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Verzögerte Eintragung einer im Ausland geschlossenen Ehe in das ...

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NLMR 4/2010-EGMR<br />

235<br />

<strong>Verzögerte</strong> <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> <strong>e<strong>in</strong>er</strong> <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong> <strong>geschlossenen</strong><br />

<strong>Ehe</strong> <strong>in</strong> <strong>das</strong> nationale Personenstandsregister<br />

Dadouch gg. Malta, Urteil vom 20.7.2010, Kammer IV, Bsw. Nr. 38.816/07<br />

Leitsatz<br />

Die <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> <strong>e<strong>in</strong>er</strong> <strong>Ehe</strong> betrifft sowohl <strong>das</strong> Privat- als<br />

auch <strong>das</strong> Familienleben <strong>e<strong>in</strong>er</strong> Person iSv. Art. 8 EMRK.<br />

In Fällen, bei denen die Nationalität mittels Reisepass<br />

besche<strong>in</strong>igt werden kann, geht die Beweislast für<br />

die Behauptung, <strong>das</strong>s die dar<strong>in</strong> enthaltenen Informationen<br />

ke<strong>in</strong>en zw<strong>in</strong>genden Staatsbürgerschaftsnachweis<br />

darstellen würden, auf die staatlichen Behörden über.<br />

Rechtsquellen<br />

Art. 8, 14 EMRK<br />

Vom GH zitierte Judikatur<br />

▸▸<br />

Benes/A v. 6.1.1992 (ZE)<br />

Schlagworte<br />

Beweislast; Diskr<strong>im</strong><strong>in</strong>ierung; <strong>Ehe</strong>schließung; Familienleben;<br />

Personenstandsrecht; Privatleben<br />

Sachverhalt<br />

Eduard Christian Schöpfer<br />

Der Bf. wurde 1967 <strong>in</strong> Syrien geboren. 1993 erhielt er die<br />

maltesische Staatsbürgerschaft <strong>in</strong>folge <strong>e<strong>in</strong>er</strong> mit <strong>e<strong>in</strong>er</strong><br />

maltesischen Staatsangehörigen e<strong>in</strong>gegangenen <strong>Ehe</strong>.<br />

Sie wurde 2002 mittels gerichtlicher Verfügung annulliert,<br />

da es sich dabei um e<strong>in</strong>e »Zweckehe« gehandelt<br />

habe. Gemäß den e<strong>in</strong>schlägigen gesetzlichen Regelungen<br />

behielt der Bf. se<strong>in</strong>e maltesische Staatsbürgerschaft.<br />

2003 heiratete der Bf. e<strong>in</strong>e russische Staatsangehörige<br />

<strong>in</strong> Moskau. Er suchte daraufh<strong>in</strong> be<strong>im</strong> maltesischen<br />

Standesamt um <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> s<strong>e<strong>in</strong>er</strong> <strong>Ehe</strong> an. Ungeachtet<br />

der Vorlage se<strong>in</strong>es Personalausweises bzw. Passes wurde<br />

ihm mitgeteilt, nach gängiger Verwaltungspraxis müsse<br />

er e<strong>in</strong>e von der Abteilung für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten<br />

ausgestellte Bestätigung beibr<strong>in</strong>gen, wonach<br />

er Staatsbürger von Malta sei. Vor Letzterer wandte der<br />

Bf. e<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s für die Ausstellung <strong>e<strong>in</strong>er</strong> Bestätigung k<strong>e<strong>in</strong>er</strong>lei<br />

rechtliche Basis existiere, suchte aber dennoch<br />

um e<strong>in</strong>e an. Der Abteilungsleiter lehnte dies jedoch mit<br />

der Begründung ab, er wäre dazu nicht verpflichtet.<br />

Am 31.5.2005 wies <strong>das</strong> maltesische »Gericht für die<br />

Berichtigung von Notariatsakten« den Leiter des Standesamts<br />

an, die <strong>Ehe</strong> vorbehaltlich der Beibr<strong>in</strong>gung der<br />

Orig<strong>in</strong>al-Heiratsurkunde und <strong>e<strong>in</strong>er</strong> von e<strong>in</strong>em Rechtsanwalt<br />

beglaubigten englischen Übersetzung e<strong>in</strong>zutragen.<br />

Der Aufforderung wurde jedoch nicht entsprochen.<br />

Am 5.4.2006 wurde die gerichtliche Anordnung vom<br />

Gericht zweiter Instanz mit der Begründung aufgehoben,<br />

e<strong>in</strong> Reisepass stelle ke<strong>in</strong>en zw<strong>in</strong>genden Beweis für<br />

e<strong>in</strong>e maltesische Staatsangehörigkeit dar. Abgesehen<br />

davon stehe es <strong>im</strong> Ermessen des Leiters des Standesamts,<br />

welche Dokumente ihm zwecks Beurteilung der<br />

Authentizität von Urkunden vorgelegt werden sollten. 1<br />

In der Folge rief der Bf. den Civil Court (First Hall) an<br />

und behauptete, die Verweigerung der <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> s<strong>e<strong>in</strong>er</strong><br />

<strong>Ehe</strong> stelle e<strong>in</strong>e Verletzung se<strong>in</strong>es Rechts auf Privatleben<br />

gemäß Art. 8 EMRK alle<strong>in</strong>e und <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

Art. 14 EMRK dar. Im Zuge des Verfahrens bestätigte der<br />

Leiter des Büros für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten,<br />

<strong>das</strong>s der Bf. maltesischer Staatsbürger sei.<br />

Am 13.6.2006 zog der Bf. se<strong>in</strong>e Klage h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Verletzung von Art. 14 EMRK iVm. Art. 8 EMRK zurück.<br />

Am 10.10.2006 wies der Civil Court die Klage des Bf.<br />

mit dem H<strong>in</strong>weis ab, Art. 8 EMRK sei nicht verletzt worden,<br />

da der Leiter des Standesamts den Antrag des Bf. auf<br />

<strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> s<strong>e<strong>in</strong>er</strong> <strong>Ehe</strong> nicht kategorisch abgelehnt, sondern<br />

ihn lediglich um e<strong>in</strong>e geeignete Form der Besche<strong>in</strong>igung<br />

ersucht habe. Der Bf. wandte sich daraufh<strong>in</strong> mit<br />

<strong>e<strong>in</strong>er</strong> Beschwerde an <strong>das</strong> Verfassungsgericht.<br />

Am 13.11.2006 wurde die <strong>Ehe</strong> des Bf. auf Basis der von<br />

ihm ursprünglich vorgelegten Dokumente e<strong>in</strong>getragen.<br />

Mit Erkenntnis vom 9.3.2007 befand <strong>das</strong> Verfassungsgericht,<br />

<strong>das</strong>s Art. 8 EMRK nicht verletzt sei. Andererseits<br />

gehe aus der Aussage des Leiters des Büros für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten<br />

e<strong>in</strong>deutig hervor, <strong>das</strong>s<br />

der Bf. maltesischer Staatsbürger sei. Aufgrund der Trägheit<br />

der Behörden sei se<strong>in</strong>e <strong>Ehe</strong> erst <strong>im</strong> November 2006<br />

e<strong>in</strong>getragen worden. Das Urteil des Civil Court sei daher<br />

teilweise aufzuheben und die Kosten zwischen den Parteien<br />

aufzuteilen.<br />

1 Nach Art. 244 Zivilgesetzbuch darf der Leiter des Standesamts<br />

die Bestätigung der Echtheit von Urkunden betreffend <strong>im</strong> <strong>Ausland</strong><br />

e<strong>in</strong>gegangene <strong>Ehe</strong>n maltesischer Staatsbürger verlangen.<br />

Österreichisches Institut für Menschenrechte © Jan Sramek Verlag


236<br />

Dadouch gg. Malta<br />

Rechtsausführungen<br />

Der Bf. rügt Verletzungen von Art. 8 EMRK (hier: Recht<br />

auf Achtung des Privat lebens) alle<strong>in</strong>e und <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit Art. 14 EMRK (Diskr<strong>im</strong><strong>in</strong>ierungsverbot).<br />

NLMR 4/2010-EGMR<br />

beruflichen Bereich. Die Weigerung, die <strong>Ehe</strong> des Bf. zu<br />

registrieren, hätte daher zweifellos Auswirkungen auf<br />

dessen Privatleben gehabt. Die beträchtlich verzögerte<br />

<strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> von dessen <strong>Ehe</strong> <strong>im</strong> Ausmaß von mehr als 28<br />

Monaten stellt somit e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> Art. 8 EMRK dar.<br />

I. Zur behaupteten Verletzung von Art. 8 EMRK<br />

Der Bf. beanstandet die auf der zw<strong>in</strong>genden Vorlage<br />

e<strong>in</strong>es Staatsbürgerschaftsnachweises fußende Weigerung<br />

der Behörden, se<strong>in</strong>e <strong>Ehe</strong> zu registrieren.<br />

1. Zur Zulässigkeit<br />

Dieser Beschwerdepunkt ist weder offensichtlich unbegründet<br />

noch aus e<strong>in</strong>em anderen Grund unzulässig. Er<br />

muss folglich für zulässig erklärt werden (e<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mig).<br />

2. In der Sache<br />

a. Zum Vorliegen e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>griffs<br />

Art. 8 EMRK be<strong>in</strong>haltet auch e<strong>in</strong> Recht auf persönliche<br />

Entwicklung bzw. auf Begründung von Beziehungen<br />

mit anderen Menschen. Der GH sieht daher ke<strong>in</strong>en<br />

Grund, warum die staatliche Anerkennung des Personenstands<br />

e<strong>in</strong>es Individuums – mag es nun ledig, verheiratet,<br />

geschieden oder auch verwitwet se<strong>in</strong> – nicht<br />

Teil von dessen persönlicher und sozialer Identität se<strong>in</strong><br />

sollte. Die Registrierung <strong>e<strong>in</strong>er</strong> <strong>Ehe</strong> betrifft somit sowohl<br />

<strong>das</strong> Privat- als auch <strong>das</strong> Familienleben iSv. Art. 8 EMRK.<br />

Zwar kann Art. 8 EMRK <strong>in</strong> Angelegenheiten der Immigration<br />

nicht derart <strong>in</strong>terpretiert werden, <strong>das</strong>s er dem<br />

Staat e<strong>in</strong>e generelle Verpflichtung auferlegt, die Entscheidung<br />

von verheirateten Paaren zu respektieren,<br />

ihren ehelichen Wohnsitz <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Territorium zu verlegen,<br />

und er <strong>in</strong>soweit e<strong>in</strong>e Wiedervere<strong>in</strong>igung der Familie<br />

zulassen muss. Andererseits kann die Verweigerung<br />

der Registrierung <strong>e<strong>in</strong>er</strong> <strong>Ehe</strong> Auswirkungen zeitigen, die<br />

über Fragen der Immigration h<strong>in</strong>ausgehen und <strong>das</strong> Privat-<br />

oder <strong>das</strong> Familienleben von Staatsangehörigen und<br />

Ausländern gleichermaßen betreffen können.<br />

Die Parteien s<strong>in</strong>d sich h<strong>in</strong>sichtlich der Auswirkungen<br />

der <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> des <strong>Ehe</strong>stands une<strong>in</strong>ig. Während<br />

zwar aus § 12 des maltesischen <strong>Ehe</strong>gesetzes klar hervorgeht,<br />

<strong>das</strong>s e<strong>in</strong>e Nichte<strong>in</strong>tragung k<strong>e<strong>in</strong>er</strong>lei rechtliche Folgen<br />

nach sich zieht, darf der GH die tatsächlichen Auswirkungen<br />

<strong>e<strong>in</strong>er</strong> Registrierung <strong>im</strong> täglichen Leben nicht<br />

außer Acht lassen. Wie auch die Regierung bestätigt hat,<br />

würden die Behörden nicht zusätzliche Beweise für e<strong>in</strong>e<br />

Heirat <strong>im</strong> Fall der Vorlage <strong>e<strong>in</strong>er</strong> vom Standesamt ausgestellten<br />

Besche<strong>in</strong>igung verlangen. Würde e<strong>in</strong>e solche<br />

fehlen, könnte dies die Behandlung von behördlichen<br />

Ersuchen (etwa auf Gewährung von Sozialhilfe) verlängern,<br />

komplizierter oder überhaupt unmöglich machen.<br />

Ähnliches gilt für notwendige Bestätigungen etwa <strong>im</strong><br />

b. War der E<strong>in</strong>griff gesetzlich vorgesehen?<br />

Die nationalen Gerichte kamen zu dem Ergebnis, <strong>das</strong>s<br />

die Verweigerung der <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> mit Art. 224 Zivilgesetzbuch<br />

vere<strong>in</strong>bar sei. Der GH hegt starke Zweifel, ob<br />

die Gesetze, <strong>in</strong>sbesondere, was den Staatsbürgerschaftsnachweis<br />

anlangt, die Erfordernisse der Klarheit und<br />

Vorhersehbarkeit erfüllten. Er sieht es jedoch nicht als<br />

erforderlich an, diese Frage hier abschließend zu klären.<br />

c. Bestand für den E<strong>in</strong>griff e<strong>in</strong> legit<strong>im</strong>es Ziel?<br />

Zwar kann der GH schwerlich nachvollziehen, <strong>in</strong>wiefern<br />

die Verweigerung der <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> der <strong>Ehe</strong> des Bf. Bigamie<br />

verh<strong>in</strong>dern oder Rechtssicherheit bezüglich des<br />

Personenstands gewährleisten sollte (wie dies die Regierung<br />

behauptet), jedoch ist er bereit zu akzeptieren,<br />

<strong>das</strong>s die nationale Regelung der <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong> von <strong>Ehe</strong>n<br />

den legit<strong>im</strong>en Zielen der Aufrechterhaltung der Ordnung<br />

und dem Schutz der Rechte anderer dient.<br />

d. War der E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong>er</strong> demokratischen Gesellschaft<br />

notwendig?<br />

Der GH er<strong>in</strong>nert daran, <strong>das</strong>s es <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Aufgabe<br />

des nationalen Gesetzgebers ist, Regeln h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Gültigkeit von <strong>Ehe</strong>n und ihrer Rechtsfolgen aufzustellen.<br />

Dies gilt auch für Verfahren betreffend die <strong>E<strong>in</strong>tragung</strong><br />

von <strong>Ehe</strong>n.<br />

Die Regierung hat – abgesehen von der Anforderung,<br />

<strong>das</strong>s die vom Bf. vorgelegten Dokumente die Formerfordernisse<br />

erfüllen müssten – k<strong>e<strong>in</strong>er</strong>lei Gründe angegeben,<br />

welche <strong>das</strong> Bedürfnis <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong>er</strong> demokratischen<br />

Gesellschaft rechtfertigen könnten, die Registrierung<br />

der <strong>Ehe</strong> des Bf. für mehr als zwei Jahre zu verweigern.<br />

Auch gesetzt den Fall, die Heirat <strong>in</strong> Russland hätte e<strong>in</strong>e<br />

zusätzliche Überprüfung verlangt, ist der GH der Überzeugung,<br />

<strong>das</strong>s die von der Regierung als notwendig<br />

erachtete Befassung mit dem Haager Übere<strong>in</strong>kommen<br />

über die Abschaffung der Erfordernis der Beglaubigung ausländischer<br />

öffentlicher Dokumente vom 5.10.1961 (zwecks<br />

Überprüfung, ob die Heiratsurkunde beglaubigt worden<br />

war) oder Anfragen bei der russischen Botschaft zügiger<br />

hätten durchgeführt werden können.<br />

Was die Besche<strong>in</strong>igung der Staatsbürgerschaft des<br />

Bf. anlangt, ist der GH der Ansicht, <strong>das</strong>s angesichts der<br />

Tatsache, <strong>das</strong>s er <strong>in</strong> Besitz e<strong>in</strong>es gültigen maltesischen<br />

Reisepasses war, die Vermutung entstand, er sei maltesischer<br />

Staatsbürger. In Fällen, bei denen die Nationa-<br />

Österreichisches Institut für Menschenrechte © Jan Sramek Verlag


NLMR 4/2010-EGMR<br />

lität mittels Reisepass besche<strong>in</strong>igt werden kann, geht<br />

die Beweislast für die Behauptung, <strong>das</strong>s die dar<strong>in</strong> enthaltenen<br />

Informationen ke<strong>in</strong>en zw<strong>in</strong>genden Staatsbürgerschaftsnachweis<br />

darstellen würden, daher auf die<br />

Behörden über. Falls Letztere die Vermutung gehegt<br />

hätten, der Bf. könnte auf se<strong>in</strong>e maltesische Staatsbürgerschaft<br />

verzichtet haben, wäre es an ihnen gelegen,<br />

die Angelegenheit durch die zuständige Abteilung und<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es vernünftigen Zeitrahmens überprüfen<br />

zu lassen, anstatt vom Besitzer e<strong>in</strong>es gültigen maltesischen<br />

Reisepasses zu verlangen, er möge den Beweis<br />

dafür antreten, <strong>das</strong>s er die maltesische Staatsbürgerschaft<br />

noch <strong>in</strong>nehabe. Auch unter der Annahme, die Beibr<strong>in</strong>gung<br />

e<strong>in</strong>es derartigen Nachweises wäre <strong>in</strong> Fällen der<br />

erworbenen Staatsbürgerschaft <strong>im</strong> Wege der Registrierung<br />

bzw. E<strong>in</strong>bürgerung (die jeweils widerrufen werden<br />

können) zulässig, kann der GH dennoch nicht akzeptieren,<br />

<strong>das</strong>s damit e<strong>in</strong>e derart lange zeitliche Verzögerung<br />

e<strong>in</strong>herg<strong>in</strong>g. Sie hielt auch während des <strong>in</strong>nerstaatlichen<br />

Verfahrens an. Die Überprüfung der Staatsbürgerschaft<br />

fand erst mit der Zeugenaussage des Leiters des Büros<br />

für Staatsbürgerschaftsangelegenheiten ihr Ende. Ferner<br />

hatte der Bf. trotz zweifelhafter Gesetzeslage versucht,<br />

e<strong>in</strong>en schriftlichen Staatsbürgerschaftsnachweis<br />

zu erhalten, jedoch lehnten die Behörden es ab, e<strong>in</strong>en<br />

solchen auszustellen.<br />

Der GH weist daher die Behauptung der Regierung<br />

zurück, die Verzögerungen seien der Entscheidung des<br />

Bf. zuzuschreiben, gerichtliche Schritte zu unternehmen.<br />

Das maltesische Verfassungsgericht selbst räumte<br />

e<strong>in</strong>, die Verzögerungen seien <strong>das</strong> Resultat verwaltungsbehördlicher<br />

Trägheit gewesen. Auch die Regierung hat<br />

e<strong>in</strong>gestanden, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Verfahren unnötigerweise verzögert<br />

worden war. Unter diesen Umständen stellte die<br />

Verweigerung der Registrierung der <strong>Ehe</strong> des Bf. für e<strong>in</strong>en<br />

Zeitraum von mehr als zwei Jahren e<strong>in</strong>en unverhältnismäßigen<br />

E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> dessen Rechte nach Art. 8 EMRK dar.<br />

Verletzung von Art. 8 EMRK (e<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mig).<br />

Dadouch gg. Malta<br />

Der Bf. behauptet, sowohl durch die Behandlung seitens<br />

der Behörden als auch durch die Schlussfolgerungen<br />

des Verfassungsgerichts, wonach zwischen Staatsbürgerschaft<br />

<strong>im</strong> Wege der Registrierung bzw. E<strong>in</strong>bürgerung<br />

und jener durch Geburt erworbenen unterschieden werden<br />

müsse, benachteiligt worden zu se<strong>in</strong>.<br />

Der GH hält fest, <strong>das</strong>s der Bf. se<strong>in</strong>e auf Art. 14 iVm.<br />

Art. 8 EMRK gestützte Klage zurückgezogen hat. Dieser<br />

Teil der Beschwerde muss folglich wegen Nichterschöpfung<br />

des <strong>in</strong>nerstaatlichen Instanzenzugs gemäß Art. 35<br />

Abs. 1 und Abs. 4 EMRK zurückgewiesen werden.<br />

Insoweit die Beschwerde sich auf die Schlussfolgerungen<br />

des Verfassungsgerichts bezieht, ist e<strong>in</strong>e Prüfung<br />

nicht notwendig, ob der Bf. <strong>in</strong> diesem Punkt <strong>das</strong><br />

Erfordernis des <strong>in</strong>nerstaatlichen Instanzenzugs erfüllt<br />

hat, da dieser Beschwerdepunkt <strong>in</strong> jedem Fall aus nachfolgenden<br />

Gründen für unzulässig erklärt werden muss:<br />

Das Verfassungsgericht bezog sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ausführungen<br />

nämlich lediglich auf e<strong>in</strong>e rechtliche Grundlage,<br />

namentlich auf § 14 Staatsbürgerschaftsgesetz, wonach<br />

e<strong>in</strong>e kraft Registrierung oder E<strong>in</strong>bürgerung erworbene<br />

maltesische Staatsbürgerschaft unter gewissen Umständen<br />

entzogen werden kann. Der Wesensgehalt dieser<br />

Best<strong>im</strong>mung wurde vom Bf. <strong>in</strong> den relevanten Verfahren<br />

nicht angefochten, er behauptete auch nicht, <strong>im</strong><br />

Vergleich zu anderen Personen, die ähnliche Verfahren<br />

vor dem Verfassungsgericht angestrengt hatten, unterschiedlich<br />

behandelt worden zu se<strong>in</strong>. Die bloße Tatsache,<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Verfassungsgericht e<strong>in</strong>e derartige Äußerung<br />

tätigte, läuft nicht auf e<strong>in</strong>e – e<strong>in</strong> Problem unter<br />

Art. 14 EMRK aufwerfende – diskr<strong>im</strong><strong>in</strong>ierende Behandlung<br />

h<strong>in</strong>aus.<br />

Dieser Teil der Beschwerde ist offensichtlich unbegründet<br />

iSv. Art. 35 Abs. 3 EMRK und muss gemäß Art. 35<br />

Abs. 4 EMRK zurückgewiesen werden (e<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mig).<br />

III.<br />

Entschädigung nach Art. 41 EMRK<br />

€ 3.000,– für <strong>im</strong>materiellen Schaden. € 3.000,– für Kosten<br />

und Auslagen (e<strong>in</strong>st<strong>im</strong>mig).<br />

•<br />

237<br />

II. Zur behaupteten Verletzung von Art. 14 iVm. Art. 8<br />

EMRK<br />

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