Segregation(sforschung) – quo vadis? - VHW
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Stadtentwicklung<br />
<strong>Segregation</strong><strong>sforschung</strong> <strong>–</strong> <strong>quo</strong> <strong>vadis</strong>?<br />
Abb. 2: Ebenen zwischen Struktur- und Handlungsmerkmalen<br />
um innovative Produkte zu erzeugen. Das ist insofern segregationsrelevant,<br />
weil in diesen Gruppen die Kreativität durch das<br />
Zusammenspiel möglichst unterschiedlicher Denktraditionen<br />
erzeugt wird (diversity management). Die Frage ist, welche Bedingungen<br />
solche Orte erfüllen müssen, wie diese Orte weiter<br />
entwickelt werden und wie eine neue „Kultur des Vertrauens“<br />
entstehen kann, aus der heraus nicht nur ‚creative industries‘,<br />
sondern auch eine kreative Zivilgesellschaft entstehen kann<br />
(vgl. Frey 2008).<br />
Es ist zudem überraschend, dass dem Öffentlichen Raum in<br />
der <strong>Segregation</strong>s-/Integration<strong>sforschung</strong> bislang so wenig Beachtung<br />
geschenkt wurde 4 , ist doch der Öffentliche Raum der<br />
Ort, an dem die Sichtbarkeit des Fremden in besonderer Weise<br />
wahrgenommen wird, ist er doch zudem die Bühne, auf der sich<br />
die sozialen Gruppen zeigen; es ist der Raum, der besetzt und<br />
eingenommen wird, ohne einen Eigentumstitel zu haben.<br />
Gerade in gemischten Gebieten zeigen sich die sozialen Gruppen,<br />
nehmen einander wahr und schließen sich nicht hinter<br />
den Wohnungstüren ein. Ein großer Teil der Menschen mit<br />
Zuwanderungshintergrund ist es gewohnt, den Öffentlichen<br />
Raum viel selbstverständlicher zu besetzen, sich dort zu treffen<br />
4 Natürlich ist dieser Umstand pragmatisch erklärbar, so lange man kleinräumige Statistiken<br />
über die Belegung und die Ausstattung von Wohnungen hat und kräftig an<br />
die Erklärungskraft der wenigen Strukturdaten über die Wohnbevölkerung glaubt.<br />
und zu verabreden, einen Teil des „privaten Wohnens“ nach<br />
draußen zu verlagern <strong>–</strong> das gilt insbesondere dann, wenn die<br />
Wohnungen überbelegt und schlecht ausgestattet sind, wenn<br />
die Menschen viel freie Zeit haben und wenn sie männlich sind.<br />
Ihre Wahrnehmbarkeit über äußere Merkmale und expressiveren<br />
Verhaltensweisen führt jedoch zu Verunsicherungen und Ängsten<br />
in den eher konservativen Milieus der Aufnahmegesellschaft<br />
(einschließlich bereits recht gut integrierter Menschen mit Zuwanderungshintergrund).<br />
Dies führt zum einen dazu, dass die<br />
Zahl und der Anteil der Fremden überschätzt werden („angstgeweitete<br />
Pupillen“) und sehr häufi g zu Abwehr-Reaktionen einer<br />
„überforderten Nachbarschaft“. Betrachtet man die Optionen<br />
der verunsicherten Alteingesessenen, so bleiben entweder<br />
❏ Ausweich-Strategien [Fortzug (1a) und Rückzug in die eigene<br />
Lebenswelt (1b)],<br />
❏ Protest-Strategien [mehr oder weniger geäußerte Fremdenfeindlichkeit<br />
(2a), die Suche nach Sündenböcken, denen<br />
die Schuld an allgemeiner Verschlechterung zugeschrieben<br />
werden kann (2b)], oder aber<br />
❏ Arrangements mit „den Fremden“ in (nahezu) berührungslosen,<br />
aber zivilisierten Parallelwelten (3a) und das Lernen<br />
voneinander (3b).<br />
vhw FW 3 / Juni <strong>–</strong> Juli 2008 129