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ADAM BOTA SCHICHTWECHSEL - BSA - Berlin Selected Artists

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Günther Oberhollenzer<br />

Kurator im Essl Museum, Klosterneuburg/Wien<br />

Sofa, der Umgebung und der Luft. Gegenstände lösen<br />

sich auf, fließen ineinander. Die Figur verschwindet<br />

Handlungen auszumachen (z.B. „Zug“). Die im<br />

Farbumfeld fast völlig aufgehenden gepixelten<br />

im Dunkeln.<br />

Konturen lassen aber keine klare Deutung oder gar<br />

Erzählung zu. Sollen sie auch nicht. Auswahl und<br />

Auflösung und Neubildung<br />

aufzulösen – wie die am Anfang des Katalogs zu<br />

sehenden Werke eindrucksvoll vor Augen führen.<br />

Eine konsequente Fortführung oder besser<br />

Variation des Themas stellen die zwei neuesten Werkzyklen<br />

dar. Mitschnitte von Undergroundkonzerten –<br />

Interesse gelten nicht dem Inhalt der Motive – wieder<br />

greift Bota auf grobkörnige Videostills zurück –,<br />

sondern ihrem Potenzial für eine möglichst span-<br />

Geheimnisvolle Körperformen<br />

und malerische Farbräume in den<br />

Werken von Adam Bota<br />

Die massigen, schwammigen Leiber der Badenden<br />

verharren eng aneinandergedrängt, Konturen verwischen<br />

und verschwimmen.<br />

Es ist eine expressive Malweise von ungemeiner<br />

wackelige, unscharfe Videos aus dem Internet<br />

beziehungsweise daraus entnommene Stills – dienen<br />

als Ausgangspunkt für eine Bilderserie, in der sich<br />

Konzertbesucher und Band fast vollständig in Schicht<br />

um Schicht aufgetragenen Farbschattierungen<br />

nungsvolle malerische Umsetzung. Durch die<br />

Loslösung von der Quelle gewinnt der Künstler Macht<br />

über sie, benützt sie für seine Malerei. Die Quelle<br />

wird sekundär. Das gilt auch für zahlreiche alte<br />

Schwarz-Weiß-Fotos ohne Namen und mit nur mehr<br />

Adam Bota ist ein Nachtarbeiter. Er malt meist bei<br />

Spannung und unheimlicher Fleischlichkeit. Eine<br />

verlieren. Die Zuschauer scheinen mit der Band und<br />

dunkel zu erahnender Geschichte: Bota hat sie auf<br />

Nacht, in Neonlicht, acht bis zehn Stunden, oft ohne<br />

spotartige Beleuchtung einzelner Konturen verstärkt<br />

der Musik zu verschmelzen.<br />

dem Flohmarkt gefunden und setzt sie in freie,<br />

Pause. Häufig arbeitet er an mehreren Bildern<br />

die betont kontrastreiche Farbgebung, die Hautober-<br />

farbige Malerei um. Die „dargestellten“ Menschen,<br />

gleichzeitig, doch dann, nach einigen Malnächten,<br />

flächen in den verschiedensten Tönen von Rosa,<br />

Bota besitzt eine besondere Affinität zu Farbtempera-<br />

ihre Konturen sind auf die Malerei bezogen, sanft<br />

fokussiert sich sein Blick auf ein Werk, das danach<br />

Blau, Gelb, Orange oder Grün lassen an Hitze und<br />

tur und Kolorit, subtil und mit feinem Gespür gestal-<br />

eingebettet leben sie in ihr, statt sich an den Rezipi-<br />

verlangt, fertig gemalt zu werden. Bota ist ein<br />

Kälte, aber auch an Krankheit, Tod und Verwesung<br />

tet er verschiedenste Abstufungen. Die atmosphäri-<br />

enten zu wenden oder einen fassbaren Inhalt zu<br />

leidenschaftlicher Maler, immer wieder versucht er,<br />

denken und lösen beim Betrachter Assoziationen zu<br />

schen Farbräume, die flirrenden Lichtstimmungen<br />

vermitteln. Anders als in „Sekundenschlaf“ erfindet<br />

dem Medium neue Aspekte, ungeahnte Facetten<br />

(alb)traumhaften Szenen aus (siehe Seite 10/11).<br />

und stofflich-pointillistischen Strukturen wirken<br />

Bota die Farbgebung hier völlig neu. Meist sind die<br />

abzuringen.<br />

surreal verspielt, zugleich aber konzentriert und<br />

Malereien auf zwei Farbtönen aufgebaut, die im<br />

Dunkle Räume und Menschen in der Dunkelheit<br />

akribisch gemalt. Die Arbeiten gehen gedanklich auf<br />

Zusammenspiel variiert werden. Bota experimentiert<br />

So hat er zu einer ganz eigenen Formensprache<br />

wecken in der Folge Botas malerische Neugier.<br />

Botas Jugend zurück: „Ich erinnere mich, wie ich im<br />

mit unterschiedlichen Hell-dunkel-Werten: Rosa<br />

gefunden, die sich klaren, vereinfachenden Kategorien<br />

In einem Wiener Café bemerkt der Künstler zufällig<br />

Dunkeln stehe und auf eine helle Szene blicke“,<br />

kombiniert mit Gelb („Garten 1“), Orange kontrastiert<br />

und Zuordnungen entzieht. Neue Malereien und<br />

„einen alten, verwirrten und seiner Erscheinung nach<br />

erzählt der Künstler. Bühnen üben eine Faszination<br />

mit Grün („Waldgruppe“). Immer ist die Malerei von<br />

Arbeiten aus den letzten Jahren sind in dieser<br />

gebrochenen Mann“. Ein gesellschaftlicher Außen-<br />

auf ihn aus, auch seine Malerei hat oft etwas<br />

der Farbe und dem Malprozess her gedacht, doch<br />

Publikation vereint, eindrucksvolles Anschauungs-<br />

seiter, der, so Bota, mehr oder weniger zum Inventar<br />

Bühnenhaftes. Dass es sich bei den Veranstaltungen<br />

besonders bei einigen neuen Werken werden die<br />

material für die schöpferische Bandbreite dieses<br />

gehört, fast immer an der gleichen Stelle sitzt und<br />

um Hardcore- und Punkkonzerte handelt, ist Bota<br />

Spuren des Malvorgangs ungebrochen auf der<br />

vielseitigen wie außergewöhnlichen Künstlers.<br />

von den anderen Gästen kaum noch beachtet wird.<br />

wichtig, denn in den 1980er-Jahren wurde er in<br />

Leinwand sichtbar. Deutlich erkennbare Pinselstriche,<br />

Der Künstler fotografiert ihn im Halbdunkel mehrere<br />

diesem Umfeld sozialisiert und war Teil der Szene.<br />

Übermalungen und Farbschlieren lassen den figurati-<br />

Massige Körper, ein einsamer Mann in einem<br />

Male mit dem Handy und entdeckt, dass sich die<br />

Der Titel „Moshpit“ bezieht sich auf einen Kreis, der<br />

ven Bildgegenstand noch stärker hinter dem Malakt<br />

schummrigen Lokal, Undergroundkonzerte und jüngst<br />

Schnappschüsse stark aufpixeln, anstelle der<br />

sich bei solchen Konzerten häufig vor der Bühne<br />

zurücktreten. Ergebnis ist eine Malerei, in der nicht<br />

auch alte Schwarz-Weiß-Fotos dienen als Inspirations-<br />

erwarteten Unschärfe verfügen die Bilder über eine<br />

bildet und in dem Zuschauer tanzen. Konzerte gab es<br />

jedes Detail ausformuliert oder geglättet ist. Vieles<br />

quelle für eine Malerei, die zwar aus Erscheinungen<br />

grobe Rasterung mit überraschend vielen Farbab-<br />

in Hinterhöfen, leer stehenden Gebäuden und<br />

wird nur angedeutet und gewinnt gerade dadurch an<br />

unserer Welt schöpft, aber im Malprozess und im<br />

stufungen.<br />

improvisierten Lokalen – Orte und Räume, die<br />

Kraft und Ausdrucksstärke (besonders gut zu sehen<br />

Resultat nur mehr wenig mit ihr zu tun haben will.<br />

Eingang in Botas Malerei gefunden haben.<br />

im dynamisch-expressiven Bild „Wasserspiele“ –<br />

Botas frühe gegenständliche Arbeiten bevölkert noch<br />

Bota ist fasziniert. Die Handyfotos haben für ihn eine<br />

„Relevante, gute Kunst kommt aus der Subkultur“,<br />

wunderbar die rinnenden Farbspuren und die an den<br />

ein an realistische Malerei erinnerndes Figuren-<br />

hohe malerische Qualität („Der malerische Prozess<br />

ist der Künstler überzeugt.<br />

Rändern noch durchscheinende weiße Leinwand!).<br />

arsenal. Basierend auf visuellen Materialien,<br />

beginnt bereits beim Fotografieren“) und bergen ein<br />

Bota gelingt es, den richtigen Moment zu erkennen,<br />

die er aus Zeitschriften, Werbeprospekten und<br />

reizvolles künstlerisches Potenzial. Der einsame<br />

In der Serie mit dem bedeutungsschweren Titel<br />

„die Bilder nicht zuzumalen“ und rechtzeitig mit der<br />

anderen Quellen entnimmt, werden füllige menschli-<br />

Mann wird Ausgangspunkt und Hauptfigur der<br />

„Tarnen und Täuschen“ entwickelt Bota stilistisch<br />

Arbeit aufzuhören. So bewahren die Werke jene<br />

che Körper, nacktes Fleisch und oft auch sein eigenes<br />

Werkserie „Sekundenschlaf“. Beim Malen treibt Bota<br />

ähnliche, aber im Kolorit abweichende Farbteppiche<br />

rhythmische Bewegung mit schnellem Pinselstrich,<br />

Abbild zu vielschichtigen Bildcollagen montiert. Doch<br />

den Prozess der Auflösung und Zersetzung noch<br />

in erdig grünen Tönen. Verschwommen sind Men-<br />

die den malerischen Entstehungsprozess gekenn-<br />

alsbald beginnen sich erste figurative Formen<br />

weiter, der Mann verwächst mit seiner Kleidung, dem<br />

schengruppen, teilweise vielleicht auch militärische<br />

zeichnet hat. Prozessorientierte Malerei lässt vieles<br />

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