken,<br />
zart und anmutig, heiter und fröhlich.<br />
Da aber zu einem gut gedeckten<br />
Tisch nicht nur Porzellan gehört,<br />
ergänzt die Firma Rosenthal ihre Service<br />
durch entsprechende Gläser und<br />
Bestecke.<br />
Rosenthal Produkte sind, obwohl<br />
sie den Geist ihrer Zeit widerspiegeln,<br />
keine modischen Produkte. Es<br />
sind Gegenstände, die die Chancen<br />
haben, auch in Zukunft Gültigkeit<br />
und Aussagewert zu besitzen, gleichgültig,<br />
ob es sich dabei um ein Service,<br />
Gläser oder Bestecke handelt,<br />
oder um Geschenkartikel.<br />
Mit den Künstlerservicen und den<br />
Limitierten Kunstreihen bietet<br />
Rosenthal die Möglichkeit, sowohl<br />
Kunstobjekte als auch künstlerisch<br />
gestaltete Gebrauchsgegenstände<br />
in den persönlichen Lebensbereich<br />
zu integrieren.<br />
Denn: »Rosenthal ist daran interessiert,<br />
der Porzellan-Skulptur<br />
zu einer Renaissance zu verhelfen<br />
und bekannte Künstler für diesen<br />
anspruchsvollen Werkstoff zu gewinnen.«<br />
(A. Bode)<br />
15
Keramik<br />
Feinsteinzeug<br />
Porzellan ist das edelste Erzeugnis<br />
der großen Warengruppe Keramik.<br />
Das Wort Keramik ist ein Fremdwort,<br />
das vom griechischen Substantiv<br />
»keramos« abgeleitet ist. Dort<br />
bedeutete »keramos« ursprünglich<br />
Ton, dann alles, was aus Ton hergestellt<br />
wird: Krug, Ziegel, Dach, Wandplatte,<br />
Bodenfliese.<br />
Die Keramik ist so alt wie die<br />
menschliche Kultur.<br />
Jede bedeutende Kultur hat bedeutende<br />
Keramiken hervorgebracht,<br />
z.B. das Löwentor in Babylon, die<br />
Wein- und Vorratsgefäße im antiken<br />
Griechenland, Klinkerbauwerke im<br />
antiken Rom, Majolika-Fliesen und<br />
-Gefäße in der Welt des frühen Islam.<br />
Keramische Kunstwerke wurden in<br />
der ganzen Welt hergestellt. In Europa<br />
erreichten sie mit der Erfindung<br />
des Porzellans einen Höhepunkt.<br />
Im Sprachgebrauch versteht man<br />
unter Keramik diejenigen keramischen<br />
Erzeugnisse, deren Hauptbestandteil<br />
Ton ist. Sie sind im<br />
Gegensatz zum Porzellan, dessen<br />
Hauptbestandteil Kaolin ist, nicht<br />
transparent.<br />
Keramik, das sind Produkte, die<br />
aus plastischen und unplastischen<br />
Stoffen bestehen. Plastische Stoffe<br />
sind Tone, unplastische sind Quarz,<br />
Feldspäte, Kreide, usw.<br />
Die Form gebrannter Keramik kann<br />
nicht mehr verändert werden.<br />
Die Gruppe Grobkeramik umfaßt<br />
vorwiegend Baumaterial. Zur Gruppe<br />
der Feinkeramik gehören: Töpferware,<br />
Majolika, Fayence, Steingut,<br />
Steinzeug, Feinsteinzeug, Vitreous<br />
China, Bone China und Porzellan.<br />
Der wesentliche Unterschied zwischen<br />
»Keramik« und Hartporzellan:<br />
Hartporzellan besteht aus Kaolin,<br />
Feldspat und Quarz und hat einen<br />
lichtdurchlässigen Scherben.<br />
Feinsteinzeug besteht unter anderem<br />
aus Kaolin, Feldspat und Quarz und<br />
enthält als wichtigsten Bestandteil<br />
Ton. Der Scherben ist dadurch nicht<br />
lichtdurchlässig.<br />
Kaffeeservice »Flash«<br />
Feinsteinzeug ist in seinen technischen<br />
Eigenschaften dem Porzellan<br />
ebenbürtig. Es wird wie dieses mit<br />
Hilfe von Arbeitsformen eingeformt,<br />
überformt und gegossen. Hinzu<br />
kommt das Pressen kompliziert geformter<br />
Artikel.<br />
Einen besonders reizvollen Charakter<br />
haben Artikel aus schamottierter<br />
Steinzeugmasse. Der bräunliche<br />
Farbton und die leicht körnige, griffige<br />
Struktur der Oberfläche werden<br />
hierbei als Dekorelement teilweise<br />
unglasiert gelassen.<br />
Reliefs werden wie bei der Porzellanherstellung<br />
bereits in das Gipsmodell<br />
eingeschnitzt. Bei handwerklicher<br />
Fertigung werden Reliefs frei von<br />
Hand geformt.<br />
Nachdem das vorgetrocknete Feinsteinzeug<br />
bei ca. 900 ˚C zum ersten<br />
Mal gebrannt ist, wird der Scherben<br />
entweder farbig glasiert – wobei dann<br />
die Glasur der Farbträger ist – oder er<br />
wird in Unterglasurmalerei von Hand<br />
bemalt und mit einer transparenten<br />
Glasur überzogen.<br />
Eine weitere Dekorationsart ist das<br />
Bemalen auf der rohen (ungebrannten)<br />
Glasur.<br />
Im zweiten Brand, bei ca. 1200˚C,<br />
sintert das Feinsteinzeug, d.h. der<br />
Scherben wird wasserdicht. Trotz<br />
der hohen Brenntemperatur von ca.<br />
1200˚C ist die Farbpalette bei Unterglasur-Dekoren<br />
nahezu unbegrenzt.<br />
Im Gegensatz dazu wird Porzellan<br />
bei einer Temperatur von 1400˚C<br />
gebrannt. Dadurch ist die Unterglasurmalerei<br />
bei Porzellan farblich<br />
sehr eingeschränkt.<br />
Bei einfarbig dunklen oder opaken<br />
Farbglasuren kann eine zusätzliche<br />
Dekoration durch das Auflegen einer<br />
Dekorfolie oder durch Handmalerei<br />
erfolgen. Die Dekoration wird in<br />
einem dritten Brand wieder bei<br />
1200˚C in die Keramikglasur eingeschmolzen.<br />
Die Glasur wird bei<br />
dieser Temperatur erneut erweicht –<br />
wie beim ersten Glasurbrand –<br />
so daß auch hier die Farben in die<br />
Glasur einsinken und dadurch<br />
geschützt sind.<br />
16
Steingut –<br />
Töpferware<br />
Soll die Glasur der Farbträger sein,<br />
so wird diese meistens durch Metalloxide<br />
gefärbt. Je nach Konzentration<br />
der Oxide und Zusammensetzung<br />
der Glasuren entstehen unterschiedlich<br />
intensive Farben. Die Metalloxide<br />
verändern sich während des<br />
Glasurbrandes und zwar je nach<br />
Ofenatmosphäre, die im Brennofen<br />
herrscht.<br />
Nach einem Oxidationsbrand, also<br />
in sauerstoffgesättigter Brennatmosphäre,<br />
erscheinen die Metallbestandteile<br />
in Ton und Glasur in ihren<br />
Oxidfarben (z.B. Kupfer in Grün).<br />
Durch einen Reduktionsbrand, d.h.<br />
Brennen unter Sauerstoffmangel,<br />
verwandeln sich die Metalloxide<br />
<strong>zur</strong>ück in ihre Metallfarben (z.B.<br />
Kupfer in Rottöne).<br />
Ganz besonders reizvolle Möglichkeiten<br />
sieht der Keramiker in der<br />
Verwendung von Farbglasuren. Aufgrund<br />
ihrer Zusammensetzung reagieren<br />
sie bereits auf kleinste Temperaturunterschiede<br />
während des Brandes<br />
mit empfindlichen Farbveränderungen.<br />
Je nach Standort im Ofen<br />
ergeben sich voneinander abweichende<br />
Farbtöne, die den einzelnen<br />
Stücken Unikatcharakter verleihen.<br />
Diese typischen Eigenschaften<br />
steigert der Keramiker noch, indem<br />
er ein Stück ganz oder teilweise in<br />
verschiedenfarbige oder unterschiedlich<br />
konzentrierte Glasuren taucht.<br />
Feinsteinzeug ist ofenfest und, wenn<br />
die Dekore unter oder in der Glasur<br />
liegen, auch spülmaschinensicher.<br />
Dies gilt für Gebrauchsgeschirre<br />
ebenso wie für Geschenkartikel,<br />
Feinsteinzeug ist auch für den Mikrowellenherd<br />
geeignet. Ausnahmen<br />
sind Dekorationen mit Edelmetallen<br />
(Gold, Platin) und Eisenoxidkristallglasuren.<br />
Temperaturschocks sind zu vermeiden.<br />
Generell ist Feinsteinzeug durch seinen<br />
stärkeren, hartgebrannten Scherben<br />
außerordentlich schlagfest. Es<br />
ist deshalb sehr gebrauchstüchtig,<br />
verträgt manchen harten Stoß, auch<br />
im täglichen Spülmaschinenbetrieb.<br />
Eine Besonderheit liegt noch darin,<br />
daß es gegenüber dünnwandigem<br />
Porzellan aufgrund der verwendeten<br />
Materialien und dem etwas stärkeren<br />
Scherben Wärme speichern kann.<br />
Der Inhalt von Tassen und Schüsseln<br />
bleibt sehr lange heiß, auch die Speisen<br />
auf Keramiktellern. Die Geschirre<br />
können erwärmt werden, ohne daß<br />
die Außenwand zum Anfassen zu<br />
heiß wird.<br />
In englischen Ländern wird Tee deshalb<br />
oft in Keramikkannen zubereitet<br />
und aus Keramiktassen getrunken.<br />
Denn es wird behauptet, daß die gute<br />
Wärmeisolierung des Keramikgeschirrs,<br />
die eine mehr oder weniger<br />
rasche Abkühlung des Tees verhindert,<br />
erst eine volle Entfaltung des<br />
Aromas ermöglicht.<br />
Steingut wird bei ca. 1100˚C, Töpferware<br />
bei ca. 950˚C verglüht. Der<br />
anschließende Glasurbrand erfolgt<br />
bei Temperaturen, die zwischen 50˚<br />
und 100˚C darunter liegen. Dadurch<br />
ist die Farbpalette bei Glasuren und<br />
Unterglasurfarben unbeschränkt. Die<br />
verwendeten Steingut- und Töpferglasuren<br />
sind immer gefrittete Glasuren<br />
und enthalten in den meisten<br />
Fällen Blei.<br />
Steingut unterscheidet sich vom<br />
Feinsteinzeug vor allem dadurch,<br />
daß der Scherben während des Glattbrandes<br />
nicht sintert. Er bleibt porös.<br />
Wenn die Glasur Risse bekommt<br />
oder beschädigt wird, dringt Flüssigkeit<br />
in den Scherben ein.<br />
17
Glas<br />
Das älteste, künstlich hergestellte<br />
Glas fand man in den Überresten der<br />
alten Kulturen des mittleren Ostens.<br />
In Ur in Mesopotamien wurden Glasperlen<br />
mit einem geschätzten Alter<br />
von fast 4500 Jahren ausgegraben.<br />
Jahrhundertelang – bis kurz vor<br />
der Zeitenwende – wurde farbiges,<br />
undurchsichtiges Glas gleichwertig<br />
neben Edelsteinen verwendet. Es<br />
war Schmuck allerhöchsten Ranges.<br />
Dieser juwelenhafte Charakter des<br />
Glases ist auch in den frühen Glasgefäßen<br />
gewahrt, deren <strong>Herstellung</strong><br />
sehr kompliziert war: Ein Formkern<br />
aus Ton wurde an einem Metallstab<br />
befestigt und mehrfach in die zähe,<br />
heiße Glasmasse getaucht. War die<br />
Glasschicht genügend stark und<br />
erkaltet, konnte der Tonkern herausgekratzt<br />
werden.<br />
Der germanische Norden, der jahrhundertelang<br />
Glas aus dem Mittelmeerraum<br />
importierte, übertrug den<br />
Namen des Bernsteins, glaesum, auf<br />
diesen glänzenden, schmückenden<br />
Stoff.<br />
Etwa um 200 v. Chr. gelang es durch<br />
eine verbesserte Feuerungstechnik,<br />
das Glas dünnflüssig zu schmelzen.<br />
Man entdeckte, daß das Glas, wenn<br />
es glühend und weich genug ist, sich<br />
mit Hilfe einer ca. 150 cm langen,<br />
eisernen Röhre aufblasen läßt, ähnlich<br />
wie eine Seifenblase.<br />
Die »Glasmacherpfeife« ist bis<br />
heute das wichtigste Werkzeug der<br />
Glasmacher geblieben. Die durch<br />
diese Erfindung bedingten, neuen<br />
und rationelleren Glasverarbeitungsmethoden,<br />
die das ehemals kostbare<br />
Glas zu Gegenständen des täglichen<br />
Gebrauchs machten, und die Glanzzeit<br />
des Römischen Reiches führten<br />
zu einem Aufschwung und <strong>zur</strong> Verbreitung<br />
der Glasmacherkunst.<br />
Glashütten entstanden von Syrien<br />
bis Britannien, und die römischen<br />
Glasmacher beherrschten schon<br />
damals fast alle wichtigen Verfahren<br />
des Glasmachens und Veredelns.<br />
Die Unruhen der Völkerwanderung<br />
führten zu einem Niedergang der<br />
römischen Glasmacherkunst in Mittel-<br />
und Westeuropa.<br />
Es wurde zwar weiterhin Hohlglas<br />
hergestellt, aber die Rohstoffe waren<br />
minderwertiger und demzufolge<br />
auch die Glasqualität. Dekoriert<br />
wurde in heißem Zustand direkt am<br />
Ofen. Schliff und Gravur waren in<br />
Vergessenheit geraten.<br />
Im östlichen Mittelmeerraum dagegen<br />
hielt sich eine der ägyptischen<br />
und römischen vergleichbare technische<br />
Fertigkeit.<br />
Dort wurden zuerst im byzantinischen,<br />
dann im islamischen Reich<br />
im Bemalen von Glas eindeutige Stile<br />
fortgesetzt und weiter entwickelt.<br />
Nach ihrer Hochblüte im 14. Jh. geriet<br />
diese mittelöstliche Glaskunst in<br />
Verfall.<br />
Erst den Venezianern, die viele römische<br />
Techniken wieder aufblühen<br />
ließen und weiterentwickelten, gelang<br />
es, farbloses Glas zu schmelzen.<br />
Im 13. Jh. wurde Venedig zum Zentrum<br />
der Europäischen Glasherstellung.<br />
Die Glaszusammensetzung<br />
und die Bearbeitungsmethoden<br />
galten als so wertvoller Staatsbesitz,<br />
daß es den Glasmachern untersagt<br />
war, ihr Wissen weiterzugeben.<br />
1291 verlegte man die mehrere Kilometer<br />
lange Glashütte von Venedig<br />
auf die Insel Murano, teils wegen der<br />
Feuergefahr, teils um unersetzliche<br />
Fachleute von der Außenwelt abzutrennen.<br />
Trotzdem waren um 1600 die venezianischen<br />
Techniken in fast allen<br />
europäischen Ländern bekannt,<br />
und in vielen Glashütten wurden<br />
die dünnwandigen Kelche auf hohen,<br />
reich verzierten Stielen hergestellt,<br />
die von der großen Kunstfertigkeit<br />
der venezianischen Glasmacher<br />
zeugen.<br />
Die Entwicklung des Pottascheglases<br />
in Böhmen schuf im 17. Jh. die Voraussetzung<br />
für ein Glas, das sich<br />
auf Grund seiner Farblosigkeit und<br />
Brillanz besonders gut für Schliff<br />
und Gravur eignete. Die Technik des<br />
Bergkristallschnitts konnte auf dieses<br />
Glas übertragen werden.<br />
Prunkhaft funkelnde Deckelpokale,<br />
deren Glaswandungen durch Schliff<br />
und Schnitt prismatisch aufgelöst<br />
sind, sind kennzeichnend für die<br />
neue Form- und Dekorvorstellung<br />
des Barock. Böhmen wurde zum<br />
Mittelpunkt der Glasherstellung.<br />
Der letzte Schritt in der <strong>Herstellung</strong><br />
brillanter Gläser war die Erfindung<br />
des Bleikristalls in England.<br />
Bleikristall besitzt hervorragende<br />
lichtbrechende Eigenschaften und<br />
läßt die Luxusgläser des 19. Jh. an<br />
geschliffene Diamanten erinnern.<br />
Die kurze Epoche des Jugendstils<br />
bricht mit der bis dahin üblichen Auffassung<br />
von Glas.<br />
Sowohl von pflanzlichen als auch<br />
von ostasiatischen Vorbildern beeinflußt,<br />
zeigen die stark farbigen und<br />
undurchsichtigen Gläser dieser Zeit<br />
bewegte Motive in Formen und<br />
Dekoren.<br />
Um 1930 vollzog sich in internationalem<br />
Ausmaß die Wende zum<br />
neuen Glasstil. Die Formen sind<br />
funktions- und werkstoffgerecht.<br />
Das Auge findet aber nicht nur<br />
Freude am reinen und elementaren<br />
Ausdruck des Stoffes, es sucht auch<br />
Genuß im Reichtum der Nuancen<br />
und der Belebung des Materials.<br />
Farbüberfänge, Oberflächenstrukturen,<br />
Luftblasendekors geben neue<br />
Reize und kennzeichnen das Design<br />
der Gegenwart.<br />
18
Glas-Design Rohstoffe Schmelzofen Glasschmelze<br />
Rosenthal Gläser werden von namhaften<br />
Künstlern und Entwerfern<br />
gestaltet.<br />
An den Gläsern, die für die Marken<br />
Rosenthal Studio-Line, Rosenthal<br />
Classic und Thomas entwickelt werden,<br />
wird so lange gearbeitet, bis die<br />
ausgereiften Serien bzw. Geschenkartikel<br />
dem Glaswerk <strong>zur</strong> Produktion<br />
übergeben werden können.<br />
Das Glasgemenge wird durch die Ofenöffnung in<br />
einen Hafen gefüllt<br />
Aus den verschiedensten Rohstoffen<br />
kann man, je nach Art ihrer Zusammensetzung,<br />
viele Glasarten mit den<br />
unterschiedlichsten Eigenschaften<br />
schmelzen.<br />
Rosenthal stellt seine Produkte aus<br />
Kristallglas oder aus Bleikristall her.<br />
Kristallglas ist ein reines, hartes,<br />
farbloses Glas mit hoher Lichtbrechung<br />
und einem guten Klang. Es<br />
wird aus Quarzsand, Soda, Pottasche<br />
und Kalk geschmolzen, unter Zusatz<br />
von etwas Mennige und Barium.<br />
Bleikristall ist schwerer und weicher<br />
als Kristallglas. Es hat eine besonders<br />
hohe Lichtbrechung und eignet sich<br />
deshalb sehr gut für Schliffdekore,<br />
die seine optischen Eigenschaften<br />
voll <strong>zur</strong> Geltung bringen. Es wird im<br />
wesentlichen aus den gleichen Rohstoffen<br />
geschmolzen wie Kristallglas<br />
und enthält die von der EU-Norm<br />
geforderten 24% Bleioxid.<br />
Durch Zugabe von Metalloxyden<br />
kann nahezu jede Farbe im Glas<br />
hergestellt werden.<br />
Nachts werden die Rohstoffe bei Temperaturen um<br />
1400˚C geschmolzen<br />
Zum Schmelzen von Kristallglas und<br />
Bleikristall werden heute in Mundblashütten<br />
sowohl Hafenöfen als<br />
auch Wannenöfen verwendet. Ein<br />
Hafenofen beinhaltet in der Regel<br />
1-5 feuerfeste Schamottehäfen, die<br />
im Temperofen langsam auf über<br />
1100˚C vorgewärmt und heiß in den<br />
Schmelzofen gestellt werden, damit<br />
sie nicht infolge zu schnellen Erhitzens<br />
zerspringen.<br />
Diese Häfen haben ein Fassungsvermögen<br />
von 600-900 kg Glas.<br />
Die Lebensdauer eines Hafens<br />
beträgt 12-16 Wochen. Die Öfen, die<br />
heute mit Gas und Leichtöl beheizt<br />
werden, sind ohne Unterbrechung<br />
einige Jahre in Betrieb.<br />
In den Wänden der Schmelzöfen<br />
sind Öffnungen, durch die die Glasmacher<br />
mit den Glasmacherpfeifen<br />
das geschmolzene Glas aus einem<br />
der Häfen entnehmen.<br />
Während bei den Hafenöfen im täglichen<br />
Rhythmus geschmolzen und<br />
ausgearbeitet wird, kann man mit<br />
Wannenöfen kontinuierlich arbeiten.<br />
Durch eine Glasstandsregelung wird<br />
durch automatische Beschickung so<br />
viel Gemenge nachgelegt, wie vorne<br />
aus dem Arbeitsbecken ausgearbeitet<br />
wird. Produziert wird im Schichtbetrieb.<br />
Das Vorbereiten, Abmessen und<br />
Behandeln der Glasrohstoffe muß<br />
mit größter Sorgfalt geschehen.<br />
Schon kleinste Unterschiede im<br />
Mengenverhältnis haben eine Veränderung<br />
der Glasqualität <strong>zur</strong> Folge.<br />
Beim Glasschmelzen soll das Rohgemenge<br />
in eine homogene Flüssigkeit<br />
verwandelt werden. Daher ist<br />
es wichtig, die sehr fein gemahlenen<br />
Rohstoffe innig miteinander zu vermischen.<br />
In den Hafenöfen wird das Glas über<br />
Nacht vom Schmelzer geschmolzen.<br />
Nach dem Einlegen des Glasgemenges<br />
umfaßt die Glasschmelze selbst<br />
drei Stufen. Im ersten Stadium entsteht<br />
eine blasenreiche Masse, die<br />
Rauhschmelze. Während des zweiten<br />
Stadiums, der Feinschmelze, wird die<br />
Temperatur auf über 1400˚C erhöht.<br />
Dann läßt der Schmelzer das Glas<br />
»blasen«, indem er ein nasses Holzstück<br />
in das Glas taucht. Dadurch<br />
steigen die Blasen in der Glasmasse<br />
an die Oberfläche. Kleinste Blasen<br />
können vereinzelt im Glas <strong>zur</strong>ückbleiben.<br />
Sie sind später im fertigen<br />
Glas sichtbar.<br />
Im dritten Stadium muß das Glas<br />
abstehen. Dabei wird es auf die<br />
Arbeitstemperatur von 1200˚C<br />
abgekühlt.<br />
Am anderen Morgen können die<br />
Glasmacher mit der Arbeit beginnen.<br />
In der modern eingerichteten Glashütte<br />
in Amberg wird in Wannenöfen<br />
geschmolzen. Hafenöfen sind nur<br />
noch für Farbglas in Gebrauch.<br />
19
Glasblasen<br />
Kelchglas<br />
Drei bis fünf Glasmacher bilden stets ein Arbeitsteam<br />
vor dem Hafen- oder Wannenofen<br />
Mit der Glasmacherpfeife entnimmt<br />
der Glasmacher dem Hafen einen<br />
kleinen Posten zähflüssigen Glases,<br />
den er zu einem runden »Kölbel«<br />
aufbläst.<br />
Wieder taucht er die Pfeife, diesmal<br />
mit dem Kölbel, in den Glashafen<br />
und nimmt durch schnelle Drehung<br />
der Pfeife so viel Glas hinzu, wie er<br />
<strong>zur</strong> <strong>Herstellung</strong> des jeweiligen<br />
Arbeitsstücks benötigt. Durch Blasen,<br />
Schwenken und Drehen in<br />
einem Holzlöffel wird dieses Glas<br />
entsprechend vorgeformt.<br />
Serienmäßig hergestelltes, mundgeblasenes<br />
Glas wird dann in eine<br />
Holz- oder Metallform eingeblasen,<br />
indem der Glasmacher die Pfeife<br />
senkt und das Glas mit der bereitgehaltenen<br />
Einblasform umschließt.<br />
In diese bläst er nun das Glas unter<br />
ständigem, gleichmäßigen Drehen<br />
ein, bis sich das Glas der Form angepaßt<br />
hat und durch Abkühlung erstarrt<br />
ist. Dann wird die Form geöffnet<br />
und das Glas herausgenommen.<br />
Unter ständigem Drehen wird der Kelch des Glases<br />
in die Metallform eingeblasen<br />
Auf den unteren Teil des Kelches schneidet der<br />
Glasmacher einen Tropfen flüssiger Glasmasse…<br />
…aus der er mit einer Zange den Stiel auszieht<br />
Mit Holzbrettchen wird die Bodenplatte geformt<br />
Bei der <strong>Herstellung</strong> eines Kelchglases<br />
wird erst der Kelch auf die<br />
oben beschriebene Weise angefertigt.<br />
Anschließend wird ein kleiner, glühender<br />
Glasposten dem Ofen entnommen<br />
und genau in der unteren<br />
Mitte des Kelches angesetzt. Mit<br />
einfachen Werkzeugen zieht der<br />
Glasmacher daraus den Stiel, nachdem<br />
er das überflüssige Glas mit<br />
einer Schere abgeschnitten hat.<br />
Am unteren Ende des Stiels wird ein<br />
zweiter Glasposten angesetzt, aus<br />
dem der Glasmacher mit Hilfe eines<br />
flachen Brettchens die Bodenplatte<br />
auftreibt.<br />
Hat das Glas einen »ausgezogenen«<br />
Stiel, so wird der Kelch mit einem<br />
sogenannten Zapfen in der unteren<br />
Mitte eingeblasen. Dieser Zapfen<br />
wird nach nochmaligem Erwärmen<br />
ausgezogen und weiterverarbeitet<br />
wie ein angesetzter Stiel<br />
(z.B. »Maître 13/66«).<br />
Stiel und Bodenplatte werden mit<br />
Fingerspitzengefühl und Augenmaß<br />
geformt, und es gehören Geschicklichkeit<br />
und jahrelange Übung dazu,<br />
damit die Gläser einer Serie alle<br />
»gleich« aussehen.<br />
Eine Werkstelle für die <strong>Herstellung</strong><br />
von Kelchgläsern besteht in der Regel<br />
aus drei bis fünf Mann, die Hand in<br />
Hand arbeiten, denn alle Arbeitsvorgänge<br />
müssen sehr schnell erfolgen,<br />
da das Glas in Sekunden erstarrt.<br />
Bei mundgeblasenen Gläsern sind<br />
kleine Abweichungen in der Wandstärke<br />
des Kelchs, der Stärke des<br />
Stiels und der Größe der Bodenplatte<br />
unvermeidbar.<br />
Für den Kenner sind dies charakteristische<br />
Merkmale für handgearbeitete<br />
Gläser, im Gegensatz zu Automatengläsern.<br />
20
Kühlen Randverarbeitung Auftreiben Gläser mit<br />
injizierten Stielen<br />
Blick in die Kühlbahn<br />
Absprengen der Kappen durch Anritzen<br />
und anschließendes Erhitzen<br />
Der Rand der noch glühenden Vase wird vom<br />
Glasmacher mit einem Holz geformt<br />
Durch eine Metallform wird der Kopf an den Kelch<br />
angeformt<br />
Ist ein Glas fertig geformt, es hat<br />
dann eine Temperatur von ca. 450˚C,<br />
wird es von der Glasmacherpfeife<br />
abgeklopft und mit der Eintraggabel<br />
in den Kühlofen getragen, wo es<br />
sehr langsam auf Normaltemperatur<br />
abgekühlt wird.<br />
Das langsame Kühlen ist wichtig,<br />
um innere Spannungen im Glas<br />
zu vermeiden, die bei zu schnellem<br />
Abkühlen entstehen würden.<br />
Ist ein Glas nicht oder schlecht gekühlt,<br />
kann es später, manchmal<br />
noch nach Jahren, zum Spannungsbruch<br />
kommen. Das Glas zerspringt<br />
dann plötzlich ohne irgendeine<br />
Berührung. Typisch für einen solchen<br />
Spannungsbruch ist, daß er glatt verläuft,<br />
entweder von der massivsten<br />
Stelle des Glases, z.B. einem Eisfuß<br />
ausgehend oder waagerecht, ca. 2 cm<br />
unterhalb des Gefäßrandes.<br />
Geblasene Glasgefäße tragen, wenn<br />
sie von der Pfeife abgeklopft sind,<br />
eine sog. Kappe. Das ist überschüssiges<br />
Glas, das beim Einblasen am<br />
oberen Teil des Kelches übersteht.<br />
Diese Kappe wird nach dem Kühlen<br />
des Glases abgesprengt, indem das<br />
Gefäß rundherum mit einem Spezialstahl<br />
geritzt wird. Anschließend wird<br />
dieselbe Stelle durch Gasstichflammen<br />
erhitzt. Durch Anblasen mit Luft<br />
bekommt das Glas einen umlaufenden<br />
Sprung. Die Kappe fällt ab. Jetzt<br />
hat das Glas seine endgültige Form.<br />
Der noch sehr scharfe Rand des Glases<br />
muß nun verschliffen und innen<br />
und außen gesäumt werden. Anschließend<br />
wird er durch Gasflammen<br />
verschmolzen, so daß er mundfreundlich<br />
ist.<br />
Eine besonders handwerkliche und<br />
sehr wertvolle Randverarbeitung ist<br />
das Auftreiben.<br />
Ein Hefteisen wird an der Bodenplatte<br />
des fertig geblasenen, noch<br />
heißen Werkstücks zum Halten<br />
desselben angesetzt.<br />
Jetzt wird die Kappe durch Anritzen<br />
mit einer Feile abgesprengt. Der<br />
etwas unregelmäßige Glasrand wird<br />
im Feuer des Ofens wieder erwärmt<br />
und mit einer Schere sauber geschnitten.<br />
Nach nochmaligem Erwärmen erhält<br />
der Rand durch Erweitern mit der<br />
Auftreibschere die gewünschte Form.<br />
Wird das fertige Glas vom Hefteisen<br />
abgeschlagen, entsteht dabei eine<br />
rauhe Abbruchstelle, der sog. Nabel,<br />
der nach dem Kühlen verschliffen<br />
werden muß. Diese Schleifstelle ist<br />
ein Erkennungsmerkmal für aufgetriebene<br />
Gläser.<br />
Eine neue Technik ermöglicht es,<br />
Gläser mit reliefierten Stielen herzustellen,<br />
wie sie mit traditionellen<br />
Methoden nicht machbar sind.<br />
Der mundgeblasene Kelch wird auf<br />
eine hohle Stahlform, die innen die<br />
Negativform des Kopfes mit Relief<br />
enthält, fest aufgesetzt. Durch die<br />
Form wird das sehr heiße Glas von<br />
unten nach oben an den Kelch durch<br />
Luftdruck angeformt. Ist das Glas<br />
erstarrt, sitzt der Kopf fest am Kelch<br />
und kann der Form entnommen werden.<br />
Anschließend werden Stiel und<br />
Bodenplatte von Hand angesetzt.<br />
21
Optisch<br />
geblasenes Glas<br />
Weitere<br />
hüttenfertige Dekore<br />
Pressen<br />
Automatenglas<br />
Das Relief ist durch Einblasen in die Vorform in das<br />
Glas eingeprägt<br />
Glas-Serie »Maître 13/66« »Kosta-Sterne« Alle 24 Stunden werden die Formen des Glasautomaten<br />
ausgewechselt und gereinigt<br />
Eine sehr alte, heute besonders<br />
aktuelle Technik, Glas in der Hütte,<br />
das heißt, in heißem Zustand zu<br />
dekorieren, ist das »Optisch-Blasen«.<br />
Es stellt hohe Anforderungen<br />
an die Glasmacher und setzt besondere<br />
Geschicklichkeit und langjährige<br />
Erfahrung voraus.<br />
Um ein optisch geblasenes Glasgefäß<br />
herzustellen, wird das mit<br />
heißem Glas überfangene Kölbel in<br />
eine innen gerippte oder mit einem<br />
anderen Muster versehene, oben<br />
offene, zylindrische Form gesenkt<br />
und so weit aufgeblasen, daß sich<br />
das Muster der Vorform ins Glas<br />
einprägt.<br />
Das noch formbare Glas wird jetzt<br />
in die endgültige Form eingeblasen,<br />
wobei das vorgeprägte Muster<br />
optisch erhalten bleibt. Dabei besteht<br />
auch die Möglichkeit, durch schnelles<br />
Drehen in nur einer Richtung,<br />
Längsrippen spiralig zu verdrehen.<br />
Der Glasmacher hat viele Möglichkeiten,<br />
Glas im heißen Zustand zu<br />
dekorieren. Er kann z.B. Linsen und<br />
Luftblasen einarbeiten. Er kann ein<br />
Glas mit andersfarbigen Glasfäden<br />
überziehen oder ein Glas aus zwei<br />
oder drei Glasarten oder verschiedenfarbigen<br />
Gläsern herstellen.<br />
Die Anzahl der Dekormöglichkeiten,<br />
die sich aus den Materialeigenschaften<br />
des Glases ergeben, sind vielfältig.<br />
Solche Hüttentechnik erfordert<br />
jedoch höchste Geschicklichkeit und<br />
teilweise sehr viel Arbeitsaufwand. Es<br />
würde zu weit führen, an dieser Stelle<br />
auf alle Techniken einzugehen, die<br />
im Laufe der Jahrhunderte entwickelt<br />
wurden.<br />
Seit die Technik es ermöglicht, Glas<br />
zu pressen, können sehr komplizierte<br />
und stark reliefierte Glasgegenstände<br />
hergestellt werden, die auf<br />
andere Weise nicht zu fertigen sind.<br />
Für hochwertige Preßartikel, wie<br />
Rosenthal sie produziert, wird Bleikristall<br />
verwendet.<br />
Die glühende Glasmasse wird mit<br />
einer Handpresse unter hohem<br />
Druck in eine mehrteilige Stahlform<br />
eingepreßt. Ist das Glas erstarrt,<br />
kann der Gegenstand aus der Form<br />
genommen und gekühlt werden.<br />
In besonderen Fällen muß nach dem<br />
Kühlen das überschüssige Glas, das<br />
sich in Form eines Trichters am Werkstück<br />
befindet, abgeschliffen und die<br />
Schleifstelle versäubert werden.<br />
Gepreßte Gläser werden zum Schluß<br />
in Säure poliert, wodurch sie ihren<br />
hohen Glanz erhalten.<br />
Die <strong>Herstellung</strong> des Automatenglases<br />
wurde in den letzten Jahren<br />
so wesentlich verbessert, daß man<br />
heute gut gestaltete Gläser in hohen<br />
Stückzahlen produzieren kann.<br />
Das Glas für die vollautomatische<br />
Fertigung wird kontinuierlich in<br />
einem Wannenofen geschmolzen.<br />
Genau dosierte Glasmengen werden<br />
in regelmäßigen Abständen der<br />
Wanne entnommen und nach schnellem<br />
Vorpressen in eine Blasform mit<br />
Preßluft drehend eingeblasen. Der<br />
fertige Kelch, der Form entnommen,<br />
wird zu einer zweiten Form transportiert,<br />
durch die Stiel und Bodenplatte<br />
an den Kelch angepreßt werden.<br />
Dann wird das Glas zum Kühlband<br />
befördert.<br />
Das Absprengen der Kappen, das<br />
Schleifen und Verschmelzen des<br />
Glasrandes erfolgt ebenfalls vollautomatisch.<br />
22
Schliff Säurepolitur Ätzen Guillochieren<br />
Pantographieren<br />
Eine wirtschaftlichere Poliermethode<br />
als die Politur von Hand ist die<br />
Säurepolitur.<br />
Beim Ätzen wird das Glas nicht<br />
auf mechanische, sondern auf chemische<br />
Weise bearbeitet, dekoriert.<br />
Die Stiele der »Bvlgari« Gläser sind von Hand<br />
geschliffen<br />
Geschliffen wird unter fließendem<br />
Wasser an senkrecht laufenden<br />
Schleifrädern aus Karborundum oder<br />
einem anderen sehr harten, synthetischen<br />
Stein. Diese Räder haben<br />
je nach Dekor verschiedene Profile.<br />
Man unterscheidet zwischen<br />
Flächen- oder Schälschliff für das<br />
kantige Schleifen, z.B. der Kelchglasstiele,<br />
dem Kugeln für das Einschleifen<br />
von Kugeln und Oliven, dem kantigen<br />
Keil- und dem gewölbten<br />
Walzenschliff.<br />
Flußsäure ist die einzige Säure, die<br />
Glas angreift. Das feingeschliffene<br />
Glas wird in ein Bad aus Fluß- und<br />
Schwefelsäure und Wasser getaucht<br />
und 20-25 Minuten unter ständiger<br />
Bewegung auf Hochglanz poliert.<br />
Dieses Gemisch nimmt der Glasoberfläche<br />
alle Unebenheiten und<br />
macht sie blank und glänzend.<br />
Die Säurepolitur ist ein sehr kompliziertes<br />
Verfahren, da die Säurezusammensetzung<br />
auf die jeweilige<br />
Glaszusammensetzung eingestellt<br />
werden muß.<br />
Geätzt wird in einem Bad, das im<br />
wesentlichen aus Flußsäure besteht,<br />
und in das die Gläser kurze Zeit eingetaucht<br />
werden. Vor dem Ätzen<br />
muß das ganze Glas, mit Ausnahme<br />
des Dekors, durch einen Schutzlack<br />
abgedeckt werden. Ist nach dem<br />
Ätzen die Schutzschicht wieder entfernt,<br />
erscheint der Dekor als leicht<br />
vertiefte Zeichnung in der Glasoberfläche.<br />
Besonders kostbar sind diese Dekore,<br />
wenn sie anschließend mit Poliergold<br />
vergoldet werden.<br />
Pantographiert ist das zarte Ornament der<br />
»Rosalina« Serie<br />
Beim Guillochieren oder Pantographieren<br />
wird das fertige Glas<br />
vollständig mit einer Wachs- bzw.<br />
Paraffinschicht überzogen. In diese<br />
Schutzschicht wird mit einer Stahlnadel<br />
nach Vorlage ein feines Linienornament<br />
eingeritzt und dadurch<br />
die Glasoberfläche wieder freigelegt.<br />
Dieser Vorgang geschieht maschinell.<br />
Anschließend wird das Glas<br />
geätzt.<br />
Mit einem grobkörnigen Schleifrad<br />
wird der Dekor nach dem Anzeichnen<br />
vom Schleifer »vorgerissen«.<br />
Mit einem Rad feinerer Körnung wird<br />
das Glas fein »geschnitten«. Die<br />
jetzt seidenmatte Oberfläche wird<br />
an Holz-, Kork- oder Borstenrädern<br />
unter Zusatz von Poliermitteln hochglanzpoliert.<br />
23
Gravur<br />
Sandstrahl-Dekore Malerei Sortieren<br />
Vor dem Verpacken werden die fertigen<br />
Gläser sortiert.<br />
Man unterscheidet:<br />
Fehler in der Glasmasse,<br />
z.B. Schlieren,<br />
Fehler bei der <strong>Herstellung</strong>,<br />
z.B. schlecht versäuberter Mundrand,<br />
Fehler bei der Veredelung des Glases,<br />
z.B. unsauberer Schliff.<br />
Mit feinen Rädchen kann der Graveur zarte Linien<br />
auf das Glas zeichnen<br />
Für die Fertigung sehr feiner, zarter<br />
Dekore eignet sich insbesondere die<br />
Gravur.<br />
Die Arbeitsabläufe entsprechen im<br />
wesentlichen denen beim Schleifen,<br />
nur sind hier die Schleifräder winzig<br />
klein.<br />
Der Graveur kann mit feinsten Linien,<br />
die entweder geschnitten oder gerutscht<br />
sind, Wappen, Schriften,<br />
Ornamente und Figuren in die Glasoberfläche<br />
eingravieren. So kann er<br />
ganze Bilder auf das Glas »zeichnen«.<br />
Das Motiv wird direkt, ohne Vorzeichnung,<br />
in das Glas eingearbeitet,<br />
was langjährige Übung und Erfahrung<br />
verlangt.<br />
Mattieren des Dekors mit Sandstrahlpistole<br />
und Schablone<br />
Eine neue Form der Glasdekoration<br />
ist das Sandstrahlen. Durch Sandstrahlen<br />
können großflächige und<br />
großzügige Dekorwirkungen erzielt<br />
werden.<br />
Das Glas wird mit einer Spezialschablone,<br />
aus der der gewünschte Dekor<br />
ausgestanzt ist, abgedeckt. Auf die<br />
freigelassenen Stellen werden mit<br />
Hilfe von Druckluft feinste Materialteilchen<br />
aufgeschleudert, welche die<br />
ausgewählten Flächen aufrauhen und<br />
mattieren.<br />
Sandstrahl-Dekore werden gern mit<br />
gravierten Linien kombiniert. Die<br />
Firmenmarke auf Gläsern wird sandgestrahlt.<br />
Golddekorationen werden mit dem Pinsel angelegt<br />
Für farbige Dekore nutzt man die<br />
Glasmalerei, wobei die Dekore wie<br />
beim Porzellan, sowohl durch Folien<br />
von Hand aufgelegt als auch mit dem<br />
Pinsel aufgemalt werden können.<br />
Gold- und Platinbänder sind stets<br />
handgemalt.<br />
Die Dekore werden bei ca. 560˚C auf<br />
das Glas aufgebrannt.<br />
Mundgeblasene, handgearbeitete<br />
Gläser weisen immer typische Unterschiede<br />
auf, die man nicht schlechthin<br />
als Qualitätsmangel abwerten<br />
kann, sondern nachweisbar Anhalt<br />
für echte Handarbeit sind.<br />
Kleinste, feinste, kaum auffällige<br />
Lufteinschlüsse (bis 0,5 mm) können<br />
nicht als Qualitätsminderung angesehen<br />
werden, sondern sind materialbedingt.<br />
Ebenfalls sind geringfügige,<br />
kaum auffällige Toleranzen<br />
bei der Mundrandstärke der Kelche<br />
als absolut einwandfreie Erzeugnisse<br />
anzusehen. Nur im Gebrauchsabstand<br />
augenfällige Abweichungen<br />
oder wackelige, schiefe, angeschlagene<br />
Gläser kann man so als qualitativ<br />
minderwertig <strong>zur</strong>ückweisen.<br />
Die erlaubten Toleranzen entsprechen<br />
der handwerklichen Fertigung.<br />
24
Behandlung von<br />
Gläsern<br />
Glas in der<br />
Spülmaschine<br />
Daß Glas bruchempfindlich ist, ist<br />
allgemein bekannt.<br />
Weniger bekannt ist, daß Wasser in<br />
Verbindung mit der Kohlensäure der<br />
Luft die Glasoberfläche zerstören<br />
kann.<br />
Wasser löst aus der Glashaut die<br />
alkalischen Bestandteile, die sich mit<br />
der Kohlensäure der Luft zu kohlensaurem<br />
Natron bzw. Kali verbinden<br />
und die Oberfläche des Glases weiß<br />
beschlagen. Dieser trübe Beschlag<br />
läßt sich zwar anfangs leicht abwischen,<br />
kann sich aber immer wieder<br />
bilden und allmählich die Oberfläche<br />
des Glases zerstören. Das Glas wird<br />
blind.<br />
Glas soll deshalb stets in trockenen<br />
Räumen lagern und nicht zu lange<br />
verpackt bleiben, weil das Packmaterial<br />
die Feuchtigkeit festhält und<br />
gleichzeitig den notwendigen Sauerstoff<br />
abhält.<br />
Eine weiterschreitende Zerstörung<br />
der Glasoberfläche führt <strong>zur</strong> Erscheinung<br />
des Irisierens, wie wir es von<br />
Gläsern kennen, die lange Zeit in der<br />
Erde gelegen haben.<br />
Hochwertiges Bleikristall ist in<br />
besonderem Maße lichtecht.<br />
Für die Reinigung von Gläsern gelten<br />
ähnliche Richtlinien wie für Porzellan.<br />
In der Spülmaschine sollte Glas nicht<br />
heißer als 60˚C, im Schonwaschgang,<br />
mit mildesten Spülmitteln gespült<br />
werden. Die Gläser stabil einstellen,<br />
damit ein Aneinanderschlagen oder<br />
Reiben nicht möglich ist.<br />
Gläser mit Gold- oder Platindekoren<br />
sollten nur von Hand gespült werden.<br />
Für Bleikristall und dickes Glas<br />
darf die Reinigungslauge nur handwarm<br />
sein.<br />
Beim Handspülen nie zwei oder<br />
gar mehrere Gläser ins Becken legen,<br />
da diese sonst verkratzen.<br />
Weder Spüllauge noch klares Wasser<br />
auf Glas antrocknen lassen, sondern<br />
sofort trockenpolieren.<br />
Ältere Spülmaschinen, die nicht<br />
automatisch abdampfen, sollten<br />
unmittelbar nach Beendigung des<br />
Spülvorgangs geöffnet werden, da<br />
Wasserdampf jeder Art von Spülgut,<br />
also auch Porzellan und Besteck,<br />
schadet.<br />
Es ist immer empfehlenswert, Glas<br />
keinem zu starken Temperaturwechsel<br />
auszusetzen, insbesondere von<br />
heiß zu kalt. Ein langsamer Übergang<br />
der Temperatur schont das Glas.<br />
25
Besteck<br />
Das Messer Der Löffel Die Gabel<br />
Das älteste Besteckteil ist wohl das<br />
Messer. Schon die Menschen der<br />
Steinzeit fertigten Messer aus Steinen<br />
und Knochen.<br />
Sehr lange, bis in die römische Zeit<br />
hinein, gab es nur Vorlege- oder Vorschneidemesser.<br />
Die Entwicklung zum Tafelmesser<br />
erfolgte erst allmählich.<br />
Im Mittelalter hatten die Messer<br />
gerade, scharfe Spitzen, da sie die<br />
Funktion einer Gabel miterfüllen<br />
mußten.<br />
Auch der Löffel ist ein sehr altes<br />
Eßgerät.<br />
Anfangs aus Holz oder Knochen geschnitzt,<br />
hielt sich über Jahrtausende<br />
eine Löffelform mit einem kurzen,<br />
kräftigen Stiel, der beim Essen mit<br />
der ganzen Faust umfaßt wurde.<br />
Erst gegen Ende des 16. Jh. wurden<br />
die Löffelgriffe länger und flacher<br />
und entwickelten sich zu der heute<br />
üblichen Form, die zwischen Daumen,<br />
Zeige- und Mittelfinger in der<br />
Schwebe gehalten wird.<br />
Die Gabel war schon in der antiken<br />
Welt bekannt, doch weiß man nichts<br />
Genaues über ihre Verwendung.<br />
Im Mittelalter diente eine große,<br />
zweizinkige Gabel zum Halten des<br />
Fleisches beim Tranchieren.<br />
In ihrer heutigen Zweckbestimmung<br />
tauchte sie erstmals im 16. Jh. auf.<br />
Im 18. Jh. hatte sie sich allgemein<br />
eingebürgert und erhielt ihre noch<br />
heute gültige Form mit drei oder vier<br />
gebogenen Zinken.<br />
Bestecke auf einem gedeckten Tisch<br />
sind noch nicht lange eine Selbstverständlichkeit.<br />
Im Mittelalter brachte<br />
jeder Gast sein Besteck selbst mit.<br />
Er trug es an einer Kette um den<br />
Hals, im Gürtel oder im Stiefelschaft<br />
steckend. Daher der Name Besteck.<br />
Im Zeitalter des Barock wurden die<br />
Bestecke immer prunkvoller. Es<br />
wurde Silber und Gold verwendet in<br />
Verbindung mit Achat, Perlmutt oder<br />
geschnitztem Elfenbein.<br />
Mit dem 19. Jh. setzte zunehmend<br />
die fabrikmäßige <strong>Herstellung</strong> von<br />
Besteck ein. Das handwerkliche Einzelstück<br />
wurde selten.<br />
Doch trotz aller Technisierung ist<br />
auch heute noch die <strong>Herstellung</strong><br />
eines guten Tafelbestecks mit sehr<br />
viel handwerklicher Arbeit verbunden.<br />
26
Besteck heute Chromnickelstahl Spezial-<br />
Messerstahl<br />
Schmieden<br />
Die einzelnen Fertigungsstufen<br />
eines Monoblock-Messers<br />
Nach den Entwürfen der Designer<br />
werden Muster gefertigt.<br />
Stahlbleche und Silberbleche benötigt man <strong>zur</strong><br />
Fertigung von Löffeln und Gabeln<br />
Aus Stahlruten werden Monoblock-Messer<br />
geschmiedet<br />
Das Fallgewicht des Schmiedehammers auf das<br />
glühende Messer beträgt 70 Tonnen<br />
Nach diesen Mustern fertigen Stahlgraveure<br />
für jede einzelne Besteckform<br />
in Präzisionsarbeit die sogenannten<br />
Gesenke aus besonders<br />
hartem Stahl.<br />
In diesen Gesenken erhalten die<br />
Besteckteile unter hohem Druck – bis<br />
zu 300 Tonnen Fallgewicht bei Kaltverarbeitung<br />
– ihre endgültige Form.<br />
Die Rosenthal Bestecke werden aus<br />
Sterlingsilber, Neusilber (Alpaka<br />
versilbert) und Edelstahllegierungen,<br />
manchmal in Verbindung mit Porzellan<br />
oder Keramik hergestellt.<br />
Es gibt zwei <strong>Herstellung</strong>sverfahren:<br />
Aus kalten, seltener aus erhitzten<br />
Sterlingsilber-, Alpaka- und Edelstahl-<br />
Blechen werden z.B. Löffel, Gabeln<br />
und viele andere Besteckteile geprägt.<br />
Messerklingen und Monoblock-Messer<br />
dagegen werden aus<br />
Edelstahl geschmiedet, der zuvor bis<br />
<strong>zur</strong> Rotglut erhitzt wurde. Rosenthal<br />
verwendet heute zwei verschiedene<br />
Edelstahl-Legierungen in der Besteck-<br />
Fabrikation: Chromnickelstahl und<br />
Spezialstahl für Monoblockmesser<br />
und Klingen.<br />
Chromnickelstahl trägt die Bezeichnung<br />
18/8 oder 18/10. Das bedeutet,<br />
daß die Stahllegierung 18% Chrom<br />
und 8 – 10% Nickel enthält.<br />
Der Nickelgehalt erhöht die Korrosionssicherheit<br />
des Materials,<br />
schließt jedoch seine Verwendung<br />
für hochwertige, gehärtete Messerklingen,<br />
wie sie bei Rosenthal üblich<br />
sind, aus, da Chromnickelstahl nicht<br />
härtbar ist.<br />
Die Gabeln und Löffel werden aus<br />
Stahlplatten ausgestanzt und in mehreren<br />
Arbeitsgängen für das Gesenk<br />
zugerichtet, wo sie unter einem<br />
Druck bis zu 300 Tonnen in die endgültige<br />
Form geprägt werden.<br />
(»Chromargan« ist eine Schutzmarke<br />
der WMF für Chromnickelstahl)<br />
Monoblock-Messer sind Messer, die<br />
ganz, also Klinge und Griff in einem<br />
Stück, aus Rundstahl, der sog. Stahlrute,<br />
geschmiedet sind. Hierzu verwendet<br />
Rosenthal eine Speziallegierung:<br />
Chromstahl unter Zusatz von<br />
Molybdän-Vanadium. Sie erlaubt es,<br />
komplizierte, plastische Formen mit<br />
sehr unterschiedlicher Materialstärke<br />
herzustellen, z.B. die Messer »Kurve«,<br />
»Taille« und »Composition«.<br />
Diese Speziallegierung ist korrosionssicher<br />
und härtbar, so daß die<br />
Messerklingen schneidhaltig sind,<br />
d.h. sie bleiben lange scharf. In<br />
regelmäßigen Abständen sollten die<br />
Schneiden der Messerklingen mit<br />
einem »Wetzstahl« abgezogen werden,<br />
um die Schärfe zu erhalten.<br />
Von Stahlblechen werden sog. Spaltstücke<br />
abgespalten. Diese werden<br />
im Feuer auf Schmiedetemperatur<br />
erhitzt. Durch das anschließende<br />
Schmieden unter dem Fallhammer<br />
erhält das Spaltstück seine erste,<br />
rohe Form, indem es durch das bis<br />
zu 70 Tonnen schwere Fallgewicht<br />
des Hammers in das ausgearbeitete<br />
Gesenk auf dem Amboß eingeschlagen<br />
wird.<br />
Nachdem dann bei allen Rohteilen<br />
die überstehenden »Flügel« abgestanzt<br />
und die Kanten entgratet worden<br />
sind, muß das Besteck noch sehr<br />
viele Arbeitsgänge durchlaufen, bis<br />
seine endgültige Form und Schönheit<br />
erreicht ist.<br />
Durch schnelle Schlagfolge verdichtet der<br />
»Ajaxhammer« die Klinge<br />
27
Härten<br />
Schleifen<br />
Polieren<br />
Silber<br />
<strong>Herstellung</strong> von<br />
Silberbesteck<br />
Durch Erhitzen und anschließendes Abschrecken<br />
mit Kaltluft werden die Messer gehärtet<br />
Schleifen eines Monoblock-Messers Punz-Zeichen auf Sterling-Silber Stahlgraveure fertigen in Handarbeit die Gesenke,<br />
die für das Stanzen von Besteck notwendig sind<br />
Das Härten der Klingen und Monoblock-Messer<br />
besteht aus drei verschiedenen<br />
Arbeitsgängen: dem Erhitzen,<br />
dem Abschrecken und dem<br />
Anlassen.<br />
Zuerst wird das Werkstück bis <strong>zur</strong><br />
Rotglut erhitzt und anschließend<br />
mit kalter Gebläseluft abgeschreckt.<br />
Der plötzliche Temperatursturz<br />
macht das Material hart und spröde.<br />
Es erfolgt eine erneute Wärmebehandlung,<br />
das sogenannte Anlassen.<br />
Dadurch werden die Spannungen<br />
im Materialgefüge beseitigt und es<br />
bekommt wieder seine erforderliche<br />
Zähigkeit und Elastizität.<br />
Das Härten ist ein sehr wichtiger<br />
Arbeitsgang, denn es ist entscheidend<br />
für die Schneidhaltigkeit und<br />
Korrosionsbeständigkeit einer guten<br />
Klinge.<br />
Durch das Erhitzen des Metalls im<br />
Feuer bildet sich auf den Besteckteilen<br />
eine schwarze Zunderschicht, die<br />
sehr sorgfältig wieder entfernt werden<br />
muß. Erst dann können die kostspieligen,<br />
von Hand ausgeführten<br />
Schleif- und Polierarbeiten beginnen.<br />
Wenn Zunder in den mit bloßem<br />
Auge nicht sichtbaren Poren des<br />
Metalls <strong>zur</strong>ückbleibt, entsteht nach<br />
einiger Zeit Rost. Das ist natürlich<br />
ein Reklamationsgrund.<br />
Poliert wird an rotierenden Scheiben<br />
aus Tuch oder Sisal, unter Verwendung<br />
von Polierpasten, bis die Oberflächen<br />
der Bestecke vollkommen<br />
glatt sind. Ein Besteck kann entweder<br />
auf Hochglanz poliert werden oder<br />
aber es wird im letzten Arbeitsgang<br />
matt gebürstet.<br />
Je sorgfältiger diese Polierarbeiten<br />
durchgeführt werden, umso korrosionssicherer<br />
sind die Edelstahlbestecke.<br />
Die Ägypter nannten es das weiße<br />
Gold und verglichen es mit dem<br />
Mond. Noch heute prägen die deutschen<br />
Silberschmiede in jedes gefertigte<br />
Teil einen Halbmond. Er ist das<br />
Zeichen des Silbers.<br />
Die Geschichte des Silberschmiedehandwerks<br />
ist erfüllt von Bestimmungen<br />
und Vorschriften der Obrigkeit<br />
über den Feingehalt der Waren.<br />
So finden wir die Reichskrone<br />
als Sinnbild der Obrigkeit sowie die<br />
Angabe des Feinsilbergehalts im<br />
Stempel.<br />
Die geläufigsten Silberlegierungen<br />
sind 800 und 925. Diese Feingehaltszahlen<br />
geben an, wieviel Teile reinen<br />
Silbers in je 1000 Teilen Material<br />
enthalten sind. Sterlingsilberbestecke<br />
sind mit der Zahl 925 gestempelt.<br />
Ein Kilo Sterlingsilber enthält also<br />
nur 75 Gramm Elektrolytkupfer als<br />
Härtungsmetall und 925 Gramm<br />
reines Silber.<br />
Das ist praktisch die beste Silberlegierung,<br />
die für Gebrauchsgerät<br />
verwendet werden kann.<br />
Die Silberlegierung wird bei ca.<br />
1000˚C geschmolzen, in Barren gegossen<br />
und anschließend zu Blechen<br />
in der erforderlichen Stärke ausgewalzt.<br />
Aus diesen Blechen werden die<br />
Umrisse der jeweiligen Besteckteile<br />
ausgestanzt.<br />
Die so gewonnenen Werkstücke, die<br />
sog. Brandeln, werden vorn, also<br />
dort, wo später die Löffelmulde oder<br />
das Gabelblatt herausgearbeitet wird,<br />
dünn gewaltzt und kommen nun,<br />
nach sorgfältiger Reinigung, ins Gesenk,<br />
wo Gabeln, Löffel und Messerhefte<br />
unter hohem Druck – bis zu<br />
300 Tonnen – zum Rohstück geformt<br />
werden.<br />
Anschließend werden die Flügel,<br />
die überstehenden Ränder des Rohstücks,<br />
abgeschnitten und die Besteckkanten<br />
sorgfältig geschliffen.<br />
Das Schleifen, Feinschleifen und<br />
Polieren an Schleifbändern und Stoffscheiben<br />
ist ausschlaggebend für<br />
die endgültige Qualität des Bestecks.<br />
Spitzenqualitäten lassen sich nämlich<br />
nur durch zusätzlichen Handschliff<br />
erzielen.<br />
28
Messergriffe<br />
Versilberte Bestecke<br />
Die Angabe 90/3,5 auf einem Einzelteil,<br />
wie einem Vorlegelöffel, bedeutet,<br />
daß für die Versilberung dieses<br />
Einzelteils 3,5 Gramm reines Silber<br />
benötigt wurden.<br />
Rosenthal Bestecke werden nach<br />
neuartigen Verfahren versilbert, die<br />
eine besonders abriebfeste Silberauflage<br />
ermöglichen.<br />
Aus zwei Hälften werden die Messergriffe<br />
zusammengelötet<br />
Messer nehmen bei der <strong>Herstellung</strong><br />
von Silber- und versilberten Bestecken<br />
eine Sonderstellung ein, weil<br />
die Klinge besonderen Anforderungen<br />
entsprechen muß und darum<br />
aus Edelstahl gefertigt wird.<br />
Der Griff, das Messerheft wird aus<br />
zwei einzelnen Teilen zusammengesetzt<br />
und verlötet. Messergriffe aus<br />
Sterlingsilber werden anschließend<br />
in ein galvanisches Silberbad gegeben,<br />
um die Lötnaht zu versilbern.<br />
Heft und Klinge werden durch einen<br />
Spezialzement so fest miteinander<br />
verbunden, daß sich der Zapfen der<br />
Klinge auch nach langer Zeit nicht im<br />
Griff lockert.<br />
Dann folgt das Schleifen und Polieren<br />
der Ansatzstelle. Es darf keine<br />
Fuge bleiben. Die Messerklingen<br />
werden erst nach dem letzten Polieren<br />
scharf geschliffen.<br />
Versilbern von Löffeln im galvanischen Bad<br />
Die <strong>Herstellung</strong> eines versilberten<br />
Bestecks ist im Prinzip die gleiche<br />
wie die eines Silberbestecks. Nur<br />
besteht der Materialkern nicht aus<br />
Silber, sondern aus Edelstahl, nur<br />
noch selten aus Alpaka. Alpaka –<br />
man nennt es wegen seines hellglänzenden<br />
Aussehens auch Neusilber –<br />
ist eine Legierung aus Kupfer, Zink<br />
und Nickel.<br />
Die Versilberung erfolgt nach sorgfältiger<br />
Reinigung im galvanischen<br />
Bad. Die Stärke der Silberauflage<br />
kann durch entsprechende Verweilzeit<br />
im Bad reguliert werden.<br />
Die gebräuchlichste Silberauflage ist<br />
die 90-Gramm-Versilberung. Die<br />
Angabe 90/18, z.B. auf einem Kaffeelöffel,<br />
bedeutet, daß auf 24 dm 2<br />
Besteckoberfläche insgesamt<br />
90 Gramm Silber abgeschieden sind.<br />
Die Zahl 18 gibt an, daß für die Versilberung<br />
von zwölf gleichen Kaffeelöffeln<br />
18 Gramm Silber benötigt<br />
wurden.<br />
Außerdem scheidet sich auf den<br />
exponierten Stellen der Besteckteile<br />
im galvanischen Bad, einem physikalischen<br />
Gesetz zufolge, eine stärkere<br />
Silberschicht ab. Löffelwölbungen,<br />
Laffenränder, Gabelzinken usw.,<br />
die Stellen also, die beim Gebrauch<br />
besonders beansprucht werden,<br />
tragen eine stärkere Silberschicht.<br />
Das zu wissen, ist für den Kunden<br />
sehr wichtig.<br />
Im übrigen wird der Wert eines versilberten<br />
Bestecks nicht allein durch<br />
die Gewichtsmenge der Silberauflage<br />
bestimmt, sondern auch durch die<br />
Gesamtverarbeitung wie Schliff und<br />
Politur.<br />
Silber läuft an. Schuld daran sind<br />
Schwefel- und Chlor-Verbindungen,<br />
die in der Luft und in vielen Speisen<br />
vorkommen. Versilberte und Silberbestecke<br />
kann man nicht dauerhaft<br />
vor dem Anlaufen schützen. Die<br />
beste Pflege ist der häufige Gebrauch<br />
und die dazugehörige richtige Reinigung.<br />
29
Reinigung<br />
von Besteck<br />
Qualitätsmerkmale<br />
Bestecke aus verschiedenen Materialien,<br />
z.B. Silber mit Porzellangriff,<br />
Edelstahl mit Keramik- oder Holzgriff,<br />
dürfen nur handwarm gespült<br />
werden. Durch zu große Wärme<br />
dehnt sich das Metall stärker aus<br />
und sprengt das mit ihm verbundene<br />
Holz, die Keramik, bzw. das Porzellan.<br />
Bestecke mit Holzgriffen nicht in<br />
Wasser oder gar Lauge liegen lassen!<br />
Das Holz quillt, verliert seinen natürlichen<br />
Fettgehalt und wird grau. Es<br />
kommt zu Rißbildungen.<br />
Niemals Speisereste antrocknen<br />
lassen! Die Bestecke können dadurch<br />
anlaufen, auch die Stahlbestecke.<br />
Später kommt es dann zum sog.<br />
Lochfraß. Um Lochfraß zu vermeiden,<br />
benutzte Bestecke bitte immer<br />
gleich gründlich reinigen – vorspülen<br />
genügt nicht! – und sofort trocknen.<br />
Entweder in einer entsprechend<br />
konstruierten Spülmaschine oder<br />
von Hand. Silber- und Stahlbestecke<br />
nicht zusammen spülen! Das Silber<br />
würde vom härteren Stahl zerkratzt,<br />
das Stahlbesteck kann rosten.<br />
Edelstahlbestecke, die in der Spülmaschine<br />
fleckig geworden sind (angetrocknete<br />
Wasser-, Kalk-, Speisereste)<br />
sollten mit einem nicht scheuernden<br />
Stahlputzmittel gereinigt werden.<br />
Beim Reinigen in der Spülmaschine<br />
können vor allem an Edelstahlbestecken<br />
Schäden entstehen. Denn<br />
in der Spülmaschine findet während<br />
des Spülvorgangs ein elektro-chemischer<br />
Prozeß statt, der bewirken<br />
kann, daß zwischen zwei verschiedenen<br />
Metallen meßbare Ströme,<br />
ähnlich wie in einer Batterie zwischen<br />
den Polen, fließen. Das Metall mit<br />
der niedrigeren Spannungsreihe wird<br />
dabei aufgelöst. So wird z.B. Edelstahl<br />
bei gleichzeitigem Vorhandensein<br />
von Aluminium oder Silber angegriffen.<br />
Bestecke unterschiedlicher Qualität<br />
und Preislage können für einen Laien<br />
täuschend ähnlich aussehen. Aber<br />
es gibt einige ganz sichere Merkmale<br />
für wirklich gute Bestecke.<br />
Beim Löffel darf der Laffenrand nicht<br />
scharfkantig, sondern muß durch<br />
Schleifen sorgfältig abgerundet sein.<br />
Wenn man mit dem Handballen von<br />
innen nach außen über den Laffenrand<br />
streift, kann man das leicht feststellen.<br />
Bei einer qualitativ hochwertigen<br />
Gabel müssen die Innenseiten der<br />
Zinken geschliffen und poliert sein.<br />
Bei billiger Ware glänzt nur die dem<br />
Auge unmittelbar zugekehrte Fläche.<br />
Die Innenseiten der Zinken sind<br />
nicht poliert. Bei einer guten Gabel<br />
sollte außerdem das Gabelblatt leicht<br />
löffelförmig gewölbt sein.<br />
Eine Messerklinge muß so gut poliert<br />
sein, daß keine Schleifspuren sichtbar<br />
sind. Je besser die Politur, umso<br />
größer ist die Korrosionssicherheit.<br />
Eine geschmiedete Edelstahlklinge<br />
hat zum Messerheft hin eine starke<br />
Verdickung, den sog. Kropf. Dieser<br />
Kropf wird bei billiger Ware durch<br />
einen aufgesetzten Ring vorgetäuscht.<br />
Gute Klingen tragen immer eine<br />
Firmenmarke.<br />
30
Verkaufen<br />
Gute Kenntnisse<br />
Alles Gute hat seinen Preis. Der<br />
Kunde ist bereit, den Preis zu zahlen,<br />
aber nur, wenn er davon überzeugt<br />
ist, einen entsprechenden Gegenwert<br />
zu erhalten. Vielleicht hat er sich vorher<br />
schon im Warenhaus orientiert<br />
und ist dort auf niedrigere Verkaufspreise<br />
gestoßen, die er jetzt mit dem<br />
etwas höheren Preisniveau des Fachgeschäfts<br />
nicht recht in Einklang<br />
bringen kann.<br />
Hier setzt die wichtige Aufgabe der<br />
Verkäuferin ein, den Kunden über<br />
die Qualitätsunterschiede und die<br />
dadurch begründeten Preisdifferenzen<br />
zu informieren. Viele Verkaufsgespräche<br />
scheitern, weil Verkäufer<br />
nicht in der Lage sind, den Preis<br />
einer Qualitätsware zu begründen.<br />
Besteckkauf ist ebenso wie Porzellankauf<br />
kein Eintagsgeschäft. Der Verkauf<br />
einer 4teiligen Menügarnitur<br />
wird Ihr Tagesverkaufsergebnis wohl<br />
kaum über den Durchschnitt hinausheben.<br />
Viel wichtiger ist aber, daß<br />
Sie Ihrem Geschäft einen Kunden<br />
gewonnen haben, der Vertrauen zu<br />
Ihnen hat und regelmäßig wiederkommt.<br />
Was im Verkauf zählt, ist,<br />
daß es Ihnen gelingt, das Vertrauen<br />
Ihres Kunden zu gewinnen.<br />
Was würden Sie an meiner Stelle tun?<br />
Eine bestimmt ehrlich gemeinte<br />
Frage, die Sie sehr oft hören und aus<br />
der die ganze Hilflosigkeit des Kunden<br />
spricht.<br />
Ja, was würden Sie an seiner Stelle<br />
tun?<br />
Es ist Ihre Aufgabe, darüber nachzudenken.<br />
Sie müssen sich in die<br />
Lage des Kunden versetzen und für<br />
ihn kaufen.<br />
Wie soll ein Laie die Qualität der<br />
Ware beurteilen können, wenn nicht<br />
Sie ihm die notwendige Information<br />
geben?<br />
Einziger Orientierungsmaßstab ist<br />
für den Kunden meistens der Preis.<br />
Bringen Sie ihn deshalb zunächst<br />
einmal vom Preis ab. Erklären Sie,<br />
aber dozieren Sie nicht wie ein Professor.<br />
Kein Mensch läßt sich gern<br />
belehren, aber jeder gern beraten.<br />
Setzen Sie beim Kunden nicht zuviel<br />
Sachkenntnis voraus, aber werden<br />
Sie ungefragt auch nicht zu ausführlich.<br />
Daß man Besteckteile nicht wie altes<br />
Eisen auf die Theke poltern läßt, sondern<br />
es behutsam auf einer Filzunterlage<br />
vorlegt, ist in gut geleiteten Geschäften<br />
eine Selbstverständlichkeit.<br />
Sie können aber noch mehr tun, um<br />
Ihren Kunden in die richtige Kaufstimmung<br />
zu versetzen. Zeigen Sie,<br />
wie Besteck, Porzellan und Glas auf<br />
dem gedeckten Tisch wirken. Erst in<br />
der gekonnten Kombination zeigen<br />
sich diese Dinge von ihrer schönsten<br />
Seite.<br />
Versäumen Sie nicht, Bestecke,<br />
Gläser, Tassen, Kannen, usw. einem<br />
Kunden in die Hand zu geben. Er<br />
muß ausprobieren, wie der Kaufgegenstand<br />
in der Hand liegt. Nicht<br />
nur die Augen finden Gefallen an gut<br />
gestalteten Dingen, sondern auch<br />
die Hände.<br />
Gute Kenntnisse allein machen noch<br />
keine gute Verkäuferin, keinen guten<br />
Verkäufer.<br />
Aber machen gute Fachkenntnisse,<br />
zusammen mit Menschenkenntnis<br />
und dem Wissen um die Wirkung<br />
des gesprochenen Wortes zum richtigen<br />
Zeitpunkt, nicht das aus, was<br />
man eine Spitzenverkaufskraft<br />
nennt?<br />
Sie sind auf dem richtigen Weg!<br />
Macht Ihnen das nicht viel Freude?<br />
31
Literaturnachweis<br />
Ullstein Porzellanbuch<br />
Porzellan, Keramik, Glas<br />
Dr. W. Körting, Bamberg<br />
Fragen über Porzellan, Glas, Keramik<br />
Hans Freidel, Marktredwitz<br />
Zur Sache Glas<br />
Terence Maloney dva, Stuttgart<br />
Viertausend Jahre Glas<br />
Fritz Kämpfer, Kunstverlag Dresden<br />
Rosenthal/Schulung<br />
Ellen Boehm 1999<br />
32