Programmheft - hildegardkeller.ch
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Torheit aus Si<strong>ch</strong>t eines Autors<br />
(Interview mit Gion Mathias Cavelty)<br />
Wel<strong>ch</strong>en Stellenwert nimmt die Torheit<br />
in Ihrem literaris<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>affen ein?<br />
I<strong>ch</strong> habe von Anfang an den «Weg<br />
des Narren» gewählt, den nobelsten<br />
aller Initiationswege! No<strong>ch</strong> bevor<br />
i<strong>ch</strong> geboren war, wusste i<strong>ch</strong>, dass i<strong>ch</strong><br />
allergis<strong>ch</strong> reagieren würde, wenn<br />
mir jemand etwas Vernünftiges<br />
beibringen will. Und präzis so ist es<br />
gekommen! In der dritten Primars<strong>ch</strong>ule<br />
habe i<strong>ch</strong> begonnen, selbstgezei<strong>ch</strong>nete<br />
Comics («Oma Puh») auf<br />
dem Pausenplatz zu verkaufen. Mit<br />
dem verdienten Geld konnte i<strong>ch</strong> mir<br />
eine erste Villa in Miami Platja an der<br />
Costa Dorada kaufen. Dass i<strong>ch</strong> dana<strong>ch</strong><br />
überhaupt no<strong>ch</strong> etwas ges<strong>ch</strong>rieben<br />
habe, zum Beispiel «Endli<strong>ch</strong><br />
Ni<strong>ch</strong>tleser - die beste Methode, mit<br />
dem Lesen für immer aufzuhören»,<br />
war dann nur no<strong>ch</strong> töri<strong>ch</strong>t.<br />
Als Moderator der Literaturshow nehmen<br />
Sie ni<strong>ch</strong>t gerade ein Blatt vor den<br />
Mund. Sehen Sie si<strong>ch</strong> selbst als modernen<br />
Hofnarren, der das Privileg der<br />
Narrenfreiheit geniesst?<br />
Ja, denn sehen Sie: i<strong>ch</strong> kann an dieser<br />
Stelle den grösstmögli<strong>ch</strong>en Unfug<br />
s<strong>ch</strong>reiben, und er wird gedruckt!<br />
Zum Beispiel «Obladi oblada life<br />
goes on bra / Lala how the life goes<br />
on / Obladi oblada life goes on bra<br />
/ Lala how the life goes on» (habe<br />
i<strong>ch</strong> heute Morgen unter der Dus<strong>ch</strong>e<br />
s<strong>ch</strong>nell gedi<strong>ch</strong>tet). Leider lauern hinter<br />
jeder Strassenecke Leute, die mir<br />
dieses Privileg wegnehmen wollen,<br />
vor allem grosse muskulöse Germanistikstudenten<br />
mit Peter-von-Matt-<br />
Tattoos am ganzen Körper!<br />
Wann kamen Sie si<strong>ch</strong> zuletzt närris<strong>ch</strong><br />
vor?<br />
Jeden Tag aufs neue! Es ist harte<br />
Arbeit, närris<strong>ch</strong> zu sein! Kaum passt<br />
man mal eine Sekunde ni<strong>ch</strong>t auf, und<br />
s<strong>ch</strong>on ist man Dr. phil.!<br />
Die Interviews führte Martina Gut<br />
Hildegard Elisabeth Keller ist Assistenzprofessorin<br />
für ältere deuts<strong>ch</strong>e Literatur an der<br />
Universität Züri<strong>ch</strong>.<br />
Peter von Matt ist Autor und Publizist. Bis 2002<br />
war er Professor für neuere deuts<strong>ch</strong>e Literatur<br />
an der Universität Züri<strong>ch</strong>.<br />
Eugen Teuwsen ist Leiter der Psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en<br />
Beratungsstelle für Studierende der Universität<br />
und der ETH Züri<strong>ch</strong>.<br />
Gion Mathias Cavelty ist Autor und Publizist;<br />
zudem moderiert er die «Literaturshow» im<br />
Moods.<br />
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