Katalog GS 2002.indd - glasbeni september - Narodni dom Maribor
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WIENER WALZER<br />
In der wertgesicherten Literatur der Hornisten finden sich<br />
– zumal in der so musikreichen Zeitspanne des 18. und 19.<br />
Jahrhunderts – schmerzlich wenige Quintette für Horn und<br />
Streicher. Die auf Jagdgesellschaften und im signalträchtigen<br />
Vorfeld von Grossveranstaltungen immer wieder gern gehörten<br />
Blechbläser dürfen sich glücklich schätzen, im konzertanten<br />
Bereich der sogenannten romantischen Epoche wenigstens<br />
von Robert Schumann (Konzertstück für vier –! – Hörner<br />
und Orcherster) und von Richard Strauss (immerhin zwei<br />
Hornkonzerte) mit schöner, brillanter Musik bedacht worden zu<br />
sein. Mit den vier Hornkonzerten und dem noch etwas früher<br />
entstandenen Rondo (KV 371), sowie dem heute gespielten<br />
Hornquintett in Es-Dur (KV 407) von Wolfgang Amadeus<br />
Mozart aber ist ihnen ein künstlerisches Guthaben sicher, das<br />
ihnen niemand in aller Welt mehr entwinden möchte – zum<br />
friedfertigen Leidwesen etwa der Trompeter und Posaunisten,<br />
die sich auf barocke Kleinmeister und auf zeitgenössische<br />
Experimentalmusik konzentrieren müssen. Wie attraktiv<br />
Mozarts Hornquintett auch für andere Instrumentalisten<br />
ist, zeigt die Tatsache, dass der Hornpart gelegentlich von<br />
einem zweiten Cellisten übernommen wird. Jenem Musiker<br />
aber, dem das Werk aller Wahrscheinlichkeit zugedacht<br />
war – dem Waldhornisten Ignaz Leutgeb – wäre wohl eine<br />
solche Aufführungspraxis nicht gerade gelegen gekommen,<br />
denn Mozart hat sich in der Formulierung und Abtönung der<br />
Hornstimme einfühlsam auf die Möglichkeiten des Instruments<br />
eingestellt – und natürlich auch auf dessen Mischqualitäten mit<br />
der hohen Violine, mit der vermittelnden Qualität der Viola und<br />
der grundierenden Impulsivität des Violoncellos.<br />
Im Fall des 1865 publizierten Klavierquintetts op. 34 von<br />
Johannes Brahms lohnt es sich immer wieder, die komplizierte,<br />
schmerzensreiche Entstehungsgeschichte in Erinnerung zu<br />
rufen. In der Fassung der musikalischen Grundideen für die<br />
Besetzung Klavier und Streichquartett handelt es sich um die<br />
finalistische Ausarbeitung eines 1862 notierten Streichquintetts,<br />
das zunächst zu einer Sonate für zwei Klaviere umgearbeitet<br />
wurde (und als solche bis zum heutigen Tag von den<br />
Klavierduos mit Hingabe aufgeführt wird). Die Klavierquintett-<br />
Endlösung rief einhellige Begeisterung in den praktizierenden<br />
und reagierenden Fachkreisen hervor. Geiringer rühmte das<br />
Werk mit einem rhetorischen Fragezeichen versehen als »das<br />
vielleicht bedeutendste Kammermusikwerk der frühen Wiener<br />
Jahre«, während Hermann Levi, der Uraufführungsdirigent des<br />
Wagnerschen »Parsifals«, zu uneingeschränkem Superlativ griff,<br />
indem er das Werk als »ein Meisterwerk der Kammemusik«<br />
bezeichnete, »wie wir seit Schuberts Tod kein zweites<br />
aufzuweisen haben.« Über vieles hat man sich im Umfeld der<br />
Straussischen Musik schon längst – und so gut wie weltweit<br />
– geeinigt: ihr erfrischender Impuls, ihre<br />
Unverbrauchtheit im Sinne rhythmischer und melodischer (und<br />
von Fall zu Fall auch praktisch-tänzerischer) Einprägsamkeit<br />
und Brauchbarkeit, ihr einschmeichelndes Kolorit, ihr<br />
verachtungsvolles Tempo in den schnellen Polkas und<br />
Galoppen. Dies alles und noch etliches mehr vermochte sich<br />
im Bewußtsein einer musikliebenden – gleichwohl priveligierten<br />
– Weltöffentlichkeit als akustisches, vital-spezifisches<br />
Markenzeichen wienerischen Selbstverständnisses (und<br />
-genusses) so unauslöschlich einzuprägen wie etwa das<br />
Rechtsgefühl für die Maximen der französischen Revolution.<br />
Hingegen mochte man sich in Fach- wie in Dilettantenkreisen<br />
bis zum heutigen Tag noch nicht auf eine verbindliche<br />
Schreibweise des Strauss(?)ischen Familiennamens einigen.<br />
Die zum 150. Todestag von Johann Strauss (Vater) und<br />
zum 100. Todestag des Sohnes in »limitierter Edition« von<br />
den Wiener Philharmonikern herausgegebene Jubiläums-<br />
Kassette »Wiener Philharmoniker – Johann Strauss« gibt<br />
von dieser ortographischen Kalamität reichlich Zeugnis. Im<br />
allgemeinen hatte man das altertümliche »ß« ausgemerzt, aber<br />
schon auf der dritten Seite fand sich die alte Schreibweise,<br />
nämlich dort, wo sich die Wiener Philharmoniker bei<br />
diesem und jenem für die »grosszügige Überlassung der<br />
Rechte und Aufnahmen der »Johann-Strauß-Edition 1999«<br />
bedankten. Doch was bedeuten solche orthographischen und<br />
musikakademischen Unsicherheiten schon in Anbetracht einer<br />
Musik, die in geraden und ungeraden Taktarten längst die<br />
lauschenden Herzen und zuckenden Füsse einer Gemeinde<br />
von weltumspannender Grösse für sich gewonnen hat. Dabei<br />
ist es immer wieder von besonderem Reiz, die Walzer und<br />
Polkas in kleinerer, den ursprünglichen (und mehrheitlichen)<br />
Aufführungsgewohnheiten entsprechender Besetzung zu<br />
erleben. In den Ballsälen und Tanzgärten Wiens hatte mann ja<br />
keine Orchester in philharmonischer, also in Brahms-Besetzung<br />
zur Verfügung. Auf diese Überschaubarkeit der Ensembles<br />
reagierten ja auch Schönberg, Berg und Webern in ihren<br />
Kammermusikbearbeitungen Straussischer Walzerthemen.<br />
Peter Cossé<br />
P R O G R A M I I I<br />
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