Projektendbericht - am Institut Arbeit und Wirtschaft - Universität ...
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Julia Rippe<br />
Jochen Tholen 1<br />
Der Ausbau von Short-Sea-Shipping <strong>und</strong><br />
Feederverkehren zwischen<br />
• den Häfen der Nordrange (unter<br />
besonderer Berücksichtigung der<br />
Bremischen Häfen <strong>und</strong> des<br />
geplanten Tiefwasserhafens<br />
JadeWeserPorts <strong>am</strong> Standort<br />
Wilhelmshaven) <strong>und</strong><br />
• der östlichen Ostsee (Stadthäfen St.<br />
Petersburg, Vyborg, Kronstadt <strong>und</strong><br />
Ust-Luga, Riga, Klaipeda,<br />
Kaliningrad <strong>und</strong> Baltijsk, Danzig <strong>und</strong><br />
Gdingen)<br />
1 Corresponding Author. Universität Bremen-IAW, Universitätsallee 21-23, D- 28359 Bremen, phone:<br />
+49-(0)421-218-3286, fax: +49-(0)421-218-2680, email: jtholen@uni-bremen.de
INHALTSVERZEICHNIS<br />
INHALTSVERZEICHNIS .............................................................................. 1<br />
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ........................................................................ 2<br />
TABELLENVERZEICHNIS ............................................................................ 3<br />
Vormerkung........................................................................................ 5<br />
1 Das Projekt................................................................................. 10<br />
2 Methodisches Vorgehen <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>spakete ................................ 12<br />
3 Aktuelle Situation ....................................................................... 13<br />
4 Qualitative Expertengespräche mit Akteuren aus<br />
Häfenverwaltung, mit Hafen-/Terminalbetreibern <strong>und</strong> mit<br />
ausgewählten Schiffsagenten in den Baltischen Ländern, Russland<br />
<strong>und</strong> Polen ................................................................................... 37<br />
4.1 Lettland ................................................................................................ 37<br />
4.2 Litauen ................................................................................................. 47<br />
4.3 Russland ............................................................................................... 59<br />
4.3.1 Großhafen/Stadthäfen St. Petersburg ...............................65<br />
4.3.2 Hafen Vyborg ..................................................................100<br />
4.3.3 Hafen Ust-Luga ...............................................................103<br />
4.3.4 Oblast Kaliningrad (Stadt Kaliningrad <strong>und</strong> Baltijsk) ........114<br />
4.4 Polen 132<br />
4.4.1 Gdingen ..........................................................................133<br />
4.4.2 Danzig ............................................................................139<br />
5 Zus<strong>am</strong>menfassung.................................................................... 144<br />
Literatur ......................................................................................... 147<br />
1
ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />
Karte 1: Häfen der Nordrange <strong>und</strong> in der östlichen Ostsee............... 4<br />
Karte 2: Ostseehäfen <strong>und</strong> deren Hinterlandverbindungen zum<br />
Schwarzen Meer, Zentralasien <strong>und</strong> West-China ....................................... 4<br />
Abbildung 3-1: Umschlagentwicklung der norddeutschen Häfen bis 2025...17<br />
Abbildung 3-2: Marktanteile im Feederverkehr mit dem Ostseeraum .........26<br />
Abbildung 4-1:<br />
Abbildung 4-2:<br />
Hafen Riga: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2000-2007 in 1.000 t..........38<br />
Hafen Riga: Containerumschlag 2000-2007 in TEU............39<br />
Abbildung 4-3: Hafen Klaipeda: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2000-2007 in 1.000 t ....48<br />
Abbildung 4-4:<br />
Hafen Klaipeda: Containerumschlag 2000-2007 in TEU......48<br />
Abbildung 4-5: Großhafen St. Petersburg ..............................................66<br />
Abbildung 4-6: Großhafen St. Petersburg: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2002-2008 in<br />
Mio. t 68<br />
Abbildung 4-7: Großhafen St. Petersburg: Ges<strong>am</strong>tumschlag nach<br />
Gütertypen 2007 in % ........................................................................68<br />
Abbildung 4-8: Großhafen St. Petersburg: Containerumschlag 2002-2008 in<br />
TEU 69<br />
Abbildung 4-9: Großhafen St. Petersburg: Containerumschlag der einzelnen<br />
Terminals 2008 in TEU........................................................................70<br />
Abbildung 4-10: Organisation der russischen Seeverkehrswirtschaft ...........72<br />
Abbildung 4-11: First Container Terminal: Containerumschlag 2002-2008 in<br />
TEU 75<br />
Abbildung 4-12:<br />
Struktur der Hinterlandverkehre des FCTs........................75<br />
Abbildung 4-13: PetroLesPort: Containerumschlag 2002-2008 in TEU .........78<br />
Abbildung 4-14: JSC „Sea Port of Sankt Petersburg“: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2002-<br />
2008 in Mio. t 80<br />
Abbildung 4-15: Te<strong>am</strong> Lines: Schiffgrößen der Reederei ...........................83<br />
Abbildung 4-16:<br />
Hauptgeschäftsfelder der „Oslo Marine Group“................101<br />
Abbildung 4-17: Hafen Kaliningrad: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2002-2008 in Mio. t.117<br />
Abbildung 4-18: Hafen Kaliningrad: Containerumschlag 2003-2008 in TEU 118<br />
2
TABELLENVERZEICHNIS<br />
Tabelle V-1: Die größten Ostsee-Containerhäfen (Jahresumschlag in<br />
1.000 TEU, Wachstumsraten in Prozent) ................................................ 7<br />
Tabelle V-2: Containerverkehre von Ostseeanrainerstaaten<br />
(Jahresumschlag in TEU, Wachstumsraten in Prozent).............................. 8<br />
Tabelle 3-1:<br />
TEU 15<br />
Entwicklung des Containerumschlags der Nordrange, in Mio.<br />
Tabelle 3-2: Nordrangehäfen: Marktanteile im Containerumschlag 2006-<br />
2008, in Prozent ................................................................................15<br />
Tabelle 3-3: Nordrange: Prognose des Umschlagspotenzials nach<br />
Verkehrssegmenten bis 2025, in Mio. TEU .............................................18<br />
Tabelle 3-5: Flottenkapazität Megacarrier, 2008.................................21<br />
Tabelle 3-6:<br />
Stillgelegte Containerschiffe aufgr<strong>und</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>skrise<br />
(Anzahl <strong>und</strong> Ges<strong>am</strong>t TEU) ...................................................................21<br />
Tabelle 3-7:<br />
Stillgelegte Containerschiffe aufgr<strong>und</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>skrise<br />
(nach Größenklassen), Stichtag 16.02.2009 ..........................................22<br />
Tabelle 3-8:<br />
Entwicklung des Seegüterverkehrs der bremischen Häfen<br />
mit den Ostseeanrainerstaaten in 1.000 t..............................................29<br />
Tabelle 3-9:<br />
Entwicklung des Containerverkehrs der bremischen Häfen<br />
mit Ostseeanrainerstaaten in TEU U ........................................................30<br />
Tabelle 3-10: Durchschnittliches Jahreswachstum des realen BIP im<br />
Ostseeraum 2003 – 2009 (in %)* ........................................................34<br />
Tabelle 4-1: Containerumschlag der größten russischen<br />
Containerterminals 2006-2007 ............................................................62<br />
Tabelle 4-2: Maximal zulässige Schiffsmaße in den russischen<br />
Ostseehäfen 73<br />
Tabelle 4-3: S<strong>am</strong>skip Baltic Container Express: Liniendienste nach<br />
Russland 85<br />
Tabelle 4-4:<br />
Zur allgemeinen Entwicklung des Containerumschlags <strong>und</strong><br />
der geplanten Kapazitäten in St. Petersburg einschließlich Ust-Luga (in<br />
TEU): 111<br />
Tabelle 4-5: Eigentümer der russischen Containerterminals <strong>am</strong><br />
Finnischen Meerbusen ..................................................................113<br />
Tabelle 4-6:<br />
Containerumschlag der polnischen Häfen 2006-2007 in TEU<br />
132<br />
3
Karte 1:<br />
Häfen der Nordrange <strong>und</strong> in der östlichen Ostsee<br />
Karte 2:<br />
Ostseehäfen <strong>und</strong> deren Hinterlandverbindungen zum Schwarzen<br />
Meer, Zentralasien <strong>und</strong> West-China<br />
4
Vormerkung<br />
Die gegenwärtige seit Ende 2008 massiv sichtbare ökonomische Krise, deren<br />
Folgen keiner seriös prognostizieren kann, lässt einerseits alle gegenwärtigen<br />
Studien als fragil erscheinen. Andererseits jedoch verschafft diese Rezession die<br />
Chance einer Atempause, um zukünftige Strategien für die Zeit danach ohne den<br />
alltäglichen Druck der Abwicklung überbordender Geschäfte neu zu überdenken,<br />
zu justieren <strong>und</strong> erste Realisierungsschritte zu wagen.<br />
Wir stehen also zwischen zwei Polen – einerseits des Wissens um eine<br />
ökonomische Jahrh<strong>und</strong>ertkrise <strong>und</strong> andererseits der Erfahrung, dass jede Krise<br />
auch wieder zu Ende gehen wird. Insofern, auch um einer Lähmung zu<br />
entgehen, halten wir es mit dem Dichter Max Frisch: „Krise ist ein produktiver<br />
Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“.<br />
In diesem Sinne ist diese empirische Studie auf langfristige Strategien angelegt,<br />
sie ist nicht unmittelbar abhängig von immer neueren düsteren Prognosen des<br />
Rückgangs der Ökonomie im Allgemeinen <strong>und</strong> der Umschlagstätigkeiten in den<br />
Häfen im Besonderen. Im vollen Vertrauen darauf, dass es irgendwann einmal<br />
wieder bergauf geht, gibt diese Studie vielmehr Anregungen, um eben diese<br />
Atempause positiv zu nutzen.<br />
Da für die Auswirkungen der Finanzmarktkrise <strong>und</strong> deren Folgen allerdings noch<br />
keine gesicherten Zahlen vorliegen <strong>und</strong> die gegenwärtigen Daten auf<br />
Schätzungen beruhen, können die weiteren Auswirkungen der Krise an dieser<br />
Stelle derzeit noch nicht weiter substantiell berücksichtigt werden.<br />
Aber nicht nur reine Zahlen <strong>und</strong> Ausbaupläne, Strategien zur Gewinnung neuer<br />
Märkte, Konkurrenzsituationen <strong>und</strong> Kooperationen zwischen den Häfen sind<br />
interessant, sondern auch <strong>und</strong> vor allem die Akteure des Hafenumschlags, die<br />
Menschen in ihren jeweiligen Positionen als Mitglieder der Hafenverwaltungen,<br />
der Terminalbetreiber <strong>und</strong> der Reedereien/Schiffsagenturen. Sie alle haben eine<br />
bestimmte Position in diesem Netzwerk (als objektiv-sachliche Bedingung ihres<br />
Handelns), zugleich aber auch eine individuell je unterschiedliche Situation (als<br />
subjektiv-soziale Bedingung). Alter, Geschlecht, Bildung <strong>und</strong> Ausbildung,<br />
F<strong>am</strong>ilienstand, soziale Herkunft, politische Eingeb<strong>und</strong>enheit, aber auch die<br />
Mentalität bilden zus<strong>am</strong>men mit anderen Faktoren eine Größe, die die Situation<br />
eines jeden einzelnen (Hafen)Akteurs unterschiedlich macht zur Situation seiner<br />
Mit-Akteure.<br />
5
Durch unsere Besuche <strong>und</strong> Gespräche in Bremen/Bremerhaven, H<strong>am</strong>burg,<br />
Wilhelmshaven, Großhafen St. Petersburg, Kronstadt, Ust-Luga, Vyborg,<br />
Klaipeda, Kaliningrad <strong>und</strong> Baltijsk, Danzig <strong>und</strong> Gdingen im Verlaufe des Jahres<br />
2008 haben wir beides zus<strong>am</strong>mengetragen: harte Fakten, Ausbaupläne, aber<br />
auch die situationsbedingte Einstellung der entscheidenden Akteure durch<br />
Gespräche mit den Hafenverwaltungen, den Terminalbetreibern <strong>und</strong><br />
Reedereien/Schiffsagenten 2 .<br />
Beides zugleich, Position <strong>und</strong> Situation, bestimmen aber zus<strong>am</strong>men die<br />
gegenwärtige Unternehmenspolitik <strong>und</strong> Zukunftsstrategien auch im Hafen-<br />
/Umschlagsbereich 3 .<br />
Insofern waren wir in unserem Projekt neben den objektiven Faktoren der<br />
Gütermengen, Investitionsvolumina etc. auch interessiert an den subjektiven<br />
Meinungen der unterschiedlichen Hafenakteure.<br />
Gerade die Kenntnis dieser subjektiv-sozial bestimmten Akteursmeinung hilft,<br />
über die derzeitige ökonomische Krise hinaus längerfristig zu planen.<br />
Und hierin liegt der eigentliche Wert des Projektes.<br />
Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IMF) wuchs der Welthandel<br />
in 2007 um 7,2 Prozent. Für das Jahr 2008 betrug die Steigerungsrate noch<br />
einmal 4,1 Prozent. Insges<strong>am</strong>t beträgt der Anteil des Welthandels <strong>am</strong> weltweiten<br />
Bruttosozialprodukt über ein Drittel (IHK Nord 2009, 1). Allerdings ist aufgr<strong>und</strong><br />
der globalen Finanzmarktkrise <strong>und</strong> der sich daraus ergebenden wirtschaftlichen<br />
Rezession für 2009 ein Rückgang um 2,8 Prozent zu erwarten, der sich jedoch<br />
nach Prognosen des IMF bereits 2010 wieder erholt <strong>und</strong> voraussichtlich ein<br />
Wachstum um 3,2 Prozent verzeichnen wird (IMF 2009).<br />
90 Prozent des Außenhandels <strong>und</strong> über 40 Prozent des Binnenhandels der EU<br />
erfolgen auf dem Seeweg. Die europäischen Häfen haben dabei eine dominante<br />
Rolle: Mehr als 57 Prozent der weltweiten Seetransporte (insges<strong>am</strong>t 7,5 Mrd<br />
Tonnen) werden hier umgeschlagen, davon 600 Mio Tonnen im Ostseeraum.<br />
2 Die Verfasser möchten an dieser Stelle Allen, mit denen wir intensive Gespräche führten <strong>und</strong> die<br />
darüber hinaus reichhaltiges, sonst eher nicht veröffentlichtes Material zur Verfügung stellten, für<br />
ihre Offenheit <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>lichkeit herzlich danken. Bei aller gebotenen kritischen Distanz der<br />
Wissenschaft gegenüber ihrem Sujet waren wir alle miteinander verb<strong>und</strong>en durch unsere<br />
Begeisterung für Schifffahrt, Umschlag <strong>und</strong> Häfen.<br />
6
Dabei sind die Häfen der Nordrange (Antwerpen, Rotterd<strong>am</strong>, Bremische Häfen<br />
<strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg) für mehr als 80 Prozent des europäischen Außenhandels<br />
verantwortlich (IHK Nord 2009, 2).<br />
Noch deutlich stärker als der Welthandel <strong>und</strong> der Weltseehandel wuchs in den<br />
vergangenen Jahren die internationale Containerschifffahrt. Für die Zukunft<br />
rechnen die deutschen Seehäfen pro Jahr mit ca. 9 Prozent Wachstum bei der<br />
Nachfrage im Containerumschlag (ohne Berücksichtigung des derzeitigen<br />
Rückgangs). Dieser Trend wird insbesondere in einem Vergleich der größten<br />
Ostsee-Containerhäfen deutlich. Auch die Wachstumsprognosen der<br />
Containerverkehre in den Ostseeanrainerstaaten gehen von einem deutlichen<br />
Wachstum aus (Tabelle V-1).<br />
Tabelle V-1:<br />
Die größten Ostsee-Containerhäfen<br />
(Jahresumschlag in 1.000 TEU, Wachstumsraten in Prozent)<br />
Seehafen 2006 2007 Wachstum<br />
St. Petersburg 1.450 1.698 17,1<br />
Göteborg 820 841 2,5<br />
Gdingen 461 614 33,2<br />
Kotka 452 571 26,2<br />
Aarhus 427 496 16,2<br />
Helsinki<br />
(vor der Eröffnung des neuen<br />
Terminals in 2008)<br />
417 431 3,5<br />
Klaipeda 232 321 38,8<br />
Riga 177 212 19,7<br />
Helsingborg 149 206 4 39,0<br />
H<strong>am</strong>ina 167 195 17,0<br />
Kopenhagen 175 193 10,0<br />
Tallinn 152 181 18,7<br />
Rauma 164 175 6,7<br />
Kaliningrad 151 157 4,2<br />
Lübeck 125 140 12,0<br />
3 Gerade weil wir sehr viel Wert auf die Meinungen <strong>und</strong> Auskünfte der Akteure gelegt haben (<strong>und</strong><br />
legen mussten), ist im Folgenden die Unterscheidung zwischen Short Sea Shipping <strong>und</strong> Feeder<br />
Service nicht immer klar ersichtlich.<br />
4 Schätzung auf Basis der Daten der Periode Januar – September 2007<br />
7
Danzig<br />
(ohne den im Dez 2007<br />
eröffneten<br />
Tiefwassercontainerhafen DCT)<br />
78 97 23,6<br />
Gavle 99 91 - 8,0<br />
Stettin/Swinemünde 42 56 32,6<br />
Stockholm 37 45 20,9<br />
Malarh<strong>am</strong>na 41 33 - 20,0<br />
Quelle: The Baltic container Outlook 2008, Actia Forum Ltd. Gdynia 2008<br />
Durch die starke Einbindung Russlands <strong>und</strong> der baltischen Länder ebenso wie<br />
Polen in den europäischen <strong>Wirtschaft</strong>sraum haben sich die wirtschaftlichen<br />
Gewichte gen (Nord)Osten verschoben. Und hier spielen die norddeutschen<br />
Häfen eine entscheidende Schlüsselrolle, unterstützt noch durch den<br />
skandinavischen Raum (siehe im Einzelnen die detaillierte Studie Port-Net Study<br />
03-4, 2007).<br />
Die gerade uns besonders interessierenden Ostseeanrainerstaaten – Russland,<br />
die baltischen Länder, Finnland <strong>und</strong> Polen erwarteten in 2007 – bei allen<br />
länderspezifischen Unterschieden – eine Zunahme ihres Containerumschlags von<br />
2005 bis 2015 um über 300 Prozent, wie die Tabelle V-2 verdeutlicht.<br />
Tabelle V-2:<br />
Containerverkehre von Ostseeanrainerstaaten<br />
(Jahresumschlag in TEU, Wachstumsraten in Prozent)<br />
Land bzw. Länder 2005 2010 5 2015 Wachstum 6<br />
Russland 1.036.826 3.010.000 6.070.000 442,0<br />
Finnland 1.308.060 2.090.000 2.470.000 72,0<br />
Polen 520.000 1.060.000 1.790.000 224,0<br />
Estland, Lettland,<br />
Litauen<br />
510.870 970.000 1.310.000 147,0<br />
Ges<strong>am</strong>t 3.610.000 7.130.000 11.640.000 222,0<br />
Quelle: G.De Monie: Transhipment operations to the East Baltic,<br />
3rd Maritime and Trade Summit, Tallinn, 27.-28. Feb 2007<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines expandierenden Welthandels, der Osterweiterung der<br />
Europäischen Union <strong>und</strong> des wirtschaftlichen Aufschwung in Süd-Ost-Asien hängt<br />
5 Prognose<br />
6 2005-2015<br />
8
die Entwicklung des Schiffstransports in der EU <strong>und</strong> auch in Deutschland vom<br />
Vorhandensein von leistungsfähigen Hafenkapazitäten ab. Mit dem<br />
Umschlagvolumen sind auch die Containerschiffe in den letzten 10 bis 15 Jahren<br />
gewachsen. Hatten sie Ende der 70er Jahre noch eine Transportkapazität von<br />
2.000 TEU, beträgt diese inzwischen bis zu 14.000 TEU.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des EU-weit anwachsenden Güterverkehrsaufkommens <strong>und</strong> der hohen<br />
Zuwachsraten im Straßentransport setzt die Politik stark auf die Verlagerung des<br />
Gütertransports auf das Wasser. Verschiedene Untersuchungen von Verkehrs<strong>und</strong><br />
Handelsströmen innerhalb der EU haben außerdem gezeigt, dass noch<br />
erhebliche Potenziale für Verlagerungen von Transportströmen auf den Seeweg<br />
vorhanden sind. Dabei übernehmen die Tiefwasserhäfen eine Verteilerrolle, eine<br />
sog. Hub-Funktion, innerhalb der Herkunfts- <strong>und</strong> Zielregionen für die großen<br />
interkontinentalen Containerströme. An der deutschen Küste wird der<br />
Tiefwasserhafen <strong>am</strong> Standort Wilhelmshaven (JadeWeserPort) nach seiner<br />
Inbetriebnahme 2011 der zweite europäische Hub nach Rotterd<strong>am</strong> für die<br />
nächste Generation der Großcontainerschiffe werden.<br />
Die hieraus resultierende zusätzliche Nachfrage nach Umschlagsleistungen soll<br />
dabei einerseits durch Ausbau der bestehenden Umschlagkapazitäten in<br />
H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven, Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> Antwerpen, andererseits durch<br />
zusätzliche Umschlagkapazitäten wie u. a. den Tiefwasserhafen in<br />
Wilhelmshaven kompensiert werden. Im Rahmen dieser Entwicklung besteht für<br />
den JadeWeserPort in Kooperation vor allem mit Bremerhaven die Perspektive,<br />
sich als Main Hub mit Ostausrichtung im erweiterten Europa zu etablieren.<br />
9
1 Das Projekt<br />
Im Mittelpunkt des Forschungsprojektes mit der Laufzeit 1. Februar 2008 bis 31.<br />
Dezember 2008 stand der Ausbau der Feederverkehre <strong>und</strong> Short-Sea-Shipping<br />
von den norddeutschen Häfen in skandinavischen <strong>und</strong> russisch/baltischen Raum.<br />
Der geplante Tiefwasserhafen Wilhelmshaven JadeWeserPort diente dabei als<br />
Ausgangspunkt der geplanten Untersuchung. Darüber hinaus wurden die<br />
deutschen Nordseehäfen H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremen/Bremerhaven einbezogen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
−<br />
−<br />
−<br />
des bis vor Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise <strong>und</strong> der sich daran<br />
anschließenden wirtschaftlichen Rezession ab Herbst 2008 zu<br />
konstatierenden wirtschaftlichen Aufschwungs insbesondere in Russland<br />
<strong>und</strong> den baltischen Staaten,<br />
der zunehmenden Wettbewerbsintensität zwischen den Seehäfen sowie<br />
des steigernden Welthandels <strong>und</strong> der zunehmenden Containerisierung<br />
(auch mit Schiffen mit mehr als 10.000 TEU)<br />
wurden die Zielsetzungen verfolgt:<br />
− Untersuchung möglicher Verkehrsverlagerungspotenziale von<br />
landgeb<strong>und</strong>enen Verkehr auf den Seeverkehr;<br />
−<br />
−<br />
−<br />
Identifizierung des Ausbaus der Feederverkehre <strong>und</strong> der Möglichkeiten der<br />
Short-Sea-Verkehre im Ostseeraum, insbesondere in Russland, in den<br />
Baltischen Staaten <strong>und</strong> in Polen, mit dem Bezug zu den norddeutschen<br />
Seehäfen mit dem Schwerpunkt des geplanten Tiefwasserhafens<br />
JadeWeserPort Wilhelmshaven <strong>und</strong> der Bremischen Häfen;<br />
Ermittlung der Beschäftigungseffekte <strong>und</strong> Wertschöpfungspotenziale im<br />
Bereich der maritimen <strong>Wirtschaft</strong>, die mit dem Bau des JadeWeserPorts in<br />
der ges<strong>am</strong>ten Region erzeugt werden können;<br />
Identifizierung von insbesondere durch Short-Sea-Shipping mit dem<br />
Ostseeraum generierte <strong>Arbeit</strong>splatzeffekte nicht nur im Landkreis<br />
Friesland (Wilhelmshaven), sondern auch in Bremerhaven/Bremen.<br />
Vorausgesetzt wird dabei eine hohe Intensität der Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />
zwischen den genannten Häfen.<br />
10
− Aktuelle Darstellung des Wettbewerbsumfeldes der deutschen<br />
Nordseehäfen unter der Berücksichtung des geplanten Tiefwasserhafens<br />
Wilhelmshaven <strong>und</strong> der Bremischen Häfen <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it<br />
−<br />
Ableiten der Möglichkeiten für Kooperationen der deutschen Nordseehäfen<br />
untereinander.<br />
11
2 Methodisches Vorgehen <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>spakete<br />
Zur Bearbeitung der Forschungshypothesen waren folgende <strong>Arbeit</strong>spakete (AP)<br />
notwendig:<br />
AP1: Analyse der Handels- <strong>und</strong> Verkehrsbeziehungen der untersuchten<br />
Seehäfen<br />
Aus den vorhandenen Publikationen, Statistiken, internationalen Papieren<br />
etc. erfolgte im ersten <strong>Arbeit</strong>spaket eine detaillierte Darstellung des<br />
Umschlagsvolumen <strong>und</strong> -strukturen in den deutschen Nordseehäfen sowie<br />
deren wichtigen Korrespondenzhäfen im Ostseeraum. Der Schwerpunkt<br />
lag dabei auf Short-Sea-Shipping <strong>und</strong> Feederverkehren.<br />
AP2: Qualitative Expertengespräche mit maßgeblichen Akteuren<br />
deutscher Nordseehäfen <strong>und</strong> den Häfen im Ostseeraum<br />
Im zweiten <strong>Arbeit</strong>spaket fanden qualitative Gespräche mit den<br />
verschiedenen <strong>am</strong> Güterfluss beteiligten Akteuren, u. a. Spediteuren <strong>und</strong><br />
Hinterlandtransportunternehmen,<br />
Reedereien,<br />
Containerterminalbetreibern, Außenhandelsunternehmen sowie mit den<br />
politischen Akteuren in den untersuchten deutschen Nordseehäfen<br />
(Bremen/Bremerhaven, H<strong>am</strong>burg sowie Wilhelmshaven) sowie in den<br />
Ostseehäfen (u.a. St. Petersburg, Ust-Luga, Vyborg, Kaliningrad Riga,<br />
Klaipeda, Danzig <strong>und</strong> Gdingen; insges<strong>am</strong>t 32 Interviews) statt.<br />
AP3: Erste Identifizierung des Ausbaus der Short-Sea-Verkehre im<br />
Ostseeraum<br />
Aus den <strong>Arbeit</strong>spaketen 1 <strong>und</strong> 2 wurde ein erster Schritt zur<br />
Identifizierung des Ausbaus <strong>und</strong> der Möglichkeiten der Short-Sea- <strong>und</strong><br />
Feederverkehre im Ostseeraum mit dem Bezug zu den norddeutschen<br />
Seehäfen, Schwerpunkt JadeWeserPort Wilhelmshaven, gemacht.<br />
AP4: Ausarbeitung der Ergebnisse/Vorbereitung des Folgeprojektes<br />
Die ersten Ergebnisse, dargestellt durch <strong>Arbeit</strong>spaket 3, werden in einen<br />
Antrag für den Hauptprojekt einfließen, das dann - unter Einbeziehung<br />
der Umgestaltung der Hafenquartiere selbst - auch empirisch die<br />
skandinavischen Häfen mit einschließen wird.<br />
12
3 Aktuelle Situation<br />
Die Weltwirtschaft, deren Wachstum im Wesentlichen durch den wirtschaftlichen<br />
Aufschwung in Süd-Ost-Asien bestimmt wurde, entwickelte sich im Verlauf des<br />
Jahres 2008 trotz der globalen Finanzmarktkrise immer noch positiv mit einer<br />
Steigerung um durchschnittlich 3,4 Prozent (IMF 2008). Einen wichtigen<br />
<strong>Wirtschaft</strong>smotor bildete erneut China mit einem Wachstum von etwa 9,0<br />
Prozent. Verstärkt trägt aber auch Russland nach wie vor zur positiven<br />
weltwirtschaftlichen Entwicklung bei, dessen <strong>Wirtschaft</strong>swachstum, nachdem es<br />
2007 auf 8,1 Prozent anstieg, 2008 bei 6,2 Prozent lag (IMF 2009). Dies<br />
positiven Zuwächse werden sich dann im Lauf des Jahres 2009 zu negativen<br />
Schrumpfungen ändern 7 , die – wie schon oben angedeutet – in unserer<br />
folgenden Argumentation aber keine Rolle spielen (können) 8 .<br />
Die weltwirtschaftlichen Entwicklungstendenzen sind für die Entwicklung des<br />
zukünftigen Weltseeverkehrs <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it auch für die Perspektiven <strong>und</strong> Chancen<br />
der deutschen Seehäfen von entscheidender Bedeutung. Die internationale<br />
Schifffahrt, die wie keine andere Branche hohe Wachstumszahlen vorlegen<br />
kann/bis einschließlich 2008 konnte, profitiert im besonderen Maße von dem<br />
hohen Wachstum des internationalen Handels in Folge der zunehmenden<br />
Globalisierung. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IMF<br />
2009) wuchs der Welthandel im Jahr 2007 um 7,2 Prozent <strong>und</strong> in 2008 immer<br />
noch um 4,1 Prozent. Für das Jahr 2009 wird zunächst ein leichter Rückgang von<br />
2,8 Prozent erwartet. Trotz der derzeit leichten Rückgänge aufgr<strong>und</strong> der<br />
Finanzmarktkrise, spielen Schifffahrt <strong>und</strong> Häfen gemäß dem Grünbuch „Die<br />
künftige Meerespolitik der EU“ im internationalen Handel eine wesentliche Rolle<br />
(Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2006). Über 90 Prozent des<br />
Welthandels, fast 95 Prozent des Außenhandels der Europäischen Union <strong>und</strong> gut<br />
20 Prozent des deutschen Außenhandels werden über das Wasser abgewickelt<br />
(BMWi 2006). Die europäischen Seehäfen bewältigen jährlich 3,5 Mrd. Tonnen<br />
7 Am 26. Februar 2009 veröffentliche die Financial Times London folgende Zahlen des Wachstums<br />
des Bruttosozialprodukts für folgende Lände (in % des Vorjahres 2008): Russland: -0,6, Estland: -<br />
5,6, Lettland: -9,1, Litauen: -4,1 sowie Polen: + 1,2.<br />
8 Die folgenden Ausführungen werden Gutachten <strong>und</strong> Szenarien zitieren, die ausschließlich vor dem<br />
Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise <strong>und</strong> der dadurch bedingten ökonomischen Rezession<br />
angefertigt wurden. Auch die getätigten Interviews konnten diese neue Entwicklung nicht<br />
berücksichtigen.<br />
13
Fracht <strong>und</strong> 350 Mio. Fahrgäste. Etwa 350.000 Menschen arbeiten in der<br />
Hafenwirtschaft <strong>und</strong> maritimen Dienstleistungen. In diesen beiden Sektoren wird<br />
bei steigendem Welthandelsvolumen <strong>und</strong> der Entwicklung des<br />
Kurzstreckenseeverkehrs <strong>und</strong> der Hochgeschwindigkeitsseewege in Europa<br />
anhaltendes Wachstum erwartet (Kommission der Europäischen Gemeinschaften<br />
2006).<br />
Der Weltseehandel hat sich dabei in den letzten vier Jahrzehnten mehr als<br />
vervierfacht: Im Jahr 2007 wurden 7,6 Mrd. Tonnen Güter transportiert (VSM<br />
2008). Dies entspricht einem Jahreszuwachs von 5,2 Prozent. Der seewärtige<br />
Welthandel wird auch in Zukunft weiter wachsen. Träger des Wachstums werden<br />
vor allem China, das übrige Asien, die GUS <strong>und</strong> bestimmte Länder<br />
Latein<strong>am</strong>erikas sein.<br />
Für Europa bedeutet dies – so eine Studie der EU, ausgehend vom Basisjahr<br />
2006, dass in den Häfen der EU 27 2006 3,7 Mrd. Tonnen umgeschlagen wurden<br />
– dieses Volumen wird sich nach Aussage der Prognose im Jahr 2015 auf 5,3<br />
Mrd. Tonnen erhöhen. Dieser prognostizierte Anstieg muss auch eine Ausweitung<br />
der Hafenkapazitäten zur Folge haben.<br />
Noch deutlich stärker als der Welthandel <strong>und</strong> der Weltseehandel wuchs in den<br />
vergangenen Jahren die internationale Containerschifffahrt. Die durchschnittliche<br />
jährliche Wachstumsrate des Containerverkehrs/See betrug im Zeitraum 1997<br />
bis 2007 r<strong>und</strong> 9,6 Prozent. Selbst im Jahr 2008 gab es noch ein Wachstum des<br />
weltweiten Containerumschlags von r<strong>und</strong> 5,6 Prozent. Ausgehend vom Basisjahr<br />
2007, errechnete eine UNCTAD Studie ein Anstieg des Containerverkehrs bis<br />
zum Jahr 2015 um 7,6 Prozent/Jahr.<br />
Den Zus<strong>am</strong>menhang zwischen dem Wachstum der Weltwirtschaft (alles bis<br />
2008), dem des Welthandels <strong>und</strong> dem der Containerschiffahrt kann man wie<br />
folgt durch diese Relation illustrieren:<br />
• Relation Weltwirtschaft zum Wachstum Welthandel: 1 : 1,8<br />
• Relation des Welthandels zum Wachstum des Containerverkehrs<br />
(Containerisierung): 1 : 1,6.<br />
Dies wird beispielhaft deutlich an den stetig wachsenden Umschlagszahlen für<br />
den Containerumschlag innerhalb der Nordrange, den wichtigsten<br />
Kontinentaleuropäischen Häfen an der Nordsee (Tabelle 3-1).<br />
14
Tabelle 3-1:<br />
Entwicklung des Containerumschlags der Nordrange, in Mio. TEU<br />
H<strong>am</strong>burg<br />
Bremen /<br />
Bremerhaven<br />
Rotterd<strong>am</strong><br />
Antwerpen<br />
2006 8,9 4,4 9,6 7,0<br />
2007 9,9 4,9 10,8 8,2<br />
2008 9,7 5,5 10,8 8,7<br />
Quelle: Eigene Berechnungen<br />
Trotz der im vierten Quartal 2008 einsetzenden <strong>Wirtschaft</strong>skrise konnte im<br />
Ges<strong>am</strong>tjahr 2008 der Containerumschlag der Nordrangehäfen leicht um 2,7<br />
Prozent gesteigert werden (von 33,8 Mio TEU in 2007 auf r<strong>und</strong> 34,7 Mio TEU in<br />
2008). H<strong>am</strong>burg büßte aufgr<strong>und</strong> seiner starken Ost-Asien <strong>und</strong> auch Russland<br />
Abhängigkeit etwas ein, während Bremerhaven noch kräftig zulegen konnte.<br />
Das drückt sich auch in Marktanteilen aus (Tabelle 3-2).<br />
Tabelle 3-2:<br />
Nordrangehäfen: Marktanteile im Containerumschlag<br />
2006-2008, in Prozent<br />
H<strong>am</strong>burg<br />
Bremen /<br />
Bremerhaven<br />
Rotterd<strong>am</strong><br />
Antwerpen<br />
2006 29,7 14,9 32,1 23,3<br />
2007 29,2 14,5 32,0 24,3<br />
2008 28,0 15,9 31,1 25,0<br />
Quelle: Eigene Berechnungen<br />
Rotterd<strong>am</strong> (mit einem Marktanteil von 31,1 Prozent in 2008) bleibt die Nummer<br />
1, dicht gefolgt von H<strong>am</strong>burg mit 28,0 Prozent <strong>und</strong> kurz danach Antwerpen mit<br />
25,0 Prozent. Die bremischen Häfen verbleiben auf Platz Nummer 4 mit 15,9<br />
Prozent in 2008, konnten ihren Marktanteil aber steigern.<br />
Die Zunahme des Welthandels, eines der bedeutendsten Merkmale der<br />
Globalisierung, hat auch in Deutschland im letzten Jahrzehnt zu einer deutlichen<br />
Erhöhung des Containerumschlags geführt. Insges<strong>am</strong>t haben die deutschen<br />
Seehäfen in 2007 r<strong>und</strong> 320 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it<br />
etwa sechs Prozent mehr als im Jahr zuvor. Nach Prognosen aus dem Jahr 2007<br />
wird der ges<strong>am</strong>te Umschlag in den deutschen Seehäfen auf 759 Millionen Tonnen<br />
in 2025 wachsen <strong>und</strong> sich d<strong>am</strong>it weit mehr als verdoppeln. Der<br />
15
Containerumschlag wird sich dabei in diesem Zeitraum sogar verdreifachen<br />
(PLANCO Consulting GmbH 2007).<br />
Die deutschen Seehäfen werden in den nächsten Jahren von ihrer guten<br />
Anbindung an die starken osteuropäischen Wachstumsmärkte noch deutlicher<br />
profitieren. Am stärksten wird sich das Umschlagaufkommen in H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong><br />
Bremerhaven entwickeln, wie die Abbildung 3-1 verdeutlicht.<br />
16
Abbildung 3-1: Umschlagentwicklung der norddeutschen Häfen bis 2025<br />
Quelle: PLANCO Consulting GmbH 2007; eigene Daten<br />
17
Nach neusten Prognosen des PLANCO Consulting GmbH wird H<strong>am</strong>burg größter<br />
Seehafen Deutschlands bleiben, gefolgt von Bremerhaven <strong>und</strong> Wilhelmshaven.<br />
2025 werden in H<strong>am</strong>burg mit 337 Millionen Tonnen weit mehr Güter<br />
umgeschlagen als in allen deutschen Seehäfen im Jahr 2004 zus<strong>am</strong>men.<br />
Der Containerumschlag nahm 2006 in den deutschen Seehäfen um 14 Prozent<br />
auf 13,8 Millionen Standardcontainer (TEU) zu. Wie in der Vergangenheit wird<br />
auch für die nächsten Jahre erwartet, dass sich das Containerladungsaufkommen<br />
dyn<strong>am</strong>ischer entwickeln wird als das Ges<strong>am</strong>tumschlagsaufkommen. Der<br />
Umschlag von Standardcontainern (TEU) wird sich in den deutschen Häfen im<br />
selben Zeitraum von ca. 13 Millionen auf 45,3 Millionen mehr als verdreifachen.<br />
Im Containerumschlag wird H<strong>am</strong>burg in 2025 auch das höchste Wachstum im<br />
Containerverkehr realisieren <strong>und</strong> der größte Containerhafen bleiben.<br />
Bremerhaven <strong>und</strong> Wilhelmshaven werden sich bis zum Jahr 2025 langs<strong>am</strong>er<br />
entwickeln. Das Containerladungsaufkommen in den deutschen Häfen wird nach<br />
Angaben von PLANCO Consulting GmbH aufgr<strong>und</strong> des höheren Anteils deutscher<br />
Häfen an den osteuropäischen Wachstumsverkehren schneller wachsen als in<br />
den Rheinmündungshäfen.<br />
Interessant ist ein Blick auf die prognostizierte Entwicklung nach<br />
Verkehrssegmenten (Tabelle 3-3).<br />
Tabelle 3-3:<br />
Nordrange: Prognose des Umschlagspotenzials nach<br />
Verkehrssegmenten bis 2025, in Mio. TEU<br />
Nordrange<br />
Ist-Entwicklung Prognose ∅ WR (in %)<br />
2005 2006 2010 2015 2020 2025 06-'10 10-'15 15-'20 20-'25<br />
Beladen 22,66 24,57 32,76 42,14 53,14 66,05 7,5 5,2 4,7 4,4<br />
Hinterland 14,88 15,73 20,62 26,23 33,06 41,27 7,0 4,9 4,7 4,5<br />
Deepsea-Land 12,05 12,76 17,15 22,10 28,22 35,70 7,7 5,2 5,0 4,8<br />
Shortsea-Land 2,83 2,96 3,47 4,13 4,84 5,58 4,1 3,5 3,2 2,9<br />
Transhipment 7,77 8,85 12,14 15,91 20,08 24,78 8,2 5,6 4,8 4,3<br />
Leer 4,86 5,39 8,51 11,03 15,19 20,85 12,1 5,3 6,6 6,5<br />
%-Anteil Leere* 17,6 18,0 20,6 20,8 22,2 24,0 2,6 0,1 1,5 1,8<br />
Ges<strong>am</strong>t 27,51 29,96 41,27 53,17 68,33 86,91 8,3 5,2 5,1 4,9<br />
* Periodenwachstum = absolute Veränderung des Anteils<br />
Quelle: ISL-Global Insight 2008<br />
Hier fällt zunächst der ständig wachsende Anteil an Leercontainern auf: von 20,6<br />
Prozent des ges<strong>am</strong>ten Container Umschlags der Nordrange Häfen in 2010 auf<br />
18
immerhin 24,0 Prozent in 2025. Das liegt vorrangig an den Verschlechterungen<br />
der Handelsbilanzen der betreffenden Länder im Hinterland- bzw.<br />
Transhipmentmarkt. Insbesondere die osteuropäischen Länder <strong>und</strong> Russland<br />
importieren mehr Container denn exportieren (Container). Parallel dazu steigt<br />
der Transhipmentanteil der Häfen der Nordrange, d. h. auch ihre Bedeutung als<br />
„Güterdrehscheibe“ Richtung Ostsee.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines expandierenden Welthandels, der in den letzten<br />
sechs Jahrzehnten durchweg rascher gewachsen ist als die Weltwirtschaft, hängt<br />
die Entwicklung des Schiffstransports in der EU <strong>und</strong> auch in Deutschland vom<br />
Vorhandensein von leistungsfähigen Hafenkapazitäten ab. Um von den im<br />
Containerumschlag prognostizierten Wachstumspotenzialen profitieren zu<br />
können, planen nahezu alle Häfen der Nordrange massive Aus- <strong>und</strong><br />
Umbaumaßnahmen, um ihre Konkurrenzsituation verbessern <strong>und</strong> / oder die<br />
erforderlichen Umschlagkapazitäten für die Zukunft bereitstellen (Salot 2004).<br />
Einen wichtigen Schritt zur Bewältigung des zunehmenden Güterverkehrs hat die<br />
B<strong>und</strong>esregierung mit dem in Juli 2008 durch das Kabinett beschlossenen<br />
Masterplan Güterverkehr <strong>und</strong> Logistik gemacht. Die darin enthaltenen 35<br />
Maßnahmen sollen trotz der Krise zügig umgesetzt werden. Der Masterplan<br />
versteht die Hafenpolitik als nationale Aufgabe. Als Teil der Umsetzung des<br />
Masterplans wird die B<strong>und</strong>esregierung ein Nationales Hafenkonzept für die See<strong>und</strong><br />
Binnenhäfen vorlegen. D<strong>am</strong>it erhalten die boomenden Häfen ein noch<br />
stärkeres Gewicht als in der Vergangenheit.<br />
Das nationale Hafenkonzept zielt auf<br />
• Den Ausbau der hafenrelevanten Verkehrsachsen <strong>und</strong> –knoten <strong>und</strong> die<br />
Beseitigung von Kapazitätsengpässen in den Häfen,<br />
• Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Häfen,<br />
• Die Sicherung <strong>und</strong> Stärkung von Ausbildung <strong>und</strong> Beschäftigung,<br />
• Die nachhaltige Förderung des Umwelt- <strong>und</strong> Klimaschutzes sowie<br />
• Die Optimierung der Sicherheit der Lieferketten (Deutscher B<strong>und</strong>estag<br />
2009, 7).<br />
19
Mit dem Umschlagvolumen sind auch die Containerschiffe in den letzten 10 bis<br />
15 Jahren gewachsen. Hatten sie Ende der 70er Jahre noch eine<br />
Transportkapazität von 2.000 TEU, beträgt diese inzwischen bis zu 14.000 TEU.<br />
Im September 2006 präsentierte die Maersk Line das größte Containerschiff der<br />
Welt EMMA MAERSK, das in der konzerneigenen Odense-Lindø-Werft gebaut<br />
wurde. Offiziell werden 11.000 TEU genannt. Container-Schifffahrts-Experten<br />
sprechen jedoch bei Anwendung der normal üblichen Berechnungsgr<strong>und</strong>lage von<br />
bis zu 13.500 TEU. ESTELLE MAERSK ist das zweite Schiff der Maersk E-Klasse,<br />
das nur wenige Monate später dem Typschiff EMMA MAERSK folgte. Die weiteren<br />
Nachfolger sind: ELEONORA MAERSK, EVELYN MAERSK <strong>und</strong> EBBA MAERSK. Im<br />
Order-Buch der Maersk- Konzernwerft Odense Lindø stehen weitere 15 Schiffe<br />
dieser Größe. Alle E-Klasse-Schiffe sind in Dänemark registriert <strong>und</strong> führen die<br />
dänische Flagge (Marinek<strong>am</strong>eradschaft 2007) 9 .<br />
Hierzu kommen noch die in Südkorea zu bauenden Schiffe. Nach Informationen<br />
aus Schifffahrtskreisen haben die im Ranking folgenden Reedereien MSC <strong>und</strong><br />
CMA CGM ihre bei den südkoreanischen Werften bestellten 9.600-TEU-Schiffen<br />
inzwischen auf bis zu 11.300 TEU upgraden lassen, die im Zeitraum 2008 bis<br />
2010 abgeliefert werden. Im Februar 2007 gab der südkoreanische<br />
Werftengigant S<strong>am</strong>sung Heavy Industries bekannt, dass er zur Entgegennahme<br />
von Aufträgen für 12.600-TEU-Pan<strong>am</strong>ax-Containerschiffe bereit sei. Auch der<br />
Hy<strong>und</strong>ai Heavy Industries hat angekündigt, 14.000-TEU-Schiffe fertigen zu<br />
können. Es liegen sogar bereits Konstruktionen für Containerschiffe mit einer<br />
Kapazität von 15.000 bis 18.000 TEU vor. Mit der Kapazität dieser Schiffe erhöht<br />
sich auch der Tiefgang <strong>und</strong> somit die notwendige Fahrwassertiefe in den Häfen.<br />
9 Alle hier genauen Zahlen berücksichtigen nicht die Stornierung von Aufträgen für Schiffsneubauten,<br />
die seit Januar 2009 massiv erfolgt ist.<br />
20
Bereits im November 2007 belief sich die Zahl der gebauten <strong>und</strong> georderten<br />
Pan<strong>am</strong>ax-Containerschiffe mit einer Transportkapazität von über 10.000 TEU auf<br />
r<strong>und</strong> 150 Schiffe. Ende 2011 werden bereits 173 dieser Megacarrier mit einer<br />
Ges<strong>am</strong>ttonnage in Höhe von über zwei Millionen TEU zur fahrenden Flotte<br />
gehören (Tabelle 3-5), ein Transportvolumen, das dem der ges<strong>am</strong>ten weltweiten<br />
Containerflotte vor 15 Jahren entspricht (HVB 2008).<br />
Tabelle 3-4: Flottenkapazität Megacarrier, 2008<br />
Schiffsgröße<br />
14.1.08 1.1.09 1.1.10 1.1.11<br />
1.1.12<br />
TEU Anz. TEU Anz. TEU Anz. TEU Anz. TEU Anz.<br />
10.000 - 10.999 20.100 2 80.200 8 250.200 25 360.200 36 530.500 53<br />
11.000 - 11.999 0 0 22.000 2 158.400 14 204.000 18 204.000 18<br />
12.000 - 12.999 0 0 0 0 12.500 1 349.996 28 625.278 50<br />
> 13.000 94.500 7 108.000 8 108.000 8 252.252 19 685.846 52<br />
Ges<strong>am</strong>t 114.600 9 210.200 18 529.100 48 1.166.448 101 2.045.624 173<br />
Quelle: HVB 2008<br />
Die technisch-wirtschaftliche Grenze liegt wahrscheinlich bei den so genannten<br />
Megacarriern mit einer Kapazität von 12.000 bis 14.000 TEU. Größere Schiffe<br />
bedingen die Forderung nach mehr Tiefgang <strong>und</strong> einer breiteren Fahrrinne. So<br />
können zum Beispiel Megacarrier aufgr<strong>und</strong> ihres Tiefgangs von etwa 16 m nur<br />
noch in einem Tiefwasserhafen Tide unabhängig be- <strong>und</strong> entladen werden.<br />
Wie bei den vorherigen Zahlen auch, berücksichtigen diese Bestände <strong>und</strong> Order<br />
nicht die aktuellste Entwicklung auf Gr<strong>und</strong> der Krise. Seit dem offenen Ausbruch<br />
der <strong>Wirtschaft</strong>skrise im Herbst 2008 bis zum 16.2.2009 wurde die Zahl der<br />
stillgelegten Containerschiffe immer größer:<br />
Tabelle 3-5:<br />
Stillgelegte Containerschiffe aufgr<strong>und</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>skrise<br />
(Anzahl <strong>und</strong> Ges<strong>am</strong>t TEU)<br />
Datum Anzahl der Schiffe TEU-Kapazitäten<br />
25.10.2008 70 150.000<br />
24.11.2008 115 270.000<br />
08.12.2008 135 300.000<br />
21
17.12.2008 165 420.000<br />
05.01.2009 210 550.000<br />
19.01.2009 255 675.000<br />
02.02.2009 303 800.000<br />
16.02.2009 392 1.100.000<br />
Quelle: AXS-Alphaliner 2009<br />
Auch ein kleiner Teil der großen Megacarrier, aber auch die größeren<br />
Feederschiffe sind von den Stilllegungen betroffen (Tabelle 3-7):<br />
Tabelle 3-6:<br />
Stillgelegte Containerschiffe aufgr<strong>und</strong> der <strong>Wirtschaft</strong>skrise (nach<br />
Größenklassen), Stichtag 16.02.2009<br />
Größenklasse (in TEU)<br />
Anzahl stillgelegter Schiffe<br />
Mehr als 7.500 19<br />
5.000 bis 7.500 41<br />
3.000 bis 4.999 79<br />
2.000 bis 2.999 61<br />
1.000 bis 1.999 104<br />
Unter 1.000 88<br />
Ges<strong>am</strong>t 392<br />
Quelle: AXS-Alphaliner 2009<br />
Im Jahr 2009 wird auf Gr<strong>und</strong> der noch abzuarbeitenden Auftragsbestände die<br />
weltweite Containerflotte noch um r<strong>und</strong> 14 Prozent steigen <strong>und</strong> dann insges<strong>am</strong>t<br />
eine Kapazität von 13,9 Millionen TEU aufweisen.<br />
Experten gehen davon aus, dass die Überkapazitäten der Containerflotte<br />
weltweit im Jahr 2011 ihren Höhepunkt erreicht haben (weil dann alle jetzigen<br />
22
Neubauaufträge abgearbeitet sein werden) <strong>und</strong> dann r<strong>und</strong> ein Viertel der<br />
ges<strong>am</strong>ten Flotte stillgelegt werden wird.<br />
Ungeachtet dieser neuesten Entwicklungen (zu denen man auch noch die<br />
Stornierungen zählen müsste) bleibt das rasante Schiffsgrößenwachstum in den<br />
letzten Jahren zu konstatieren. Diese wachsenden Größen werfen dabei die<br />
Frage nach der zukünftigen Einsetzbarkeit der neuen Containerschiffe auf.<br />
Hierbei treten sowohl wirtschaftliche als auch technische Probleme auf, die<br />
vornehmlich im Bereich der höheren notwendigen Maschinenleistung, aber auch<br />
bei den an die Anlaufhäfen gestellten Anforderungen bezüglich des Tiefgangs<br />
<strong>und</strong> der Zunahme der umzuschlagenden Ladungsmengen liegen. Nach heutigem<br />
Stand sind etwa 120 Häfen weltweit in der Lage, Schiffe mit Kapazitäten von<br />
4.000 TEU <strong>und</strong> mehr zu bedienen (Drewry 2004). Der boomende<br />
Containerumschlag <strong>und</strong> die ständig wachsenden Schiffe erhöhen die Ansprüche<br />
an die Leistungsfähigkeit der Häfen. So müssen Häfen heute neben größeren<br />
Wassertiefen, längeren Liegeplätzen <strong>und</strong> einer größeren Anzahl an<br />
Containerbrücken auch schnelle Umschlagzeiten sowie einen hohen<br />
Servicestandard bieten, um im Wettbewerb bestehen zu können (Zachcial et al.<br />
1998).<br />
Nicht nur bei den Häfen der Nordrange, sondern auch in den übrigen Teilen der<br />
Welt ist derzeit zu beobachten, dass Häfen ihre verfügbaren Kapazitäten für den<br />
Containerumschlag erweitern <strong>und</strong> dass zusätzlich neue Hafenstandorte geplant<br />
<strong>und</strong> gebaut werden. Hierbei zeichnet sich sowohl beim Ausbau bestehender<br />
Anlagen als auch bei neuen Projekten ein Trend hin zu größeren Wassertiefen<br />
ab. Da zudem eine positive Beziehung zwischen der Umschlagentwicklung im<br />
Containerbereich <strong>und</strong> der Nachfrage nach Logistikflächen besteht, ist davon<br />
auszugehen, dass Hafenflächen zukünftig noch zunehmen werden.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass die Containerriesen der neuen Generation<br />
einen Tiefgang von über 15,5 m aufweisen werden <strong>und</strong> so die wichtigsten<br />
deutschen Häfen Bremerhaven <strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg auch nach der Vertiefung der Elbe<br />
<strong>und</strong> der Weser mit voller Auslastung nicht Tide unabhängig anlaufen können. Mit<br />
dem Hauptargument der rasant zunehmenden Schiffsgrößen trat bei der Suche<br />
nach Möglichkeiten zur Sicherung der Wettbewerbsposition der deutschen Häfen<br />
immer öfter die Forderung nach einem Tiefwasser-Containerhafen an der<br />
deutschen Nordseeküste auf. Ein solcher Hafen sollte den Anforderungen der<br />
23
modernen Containerschifffahrt gerecht werden. Die B<strong>und</strong>esländer<br />
Niedersachsen, Bremen <strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg trafen Ende März 2001 die Entscheidung<br />
für Wilhelmshaven als Standort eines solchen Tiefwasser-Hafens an der<br />
deutschen Küste. D<strong>am</strong>it kann zum einen eine bedeutende Terminalfläche<br />
bereitgestellt <strong>und</strong> zum anderen kann Schiffen mit erheblich größerem Tiefgang<br />
der der tidenunabhängige Zugang ohne Zeitverzug zu einem deutschen<br />
Nordseehafen ermöglicht werden (Böhme 2001). Der geplante JadeWeserPort in<br />
Wilhelmshaven stellt deshalb für den Containerumschlag die ideale Ergänzung zu<br />
Bremerhaven <strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg dar <strong>und</strong> trägt zur Stärkung des Hafen- <strong>und</strong><br />
Logistikstandortes Deutschland, insbesondere gegenüber den Häfen von<br />
Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> Antwerpen, bei. Die vorteilhaften Standortbedingungen wie<br />
• kurze Revierfahrt,<br />
• natürliche Wassertiefe von bis zu 18,5 m unter Seekartennull <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it<br />
• Tidenunabhängigkeit auch sehr großer Containerschiffe<br />
sowie die absehbaren Kapazitätsengpässe in H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven<br />
eröffnen dem JadeWeserPort günstige Perspektiven, sich entlang der Nordrange<br />
als eigenständiger Hafenstandort gegenüber den Konkurrenzhäfen zu<br />
positionieren. Durch die vorhandene Fahrwassertiefe der Jade ist er auch für die<br />
zukünftigen Generationen von Großcontainerschiffen (mehr als 10.000 TEU)<br />
besonders geeignet.<br />
Wilhelmshaven ist bisher größter deutscher Massengut- <strong>und</strong> Ölumschlaghafen.<br />
Der Containerumschlag in Wilhelmshaven ist möglich, eine speziell dafür<br />
benötigte Anlage ist heute allerdings nicht vorhanden. Mit dem geplanten<br />
JadeWeserPort wird sich dies aber ändern. An einer 1.725 m langen Stromkaje<br />
werden zukünftig bis zu vier Großcontainerschiffe <strong>und</strong> Feederschiffe zeitgleich<br />
abgefertigt werden können.<br />
Der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven wird als europäischer main hub für<br />
Seetransitverkehre mit den Seehäfen der Nord- <strong>und</strong> Ostsee sowie als gateway<br />
mit Distributionsfunktion für den europäischen Kontinent (mit Schwerpunkt<br />
Nord-/Osteuropa) das bisherige Leistungsangebot der deutschen<br />
Seehafenwirtschaft im Segment der zukünftigen Großcontainerschiffe Ziel<br />
gerichtet ergänzen. Die Kapazität des JadeWeserPorts wird bei ca. 2,7 Mio. TEU<br />
pro Jahr liegen. Davon werden nach heutigen Schätzungen etwa zwei Drittel des<br />
24
Aufkommens als Transitverladungen in europäischen Verteilerverkehren mit<br />
Häfen in Skandinavien <strong>und</strong> den EU-Ostseestaaten im Rahmen von<br />
Feederverkehren abgewickelt (Niedersächsisches Ministerium für <strong>Wirtschaft</strong>,<br />
<strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Verkehr 2007).<br />
Mit der weiter wachsenden Größe der Containerschiffe geht auch ein<br />
Bedeutungszuwachs der Feederverkehre einher (Ninnemann 2006). Große, im<br />
Interkontinentalverkehr eingesetzte Containerschiffe laufen aufgr<strong>und</strong> der hohen<br />
Tageskosten dieser Schiffe nur Häfen an, die ein ausreichendes<br />
Ladungsaufkommen aufbieten können. Häfen, die nur ein geringes<br />
Ladungsaufkommen generieren, ohne leistungsfähigen Containerbrücken bzw.<br />
Kräne sind oder abseits der Hauptfahrtrouten liegen, werden meist im<br />
Feederverkehr bedient. Dazu werden kleinere Containerschiffe mit an das<br />
jeweilige Fahrtgebiet angepassten Kapazitäten eingesetzt (Hafen H<strong>am</strong>burg<br />
2006). Die Verkehre in <strong>und</strong> aus der Ostsee stellen dabei den größten <strong>und</strong> <strong>am</strong><br />
schnellsten wachsenden Feedermarkt in Nordeuropa dar.<br />
Vor allem die containerisierte Verkehre von verarbeiteten Gütern im Ostseeraum<br />
werden zum überwiegenden Teil durch Feederdienste bewältigt, die zwischen der<br />
Ostsee <strong>und</strong> den Hubhäfen H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven, Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> zukünftig<br />
auch Wilhelmshaven fahren. Das Feederaufkommen zwischen den Häfen der<br />
Nordrange <strong>und</strong> des Ostseeraums weist dabei von 2000 bis 2004 einen Anstieg<br />
um 57,9 Prozent auf über 3,5 Mio. TEU aus (Ninnemann 2006). Der<br />
Feederverkehr verfügt insges<strong>am</strong>t über einen Anteil von 14,2 Prozent <strong>am</strong><br />
Container-Hafenumschlag in Nordeuropa. Dabei bilden die Häfen H<strong>am</strong>burg mit<br />
einem Marktanteil von 47,7 Prozent <strong>und</strong> Bremerhaven mit einem Marktanteil von<br />
27,2 Prozent momentan noch die wichtigsten Hubs für die Ostseeverkehre<br />
(Abbildung 3-2).<br />
25
Abbildung 3-2:<br />
Marktanteile im Feederverkehr mit dem Ostseeraum<br />
Quelle: Ninnemann 2006<br />
Die Experten gehen davon aus, dass der H<strong>am</strong>burger Hafen nach Inbetriebnahme<br />
des JadeWeserPorts Einbußen bei den Feederverkehren zu verzeichnen haben<br />
wird. Aufgr<strong>und</strong> seiner im Vergleich zum H<strong>am</strong>burger Hafen günstigeren<br />
geografischen Lage bildet der JadeWeserPort einen vorteilhaften Ausgangspunkt<br />
für Feederverkehre in den Ostseeraum.<br />
In den letzten 10 Jahren konnte Bremerhaven bei der Steigerung seines<br />
Marktanteils <strong>am</strong> Ostsee-Feederverkehr die höchste Dyn<strong>am</strong>ik vorweisen.<br />
Besonders ausgeprägt sind diese Zuwächse von Marktanteilen im Feederverkehr<br />
mit Dänemark sowie mit Polen. Obwohl Bremen nicht wie H<strong>am</strong>burg den Vorteil<br />
hat, in seinem unmittelbaren Hinterland über den zweitgrößten europäischen<br />
Markt zu verfügen, haben die bremischen Häfen für die Container-<br />
Linienreedereien eine strategisch wichtige Position (Hautau 2005). Durch die<br />
Einrichtung der Dedicated Terminal für die Linienreedereien Maersk <strong>und</strong> MSC ist<br />
es Bremen gelungen, das entsprechende Umschlagsvolumen von H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong><br />
Rotterd<strong>am</strong> an die Weser zu holen. Ein zusätzlicher Anreiz für den Wechsel ist die<br />
im Vergleich zu Rotterd<strong>am</strong> günstigere Lage von Bremerhaven zu den<br />
Fahrtgebieten der Ostsee gewesen.<br />
26
Für den zukünftigen Wettbewerb der Seehäfen um den Ostseeraum wird auch<br />
die weitere Entwicklung der Schiffsgrößen eine Rolle spielen. Die Monopolstellung<br />
Rotterd<strong>am</strong>s als Anlaufhafen großer Schiffe wird bei einer Realisierung des<br />
JadeWeserPorts in Wilhelmshaven als norddeutscher Tiefwasserhafen beseitigt.<br />
Es ist daher d<strong>am</strong>it zu rechnen, dass auch über Wilhelmshaven ein wesentlicher<br />
Anteil der Feederverkehre in den Ostseeraum abgewickelt wird.<br />
Der Markt für die Feederdienste hat aufgr<strong>und</strong> des hohen Marktanteils von<br />
UniFeeder Container Service A/S <strong>und</strong> Te<strong>am</strong> Lines GmbH & Co. KG eine Tendenz<br />
zum Duopol. Zus<strong>am</strong>mengenommen verfügen beide Reedereien über einen<br />
Marktanteil von r<strong>und</strong> 80 Prozent. Der Wettbewerb auf diesem Markt kann daher<br />
als sehr intensiv betrachtet werden (Hautau 2005). Dabei konkurrieren die<br />
Feederreedereien nicht nur untereinander, sondern stehen auch im intensiven<br />
Substitutionswettbewerb zu sog. Landfeedern mit Containerverkehren via LKW<br />
oder Bahn.<br />
Laut einer im Jahr 2007 veröffentlichen Studie des Niederländischen<br />
Beratungsunternehmens Dyn<strong>am</strong>ar haben der Einsatz immer größerer<br />
Containerschiffe <strong>und</strong> die weiter wachsende Gütermenge auf den Hauptrouten in<br />
der Containerschifffahrt deutliche Auswirkungen auf den Betrieb von<br />
Feederdiensten (verkehrsRUNDSCHAU 2007). Künftig werden noch mehr<br />
Feederdienste als bislang von den großen Linienreedereien selbst organisiert<br />
(sogenannte „Dedicated Feeder“). Die Zunahme solcher Feederdienste in<br />
Eigenregie der Liniendienste werde dadurch unterstützt, dass große Reedereien<br />
in wichtigen Häfen wie Antwerpen, Rotterd<strong>am</strong> oder Le Havre eigene<br />
Terminalanlagen betreiben.<br />
Diese Entwicklung führt aus Sicht klassischer Feederschiff-Operateure (der<br />
sogenannten „Common Feeder“) zu Umsatzeinbußen. Für kleinere Operateure<br />
wird das Marktumfeld dadurch härter. Dies zeigte auch die große Anzahl von<br />
Aufkäufen in diesem Bereich: In den letzten zwei Jahren wurden 37 Feeder-<br />
Operateure aufgekauft oder sind im Zuge von Fusionen vom Markt<br />
verschw<strong>und</strong>en. Aus diesem Gr<strong>und</strong> steigen mittlerweile immer mehr von den<br />
Feederreedereien auf das Short-Sea-Shipping-Geschäft um.<br />
27
Allerdings hat auch hier die gegenwärtige <strong>Wirtschaft</strong>skrise diese Tendenz außer<br />
Kraft gesetzt: Auf Gr<strong>und</strong> der Flexibilität sind die „Open Feeder“ wieder mehr<br />
gefragt als die „Dedicated Feeder“.<br />
Die Globalisierung der Märkte, die fortschreitende europäische Integration, die<br />
arbeitsteilige Produktion von Gütern <strong>und</strong> die weltweite Kooperation lassen den<br />
Transport auf dem Wasserweg ständig ansteigen. Neben den starken<br />
Zuwachsraten im interkontinentalen Containerverkehr werden auch für die<br />
innereuropäischen Verkehre hohe Zuwächse vorausgesagt. Schon heute liegt der<br />
Anteil der so genannten Short-Sea-Verkehre 10 (Short-Sea-Shipping) oder<br />
Kurzstreckenseeverkehre für die europäischen Binnenverkehre bei r<strong>und</strong> 40<br />
Prozent. Short-Sea-Shipping (SSS) umfasst den ges<strong>am</strong>ten Inner-EU-<br />
Warentransport auf dem Wasser mit teilweise sehr großen Containerschiffen.<br />
Daher kann SSS auch auf sehr langen Strecken abgewickelt werden, im<br />
Extremfall z. B. Finnland <strong>und</strong> Griechenland verbinden.<br />
Der Gütertransport per Short-Sea-Shipping innerhalb der europäischen Union ist<br />
in den vergangenen Jahren genau so stark gewachsen wie der Gütertransport<br />
per Lkw. In Zukunft werden im Kurzstreckenseeverkehr innerhalb der EU fast so<br />
viele Güter transportiert wie auf der Straße. Da mit Short-Sea-Shipping<br />
vermehrt Ladung von der Straße auf Schiffe gebracht werden könne, profitiert<br />
auch die Umwelt davon. Die Kurzstreckenverkehre (SSS) bieten außerdem ein<br />
kräftiges Zukunftspotenzial für die Logistik unter Nutzung der Synergien von<br />
See- <strong>und</strong> Landverkehrsträgern.<br />
Laut Statistiken ist in den letzten Jahren der Anteil der Short-Sea-Verkehre auch<br />
bei den deutschen Häfen gestiegen. Diese Entwicklung zeigt, dass die Short-Sea-<br />
Shipping auch für die deutschen Häfen zunehmend wichtiger wird.<br />
Die Voraussetzung für die rasche Expansion des Short-Sea-Verkehrs ist die<br />
Generierung eines ausreichenden Ladungsaufkommens - einer kritischen Masse -<br />
<strong>und</strong> eine hohe Abfahrtsfrequenz von mindestens einer Abfahrt pro Tag. Die<br />
wichtigsten Versand- <strong>und</strong> Empfangsverkehrsbezirke für den<br />
Kurzstreckenseeverkehr inklusive Feeder sind zur Zeit H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong><br />
Bremen/Bremerhaven. Diese beiden Häfen hatten beim Versand einen Anteil von<br />
10 Das sind Seetransporte zwischen Deutschland <strong>und</strong> Europa bzw. dem Mittelmeerraum, die auch auf<br />
der Straße durchgeführt werden könnten <strong>und</strong> somit der Entlastung von Straßen dienen.<br />
28
90,3 Prozent <strong>und</strong> 95,8 Prozent beim Empfang. Die wichtigste Relation im<br />
Containerverkehr der Seeschifffahrt ist China – H<strong>am</strong>burg, im<br />
Kurzstreckenseeverkehr einschließlich Feeder stellt Finnland (auch als<br />
Transhipment für Russland) – H<strong>am</strong>burg die wichtigste Relation dar (Walter<br />
2004).<br />
Auch für die bremische <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> die bremischen Häfen spielt der<br />
Ostseeraum eine bedeutende Rolle (Bremische Bürgerschaft 2005). Die<br />
ges<strong>am</strong>ten Verkehre zwischen den bremischen Häfen <strong>und</strong> den<br />
Ostseeanrainerstaaten sind Short-Sea inklusive Feeder Verkehre. Der<br />
Seegüterumschlag der bremischen Häfen mit den Ostseeanrainerstaaten stieg<br />
von 12,7 Mio. Tonnen im Jahr 2000 auf 22,5 Mio. im Jahr 2007 (Tabelle 3-8).<br />
Tabelle 3-7:<br />
Entwicklung des Seegüterverkehrs der bremischen Häfen<br />
mit den Ostseeanrainerstaaten in 1.000 t<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Finnland 1.906 2.114 1.843 2.361 2.737 2.746 3.591 3.470<br />
Schweden 2.032 2.056 2.211 2.274 2.609 3.091 2.968 2.480<br />
Norwegen 3.503 4.171 4.420 4.970 5.091 5.358 5.511 5.841<br />
Dänemark 1.244 1.277 1.196 1.151 1.287 1.092 1.355 1.403<br />
Polen 1.659 1.568 1.788 1.738 2.281 2.319 2.664 2.706<br />
GUS/Baltische Staaten 2.398 2.966 3.015 3.431 3.595 4.617 5.570 6.568<br />
Summe Ostseeanrainer 12.742 14.152 14.473 15.925 17.600 19.223 21.659 22.468<br />
Anteil <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tumschlag der<br />
Bremischen Häfen<br />
(in %)<br />
28,5 30,7 31,1 32,6 33,6 35,4 33,5 32,5<br />
Quelle: Die Bremischen Häfen - Hafenspiegel<br />
Der Anteil dieser Verkehre <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tvolumen erhöhte sich im gleichen<br />
Zeitraum von 28,5 Prozent auf 32,5 Prozent.<br />
Die positive Entwicklung des ges<strong>am</strong>ten Seegüterverkehrs der bremischen Häfen<br />
mit den Ostseeanrainerstaaten spiegelt sich im Containerverkehr wider (Tabelle<br />
3-9). Allein zwischen den Jahren 2006 <strong>und</strong> 2007 stieg das Verkehrsvolumen um<br />
über 14 Prozent.<br />
29
Tabelle 3-8:<br />
Entwicklung des Containerverkehrs der bremischen Häfen<br />
mit Ostseeanrainerstaaten in TEU<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Dänemark 105.950 107.497 96.934 95.012 102.825 89.332 101.276 103.050<br />
Estland 11.956 16.224 15.022 16.117 19.767 21.115 24.995 33.738<br />
Finnland 152.536 178.611 158.699 150.767 163.297 166.407 211.480 240.678<br />
Lettland 19.395 26.513 30.487 34.902 35.818 31.973 41.244 58.848<br />
Litauen 8.820 11.445 16.780 27.041 44.905 67.283 74.626 99.041<br />
Polen 81.918 81.877 98.536 105.013 142.517 159.424 181.979 225.270<br />
Russ. Förderation 51.066 109.206 124.921 138.164 148.270 235.448 314.370 381.339<br />
Schweden 121.551 121.752 147.062 152.277 182.536 203.764 192.979 167.131<br />
Summe ohne Norwegen 553.192 653.125 688.441 719.293 839.935 974.746 1.142.949 1.309.095<br />
Norwegen 88.965 79.664 111.921 119.921 120.238 116.177 125.713 140.771<br />
Insges<strong>am</strong>t 642.157 732.789 800.362 839.214 960.173 1.090.923 1.268.662 1.449.866<br />
Veränderung zum Vorjahr (in %) ... 14,1 9,2 4,9 14,4 13,6 16,3 14,3<br />
Quelle: Die Bremischen Häfen - Hafenspiegel<br />
Insbesondere im Containerverkehr mit der Russischen Förderation gab es<br />
zwischen den Jahren 2002 <strong>und</strong> 2007 eine Steigerung um ca. 205 Prozent zu<br />
verzeichnen.<br />
Die bremischen Häfen sind sehr gut in die europäischen Feeder-Netzwerke<br />
eingeb<strong>und</strong>en. Die Freie Hansestadt Bremen engagiert sich politisch wie finanziell<br />
für Short-Sea-Verkehre. So wurde 2006 im Bremerhavener Osthafen eine ca.<br />
550 Meter lange Kaje erstellt. Es entstand dort ein weiterer Liegeplatz für in der<br />
Überseefahrt eingesetzte große Auto-Transportschiffe <strong>und</strong> für bis zu drei Auto-<br />
Feederschiffe. Dieses Projekt verbessert die Abfertigungsmöglichkeiten für<br />
kleinere Carrier <strong>und</strong> ist neben dem Ausbau der Umschlagskapazitäten für die<br />
Automobildrehscheibe Bremerhaven eine Förderung des Short-Sea-Shipping-<br />
Verkehrs (Bremische Bürgerschaft 2005).<br />
Auch in Bremen wurde Anfang 2006 der neue Short-Sea-Containerterminal mit<br />
einem Investitionsvolumen von r<strong>und</strong> 12 Millionen Euro eingeweiht. Im Zuge des<br />
Terminal-Baus wurde die Kaje um 130 Meter verlängert, sodass ein zusätzlicher<br />
Liegeplatz entstand. In weiteren Bauabschnitten errichtete WeserPort (Betreiber<br />
von Hafenanlagen in Bremen-Stadt) allerdings bisher nicht ausreichend genutzte<br />
Stauflächen für die Transportboxen, ein Gebäude mit Büro- <strong>und</strong> Sozialräumen,<br />
eine neue Zufahrt sowie ein Gate. Das neue Terminal wird in erster Linie als<br />
Endpunkt für so genannte Feederverkehre, die Bremen mit den norddeutschen<br />
30
Containerhäfen <strong>und</strong> den Westhäfen verbinden. Ein großer Teil der in den<br />
Haupthäfen an der Küste umgeschlagenen Boxen sind für Kaffeeröstereien,<br />
Lagereibetriebe, Distributionszentren <strong>und</strong> Containerdepots in <strong>und</strong> um Bremen<br />
bestimmt. Mit der direkten Anbindung an den Feederverkehr bestehen für<br />
Bremen gute Chancen, dass sich weitere Unternehmen im Industriehafen<br />
ansiedeln <strong>und</strong> neue <strong>Arbeit</strong>splätze schaffen (WeserPort 2007).<br />
Im Land Bremen hängt etwa jeder dritte <strong>Arbeit</strong>splatz vom Hafen-, Logistik- <strong>und</strong><br />
Transportgeschäft ab (bremenports 2007). Die außenwirtschafts- <strong>und</strong><br />
hafenbezogenen Tätigkeiten tragen erheblich zum bremischen<br />
Bruttoinlandsprodukt bei. Derzeit liegt der Anteil bei über 30 Prozent – etwa<br />
doppelt so hoch wie im B<strong>und</strong>esdurchschnitt. Vom Erfolg der maritimen<br />
Logistikwirtschaft profitiert auch der regionale <strong>Arbeit</strong>smarkt. Im Zwei-Städte-<br />
Staat sind nach aktuellen Angaben etwa 86.000 Personen hafenabhängig<br />
beschäftigt. Zudem lassen sich weitere 88.000 <strong>Arbeit</strong>splätze in anderen<br />
B<strong>und</strong>esländern direkt auf die Existenz des Hafen- <strong>und</strong> Logistikzentrums<br />
Bremen/Bremerhaven zurückführen (bremenports 2007). D<strong>am</strong>it sichern die<br />
Bremischen Häfen etwa 175.000 Stellen in ganz Deutschland. Die Experten<br />
sagen voraus, dass der Hafen- <strong>und</strong> Logistiksektor den <strong>Arbeit</strong>smarkt in den<br />
kommenden Jahren noch deutlich stärker beleben wird. Es wird erwartet, dass<br />
die Zahl der <strong>Arbeit</strong>splätze, die in Deutschland von den bremischen Häfen<br />
abhängen, bis 2015 auf 192.000 steigen wird.<br />
Das Vorhandensein einer großen Anzahl von <strong>Arbeit</strong>skräften, die auf der Suche<br />
nach Beschäftigung sind, gehört zu den Vorzügen des Hafenstandortes<br />
Wilhelmshaven (Ninnemann 2006). Insges<strong>am</strong>t sind mit dem Bau des<br />
JadeWeserPort nennenswerte Beschäftigungseffekte zwischen 2.000 <strong>und</strong> 4.000<br />
<strong>Arbeit</strong>splätzen zu erwarten (Jung et al. 2006). Zudem ist mit weiteren r<strong>und</strong><br />
1.000 <strong>Arbeit</strong>splätzen während der Bauphase zu rechnen. Im Jahr 2006 lag der<br />
Personalbedarf etwa bei 270 Personen <strong>und</strong> wird bis zum Jahr 2013 auf ca. 950<br />
Personen steigen. Hierbei handelt es sich in erster Linie um <strong>Arbeit</strong>splätze im<br />
Bereich der Durchführung des Umschlags, der Wartung <strong>und</strong> Reparatur der<br />
Terminalgeräte, der Planung <strong>und</strong> Kontrolle der Abläufe sowie zur Abwicklung<br />
kaufmännischer <strong>und</strong> verwaltungstechnischer Aufgaben. Weiterhin wird bis zum<br />
Jahr 2013 mit einem zusätzlichen indirekten Personalbedarf von ca. 3.035<br />
Personen gerechnet. Diese Personen werden in den Bereichen <strong>Arbeit</strong>en <strong>am</strong> Schiff<br />
31
<strong>und</strong> <strong>am</strong> Container (Lotsen, Schlepper, Lagerei, Stauerei etc.), Organisation der<br />
Transportleistungen (Reeder, Spediteure, Banken etc.), sowie in<br />
Distributionszentren <strong>und</strong> bei der Weiterverarbeitung der Güter eingesetzt. Hinzu<br />
kommt eine Reihe von <strong>Arbeit</strong>splätzen, die sich je nach Umschlagentwicklung <strong>und</strong><br />
nach der Größe des Hafens anpassen werden, wie zum Beispiel bei<br />
Verwaltungen, beim Zoll <strong>und</strong> bei Behörden. Aus dem Bau <strong>und</strong> der<br />
Inbetriebnahme des Jade Weser Ports erwartet man sich demnach eine positive<br />
Beeinflussung der <strong>Arbeit</strong>smarktsituation in der entsprechenden Region<br />
(Ninnemann 2006).<br />
Eine Abschätzung der Qualifikationsbedarfe nach einzelnen Niveaustufen ergab,<br />
dass mit der Inbetriebnahme des Containerterminals r<strong>und</strong> 430 hoch qualifizierte,<br />
r<strong>und</strong> 2000 mittel qualifizierte <strong>und</strong> etwa 300 niedrig qualifizierte <strong>Arbeit</strong>skräfte<br />
benötigt werden (Jung et al. 2006). Hinzu kommen noch die <strong>Arbeit</strong>splatzeffekte<br />
in Bremen, da die Loco-Quote in Wilhelmshaven relativ gering ist viele Güter von<br />
Wilhelmshaven nach Bremen transportiert werden (<strong>und</strong> umgekehrt), sie dann<br />
entweder als Importe verteilt werden oder als Exporte in Bremen ges<strong>am</strong>melt,<br />
umgepackt <strong>und</strong> anschließend per Container nach Wilhelmshaven zur<br />
Verschiffung gebracht werden.<br />
Für den Hafen H<strong>am</strong>burg (HPA 71-2, 25.7.2008) gilt, dass<br />
• die Zahl der direkt <strong>und</strong> indirekt vom H<strong>am</strong>burger Hafen abhängigen<br />
<strong>Arbeit</strong>splätze auch im Jahr 2007 weiter stieg. In der Metropolregion<br />
H<strong>am</strong>burg erreichten die hafenabhängigen Beschäftigten mit ca. 167.000<br />
eine neue Rekordmarke – ein Plus von knapp 4.000 gegenüber dem Jahr<br />
2006,<br />
• allein auf dem Stadtgebiet H<strong>am</strong>burg die Zahl der hafenabhängigen<br />
<strong>Arbeit</strong>splätze ebenfalls gestiegen ist, <strong>und</strong> zwar in 2007 im Vergleich zu<br />
2006 um gut 3.000 auf r<strong>und</strong> 143.000. D<strong>am</strong>it waren in 2007 13,1<br />
Prozent aller H<strong>am</strong>burger <strong>Arbeit</strong>splätze hafenabhängig,<br />
• auch die Zahl der direkt hafenabhängigen <strong>Arbeit</strong>splätze in 2007 leicht<br />
gestiegen ist. Größere Zuwachsraten konnten aber bei den indirekt<br />
hafenabhängigen <strong>Arbeit</strong>splätzen verzeichnet werden, <strong>und</strong> zwar durch<br />
Auslagerungsprozesse aus den direkt hafenabhängigen Unternehmen,<br />
32
• insbesondere der Containerumschlag für diesen Anstieg sorgte: Gut die<br />
Hälfte des Beschäftigungszuwachses entfiel auf diese Ladungskategorie.<br />
Der Anteil der vom Containerumschlag abhängig Beschäftigten lag in der<br />
ges<strong>am</strong>ten Metropolregion H<strong>am</strong>burg bei ca. 70 Prozent,<br />
• die hafenabhängigen Steuereinnahmen in 2007 ca. 823 Mio. Euro<br />
betrugen. D<strong>am</strong>it lag der Anteil hafenabhängiger Steuereinnahmen wie<br />
im Vorjahr bei ca. 12,7 Prozent.<br />
Insges<strong>am</strong>t sichern in ganz Deutschland die deutschen Seehäfen ca. 500.000<br />
<strong>Arbeit</strong>splätze ab (IHK 2009, 3). Die Summe der Seehäfen-Wertschöpfung betrug<br />
in 2007 ca. 29 Mrd. Euro – das entspricht 1,6 Prozent des deutschen<br />
Volkseinkommens.<br />
Mit der Osterweiterung der EU in 2004/2007 haben sich die wirtschaftlichen<br />
Verflechtungen <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it die Transport- <strong>und</strong> Güterströme in Europa tief greifend<br />
geändert. Bisher verliefen die Güterströme vorrangig in einer Nord-Süd-<br />
Ausrichtung (Niedersächsisches Ministerium für <strong>Wirtschaft</strong>, <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> Verkehr<br />
2007). Die Ost-West-Ausrichtung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Der<br />
Schwerpunkt der wirtschaftlichen Aktivitäten verschiebt sich Richtung Osten. Die<br />
Logistikwirtschaft arbeitet heute bereits an dem weiteren Markt der Zukunft,<br />
mittels der Integration Russlands beziehungsweise der Gemeinschaft<br />
unabhängiger Staaten (GUS). Einige deutschen Häfen unterhalten bereits<br />
funktionierende Liniendienstverbindungen nach St. Petersburg <strong>und</strong> Kaliningrad.<br />
Die zukünftige Verkehrsentwicklung im Ostseeraum wird im Wesentlichen durch<br />
das <strong>Wirtschaft</strong>swachstum in Russland, in den mittel- bzw. osteuropäischen<br />
Ländern <strong>und</strong> auch in Skandinavien determiniert. Nach Einschätzung des IWF<br />
kann Russland seine <strong>Wirtschaft</strong>sleistung innerhalb eines Jahrzehnts verdoppeln<br />
(IMF 2008). Der Integrationsprozess der baltischen Länder <strong>und</strong> Polens in die<br />
Weltwirtschaft wurde durch ihre Aufnahme in die Europäische Union im Mai 2004<br />
erheblich forciert, so dass in den baltischen Staaten mittelfristig ein reales<br />
Wachstum von 7–8 Prozent p. a. möglich wurde. Die Betrachtung des Brutto-<br />
Inlandsprodukts (BIP) Russlands sowie der neuen EU-Mitgliedsstaaten Estland,<br />
Litauen <strong>und</strong> Polens verspricht im Vergleich zum übrigen Europa eine<br />
überdurchschnittlich positive Entwicklung dieser Länder, wie aus der unten<br />
stehenden Tabelle 3-10 ersichtlich wird.<br />
33
Tabelle 3-9:<br />
Durchschnittliches Jahreswachstum des realen BIP<br />
im Ostseeraum 2003 – 2009 (in %)*<br />
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />
Estland 7,2 8,3 10,2 11,2 7,1 3,0 - 5,6<br />
Lettland 7,2 8,7 10,6 11,9 10,2 3,6 - 9,1<br />
Litauen 10,3 7,3 7,9 7,7 8,8 6,5 - 4,1<br />
Polen 3,9 5,3 3,6 6,2 6,5 4,9 1,2<br />
Russland 7,3 7,2 6,4 7,4 8,1 6,8 - 0,6<br />
GUS 7,8 8,2 6,5 8,2 8,5 7,0 ?<br />
Finnland 1,8 3,7 2,8 4,9 4,4 2,4 ?<br />
Norwegen 1,0 3,9 2,7 2,5 3,5 3,1 ?<br />
Schweden 1,9 4,1 3,3 4,1 2,6 2,0 ?<br />
Dänemark 0,4 2,3 2,5 3,9 1,8 1,2 ?<br />
Deutschland -0,3 1,1 0,8 2,9 2,5 1,4 - 3,0<br />
EU ges<strong>am</strong>t 0,8 2,1 1,6 2,8 2,6 1,4 ?<br />
*Anmerkung: Für 2009 Schätzungen Quelle: Financial Times, 26.2.2009<br />
Der wirtschaftliche Boom in der Ostseeregion wird vor allem durch zwei<br />
Ländergruppen bestimmt. Auf der einen Seite die hoch entwickelten <strong>und</strong><br />
wachstumsstarken skandinavischen Länder Finnland, Dänemark, Schweden,<br />
Norwegen. Auf der anderen Seite befinden sich die osteuropäischen<br />
Anrainerstaaten Russland, Estland, Lettland, Litauen <strong>und</strong> Polen. Mit einem<br />
Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von insges<strong>am</strong>t r<strong>und</strong> 5 Prozent verzeichneten<br />
die nordischen <strong>und</strong> osteuropäischen Ostseeanrainer 2007 ein solides<br />
<strong>Wirtschaft</strong>swachstum (IMF 2008). Die Konjunktur in den skandinavischen<br />
Volkswirtschaften erwies sich mit Raten zwischen 1,8 <strong>und</strong> über 4 Prozent als<br />
robust. Besonders dyn<strong>am</strong>isch verlief die Entwicklung in den osteuropäischen<br />
Ländern. Sie verzeichneten einen BIP-Zuwachs von deutlich über 8 Prozent (IMF<br />
2008).<br />
Das wirtschaftliche Potenzial der Ostsee-Region ist insbesondere im Bereich der<br />
Logistik noch längst nicht ausgeschöpft. Mit der vor dem Herbst 2008<br />
anziehenden Konjunkturdyn<strong>am</strong>ik in Deutschland <strong>und</strong> in Skandinavien erhöhte<br />
34
sich auch die Nachfrage nach osteuropäischen Produkten. Gleichzeitig tragen die<br />
Ausfuhr qualitativ hochwertiger <strong>und</strong> diversifizierter Investitionsgüter (vor allem<br />
aus Deutschland) <strong>und</strong> Direktinvestitionen westeuropäischer Unternehmen in den<br />
MOE-Länder <strong>und</strong> in Russland zum Aufholprozess im Osten bei. So sind z. B. die<br />
europäischen Waren- <strong>und</strong> Investitionsströme nach Russland im vergangenen<br />
Jahrzehnt kräftig ausgeweitet worden. Gleichzeitig decken Rohstoffe <strong>und</strong><br />
Energieträger russischer Herkunft heutzutage einen großen Teil des<br />
europäischen Bedarfs. Auch zukünftig wird die russische <strong>Wirtschaft</strong> von der<br />
starken Rohstoffnachfrage <strong>und</strong> den dadurch begünstigten relativ hohen<br />
Rohstoffpreisen angetrieben werden, wovon wiederum auch die Baltischen<br />
Staaten profitieren werden.<br />
In der Folge dieser Entwicklung stieg der Anteil der osteuropäischen Staaten <strong>am</strong><br />
ges<strong>am</strong>ten Ostseeverkehr von unter 10 Prozent im Jahr 1995 über 23,3 Prozent<br />
im Jahr 2000 auf mittlerweile fast 40 Prozent. Hält diese Entwicklung an, wird in<br />
fünf Jahren schätzungsweise jeder zweite Container mit Ziel Ostsee nach<br />
Osteuropa gehen.<br />
Am stärksten hat sich der Containerverkehr zwischen H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Russland<br />
entwickelt. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der TEU auf dieser Strecke<br />
fast verdoppelt. Jeder vierte Container im H<strong>am</strong>burg – Ostseeverkehr kommt<br />
oder geht nach Russland. Russland ist mittlerweile nach Finnland (auch in seiner<br />
Funktion als Transhipment für Russland) das bedeutendste Ziel- <strong>und</strong><br />
Herkunftsgebiet der im Hafen H<strong>am</strong>burg umgeschlagenen Container.<br />
Bereits heute werden erhebliche Gütertransportleistungen auf der Ostsee per<br />
Short-Sea-Shipping <strong>und</strong> Feeder erbracht. Auch in Zukunft stellt der<br />
Ostseetransport einen enormen Wachstumsmarkt dar, was zahlreiche Prognosen<br />
seit Jahren vorhersagten <strong>und</strong> bestätigten. Ein ausgeprägter Wettbewerb<br />
kennzeichnet vor allem den Containertransitverkehr für den russischen Markt.<br />
Riga, in den 1980er Jahren als zentraler Ostsee-Containerhafen der Sowjetunion<br />
ausgebaut, hat starke Konkurrenz durch neu errichtete Terminals in Tallinn <strong>und</strong><br />
Klaipeda erhalten. Weitere Ausbauprojekte sind in Ventspils, Kaliningrad, Ust-<br />
Luga, Lomonosow <strong>und</strong> in Vyborg, aber auch im polnischen Danzig geplant.<br />
Erwartet wird, dass der Güterverkehr im Ostseeraum bis 2015 um rd. 50 Prozent<br />
wachsen wird. Die hieraus resultierende zusätzliche Nachfrage nach<br />
Umschlagsleistungen soll dabei einerseits durch Ausbau der bestehenden<br />
35
Umschlagkapazitäten in H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven, Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> Antwerpen,<br />
andererseits durch zusätzliche Umschlagkapazitäten wie u. a. den<br />
Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven kompensiert werden (Niemann 2000). Im<br />
Rahmen dieser Entwicklung besteht für den JadeWeserPort die Perspektive, sich<br />
als Main Hub mit Ostausrichtung im erweiterten Europa zu etablieren.<br />
Schon heute nehmen die deutschen Nordseehäfen eine herausragende Position<br />
im Verkehr von <strong>und</strong> nach Osteuropa ein. Mit der Erweiterung der EU <strong>und</strong> der<br />
d<strong>am</strong>it prognostizierten Entwicklung der wirtschaftlichen Aktivitäten in diesen<br />
Ländern gilt es, den bestehenden strategischen Vorteil zu nutzen <strong>und</strong><br />
auszubauen.<br />
36
4 Qualitative Expertengespräche mit Akteuren aus<br />
Häfenverwaltung, mit Hafen-/Terminalbetreibern <strong>und</strong><br />
mit ausgewählten Schiffsagenten in den Baltischen<br />
Ländern, Russland <strong>und</strong> Polen<br />
4.1 Lettland<br />
Einer der Haupttransportkorridore, der Russland, Mittelasien, China mit West<strong>und</strong><br />
Nordeuropa verbindet, geht durch die Ostsee. Lettland, das sich an der<br />
Küste Ostsees befindet, belegt den ersten Platz im Transporthandel zwischen den<br />
baltischen Staaten. Seit der Erlangung der Unabhängigkeit Lettlands von<br />
Russland 1991 befinden sich die lettischen Häfen in staatlicher Verwaltung.<br />
Haupttätigkeitsfeld sind der Umschlag <strong>und</strong> der Transport von Tankergut sowie<br />
weiter zunehmend die Passagierschifffahrt. Neben den großen Häfen von Riga,<br />
Ventspils <strong>und</strong> Liepaja gibt es noch kleinere Häfen (Skulte, Lielupe, Engure,<br />
Mersrags, Roja <strong>und</strong> Pavilosta).<br />
Hafen Riga<br />
Riga ist der hauptsächliche <strong>und</strong> größte Seehafen Lettlands. Der Hafen ist das<br />
ganze Jahr über geöffnet, die Hilfe von Eisbrechern ist jedoch für ein bis vier<br />
Monate im Winter erforderlich. Der maximale Tiefgang beträgt 12,2 m.<br />
Die Länge der Kais beträgt insges<strong>am</strong>t 13.818 m. Der Hafen umfasst ein Areal<br />
von 6.348 ha, von denen 1.962 ha Landfläche <strong>und</strong> 4.386 ha Wasserfläche<br />
ausmachen. Auf dem Hafenareal befinden sich neben einem Logistikzentrum<br />
(Stückgutladungen, Containerterminal, Ölterminals, Holzexportanlagen) ein<br />
Passagierhafen sowie Fährterminals. Insges<strong>am</strong>t 31 Umschlagsunternehmen, 40<br />
Schiffsagenten <strong>und</strong> mehrere produzierende Betriebe (Schiffswerft,<br />
Schiffswartungsanlagen, Fischfabriken) operieren im Hafen.<br />
Der Freihafen Riga versteht sich vor allem als Transithafen für Waren aus <strong>und</strong> in<br />
die GUS-Staaten, die ca. 80 Prozent des Ges<strong>am</strong>tumschlages ausmachen. Weitere<br />
große Handelspartner sind China, Schweden <strong>und</strong> Deutschland.<br />
37
Der Freihafen Riga wird von fünf Schifffahrtslinien angefahren: CMA-CGM,<br />
Maersk, Mediterranean Shipping Company (MSC), Fesco-ESF, Te<strong>am</strong> Lines GmbH<br />
& Co <strong>und</strong> Unifeeder. Drei davon sind Feederdienste.<br />
Die höchstmögliche Ladekapazität an den Terminals des Freihafens Riga beträgt<br />
45 Mio. t jährlich. In 2007 wurden zum ersten Mal in der Geschichte des Hafens<br />
25,9 Mio. t Güter umgeschlagen.<br />
Abbildung 4-1:<br />
Hafen Riga: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2000-2007 in 1.000 t<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Free Port of Riga 2008<br />
Die wichtigsten Gütergruppen, die Hafen Riga umgeschlagen werden, sind<br />
Erdölerzeugnisse, Holz, Kohle, verschiedene Metalle, Mineraldünger,<br />
Chemiegüter <strong>und</strong> Nahrungsmittel (Free Port of Riga 2008).<br />
Mehr als 90 Prozent aller Container, die man durch Lettland befördert, werden in<br />
Riga umgeladen. Der Containerumschlag im Hafen Riga hat einen Anteil von ca.<br />
7 Prozent des Ges<strong>am</strong>tumschlags. Annährend 212.000 TEU wurden durch den<br />
bisher einzigen Containerterminal in Riga („Baltic Container Terminal“)<br />
umgeschlagen. Anfang 2009 wurde die Entscheidung getroffen, in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft des BCT noch einen zweiten Containerbetreiber zuzulassen<br />
(Eigentümer ist ein russischer Investor).<br />
38
Abbildung 4-2:<br />
Hafen Riga: Containerumschlag 2000-2007 in TEU<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Free Port of Riga 2008<br />
Neben dem Güterumschlag ist der Personenverkehr ein bedeutender<br />
<strong>Wirtschaft</strong>szweig des Rigaer Hafens.<br />
Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen<br />
Hafenverwaltung:<br />
Freeport of Riga<br />
(Ri1)<br />
Der Freihafen Riga ist eine städtische <strong>Institut</strong>ion, obwohl – neben 4 städtischen<br />
Vertretern – auch 4 Vertreter der Regierung im Aufsichtsrat sitzen, je ein vom<br />
Finanzminister, <strong>Wirtschaft</strong>sminister, Verkehrsminister <strong>und</strong> Umweltminister<br />
ernannter. Riga ist als Transhipment-Hafen sehr wichtig für die Verkehre in<br />
Richtung Russland <strong>und</strong> Zentralasien.<br />
Die Stadt finanziert im Wesentlichen die Infrastruktur für den Hafen. Das Land<br />
selbst beteiligt sich kaum daran. Das soll sich ein wenig in 2008 ändern.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieses Disputs fuhr der Freihafen Riga 2007 Verluste ein.<br />
Der Freihafen Riga ist ein multifunktionaler Hafen. 67 Prozent des Umschlags<br />
entfallen auf Exportgüter aus Russland. Es gibt ein großes Ungleichgewicht<br />
zwischen Ex- <strong>und</strong> Import (Importanteil ist geringer). Lettland selbst ist zu klein,<br />
um nennenswert eigene Güter für den Export zu generieren.<br />
39
Der EU-Beitritt Lettlands 2004 keine besondere Auswirkung auf den<br />
Hafenumschlag gezeigt.<br />
Terminalbetreiber:<br />
„Baltic Container Terminal“, Riga<br />
(Ri2)<br />
“Baltic Container Terminal Limited” (BCT) hat bis jetzt (Stand: 2008) ein<br />
Monopol im Containergeschäft in Riga. Der 100-prozentiger Eigentümer ist das<br />
italienische private Unternehmen „Mariner S.p.A“, das zugleich auch in andere<br />
Sektoren im Mittelmeerraum investiert.<br />
Der durchschnittliche Tiefgang der den Hafen anlaufenden Schiffe liegt bei ca. 8<br />
bis 9 m.<br />
In 2007 hat das BCT ca. 212.000 TEU umgeschlagen (Abbildung 4-2). Das sind<br />
ca. 10 Prozent mehr als im Jahr 2006. Für 2008 erwartet das “Baltic Container<br />
Terminal“ eine 8prozentige Steigerungen beim Containerumschlag. In der<br />
Zukunft wird ein Wachstum zwischen 7 <strong>und</strong> 8 Prozent erwartet.<br />
Ca. 75 Prozent des ges<strong>am</strong>ten Containerumschlags ist Transitladung<br />
(Transhipment) aus <strong>und</strong> in die GUS-Staaten.<br />
Schiffsagent:<br />
„OS-Agency SIA “, Riga<br />
(Ri3)<br />
“OS Agency SIA” ist ein Schiffsagent der CSCL (China Shipping Container Line)<br />
mit dem Schwerpunkt Containertransporte. OS-Agency wurde im Jahr 1998 in<br />
Finnland gegründet <strong>und</strong> ist seit 2001 ein Teil der USS United Shipping Services<br />
Group. In 2002 hat USS Repräsentanzen in Riga, Lettland (“SIA OS-Agency”)<br />
<strong>und</strong> in Klaipeda, Litauen (“UAB OS-Agency”) eröffnet.<br />
Die Feedertransporte durch CSCL erfolgen hinsichtlich der Nordrange nur mit<br />
H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven. Die Relation der Dienste zwischen H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong><br />
Bremerhaven Richtung Riga beträgt 3:1.<br />
40
Ergebnisse der Expertengespräche<br />
Zur Konkurrenzsituation Straße/Schiene/Seeverkehre<br />
Hafenverwaltung (Ri1)<br />
Im Vergleich zur Schiene ist die Straße in Lettland als Verkehrsträger überaus<br />
erfolgreich, obwohl dies bei zum Teil 1.500 wartenden Lkws an der russischlettischen<br />
Grenze nicht verständlich ist. Nun aber investiert Lettland mit Hilfe des<br />
EU Kohäsionsfonds in die Infrastruktur der Eisenbahn. Der Güterverkehr auf der<br />
Straße wird in der Zukunft zwar wachsen, aber nicht so stark wie der<br />
Schienenverkehr. Denn Öl, Düngemittel etc. als Massengüter werden nicht per<br />
Lkw/Container transportiert.<br />
Die Baltischen Staaten haben dieselbe Norm wie die russische Eisenbahn. Es gibt<br />
einen nationalen Plan einer Eisenbahnlinie Moskau-Riga. Das Problem jedoch ist<br />
der Zoll: Zu bürokratisch, unterschiedliche Zollgebühren in den einzelnen<br />
Grenzstationen. Aber trotzdem wird nach Meinung der Rigaer Hafenverwaltung in<br />
2015 die Eisenbahn wichtiger sein als die Straße.<br />
Terminalbetreiber (Ri2)<br />
Laut Meinung der Terminalbetreiber findet der Wettbewerb weniger zwischen den<br />
Häfen als zwischen dem Seeverkehr <strong>und</strong> dem Straßenverkehr statt. Wenn man<br />
den Gütercontainerverkehr auf der Straße <strong>und</strong> auf der Schiene zu 100 Prozent<br />
setzt, beträgt der Straßenverkehr 90 <strong>und</strong> der Schienenverkehr nur 10 Prozent.<br />
Und dass, obwohl manchmal an der russisch-lettischen Grenze ein Lkw-Stau von<br />
r<strong>und</strong> 40 km Länge zu beobachten ist.<br />
Die Schiene müsste r<strong>und</strong> 30 Prozent billiger sein, um tatsächlich gegenüber der<br />
Straße konkurrenzfähig zu werden. Tatsächlich aber haben derzeit beide<br />
Verkehrsträger gleiche Preise.<br />
Zukünftig werden letztlich der Seeverkehr <strong>und</strong> der Straßenverkehr für den<br />
Containertransport von Bedeutung bleiben. Die Eisenbahn wird in der Zukunft<br />
eine immer geringere Rolle spielen. Selbst die Existenz der Transsibirischen<br />
Eisenbahn kann daran nichts ändern, weil die großen Akteure (Liniendienste) wie<br />
Maersk etc. schon längst ihre Investitionen in den Häfen gemacht haben. Sie<br />
werden die Eisenbahn nicht annehmen, zumal diese auch nicht sicher ist.<br />
41
Merkwürdig ist weiterhin, dass es unterschiedliche Zollgebühren an<br />
unterschiedlichen russischen Grenzstationen gibt. Die Experten vermuten eine<br />
Strategie der russischen Regierung dahinter, den Ladungstransport vom<br />
Baltikum weg hin zu den russischen Ostseehäfen zu verschieben. Aber dennoch<br />
werden weder die baltischen noch die finnischen Häfen ihre Rolle als Transit für<br />
russische Güter verlieren – „der Kuchen ist für alle groß genug“. Die<br />
Hafenbetreiber hoffen auf den Beitritt Russlands zur WTO, d<strong>am</strong>it das alles<br />
transparenter wird.<br />
Schiffagenten (Ri3)<br />
Der Short-Sea-Verkehr hat in Lettland keinen allzu großen Erfolg. Dazu wurden<br />
folgende Gründe genannt:<br />
1. Es gibt eine starke Konkurrenz zum Straßenverkehr, der sehr viel billiger<br />
ist. 80 Prozent der Container werden mit Lkws transportiert <strong>und</strong> nur 20<br />
Prozent über See. Die Logistikkosten des Transports vom Inland (von<br />
einer Fabrik) zu dem Endpunkt der Ladung sind per See zweimal so hoch<br />
wie per Lkw.<br />
2. Die baltischen Staaten sind zu klein, um selbst genügend Ladung für SSS<br />
zu generieren. Die baltischen Häfen können nur in Kooperation mit<br />
Russland existieren.<br />
Die Eisenbahn vom Fernen Osten in das Baltikum via Russland ist sehr unsicher.<br />
Dennoch wird geplant, Güter von Nordwestchina, in das mehr <strong>und</strong> mehr<br />
investiert wird, via Eisenbahn nach Lettland zur Verschiffung zu schaffen. Es wird<br />
gehofft, dass China dann in den baltischen Häfen investieren wird.<br />
Zur Größenentwicklung der Containerschiffe<br />
Hafenverwaltung (Ri1)<br />
Die bisherige Größe der Riga anlaufenden Containerfeederschiffe beträgt 750-<br />
800 TEU, nun geht sie auf 1.000 TEU (Stand: 2008). In 2015 werden die<br />
Feederschiffe 1.000 TEU übersteigen, weil dann auch in der östlichen Ostsee die<br />
neuen Containerterminals gebaut worden sein werden.<br />
42
Die Existenz von Megacarriern wird die Strategie der Linien beeinflussen, <strong>und</strong><br />
zwar insofern, als dass Ladung weggehen wird von den Häfen der Nordrange in<br />
der Nordsee zu Häfen im Ostseeraum (Ust-Luga, Danzig, St. Petersburg,<br />
Kaliningrad etc.).<br />
Terminalbetreiber (Ri2)<br />
In den nächsten 3 – 4 Jahren wird sich die durchschnittliche Größe Feederschiffe<br />
von 500 auf 1.500 TEU erhöhen. Weiterhin werden die Liniendienste die<br />
Häufigkeit der Dienste vergrößern. Aber die Häfen im Ostseeraum sind mit<br />
Ausnahme von Göteborg darauf nicht vorbereitet.<br />
Schiffagenten (Ri3)<br />
Die durchschnittliche Feedergröße im Rigaer Hafen beträgt 800 TEU. Die Existenz<br />
der Megacarrier wird natürlich auch die Zukunft der Schiffsagenten beeinflussen.<br />
Zur Kooperationen <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Hafenverwaltung (Ri1)<br />
Es wird nur mit dem Hafen H<strong>am</strong>burg im Rahmen eines Interreg-Projekts<br />
kooperiert („Port-Net“).<br />
Konkurrenz zu den russischen Ostseehäfen gibt es nicht: Nur 33 Prozent aller<br />
russischen Exporte gehen auch über diese Häfen.<br />
Terminalbetreiber (Ri2)<br />
Es gibt eine starke Konkurrenz von Riga zu den litauischen Häfen, die näher <strong>am</strong><br />
Hinterland gelegen sind (Russland, Weißrussland). Alle Häfen haben eigene<br />
Büros in den GUS-Ländern <strong>und</strong> kämpfen untereinander um die Ladung. Die<br />
Häfen kennen sich natürlich alle untereinander, ihre Stärken wie ihre<br />
Schwächen.<br />
43
Dabei kommt bei den Experten die Frage auf, ob es gut ist, in allen Feldern zu<br />
kooperieren. Der Verkauf vom logistischen Know-how durch die BLG ist zugleich<br />
auch ein Wissenstransfer, der vielleicht auf mittlere Sicht kontraproduktiv ist.<br />
Schiffagenten (Ri3)<br />
Es gibt keine Kooperationen mit anderen baltischen Häfen außer mit Klaipeda,<br />
weil auch dort ein Repräsentant der Schiffsagentur ist.<br />
Als Wettbewerber im Ostseeraum werden vor allem<br />
• Der Hafen Kotka (Finnland) als der Erfolgreichste <strong>und</strong><br />
• Der Hafen Klaipeda, der die die höchsten Wachstumsraten vor allem aus<br />
Weißrussland aufweist<br />
angesehen.<br />
Hafen Tallin hat dagegen schwer an die Häfen Riga <strong>und</strong> Klaipeda verloren.<br />
Investitionen/Zukunftsaussichten<br />
Hafenverwaltung (Ri1)<br />
Ein Russisch-kasachischer Investor hat 2007 angekündigt, ein zweites<br />
Containerterminal mit einer Jahreskapazität von 850.000 TEU (500.000 Ro-Ro)<br />
bauen zu wollen. Die komplette Fertigstellung, einschließlich eines Car-<br />
Terminals, war für das Jahr 2020 geplant. Der Investor ist die russische<br />
„National Container Company“ (NCC) 11 . Auf diesem neuen Terminal mit dem<br />
N<strong>am</strong>en „New National Container Terminal“ sollte schon in 2009 die erste Ladung<br />
umgeschlagen werden – das steht allerdings jetzt in Frage (Stand: 2008). Erst<br />
Anfang 2009 entschied sich der Investor dann zum Bau dieses neuen zweiten<br />
Containerterminals – der Zeitpunkt der Fertigstellung ist aber völlig offen.<br />
Das „Baltic Container Terminal“ in Riga plant 2012 einen Umschlag von 300.000<br />
TEU zu erreichen. Mit dem neuen Terminal „New National Container Terminal“<br />
würde der Containerumschlag im Hafen Riga in 2012 auf 650.000 TEU wachsen.<br />
11 Die National Container Company ist außerdem in Ust-Luga, im First Container Terminal (FCT) in St.<br />
Petersburg, in der Ukraine <strong>und</strong> in Novorossijsk engagiert.<br />
44
Außerdem ist es geplant, das Cruiseterminal von der Altstadt zu dem jetzigen<br />
Hafengelände (weiter nördlich) zu transferiert, während der jetzige Hafen ganz<br />
in das Mündungsgebiet der Daugava transferiert wird (linkes Ufer) 12 .<br />
Terminalbetreiber (Ri2)<br />
Die russische „National Container Company“ versucht seit 2005, ein zweites<br />
Terminal auf der Insel aufzubauen, auf der auch „Baltic Container Terminal“<br />
angesiedelt ist. Zielzahl war zunächst 3 Mio. TEU Kapazität, nun sind sie auf<br />
700.000 TEU zurückgegangen. Aber bis Mitte 2008 war noch nichts geschehen.<br />
Erst zu Beginn 2009 wurde die Entscheidung für den Bau eines zweiten<br />
Container Terminals getroffen.<br />
Der Ex- <strong>und</strong> Import von Autos ist ein sehr lukratives Geschäft für die<br />
Ostseehäfen <strong>und</strong> natürlich auch für die befragten Terminalbetreiber. In den<br />
Ausbau dieses Geschäfts will man investieren. Denn Riga hat genügend Platz für<br />
ein solches Autoterminal.<br />
Eine weitere Zukunftsinvestition ist die Erweiterung der überdachten Lagerhalle<br />
auf dem BCT-Gelände von derzeit 10.000 qm auf 50.000 qm.<br />
Weiterhin werden neue Containerbrücken angeschafft (die alten sind 20 Jahre<br />
alt) <strong>und</strong> die Verlängerung der Pier vorgenommen.<br />
Die zukünftige Rolle Russlands zur Generierung eigener industrieller Produkte<br />
außer Öl, Gas <strong>und</strong> Metalle wird steigen. Russland investiert primär im eigenen<br />
Land <strong>und</strong> lockt auch ohnehin ausländische Investoren an. Insofern werden<br />
zunehmend auch russische Industriegüter per Container über die baltischen<br />
Häfen exportiert.<br />
Schiffagenten (Ri3)<br />
Zu BCT:<br />
Das „Baltic Container Terminal“ BCT hat bisher im Containerumschlag ein<br />
Monopol in Riga. Es werden politische Gründe vermutet, warum es bis jetzt in<br />
12<br />
Nach der Meinung der Autoren klingt das insofern unsinnig, als ja der zweite neue<br />
Containerterminal auf dem jetzigen Hafengelände (auf einer Insel) gebaut werden soll.<br />
45
Riga keinen zweiten Containerterminal gibt. BCT hat bisher sehr wenige<br />
Investitionen vorgenommen, <strong>und</strong> darüber hinaus ist er der teuerste im ganzen<br />
Baltikum. Containerschiffe mit 3.000 TEU brauchen dort 3 Tage, um entladen zu<br />
werden. Es gibt dort Liegeplatzmangel, Stellplatzmangel <strong>und</strong> mangelnde<br />
Krankapazitäten.<br />
Riga ist stark abhängig vom russischen Markt. Die russische Volkswirtschaft wird<br />
in Zukunft auch Industriegüter herstellen, die dann exportiert werden.<br />
China wird immer teuerer. Außerdem stellt sich die Frage, wie sie mit ihrer<br />
Inflation zu Recht kommen.<br />
Im Moment wächst das Containeraufkommen in Riga nicht. Wenn es wachsen<br />
müsste, sollte eine sehr gute Logistik entwickelt werden, um die Zahl der<br />
Container zu erhöhen.<br />
Zum Einfluss von Wilhelmshaven (JadeWeserPort)<br />
Der JadeWeserPort wird überhaupt keine Auswirkungen auf den<br />
Containeraufkommen in Riga haben.<br />
Fazit:<br />
Die Häfen in Riga kämpfen an vielerlei Fronten:<br />
• Sie sind stark dem Wettbewerb insbesondere der russischen<br />
Ostseehäfen <strong>und</strong> Klaipeda ausgesetzt. Im Vergleich zu Klaipeda ist die<br />
Revierfahrt nach Riga längern (<strong>und</strong> außerdem verläuft die Eisgrenze<br />
gerade bei Ventspils); im Vergleich zu den russischen Ostseehäfen muss<br />
noch die Staatsgrenze mit ihren zolltechnischen <strong>und</strong> auch politischen<br />
Unwägbarkeiten überw<strong>und</strong>en werden,<br />
• Die unklare Situation der Häfen in Riga selbst: schlechte Straßen- <strong>und</strong><br />
Eisenbahnanbindungen, Unsicherheit darüber, ob die Handelshäfen an<br />
die Mündung der Daugava in die Rigaer Bucht verlegt werden oder nicht<br />
<strong>und</strong> die d<strong>am</strong>it verb<strong>und</strong>enen Verzögerungen der notwendigen<br />
Investitionen (einschließlich des lange verzögerten Baubeginns eines<br />
zweiten Containerterminals).<br />
46
4.2 Litauen<br />
Litauen befindet sich ebenso wie die anderen baltischen Staaten in erheblicher<br />
Konkurrenz um Güterströme <strong>und</strong> hat ebenso wie die anderen baltischen Staaten<br />
<strong>und</strong> Russland Freihandelszonen eingerichtet, um Investoren anzuziehen.<br />
Allerdings ist der Anteil des russischen Transits in der litauischen <strong>Wirtschaft</strong><br />
geringer als in den anderen Baltischen Staaten.<br />
Die Mitgliedschaft Litauens in der EU seit dem 1.5.2004 <strong>und</strong> darüber hinaus in<br />
der Schengen-Zone (seit Anfang 2008) hat eine vereinfachende Wirkung vor<br />
allem hinsichtlich der Zölle gezeigt.<br />
Hafen Klaipeda<br />
Der Hafen von Klaipeda (das frühere deutsche Memel) ist das wichtigste <strong>und</strong><br />
größte litauische Verkehrsdrehkreuz, das das See-, Land- <strong>und</strong><br />
Schienenverkehrsnetz von Ost nach West miteinander verbindet. Es ist ein<br />
vielseitiger Universalhafen. Der Tiefgang <strong>am</strong> Eingangskanal beträgt 15 m <strong>und</strong> die<br />
Fahrrinne <strong>am</strong> Hafen 13 – 14,5 m. Laut einer Studie der japanischen<br />
Consultingfirma „Japan International Cooperation Agency“ (JICA) soll der<br />
nördliche Teil des Hafen Klaipeda (direkt an der Ostsee <strong>und</strong> nicht im<br />
Mündungsbereich des Kurischen Haffs gelegen) auf 17,5 m vertieft werden.<br />
Insges<strong>am</strong>t 19 große Umschlagsunternehmen, Schiffsreparaturbetriebe <strong>und</strong><br />
Schiffswerften operieren im Hafen. Mehr als 800 Unternehmen sind vom Hafen<br />
Klaipeda abhängig. Der Hafen selbst <strong>und</strong> die hafenabhängige Betriebe generieren<br />
über 23.000 <strong>Arbeit</strong>splätze.<br />
Klaipeda ist das ganze Jahr über eisfrei. Nach kürzlich erfolgter Ausbaggerung<br />
kann der Hafen auch durch Pan<strong>am</strong>ax-Schiffe genutzt werden. Bei den über den<br />
Hafen von Klaipeda umgeschlagenen Importgütern handelt es sich hauptsächlich<br />
um Getreide, Zucker, Gefriergut, Container <strong>und</strong> Maschinenanlagen.<br />
Die höchstmögliche Ladekapazität an den Terminals des Hafens Klaipeda beträgt<br />
40 Mio. t jährlich. Annährend 27,4 Mio. t Güterumschlag <strong>und</strong> 321.432 TEU<br />
wurden 2007 abgewickelt (Abbildung 4-3).<br />
47
Abbildung 4-3:<br />
Hafen Klaipeda: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2000-2007 in 1.000 t<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Klaipeda State Seaport 2008<br />
Im Jahr 2007 wurden im Hafen Klaipeda zum ersten Mal in der Hafengeschichte<br />
mehr als 27 Mio. t umgeschlagen. Das sind fast 16 Prozent bzw. 3,75 Mio. t<br />
mehr als ein Jahr davor.<br />
Der Containerumschlag macht r<strong>und</strong> 11 Prozent des Ges<strong>am</strong>tumschlags im Hafen<br />
Klaipeda aus. Insges<strong>am</strong>t wurden 2007 mehr als 321.000 Container<br />
umgeschlagen (236.000 40-Fußcontainer <strong>und</strong> 85.000 Standardcontainer/TEU).<br />
Im Vergleich zu 2006 konnte somit ein Wachstum von 39 Prozent verzeichnet<br />
werden (Abbildung 4-4).<br />
Abbildung 4-4:<br />
Hafen Klaipeda: Containerumschlag 2000-2007 in TEU<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Klaipeda State Seaport 2008<br />
48
Die Abwicklung des Containerverkehrs wird im Hafen Klaipeda durch folgende<br />
Containerterminals durchgeführt:<br />
1. „Klaipėdos Smeltė“ AG (befindet sich im Norden des Hafenareals) ist<br />
eine Universalhafengesellschaft, bestehend aus einem<br />
Containerterminal, einem Conventional cargo Terminal <strong>und</strong> einem<br />
Cold Store Terminal. Die ges<strong>am</strong>te Jahresumschlagskapazität der drei<br />
Terminals betrug 2007 r<strong>und</strong> 1,7 Mio. t <strong>und</strong> für 2008 sind 2,3 Mio. t<br />
geplant.<br />
Der Containerterminal wurde Ende Juli 2006 in Betrieb genommen.<br />
Das erste Containerschiff konnte Ende August 2006 abgefertigt<br />
werden. Der Containerterminal wird u. a. von folgenden großen<br />
Containerschiffslinien benutzt: „Mediterranean Shipping Company“<br />
(MSC), „Maersk Line“, „Evergreen“, „China Shipping Container Lines“,<br />
„Hapag-Lloyd“. Der Feederservice wird <strong>am</strong> Terminal von „Te<strong>am</strong><br />
Lines“, „IMCL-BCL“ <strong>und</strong> „Unifeeder“ angeboten.<br />
Im Jahr 2007 wurden hier 38.300 TEU umgeschlagen.<br />
Technische Daten Containerterminal:<br />
• Ges<strong>am</strong>te Kailänge: 554 m (ab 1.10.08: ca. 750 m)<br />
• Kaitiefe: 12,50 m<br />
• Maximaler Tiefgang<br />
der abgefertigten Schiffe:<br />
• Die durchschnittliche Schiffsgröße<br />
der dort abgefertigten Schiffe:<br />
11,50 m<br />
3.000-3.500 TEU<br />
• Maximale Umschlagskapazität, TEU:<br />
2008: 120.000 TEU<br />
Ab 01.10.08:<br />
150.000 TEU<br />
Zukünftig:<br />
220.000 TEU<br />
2. „Klaipėdos Terminalo Grupė UAB (KCT)“ (s. auch „Gr<strong>und</strong>daten der<br />
befragten Unternehmen“) befindet sich im Süden des Hafenareals, im<br />
49
Kurischen Haff gelegen.<br />
Technische Daten Containerterminal:<br />
• Ges<strong>am</strong>te Kailänge: 450 m (in Zukunft: ca. 700 m)<br />
• Kaitiefe: 9,2 m (in Zukunft: 11 m)<br />
• Die durchschnittliche Schiffsgröße<br />
der dort abgefertigten Schiffe:<br />
1.000-1.500 TEU<br />
• Maximale Umschlagskapazität, TEU: 450.000 TEU<br />
Wie für viele andere Ostseehäfen sind auch für den Hafen Klaipeda in den<br />
nächsten Jahren Erweiterung der Umschlagskapazitäten geplant. Unter der<br />
Bedingung, dass die Finanzierungszusagen der EU-Kommission <strong>und</strong> des<br />
litauischen Staates umgesetzt werden, sind für den Zeitraum 2007 bis 2013 r<strong>und</strong><br />
590 Mio. EUR für den Hafenausbau vorgesehen. Allein für Modernisierung der<br />
existierenden Kaianlagen sind Ausgaben in Höhe von 236 Mio. EUR geplant (bfai<br />
2006). Für die Vertiefung der Fahrrinne im südlichen Teil des Hafens von<br />
gegenwärtig 10 auf 14 m sowie die Sicherstellung einer Tauchtiefe von 14 m in<br />
den anderen Hafenbecken, d<strong>am</strong>it künftig auch Großcontainerschiffe anlegen<br />
können, werden 56 Mio. EUR veranschlagt. Allerdings müsse erst noch<br />
abgewartet werden, ob die ausländischen Reedereien dieses Angebot tatsächlich<br />
annehmen. Bisher fahren die Liniendienste bis nach H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven,<br />
Antwerpen <strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong>. Dort wird das Gut umgeschlagen <strong>und</strong> mit Feeder-<br />
Linien, auf der Schiene oder mit dem Lkw weitertransportiert. Allerdings fehlen<br />
bisher – insbesondere mit Blick auf den Weitertransport Richtung Russland <strong>und</strong><br />
Ukraine – großräumige Zwischenlager (Transport- <strong>und</strong> Logistikwirtschaft in<br />
Litauen 2008).<br />
Im Zeitraum 2006 – 2010 möchte man einen beträchtlichen Teil der<br />
Investitionssumme (80 Mio. EUR) in eine verbesserte Anbindung des Hafens an<br />
das Schienennetz investieren.<br />
Zur Expansionsstrategie Klaipedas gehört auch die Erschließung angrenzender<br />
Gr<strong>und</strong>stücke, um das Hafenareal von gegenwärtig 415 auf knapp 450 ha<br />
auszuweiten (bfai 2006). Die zusätzlichen Flächen kämen nach den<br />
Vorstellungen der Hafenverwaltung z. B. für den Bau eines modernen<br />
50
Passagierterminals in Frage, der bereits 2008 beginnen soll, um zwei Jahre<br />
später die ersten Touristen abfertigen zu können.<br />
Darüber hinaus sind in Klaipeda ein größerer Logistikkomplex mit mehreren<br />
Kühlhäusern sowie eine Düngemittelfabrik geplant.<br />
Zu den Hafenerweiterungsplänen zählt auch die Errichtung eines<br />
Tiefwasserhafens für Schiffe der Baltimax-Klasse mit einem Tiefgang von bis zu<br />
14 m. Ein mögliches Areal ist im Norden des Hafengebiets. Um dort die kritische<br />
Tiefe der Fahrrinne von 16 m gewährleisten zu können, müsste jedoch ca. 350 m<br />
vom Festland entfernt eine künstliche Insel mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 1,5 km<br />
<strong>und</strong> einer Breite von 0,7 km aufgeschüttet werden (bfai 2006). Aufgr<strong>und</strong> der<br />
begrenzten Ges<strong>am</strong>tinvestitionssumme <strong>und</strong> der anfallenden Kosten für dieses<br />
Vorhaben (ca. 450 – 600 Mio. EUR) ist die Realisierung unwahrscheinlich.<br />
Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen<br />
Hafenverwaltung:<br />
Klaipeda State Seaport Authority (KSPA)<br />
(Kl1)<br />
Die Staatliche Seehafenbehörde Klaipeda wurde 1991 gegründet. Sie verwaltet<br />
den Hafen <strong>und</strong> betreibt seine Eingliederung in das litauische Transportwesen. Die<br />
Hafenbehörde ist verantwortlich für die Wartung, Sanierung <strong>und</strong> Modernisierung<br />
der Infrastruktur des Hafens, während die Lade- <strong>und</strong> Entladevorgänge von<br />
separaten, unabhängigen Terminals verwaltet werden. Das Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> die<br />
Infrastruktur des Hafens gehören dem Staat, aber der Überbau kann privatisiert<br />
werden. Einige private Schiffsbeladeunternehmen sind im Hafen von Klaipeda<br />
schon aktiv.<br />
Der Hafen Klaipeda ist ein Feeder-/Transhipment-Hafen. Die geografische<br />
Position des Hafens ist sehr günstig: Die Entfernung von den wichtigen<br />
Industriestaaten, die sich in östlichen Richtung von Klaipeda befinden, relativ<br />
gering ist (Russland, Weißrussland, Ukraine, Kazakhstan <strong>und</strong> sogar China). Der<br />
Hauptk<strong>und</strong>e für Klaipeda ist Weißrussland.<br />
Über Klaipeda gehen die Seewege zu den Häfen in Westeuropa, in Süd-Ost-Asien<br />
<strong>und</strong> in die Häfen des Kontinents Amerika.<br />
51
Momentan sind im Hafen Klaipeda 19 Frachtunternehmen <strong>und</strong> Werften<br />
angesiedelt. 2007 wurden fast 28 Millionen Tonnen umgeschlagen – so viel wie<br />
nie zuvor. Im Jahr 2008 wird ein Jahresumsatz an Ladung von insges<strong>am</strong>t 30 Mio.<br />
t erwartet, davon r<strong>und</strong> die Hälfte bzw. 16 Mio. t der Güter gehen von <strong>und</strong> nach<br />
Litauen. Das potenzielle Umschlagvolumen mit 40 Millionen Tonnen ist jedoch<br />
noch nicht ausgeschöpft.<br />
Terminalbetreiber:<br />
„Klaipėdos Terminalo Grupė UAB (KCT)“<br />
(Kl2)<br />
Die „Klaipėdos Terminalo Grupė UAB (KCT)“ wurde 1994 gegründet <strong>und</strong> ist das<br />
erste private Unternehmen im Hafen Klaipeda. Die Eigentümer sind Litauer<br />
(F<strong>am</strong>ily business) – es gibt keine ausländischen Investoren.<br />
Dieses Terminal hat zwei Containerbrücken <strong>und</strong> eine Lagerhallenkapazität von<br />
8.000 qm. Insges<strong>am</strong>t sind 200 Mitarbeiter <strong>am</strong> Terminal tätig.<br />
Seit 2005 betriebt das KCT zwei Terminals: ein Containerterminal <strong>und</strong> ein Ro-Ro<strong>und</strong><br />
General cargo Terminal. Maximale Umschlagskapazität der beiden Terminals<br />
beträgt 3,5 Mio. t jährlich, davon ca. 85 Prozent Containerladung, 15 Prozent Ro-<br />
Ro <strong>und</strong> 5 Prozent General Cargo.<br />
In 2007 wurden <strong>am</strong> KCT annährend 3,3 Mio. t <strong>und</strong> 284.000 TEU umgeschlagen.<br />
Im Verglich zu 2006 konnte der Ges<strong>am</strong>tumschlag um 20 Prozent <strong>und</strong><br />
Containerumschlag um 23 Prozent gesteigert werden. Für 2008 ist ein<br />
Containerumschlag in Höhe von 300.000 TEU geplant. Dies entspricht einem<br />
Wachstum von 5 Prozent im Vergleich zu 2007.<br />
Das Terminal soll nach dem Ausbau in 2008/2009 pro Jahr 400.000 TEU<br />
umschlagen <strong>und</strong> eine Wassertiefe von 10 m aufweisen.<br />
Das „KCT Containerterminal“ wird von folgenden Schiffslinien benutzt: MSC, CMA<br />
CGM, Maersk, Kursiu Linija, UniFeeder, Te<strong>am</strong> Lines, OOCL, ESF, Baltic Container<br />
Lines (BCL), APL, S<strong>am</strong>skip.<br />
Schiffsagent:<br />
JSC "Litma", Klaipeda<br />
(Kl3)<br />
52
Das Unternehmen „Litma“, die erste private Gesellschaft der litauischen<br />
maritimen <strong>Wirtschaft</strong>, wurde Ende 1990 gegründet. Nach letzter Information<br />
gehört „Litma“ einem Unternehmer aus Weißrussland.<br />
JSC „Litma“ befördert jährlich 600.000 – 800.000 t Ladung aus/in Ukraine,<br />
Weißrussland, Kazakhstan, Turkmenistan <strong>und</strong> anderen Staaten der GUS <strong>und</strong><br />
Westeuropa per Straße, Schiene <strong>und</strong> See.<br />
Hauptanlaufpunkte der Linien von Klaipeda sind die skandinavischen Häfen,<br />
Deutschland <strong>und</strong> Felixstowe.<br />
Abhängig von der Art werden beim Ladungsumschlag folgende Terminals im<br />
Hafen Klaipeda benutzt: JSC „Klaipėda Stevedoring Company“ (KLASCO),<br />
"BEGA" <strong>und</strong> „Klaipėdos Smeltė“.<br />
Als Agent von Unifeeder <strong>und</strong> Hanjing Shipping Line in Klaipeda ist JSC „Litma“<br />
auch im Containergeschäft aktiv.<br />
Ergebnisse der Expertengespräche<br />
Zur Konkurrenzsituation Straße/Schiene/Seeverkehre<br />
Hafenverwaltung (Kl1)<br />
Es gibt Short-Sea-Shipping im Ostseeraum, <strong>und</strong> zwar in den Häfen Riga, Tallin<br />
<strong>und</strong> in skandinavischen Häfen. Im Moment jedoch ist der Lkw der schärfste<br />
Konkurrent für Feederverkehre, obwohl die Lkw-Transporte nicht billiger sind.<br />
Die litauische Regierung setzt sich stark für die Container-Zugverbindung<br />
„Viking“. Sie führt von der litauischen Hafenstadt Klaipeda über Minsk<br />
(Weißrussland) <strong>und</strong> Ilyichewsk bis zur Schwarzmeer-Metropole Odessa (beide<br />
Ukraine), ist 1.734 k<strong>am</strong> lang, <strong>und</strong> benötigt 55 St<strong>und</strong>en. Seit Anfang 2006<br />
verkehren die Züge 3 mal wöchentlich.<br />
„Viking“ ist ein gemeins<strong>am</strong>es Projekt der litauischen, weißrussischen <strong>und</strong><br />
ukrainischen Eisenbahnen. Demnach soll dieser Zug nicht an den nationalen<br />
Grenzen aufgehalten werden: Die Zollformalitäten sollen in den Häfen selbst<br />
erfolgen. Politisch sicher ist die Verbindung von Klaipeda nach Minsk, dagegen ist<br />
die von der Ukraine nach Weißrussland im Moment noch unsicher.<br />
53
Dieses Projekt stellt eine echte Alternative zum Schiffsverkehr dar. In 48<br />
St<strong>und</strong>en können dringend benötigte Güter vom Schwarzen Meer bis zum<br />
deutschen Fährhafen in Sassnitz-Mukran gelangen. Wenn dieses Projekt<br />
vollendet wird, wird der Eisenbahntransport für Container um 30 Prozent billiger<br />
sein als per LKW.<br />
Der Containertransport auf der Viking Route hat sich allein zwischen 2005 <strong>und</strong><br />
2007 mehr als verdoppelt – von 14.900 auf 40.100 TEU. Es gibt aber ein<br />
technisches Problem, das die geplante Steigerung der Frachtraten per Eisenbahn<br />
stark behindert. Die litauische Eisenbahn wie andere Staatsbahnen der<br />
ehemaligen Sowjetrepubliken fahren auf der traditionellen Breitspur. In<br />
Westeuropa gilt dagegen die Normalspur. Außerdem fehlt es angesichts der<br />
enorm gestiegenen Tonnagen an Güterwaggons. Die litauische Bahn sollte<br />
deshalb von Breit- auf Normalspur umgestellt werden, um freie Cargo-<br />
Kapazitäten in Westeuropa nutzen zu können. Eine Entscheidung, ob baltische<br />
Staaten gegebenenfalls die Spur umstellen könnten, steht im Moment allerdings<br />
noch aus.<br />
Es gibt ein zweites gemeins<strong>am</strong>es Projekt der Länder Litauen, Russland <strong>und</strong><br />
Weißrussland. Der Containerzug „Mercury“ soll eine große Menge an Containern<br />
von Klaipeda/Kaliningrad via Minsk nach Moskau befördern. Die Fahrt Klaipeda-<br />
Moskau (1.335 km) soll 46 St<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Kaliningrad-Moskau (1.288 km) 50<br />
St<strong>und</strong>en dauern.<br />
Diese Strecke Klaipeda-Moskau soll momentan (2008) neu organisiert werden.<br />
Derzeit gibt es extrem viele Probleme. In Russland (in Moskau als<br />
Ablade/Beladebahnhof) beträgt die Dauer für die ges<strong>am</strong>te (u.a. zollmäßige)<br />
Abwicklung bis zu 9 Tagen.<br />
Das Hauptproblem für alle – egal welcher Verkehrsträger – sind die leeren<br />
Container, die dann von China oder Russland zurücktransportiert werden<br />
müssen. Zurzeit werden viele Container zwar <strong>am</strong> Bestimmungsort<br />
umgeschlagen, dann aber häufig leer zurückgeschickt.<br />
Insges<strong>am</strong>t erwartet man ein weiteres Hindernis für ein starkes Wachstum des<br />
Transhipment-Verkehrs, nämlich die rasant ansteigenden russischen Zolltarife,<br />
die sich an die WTO Standards anpassen werden.<br />
Terminalbetreiber (Kl2)<br />
54
Auf der befragte Containerterminalbetreiber setzt große Hoffnung auf das<br />
„Viking“ Projekt (siehe oben). Pro Tag soll dann ein Containerzug in Klaipeda<br />
ankommen.<br />
Anmerkung: Nach letzten Informationen fuhr der Containerzug „Mercury“ Ende<br />
Juli 2008 erstmalig von Litauen Richtung Moskau. Dieses Projekt ist<br />
vergleichbar mit dem Projekt „Shuttle-Containerzug „Viking““, das<br />
vor fast drei Jahren (Anfang 2005) in den Start ging. Anderes als<br />
beim „Viking-Containerzug“, das von Litauen via Weißrussland nach<br />
Ukraine neben Containern auch Contrailer (Trailer, Halbtrailer, Lkws<br />
mit Trailer) befördert, transportiert „Mercury“-Zug ausschließlich<br />
Container. Das Ziel dieses Projektes ist die Steigerung des<br />
Containertransports zu den Häfen Klaipeda <strong>und</strong> Kaliningrad.<br />
Schiffagenten (Kl3)<br />
Short-Sea-Shipping (SSS) spielt für den befragten Schiffsagenten kaum eine<br />
Rolle aufgr<strong>und</strong> eines sehr geringen Ladeaufkommens. Dabei wäre Klaipeda ein<br />
guter Ort für SSS.<br />
Es gibt eine scharfe Konkurrenz zwischen dem Seeverkehr <strong>und</strong> dem Lkw-<br />
Verkehr. Beim Tür-zu-Tür-Transport spielt die Entfernung des Ladungsendpunkts<br />
eine entscheidende Rolle: Je weiter der Endpunkt des Transports vom Seehafen<br />
entfernt liegt, desto teurer wird der Seetransport (wegen Be- <strong>und</strong> Abladen des<br />
Schiffes, Be- <strong>und</strong> Abladen des LKW/Eisenbahnwaggons). Dennoch wird nach<br />
Meinung des Befragten der Transport von Hafen zu Hafen über See wachsen,<br />
aber niemals den Straßenverkehr (auch in dieser Reihenfolge) verdrängen.<br />
Das „Viking-Projekt“ (siehe oben) wird mit dem Straßenverkehr konkurrieren<br />
<strong>und</strong> ist an sich fünf mal billiger als der Straßenverkehr. Die Regel für dieses<br />
Projekt ist, dass der Containertransport mit dem „Viking“-Zug zweimal billiger ist<br />
als der normale Eisenbahntransport. Das hat zur Folge, dass die nationalen<br />
Eisenbahnverwaltungen in Russland <strong>und</strong> Weißrussland daran nicht sehr<br />
interessiert sind.<br />
Die Eisenbahn wird von „Litma“ in der Kette „Tür-zu-Tür“ genutzt, z. B. von<br />
Skandinavien via Klaipeda über See <strong>und</strong> dann wider nach Minsk. Allerdings gibt<br />
es beim Schienentransport folgende Probleme:<br />
55
• Die Zeit: Die leeren Container müssen zurück transportiert werden, <strong>und</strong><br />
dann auch noch unbeschädigt. 17 Tage für den Rücktransport sind gut.<br />
Wenn der Rücktransport länger dauert (21-28 Tage) müssen<br />
Konventionalstrafen bezahlt werden.<br />
• Die Knappheit von Eisenbahnplattformen für den Containertransport.<br />
Diese Plattformen werden überall in den GUS-Staaten für andere<br />
Transporte als Container verwendet.<br />
• Zoll: In den GUS-Staaten sind die Zollformalitäten sehr kompliziert. Die<br />
Behörden sind z. T. auch einfach überfordert. Mit Ausnahme des „Viking-<br />
Projektes“ finden die Zollformalitäten an dem Endpunkt des Transports<br />
statt. Speziell in Moskau dauert der Transport s<strong>am</strong>t Formalitäten von der<br />
Eisenbahn im Großraum Moskau bis hin zum Endlieferpunkt r<strong>und</strong> 9<br />
Tage.<br />
Zur Größenentwicklung der Containerschiffe<br />
Schiffagenten (Kl3)<br />
Der Hafen Klaipeda bemerkt die steigenden Gütermengen <strong>und</strong> auch die<br />
steigenden Schiffsgrößen. So betrug in 2004 die durchschnittliche<br />
Containerschiffsgröße 600 TEU <strong>und</strong> in 2008 1.200 TEU. Megacarrier benötigen<br />
zur Verteilung der Waren eine große Anzahl von Feederschiffen. Insofern wird<br />
die durchschnittliche Feedergröße auf 1.000 bis 1.500 TEU anwachsen. Die<br />
beiden Containerterminals „Klaipėdos Smeltė“ <strong>und</strong> „Klaipėdos Terminalo Grupė<br />
UAB“ tragen dem mit den Ausbaumaßnahmen Rechnung.<br />
Zur Kooperationen <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Schiffagenten (Kl3)<br />
Der befragte Schiffsagent ist der Repräsentant von zwei Containerlinien:<br />
„UniFeeder Container Service“ <strong>und</strong> „Hanjin Shipping“. „Hanjin Shipping“ ist ein<br />
klassischer Liniendienst (Dedicated Feeder)<strong>und</strong> „UniFeeder“ ist ein Common<br />
Feederdienst. Es gibt also keine Konkurrenz zwischen beiden.<br />
Es gibt eine Konkurrenz zum Hafen St. Petersburg. Allerdings ist dieser Hafen<br />
schon überladen, sodass ein Teil der Ladung zu den Baltischen Häfen gehen<br />
56
muss. Insges<strong>am</strong>t jedoch wächst das Transportaufkommen insbesondere von <strong>und</strong><br />
nach Russland gewaltig, so dass Platz für jeden Hafen ist.<br />
Die Hauptk<strong>und</strong>en für Klaipeda kommen aus Litauen <strong>und</strong> Weißrussland. Weitere<br />
Zielgruppe ist Russland. Die Ukraine fällt nach Meinung der Befragten aus, weil<br />
die ihre eigenen Schwarzmeerhäfen ausbaut.<br />
Investitionen/Zukunftsaussichten<br />
Hafenverwaltung (Ri1)<br />
Der Hafen Klaipeda will sich zu einem Haupthafen entwickeln mit einer<br />
Zugverbindung nach China.<br />
Die Erweiterung des Hafens Klaipeda ist bereits im Gange. Dabei soll eine<br />
Vertiefung des Hafenbeckens <strong>und</strong> der Fahrrinne durchgeführt werden, ein neues<br />
Passagierterminal errichtet werden. Außerdem ist ein Neubau eines<br />
Tiefwasserhafens geplant. Die Fertigstellung ist bis 2013 geplant.<br />
Schiffagenten (Kl3)<br />
In Klaipeda sind einige Zukunftsinvestitionen geplant, u. a. in den Ausbau der<br />
Eisenbahnverkehre nach Osten <strong>und</strong> in die Verbesserung des Services r<strong>und</strong> um<br />
den Containertransport.<br />
Zum Einfluss von Wilhelmshaven (JadeWeserPort)<br />
Nach seiner Inbetriebnahme wird der JadeWeserPort einen Einfluss auf den<br />
Hafen Klaipeda Hafen, da die Güter Richtung Osten gehen werden. Allerdings<br />
werden die Container weniger Richtung baltische Häfen denn Richtung St.<br />
Petersburg <strong>und</strong> um zu (also russische Häfen) laufen.<br />
Fazit<br />
Anders als in Riga ist die „Stimmung“ der Hafenakteure besser, sie ist<br />
zukunftsorientierter. Zwar ist auch hier die (staatlichen) Port Authoritiy von der<br />
Politik bzw. von der gerade dominierenden Regierungspartei abhängig, dennoch<br />
57
erschien uns – auch auf Gr<strong>und</strong> der besseren geografischen Bedingungen (Nähe<br />
zu Weißrussland, aber immer noch erhebliche Distanz zu Danzig <strong>und</strong> Gdingen) –<br />
Klaipeda in einer (Hafenumschlags)Situation, die – im Vergleich der Häfen im<br />
übrigen Baltikum einschließlich Tallin – <strong>am</strong> ehesten an die Realisierung der<br />
Hafenausbaupläne glauben lässt.<br />
58
4.3 Russland<br />
Russland gehört zu den dyn<strong>am</strong>ischen <strong>Wirtschaft</strong>sregionen der Welt <strong>und</strong> wird<br />
seine Position – natürlich nach Beendigung der derzeitigen ökonomischen<br />
Rezession - in den nächsten Jahren weiter ausbauen (Ministerium für <strong>Wirtschaft</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong> des Landes Nordrhein-Westfalen 2005). Gestützt auf die hohen Preise<br />
für Energieträger <strong>und</strong> den Boom im Bausektor wächst Russlands <strong>Wirtschaft</strong> seit<br />
Jahren mit beachtlichem Tempo. Diese Entwicklung setzte sich auch 2008 fort.<br />
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2008 legte das Bruttoinlandsprodukt<br />
(BIP) real um 6,5 Prozent zu (IMF 2008). Allerdings folgte zu Ende des Jahres<br />
2009 auch hier der Einbruch: Für 2009 wird ein Rückgang des<br />
Bruttosozialproduktes um 0,6 Prozent vorausgesagt.<br />
Allerdings ist eine wesentliche Voraussetzung für nachhaltiges ökonomisches<br />
Wachstum der Umbau der russischen <strong>Wirtschaft</strong> mehr weg von der Rolle als<br />
Rohstoffproduzent hin zur Produktion von global wettbewerbsfähigen<br />
Industriegütern (<strong>und</strong> danach auch Dienstleistungen).<br />
Dabei stellt der Verkehr das Rückgrat der russischen <strong>Wirtschaft</strong> dar. Allerdings<br />
unterscheidet sich der russische Güterverkehrsmarkt stark von<br />
westeuropäischen Märkten. Während in Westeuropa schon seit Jahrzehnten der<br />
Straßengüterverkehr der dominierende Verkehrsträger ist <strong>und</strong> die Bahn eine<br />
nachrangige Bedeutung hat, konnte der Lkw in Russland erst seit 2000 aufholen.<br />
Daher besitzt die Bahn in Russland einen überdurchschnittlich hohen Marktanteil<br />
von ca. 80 Prozent (Ministerium für <strong>Wirtschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong> des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen 2005).<br />
Die Seeschifffahrt ist in der Russischen Föderation mit einem prozentualen Anteil<br />
von 4,2 Prozent als Verkehrsträger <strong>am</strong> Güterverkehr in Russland beteiligt. Im<br />
Laufe der Jahre wird ihr aber auch ein steigender Anteil prognostiziert. Die<br />
durchschnittliche Wachstumsrate soll bei 2,9 Prozent liegen (Wegner 2006).<br />
Der Transport auf dem Seeweg ist in der Russischen Föderation sehr stark<br />
exportorientiert. Seit dem Jahr 2000 hat sich das Umschlagvolumen ungefähr<br />
verdoppelt <strong>und</strong> übertrifft inzwischen die Umschlagzahlen aller Häfen der<br />
ehemaligen Sowjetunion Ende der 80er Jahre. Die russischen Seehäfen haben<br />
59
2007 ihre Umschlagsbilanz mit einem Rekordergebnis von 451,1 Mio. t<br />
abgeschlossen – stark dominiert vom Export von Öl, Kohle, Erz etc.. Das<br />
entspricht einer Steigerung gegenüber Vorjahr von 7,2 Prozent bzw. 31,1 Mio. t.<br />
Im Zeitraum zwischen Januar-November 2008 haben die russischen Seehäfen<br />
insges<strong>am</strong>t 416,5 Mio. t Güter umgeschlagen. Das ist 1,4 Prozent mehr als im<br />
gleichen Zeitraum des Jahres 2007.<br />
Der Güterumschlag in Russland verteilt sich auf die drei Fahrtgebiete wie folgt<br />
(ERSTU 2008):<br />
• Die Nord - West – Region hat im Jahr 2007 insges<strong>am</strong>t 209,5 Mio. t.<br />
Güter umgeschlagen. Das sind 9,2 Prozent mehr als 2006. D<strong>am</strong>it hat<br />
sich der Ges<strong>am</strong>tanteil der Region auf 46,4 Prozent erhöht.<br />
• Die Südregion hat einen Umschlag von 161,9 Mio. t abgerechnet. Das<br />
entspricht einer Steigerung von 1,3 Prozent <strong>und</strong> einem Anteil <strong>am</strong><br />
Ges<strong>am</strong>tumschlag von 35,9 Prozent.<br />
• Die Fernostregion hat mit einem Umschlagsvolumen von 79,1 Mio. t<br />
(15,3 Prozent Wachstum) einen Anteil <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tumschlag von 17,7<br />
Prozent.<br />
Es wird deutlich, dass sich die Fernostregion <strong>am</strong> stärksten entwickelt hat.<br />
Allerdings bleibt die Nord-West-Region für den europäischen Außenhandel die<br />
bedeutendste (ERSTU 2008).<br />
Zum Container-Umschlag: Mehr als 50 Prozent aller Seecontainer werden über<br />
die Ostsee von <strong>und</strong> nach Russland bewegt. Der ges<strong>am</strong>te Containerumschlag in<br />
Russland ist im Jahr 2008 um mehr als 25 Prozent gewachsen <strong>und</strong> betrug 6,8<br />
Mio. TEU. Dieses Wachstum ist auf die Steigerungen des Containertransits aus<br />
benachbarten Ländern <strong>und</strong> des Containertransports per Schiene zurückzuführen<br />
(RBC daily 2008). Bis 2020 erwartet Russland eine Steigerung der<br />
Containervolumen auf bis zu 20 Mio. TEU. In den russischen Seehäfen werden<br />
zurzeit r<strong>und</strong> 60 Prozent der ges<strong>am</strong>ten Containerladung umgeschlagen, die Hälfte<br />
davon im Großen Hafen von St. Petersburg. Drei zum Hafen St. Petersburg<br />
gehörende Terminals - „First Container Terminal“, „PetroLesPort“ <strong>und</strong> „Moby<br />
Dick“ - gehören zu den größten <strong>und</strong> wichtigsten Umschlagplätzen in Russland.<br />
60
Auf dem russischen Containermarkt gibt es zurzeit (Stand: Juli 2008) drei große<br />
Unternehmen, die mehr als einen Containerterminal kontrollieren (RBC daily<br />
2008):<br />
• „National Container Company“ (NCC).<br />
Eingentümer sind First Quantum Group <strong>und</strong> FESCO Transportation<br />
Group. Die Beiden besitzen jeweils 50 Prozent des NCC.<br />
Zu NCC gehören die Terminals “First Container Terminal” (FCT) in St.<br />
Petersburg, “NUTEP” (NCT) in Novorossiysk, “Ilyichevsk Container<br />
Terminals“ (ICT) in der Ukraine, „Baltic Container Terminal (BCT)“ in<br />
Ust-Luga (Region St. Petersburg) <strong>und</strong> „Shushary Logistic Terminal”<br />
(Region St. Petersburg). Die National Container Company hat sich im<br />
Frühjahr 2008 mit 18 Prozent an der Betreiberfirma Eurogate<br />
Wilhelmshaven (zukünftiger Containerterminal JadeWeserPort) 13<br />
beteiligt <strong>und</strong> umgekehrt hat sich Eurogate mit 20 Prozent an dem NCC<br />
in Ust-Luga beteiligt.<br />
• “National Transportation Group (N-Trans Group)“ (ehemals<br />
„Severstaltrans Group (SST)“).<br />
Rechtsform: Joint Stock Company (JSC).<br />
Ende 2007 verkaufte die finnische „Container Finance Group" 50 Prozent<br />
der Aktien des Containerterminaloperators Multi-Link Terminals Ltd. OY<br />
(MLT) <strong>und</strong> der Servicegesellschaft Container Depot Ltd. OY (CD) an die<br />
"N-Trans“. Zu MLT gehören die Terminals „Moby Dick“ in Kronstadt,<br />
Mussalo in Kotka <strong>und</strong> Western Harbour in Helsinki. Container Depot Ltd<br />
ist im Besitz eines Containerdepot in Janino in der Nähe von St.<br />
Petersburg. Der Kauf verstärkt die Wettbewerbsposition von N-Trans im<br />
Großhafen von St.-Petersburg beträchtlich. Das Unternehmen hat dort<br />
bereits <strong>am</strong> „Petrolesport“ einen Marktanteil in Höhe von ca. 24 Prozent<br />
<strong>am</strong> Containerumschlag des Hafens. N-Trans plant, die vorhandene<br />
Umschlagkapazität <strong>am</strong> „Petrolesport“ auf 2 Mio. TEU pro Jahr zu<br />
erhöhen.<br />
13 Am JadeWeserPort sind dann noch Eurogate mit gut 50 Prozent <strong>und</strong> Maersk mit 30 Prozent<br />
beteiligt.<br />
61
• Und die Holding „Novorossiysk Commercial Sea Port“ (NCSP).<br />
Zu NCSP gehört u. a. ein Containerterminal im Hafen von Baltijsk an der<br />
Ostsee in der russischen Region Kaliningrad.<br />
Mit einem Containerumschlag von mehr als 900.000 TEU jährlich steht der “First<br />
Container Terminal” (FCT; St. Petersburg) (Betreiber NCC) an erster Stelle unter<br />
den russischen Containerterminals (RBC daily 2008). Den zweiten <strong>und</strong> den<br />
dritten Platz teilen „Petrolesport“ (St. Petersburg) <strong>und</strong> die „Vostochnaya<br />
Stevedore Company“ (Hafen Vostochny) mit jeweils ca. 370.000 TEU<br />
Containerumschlag jährlich. Diese beiden Terminals werden von „N-Trans Group“<br />
betrieben (Tabelle 4-1).<br />
Tabelle 4-1:<br />
Containerumschlag der größten russischen<br />
Containerterminals 2006-2007<br />
Rang,<br />
2007<br />
Rang,<br />
2006<br />
Terminal<br />
Betreiber<br />
Umschlag<br />
2007,<br />
TEU<br />
Umschlag<br />
2006,<br />
TEU<br />
Veränd.<br />
07/06,<br />
%<br />
1 1<br />
First Container<br />
Terminal<br />
National<br />
Container<br />
Company<br />
958.534 888.889 7,84<br />
2 3<br />
Vostochnaya<br />
Stevedore Company<br />
N-Trans Group 370.992 291.423 27,30<br />
3 2 Petrolesport N-Trans Group 368.024 313.037 17,57<br />
4 4 Moby Dick N-Trans Group 204.290 159.500 28,08<br />
5 5<br />
6 7<br />
Vladivostoker<br />
Containerterminal<br />
Kaliningrad<br />
Commercial Sea Port<br />
N-Trans Group 199.652 147.100 35,73<br />
- 157.348 90.350 74,15<br />
7 6<br />
NUTEP (the nodal<br />
transporting and<br />
forwarding company<br />
of Novorossiysk)<br />
National<br />
Container<br />
Company<br />
141.380 99.121 42,63<br />
8 8<br />
Novorossiysk<br />
Commercial Sea Port<br />
Holding<br />
„Novorossiysk<br />
Commercial Sea<br />
Port“<br />
110.670 67.419 64,15<br />
9 9 Novoroslesexport<br />
Holding<br />
„Novorossiysk<br />
Commercial Sea<br />
Port“<br />
90.133 60.030 50,15<br />
10 11<br />
Commercial Sea Port<br />
St. Petersburg<br />
Wladimir Lissin 70.011 41.092 70,38<br />
Quelle: RBC daily 2008, eigene Übersetzung<br />
62
In den nächsten Jahren erwarten vor allem die russischen Ostseehäfen ein<br />
durchschnittliches Wachstum im Containerumschlag um 8-12 Prozent jährlich.<br />
Die Auslastung der Containerterminals soll bis zum Jahr 2010 über 90 Prozent<br />
betragen (RBC daily 2008).<br />
Die russischen Häfen werden von der Gesellschaft „RosMorPort“ verwaltet, die<br />
dem russischen Verkehrsministerium untersteht (BUND 2007). Die größten<br />
Seehäfen Russlands sind die in Novorossijsk, Sankt Petersburg, Wladiwostok,<br />
Vostochny, Nahodka <strong>und</strong> Wanino. Von den 62 Seehäfen Russlands ist zurzeit nur<br />
die Hälfte in der Lage, Schiffe mit Tragfähigkeiten von über 10.000 dwt<br />
abzufertigen (Kapital Kontor 2008). Hauptgr<strong>und</strong> sind unzureichende<br />
Wassertiefen an den Schiffsliegeplätzen <strong>und</strong> in sonstigen Hafengewässern. Das<br />
Land weist nur zehn Seeumschlagplätze auf, die von Schiffen mit über 50.000<br />
dwt angelaufen werden können. Für Schiffe über 150.000 dwt Tragfähigkeit<br />
steht mit Murmansk nur ein einziger russischer Hafen zur Verfügung. Ganzjährig<br />
eisfrei sind unter den größeren Häfen lediglich Kaliningrad, Noworossijsk <strong>und</strong><br />
Tuapse (die beiden Letztgenannten <strong>am</strong> Schwarzen Meer gelegen), Murmansk<br />
sowie einige südlich gelegene Fernost-Häfen (Kapital Kontor 2008).<br />
An der Ostsee besitzt Russland fünf Häfen: St. Petersburg, Vyborg/Vysotsk, Ust-<br />
Luga, Primorsk <strong>und</strong> Kaliningrad sowie Baltijsk. Nach dem Ausscheiden der drei<br />
baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen aus dem sowjetischen/russischen<br />
Staatenverb<strong>und</strong> 1990 haben die russischen Ostseehäfen an Kapazität verloren<br />
(BUND 2007). Das plant Russland nun zu kompensieren. Mit Hilfe von Ausbau<strong>und</strong><br />
Neubauprogr<strong>am</strong>men soll die Infrastruktur der russischen Seehäfen erweitert<br />
<strong>und</strong> verbessert werden. Auch das Anwachsen der Handelströme macht einen<br />
Ausbau der russischen Häfen notwendig (gtai 2007).<br />
So plant das Transportministerium der Russischen Föderation, die jährliche<br />
Kapazität der russischen Häfen bis 2015 auf 650 Mio. t auszubauen. Priorität bei<br />
Investitionen in Häfen der Nord-West-Region (Ostsee, Barentssee <strong>und</strong> übrige<br />
Nordmeer-Gewässer) haben in den kommenden Jahren Murmansk, Sankt<br />
Petersburg, Primorsk, Ust-Luga <strong>und</strong> Kaliningrad. Vor allem durch<br />
Ausbaumaßnahmen soll das ges<strong>am</strong>te Umschlagvolumen in den Häfen der<br />
russischen Nordwest-Region von 209,5 Mio. t (2006) auf 314 Mio. t (2015)<br />
steigen (Kapital Kontor 2008). Dies entspricht einem Plus von mehr als 50<br />
Prozent.<br />
63
Der Grad der Containerisierung russischer Ausfuhr- <strong>und</strong> Einfuhrgüter liegt zurzeit<br />
noch deutlich unter dem internationalen Durchschnittsniveau. Die wichtigsten<br />
Neu- <strong>und</strong> Erweiterungsvorhaben bei Containerterminals bis 2015 betreffen auch<br />
die russischen Ostseehäfen Ust-Luga (Kapazitätsausbau auf 3,5 Mio. TEU pro<br />
Jahr) <strong>und</strong> Baltijsk (früheres deutsches Pillau <strong>am</strong> Ostsee-Ausgang des Seekanals<br />
bei Kaliningrad (3,5 Mio. TEU)). Baltijsk soll zum „ersten Tiefwasserhafen der<br />
Kaliningrader Region“ werden (Kapital Kontor 2008). Über Ust-Luga sollen<br />
verstärkt Güter umgeschlagen werden, die zurzeit noch über die Häfen der<br />
Baltischen Republiken <strong>und</strong> Finnlands laufen. Gerade der Import über Finnland ist<br />
beliebt, da die russischen Häfen in der Region Sankt Petersburg nicht über<br />
entsprechende Verlade- <strong>und</strong> Lagerkapazitäten verfügen. Russlands hohe<br />
Nachfrage nach Importgütern sorgt indessen für kilometerlange Staus <strong>und</strong><br />
enorme Wartezeiten an den Grenzübergängen zu Finnland <strong>und</strong> den baltischen<br />
Staaten (gtai 2007).<br />
Allerdings gibt es eine Reihe von Mängeln <strong>und</strong> Risiken, welche die Entwicklung<br />
der russischen Hafenwirtschaft hemmen (Kapital Kontor 2008):<br />
• Ungünstige klimatische <strong>und</strong> naturgeografische Gegebenheiten wie<br />
Vereisung, flache Küstengewässer <strong>und</strong> lange Zufahrtskanäle.<br />
• <strong>Wirtschaft</strong>spolitische Versäumnisse wie das Fehlen von<br />
<strong>Wirtschaft</strong>ssonderzonen in den Häfen, in denen entsprechend<br />
internationaler Praxis Steuer- <strong>und</strong> Zollvergünstigungen gewährt werden.<br />
• Entwicklungsdefizite bei der Infrastruktur der Häfen <strong>und</strong> im Bereich der<br />
Hinterland-Verkehrseinrichtungen gemessen an internationalen<br />
Standards.<br />
• Umständliche <strong>und</strong> zeitaufwendige Verfahren der Zollabfertigung.<br />
• Zu langen Be- <strong>und</strong> Entladezeiten in den Häfen.<br />
• Eine erhöhte Umweltbelastung durch die Hafenwirtschaft.<br />
Der Schwerpunkt dieser Untersuchung sind die russischen Ostseehäfen. Im<br />
Folgenden werden die wichtigsten Ostseehäfen der Russischen Föderation<br />
dargestellt.<br />
64
4.3.1 Großhafen/Stadthäfen St. Petersburg<br />
Der Großhafen von Sankt Petersburgs ist der größte Ostseehafen Russlands.<br />
Über ihn werden mehr als die Hälfte aller nach Russland importierten Güter <strong>und</strong><br />
13 Prozent aller auf dem Seeweg beförderter Exportgüter abgefertigt. Der Hafen<br />
ist von entscheidender Bedeutung für die nordwestlichen Regionen des Landes.<br />
Jahrelang war er der umschlagsstärkste Hafen Russlands. Allerdings wurde er im<br />
Jahr 2004 durch den <strong>am</strong> Schwarzen Meer gelegenen Hafen Novorossijsk<br />
überholt. Trotzdem ist der Hafen gerade für den Ostseeverkehr der wichtigste<br />
Hafen der Russischen Föderation. Zugleich ist er der <strong>am</strong> nächsten <strong>am</strong><br />
Ballungsraum Moskau liegende Seehafen (Wegner 2006).<br />
Der Hafen liegt <strong>am</strong> nördlichen Finnischen Meerbusen. St. Petersburg umschließt<br />
das Delta des Flusses Neva. Dadurch besteht auch Anschluss an die Seen Ladoga<br />
<strong>und</strong> Onega <strong>und</strong> den Kanal <strong>und</strong> Flusssystem ins europäische Zentrum der<br />
Russischen Föderation, worin ein Vorteil des Hafens liegt. Von November bis<br />
März werden 11 Eisbrecher eingesetzt, um den Zugang zum Hafen zu<br />
gewährleisten. Größtes Problem ist allerdings die den Hafen umgebende Stadt,<br />
die einen Ausbau <strong>und</strong> eine Expansion des Hafens kaum zulässt. Auch der<br />
Transport vom <strong>und</strong> in das Hinterland ist dadurch extrem gefährdet (Wegner<br />
2006). Nachbarhäfen von Sankt Petersburg befinden sich an der Ostsee in Ust-<br />
Luga, Primorsk <strong>und</strong> in Vysotsk. Linienverbindungen bestehen u. a. nach<br />
Stockholm, Helsinki, Kiel, Lübeck <strong>und</strong> anderen Hafenstädten an der Ostsee sowie<br />
zu allen wichtigen Containerhäfen in der Nordsee.<br />
Der Großhafen von St. Petersburg besteht aus r<strong>und</strong> 400 maritimen<br />
Unternehmen, welche formal als „Seaport of St. Petersburg“ bezeichnet werden.<br />
Die Infrastruktur befindet sich im Besitz der „Port Authority of St. Petersburg“<br />
<strong>und</strong> wird an Lager- <strong>und</strong> Umschlagsgesellschaften vermietet (Wegner 2006).<br />
Im Großhafen St. Petersburg gibt es 11 Güterumschlagsterminals mit einer<br />
Ges<strong>am</strong>tzahl von 78 Liegeplätzen für alle Güterarten: Liegeplätze des<br />
Handelhafens St. Petersburg (JSC “Sea Port of Saint-Petersburg”), des<br />
ehemaligen Holzhafens (Betreiber OJSC „PetroLesPort“), des Fischerei- <strong>und</strong> des<br />
Binnenhafens, des Öl- <strong>und</strong> der Passagierterminals <strong>und</strong> die Liegeplätze der<br />
Schiffbau- <strong>und</strong> Schiffsreparaturbetriebe.<br />
65
Abbildung 4-5:<br />
Großhafen St. Petersburg<br />
Quelle:Port Authority of St. Petersburg 2008<br />
66
Außerdem stehen in Kronstadt, Lomonossov/Bronka <strong>und</strong> in Gorskaya weitere<br />
Liegeplätze zur Verfügung. Sie sind durch ein verzweigtes Kanalsystem<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en (RosMorPort 2008). Der längste <strong>und</strong> auch der tiefste<br />
Seekanal ist der St. Petersburger Seekanal. Er beginnt im Handelshafen St.<br />
Petersburg <strong>und</strong> endet hinter der Insel Kotlin, auf der Kronstadt liegt. Die<br />
Kanallänge beträgt ca. 50 km. Der St. Petersburger Kanal erlaubt den Schiffen<br />
mit einem maximalen Tiefgang bis zu 11 m, einer Länge bis zu 320 m <strong>und</strong> einer<br />
Breite bis zu 42 m den Zugang – ist mithin also nur einspurig zu befahren. Zum<br />
Teil lange Staus von Schiffen <strong>am</strong> Kanaleingang dokumentieren diesen<br />
„Bottleneck“.<br />
Die wichtigste <strong>und</strong> die größte Umschlagsgesellschaft im Großhafen St.<br />
Petersburg, der Handelshafen St. Petersburg (JSC „Sea Port of Saint-<br />
Petersburg“), gehört zu 97 Prozent holländischem UNIVERSAL CARGO<br />
LOGISTICS HOLDING BV (UCL; Eigentümer ist der russische Oligarch Wladimir<br />
Lissin). Der Hafen verfügt über 34 Liegeplätze mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von über 6<br />
km <strong>und</strong> einer Tiefe bis zu 11,9 m (Sea Port of Saint-Petersburg 2008). Der<br />
Handelshafen in vier Gebiete unterteilt, die auf bestimmte Ladungen spezialisiert<br />
sind. So gibt es Areale für Massengüter, Container, Roll-on-Roll-off-Güter,<br />
allgemeine Güter, Flüssiggüter u. a. Allerdings ist der Umschlag von nahezu<br />
jeder Güterart in fast jedem dieser vier Areale möglich 14 . Im Jahr 2007 haben<br />
die Umschlagsunternehmen des Handelshafens insges<strong>am</strong>t 11,9 Mio. t Güter<br />
umgeschlagen. Das entspricht einem Anteil von ca. 20 Prozent <strong>am</strong><br />
Ges<strong>am</strong>tumschlag des Großhafen St. Petersburg (Sea Port of Saint-Petersburg<br />
2008).<br />
Der Hafen verbucht seit Jahren ein stetiges Wachstum. 2008 wurden im großen<br />
Hafen von St. Petersburg insges<strong>am</strong>t r<strong>und</strong> 60 Mio. t Ladung umgeschlagen. Der<br />
Umschlagsrückgang im Jahr 2006 ist auf das G8-Gipfel in St. Petersburg<br />
zurückzuführen. Der komplette Großhafen St. Petersburg blieb eine Woche lang<br />
geschlossen. Folgende Abbildung 4-6 verdeutlicht die Umschlagsentwicklung des<br />
Großhafens St. Petersburg.<br />
14 Im Kapitel „Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen“ wird der Handelshafen St. Petersburg<br />
detaillierter betrachtet.<br />
67
Abbildung 4-6: Großhafen St. Petersburg: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2002-2008<br />
in Mio. t<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Port Authority of St. Petersburg 2008<br />
Der Großhafen St. Petersburg ist ein Universalhafen. Hier werden fast alle<br />
möglichen Güter umgeschlagen. Hauptsächlichen Anteil haben dabei Öl <strong>und</strong><br />
Ölerzeugnisse, Metalle, Container <strong>und</strong> chemische Erzeugnisse (meist<br />
Düngemittel), wie die Abbildung 4-7 verdeutlicht.<br />
Abbildung 4-7:<br />
Großhafen St. Petersburg: Ges<strong>am</strong>tumschlag nach<br />
Gütertypen 2007 in %<br />
Quelle: eigene Darstellung, Port Authority of St. Petersburg 2008<br />
68
In den letzten fünf Jahren erhöhte sich der Containerumschlag um das 3-fache<br />
<strong>und</strong> sicherte d<strong>am</strong>it Sankt Petersburg die führende Position im<br />
Gütercontainerumschlag in Russland. Im Jahr 2008 haben die Containerterminals<br />
des Hafens insges<strong>am</strong>t mehr Containerladung umgeschlagen als alle finnischen<br />
Häfen zus<strong>am</strong>men, <strong>und</strong> zwar 1,983 Mio. TEU (Abbildung 4-8).<br />
Abbildung 4-8:<br />
Großhafen St. Petersburg: Containerumschlag<br />
2002-2008 in TEU<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Port Authority of St. Petersburg 2008<br />
Der wirtschaftliche Aufschwung in Russland, Währungsstabilität <strong>und</strong> die<br />
Importbasis (Autoteile für die in der St. Petersburger ansässigen Auto-OEMs)<br />
werden dazu beitragen, einen Zuwachs im Containerumschlag in Höhe von 15-17<br />
Prozent p. a. zu erreichen (im ges<strong>am</strong>ten Hafen).<br />
Der Containerverkehr wird in erster Linie über drei Terminals durchgeführt<br />
(Stand: 2008): „First Container Terminal“ (1,072 Mio. TEU) <strong>und</strong> „PetroLesPort“<br />
(530.000 TEU) in St. Petersburg sowie über „Moby Dick“ (219.000 TEU) in<br />
Kronstadt.<br />
69
Abbildung 4-9:<br />
Großhafen St. Petersburg: Containerumschlag der einzelnen<br />
Terminals 2008 in TEU<br />
27 %<br />
54 %<br />
11 %<br />
5 %<br />
Quelle :eigene Darstellung, NCC 2008<br />
Der „First Container Terminal“ (Betreiber „National Container Company“) ist<br />
einer der größten Containerterminals des Ostseeraumes. Das FCT ist<br />
verantwortlich für mehr als die Hälfte des ges<strong>am</strong>ten Containerumschlags im<br />
Großhafen St. Petersburg. Ende 2008 ist die Umschlagskapazität des „First<br />
Container Terminals“ auf ca. 1,072 Mio. TEU angestiegen. D<strong>am</strong>it ist der FCT der<br />
erste Containermillionär Russlands.<br />
Um den räumlich begrenzten Großhafen St. Petersburg zu erweitern, sollen bis<br />
zum Jahr 2025 <strong>am</strong> Nord- <strong>und</strong> Südufer des Finnischen Meerbusens in Bronka <strong>und</strong><br />
Lomonossow sowie bei Kronstadt auf der Insel Kotlin neue Hafenanlagen<br />
entstehen (verkehrsRUNDSCHAU 2008). Die neuen Terminals liegen etwa 30 bis<br />
40 Kilometer vor dem bisherigen Hafen, aber administrativ noch auf dem<br />
Stadtgebiet <strong>und</strong> werden durch den vor der Fertigstellung stehenden<br />
Flutschutzd<strong>am</strong>m verb<strong>und</strong>en sein, der auch eine Autobahn tragen wird.<br />
Insges<strong>am</strong>t sollen die neuen Hafenareale 477 Hektar Fläche haben, die zu 80<br />
Prozent durch Aufschüttungen gewonnen werden sollen (verkehrsRUNDSCHAU<br />
2008). Bis 2025 sollte die Umschlagskapazität auf insges<strong>am</strong>t 70 Millionen<br />
Tonnen erweitert werden. Die neuen Terminals sollen vor allem Container, Ro-<br />
Ro-Frachten <strong>und</strong> Kühlgut vorbehalten sein.<br />
70
Außerdem plant der russische Logistikkonzern „National Container Company“<br />
(NCC), außerhalb von St. Petersburg einen Containerterminal zu errichten, um<br />
die beengten Anlagen im Hafen zu entlasten (verkehrsRUNDSCHAU 03.2007).<br />
Dafür wurden bereits 90 Hektar Land im Südosten der Stadt erworben, auf<br />
denen für etwa 250 Millionen Dollar ein „Trockenhafen“ entstehen soll. Das NCCeigene<br />
„First Container Terminal“ im Petersburger Hafen fertigte im Jahr 2008<br />
1,072 Mio. Standardcontainer (TEU) ab. Bis 2010 ist ein Containerumschlag von<br />
1,5 Millionen TEU geplant. Um auf dieses Volumen zu kommen, ist die<br />
Auslagerung einiger Funktionen unerlässlich. So sollen Zwischenlagerung,<br />
Verzollung <strong>und</strong> Ausgabe an den K<strong>und</strong>en für etwa 300.000 TEU nach Schuschary<br />
(Leningrad Gebiet, ca. 20 km südwestlich von St. Petersburg) verlegt werden<br />
(verkehrsRUNDSCHAU 03.2007).<br />
Prognosen zufolge ist eine Verdreifachung des Jahresumschlags des ges<strong>am</strong>ten<br />
Hafens auf 6 Millionen TEU bis 2010 möglich. Allerdings wird ein solcher Ausbau<br />
nicht möglich sein, solange nicht die Hafenzufahrten deutlich ausgebaut werden<br />
<strong>und</strong> der Verkehrsfluss besser organisiert ist. Vor allem sind die zwei größten<br />
Containerterminals im Großhafen St. Petersburg „First Container Terminal“ (FCT)<br />
<strong>und</strong> „PetroLesPort“ gefordert, die oft Kilometer langen LKW-Warteschlangen in<br />
den Stadtvierteln vor den Hafeneinfahrten zu beseitigen. Der FCT hat 2008 in<br />
Schuschary eine Wartezone eingerichtet, von wo LKW nun just-in-time zum<br />
Abholen ihrer Fracht in den Hafen fahren (verkehrsRUNDSCHAU 03.2007).<br />
Die Straßen der Stadt bewältigen den großen Güterumfang nicht mehr. Große<br />
Hoffnungen werden auf die Ringstraße gesetzt, die um Sankt Petersburg gebaut<br />
wird <strong>und</strong> der Entlastung des Großhafens St. Petersburg dienen soll. Wegen der<br />
noch fehlenden Ringstraße ist ein großer Teil der Zolldienststellen über das<br />
ges<strong>am</strong>te Stadtgebiet von Sankt Petersburg verstreut. Die Gütertransporte<br />
müssen durch die Stadt geführt werden (Wlasenko 2006). Durch die Einrichtung<br />
von Zolldienststellen in den Transport- <strong>und</strong> Logistikkomplexen in unmittelbarer<br />
Nähe der Ringstraße kann die Zeit für die Anlieferung von Waren verkürzt<br />
werden, da die Großtransporte dann nicht mehr durch die Innenstadt von Sankt<br />
Petersburg fahren müssen.<br />
71
Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen 15<br />
Hafenverwaltung:<br />
St.-Petersburg Maritime Port Administration (Port Authority)<br />
(Pet1)<br />
Die Hafenverwaltung (Port Authority St. Petersburg) ist eine staatliche<br />
Organisation <strong>und</strong> unterliegt dem russischen Transportministerium <strong>und</strong> der<br />
Maritimen Agentur der Russischen Föderation (Abbildung 4-10).<br />
Abbildung 4-10:<br />
Organisation der russischen Seeverkehrswirtschaft<br />
Structure of Sea State<br />
Organization<br />
Ministry of<br />
Transport<br />
Federal Agency of Sea<br />
and River Transport<br />
St.-Petersburg Maritime<br />
Port Administration<br />
Quelle: eigene Darstellung; Port Authority of St. Petersburg 2008<br />
Die „RosMorPort“ hält die Staatsanteile der russischen Häfen <strong>und</strong> betreibt ferner<br />
die unter russischer Flagge fahrenden Eisbrecher. Als eine staatliche Behörde ist<br />
die Port Authority St. Petersburg vor allem ein öffentlicher Dienstleister im<br />
Bereich des Seeverkehrs. Die Schwerpunkte liegen dabei in der Organisation <strong>und</strong><br />
der Sicherheitsgewährleistung des Seehandels sowohl im Großhafen St.<br />
Petersburg als auch auf den Seewegen. Allerdings ist die Hafenverwaltung nicht<br />
in der Lage, einige wichtige Entscheidungen ohne einer Erlaubnis des Moskauer<br />
Transportministeriums zu treffen.<br />
Insges<strong>am</strong>t gibt es in Russland 62 Häfen <strong>und</strong> 19 Hafenverwaltungen. In der<br />
Region St. Petersburg gibt es zwei Hafenverwaltungen. Die eine ist für die Häfen<br />
in St. Petersburg <strong>und</strong> Primorsk zuständig <strong>und</strong> die zweite für die Häfen Vyborg,<br />
15 Die Informationen wurden auch aus den Expertengesprächen entnommen.<br />
72
Vysotsk <strong>und</strong> Ust-Luga. In den nächsten Jahren werden die beiden Verwaltungen<br />
zus<strong>am</strong>mengelegt. Der Hauptsitz der neuen Hafenverwaltung wird in St.<br />
Petersburg sein.<br />
In der folgenden Tabelle 4-2 sind die maximal zulässigen Schiffsmaße für die<br />
oben genannten Häfen zus<strong>am</strong>mengefasst.<br />
Tabelle 4-2:<br />
Maximal zulässige Schiffsmaße in den russischen Ostseehäfen<br />
Hafen<br />
Schiffslänge,<br />
max. m<br />
Schiffsbreite,<br />
max. m<br />
Tiefgang,<br />
max. m<br />
Großhafen<br />
St. Petersburg<br />
320 42 11,0<br />
Primorsk 307 55 15,5<br />
Vyborg 145 - 6,5<br />
Vysotsk 200 - 9,3<br />
440<br />
(Ausbaustufe<br />
1mit 2<br />
Liegeplätzen<br />
<strong>und</strong> einer<br />
Wassertiefe<br />
von 13,5 m)<br />
Ust-Luga<br />
500<br />
(Ausbaustufe 2<br />
mit einer<br />
Wassertiefe<br />
von 16,5 m)<br />
740<br />
(Ausbaustufe 3<br />
mit einer<br />
Wassertiefe<br />
von 13,5 m)<br />
- 13,5 bis 15,5<br />
Quelle :eigene Darstellung, Port Authority of St. Petersburg 2008<br />
Nach Meinung der Befragten hat der Hafen in Ust-Luga für die Region St.<br />
Petersburg die größte Bedeutung. Der Hafen Primorsk ist wichtig als Ölhafen<br />
(Umschlag 74 Mio. t) <strong>und</strong> steht auf dem ersten Platz im baltischem Raum,<br />
allerdings nur als ein Ölhafen. Vysozk ist nicht bedeutend <strong>und</strong> wird sich auch<br />
zukünftig nicht weiterentwickeln.<br />
73
Die St. Petersburger Hafenverwaltung legt großen Wert auf die Erweiterung der<br />
Kapazitäten <strong>und</strong> ist bereit dafür zu investieren. In einem Hafenmasterplan, der<br />
bis 2010 ausgelegt ist, ist u. a. der Ausbau des Kanals (Vertiefung <strong>und</strong><br />
Verbreiterung), der Ausbau der Öl-, Schrott-, Kühlgüter- <strong>und</strong><br />
Getreideumschlagskapazitäten <strong>und</strong> der Ausbau des Containerterminals geplant<br />
(Wegner 2006). Der Hafen möchte den Umschlag von Containern <strong>und</strong> Roll-off-<br />
Roll-on-Gütern ausweiten. Außerdem wurde im Jahr 2005 der Neubau eines<br />
Passagierhafens beschlossen. Bisher ist der Hafen im Passagierverkehr nicht<br />
leistungsfähig genug <strong>und</strong> verfügt über nicht ausreichende Kapazitäten. Ebenso<br />
notwendig ist der Ausbau der Straßen- <strong>und</strong> Bahnanbindung, um den zügigen <strong>und</strong><br />
effizienten Transport in das Hinterland zu gewährleisten (Wegner 2006).<br />
Terminalbetreiber:<br />
„First Container Terminal“ (FCT)<br />
(Pet2)<br />
„First Container Terminal“ (FCT) ist der größte Containerterminal in St.<br />
Petersburg, in der Russischen Föderation <strong>und</strong> im Baltischen Raum. Im Oktober<br />
1998 wurde der FCT privatisiert <strong>und</strong> wurde eine geschlossene Aktiengesellschaft.<br />
Seit 2002 gehört der Terminal einer privaten Gesellschaft, der National Container<br />
Company (NCC).<br />
Der FCT hat vier Liegeplätze für die Containerschiffe. Eigentlich insges<strong>am</strong>t sechs,<br />
aber einer davon gehört der staatlichen Organisation „RosMorPort“ <strong>und</strong> der<br />
andere ist für die Forschungsschiffe bzw. Eisbrecher vorgesehen.<br />
Der Terminal umfasst eine Fläche von 89 ha. Die ges<strong>am</strong>te nutzbare Kailänge<br />
beträgt 780 m. Die Tiefe des Wasserbeckens beträgt 11,5 m <strong>und</strong> der max.<br />
Tiefgang der Schiffe ist 10,2 m. Das Becken ist allerdings bis zu 13 m<br />
ausbaufähig.<br />
Der FCT kann Containerschiffe bis zu 3.500 TEU empfangen, aber das ist schon<br />
die Grenze. Die Größe der Schiffe ist durch den Eingangskanal beschränkt. Der<br />
Kanal ist sehr schmal <strong>und</strong> ist außerdem einseitig befahrbar.<br />
Der Hafen ist nicht eisfrei <strong>und</strong> im Winter verlieren die Schiffe dadurch viel Zeit.<br />
Die max. Umschlagskapazität betrug 2008 1.100.000 TEU jährlich. In 2008<br />
wurden <strong>am</strong> FCT tatsächlich 1.072.346 TEU umgeschlagen. Im Verglich zu 2004<br />
hat sich der Containerumschlag verdoppelt, wie die Abbildung 4-11 verdeutlicht.<br />
74
Abbildung 4-11:<br />
First Container Terminal: Containerumschlag<br />
2002-2008 in TEU<br />
Quelle :eigene Darstellung, NCC 2008<br />
Der Anteil des FCT <strong>am</strong> ges<strong>am</strong>ten Containerumschlag des Großhafens St.<br />
Petersburg beträgt ca. 54 Prozent. Der Anteil von Export-Containern im FCT liegt<br />
bei 51 Prozent <strong>und</strong> Import-Containern bei 49 Prozent. Die Struktur der<br />
Hinterlandverkehre aus <strong>und</strong> in den FCT sieht wie folgt aus:<br />
Abbildung 4-12:<br />
Struktur der Hinterlandverkehre des FCTs<br />
Verkehrsart<br />
Export-Container<br />
Import-Container<br />
2006 2007 2006 2007<br />
Per LKW 74 % 71 % 96 % 98 %<br />
Per Schiene 26 % 29 % 4 % 2 %<br />
Quelle :eigene Darstellung, NCC 2008<br />
Der „First Container Terminal“ wird regelmäßig von folgenden Schiffslinien<br />
benutzt: Maersk Line, MSC, OOCL, CMA CGM, UniFeeder, FESCO ESF, Te<strong>am</strong><br />
Lines, SWAN Container Line.<br />
75
Aufgr<strong>und</strong> bestehenden Feederverbindungen zu den Haupttranshipmenthäfen in<br />
Westeuropa haben die K<strong>und</strong>en des FCT die Möglichkeit, auch die Dienste jener<br />
Schiffslinien in Anspruch zu nehmen, die den FCT nicht direkt anfahren: z. B.<br />
China Shipping, CSAV, Hapag Lloyd, H<strong>am</strong>burg Sud, Hanjin, Evergreen.<br />
Die größten K<strong>und</strong>en des FCTs sind u. a. Ford Motor, IKEA, MARS, Unilever,<br />
RUSAL, SEVERSTAL, LG Electronics.<br />
Laut der FCT-Betreiber hat der Terminal im Vergleich zu den konkurrierenden<br />
Containerterminals folgende Vorteile:<br />
• Sehr gut funktionierende LKW-Transporte ins Hinterland,<br />
• Keine nationale Grenze zum russischen Mainland (wie in Kaliningrad),<br />
• Sehr guter Service (40-50 Bewegungen pro St<strong>und</strong>e – schon fast auf<br />
dem EU- Niveau).<br />
Allerdings gibt es auch Nachteile, wie:<br />
• Sehr hohe Hafengebühren im Terminal,<br />
• Lange Abwicklungszeit der Container (Zoll),<br />
• Der Eingangskanal ist zu schmal,<br />
• Die Ausfahrt aus der Stadt dauert zu lange.<br />
“PetroLesPort” (PLP)<br />
(Pet3)<br />
Früher war OJSC PetroLesPort (PLP) ein staatlicher Hafen, der sich ausschließlich<br />
auf den Holzumschlag <strong>und</strong> die Holzverarbeitung konzentriert hat. Der<br />
Containerterminal im PetroLesPort wurde 1994 in Betrieb genommen. Seit 2006<br />
ist das Unternehmen „Global Ports Investments Plc“ (GPI) der Hauptaktionär des<br />
Hafens. GPI gehört wiederum der russischen Firma „N-Trans Group“<br />
(Eigentümer: Wladimir Lissin).<br />
Von 2002 bis 2006 gehörten dem PLP 50 Prozent vom First Container Terminal<br />
(FCT), die danach verkauft wurden. Herrn Lissin bzw. „N-Trans Group“ gehört 50<br />
Prozent vom logistischen Zentrum in Janino <strong>und</strong> des Terminals „Moby Dick“ in<br />
Kronstadt. Dieser Terminal hat allerdings keine Eisenbahnverbindung ins<br />
Hinterland. Die Ladung kann nur per LKW aus dem Hafen gebracht werden. Laut<br />
den Aussagen unserer Interviewpartner wurde der Containerterminal in<br />
76
Kronstadt hauptsächlich wegen des logistischen Zentrums gekauft. „Janino“ hat<br />
eine Lagerkapazität von 500.000 Container <strong>und</strong> wird mit dem logistischen<br />
Zentrum der National Container Company (NCC) in Schuschary (ca. 20 km<br />
südwestlich von St. Petersburg) konkurrieren. NCC ist der Eigentümer vom FCT<br />
<strong>und</strong> dem Containerterminal in Ust-Luga. „Janino“ hat eine direkte<br />
Eisenbahnverbindung.<br />
Das Hafengelände des OJSC „PetroLesPort“ umfasst eine Fläche 123 ha. Im<br />
Hafen gibt es 13 Liegeplätze mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von ca. 2.200 m. Der max.<br />
Tiefgang der den PLP anlaufenden Schiffe ist auf 11 m <strong>und</strong> die max. Länge auf<br />
260 m beschränkt.<br />
Zurzeit werden die Bauarbeiten eines neuen Tiefwasserliegeplatzes mit einer<br />
Ges<strong>am</strong>tlänge von 290 m <strong>und</strong> einer geplanten Wassertiefe von 12,5 m<br />
abgeschlossen (Stand: 2008). Dieser Liegeplatz ist für die Containerschiffe bis zu<br />
2.200 TEU geeignet.<br />
Die Hauptumschlagsgüter sind<br />
• Containerladung,<br />
• Ro-Ro-Ladung,<br />
• Holz,<br />
• Schrott <strong>und</strong><br />
• Kühltransporte (auf dem Hafengelände ist 2008 ein neues Kühlhaus<br />
errichtet worden).<br />
Die maximale Containerumschlagskapazität betrug im August 2008 650.000 TEU<br />
(PetroLesPort 2008). Das Ges<strong>am</strong>tvolumen der im Hafen umgeschlagenen Güter<br />
ist im Jahr 2008 um 8,1 Prozent gestiegen <strong>und</strong> betrug 7,5 Mio. t. Diese<br />
Steigerung ist hauptsächlich auf den Zuwachs des Containerumschlages um 44<br />
Prozent im Vergleich zu 2007 zurückzuführen (PetroLesPort 2008). Allerdings<br />
war 2008 ein Rückgang im Umschlag der Holz- <strong>und</strong> Schrottgüter um 44 Prozent<br />
bzw. 25,3 Prozent zu vermelden. Hierin zeigt sich im Übrigen auch der starke<br />
Anstieg der Containerisierung: So werden z.B. Hölzer mehr <strong>und</strong> mehr in<br />
Containern verschifft statt als Decksladung.<br />
Insges<strong>am</strong>t wurden auf den Terminals von PetroLesPort im Jahr 2008 r<strong>und</strong><br />
530.000 Standardcontainer (TEU) umgeschlagen, wie die folgende Abbildung<br />
verdeutlicht.<br />
77
Abbildung 4-13:<br />
PetroLesPort: Containerumschlag 2002-2008 in TEU<br />
Quelle :eigene Darstellung, PetroLesPort 2008<br />
Der ehemalige Petersburger Holzhafen soll bis zum Jahr 2012 seine Kapazität im<br />
Containerumschlag mehr als verdoppeln – von 0,5 Millionen auf 1,2 Millionen<br />
Standardcontainer (TEU). Dafür sind Investitionen in Höhe von 74 Millionen Euro<br />
vorgesehen. Mit einer Ausweitung des Containerterminals von 23 auf 60 Hektar<br />
Fläche <strong>und</strong> dem Bau eines neuen 190-Meter-Kais soll die Kapazität bis 2015<br />
dann auf 1,8 Millionen TEU erhöht werden.<br />
Im Hafen findet zu 100 Prozent Feederverkehr statt. Die Reedereien<br />
„UniFeeder“, „Te<strong>am</strong> Lines“ <strong>und</strong> „S<strong>am</strong>skip“ sind die wichtigsten K<strong>und</strong>en von<br />
PetroLesPort. Außerdem arbeitet der Hafen mit fast allen großen<br />
Linienreedereien zus<strong>am</strong>men.<br />
“Sea Port of Sankt Petersburg”<br />
(Pet4)<br />
JSC „Sea Port of Sankt Petersburg“ ist die größte Gruppe der Stauerei- <strong>und</strong><br />
Umschlagsgesellschaften im Großhafen St. Petersburg <strong>und</strong> im Nord-Westen<br />
Russlands. Diese Stevedoring Companies sind eigenständige Gesellschaften, die<br />
die Liegeplätze/Terminals beim Staat pachten (Pachtdauer beträgt 49 Jahre). Die<br />
Wartung der technischen Anlagen wird aus firmeneigenen Mitteln bezahlt.<br />
JSC „Sea Port of Sankt Petersburg“ gehört zur „Universal Cargo Logistics Holding<br />
BV“. Das Umschlagsvolumen der Unternehmen der JSC „Sea Port of Sankt<br />
78
Petersburg“ hat einen Anteil von mehr als 50 Prozent vom<br />
Ges<strong>am</strong>tumschlagsvolumes der UCLH.<br />
Die JSC „Sea Port of St.-Petersburg” besteht aus neun Tochtergesellschaften,<br />
darunter aus vier Terminals. Die Terminals sind ganzjährlich im Betrieb. Im<br />
Winter werden bei Bedarf Eisbrecher eingesetzt. Die Kanaltiefe 11 m. Allerdings<br />
ist geplant, den Kanal auf insges<strong>am</strong>t 13 m mit den staatlichen Geldern zu<br />
vertiefen. Nach der ersten Ausbaustufe wird der Kanal auf 11,7 m vertieft. Die<br />
Ges<strong>am</strong>tlänge der Liegeplätze ist ca. 6,2 km. Die überdachten Lagerräume haben<br />
ein Volumen von 100.000 m².<br />
„First Stevedoring Company” (FSC) ist die größte Umschlagsgesellschaft der<br />
Gruppe „Sea Port of St.-Petersburg”. Die wichtigsten Umschlagsgüter der FCS<br />
sind Metalle, Düngemittel, Stückgut (general cargoes), Papier, Container,<br />
Kühlladung <strong>und</strong> Massengut. “First Stevedoring Company” hat 18 Liegeplätze mit<br />
einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 3.337 m. Die FSC kann die Schiffe mit einem max.<br />
Tiefgang bis zu 11 m bedienen. In 2008 betrug der ges<strong>am</strong>te Güterumschlag der<br />
“First Stevedoring Company” ca. 5,1 Mio. t (Sea Port of Saint-Petersburg 2008).<br />
Die “Second Stevedoring Company” (SSC) hat sich auf den Umschlag von Eisen<br />
<strong>und</strong> NE-Metalle spezialisiert. Außerdem werden von der Gesellschaft<br />
Mineraldünger, Baustoffe <strong>und</strong> andere Stückgüter umgeschlagen. Das Areal der<br />
SSC verfügt über 7 Liegeplätze mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 1.239,8 m. Max.<br />
Tiefgang der Schiffe beträgt 9,8 m <strong>und</strong> die max. Länge 180 m. In 2008 hat die<br />
“SSC” 1,7 Mio. t Güter umgeschlagen (Sea Port of Saint-Petersburg 2008).<br />
Im Mai 2008 wurde auf dem Gelände der “Third Stevedoring Company” (TSC)<br />
ein Automobilumschlagsterminal mit einer Kapazität von 80.000 Autos jährlich in<br />
Betrieb genommen. In den Monaten Mai-Dezember 2008 hat TSC 42.000 Autos<br />
umgeschlagen. Die TCS hat zwei Liegeplätze mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 240,6 m<br />
für die Schiffe mit einem max. Tiefgang bis zu 7,6 m (Sea Port of Saint-<br />
Petersburg 2008).<br />
“Fourth Stevedoring Company” ist der einzige Operator im Großhafen St.<br />
Petersburg im Umschlag von Kohle <strong>und</strong> Koks. Abgesehen davon werden von der<br />
“Fourth Stevedoring Company” Containerladung, Eisen, Mineraldünger, Holz <strong>und</strong><br />
Roll-on-Roll-off-Ladung umgeschlagen. Auf dem Areal der “Fourth Stevedoring<br />
Company” befinden sich sechs Tiefwasserliegeplätze, die insges<strong>am</strong>t 1.159,3 m<br />
79
lang <strong>und</strong> bis zu 11 m tief sind. In 2008 betrug der ges<strong>am</strong>te Güterumschlag der<br />
“Fourth Stevedoring Company” 4,1 Mio. t (Sea Port of Saint-Petersburg 2008).<br />
Diese vier Terminals sind die größten des ges<strong>am</strong>tem Großhafens Sankt<br />
Petersburg hinsichtlich des Umschlags von Stück-/Massengut (general cargoes).<br />
Die meisten Container werden auf dem Terminal „Fourth Stevedoring Company“<br />
umgeschlagen. Im Sommer 2008 wurden die Bauarbeiten für einen neuen<br />
Containerterminal auf eben diesem Gelände der „Fourth Stevedoring Company“<br />
begonnen. Die max. Umschlagskapazität soll nach der Inbetriebnahme<br />
1.400.000 TEU jährlich betragen.<br />
Insges<strong>am</strong>t haben die Unternehmen der JSC „Sea Port of Sankt Petersburg“ im<br />
Jahr 2008 11 Mio. t Ladung umgeschlagen. Das sind 8 Prozent weniger als im<br />
Jahr davor (Abbildung 4-14). Der Anteil des Containerumschlags betrug ca. 6<br />
Prozent des Ges<strong>am</strong>tumschlages.<br />
Abbildung 4-14:<br />
JSC „Sea Port of Sankt Petersburg“: Ges<strong>am</strong>tumschlag<br />
2002-2008 in Mio. t<br />
Quelle :eigene Darstellung, Sea Port of Saint-Petersburg 2008<br />
Das Umschlagsvolumen des „Sea Ports of Sankt Petersburg“ hat einen Anteil von<br />
ca. 18 Prozent <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tumschlagsvolumen des Großhafens St. Petersburg <strong>und</strong><br />
11 Prozent <strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tumschlag aller russischen Häfen.<br />
Es wird im Jahr 2011 mit einem Ges<strong>am</strong>tumschlag von ca. 21 Mio. t <strong>und</strong> mit 800<br />
neuen <strong>Arbeit</strong>splätzen gerechnet. Die Struktur der umgeschlagenen Ladung wird<br />
80
sich bis 2011 verändern. Der Schwerpunkt wird dabei auf den<br />
Containerumschlag als „ökologisch sauberer Ladung“ gelegt. Der Containeranteil<br />
<strong>am</strong> Ges<strong>am</strong>tumschlag wird bis 2011 auf 76 Prozent ansteigen.<br />
In den vier wichtigsten Umschlagsgesellschaften des JSC „Sea Port of Sankt<br />
Petersburg“ sind ca. 4.200 Mitarbeiter tätig. Insges<strong>am</strong>t arbeiten in anderen auf<br />
dem Hafengelände ansässigen Unternehmen ca. 35.000 bis 40.000 Menschen 16 .<br />
Bei der Zollabfertigung gibt es nach Aussagen der befragten Vertreter der JSC<br />
„Sea Port of Sankt Petersburg“ keine Probleme. In der Regel, so die Befragten,<br />
wird die Ladung innerhalb von drei Tagen abgefertigt. Allerdings sieht es in der<br />
Praxis anderes aus. Nach Erfahrung der Verfasser bleibt die Ladung bis zu 10<br />
Tagen im Hafen. Allerdings werden dringende Lieferungen, wie z. B. Autoteile für<br />
die in der St. Petersburger Gebiet produzierenden OEMs, nicht im Hafen, sondern<br />
direkt in den Werkstätten entzollt.<br />
Während des Gesprächs mit den Vertretern der JSC „Sea Port of Sankt<br />
Petersburg“ wurde deutlich, dass es erhebliche Probleme bei der Grenzkontrolle<br />
gibt. So wurden in Juli 2008 vier Umschlagsplätze aufgr<strong>und</strong> der ungeklärten<br />
Fragen nach dem Grenzgebietsverlauf von dem russischen Grenzschutz<br />
geschlossen. Hier sind Fabriken angesiedelt <strong>und</strong> sie mussten für einige Monate<br />
ihre Produktion/Aktivitäten einstellen.<br />
Schiffsagent:<br />
”Neptun Marine” (UniFeeder)<br />
(Pet5)<br />
Als Schiffsagent ist „Neptun Marine Agency“ seit 1995 auf dem russischen Markt<br />
tätig. Seit 1998 arbeitet die Firma ausschließlich als Agent der „UniFeeder“ in<br />
Russland (St. Petersburg).<br />
Die dänische Reederei „Unifeeder“ wurde 1977 in Aarhus <strong>und</strong> Kopenhagen<br />
gegründet <strong>und</strong> hat sich auf Container-Zubringerdienste zwischen<br />
nordeuropäischen Häfen spezialisiert. UniFeeder ist sowohl im Feederverkehr als<br />
auch im Short-Sea-Shipping aktiv.<br />
Die Anzahl der Schiffe wird entsprechend der Marktentwicklung angepasst. Im<br />
Jahr 2008 fuhren unter der Reedereiflagge 35 gecharterte Schiffe mit<br />
16 Diese Zahlen werden allerdings von den Verfassern in Frage gestellt.<br />
81
Kapazitäten zwischen 600 <strong>und</strong> 1.100 Standardcontainern (TEU). Da der Markt<br />
immer größere Containerschiffe (Kapazitäten) fordert, werden auch die für<br />
UniFeeder fahrende Schiffe immer größer (durchschnittlich 1.000 TEU bis 2015).<br />
Seit 10 Jahren wird auch mit den russischen Ostseehäfen gearbeitet. UniFeeder<br />
hat sowohl Feeder- als auch Short-Sea-Verkehre aus H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven<br />
Richtung St. Petersburg. In den ersten sechs Monaten 2008 hatte UniFeeder<br />
einen Anteil von 14,8 Prozent von allen nach St. Petersburg beförderten<br />
Containern.<br />
Die Terminals von „PetroLesPort“ <strong>und</strong> der „First Container Terminal“ (FCT)<br />
werden mehrmals wöchentlich angefahren. Schlechte Erfahrung gab es bei der<br />
Zus<strong>am</strong>menarbeit mit dem Containerterminal „Moby Dick“ in Kronstadt. Die<br />
Reederei „UniFeeder“ wurde nach eigenen Angaben von den Betreibern des<br />
Terminals vernachlässigt.<br />
Beim Short-Sea-Shipping (SSS) <strong>und</strong> bei Feederdiensten bestimmen immer die<br />
K<strong>und</strong>en, zu welchem Terminal die Ladung hingehen soll. Allerdings gehen aber<br />
95 Prozent der Ladung zum FCT. Den Hinterlandtransport wird von den<br />
russischen Spediteuren selbst organisiert. St. Petersburg hat gute Chancen bei<br />
der Entwicklung des SSS, so die Befragten. Allerdings sind die Zollgebühren im<br />
Hafen von St. Petersburg im Vergleich zu den Häfen in Finnland <strong>und</strong> in den<br />
Baltischen Ländern sehr hoch. Außerdem ist die Sicherung der Liefertermine ist<br />
in St- Petersburg nicht immer gewährleistet.<br />
Im Januar 2009 sollte ein wöchentlicher Liniendienst zwischen Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong><br />
dem „First Container Terminal“ in St. Petersburg eingerichtet werden. Dieser<br />
neue Feederdienst soll vor allem neue K<strong>und</strong>en anlocken.<br />
Te<strong>am</strong> Lines, St. Petersburg<br />
(Pet6)<br />
Te<strong>am</strong> Lines Deutschland GmbH & Co. KG ist eine Containerfeeder-Linie <strong>und</strong> seit<br />
2006 ein Mitglied der belgischen Delphis Group. Das Kerngeschäft des „Te<strong>am</strong><br />
Lines“ ist das Containertransport von den Überseehäfen H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven<br />
<strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong>/Antwerpen zu den mehr als 20 Häfen des Ost- <strong>und</strong><br />
Nordseeraumes <strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Derzeit besteht die Flotte aus über 50 Feederschiffen mit einer Ges<strong>am</strong>tkapazität<br />
von mehr als 1 Mio. TEU (Stand: Sommer 2008). Ein Teil der Flotte ist das<br />
82
Eigentum der Delphis Group. Die Kapazität der Schiffe liegt zwischen 300 <strong>und</strong><br />
1.000 TEU (Abbildung 4-15).<br />
Abbildung 4-15:<br />
Te<strong>am</strong> Lines: Schiffgrößen der Reederei<br />
Quelle :eigene Darstellung, Te<strong>am</strong> Lines 2008<br />
„Te<strong>am</strong> Lines“ beschäftigt insges<strong>am</strong>t über 150 Mitarbeiter. Das Volumen der<br />
beförderten Container betrug im Jahr 2007 1.200.000 TEU.<br />
Das Hauptquartier des “Te<strong>am</strong> Lines” befindet sich direkt in der H<strong>am</strong>burger City,<br />
<strong>am</strong> Rödingsmarkt. Die Filialen sind in Finnland, Schweden, Norwegen, Spanien,<br />
Portugal, UK, Polen, Benelux, Lettland, Estland <strong>und</strong> seit August 2007 auch in<br />
Russland.<br />
Die Hälfte der russischen Klienten von Te<strong>am</strong> Lines kommt aus der Moskauer<br />
Region. Moskau ist als Logistikzentrum die Nr. 1 in Russland. Der Hafen von St.<br />
Petersburg wird von den Schiffen der Reederei „Te<strong>am</strong> Lines“ drei Mal pro Woche<br />
angelaufen. Im Moment gibt es erhebliche Engpässe in St. Petersburg:<br />
• Nicht genügend Liegeplätze in den verschiedenen Terminals.<br />
• Der Kanal (nur einseitig zu befahren) vom finnischen Meerbusen in die<br />
St. Petersburger Häfen ist überlastet. Oft warten die Feederschiffe 3-4<br />
Tage an der Tonne, bevor sie nach St. Petersburg können.<br />
• Die Zollformalitäten dauern viel zu lange.<br />
83
In 2007 explodierte die Zahl der in St. Petersburg umgeschlagenen Container<br />
<strong>und</strong> die Zahl der Feederdienste. Dieser Trend setzte sich auch im ersten Quartal<br />
2008 fort, so die Befragten.<br />
Baltic Container Services FESCO, St. Petersburg<br />
(Pet7)<br />
BCS FESCO wurde 1995 aus einer sowjetisch-staatlichen Gesellschaft heraus<br />
gegründet. Derzeit bereedert BCS FESCO acht Container-Schiffe, davon drei mit<br />
einer Kapazität von 600 TEU <strong>und</strong> drei mit einer Kapazität von 900 TEU. In der<br />
nächsten Zeit werden keine weiteren Schiffe zugekauft.<br />
Im Jahr 1998 gab es mit der „CMA CGM“ einen Aktientausch: 50 Prozent der<br />
Aktien gehören jetzt dieser Container Shipping Group. Das hat den Vorteil, dass<br />
BCS FESCO jetzt auch die CMA CGM - Liniendienste genutzt werden können. Die<br />
anderen 50 Prozent gehören einer privaten russischen Investmentgruppe.<br />
Seit 1997 heißt die Firma FESCO ESF: 70 Prozent gehören der russischen FESCO<br />
Transportation Group <strong>und</strong> 30 Prozent der ESF Europe.<br />
Seit 1998/99 konzentriert sich das Geschäft auf den Containerdienst. Es gibt vier<br />
Feederdienste pro Woche nach H<strong>am</strong>burg, Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> Antwerpen <strong>und</strong> einmal<br />
pro Woche zwischen H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Klaipeda <strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Riga. Mit<br />
Bremerhaven versuchte man einen regelmäßigen Dienst aufzubauen. Dies sei<br />
aber fehlgeschlagen, da das Zeitfenster an der Bremerhavener Stromkaje<br />
aufgr<strong>und</strong> der Liniendienste für die Feederdienste zu eng wäre.<br />
Der Hauptlinienk<strong>und</strong>e bisher war APL (NOL) – der hat jetzt aber einen eigenen<br />
Feederdienst gegründet.<br />
FESCO besitzt 50 Prozent vom „First Container Terminal“ in St. Petersburg. Das<br />
ist auch der einzige Terminal, den FESCO in St. Petersburg bedient. Das Problem<br />
der Terminals in St. Petersburg sind allerdings die mangelnden Kapazitäten.<br />
S<strong>am</strong>skip, St. Petersburg<br />
(Pet8)<br />
S<strong>am</strong>skip ist ein internationales Transport- <strong>und</strong> Logistikunternehmen mit<br />
Kompetenzen im Land-, See <strong>und</strong> Luftverkehr. Die Firma wurde 1990 in Island<br />
gegründet. S<strong>am</strong>skip expandiert seit Jahren vor allem durch den Kauf weiterer<br />
Unternehmen. Inzwischen ist die Firma auf mehr als zehn europäischen Märkten<br />
84
präsent, darunter Skandinavien, die Baltischen Staaten <strong>und</strong> Russland. Die<br />
Hauptgeschäftsfelder sind:<br />
• Multimodal Container Logistics;<br />
• Iceland <strong>und</strong> Faroe Islands Service <strong>und</strong><br />
• Weltweite Kühlgüterlogistik.<br />
Das Unternehmen ist einer der größten Container-Transporteure in Europa.<br />
S<strong>am</strong>skip unterstehen insges<strong>am</strong>t 30 Containerschiffe (Eigner/Charterer) zwischen<br />
300 bis 3.500 TEU. “S<strong>am</strong>skip Baltic Container Express” ist verantwortlich für die<br />
Conatinerlogistik im Baltischen Raum <strong>und</strong> bietet Liniendienste von Bremerhaven<br />
<strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg nach Norwegen, Schweden, Finnland, Polen, zu den Baltischen<br />
Ländern <strong>und</strong> nach Russland (St. Petersburg). Zusätzlich gibt es Dienste von<br />
Lübeck nach Finnland <strong>und</strong> Russland (St. Petersburg) (S<strong>am</strong>skip 2008). Mehrmals<br />
wöchentlich gehen die Schiffe von Rotterd<strong>am</strong> Richtung Finnland <strong>und</strong> Russland<br />
(St. Petersburg) (Tabelle 4-3).<br />
Tabelle 4-3:<br />
S<strong>am</strong>skip Baltic Container Express: Liniendienste nach Russland<br />
Russland<br />
nach/von<br />
H<strong>am</strong>burg<br />
nach/von<br />
Bremerhaven<br />
nach/von<br />
Rotterd<strong>am</strong><br />
nach/von<br />
Lübeck<br />
St. Petersburg 4 x pro Woche 4 x pro Woche 2 x pro Woche 2 x pro Woche<br />
Quelle :eigene Darstellung, S<strong>am</strong>skip 2008<br />
S<strong>am</strong>skip organisiert auch den Transport auf den innerrussischen Wasserwegen.<br />
Darüber hinaus ist S<strong>am</strong>skip ein Short-Sea-Operator mit Verbindungen zur<br />
Iberischen Halbinsel, Großbritannien <strong>und</strong> zu den Benelux-Ländern.<br />
Die Firma hat 60 Büros in 30 Ländern, davon 3 Büros in Russland. Das<br />
Unternehmen beschäftigt weltweit r<strong>und</strong> 1.400 Mitarbeiter. Im S<strong>am</strong>skip-Office St.<br />
Petersburg sind r<strong>und</strong> 40 Beschäftigten tätig. Die S<strong>am</strong>skip-Vertretung in St.<br />
Petersburg wickelt ca. 75 Prozent des Geschäftsvolumens in Russland ab, die in<br />
Moskau 15 Prozent <strong>und</strong> in Murmansk 10 Prozent.<br />
Die Aktivitäten des St. Petersburger Büros von S<strong>am</strong>skip sind u. a. Ro-Ro-<br />
Transporte, Dread Bulk- <strong>und</strong> Containerlogistik.<br />
Allerdings ist die Situation in St. Petersburg dr<strong>am</strong>atisch. Aufgr<strong>und</strong> der Probleme<br />
im Hafen, wie die langen LKW-Stau, die Schiffstaus wegen des einseitig zu<br />
85
efahrenden Kanals <strong>und</strong> die mangelnden Hafenkapazitäten haben einige<br />
Reedereien schon ihre Kontrakte zu St. Petersburg gelöst.<br />
Ergebnisse der Expertengespräche<br />
Zur Konkurrenzsituation Straße/Schiene/Seeverkehre<br />
Terminalbetreiber (Pet2)<br />
Die Seeverkehre in Russland werden bis 2015 wachsen. Die LKW-Transporte<br />
durch Polen, Deutschland <strong>und</strong> Italien werden weiterhin bedeutend sein.<br />
Allerdings gibt es nicht genügend Grenzübergänge für die große Menge an LKW.<br />
Die Eisenbahn bedient hauptsächlich den innenrussischen Markt <strong>und</strong> ist<br />
technisch noch nicht für die Containertransporte geeignet.<br />
Der Hinterlandtransport der Ladung in 2008 sah wie folgt aus:<br />
• Import-Verkehre: 98 Prozent per LKW <strong>und</strong> 2 Prozent per Schiene<br />
• Export-Verkehre: 30 Prozent per Schiene <strong>und</strong> 70 Prozent per LKW.<br />
Die ehemalige Sowjetunion war auf die Containertransporte nicht vorbereitet <strong>und</strong><br />
es gibt auch derzeit noch sehr wenig spezielle Containerwagons. Aber auch die<br />
russischen LKW-Spediteure blockieren die Entwicklung der Schienentransporte.<br />
Einige russische Firmen (z. B. ein Holzverarbeitendes Unternehmen) besitzen<br />
einen Containerzug, der die Ladung in Containern aus der Fabrik in den Hafen<br />
bringt. Die Container verlassen das FCT leer. Diesen Zug kann nur dieses eine<br />
Unternehmen nutzen.<br />
Die Seeverkehre, die der FCT abfertigt, bestehen zu 70 Prozent aus<br />
Feederverkehren <strong>und</strong> zu 30 Prozent aus Short-Sea-Shipping mit europäischer<br />
Ladung für Russland. An dieser Aufteilung wird sich zukünftig (bis 2015) nichts<br />
ändern. Die Short-Sea-Verkehre befördern ausschließlich die Ladung, die für den<br />
russischen Markt bestimmt ist (Door to Door service, z. B. für die russische<br />
Lebensmittelindustrie).<br />
86
Terminalbetreiber (Pet3)<br />
Die Container werden zu 90 Prozent per LKW aus dem Hafen gebracht. In<br />
Zukunft wird die Ladung zu 75 Prozent per LKW <strong>und</strong> zu 25 Prozent per<br />
Eisenbahn transportiert.<br />
Terminalbetreiber (Pet4)<br />
Ca. 25 Prozent der Ladung wird aus dem Hafen per LKW, ca. 70 Prozent per<br />
Schiene (hauptsächlich Bulkladung <strong>und</strong> Kohle) <strong>und</strong> ca. 5 Prozent per Schiff<br />
gebracht. Diese Aufteilung wird sich aber in Zukunft ändern: Da der<br />
Containeranteil in den nächsten Jahren steigen wird, wird auch der Anteil der<br />
LKW-Transporte steigen. In Russland gibt es kaum Möglichkeiten, Container per<br />
Bahn zu befördern.<br />
Schiffagenten (Pet5)<br />
LKWs als Containertransportmittel sind <strong>und</strong> bleiben die wichtigsten. LKWs sind<br />
die direkte Konkurrenz der Seetransporte, aber auch der Schiene.<br />
Schiffagenten (Pet6)<br />
In der St. Petersburger Region erlebt der Containerumschlag pro Jahr eine<br />
Steigerung von 16 – 20 Prozent. Aber nicht nur die Import-Container wachsen,<br />
sondern auch die Export-Container durch die gestiegene Containerisierung. Es<br />
wird z. B. mehr <strong>und</strong> mehr Metall in Containern befördert.<br />
Was Transhipment (also von den Containerterminals in das Binnenland)<br />
anbetrifft, so ist der Lkw-Verkehr immer noch dominant. Aber in Zukunft wird<br />
auch die Schiene eine Bedeutung bekommen, insbesondere hinsichtlich des<br />
Direktverkehrs zwischen St. Petersburg <strong>und</strong> Moskau.<br />
Schiffagenten (Pet7)<br />
60 Prozent ihres Geschäftes macht die befragte Firma durch Feederdienste <strong>und</strong><br />
40 Prozent durch Liniendienste, geleaste <strong>und</strong> eigene.<br />
87
Russland ist zu groß <strong>und</strong> die Schieneninfrastruktur zu wenig entwickelt, um<br />
Container per Bahn nennenswert zu befördern. Der Inlandsverkehr wird bis zu<br />
90 Prozent von LKW organisiert.<br />
Allgemein wird der Containerverkehr in Russland in Zukunft in hohem Maße<br />
(negativ) vom russischen Zollwesen beeinflusst.<br />
Zur Größenentwicklung der Containerschiffe<br />
Terminalbetreiber (Pet2)<br />
Die max. Größe der Containerschiffe, die derzeit den FCT anfahren, beträgt<br />
zwischen 2.000 bis 3.000 TEU. Die Grenze liegt bei 3.500 TEU.<br />
Die durchschnittliche Größe der Feederschiffe im FCT:<br />
• Im Jahr 2006: 868 TEU;<br />
• Im Jahr 2008: 1.200 bis 1.700 TEU.<br />
Max. Größe der Feederschiffe im Großhafen St. Petersburg beträgt 2.000 TEU<br />
<strong>und</strong> im Hafen von Ust-Luga 2.500 bis 3.000 TEU.<br />
Die Tendenz geht Richtung immer größer werdenden Containerschiffen.<br />
Allerdings werden auch längere Kajen benötigt. Die Kajenlänge im FCT beträgt<br />
zurzeit (Stand: 2008) 175 m <strong>und</strong> ist nicht mehr für große Schiffe ausreichend<br />
(soll auf 200 m verlängert werden).<br />
Terminalbetreiber (Pet3)<br />
Die max. Größe der Containerschiffe, die zu PLP kommen, beträgt zurzeit 2.000<br />
TEU <strong>und</strong> hängt von der Kanaltiefe ab.<br />
Momentan kann PLP Pan<strong>am</strong>ax-Schiffe bis 11 m Tiefgang abfertigen. Geplant ist<br />
der Hafenausbau bis 13 m (in Stufen: 11,8 m – 13,5 m -16 m), falls der St.<br />
Petersburger Kanal auch ausgebaut wird. Der Kanal soll bis 200 m Breite<br />
ausgebaut <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it 2-seitig befahrbar werden (in 2008 ist der Kanal in St.<br />
Petersburg einseitig). PLP ist bereit, große Schiffe abzufertigen <strong>und</strong> das<br />
Hafenbecken dafür auszubauen (die nötige Ausrüstung <strong>und</strong> das Know-How sind<br />
beim PLP vorhanden). Es gibt auch genügend qualifizierte Mitarbeiter. Das<br />
88
Personal wird im Unternehmen regelmäßig weitergebildet. Dagegen wird der<br />
Hafen in Ust-Luga <strong>am</strong> Personalmangel leiden, so die Befragten.<br />
Terminalbetreiber (Pet4)<br />
Die Größe der Feederschiffe wird bis 2015 ca. 1.200 TEU betragen. Die größeren<br />
Schiffe werden in den Hafen von Ust-Luga gehen.<br />
Schiffagenten (Pet5)<br />
Die Feederschiffe der „Neptun Marine“ haben zurzeit (Stand: 2008) eine<br />
durchschnittliche Größe zwischen 700 <strong>und</strong> 900 TEU. In Zukunft wird mit einer<br />
Feederschiffsgröße über 1.000 TEU gerechnet. Die Schiffsgröße ist durch die<br />
Tiefe des Kanals in St. Petersburg beschränkt. Eine direkte Verbindung von St.<br />
Petersburg besteht nach H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven <strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong>. Allerdings hat<br />
„Neptun Marine“ schlechte Erfahrungen in Bremerhaven gemacht. Der<br />
Zeitverlust bei der Abfertigung der kleineren Containerschiffe, die auch für<br />
„Neptun“ fahren, ist in Bremerhaven zu groß. Größere Containerschiffe werden in<br />
Bremerhaven aufgr<strong>und</strong> der begrenzten Kailänge zuerst be- <strong>und</strong> entladen. Aber<br />
auch in H<strong>am</strong>burg werden kleinere Containerschiffe nicht mehr ausreichend<br />
bedient.<br />
Zur Kooperationen <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Hafenverwaltung (Pet1)<br />
Zwischen den benachbarten Staaten (Russland, Estland <strong>und</strong> Finnland) findet ein<br />
regelmäßiger Informationsaustausch statt, der für eine zusätzliche Sicherheit in<br />
den Gewässern sorgt. Der Hafen H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> St. Petersburg tauschen<br />
Information aus, z. B. über gefährliche (verdächtige) Ladung, die unterwegs ist,<br />
auch ohne einen Vertrag zwischen diesen beiden Häfen (alles auf<br />
fre<strong>und</strong>schaftlicher Basis).<br />
Der Hafen St. Petersburg hat zwei Probleme: Zoll <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esgrenzschutz<br />
(Korruption, Zeitverlust bei der Abfertigung der Schiffe).<br />
89
Terminalbetreiber (Pet2)<br />
Die Frachtraten sind in Russland gestiegen <strong>und</strong> viel Ladung geht deshalb über<br />
Finnland per LKW nach Russland.<br />
Das FCT hat im Jahr 2008 ca. 1.072.000 TEU umgeschlagen <strong>und</strong> steht zurzeit<br />
noch an erster Stelle. Wenn der PetroLesPort im Jahr 2012 tatsächlich wie<br />
geplant 2 Mio. TEU umschlagen wird, verliert das FCT seine Führerschaft im<br />
Containergeschäft in St. Petersburg.<br />
Kaliningrad ist nur ein Nachbarschaftshafen (ohne Transhipmentmöglichkeiten<br />
Richtung russisches „Mainland“), aber es gibt keine gemeins<strong>am</strong>e Schnittstellen<br />
(weder Konkurrenz, noch Zus<strong>am</strong>menarbeit). Es gibt auch keine Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />
mit Schweden, diese ist aber gewünscht. Von Finnland geht die Ladung für<br />
Russland ausschließlich per LKW.<br />
Aller deutsche Häfen sind sehr wichtig für das FCT: 99,5 Prozent der Ladung<br />
geht über die deutschen Häfen. Die wichtigsten deutschen Nordseehäfen sind<br />
H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven. Die Häfen H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong> haben in St.<br />
Petersburg ihre Vertretungen. Es findet zwischen diesen Häfen ein<br />
Informationsaustausch statt, z. B. in Bezug auf die Entwicklungsperspektiven der<br />
russischen <strong>und</strong> europäischen (Hafen)<strong>Wirtschaft</strong>.<br />
Der wichtigste Hafen ist für das FCT der H<strong>am</strong>burger Hafen, als ein Hub-Hafen.<br />
Allerdings ist H<strong>am</strong>burg schon voll <strong>und</strong> es gibt Probleme bei der Anfahrt der<br />
Schiffe (das auch berichten die Schiffslinien wie UniFeeder <strong>und</strong> Te<strong>am</strong> Lines). Die<br />
Häfen in Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> Antwerpen sind für das FCT weniger wichtig.<br />
Polen <strong>und</strong> die baltischen Häfen haben gar keine Bedeutung für das FCT. Es wäre<br />
sogar besser, so das FCT, wenn es wenig Zwischenanfahrtshäfen geben würde.<br />
Die Ladung sollte direkt nach St. Petersburg gehen, ohne Zwischenstopps in<br />
Finnland <strong>und</strong> Baltikum (sprich: die kleineren Häfen sollen vom Markt<br />
verschwinden, vor allem die Baltischen). Nur die traditionellen Häfen sollen<br />
bleiben, so das FCT.<br />
Der Rigaer Hafen wird auch nicht als Konkurrent betrachtet. Nachdem der Hafen<br />
Riga von den Investoren aus Malta gekauft wurde, werden im Terminal sehr<br />
wenig Investitionen getätigt. Die neuen Besitzer kümmern sich sehr wenig<br />
darum <strong>und</strong> das Terminal verfällt langs<strong>am</strong>. Die NCC hat vor, in Riga ein neues<br />
Containerterminal zu bauen: „National Container Terminal“, der zu 50 Prozent<br />
90
von der NCC <strong>und</strong> zu 50 Prozent von privaten Investoren finanziert werden soll.<br />
Allerdings gibt es viele Unstimmigkeiten mit der lettischen Regierung <strong>und</strong> der<br />
Baubeginn wird sich auf eine unbestimmte Zeit verzögern (Anfang 2009 ist dann<br />
doch die Entscheidung in Riga zum Bau eines zweiten Containerterminals<br />
gefallen). Am Anfang (2007) war ein Containerumschlag von 1,6 Mio. TEU<br />
geplant. Dies ist aber unrealistisch. Der Schwerpunkt sollte die Transitladung aus<br />
China werden. Dieses Vorhaben wird nicht zu realisieren sein, aufgr<strong>und</strong> der<br />
schlechten Schienenverbindung <strong>und</strong> Problemen an der Grenze. Die Eisenbahn<br />
wäre derzeit in der Lage, nur 75.000 TEU zu befördern.<br />
Der Hafen in Klaipeda hat nach Ansicht des FCT eine Zukunft, da sie nicht nur<br />
Transitladung haben, sondern auch den eigenen litauischen Markt versorgen.<br />
Der Hafen Ust-Luga (Baltic Container Terminal, BCT) wird nach seiner<br />
Inbetriebnahme mit FCT konkurrieren. Die Ladung, die für die Moskauer K<strong>und</strong>en<br />
bestimmt ist, wird hauptsächlich in Ust-Luga umgeschlagen. Momentan gehen in<br />
St. Petersburg 65 Prozent der Ladung Richtung Moskau. Und dies wird sich nach<br />
der Fertigstellung des BCT in Ust-Luga ändern (FCT verliert durch BCT an<br />
Ladung). Auch die Hafengebühren werden in BCT günstiger sein als in FCT. Aber<br />
das BCT braucht natürlich eine gute Hinterlandanbindung (Straßen), d<strong>am</strong>it die<br />
LKW-Spediteure sich für den Hafen interessieren. Eine direkte<br />
Eisenbahnverbindung mit Schnellzügen von Ust-Luga nach Moskau ist geplant.<br />
Auch die internationalen Transportmessen haben gezeigt, wie wichtig die Rolle<br />
des BCT in Ust-Luga sein wird. Die Linie Maersk hat schon vor dem Baubeginn<br />
einen Vertrag mit BCT bzw. NCC unterschrieben.<br />
Über einen geplanten Containerterminal in Lomonossov-Bronka (Gebiet St.<br />
Petersburg) wird viel geredet <strong>und</strong> es gibt viele Pläne für den Bau. Momentan<br />
kann man aber noch gar nicht voraussagen, wann der Baubeginn ist. Es müssen<br />
Fragen der Finanzierung geklärt werden.<br />
Aber auch die Häfen <strong>am</strong> Schwarzen Meer (Novorossijsk <strong>und</strong> die Häfen in der<br />
Ukraine) sieht der FCT als seine Konkurrenz. Allerdings ist Novorossijsk sehr weit<br />
von Moskau entfernt <strong>und</strong> die Zollbehörde dort ist noch korrupter als in St.<br />
Petersburg.<br />
Folgende Terminals, absteigend nach Stärke der Konkurrenz, sind die<br />
Wettbewerber des First Container Terminals:<br />
91
1. Ein starker Konkurrent ist der PetroLesPort (PLP), der zu „N-Trans“<br />
gehört (N-Trans gehören auch 50 Prozent des Containerterminals „Moby<br />
Dick“ in Kronstadt). PLP besitz außerdem auch ein Logistikzentrum in<br />
Janino – 40 k<strong>am</strong> östlich von St. Petersburg gelegen <strong>und</strong> Konkurrenz zum<br />
NCC-eigenen Logistikzentrum in Schuschary. Der „N-Trans“ ist ein<br />
ehemaliger Partner der FCT. „N-Trans“ hat aber seine FCT-Anteile an die<br />
National Container Company (NCC) verkauft <strong>und</strong> besitzt jetzt den PLP.<br />
Der PLP hat sehr gute Entwicklungsperspektiven, hier wird sehr viel<br />
investiert.<br />
2. Containerterminal „Moby Dick“ in Kronstadt.<br />
3. Das Vierte Gebiet (4th Stevedoring Company) im Handelshafen St.<br />
Petersburg (Sea Port of St. Petersburg). Hier ist ein Containerumschlag<br />
von 1,4 Mio. TEU geplant.<br />
4. Hafen von Novorossijsk <strong>am</strong> Schwarzen Meer mit einem<br />
Containerumschlag von ca. 1 Mio. TEU <strong>und</strong> 300.000 RoRo.<br />
5. Sowie Kotka, H<strong>am</strong>ina (beide Finnland), Riga, Tallin, Klaipeda.<br />
Terminalbetreiber (Pet3)<br />
Die wichtigsten Häfen ist vor allem H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> weniger Bremerhaven<br />
(„Bremerhaven ist uninteressant“).<br />
Die Konkurrenten sind Baltische <strong>und</strong> Finnische Häfen Kotka <strong>und</strong> H<strong>am</strong>ina, da<br />
durch diese Häfen sehr viel Transit Richtung Russland geht.<br />
Zur Konkurrenz der russischen Häfen untereinander: In den nächsten Jahren<br />
gibt es ein Aufholprozess, da das Container- bzw. Hafengeschäft in Russland<br />
zurzeit noch unterentwickelt ist. Aber der Bedarf ist riesig. In diesen Jahren wird<br />
es auch keine Konkurrenz geben. Nachdem aber die Terminals ausgebaut sind,<br />
werden die Betreiber um die Ladung kämpfen <strong>und</strong> die kleineren Häfen werden<br />
verschwinden. Allerdings wird nach Meinung der Befragten der Hafen in<br />
Lomonossov-Bronka (Gebiet St. Petersburg) in den nächsten 5 Jahren nicht<br />
gebaut.<br />
92
Terminalbetreiber (Pet4)<br />
Es gibt eine gewisse Konkurrenzsituation zwischen den folgenden<br />
Containerterminals:<br />
• „First Container Terminal“<br />
• “Fourth Stevedoring Company”<br />
• „PetroLesPort“<br />
• „Moby Dick“<br />
• „Ust-Luga“ (im Bau)<br />
• Lomonossov/Bronka (in der Planung).<br />
Ein Vorteil des Terminals in Ust-Luga ist die Tiefe (nach dem Ausbau bis zu 16,5<br />
m; FCT – 11 m). Aber ist es keine „schlechte“ Konkurrenz: Das<br />
Containergeschäft reicht für alle Terminals. Die Hafenbetreiber sind der Meinung,<br />
dass die Kapazitäten aller Containerterminals (sogar nach dem Ausbau) nicht<br />
reichen werden, um den russischen Markt zu versorgen.<br />
Schiffagenten (Pet5)<br />
Als Schiffsagent arbeitet „Neptun Marine“ mit dem „First Container Terminal“ <strong>und</strong><br />
dem „PetroLesPort“ zus<strong>am</strong>men. Es besteht aber auch das Interesse <strong>am</strong><br />
Containerterminal „Moby Dick“ in Kronstadt. Die befragte Firma hat bis 2005<br />
diesen Hafen für die Schiffsabfertigung benutzt, so lange der Terminal noch zu<br />
100 Prozent einer finnischen Gruppe gehörte. Seit 2005 gehört das Terminal zu<br />
50 Prozent der russischen Firma „N-Trans“ <strong>und</strong> für die Schiffe der „Neptun<br />
Marine“-UniFeeder gibt es auf diesem Terminal keinen Platz mehr, so die<br />
Befragten.<br />
Auch <strong>am</strong> Containerterminal in Ust-Luga ist UniFeeder interessiert. Der<br />
Containerterminal in Ust-Luga hat nach Meinung der Befragten gute<br />
Entwicklungsperspektiven, da der Hafen außerhalb der Stadt liegt <strong>und</strong> genügend<br />
Flächenkapazitäten aufweist. Die Voraussetzung dafür ist allerdings das<br />
Vorhandensein einer guten Infrastruktur. Wenn der Containerterminal in Betrieb<br />
geht, werden die finnischen Häfen etwas an ihrer russischen Transitladung<br />
93
verlieren. Allerdings ist es für diese Häfen nicht dr<strong>am</strong>atisch, da sie ihren eigenen<br />
Markt bedienen.<br />
Die Frage nach möglichen Überkapazitäten in den Containerterminals der Region<br />
St. Petersburg (hier: Aus- <strong>und</strong> Neubau in Ust-Luga, Lomonossov-Bronka, Moby<br />
Dick, FCT, PLP <strong>und</strong> andere) kann zurzeit nach Meinung der Befragten noch nicht<br />
beantwortet werden. Aber die Investitionen, die getätigt werden, waren von den<br />
Terminalbetreiben sicherlich gut durchgerechnet, so die Befragten.<br />
Für einen Schiffagent bieten viele vorhandene Terminals mehr Flexibilität <strong>und</strong><br />
weniger Abhängigkeit von den Terminalbetreiben. Den Schiffslinien fehlen<br />
momentan Terminalkapazitäten in der Region St. Petersburg. Die Nachfrage ist<br />
größer als das Angebot. Die Terminals sind zurzeit noch Oligopol <strong>und</strong> diktieren<br />
ihre Konditionen.<br />
Zukunft der Baltischen Häfen ist ungewiss. Wenn die großen Reedereien ihr<br />
Interesse auch an diesen Häfen weiterhin haben werden, werden sie <strong>am</strong> Markt<br />
bleiben. Das hängt aber auch von den Hafen- <strong>und</strong> Zollgebühren in diesen Häfen<br />
ab. Falls die russischen Häfen ihre Steuergesetzte(gebühren) senken bzw.<br />
anpassen werden, wird es für die Baltischen Häfen schlecht aussehen.<br />
Schiffagenten (Pet6)<br />
In St. Petersburg werden folgende Terminals genutzt:<br />
• „First Container Terminal“ in St. Petersburg (als Hauptterminal),<br />
• „Moby Dick“ in Kronstadt als Zweitterminal <strong>und</strong><br />
• „PetroLesPort“ in St. Petersburg (auf dem 3. Platz).<br />
„Moby Dick“ wird nur von Te<strong>am</strong> Lines genutzt. Die anderen Feederdienste sind<br />
von dort weggezogen, weil der Zuweg per Lkw sehr lang ist.<br />
Verbindung zu den Häfen der Nordrange:<br />
An erster Stelle steht Hafen H<strong>am</strong>burg mit den Terminals „Buchardtkai“ <strong>und</strong><br />
„Altenwerder“. Danach folgen neben Bremerhaven auch Rotterd<strong>am</strong>. Rotterd<strong>am</strong><br />
wird immer wichtiger, kürzlich sind die Liniendienste Hanjin <strong>und</strong> China Shipping<br />
Corporation von H<strong>am</strong>burg dorthin gezogen.<br />
94
Konkurrenz zu den Häfen im Baltikum: Aufgr<strong>und</strong> des Kapazitätsausbaus in St.<br />
Petersburg werden die Umsätze in den baltischen Häfen längst nicht so steigen<br />
bzw. sogar stagnieren <strong>und</strong> teilweise zurückgehen.<br />
Der geplante Terminal in Lomonossov ist ausschließlich für MSC reserviert.<br />
Zukünftig haben neben den Feeder-Linien auch die normalen Liniendienste (z. B.<br />
MSC) ihre eigenen Feeder-Dienste aufgebaut, so die Befragten.<br />
Schiffagenten (Pet8)<br />
S<strong>am</strong>skip St. Petersburg kooperiert mit UniFeeder, EuroShipping, One-Line <strong>und</strong><br />
Hanseatische Spedition/Combisped (die eine LKW-Verbindung zwischen der<br />
H<strong>am</strong>burger HLLA <strong>und</strong> dem Lübecker Hafen betreiben).<br />
Investitionen/Zukunftsaussichten<br />
Hafenverwaltung (Pet1)<br />
St. Petersburg braucht ein Passagierterminal, das auf der Vasilijevskij Insel bis<br />
2012 gebaut wird. 2007 legten in St. Petersburg 305 Passagierschiffe an. Bisher<br />
durchqueren die Passagiere das Handelshafengelände, um in die Stadt zu<br />
gelangen. Mit dem neuen Terminal werden die Touristen direkt in der Stadt sein<br />
(bessere Sicherheitsbedingungen).<br />
Da der Hafen direkt in der Stadt liegt, sind die Ausbaukapazitäten begrenzt. Um<br />
die Straßen aus dem Hafen in die Stadt zu entlasten, werden eine Ringstraße<br />
<strong>und</strong> eine Hängebrücke (55 m hoch) gebaut. So brauchen die LKW nicht mehr<br />
durch die Stadt zu fahren.<br />
Terminalbetreiber (Pet2)<br />
Es wird viel in die Hafenmodernisierung (neue Kräne) <strong>und</strong> in die<br />
Hafeninfrastruktur <strong>und</strong> -sicherheit (Systeme für die Durchleuchtung der<br />
Container) investiert.<br />
Der große Hafen in St. Petersburg sollte sich auf die Container- <strong>und</strong> Ro-Ro-<br />
Ladung spezialisieren (<strong>am</strong> Beispiel von Helsinki). Andere (schmutzige) Ladung<br />
soll aus der Stadt in die andere Häfen gebracht werden.<br />
95
Gesetzlich ist vorgesehen, dass die Container innerhalb der 3 Tage das<br />
Hafengelände verlassen sollen. Die Zollbe<strong>am</strong>ten finden immer wieder Gründe,<br />
um die Container bis zu 8 Tage im Hafen zu halten. Sie erwarten dann<br />
Schmiergelder zur Beschleunigung der Abfertigung. Hier besteht ein enormer<br />
Handlungsbedarf.<br />
Containerumschlag des FCT wird bis 2012 voraussichtlich auf 1,7 Mio. TEU<br />
wachsen. Das neue Logistikzentrum in Schuschary wird dazu beitragen (20.000<br />
TEU werden aus dem Terminal dorthin gebracht <strong>und</strong> verzollt).<br />
Terminalbetreiber (Pet3)<br />
Bis 2013 werden in Hafen Investitionen in Höhe von 800 Mio. $ getätigt. Der<br />
Containerumschlag soll sich bis 2013 auf 2,3 Mio. TEU erhöhen. Diese großen<br />
Investitionen basieren auf exzellenten Jahresplänen <strong>und</strong> beginnen 2008. Alle<br />
Investitionspläne wurden vom PLP selbst entwickelt <strong>und</strong> durch „H<strong>am</strong>burg<br />
Consult“ <strong>und</strong> „Drews Consulting“ unterstützt. Alle Investitionen sind privat.<br />
2010 wird PLP an die St. Petersburger Ringstraße angeb<strong>und</strong>en werden. Auch ein<br />
Shuttle-Containerzug nach Moskau ist geplant, aber solange LKW-Transporte<br />
funktionieren, wird sich das Projekt nicht weiterentwickeln.<br />
Terminalbetreiber (Pet4)<br />
In Zukunft wird vor allem in den Ausbau/Modernisierung von Containerterminals,<br />
Autoterminal <strong>und</strong> Kühlcontainerterminal investiert.<br />
Die erste Ausbaustufe des Containerterminals auf der Fläche der Fourth<br />
Stevedoring Company wird voraussichtlich <strong>am</strong> 01.07.2009 abgeschlossen sein.<br />
Das Investitionsvolumen beträgt ca. 150 Mio. $ <strong>und</strong> die Umschlagskapazität<br />
330.000 TEU. Die Länge der Liegeplätze nach der 1. Ausbaustufe ist 480 m.<br />
Nach der zweiten Ausbaustufe kommen noch 500 m Liegeplätze dazu. Nach dem<br />
kompletten Ausbau wird die volle Auslastung ca. 1,5 Mio. TEU betragen.<br />
Die Gründe für die großen Investitionen in den Bau von Containerterminals sind<br />
laut der Befragten vor allem:<br />
• der wirtschaftliche Aufschwung in Russland <strong>und</strong><br />
96
• die „Stadt-Hafen“-Probleme. Da der Hafen direkt in der Stadt ist, kann<br />
die ökologisch nicht saubere Ladung nur in sehr geringen Mengen<br />
umgeschlagen werden. Die Zukunft liegt im Umschlag der<br />
containerisierten Ladung.<br />
2007 wurde mit dem Ausbau des Autoterminals begonnen:<br />
• Erste Ausbaustufe: 5,5 ha Fläche <strong>und</strong> 80.000 Autos/Jahr.<br />
• Zweite Ausbaustufe: es kommen noch 4,5 ha Fläche dazu. Insges<strong>am</strong>t<br />
werden nach dem Ausbau 250.000 Autos jährlich umgeschlagen.<br />
Außerdem werden viele Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur<br />
getätigt, u. a. in die Straßenanbindungen, in den Bau einer Autobahnbrücke zum<br />
Hafen <strong>und</strong> in den Bau der eigenen Kläranlagen. Auch die LKW-Ein- bzw. Ausfahrt<br />
(sind getrennt) werden vergrößert. Allerdings fehlt es, auch nach Erfahrung der<br />
Verfasser, an Zufahrtsstraßen zum Hafen, um den Stau zu verhindern. Der<br />
Ausbau solcher Straßen wird vom Staat bezahlt. Dagegen wird der<br />
Autobahnausbau Richtung Westen „privat“ finanziert <strong>und</strong> gebührenpflichtig sein.<br />
Es wird auch viel in die Hafenausrüstung investiert, u. a. in die neuen<br />
Containerbrücken.<br />
In den Sommermonaten werden zwei Terminals zu Passagierterminals<br />
umgewandelt. Allerdings müssen die Touristen durch das Hafengelände in die<br />
Stadt fahren. Dies wird sich aber ändern, da ein separater Passagierterminal<br />
außerhalb des „richtigen“ Hafens geplant ist.<br />
Es werden aber auch neue Kühlterminals gebaut (Kapazität bis zu 3,5 Mio. t).<br />
Schiffagenten (Pet6)<br />
Es ist eine Ausweitung der Flotte geplant, <strong>und</strong> zwar sind derzeit (Stand: Juni<br />
2008) in Auftrag gegeben: 4 Schiffe a 1.600 TEU <strong>und</strong> 13 Schiffe a 2.500 TEU<br />
(Eisklasse).<br />
Schiffagenten (Pet7)<br />
97
MSC wird in 2-3 Jahren vom „First Container Terminal“ nach Lomonossov<br />
wandern. Bisher ist das Containeraufkommen von MSC in FCT r<strong>und</strong> 18 Prozent.<br />
Wenn dann MSC weg ist, wird es bei FCT genügend Platz geben.<br />
In Zukunft werden Riga <strong>und</strong> Klaipeda ihren Umsatz halten, allerdings ohne<br />
zukünftiges Wachstum. Tallin hat viel an Ladung verloren, speziell wegen der<br />
politischen Spannungen zwischen Estland <strong>und</strong> Russland. Bestimmte Ladungen<br />
werden in Finnland, Riga <strong>und</strong> Klaipeda verbleiben.<br />
H<strong>am</strong>burg ist der natürliche geografische Hafen für Russland. Aber jetzt sind die<br />
Benelux-Häfen um 60 – 90 Euro per Container billiger als der H<strong>am</strong>burger Hafen.<br />
Zeebrügge ist sogar noch billiger als Antwerpen <strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong>. Hy<strong>und</strong>ai,<br />
Chinese Shipping Company <strong>und</strong> Hanjin Line sind von H<strong>am</strong>burg nach Rotterd<strong>am</strong><br />
gegangen.<br />
Der Terminal in Ust-Luga ist ein „toter Hafen“ <strong>und</strong> hat keinerlei Vorteile<br />
gegenüber den St. Petersburger Stadtterminals. Es gibt für Ust-Luga keinen<br />
Hauptk<strong>und</strong>en. Selbst unter Berücksichtigung des ernormen jährlichen<br />
Containeraufkommens wird es für Ust-Luga nicht ausreichen. Darüber hinaus<br />
gibt es für Ust-Luga nicht genügend Personal. Außerdem werden die K<strong>und</strong>en<br />
nicht ohne weiteres nach Ust-Luga gehen. Letztlich ist die Zeitperspektive 2015-<br />
2019 sehr langfristig. Keiner weiß, wie sich bis dahin die politischen Verhältnisse<br />
darstellen.<br />
Schiffagenten (Pet8)<br />
Insges<strong>am</strong>t wird für die Petersburger Häfen ein jährliches Wachstum des<br />
Containerumschlags von 20 Prozent erwartet.<br />
Der Befragte zu den Zukunftsaussichten der einzelnen Terminals in St.<br />
Petersburg:<br />
• „PetroLesPort“ (PLP) war früher reiner Holz- <strong>und</strong> Kohlehafen. Mittlerweile<br />
ist der Hafen im Besitz eines russischen Billionärs (Herr Lissin), dem<br />
auch eine Inland shipping company mit r<strong>und</strong> 1.000 Schiffen gehört. Die<br />
neuen Besitzer lassen den Bulk-Umschlag verschwinden <strong>und</strong> bauen<br />
stattdessen einen Containerhafen. Derzeit wird schon 75 Prozent des<br />
Ges<strong>am</strong>tumsatzes durch Container <strong>und</strong> 15 Prozent durch Ro-Ro<br />
98
erwirtschaftet, zusätzlich 5 Prozent durch Kühlgüter. Das Ziel in 2015 ist<br />
ein jährlicher Umsatz von 2 Mio. Standardcontainern (TEU).<br />
• „Moby Dick“ in Kronstad: Seit 2008 gehören 50 Prozent dem Eigentümer<br />
vom PetroLesPort, die anderen 50 Prozent der finnischen „Container<br />
Finance Group". In 2008 betrug der Containerumschlag ca. 220.000<br />
TEU/Jahr. Für 2011 sind 500.000 TEU geplant.<br />
• “Fourth Stevedoring Company”: Ausbau als Containerterminal hat 2007<br />
begonnen. Die Endkapazität soll 1,4 Mio TEU/Jahr sein.<br />
• Lomonossov/Bronka (Betreiber MSC): Keiner weiß genau Bescheid, es<br />
ist noch nichts passiert.<br />
• „Baltic Container Terminal“ in Ust-Luga (Betreiber „National Container<br />
Company“): Angestrebte Kapazität in 2019: 3 Mio. TEU/Jahr. Dazu<br />
kommt ein neues Projekt von NCC: Logistisches Zentrum in Schushary<br />
(17 km von St. Petersburg) mit einer Jahreskapazität von 1,7 Mio. TEU<br />
jährlich. Dieses Zentrum soll für alle Häfen in St. Petersburg<br />
einschließlich Ust-Luga zur Verfügung stehen. Ein Vorteil wird sein, dass<br />
sich die Zollbehörden mit auf dem Gelände befinden werden.<br />
Was den Containerterminal in Ust-Luga angeht, so ist der Befragte ziemlich<br />
pessimistisch. Er schätzt die Kapazität bis 2015 auf 1,2 Mio. TEU. Der Gr<strong>und</strong><br />
dafür ist, dass der Terminal keine Autobahnanbindung hat. Weiterhin ist der BCT<br />
nicht richtig mit den Reedereien vernetzt. Die Reedereien sind nach Meinung des<br />
Befragten schwer zu bewegen, aus den Stadthäfen St. Petersburg wegzugehen.<br />
Die Reedereien würden in St. Petersburg sogar doppelt so hohe Gebühren wie in<br />
Ust-Luga akzeptieren. Es gibt eine starke Vernetzung zwischen den Stadthäfen<br />
St. Petersburg – insbesondere mit dem First Container Terminal, mit den<br />
staatlichen Instanzen <strong>und</strong> den Zollbehörden. Alle sind sehr konservativ. Die<br />
einzige Chance für Ust-Luga sind die neuen K<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> die sitzen in Moskau.<br />
Zum Einfluss von Wilhelmshaven (JadeWeserPort 17 )<br />
17 Nur sehr weinigen Befragten wussten vom Bau des JadeWeserPorts.<br />
99
Terminalbetreiber (Pet2)<br />
Der JadeWeserPort mit Eurogate als Betreiber wird vom Interesse für die großen<br />
Reedereien sein.<br />
Schiffagenten (Pet7)<br />
Der JadeWeserPort in Wilhelmshaven wird keine Konkurrenz zu den Häfen<br />
H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven sein. Er wird zur Bewältigung des Wachstums des<br />
Containerverkehrs genutzt. Allerdings sind nicht alle Linien- <strong>und</strong> Feederdienste<br />
<strong>am</strong> JadeWeserPort interessiert.<br />
Schiffagenten (Pet8)<br />
Der JadeWeserPort wird zusätzlich zum Hafen H<strong>am</strong>burg benötigt. Der eigentliche<br />
Konkurrent ist Rotterd<strong>am</strong> – die Hanjin Line hat dort in 2008 einen neuen<br />
Containerterminal eröffnet.<br />
4.3.2 Hafen Vyborg<br />
Der Haven Vyborg gehört seit 2007 der „Oslo Marine Group“ <strong>und</strong> befindet sich<br />
40 km von der finnischen Grenze in der Vyborger Bucht. Problematisch für den<br />
Hafen Vyborg gestaltet sich die geringe Wassertiefe von nur 7 bis 8 m in der<br />
Vyborger Bucht. Daher können Vyborg nur Schiffe mit einer max. Länge von 145<br />
m <strong>und</strong> einem Tiefgang von 6,5 m anlaufen (Port Vyborg 2008). Es ist aber eine<br />
Hafenvertiefung geplant. Im Hafen gibt es 13 Liegeplätze mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge<br />
von mehr als 1.100 m.<br />
Infrastrukturell ist Vyborg über eine Eisenbahnlinie <strong>und</strong> eine Fernstrasse, die St.<br />
Petersburg mit der finnischen Grenze verbinden, an das Hinterland<br />
angeschlossen. Die Schienenanbindungen sollten bis Ende 2008 von der OMG<br />
komplett erneuert werden.<br />
Im Hafen werden hauptsächlich chemische Düngermittel, Kohle, Eisen <strong>und</strong> Stahl,<br />
Holz <strong>und</strong> Container umgeschlagen. Der Güterumschlag im Hafen Vyborg betrug<br />
im Jahr 2008 1,3 Mio. t. Das entspricht einem Wachstum von 17 Prozent. Der<br />
100
Containerumschlag hatte im Jahr 2008 einen Anteil von 3 Prozent des<br />
Ges<strong>am</strong>tumschlags (ca. 60.000 TEU). Nach der geplanten Hafenmodernisierung<br />
bzw. -ausbau wird sich der Anteil des Containerumschlags nach Angaben der<br />
Befragten im Jahr 2012 auf 60 Prozent erhöhen (auf 144.000 TEU). Der<br />
Ges<strong>am</strong>tumschlag wird 2012 2,5 Mio. t betragen.<br />
Gr<strong>und</strong>daten des befragten Unternehmens basierend auf den Ergebnissen<br />
des Expertengesprächs<br />
Hafen/Termalbetreiber:<br />
Oslo Marine Group (OMG)<br />
(Pet9)<br />
Die Gruppe OMG wurde 1999 gegründet. Die Holding gehörte im Jahr 2008 zu<br />
100 Prozent den russischen Investoren. Die Hauptgeschäftsfelder der Gruppe<br />
sind u. a. Hafen- <strong>und</strong> Seeverkehrswirtschaft, Versicherung <strong>und</strong> die Bauwirtschaft<br />
(Abbildung 4-16) (Oslo 2008).<br />
Abbildung 4-16:<br />
Hauptgeschäftsfelder der „Oslo Marine Group“<br />
Quelle: Oslo 2008<br />
OMG ist der Betreiber des „Onega Sea Port Cargo Terminals“ in St Petersburg.<br />
Der Universalkomplex „Onega“ ging im Jahr 2005 in Betrieb <strong>und</strong> hat sich auf den<br />
Umschlag von Ro-Ro-Ladung <strong>und</strong> Containern spezialisiert. Außerdem werden seit<br />
Dezember 2006 über diesen Terminal Nissan Autos importiert.<br />
Der Hafen Vyborg gehört der Gruppe OMG seit 2007 (siehe obige Informationen<br />
zum Hafen Vyborg). Das ist ein multifunktionaler Hafen in der Ostsee an der<br />
finnischen Grenze. Auf den 13 Liegeplätzen werden die Containerladung,<br />
Stückgut (general cargoes) <strong>und</strong> die Bulk-Ladung umgeschlagen.<br />
101
Die „OMG Western Terminal“ wurde von der OMG 2007 mit dem Ziel der<br />
Diversifizierung gekauft. Der Terminal ist eine Stevedoring Company. Die<br />
Containerlagerung <strong>und</strong> die Containerreparatur sowie der Export von Holz <strong>und</strong><br />
Holzerzeugnissen sind die Haupttätigkeiten des „OMG Western Terminals“. Im<br />
Jahr 2008 wurden auf dem Terminal 383.503 t Güter umgeschlagen. Das sind<br />
5,8 Prozent mehr als im Jahr davor.<br />
Zur Größenentwicklung der Containerschiffe<br />
Der OMG-eigenen Schiffslinie „Vyborg Shipping Company“ (gegründet 2007)<br />
gehören 3 Schiffe (ca. 360 TEU), die in der Nord- <strong>und</strong> Ostsee zwischen den<br />
nordeuropäischen Häfen verkehren. Hafen Vyborg ist der Haupthafen der Linie in<br />
Russland. Die „Vyborg Shipping Company“ plant ihre Flotte bis 2010 auf 20<br />
Schiffe mit einer Größe von 360 bis 800 TEU zu erhöhen. Am 11. Juli 2008<br />
startet eine reguläre Containerlinie vom Hafen Vyborg nach H<strong>am</strong>burg.<br />
Zur Konkurrenzsituation Straße/Schiene/Seeverkehre<br />
Die Ladung wird aus dem Hafen Vyborg zu 50 Prozent per Eisenbahn <strong>und</strong> zu 50<br />
Prozent mit LKW weitertransportiert. An dieser Aufteilung wird sich in Zukunft<br />
(bis 2015) nichts ändern.<br />
Zur Kooperationen <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Die deutschen Ostseehäfen spielen für den Hafen Vyborg die wichtigste Rolle.<br />
Kooperiert wird hauptsächlich mit dem Fährhafen Sassnitz. Ab Februar 2009<br />
plant die OMG einen regelmäßigen Containerdienst zwischen Sassnitz <strong>und</strong> dem<br />
Hafen Vyborg aufzunehmen (Welt Online 2008). Zunächst sind wöchentliche<br />
Abfahrten eines Mehrzweckfrachters vorgesehen. Die Container sollten zu einem<br />
Großteil per Bahn über Duisburg <strong>und</strong> Rostock, später auch über H<strong>am</strong>burg nach<br />
Mukran gebracht werden. Die OMG wird die Linie bedienen. Hierzu wurde bereits<br />
der Bau neuer Schiffe bei der niederländischen D<strong>am</strong>en Shipyards Group in<br />
Auftrag gegeben. Neben Containern sollen auch Stückgüter auf der neuen Route<br />
transportiert werden (Buss 2008).<br />
102
Investitionen/Zukunftsaussichten<br />
Es wird hauptsächlich in die technologische Ausrüstung des Hafens investiert, die<br />
vor der Übernahme des Hafens durch „Oslo Marine Group“ 2007 bis zu 97<br />
Prozent veraltet <strong>und</strong> abgängig war. Außerdem wird in die Weiterbildung <strong>und</strong><br />
Qualifizierung des Personals investiert.<br />
Im Oktober 2008 hat die OMG im Petersburger Hafen langfristig elf Hektar Land<br />
angemietet (verkehrsRUNDSCHAU 10.2008). Hier soll ein neuer Terminal für<br />
RoRo-Frachten <strong>und</strong> Containerumschlag entstehen. Das Unternehmen will bis zu<br />
300 Millionen Euro in den Ausbau des Areals investieren. So könnten innerhalb<br />
von zwei bis drei Jahren Kapazitäten für bis zu 700.000 Standardcontainer (TEU)<br />
pro Jahr geschaffen werden (verkehrsRUNDSCHAU 10.2008). Das Gelände<br />
grenzt an das OMG-eigene Terminal „Onega“ im so genannten Fischereihafen an.<br />
4.3.3 Hafen Ust-Luga<br />
Der Hafen Ust-Luga ist ein Seehandelshafen, 110 Kilometer westlich von St.<br />
Petersburg gelegen. Die Bucht von Ust-Luga ist an 320 Tagen im Jahr eisfrei <strong>und</strong><br />
kann auch von großen Hochseeschiffen über einen knapp vier Kilometer langen<br />
Zufahrtskanal angesteuert werden. Diese vorteilhafte geografische Lage kann<br />
dem Hafen helfen, zu einem der wichtigsten Exporthäfen in Russland<br />
aufzusteigen. Ust-Luga profitiert als größter Ostsee-Hafen neben St. Petersburg<br />
vom stetig steigenden Außenhandel zwischen der Europäischen Union <strong>und</strong><br />
Russland. Sein Ausbau gilt derzeit als eines der bedeutendsten<br />
Infrastrukturprojekte in Russland. Nicht nur private Investoren treiben das<br />
Projekt voran, auch der russische Ministerpräsident unterstützt das Vorhaben<br />
(thyssenkruppservices 2008).<br />
Bis Anfang 2008 arbeitete in Ust-Luga nur ein modernes Kohle-Exportterminal,<br />
das 2008 etwa 8 Millionen Tonnen umgeschlagen hat. Die max.<br />
Umschlagskapazität des Terminals beträgt 12 Mio. t. Aufgr<strong>und</strong> zahlreicher<br />
Probleme hat sich der Bau <strong>und</strong> Ausbau des Hafens in den letzten Jahren immer<br />
wieder verzögert (Wegner 2006). So waren unter anderem ungelöste<br />
Eigentumsfragen, Finanzierungsengpässe <strong>und</strong> schwerfällige<br />
Abstimmungsprozeduren hinderlich für die schnelle Umsetzung der Pläne. Heute<br />
103
ist der Hafen weitgehend logistisch erschlossen <strong>und</strong> ein wichtiger Schüttgut- <strong>und</strong><br />
Fährhafen sowie ein Automobilumschlagplatz.<br />
Der Hafen soll nach dem abgeschlossen Bauarbeiten die überlasteten Stadthäfen<br />
in St. Petersburg entlasten. Bis 2015 soll die Kapazität der Anlagen mehr als<br />
verdreifacht werden: von jährlich 35 Mio. t Umschlag auf mehr als 120 Mio. t.<br />
Neben Containern gehören Rohstoffe, wie zum Beispiel Erdöl 18<br />
oder Kohle, <strong>und</strong><br />
Schüttgüter, wie etwa Düngemittel, zu den Frachten, die aus dem Landesinneren<br />
kommend in Ust-Luga verladen <strong>und</strong> über die Ostsee Richtung Westen exportiert<br />
werden sollen. Außerdem entsteht dort ein Fährterminal. Auch für den Import<br />
soll der Hafen zur Drehscheibe werden (thyssenkruppservices 2008). Der Hafen<br />
in Ust-Luga soll künftig das wichtigste Tor für die russischen Im- <strong>und</strong> Exporte<br />
über die Ostsee werden.<br />
Auf dem Gelände des Mehrzweck-Umschlagkomplexes „Yug-2“, deren<br />
Inbetriebnahme für Anfang 2008 geplant war, sollen vor allem die Roll-On-<br />
Ladung inklusive Importautos, Container <strong>und</strong> für das Stückgut umgeschlagen<br />
werden. Die geplante max. Umschlagskapazität beträgt 5,3 Mio. t <strong>und</strong> 360.000<br />
Importautos jährlich.<br />
Der Fährterminalkomplex, mit einer max. Umschlagskapazität von 5,5 Mio. t, soll<br />
die Häfen Ust-Luga <strong>und</strong> Baltijsk (Oblast Kaliningrad) mit den deutschen Häfen<br />
verbinden. Das Projekt ist ein Teil des Transportkorridors „West-Ost“. Zum<br />
Fährkomplex führen 16 Schienenanbindungen mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 7,5<br />
km. Hier können 200 Wagons gleichzeitig bis zur Abfertigung untergebracht<br />
werden. Die erste Verbindung wurde in September 2006 von Ust-Luga nach<br />
Kaliningrad aufgenommen <strong>und</strong> die regelmäßige ein Jahr später (Ust-Luga 2008).<br />
Der Universalumschlagskomplex hat in Juni 2007 das erste Schiff abgefertigt.<br />
Die Hauptumschlagsgüter sind Metallerzeugnisse, Metallschrott, Baumaterialien<br />
<strong>und</strong> nicht standardisierte schwere Ladung. Auf dem Gelände ist der Bau eines<br />
überdachten Lagerhauses für Lagerungen alle Metallarten geplant. Die geplante<br />
max. Umschlagskapazität beträgt 3 Mio. t. p. a.<br />
18 Bis 2010 wird zusätzlich eine Öl-Pipeline nach Ust-Luga verlegt. Anschließend wird das Öl per<br />
Tanker weiterverteilt.<br />
104
Im Frühjahr 2007 haben die Bauarbeiten eines neuen Containerterminals „Baltic<br />
Container Terminal“ begonnen. Der Terminal wird von der National Container<br />
Company (NCC) betrieben <strong>und</strong> soll in drei Bauanschnitten realisiert werden<br />
(siehe Kapitel „Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen: Baltic Container<br />
Terminal“). Die Containerumschlaganlage soll die Abhängigkeit der russischen<br />
<strong>Wirtschaft</strong> von den Häfen Finnlands <strong>und</strong> der baltischen Länder verringern <strong>und</strong><br />
zugleich die Kapazitätsengpässe der Stadthäfen St. Petersburg überwinden<br />
helfen. NCC wollte insges<strong>am</strong>t 800 Millionen US-Dollar in das Projekt investieren.<br />
Der erste Bauabschnitt mit 2 Liegeplätzen soll eine Ges<strong>am</strong>tkailänge von 440 m<br />
<strong>und</strong> einer Wassertiefe von 13,5 m haben, der weite Bauabschnitt eine Kailänge<br />
von insges<strong>am</strong>t 500 m mit einer Wassertiefe von 16,5 m <strong>und</strong> der dritte <strong>und</strong> letzte<br />
Bauabschnitt eine Ges<strong>am</strong>tlänge von 740 m mit einer Wassertiefe von 13,5 m.<br />
Am 13. März 2009 jedoch wurde aufgr<strong>und</strong> des um 60 Prozent eingebrochenen<br />
Containerumschlags im Februar 2009 in den St. Petersburger Stadthäfen ein<br />
vorläufiger Baustopp verhängt, fünf Monate vor der Fertigstellung der ersten<br />
beiden Liegeplätze. NCC hatte schon r<strong>und</strong> 175 Mio USD (von insges<strong>am</strong>t 350 Mio<br />
USD Ges<strong>am</strong>tkosten der ersten Bauphase) investiert. Allerdings gelang es NCC<br />
laut Auskunft des Co-Projekteigners, der Fesco Transportation Group, nicht, die<br />
erforderlichen weiteren Mittel auf dem stark angespannten russischen <strong>und</strong><br />
globalen Finanzmarkt aufzubringen.<br />
Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen<br />
Hafenverwaltung:<br />
JSC “Ust-Luga Company“<br />
(Pet11)<br />
Die JSC „Ust-Luga Company“ wurde im Jahr 1992 zur Projektrealisierung eines<br />
neuen Mehrzweckshafens im Nordwesten Russlands gegründet.<br />
JSC „Ust-Luga Company“ (ULC) ist eine offene AG. Sie ist zu 50 Prozent privat<br />
<strong>und</strong> zu 50 Prozent öffentlich. Von den 50 Prozent der öffentlichen Aktien<br />
gehören:<br />
• 25 Prozent dem Leningrader Gebiet,<br />
• 8,6 Prozent direkt der russischen Eisenbahn <strong>und</strong><br />
• weitere 16 Prozent indirekt der russischen Eisenbahn.<br />
105
Die ULC hat folgende drei Funktionen:<br />
• Die Gesellschaft operiert als Hafenentwickler,<br />
• Der Betreiber des Mehrzweck-Umschlagkomplexes „Yug-2“,<br />
• Als Investor.<br />
Quer dazu hat ULC die Funktion einer Generalagentur, um – zus<strong>am</strong>men mit der<br />
russischen Eisenbahn <strong>und</strong> privaten Investoren – folgende Aufgaben zu erfüllen:<br />
• Ausbaggern der Fahrrinne,<br />
• Entwicklung der Straßen.<br />
Der Mehrzweck-Umschlagkomplex „Yug-2“ ist für den Umschlag von Roll-on-<br />
Ladungen, einschließlich der neu importierten Autos, sowie Container <strong>und</strong><br />
general cargoes gebaut. Die russische National Container Company ist nicht in<br />
„Yug-2“ engagiert. Die Funktion der ConRo-Vessel, die stark nachgefragt wird,<br />
wird 2010 betriebsbereit sein.<br />
Insges<strong>am</strong>t hat „Yug-2“ folgende Terminals:<br />
• Ro-Ro-Terminal: Das erste Schiff als Probeschiff k<strong>am</strong> im Juni 2008 (Kess<br />
Line). Es gab einige Schwierigkeiten, aber ab September 2008 wird es<br />
einen vollen Service mit einer finnischen Linie geben.<br />
• Autoterminal: Von 2010 an wird Russland der größte Automarkt Europas<br />
werden.<br />
• ConRo-Terminal.<br />
Das sind die Nischen, die „Yug-2“ laut der befragten Experten nutzt. Insofern<br />
gibt es keine Konkurrenz zum Baltic Container Terminal gleich nebenan.<br />
Termalbetreiber:<br />
“Baltic Container Terminal“, Ust-Luga<br />
(Pet10)<br />
In April 2007 hat die russische National Container Company mit den Bauarbeiten<br />
einen neuen Containerterminal „Baltic Container Terminal“ in Ust-Luga<br />
begonnen. NCC selbst gehört zu jeweils 50 Prozent zur Fesco Transportation<br />
Group <strong>und</strong> zur Quantum Group. NCC betreibt in Russland eine Reihe von<br />
106
Terminals, darunter auch den größten russischen Containerterminal, „First<br />
Container Terminal“ im Stadthafen von St. Petersburg.<br />
Der erste Abschnitt des neuen Containerterminals in Ust-Luga sollte<br />
voraussichtlich im September 2009 in Betrieb gehen – nun wurde im März 2009<br />
die Fertigstellung gestoppt (siehe oben). Als erstes sollten zwei Liegeplätze von<br />
insges<strong>am</strong>t 440 m Länge mit einer jährlichen Umschlagkapazität von 150.000 bis<br />
350.000 TEU entstehen. Die Tiefe des Beckens ist 13,5 m.<br />
Der erste Terminalabschnitt wird in der Lage sein, Schiffe mit einer Kapazität bis<br />
zu 2.500 TEU abzufertigen. Nach der Fertigstellung des zweiten Abschnitts im<br />
Jahr 2014 können zwei weiteren Liegeplätze mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 500 m<br />
von größeren Schiffen bis zu 6.000 TEU angelaufen werden. Die Liegeplätze des<br />
zweiten Bauabschnittes werden eine Tiefe von über 16 m (16,5 m) aufweisen.<br />
Die Vertiefung beginnt 2009. Der dritte Abschnitt soll 2019 in Betrieb gehen.<br />
Die Anlage ist für eine Jahreskapazität von zunächst 3 Mio. TEU geplant. Die<br />
Kapazität soll bis 2019 (Fertigstellung aller drei Bauabschnitte) auf 6 Mio. TEU<br />
verdoppelt werden. Der Bau des Terminals gilt als das derzeit größte<br />
Einzelvorhaben in dem in Ausbau befindlichen Mehrzweckhafen (dvz 04.2007).<br />
In Dezember 2007 hat der Terminalbetreiber Eurogate (Bremerhaven/Bremen)<br />
mit der russischen National Container Company (NCC) eine<br />
Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent <strong>am</strong> Baltic Container Terminal im<br />
russischen Hafen Ust-Luga vereinbart. D<strong>am</strong>it steigt Eurogate in das wichtigste<br />
Hafen-Neubauprojekt Russlands ein. Im Gegenzug erhielt (<strong>und</strong> realisierte) NCC<br />
die Option, 18,2 Prozent der Anteile <strong>am</strong> Eurogate-Terminal im geplanten<br />
JadeWeserPort in Wilhelmshaven zu erwerben (verkehrsRUNDSCHAU 12.2007).<br />
Die Hauptk<strong>und</strong>en des neuen Terminals werden u. a. Maersk, MSC, CMA CGM,<br />
UniFeeder sein.<br />
Ergebnisse der Expertengespräche<br />
Zur Konkurrenzsituation Straße/Schiene/Seeverkehre<br />
Hafenverwaltung (Pet11)<br />
Insges<strong>am</strong>t sind der Containerumschlag bzw. die dazu gehörigen Logistiken in<br />
Russland sehr unterentwickelt.<br />
107
Terminalbetreiber (Pet10)<br />
Die Ladung wird aus dem Hafen zu 70 Prozent per LKW weiterverteilt. Die<br />
Schienenverkehre sind in Russland noch nicht dyn<strong>am</strong>isch genug entwickelt.<br />
Warenströme aus Nordwest-China werden nach Ust-Luga nicht kommen, da die<br />
russische Eisenbahn die nicht bewältigen kann („Projekt Mercury“ ist gescheitert:<br />
„Nach zwei Tagen war Schluss“).<br />
Zur Kooperationen <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Hafenverwaltung (Pet11)<br />
Trotz der der erheblichen Kapazitätsausweitungen wird es auch in Zukunft keine<br />
Überkapazitäten <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it auch keinen Wettbewerb zwischen den einzelnen<br />
Terminals in St. Petersburg <strong>und</strong> Umgebung geben, im Gegenteil: Die Nachfrage<br />
nach Hafenkapazitäten wird das Angebot auch in Zukunft übersteigen.<br />
Terminalbetreiber (Pet10)<br />
Vorteile des Hafens in Ust-Luga:<br />
• Geschäftrückgang für den Terminal Kotka (Finnland), von dem derzeit<br />
viel Transitverkehr nach Russland stattfindet. Die Grenze nach Russland<br />
ist voll, die LKW stehen <strong>am</strong> Zoll bis zu 50 km im Stau. Nach der<br />
Inbetriebnahme des Containerterminals Ust-Luga wird die Ladung, die<br />
für Russland bestimmt ist, direkt nach Ust-Luga fahren.<br />
• Der russische Staat hat sehr viel Geld (ca. 14 Milliarden Euro – 600 Mrd.<br />
Rubel) allen russischen Häfen für den Ausbau der Infrastruktur zur<br />
Verfügung gestellt. Ust-Luga wird davon auch profitieren. 200 Mrd.<br />
Rubel sind für den Ausbau der Eisenbahn bestimmt <strong>und</strong> 300 Mrd. Rubel<br />
für die Städteinfrastruktur.<br />
Nachteile:<br />
• Der Hafen ist landseitig an der Peripherie gelegen.<br />
• Außerdem gibt es noch technische Probleme <strong>und</strong> vor allem<br />
Personalmangel (es gibt weder eine Stadt noch ein größeres Dorf im<br />
108
unmittelbaren Umkreis des Hafens). Diese Probleme werden aber mit<br />
der Zeit gelöst sein.<br />
Die Baltischen Häfen sind keine Konkurrenten. Über die Zus<strong>am</strong>menarbeit<br />
zwischen Klaipeda <strong>und</strong> Weißrussland wird schon seit Jahren diskutiert, passiert<br />
ist aber nicht viel.<br />
Die Containerterminals der NCC (National Container Company) sind sowohl<br />
Konkurrenten als auch Partner. Es gibt eine <strong>Arbeit</strong>saufteilung zwischen den<br />
verschiedenen Terminals (die Wassertiefe im FCT in St. Petersburg ist max. 11<br />
m., in Ust-Luga dagegen wird es bis zu 17 m tief sein).<br />
Investitionen/Zukunftsaussichten<br />
Hafenverwaltung (Pet11)<br />
Zu Ust-Luga:<br />
Der Baltic Container Terminal (BCT) in Ust-Luga kommt an sich 2 Jahre zu spät<br />
(hätte an sich schon 2007 beginnen sollen).<br />
Allgemein zu den (Container)Häfen <strong>am</strong> finnischen Meerbusen:<br />
• Das finnische Kotka ist stark wachsend, da der Ausbau der russischen<br />
Häfen doch recht langs<strong>am</strong> vorangeht.<br />
• Das Problem der Petersburger Stadthäfen ist, dass sie nicht die<br />
Containerschiffe rechtzeitig entladen können (Stau <strong>am</strong> Seekanal, zu<br />
wenig Hafenkapazitäten, zu schlechte Verkehrsanbindung inlandig).<br />
• „PetroLesPort“ ist in seinem Wachstum begrenzt, weil es ein Stadthafen<br />
ist <strong>und</strong> es endlose LKW Staus ebenso wie Schiffstaus (einseitig zu<br />
befahrener Kanal) gibt.<br />
Zu den finnischen Häfen:<br />
• H<strong>am</strong>ina wird auf Dauer verlieren <strong>und</strong> hat keine Zukunftschancen.<br />
• Der neue Hafen in Helsinki wird prosperieren, da 95 Prozent der<br />
umgeschlagenen Container nach Finnland gehen <strong>und</strong> von Finnland<br />
kommen.<br />
109
• Kotka wird jetzt stark wachsen (siehe oben), aber nach 2010 auf<br />
demselben Niveau verbleiben.<br />
Insges<strong>am</strong>t ist der finnische Staat nicht sehr kooperativ, er gibt z. B. keine Info<br />
über gefährliche Güter an die russischen Hafenbehörden weiter. D<strong>am</strong>it u. a.<br />
unterstützt er den Schmuggel mit gefährlichen Gütern.<br />
Der Vorteil von Ust-Luga sind die billigeren Frachtraten, weiterhin gibt es<br />
seeseitig keinen Stau <strong>und</strong> der Zoll ist direkt <strong>am</strong> Hafen.<br />
Die Stadt Kingisepp wird Ust-Luga mit entsprechenden <strong>Arbeit</strong>skräften versorgen.<br />
Es gibt hier eine hohe <strong>Arbeit</strong>slosenquote. Schon jetzt sind von der<br />
Föderationsregierung Qualifizierungsprogr<strong>am</strong>me aufgelegt worden. Darüber<br />
hinaus ist eine neue Stadt für 35.000 Einwohner geplant.<br />
Neben den Investitionen in den Hafenausbau entwickelt Ust-Luga Company auch<br />
eine chemische Fabrik (Dow Chemicals) <strong>und</strong> eine Stahlfabrik (zus<strong>am</strong>men mit<br />
Indern.)<br />
Terminalbetreiber (Pet10)<br />
Im Containerterminal in Ust-Luga ist ein Jahrescontainerumschlag von 3 Mio.<br />
TEU geplant. Dafür werden 2.200 Mitarbeiter benötigt. <strong>Arbeit</strong>skräftemangel ist<br />
auch in Russland ein Problem, vor allem fehlen gut qualifizierte Mitarbeiter. NCC<br />
hat aber eine eigene Personalagentur im Containerbereich.<br />
Die Straßenanbindung von Ust-Luga nach Novgorod wird vom Staat finanziert,<br />
die Straßenanbindung im Hafengebiet von der „Ust-Luga Company“. Es wird eine<br />
neue Straßenanbindung ins Hinterland geben, die zwar etwas länger sein wird,<br />
dafür aber nicht an den dicht besiedelten Dörfern vorbei gehen (keine<br />
Geschwindigkeitsbegrenzung).<br />
Schiene: Die Eisenbahnstrecke von Ust-Luga könnte bis zu 9 Mio. t befördern.<br />
Der Hafen selbst kann aber nur 5 Mio. t umschlagen. Die Eisenbahn kann bis zu<br />
18 Mio. t ausgebaut werden (die Gelder sind da). Insofern reichen die<br />
Eisenbahnkapazitäten aus.<br />
Fazit zu den Häfen in St. Petersburg <strong>und</strong> Umgebung:<br />
110
Der derzeitige Aus- <strong>und</strong> zum Teil Neubau der Container-Terminals in den<br />
russischen Häfen <strong>am</strong> Finnischen Meerbusen (Ust-Luga, Lomonossov-Bronka,<br />
Moby Dick, FCT, PLP <strong>und</strong> andere) wird – wenn man von der derzeitigen<br />
ökonomischen Krise einmal absieht - mittelfristig keine Überkapazitäten<br />
produzieren:<br />
Tabelle 4-4:<br />
Zur allgemeinen Entwicklung des Containerumschlags <strong>und</strong> der<br />
geplanten Kapazitäten in St. Petersburg einschließlich Ust-Luga<br />
(in TEU):<br />
Jahr Containerumschlag Hafenkapazitäten<br />
2008 2.050.000 2.111.000<br />
2015 7.350.000 7.280.000<br />
Quelle: Eigene Berechnungen<br />
Langfristig jedoch – nach Realisierung aller Umbaumaßnahmen bis 2019 –<br />
werden die Häfen dann Überkapazitäten aufweisen, die in einen<br />
Verdrängungswettbewerb münden. Gefährdet sind dann nicht nur kleinere Häfen<br />
wie z. B. Vyborg, sondern auch bestimmte Teile der St. Petersburger Stadthäfen<br />
sowie Häfen in Finnland (u. a. H<strong>am</strong>ina) <strong>und</strong> im Baltikum (Tallinn, aber<br />
möglicherweise auch Riga).<br />
Ust-Luga mit seinen Vorteilen gegenüber den Stadthäfen in St. Petersburg<br />
scheint relativ ungefährdet, zumal die drei Ausbaustufen eine flexible Gestaltung<br />
gewährleisten: In einer möglichen Krise könnte die eine oder andere<br />
Ausbaustufe verzögert <strong>und</strong> somit Kapitaldienste verringert werden, wie dies <strong>am</strong><br />
13. März 2009 (einem Freitag) mit der ersten Baustufe (zwei Liegeplätze) auch<br />
erfolgte.<br />
Wesentlich für die Zukunftsperspektiven ist die Haltung der Reeder <strong>und</strong><br />
Spediteure: Nur der Containerterminal, der starke Reeder hat, wird sich<br />
durchsetzen können – auch hier scheint Ust-Luga gut aufgestellt zu sein.<br />
Trotzdem muss sich Ust-Luga um K<strong>und</strong>en, die bisher in St. Petersburg ihre<br />
Geschäfte abwickeln, stark bemühen.<br />
111
Gerade die Stadthäfen St. Petersburg, aber auch Kronstadt (Moby Dick) <strong>und</strong><br />
Vyborg weisen eine Reihe von Mängeln <strong>und</strong> Risiken, welche die Entwicklung der<br />
russischen Hafenwirtschaft hemmen:<br />
• Ungünstige klimatische <strong>und</strong> naturgeografische Gegebenheiten wie<br />
Vereisung, flache Küstengewässer <strong>und</strong> lange Zufahrtskanäle,<br />
• <strong>Wirtschaft</strong>spolitische Versäumnisse wie das Fehlen von<br />
<strong>Wirtschaft</strong>ssonderzonen in den Häfen, in denen entsprechend<br />
internationaler Praxis Steuer- <strong>und</strong> Zollvergünstigungen gewährt werden,<br />
• Entwicklungsdefizite bei der Infrastruktur der Häfen <strong>und</strong> im Bereich der<br />
Hinterland-Verkehrseinrichtungen, gemessen an internationalen<br />
Standards,<br />
• Umständliche <strong>und</strong> zeitaufwendige Verfahren der Zollabfertigung<br />
(deshalb auch die neuen Güterverteilzentren/Zollabfertigungsstellen in<br />
Janino <strong>und</strong> Schuschary) <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it verb<strong>und</strong>ene Korruption der<br />
Zollbehörden,<br />
• Zu langen Be- <strong>und</strong> Entladezeiten in den Häfen,<br />
• Eine erhöhte Umweltbelastung durch die Hafenwirtschaft.<br />
Allerdings bleibt trotz dieser hemmenden Momente festzuhalten, dass die<br />
Akteure in St. Petersburg <strong>und</strong> Umgebung einen bestechenden Optimismus <strong>und</strong><br />
einen für sonstige russische Verhältnisse ungewöhnlichen Aktivismus<br />
ausstrahlen, der geeignet scheint, auch noch so große Hindernisse zu<br />
überwinden. Abgesehen von dem finanziellen Engagement privater Gruppen<br />
bzw. Oligarchen (das im Zuge der gerade für Russland sich verheerend<br />
auswirkenden globalen Finanzmarktkrise vielleicht einen Dämpfer erfährt)<br />
fanden wir auf der Entscheidungsebene der Akteure (Hafenbetreiber, Reedereien<br />
etc.) durchweg vor allem auch jüngere, englischsprachige <strong>und</strong> mit den<br />
westlichen Gepflogenheiten vertraute Leute, denen als „Macher“ Generation<br />
zuzutrauen ist, bestehende Schwierigkeiten pragmatisch zu überwinden.<br />
Interessant ist ein Blick auf die Eigentumsverhältnisse der bestehenden, der<br />
noch im Bau oder erst in der Planung sich befindenden russischen Container-<br />
Terminals <strong>am</strong> Finnischen Meerbusen:<br />
112
Tabelle 4-5:<br />
Eigentümer der russischen Containerterminals<br />
<strong>am</strong> Finnischen Meerbusen<br />
Eigentümer<br />
Containerterminal<br />
NCC<br />
(National Container Terminal)<br />
Gehört zu jeweils 50 % der Fesco<br />
Transportation Group <strong>und</strong> der Quantum<br />
Group<br />
FCT, First Container Terminal, St. Petersburg<br />
(100 %)<br />
Baltic Container Terminal (BCT), Ust-Luga<br />
(80 Prozent; die restlichen 20 % gehören<br />
Eurogate)<br />
Logistikzentrum in Schuschary (100 %)<br />
N-Trans Group<br />
(Universal Cargo Logistics Holding B.V –<br />
Eigner Herr Wladimir Lissin)<br />
OJSC Sea Port of St. Petersburg (100 %)<br />
PLP, PetroLesPort, St. Petersburg (100 %)<br />
Moby Dick, Kronstadt (50 %; die restlichen 50<br />
% gehören der finnschen Multi-Link Terminals<br />
Ltd. OY)<br />
OJSC Multipurpose Reloading Complex,<br />
Ust-Luga<br />
(100 %)<br />
Logistikzentrum Janino (50 %; die restlichen<br />
50 % gehören der finnschen Multi-Link<br />
Terminals Ltd. OY)<br />
Containerterminal Kotka (50 %; die restlichen<br />
50 % gehören der finnschen Multi-Link<br />
Terminals Ltd. OY)<br />
MSC Lomonossov/Bronka (100 %)<br />
Quelle: Eigene Recherche<br />
113
Tabelle 4-5: Eigentümer der russischen Containerterminals<br />
<strong>am</strong> Finnischen Meerbusen (Fortsetzung)<br />
Oslo Marine Group Hafen Vyborg (100 %)<br />
JSC Ust-Luga Company<br />
(50 Prozent staatlich, davon gehören 50<br />
Mehrzweck-Umschlagkomplexes “Yug-2”, Ust-<br />
Luga (100 %)<br />
Prozent dem Leningrader Gebiet <strong>und</strong> 50<br />
Prozent der russischen Eisenbahn; 50<br />
Prozent privat)<br />
JSC “Sea Port of Novorossijsk”<br />
„Baltic Stevedoring Company” (BSC) Ltd,<br />
Baltijsk (Oblast Kaliningrad) (100 %)<br />
Quelle: Eigene Recherche<br />
Es gibt zwei große Eigentümer (NCC <strong>und</strong> N-Trans Group), die miteinander in<br />
Konkurrenz stehen. Zwischen diesen Beiden wird sich auch die Zukunft von Ust-<br />
Luga entscheiden.<br />
4.3.4 Oblast Kaliningrad (Stadt Kaliningrad <strong>und</strong> Baltijsk)<br />
Hafen Kaliningrad<br />
Der Bezirk Kaliningrad (Oblast Kaliningrad) umfasst das Gebiet des früheren<br />
Nord-Ostpreußens mit einer Fläche ungefähr der des B<strong>und</strong>eslandes Schleswig-<br />
Holstein. Hier leben ca. 1 Mio. Zivilpersonen <strong>und</strong> eine große (unbekannte) Zahl<br />
von Militärpersonen. Durch den Zerfall der Sowjetunion <strong>und</strong> der dadurch<br />
bedingten Unabhängigkeit der baltischen Staaten sowie Weißrusslands wurde die<br />
Oblast Kaliningrad eine russische Enklave. Verschärft wurde die Isolation dieser<br />
Enklave noch durch den Beitritt Polens <strong>und</strong> der baltischen Ländern in die EU im<br />
Jahr 2004 <strong>und</strong> die Erweiterung des Schengengebietes um eben diese Länder in<br />
2008.<br />
Der Kaliningrader Hafen ist der westlichste Hafen Russlands <strong>und</strong> liegt innerhalb<br />
der Stadt (früheres deutsches Königsberg). Während der Sowjetzeit wurde die<br />
Entwicklung der Handelshäfen durch die vom Militär gewollte Isolation stark<br />
behindert. Deshalb sind viele Modernisierungen nachzuholen. Der Kaliningrader<br />
114
Hafen selbst sieht sich als einen der aussichtsreichsten Häfen in Russland. Trotz<br />
eines hohen Wettbewerbs in der Region mit den lettischen Häfen Riga, Ventspils<br />
<strong>und</strong> Liepaja sowie mit dem benachbarten Klaipeda wird erwartet, dass der<br />
Frachtenumsatz des Hafens durch einen stetig wachsenden Handelsverkehr aus<br />
Europa, als auch durch den Umschlag z. B. von Mineraldünger aus Weißrussland<br />
erhöht wird. Ob das allerdings realistisch ist, wird von den Verfassern bezweifelt.<br />
Der Hafen soll auch von der Sonderrolle Kaliningrads als Sonderwirtschaftszone<br />
von Russland profitieren. Der Föderationsrat der Russischen Föderation hat Ende<br />
Januar 2006 das Gesetz "Über die Sonderwirtschaftszone im Gebiet Kaliningrad"<br />
gebilligt (hk24 2008). Der Status der Sonderwirtschaftszone bietet folgende<br />
Vorteile:<br />
• Güter, die dort produziert werden, können zollfrei exportiert bzw. in die<br />
GUS/nach Russland gebracht werden.<br />
• Güter, die nach Kaliningrad importiert werden <strong>und</strong> dort bleiben, sind<br />
zollfrei.<br />
• Ansonsten gelten die russischen Zollgesetze.<br />
Es gibt vier Hafenstandorte im Gebiet (hk24 2008):<br />
1. Die Stadthäfen im Kaliningrader Stadtgebiet, darunter ein<br />
• Handelshafen („Kaliningrad Sea Commercial Port“), privat<br />
organisiert, für Container, Stückgut, Schüttgut.<br />
Der Handelshafen ist der größte Hafen in Kaliningrad mit 20<br />
Liegeplätzen mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von mehr als 3 km. Darunter<br />
befinden sich zwei Roll-on-Roll-off-R<strong>am</strong>pen für Fährschiffe. Der<br />
Hafen erstreckt sich über eine Fläche von 80 Hektar. Die<br />
Wassertiefe entlang der Kaianlage variiert zwischen 8,0 <strong>und</strong> 9,0 m<br />
(Hafen Kaliningrad 2008). Ca. 270.000 m² Lagerfläche stehen zur<br />
Verfügung, davon sind 51.000 m² überdacht.<br />
Die offene AG „Kaliningrad Stevedoring Company“ betreibt im<br />
Handelshafen einen Containerterminal. Monatlich werden zus<strong>am</strong>men<br />
mit der Feeder-Linie „TransBaltica“ bis zu 2.200 Standardcontainer<br />
umgeschlagen. „TransBaltica“ bietet den großen Containerlinien<br />
zweimal pro Woche einen regelmäßigen Feederservice zwischen<br />
115
H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven <strong>und</strong> Kaliningrad an.<br />
Die Liegeplätze des Containerterminals sind durch einen eisfreien<br />
Kanal mit der Ostsee verb<strong>und</strong>en. Der Terminal ist an das<br />
internationale Straßen- <strong>und</strong> Eisenbahnnetz angeschlossen. Die<br />
Containerlinien verbinden den Terminal mit den Häfen H<strong>am</strong>burg,<br />
Bremerhaven, Kiel, Rotterd<strong>am</strong> <strong>und</strong> Felixstowe.<br />
Neben den Anlagen für feste Güter verfügt der Hafen auch über<br />
Terminals, die sich auf die Be- <strong>und</strong> Entladung sowie die Lagerung<br />
von flüssigen Produkten spezialisiert haben. Über den Hafen werden<br />
mehr Güter exportiert als importiert. In der Ausfuhr überwiegen vor<br />
allem Öl <strong>und</strong> Ölprodukte, Düngermittel, Kohle <strong>und</strong> Metalle. Der<br />
Import wird insbesondere durch Nahrungsmittel, hauptsächlich<br />
Fisch-Produkte, dominiert.<br />
• Fischereihafen, staatlich.<br />
Das Hafenareal hat eine Fläche von 114 ha. Die<br />
Hauptumschlagsgüter sind Export- <strong>und</strong> Importgüter wie<br />
Tiefkühlfisch <strong>und</strong> Fischprodukte, Lebensmittel, Mineraldünger,<br />
Metall, Öl, Container u. a. Die ges<strong>am</strong>te Kailänge beträgt 3,1 km. Die<br />
Wassertiefe ist bis zu 9 m. Die max. Schiffslänge beträgt 170 m.<br />
Der Fischereihafen ist das ganze Jahr über eisfrei.<br />
• Flusshafen, privat organisiert (für Schüttgut, Kohle).<br />
Im Kaliningrader Binnenhafen wird hauptsächlich Kohle<br />
umgeschlagen. Es gibt ein Liegeplatz, die 200 m lang ist.<br />
2. Svetly in der Pregelmündung (vor allem für Erdöl), 5 km nordöstlich von<br />
Baltijsk gelegen <strong>und</strong> noch in der Sperrzone (siehe unten). Der max.<br />
Tiefgang der Schiffe ist 4,5 – 5,5 m.<br />
3. Baltijsk, Seehafen, zum Teil für Handelsschiffe; mit Ro-Ro; Erdölterminal<br />
in der Nähe (der Hafen von Baltijsk wird in den folgenden Kapiteln<br />
beschrieben).<br />
4. Pionersky, Fischereihafen, erste Schritte zum Ausbau zum multi-purpose<br />
port.<br />
116
Die Stadthäfen <strong>und</strong> Svetly sind vom Zustand des Kaliningrader Seekanals, der<br />
Fahrrinne in der Pregelmündung, abhängig. Der Kaliningrader Seekanal, der den<br />
Hafen mit dem Ostsee verbindet, wurde 1905 ausgebaggert <strong>und</strong> ist 42 km lang,<br />
zwischen 8,5 <strong>und</strong> 10 m tief <strong>und</strong> 50 bis 80 m breit. Der Kanal ist jeweils nur in<br />
eine Richtung befahrbar. In diesen Punkten liegen die größten Probleme für den<br />
Hafen. Derzeit können nur Schiffe mit einer maximalen Länge von 170 m <strong>und</strong><br />
einem maximalen Tiefgang von 8 m den Hafen erreichen. Notwendig ist es<br />
daher, dass die Fahrrinne in den kommenden Jahren ausgebaggert <strong>und</strong> gesichert<br />
wird, um auch größeren Schiffen den Zugang zum Hafen zu ermöglichen<br />
(Wegner 2006). Ein großer Vorteil des Hafens besteht allerdings in der jährlich<br />
durchgängigen Schiffbarkeit, da es keine Vereisung des Kanals <strong>und</strong> des<br />
Hafenbeckens gibt.<br />
Der Umschlag in allen Häfen ist in den letzten Jahren insges<strong>am</strong>t gestiegen. Im<br />
Jahr 2008 betrug er 15,38 Mio. t. Im Vergleich zum Jahr davor bedeutet das<br />
allerdings einen Rückgang um 1,6 Prozent (Abbildung 4-17) – hier deutete sich<br />
im letzten Quartal 2008 schon die <strong>Wirtschaft</strong>skrise an:<br />
Abbildung 4-17:<br />
Hafen Kaliningrad: Ges<strong>am</strong>tumschlag 2002-2008 in Mio. t<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Hafen Kaliningrad 2008<br />
Der Handelshafen („Kaliningrad Sea Commercial Port“) hat 2008 4,76 Mio. t<br />
Ladung umgeschlagen - 0,9 Prozent weniger als im Jahr 2007.<br />
Die Containerladung wird im Gebiet Kaliningrad im Fischereihafen, im<br />
Handelshafen <strong>und</strong> in Hafen Baltijsk („Baltic Stevedoring Company”, privat<br />
117
organisiert; der Eigentümer ist “Sea Port of Novorossijsk”) umgeschlagen. Der<br />
Containerumschlag dieser drei Terminals ist 2008 um 9,75 Prozent auf 213.210<br />
TEU gesunken.<br />
Abbildung 4-18:<br />
Hafen Kaliningrad: Containerumschlag 2003-2008 in TEU<br />
Quelle: Eigene Darstellung; Hafen Kaliningrad 2008<br />
Der Handelshafen Kaliningrad hat 2008 mit 112.770 TEU 28,3 Prozent weniger<br />
Container bewegt als im Jahr 2007. Die Containerladung/Import ist für die in<br />
Kaliningrader Gebiet produzierenden Unternehmen bestimmt (Kia, Panasonic,<br />
Philips, Hy<strong>und</strong>ai), die ihrerseits die dann fertigen Produkte weiter in den<br />
russischen Markt verteilen. Ein kleiner Teil der Import-Container wird aber per<br />
LKW <strong>und</strong> Bahn nach Russland gebracht. Der Anteil von Transhipment ist weniger<br />
als ein Prozent <strong>am</strong> ges<strong>am</strong>ten Containerumschlag. In den nächsten fünf Jahren<br />
(2008 bis 2012) erwarten die Hauptakteure der Kaliningrader Hafenwirtschaft<br />
ein Wachstum des Containerumschlags um 25 bis 40 Prozent. Da jedoch die<br />
Kaliningrader Häfen kaum Transhipment Häfen sind, müssten diese Steigerungen<br />
generiert werden durch den Bedarf in der Oblast Kaliningrad selbst.<br />
Obwohl der Hafen erhebliches Potential für den Schiffsverkehr auf der Ostsee<br />
hat, ist er in infrastruktureller Quantität <strong>und</strong> Qualität nicht genügend entwickelt.<br />
Durch die ungenügende <strong>und</strong> langwierige Umsetzung von Innovationen <strong>und</strong><br />
Modernisierungsmaßnahmen beim Hafen Kaliningrad in den letzten Jahren haben<br />
die Konkurrenzhäfen in Polen <strong>und</strong> Litauen entscheidende Vorteile erlangen<br />
können <strong>und</strong> einen Teil der Güterstrome auf ihre Standorte umgeleitet. Daher ist<br />
die Zukunft des Hafens unbestimmt (Wegner 2006).<br />
118
Hafen Baltijsk<br />
Heute ist der Hafen von Baltijsk (früheres deutsches Pillau), gelegen <strong>am</strong> Ostsee-<br />
Ausgang des Kaliningrader Seekanals, sowohl Fähr- als auch Containerterminal.<br />
2007 wurden hier 65.000 TEU umgeschlagen. Außerdem gibt es in Baltijsk ein<br />
kleiner Autoterminal. 2008 gab es 5 Fährverbindungen:<br />
• Baltijsk – St. Petersburg,<br />
• Baltijsk – Ust-Luga,<br />
• Baltijsk – Sassnitz,<br />
• Baltijsk – Gdingen. Eine Fahrt Baltijsk – Gdingen kosten ca. 13 €. Viele<br />
Touristen kommen aus Polen.<br />
• Baltijsk – Klaipeda – Karlsh<strong>am</strong>n.<br />
Im Hafen Baltijsk operieren zwei folgende Gesellschaften:<br />
• „Baltic Stevedoring Company“, die den Passier- <strong>und</strong> Cargoterminal<br />
betreibt <strong>und</strong><br />
• „RosMorPort“ Filiale Kaliningrad, der Betreiber des Eisenbahnterminals.<br />
Der Hafen erstreckt sich über eine Fläche von ca. 30 Hektar (RosMorPort 2008),<br />
allerdings liegt die Stadt <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it auch der Hafen aufgr<strong>und</strong> seiner militärischen<br />
Bedeutung (Standort eines Teils der russischen Ostseeflotte) noch immer in<br />
einem Sperrgebiet <strong>und</strong> ist für Ausländer ohne Sondererlaubnis nicht zu<br />
erreichen.<br />
Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der Entwicklung des Fährkomplexes als eine<br />
Unabhängigkeitsgarantie der Kaliningrader Exklave. Seit Jahr 2002 verbindet die<br />
Passagierfähre „Georg Otts“ den Hafen Baltijsk mit St. Petersburg <strong>und</strong> gibt den<br />
Bewohnern des Kaliningrader Gebiets die Möglichkeit, das „Große Russland“<br />
ohne komplizierten Grenzformalitäten zu erreichen.<br />
In 2005 wurde eine Passagier-Cargo-Linie „Baltijsk – Klaipeda – Karlsh<strong>am</strong>n“<br />
eröffnet <strong>und</strong> im Juni 2006 eine Fährverbindung Baltijsk – Ust-Luga. Der<br />
Eisenbahnterminal wurde im Juli 2007 in Betrieb genommen. Die spezialisierte<br />
Fähre „Vilnijus“ verbindet Baltijsk mit dem Hafen Sassnitz. Der Betreiber ist die<br />
dänische Reederei „DFDS LISCO“, die in Kaliningrad schon seit einigen Jahren<br />
sehr aktiv ist <strong>und</strong> eine Vertretung „DFDS LISCO Kaliningrad“ hat.<br />
119
Der Hafen Baltjisk ist auch im Containerumschlag tätig. Die Nachfrage nach<br />
Containerumschlag wächst kontinuierlich <strong>und</strong> viele ausländische Containerlinien<br />
planen, Liniendienste mit Baltijsk zu errichten. Der Hafen Baltijsk ist direkt an<br />
die Ostsee angeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> kann d<strong>am</strong>it auch größere Schiffe abfertigen.<br />
Die wichtigsten Ziele des Hafenausbaus in Baltijsk sind:<br />
• Die Modernisierung des Eingangskanals,<br />
• Der Bau eines Container- <strong>und</strong> eines Stückgutterminals <strong>und</strong><br />
perspektivisch auch eines Ölterminals, sowie<br />
• der Bau neuer Lagehallen.<br />
Nach den Ausbau- <strong>und</strong> Modernisierungsmaßnahmen können die Schiffe bis zu 35<br />
t. dwt <strong>und</strong> einer Länge bis zu 200 m den Hafen anlaufen. Geplant ist ein<br />
Güterumschlag bis zu 7 Mio. t jährlich <strong>und</strong> ein Passagieraufkommen bis zu<br />
120.000 Menschen.<br />
Gr<strong>und</strong>daten der befragten Unternehmen<br />
Hafenverwaltung:<br />
“RosMorPort“, Filiale Kaliningrad<br />
(Ka1)<br />
„RosMorPort“ Kaliningrad ist eine staatliche Organisation <strong>und</strong> gleichzeitig eine<br />
Stevedoring Company im Hafen von Baltijsk. Im Zuständigkeitsbereich der<br />
„RosMorPort“ Kaliningrad befinden sich die Häfen Kaliningrad, Baltijsk,<br />
Pregolskij, Svetly <strong>und</strong> Volotschaevskoe.<br />
In Baltijsk betreibt „RosMorPort“ einen Fährterminal. Der Zuständigkeitsbereich<br />
der befragten Hafenverwaltung sind die Häfen in Kaliningrader Gebiet.<br />
„RosMorPort” ist an den folgenden Logistikprojekten beteiligt: „BalticSeaGate“,<br />
PortNet, Transitkoridor „East-West“ u. a.<br />
Nach Angaben des „RosMortPorts“ werden in Kaliningrad in erster Linie Rohöl<br />
<strong>und</strong> Ölerzeugnisse, Containerladung, Metall, Kohle <strong>und</strong> Koks, chemische<br />
Düngermittel umgeschlagen. Davon sind 90 Prozent Export-, 9 Prozent Import<br />
<strong>und</strong> 1 Prozent Kabotage 19 . R<strong>und</strong> 70 Prozent des Exports sind Öl <strong>und</strong><br />
19 Als Kabotage bezeichnet man das Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines<br />
Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen (bzw. das Recht, dies zu tun).<br />
120
Ölerzeugnisse. Der Anteil der importierten Container beträgt 39 Prozent. Das<br />
ges<strong>am</strong>te Containeraufkommen in Kaliningrad beträgt 8,2 Prozent des<br />
Ges<strong>am</strong>tumschlags. Durch eine Verbesserung der Hafenausrüstung <strong>und</strong><br />
Technologien kann der Kaliningraderumschlag erhöht werden, so die Befragten.<br />
Allerdings hängt die Entwicklung des Kaliningrader Hafens zu 95 Prozent von der<br />
ökonomischen Entwicklung des Kaliningrader Gebiets ab.<br />
Die Hafenverwaltung „RosMorPort“ investiert in die Modernisierung <strong>und</strong><br />
Vertiefung des Seekanals, in die Verbesserung der Sicherheitsbedingungen im<br />
Hafen, führt Marketingmaßnahmen durch <strong>und</strong> wirbt um private Investoren.<br />
Die wichtigsten Fahrgebiete sind für Kaliningrad:<br />
• Die deutschen Ostseehäfen Rostock, Sassnitz, Kiel. In diesen Häfen wird<br />
in den nächsten Jahren ein 15-prozentiger Zuwachs bei der<br />
transportierenden Ladung erwartet.<br />
• Die deutschen Nordseehäfen Bremerhaven, H<strong>am</strong>burg (Zuwachs um 20<br />
Prozent).<br />
• Die russischen Häfen St.-Petersburg, Ust-Luga (Zuwachs um 5<br />
Prozent).<br />
Hafenverwaltung,<br />
“RosMorPort“, Hafen Baltijsk<br />
(Ka4)<br />
„RosMortPort“ in Baltijsk ist eine staatliche Hafenverwaltung <strong>und</strong> gehört zu<br />
„RosMorPort“ Filiale Kaliningrad. Der Hafen in Baltijsk ist staatlich. Mit dem Bau<br />
wurde im Oktober 2003 begonnen.<br />
Geplant ist der Bau eines neuen Container-Hubs für die Schiffe bis zu 5.000 –<br />
6.000 TEU. Anschließend sollen die Container zu den Häfen in Polen,<br />
Deutschland <strong>und</strong> Russland weiter verteilt werden. Es sollen schon für dieses<br />
Projekt sowohl russische als auch ausländische Investoren geben, so die<br />
Befragten. Für den neuen Hafen in der Primorskaja Bucht wird ein 15m-langer<br />
Zufahrtskanal ausgebaggert. Allerdings gibt es Zweifeln, ob dieses Projekt je<br />
realisiert wird.<br />
121
Terminalbetreiber:<br />
„Baltic Stevedoring Company”, Baltijsk<br />
(Ka3)<br />
„Baltic Stevedoring Company” (BSC) Ltd ist der Betreiber des Containerterminals<br />
in Baltijsk. Der Terminal wurde im April 2006 in Betrieb genommen. Hier wird die<br />
Containerladung hauptsächlich aus Deutschland umgeschlagen, die<br />
ausschließlich für den regionalen Markt in der Oblast Kaliningrad bestimmt ist (u.<br />
a. Teile <strong>und</strong> Halbfabrikate für deutsche Unternehmen in der Oblast). Es gibt<br />
keine Konkurrenz zu den Umschlags- <strong>und</strong> Stauereigesellschaften in St.<br />
Petersburg (Novorossijsk 2008).<br />
Die JSC “Sea Port of Novorossijsk” ist der Eigner der Firma. Die ersten 50<br />
Prozent der „Baltic Stevedoring Company” wurden von den der JSC im Jahr 2006<br />
erworben <strong>und</strong> seit Januar 2008 ist Novorossijsk der 100-prozentiger Eigentümer<br />
der „Baltic Stevedoring Company”.<br />
Die BSC hat im Jahr 2007 60.800 TEU umgeschlagen, fast 50 Prozent mehr als<br />
im Jahr davor. Für das Jahr 2010 ist ein Containerumschlag in Höhe von 300.000<br />
TEU geplant.<br />
An den drei Liegeplätzen mit einer Ges<strong>am</strong>tlänge von 600 m finden außer<br />
Container- auch Holz- <strong>und</strong> Autoumschlag statt.<br />
Der max. Tiefgang der Schiffe ist 9,4 m <strong>und</strong> die max. Länge 200 m.<br />
Schiffsagent:<br />
“RechDan Company”, Kaliningrad<br />
(Ka2)<br />
Die offene Gesellschaft mit beschränkter Haftung „RechDan Company“ wurde<br />
1991 als joint venture zwischen der russischen „Western River Shipping<br />
Company“ <strong>und</strong> der dänischen „Viking Tr<strong>am</strong>ping“ gegründet. Das Unternehmen<br />
beschäftigt 80 Mitarbeiter. Neben dem Containerservice ist „RechDan Company“<br />
als internationaler LKW-Spediteur <strong>und</strong> als Schiffsagent tätig.<br />
Die Firma arbeitet mit Maersk Line, MSC, APL, H<strong>am</strong>burg Sud <strong>und</strong> anderen<br />
großen Linien zus<strong>am</strong>men. 2001 hat „RechDan“ seine ges<strong>am</strong>te Flotte verkauft<br />
<strong>und</strong> wurde zu einer GmbH.<br />
122
Alle Containerterminals in Kaliningrad zus<strong>am</strong>men machten einen Umschlag in<br />
2007 von 236.000 TEU. Davon hatte bewegte „RechDan“ als Agent nach eigenen<br />
Angaben ca. 80.000 TEU, also knapp 30 Prozent.<br />
”TBL-Logistica”, Kaliningrad<br />
(Ka5)<br />
TBL-Logistica (TBL) ist ein privates Unternehmen (Ltd) <strong>und</strong> hat fünf gecharterte<br />
Containerschiffe mit einer durchschnittlichen Kapazität von 500-600 TEU bis<br />
max. 1.000 TEU.<br />
Die Firma ist ein Schiffsagent für „TransBaltica Line“ (gehört zu „Mann Lines“,<br />
UK). Mann Lines <strong>und</strong> seine Schwesterunternehmen innerhalb der in Privatbesitz<br />
befindlichen Mann Group, bieten Liniendienste im Container- <strong>und</strong> RoRo-Bereich,<br />
Schifffahrtsagenturen, Stauerei, Kühl- <strong>und</strong> Trockenlagerhäuser, Spedition sowie<br />
gekühlte <strong>und</strong> trockene Transporte europaweit an. Mann Lines betreibt als<br />
Managing Agent den ContainerFeeder-Dienst der Trans-Baltica Container Line<br />
(TBL) zwischen Rotterd<strong>am</strong>, H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven, Gdingen, Riga, St.<br />
Petersburg <strong>und</strong> Kaliningrad.<br />
TBL befördert Feeder-Container nach Kaliningrad für die meisten großen<br />
Übersee- Reedereien. Außerdem bietet TBL dem Markt Short-Sea-Verbindungen<br />
von Deutschland, Polen, Benelux <strong>und</strong> der Schweiz nach Kaliningrad <strong>und</strong> St.<br />
Petersburg sowie Containertransporte von Kaliningrad nach St. Petersburg.<br />
Die wichtigsten Häfen sind für TBL H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven. H<strong>am</strong>burg,<br />
Bremerhaven <strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong> werden jeweils einmal wöchentlich <strong>und</strong> St.-<br />
Petersburg zweimal in der Woche angelaufen.<br />
Ein großer Teil der Ladung im Hafen Kaliningrad kommt aus Asien <strong>und</strong> ist für die<br />
produzierenden ausländischen Firmen im Kaliningrader Gebiet bestimmt.<br />
Deshalb hängt auch die Ladungsmenge von dem Produktionsvolumen bzw. –<br />
bedarf dieser Unternehmen ab. Auch viele Baumaterialien werden per Container<br />
nach Kaliningrad gebracht.<br />
80 Prozent der Containerladung ist für das Kaliningrader Gebiet bestimmt. Die<br />
Container verlassen den Kaliningrader Hafen meistens leer. Ein geringer Teil, der<br />
allerdings nicht für den Export bestimmt ist, wird z. B. mit Papier beladen (für<br />
St. Petersburg).<br />
123
Der Hafen Kaliningrad (alle Terminals) haben 2007 236.000 TEU umgeschlagen,<br />
davon TBL nach eigenen Angaben ca. 150.000 TEU, also knapp zwei Drittel.<br />
Die „TBL-Logistica“ arbeitet mit CMA-CGM, MSC, COSCO, APL, H<strong>am</strong>burg Süd,<br />
ZIM, Hapag Lloyd, China Shipping <strong>und</strong> den anderen großen Containerlinien<br />
zus<strong>am</strong>men. Als Agent der Feederlinie „Trans Baltica Line“ bietet TBL folgenden<br />
regelmäßigen Service an:<br />
• H<strong>am</strong>burg/Bremerhaven – Kaliningrad;<br />
• Rotterd<strong>am</strong> – Kaliningrad;<br />
• St. Petersburg – Kaliningrad;<br />
• Riga – Kaliningrad;<br />
• Gdingen – Kaliningrad <strong>und</strong><br />
• Rauma – Kaliningrad (über St. Petersburg).<br />
Ergebnisse der Expertengespräche<br />
Zur Konkurrenzsituation Straße/Schiene/Seeverkehre<br />
Hafenverwaltung (Ka1, Ka4)<br />
Die wichtigsten Verkehrsträger für die Kaliningrader Hafenwirtschaft waren im<br />
Jahr 2008 die Schiene <strong>und</strong> die Seeverkehre. Nach Meinung der Experten werden<br />
diese Verkehrsträger bis 2015 beim Transport der Containerladung von<br />
Russland/Baltischen Ländern Richtung Westen <strong>und</strong> umgekehrt immer<br />
bedeutender sein. Die Strasse wird dagegen ihre Bedeutung verlieren.<br />
Im Januar 2008 wurde ein Versuch gemacht, mit einem Test-Güterzug Container<br />
von Peking nach H<strong>am</strong>burg zu befördern. Die Route führte von der chinesischen<br />
Hauptstadt über die Mongolei, Russland, Weißrussland <strong>und</strong> Polen. Dieser Zug<br />
musste fünf Staaten überqueren <strong>und</strong> es gab deshalb zahlreiche Zollprobleme.<br />
Unterwegs wurden wegen unterschiedlicher Spurweiten Lokomotiven <strong>und</strong> die<br />
Drehgestelle der Waggons gewechselt. Sechs Bahngesellschaften waren an dem<br />
Test beteiligt. Das war leider eine einmalige Aktion. Diese Verbindung wurde<br />
eingestellt.<br />
124
Schiffagenten (Ka2, Ka5)<br />
Obwohl es erhebliche Restriktionen an der Grenze gibt (die LKWs müssen an der<br />
Grenze zu Polen oft 2 – 3 Tage warten), ist der LKW-Transport immer noch<br />
schneller als der Eisenbahntransport. Allerdings wird sich die Eisenbahn in<br />
Zukunft besser entwickeln.<br />
Heute (Stand: September 2008) finden in Kaliningrad r<strong>und</strong> 95 Prozent Feeder-<br />
Verkehre <strong>und</strong> nur 5 Prozent Short-Sea-Shipping (SSS) statt. In Zukunft ist der<br />
Ausbau von SSS auf 20 Prozent geplant.<br />
Kaliningrad bekommt auch viel Ladung aus Polen, allerdings alles per LKW.<br />
Allgemein wird die meiste Ladung per LKW von Kaliningrad nach Russland<br />
gebracht. Die Transporte per Bahn sind eher selten. Das Eisenbahnprojekt<br />
„Mercury” hat sich nicht gelohnt. 2007 wurden 4.000 TEU transportiert <strong>und</strong><br />
danach wurde das eingestellt (es gab nicht genügend Ladung, die per Bahn<br />
transportiert werden konnte). Für den Schiffsagenten TBL-Logistika (TBL) sind<br />
nur LKW-Transporte von Bedeutung, da das Unternehmen einen eigenen<br />
Fuhrpark besitzt.<br />
Zur Größenentwicklung der Containerschiffe<br />
Hafenverwaltung (Ka1, Ka4)<br />
Die durchschnittliche Größe die Feederschiffe liegt momentan noch bei 700 TEU.<br />
Bis zum Jahr 2015 werden die Feederschiffe über 1.000 TEU groß sein, so die<br />
Befragten.<br />
Die großen Containerschiffe mit einer Kapazität über 10.000 TEU werden den<br />
Hafen Kaliningrad nicht anlaufen.<br />
Schiffagenten (Ka2, Ka5)<br />
Die Containerschiffe über 10.000 TEU spielen für die TBL-Logistika <strong>und</strong> für den<br />
Hafen Kaliningrad keine Rolle. Wenn, dann wird hauptsächlich St. Petersburg <strong>und</strong><br />
eventuell Klaipeda von dieser Entwicklung profitieren.<br />
Zur Kooperationen <strong>und</strong> Wettbewerb<br />
Hafenverwaltung (Ka1, Ka4)<br />
125
Der wichtigste deutsche Hafen ist für Kaliningrad der Hafen H<strong>am</strong>burg. Die<br />
Kooperation zwischen dem Hafen Kaliningrad <strong>und</strong> den deutschen Nordseehäfen<br />
H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven findet in den folgenden Geschäftsfeldern statt:<br />
• Im Bereich der Containertransporte,<br />
• Beim Erlernen der Transportorganisation/Logistik sowie der<br />
Umschlagstechnologien,<br />
• Beim Erfahrungsaustausch mit Experten aus dem Bereich der<br />
Zus<strong>am</strong>menarbeit mit den staatlichen Organisationen.<br />
Allerdings sind die holländischen <strong>und</strong> belgischen Häfen Rotterd<strong>am</strong>, Antwerpen<br />
etc. in Bezug auf die Umschlagmenge wichtiger für die Hafenkooperation als die<br />
deutschen Nordseehäfen.<br />
Auch die deutschen Osthäfen Lübeck, Sassnitz, Rostock sich für die befragten<br />
Experten von Bedeutung.<br />
Kaliningrad arbeitet mit den polnischen Häfen Elbing, Gdingen <strong>und</strong> Danzig, mit<br />
den baltischen Häfen in Riga <strong>und</strong> Klaipeda <strong>und</strong> mit den russischen in St.<br />
Petersburg <strong>und</strong> in Ust-Luga zus<strong>am</strong>men.<br />
Die Befragten sehen in Kaliningrad folgende Wettbewerbsvorteile:<br />
• Der Hafen befindet sich an der Grenze zwischen dem Ost-West-Korridor,<br />
• Er ist der russische Hafen mit der größten Nähe zu Mittel-/Westeuropa,<br />
• Kaliningrad ist der einzige eisfreie russische Hafen an der Ostsee <strong>und</strong><br />
befindet sich außerdem in der Sonderwirtschaftszone, die sich gut<br />
entwickelt.<br />
Es gibt auch Wettbewerbsnachteile, wie:<br />
• Eine unzureichende Kanaltiefe,<br />
• Technisch <strong>und</strong> technologisch veraltete Ausrüstung,<br />
• Zwei Staatsgrenzen zwischen der Enklave Oblast Kaliningrad <strong>und</strong> dem<br />
„Mainland“ Russland.<br />
Auf der regionalen Ebene <strong>und</strong> im Nordseeraum hat der Hafen Kaliningrad keine<br />
Konkurrenten. Die Häfen in St. Petersburg <strong>und</strong> der Hafen in Ust-Luga werden als<br />
126
Wettbewerber auf der nationalen Ebene betrachtet. Im Ostseeraum konkurriert<br />
der Kaliningrader Hafen mit Klaipeda, Riga, Tallinn <strong>und</strong> Ventspils.<br />
Terminalbetreiber (Ka3)<br />
Realistisch gesehen wird der Hafen Kaliningrad auch zukünftig kaum mit<br />
baltischen Häfen <strong>und</strong> mit St. Petersburg aufgr<strong>und</strong> der geringeren Kanaltiefe,<br />
mangelnder technischen Ausrüstung <strong>und</strong> der Entfernung zu Russland<br />
konkurrieren können.<br />
Probleme bei der Konkurrenz zu Baltischen Häfen sind<br />
• Die hohen Transitkosten,<br />
• Kein Importcontainer hat das Kaliningrader Gebiet verlassen - die sind<br />
ausschließlich für die Versorgung des Gebiets bestimmt.<br />
Die Häfen Ust-Luga <strong>und</strong> St. Petersburg, aber auch Klaipeda ziehen die Ladung<br />
der Oblast Kaliningrad ab.<br />
Schiffagenten (Ka2, Ka5)<br />
Vorteil Kaliningrads ist die seit 2006 für 25 Jahre (bis 2031) eingerichtete<br />
Sonderwirtschaftszone (keine Steuern auf den Gewinn, keine MwSt. für<br />
Investoren). Insofern haben einige westliche Firmen (so z. B. BMW, S<strong>am</strong>sung)<br />
Fabriken errichtet – die Fertigprodukte gehen nach Russland. Die<br />
Halbfertigwaren dafür werden meistens per See eingeführt. Allerdings besteht<br />
dann ein zusätzliches Risiko, dass bei politischen Spannungen die Waren aus<br />
Kaliningrad von den litauischen Zöllnern unter fadenscheinigen Gründen<br />
zurückgewiesen werden.<br />
Aber: Es besteht eine enorme Konkurrenz zum Hafen in Klaipeda, der flexibler<br />
<strong>und</strong> moderner ist. Viele Firmen im nördlichen Teil des Kaliningrader Gebiets, das<br />
ungefähr so groß ist wie Schleswig-Holstein <strong>und</strong> r<strong>und</strong> ein Drittel des früheren<br />
Ostpreußens umfasst, lassen ihre Waren über Klaipeda einführen. Zitat:<br />
„Klaipeda wird in jedem Konkurrenzk<strong>am</strong>pf gewinnen“. Ein Teil der Ladung, die<br />
für die Kaliningrader Unternehmen bestimmt ist, geht nach Klaipeda <strong>und</strong> wird<br />
anschließend per LKW in das Kaliningrader Gebiet gebracht (Stichwort: bessere<br />
Straßenanbindungen). Es gibt aber keine Konkurrenz im Bereich der<br />
127
Transitladung (Klaipeda ist ein Transithafen für Weißrussland). Die<br />
Containerladung aus Klaipeda geht auch nach Kazakhstan <strong>und</strong> Uzbekistan.<br />
Der Kaliningrader Markt ist nicht zu vergleichen mit dem in St. Petersburg <strong>und</strong><br />
Klaipeda. Es gibt zu viele (zwei) Grenzübergänge von Kaliningrad bis nach<br />
Russland. Die ganze Ladung aus dem Hafen St. Petersburg ist für das ges<strong>am</strong>te<br />
Russland bestimmt, <strong>und</strong> in Kaliningrad nur für die Region. Außerdem sind in der<br />
Region St. Petersburg viele Auto-OEMs angesiedelt. Aus Kaliningrad sind<br />
dagegen schon einige ausländische Unternehmen weggegangen (z. B.<br />
S<strong>am</strong>sung).<br />
Der Umschlag in Kaliningrad hängt sehr stark von der hier in der Oblast<br />
ansässigen Industrie ab. Alles, was hier produziert wird, geht zwar nach Moskau,<br />
aber nur per LKW oder per Eisenbahn. Sehr selten (z. B. in der Weihnachtszeit)<br />
per Schiff nach St. Petersburg <strong>und</strong> dann weiter per Bahn oder Lkw nach Moskau.<br />
Die Befragten meinen, dass „Kaliningrad nur mit politischer Hilfe überleben kann<br />
– rein ökonomisch macht das Ganze keinen Sinn“.<br />
Die Nachteile des Hafens Kaliningrad im Vergleich zu den konkurrierenden Häfen<br />
sind vor allem die Kanallänge von 42 km <strong>und</strong> die Tiefe von nur 8 m. Der<br />
geplante Kanalausbau auf 16 m Tiefe hängt von der Notwendigkeit ab: Wenn die<br />
große Schiffe den Hafen anlaufen werden, dann wird es vertieft. Das wird die<br />
Regierung des Kaliningrader Gebiets entscheiden.<br />
Ein Vorteil des Kaliningrads ist die Lage: Der Hafen ist ein Stadt-Hafen (dies ist<br />
aber ein Nachteil für die Einwohner) – kurze Wege für die K<strong>und</strong>en zum Hafen,<br />
allerdings begrenzte Ausbaumöglichkeiten.<br />
Investitionen/Zukunftsaussichten<br />
Hafenverwaltung (Ka1, Ka4)<br />
Im Hafen wurden in den letzten Jahren viele Investitionen getätigt. In Zukunft<br />
ist unter anderem geplant, einen Containerterminal im Kaliningrader<br />
Fischereihafen zu errichten. Hier sind aber die Besitzverhältnisse noch unklar.<br />
Bis 2015 werden zwei neue Eisenbahnstrecken von Baltijsk nach Kaliningrad <strong>und</strong><br />
eine Autobahnanbindung gebaut.<br />
128
Im Punkt „Vostochniy“ bei Baltijsk soll ein neuer Containerterminal gebaut<br />
werden. Vostochniy ist strategisch sehr wichtig für Baltijsk. Der Bau des<br />
Terminals wird sich <strong>am</strong> Beispiel des Hafens H<strong>am</strong>ina orientieren. Das russische<br />
Militär war <strong>am</strong> Anfang gegen den Bau. Momentan (2008) stehen 50 ha Land für<br />
die Bauarbeiten zur Verfügung. Insges<strong>am</strong>t wird die Hafenfläche 200 ha sein.<br />
Sobald eine kritische Masse an der Ladung da ist, kann es mit dem Bau beginnen<br />
Allerdings ist die Eisenbahnverbindung nach Kaliningrad zurzeit noch einspurig.<br />
Auch eine Autobahn gibt es noch nicht, nur eine normale Landstrasse.<br />
Terminalbetreiber (Ka3)<br />
Vorschlag vom d<strong>am</strong>aligen russischen Präsidenten <strong>und</strong> heutigen<br />
Ministerpräsidenten Putin: in Kaliningrad (Baltijsk) soll ein Containerterminal<br />
gebaut werden. Ende 2008 soll entschieden werden, an welchem Standort<br />
(Punkt „Vostochniy“ oder an der Grenze zu Polen) das Terminal entsteht.<br />
Insges<strong>am</strong>t wird geplant, die Umschlagskapazitäten in Kaliningrad auf 6 Mio. TEU<br />
auszubauen. Dieses Vorhaben erscheint aber den Verfassern unrealistisch.<br />
Nach der Inbetriebnahme dieses Terminals könnte Kaliningrad als Hafen seine<br />
Bedeutung verlieren. „Vostochniy“ ist fast direkt ans Meer angeb<strong>und</strong>en, nach<br />
Kaliningrad müssen die Schiffe durch einen 42 km-langen Kanal. Dieser Kanal ist<br />
einseitig <strong>und</strong> wird zweimal pro Tag für das Schiffsverkehr geschlossen. Die<br />
Schiffe nach Kaliningrad müssen sehr lange warten, bis sich eine<br />
„Schiffskarawane“ gebildet hat. Nur wenn eine entsprechende Anzahl der Schiffe<br />
gebildet hat, wird der Kanal frei gegeben. Außerdem können die Schiffe schon ab<br />
der mäßigen Windstärke 12 m/s (5 Beaufort) nicht durch den Kanal fahren.<br />
Schiffsagenten (Ka2, Ka5)<br />
Zu den Ausbauplänen im Häfen von Baltijsk:<br />
• In Baltijsk (Pillau) sollen die Umschlagskapazitäten von 2006 bis 2009<br />
auf 300.000 TEU vergrößert werden. Der Eigner vom Hafen Baltijsk ist<br />
die JSC “Sea Port of Novorossijsk” (Schwarzes Meer).<br />
• Im Port Vostotschiy/Stadthafen soll bis 2014 ein Containerterminal mit<br />
einer Kapazität von 1 Mio. TEU entstehen. Dabei soll der Kanal von jetzt<br />
129
8,5 m Tiefe auf 16 Meter Tiefe ausgebaggert werden (auf ca. 42 km<br />
Länge).<br />
Derzeit beträgt die Tiefe r<strong>und</strong> 9,0 – 10,5 Meter/50-80 m Breite. Nominal können<br />
Schiffe mit 830 TEU in den Stadthafen fahren (aber tatsächlich jetzt 980 TEU).<br />
Die Hemmnisse für Kaliningrad sind:<br />
• Die geringe Wassertiefe <strong>und</strong> –breite des Kanals.<br />
• Die veralteten technischen Anlagen.<br />
• Der Hafen ist weit weg von den russischen Zentren.<br />
• Zu wenige Fachkräfte bei ca. 1 Mio. Einwohner. Fachkräfte werden jetzt<br />
aus der Ukraine, aus Weißrussland <strong>und</strong> aus Zentralasien angeworben –<br />
besonders im Baubereich.<br />
• Kaliningrad ist kein Transhipment Hafen, kein Hub für das russische<br />
Hinterland.<br />
Die Container werden momentan (Stand: 2008) auf den Liegeplätzen von<br />
„Kaliningrad Sea Commercial Port“, im Fischereihafen <strong>und</strong> in Baltijsk<br />
umgeschlagen. Es gibt aber schon Pläne für den Bau eines neuen<br />
Containerterminals mit einer Kapazität von 500.000 TEU in Svetliy (wie<br />
Vostotschiy ebenfalls bei Baltijsk gelegen). In zwei Jahren wird die<br />
Containerladung dorthin gehen <strong>und</strong> nicht nach Kaliningrad (hier ist der Hafen im<br />
Stadtzentrum gemeint). Das neue Terminal wird komplett neu ausgerüstet,<br />
Kräne, Brücken usw. Es gibt auch schon eine Eisenbahn- <strong>und</strong><br />
Autobahnanbindung.<br />
Dass die Kapazitäten des Hafens Kaliningrad auf 6 Mio. TEU ausgebaut werden<br />
können, hält die befragte TBL für unrealistisch <strong>und</strong> die Verfasser auch. Die<br />
Befürchtung dabei: „Nimmt man alle Ausbaupläne für den Ostseeraum<br />
zus<strong>am</strong>men, könnte es Überkapazitäten geben. Der klügste Terminalbetreiber ist<br />
dann der, der seinen Terminal Stufe für Stufe ausbaut <strong>und</strong> nach jeder Stufe<br />
schaut, ob sich die nächste Stufe noch lohnt“.<br />
Zum Einfluss von Wilhelmshaven (JadeWeserPort)<br />
Derzeit beträgt der Anteil der Feederverkehre von Kaliningrad Richtung<br />
Nordseehäfen 65 Prozent. Ob sich dieser Anteil nach der Inbetriebnahme des<br />
JadeWeserPorts verändern wird, hängt von der Wettbewerbsfähigkeit dieses<br />
130
Hafens <strong>und</strong> von Interesse der großen Linien an diesem Hafen ab. Allerdings<br />
hoffen die Befragten, dass der Anteil der Feederverkehre in Kaliningrad dadurch<br />
steigen wird.<br />
Fazit zu den Häfen in der Oblast Kaliningrad<br />
(Stadt Kaliningrad <strong>und</strong> Baltijsk)<br />
Die Häfen in der Oblast Kaliningrad sind keine Transhipment Häfen, sondern fast<br />
ausschließlich für den Bedarf in der Oblast bestimmt. Hierin liegt die Chance,<br />
aber zugleich auch die Beschränkung:<br />
Chance deshalb, weil durch die Einrichtung einer Sonderwirtschaftszone im Jahre<br />
2006 insbesondere westliche Firmen Montagebetriebe aufgebaut haben, um<br />
dann die Fertigprodukte weiter in das Mainland Russland zu transportieren. Je<br />
größer die Zahl dieser Unternehmen wird, desto mehr können Halbfertigwaren<br />
(meistens per See) eingeführt werden.<br />
Die Beschränkung der Häfen in der Oblast Kaliningrad liegt in ihrer geografischen<br />
Lage als russische Enklave, in der enormen Konkurrenz ihrer unmittelbaren<br />
Nachbarn (östlich Klaipeda, westlich Danzig <strong>und</strong> Gdingen) <strong>und</strong> ihren veralteten<br />
technischen Anlagen sowie der geringen Wassertiefe <strong>und</strong> –breite des Kanals (gilt<br />
für den Stadthafen Kaliningrad).<br />
Dass die Kapazitäten der Häfen in der Oblast Kaliningrad auf 6 Mio. TEU<br />
ausgebaut werden können, halten die Verfasser für unrealistisch.<br />
Denn – um mit einem Zitat eines Interviewpartners zu schließen – „kann<br />
Kaliningrad nur mit politischer Hilfe überleben – rein ökonomisch macht das<br />
Ganze keinen Sinn“.<br />
131
4.4 Polen<br />
Polen mit ca. 38 Mio. Einwohnern <strong>und</strong> einem Aufkommen von ca. 1,2 Mio. TEU<br />
Containern in 2007 hat drei große Seehäfen: Stettin (einschließlich<br />
Swinemünde), Danzig <strong>und</strong> Gdingen. Gdingen ist dabei der weitaus bedeutendste<br />
Hafen.<br />
Der Container Umschlag in 2007 war wie folgt verteilt (Tabelle 4-6):<br />
Tabelle 4-6:<br />
Containerumschlag der polnischen Häfen 2006-2007 in TEU<br />
Hafen 2006 2007<br />
Gdingen 461.200 614.000<br />
Danzig 78.400 96.900<br />
Stettin einschl. Swinemünde 42.200 56.300<br />
Ges<strong>am</strong>t 581.800 767.600<br />
Quelle: Bfai, 27.3.2008<br />
Somit sind in den polnischen Häfen in 2007 knapp ein Drittel mehr Container<br />
umgeschlagen worden als im Jahr 2006. Diese erheblichen Steigerungen sind vor<br />
allem auf den Beitritt Polens zur EU <strong>am</strong> 1.5.2004 zurückzuführen.<br />
D<strong>am</strong>it erzielten sie deutlich größere Zuwächse als andere Ostseehäfen. Im<br />
Durchschnitt nahm der Container-Umschlag im ges<strong>am</strong>ten Ostseeraum „nur“ um<br />
9,2 Prozent zu. Insofern stieg der Anteil Polens daran von 9,0 Prozent in 2006<br />
auf 10,2 Prozent in 2007. Führend ist die Russische Föderation mit dem größten<br />
Ostseehafen St. Petersburg vor Schweden <strong>und</strong> Finnland; Polen belegt den<br />
vierten Platz.<br />
Die polnischen Häfen sind eisfrei - der nördlichste eisfreie Hafen in der östlichen<br />
Ostsee ist Ventspils in Lettland.<br />
Die polnischen Ostseehäfen wollen ihre Kapazitäten beim Containerumschlag von<br />
derzeit 1,7 Mio. TEU (Ende 2007) auf über 8 Mio. TEU bis 2012 aufstocken.<br />
Insges<strong>am</strong>t sind bis 2012 r<strong>und</strong> 400 Mio. EURO an Investitionen geplant. Der<br />
132
Ausbau der Containerhäfen in Gdingen <strong>und</strong> Danzig kosten je über 200 Mio. Zloty<br />
(ca. 50 Mio. Euro).<br />
Trotz steigender Containerzahlen sank 2007 die bei den polnischen Häfen<br />
umgeschlagene Gütermenge um 0,6 Prozent. Das ist auf geringere Exporte von<br />
Kohle <strong>und</strong> Brennstoffen aus Polen zurückzuführen.<br />
Um die geplanten Gütermengen zu bewältigen, muss Polen auch riesige Summen<br />
in den Ausbau der Hinterland-Infrastruktur stecken (Straße, aber auch<br />
Schienenverkehr). Mit dem Ausbau der Kwiatkowski-Trasse in Gdingen allein ist<br />
es nicht getan. Autobahnen <strong>und</strong> Schienen müssen neu gebaut bzw. modernisiert<br />
werden, wobei die Transportwege in Nord-Süd-Richtung für Intermodalverkehre<br />
besonders wichtig sind. Bis heute müssen Lkw über teilweise dicht besiedeltes<br />
Gebiet fahren, um zu den Häfen Danzig <strong>und</strong> Gdingen zu gelangen.<br />
Insges<strong>am</strong>t – <strong>und</strong> insbesondere durch den Ausbau der Häfen in Danzig in<br />
2007/2008 – erhoffen sich die polnischen Häfen, dass in Zukunft direkte<br />
Linienverkehre (Post-Pan<strong>am</strong>ax, bis zu 5.000 TEU) Danzig anlaufen werden.<br />
D<strong>am</strong>it würden – so die Überlegungen - die Feederverkehre von H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong><br />
Bremerhaven zum Teil entfallen <strong>und</strong> darüber hinaus der bisherige Transport der<br />
Container von <strong>und</strong> nach West- <strong>und</strong> Südwestpolen nach H<strong>am</strong>burg/Bremerhaven<br />
in die polnischen Häfen umgeleitet werden.<br />
4.4.1 Gdingen<br />
Vor 1920 war Gdingen nur ein kleiner Fischerort. Von 1920 bis zum Ausbruch<br />
des Zweiten Weltkrieges wurde dieses Dorf zum polnischen Seehafen ausgebaut,<br />
obwohl auch die nach 1920 unter Völkerb<strong>und</strong>smandat gestellte Stadt Danzig<br />
Hafenumschlagsort für die polnische Republik wurde. Dieser Ausbau Gdingens<br />
setzte sich verstärkt nach 1945 fort, trotz der nun vorhandenen Konkurrenz der<br />
ehemals deutschen/internationalen Seehäfen Stettin, Swinemünde <strong>und</strong> Danzig.<br />
Von allen polnischen Häfen vergrößerte lediglich Gdingen im Jahre 2007 seinen<br />
Güterumschlag. Dort wurden 33,2 Prozent mehr Container angeliefert. Dieser<br />
Hafen will bis Ende 2010 mehrere 100 Mio. PLN investieren, um<br />
• einen modernen Fährenterminal zu schaffen, in dem mehr LKW<br />
verfrachtet werden können,<br />
133
• den Ro-Ro-Terminal auszubauen,<br />
• die Infrastruktur für das Logistik-Zentrum bereitzustellen,<br />
• den Hafenkanal auszubauen sowie<br />
• einen weiteren Uferabschnitt zu bewirtschaften.<br />
Die Gdinger Häfen (ähnlich wie die anderen polnischen Häfen) sind derzeit noch<br />
typische Feederhäfen: 80 Prozent der dort gelöschten <strong>und</strong> verladenen Güter<br />
betreffen derzeit noch die Kurzstreckenseeverkehre.<br />
Der Hafen von Gdingen ist eisfrei <strong>und</strong> durch eine 2,5 km lange Mole geschützt.<br />
Die Kais haben eine Ges<strong>am</strong>tlänge von 17.700 m mit r<strong>und</strong> 11.000 m Länge für<br />
Hafennutzung (das andere ist die Werft). Die Fläche des Hafens beträgt<br />
insges<strong>am</strong>t 755,4 ha einschließlich 492,6 ha Landfläche.<br />
Der Hauptzugang zum Hafen ist 150 m breit <strong>und</strong> hat eine Tiefe von 14,0 m.<br />
Hauptsächlich werden in Gdingen Container umgeschlagen. Daneben (allerdings<br />
in kleineren Mengen) noch Kohle, Erz, Öl, Getreide, Holz. Es gibt auch noch<br />
einen kleinen Fähr/Kreuzfahrtterminal.<br />
Investitionsprojekte sind<br />
• Fährterminal mit Straßen-/Eisenbahnanbindung;<br />
• Modernisierung des Hafenkanal <strong>und</strong> so Zugang zu Bassins III <strong>und</strong> IV<br />
sowie Helskie II Quays;<br />
• Bau der Infrastruktur eines Logistikzentrums für den Hafen;<br />
• Bau der Infrastruktur für RoRo Dienste (mit Straßen-<br />
/Eisenbahnanbindung);<br />
• Durch das voraussichtliche Aus der Gdinger Werft mit dem riesigen<br />
Gelände im Hafenbereich (Mitte 2009) werden ca. 7/8 der Fläche der<br />
Werft für die Nutzung als Handelshafen frei (der Rest wird dann<br />
möglicherweise Standort für eine kleinere Werft).<br />
In 2007 hatten die beiden Gdinger Container Terminals insges<strong>am</strong>t einen Umsatz<br />
von 614.373 TEU (im Vergleich zu den beiden Danziger Container-Terminals:<br />
96.900 TEU) – im Jahre 2000 waren es nur 188.272 TEU gewesen.<br />
134
Die Gdinger Port Authority ist noch Besitzer von zwei weiteren Terminals: Bulk<br />
<strong>und</strong> General Cargo. Der letztere wird umgewandelt in ein Ro-Ro-Terminal.<br />
Die polnischen Port Authorities sind verantwortlich für die Hafenbecken <strong>und</strong> die<br />
Kai- <strong>und</strong> Stellflächen (aber nicht für deren Ausrüstung).<br />
Die Port Authorities in Polen gehören zu 99,5 Prozent der Regierung in Warschau<br />
(Schatzministerium), der Rest gehört den jeweiligen Städten. Dennoch haben die<br />
Städte einen erheblichen Einfluss, sie stellen im Fall von Gdingen 4 von 9<br />
Mitgliedern des Aufsichtsrates, davon den Vorsitzenden. Die Aufgabe der Port<br />
Authorities ist nach Ansicht der Regierung, dass sie Geld verdienen sollen. Sie<br />
bekommen keine Mittel aus Warschau, d. h. sie müssen ihr Geld durch Gebühren<br />
selbst erwirtschaften.<br />
Es gibt also auch keine Zus<strong>am</strong>menarbeit mit Danzig. Hier herrscht die blanke<br />
Konkurrenz. In ein paar Jahren wird Danzig mit Gdingen gleichziehen,<br />
wohlmöglich überholen. Das liegt ausschließlich <strong>am</strong> DCT, der alle Vorteile auf<br />
seiner Seite hat (tiefes Wasser, räumliche Expansionsmöglichkeiten, niedrigere<br />
Preise, guter Service).<br />
Die Gdinger Port Authority bestätigt, dass Gdingen kein Transhipment Hafen ist:<br />
Mit Russland <strong>und</strong> Weißrussland überhaupt nicht - hier agieren die Häfen in<br />
Klaipeda, Riga <strong>und</strong> St. Petersburg, aber auch nicht mit der Slowakei, die handeln<br />
mit der Nordrange.<br />
In Gdingen gibt es zwei Container-Terminal-Betreiber:<br />
GCT (Gdynia Container Terminal):<br />
Hutschinson Port Holding (HPH) hatte 2004/2005 die Werft “Wolny Obszar<br />
Gospodarczy S.A.“ gekauft <strong>und</strong> sie in ein technologisch fortgeschrittenes<br />
Containerterminal umgewandelt. GCT ist gelegen <strong>am</strong> Burgarskie Wharf, Basin<br />
VII. Hier werden hauptsächlich Feederverkehre zwischen Polen <strong>und</strong> der<br />
Nordrange abgewickelt. Im Gegensatz zum BCT ist der GCT Besitzer (<strong>und</strong> nicht<br />
nur Pächter) des Gr<strong>und</strong>stückes. Außerdem besitzt er ein Erweiterungsgr<strong>und</strong>stück<br />
gleich nebenan.<br />
135
Der GCT hat einen Marktanteil von 35 Prozent des Containerumschlags im<br />
ges<strong>am</strong>ten Gdinger Hafen.<br />
Feederdienste sind CMA CGM (H<strong>am</strong>burg-Gdingen-Klaipeda, 1 x Woche),<br />
MacAndrews/ESL (Gdingen-Felixstowe-Hull, 1 x Woche), Te<strong>am</strong> Lines<br />
(Bremerhaven-H<strong>am</strong>burg-Gdingen (2 x Woche), IMCL/BCL(Gdingen-Rotterd<strong>am</strong>,<br />
Gdingen-H<strong>am</strong>burg-Bremerhaven, 2 x Woche), M (Gdingen-Rotterd<strong>am</strong>-<br />
Kaliningrad (1 x Woche).<br />
Perspektivisch scheint die HPH sehr stark an Gdingen interessiert zu sein. Es<br />
kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie eines Tages die BCT übernimmt.<br />
BCT Gdynia (Baltic Container Terminal Gdynia):<br />
BCT hatte im Jahr 2007 einen Marktanteil <strong>am</strong> Containerumschlag für Polen von<br />
65 Prozent, <strong>und</strong> für den Gdinger Hafen von 80 Prozent.<br />
BCT hat eine derzeitige Kapazität von 750.000 TEU, <strong>und</strong> eine Ausbaukapazität<br />
(nicht flächenmäßig, aber hinsichtlich der technischen Ausstattung <strong>und</strong><br />
Organisationsverbesserungen) von 1,2 Mio. TEU.<br />
In 2007 schlug BCT 493.860 TEU um. Durch die EU Mitgliedschaft Polens wuchs<br />
der Containerumschlag erheblich, aber vor allem mit H<strong>am</strong>burg (der weitaus<br />
wichtigste Nordseehafen für BCT). Es wird aufgr<strong>und</strong> der Rezession für die Jahre<br />
2009-2010 ein Rückgang von 5-7 Prozent Umschlagsvolumen erwartet.<br />
Anfang 2000 wurde der BCT vom übrigen Gdinger Hafen abgetrennt <strong>und</strong><br />
privatisiert. Käufer war <strong>am</strong> 30.Mai 2003 die Gruppe ICTSI mit Sitz auf den<br />
Philippinen. Diese Gruppe betreibt weltweit andere Container Terminals. Gleich<br />
nach dem Kauf (der allerdings nicht das Gr<strong>und</strong>stück als solches umfasst, dass<br />
nur für 20 Jahre gepachtet ist) investierte ICTSI erhebliche Summen zur<br />
Verbesserung der technischen Ausstattung.<br />
136
BCT hat eine Fläche von 60 ha. Der Helskie I Kai hat eine Länge von 800 m <strong>und</strong><br />
eine Wassertiefe von 11,50 m. Die Eisenbahn umfasst drei parallele Gleise mit<br />
einer Länge von je 300 m, auf denen gleichzeitig 45 Waggons be- <strong>und</strong> entladen<br />
werden können. Es gibt 5 Eingangstore <strong>und</strong> 4 Ausgangstore für Lkws. Die<br />
Ges<strong>am</strong>tstellfläche umfasst Platz für bis zu 18.000 TEU, außerdem gibt es eine<br />
Stellfläche für bis zu 10.000 Pkw. Darüber hinaus gibt es noch zwei Lagerhallen<br />
(20.000 qm, 1.058 qm) <strong>und</strong> 400 Reefer plugs.<br />
ICTSI hatte einen Investitionsplan von 100 Mio. Dollar für die 20 Jahre der<br />
Pacht/Lizenz. Davon waren bis 2007 40 Mio. USD ausgegeben für:<br />
• drei STS Krone Ship-to Store Kräne,<br />
• zwei Post-Pan<strong>am</strong>ax Kräne,<br />
• acht RTG Kalmar Gantry Kräne,<br />
• zwei SMV Container trucks <strong>und</strong> ein reach stacker, etc.<br />
In 2007 wurde das neue IT System (Terminal Operations Systems TOS)<br />
installiert.<br />
Folgende Linien/Feeder laufen den BCT regelmäßig an:<br />
• MSC: Antwerpen, Bremerhaven, Klaipeda (2 x Woche).<br />
• APL: Bremerhaven, Klaipeda (1 x Woche).<br />
• Te<strong>am</strong> Lines: H<strong>am</strong>burg, Bremerhaven, Kaliningrad, Klaipeda (1-2 x<br />
Woche).<br />
• IMCL/BCL: Bremerhaven, H<strong>am</strong>burg, Klaipeda, Stettin, Rotterd<strong>am</strong>, Kotka<br />
(2-3 x Woche).<br />
• Mann Lines/Trans-Baltica Container Lines: Bremerhaven, Kaliningrad (1-<br />
2 x Monat).<br />
• UECC: Zeebrügge, H<strong>am</strong>burg, Klaipeda (1 x Woche), nur Autos.<br />
Der Service bei BCT war in 2007 nicht so gut, weil BCT übervoll war <strong>und</strong><br />
schlechte Qualität abgeliefert hat. So ist auch Maersk als eine von drei Linien <strong>am</strong><br />
1.12.2008 von BCT zu DCT in Danzig abgewandert.<br />
137
Transhipment spielt überhaupt keine Rolle (nur 5.000 TEU von r<strong>und</strong> 500.000<br />
TEU). Das heißt, dass BCT fast ausschließlich auf die polnische <strong>Wirtschaft</strong> (Im<strong>und</strong><br />
Export) angewiesen ist. Hauptzielgebiete sind Warschau, Kattowitz, daneben<br />
Breslau <strong>und</strong> Posen. Allerdings orientiert sich Westpolen mehr <strong>und</strong> mehr auf die<br />
Häfen in H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> auch Bremerhaven.<br />
In Zukunft wird die Bedeutung von Lkws konstant bleiben, die Bedeutung der<br />
Eisenbahn wird wachsen. Die Seeverkehre werden sich verringern. 85 Prozent<br />
der Container gehen über Lkw, aber die Bedeutung der Bahn wächst. Die Bahn<br />
offeriert mehr <strong>und</strong> mehr einen besseren Service zu guten Preisen.<br />
Derzeit ist die durchschnittliche Größe eines Feeders 800 TEU, zukünftig 1.000<br />
TEU <strong>und</strong> mehr.<br />
Wenn Wilhelmshaven ans Netz geht, wird der JadeWeserPort mit zur Nordrange<br />
gehören <strong>und</strong> insofern auch Feeder von <strong>und</strong> nach Westpolen transportieren<br />
lassen. Das ist nicht die entscheidende Konkurrenz. Denn immer noch sind<br />
Feeder billiger als Lkw <strong>und</strong> Bahn.<br />
Die wirkliche Konkurrenz für Gdingen liegt im Deep Water Port in Danzig (DCT),<br />
der erst im Herbst 2007 voll ans Netz gegangen ist. So ist Maersk als eine von<br />
drei Schifffahrtslinien <strong>am</strong> 1.12.2008 von BCT nach GCT umgezogen, was für BCT<br />
dr<strong>am</strong>atisch ist. Laut Ansicht von DCT war es ein Managementfehler seitens der<br />
BTC, dass Maersk gegangen ist: Sie haben Maersk zwei Monate warten lassen,<br />
bevor über neue Tarife, besserer Service etc. entschieden wurde. Ein Gr<strong>und</strong> für<br />
diese Haltung mag gewesen sein, dass BTC bis vor kurzem ein Monopolist<br />
gewesen ist.<br />
Prognose der Danziger Terminalbetreiber: BCT <strong>und</strong> Hutchinson<br />
(GdyniaContainerTerminal) werden zus<strong>am</strong>mengehen.<br />
138
DCT wird als einziger polnischer Containerterminal trotz der <strong>Wirtschaft</strong>skrise<br />
auch in 2009 wachsen. Da mehr <strong>und</strong> mehr auch größere Schiffe in die Ostsee<br />
kommen, werden die für Polen bestimmte Liniendienste DCT <strong>und</strong> nicht BCT<br />
anlaufen. Tiefe für BCT ist derzeit 11 m, wird in 2009 aber auf 12,70 ausgebaut.<br />
Insofern wird Gdingen nie der Zielhafen für große Containerschiffe werden<br />
können, die vermehrt in die Ostsee kommen werden – dafür aber Danzig.<br />
BCT fürchtet, dass der Eigentümer ICTSI in Zukunft keine Investitionen mehr<br />
tätigen wird (wegen der <strong>Wirtschaft</strong>skrise, aber auch wegen der wachsenden<br />
Bedeutung von DCT), sodass auch von daher BCT ins Hintertreffen gerät. Hinzu<br />
kommt, dass BCT flächenmäßig nicht weiter wachsen kann – es sei denn, sie<br />
bauen einen völlig neuen Terminal.<br />
Hinzu kommt, dass der Gdynia Container Terminal (gehört Hutchinson) als<br />
Konkurrent für den BCT Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden von einer Gdinger Werft gekauft<br />
(einschließlich Erweiterungsflächen) hat <strong>und</strong> von daher im Vorteil ist.<br />
4.4.2 Danzig<br />
Der Danziger Hafen bietet neben Containerumschlag noch Ro-Ro, Kohle, Öl,<br />
Other Bulks, Passagierterminal.<br />
Bei dem in der Vergangenheit auf den Kohlehandel spezialisierten Danziger<br />
Hafen sank 2007 der Güterumschlag um insges<strong>am</strong>t 11 Prozent. Aber Danzig will<br />
sich vom typischen Massengut- zum Universalhafen entwickeln. So gab es im<br />
Jahr 2007 für den Containerumschlag einen Zuwachs um 23,6 Prozent. Der im<br />
November 2007 übergebene Deep Sea Container Terminal (DCT) hat eine<br />
Kapazität von 600.000 TEU jährlich. Das sind zwar r<strong>und</strong> 600.000 weniger als die<br />
geplanten Kapazitäten in Gdingen. Aber über den DCT können nun auch große<br />
Überseeboxschiffe (bis zu 5.000 TEU) Danzig anlaufen. Und bis 2012 kann der<br />
Danziger Hafen seine Container-Kapazitäten auf 5 Mio. TEU vervielfachen.<br />
Es gibt zwei Containerterminals:<br />
• Im inneren Hafen den Gdansk Container Terminal (GCT) <strong>und</strong><br />
139
• den Deep Sea Container Terminal (DCT) (eröffnet Nov 2007) im<br />
Nordhafen/freier Zugang zur Danziger Bucht.<br />
Beide zus<strong>am</strong>men haben folgenden TEU-Umschlag:<br />
• 2006: 78.364<br />
• 2007: 96.873<br />
• 2008, Monate Januar - Juli: 106.759<br />
Für 2008-2012 werden 200.000 bis 500.000 TEU (jährlich) erwartet.<br />
Die Danziger Port Authority (GPA) untersteht juristisch dem polnischen<br />
Finanzministerium. De fakto wird sie gesteuert von der Danziger<br />
Stadtverwaltung.<br />
Gemäß den Auffassungen der GPA fahren derzeit Baltimax Schiffe den Hafen an,<br />
der im Übrigen r<strong>und</strong> 10 Prozent des Containerverkehrs als Transhipment<br />
klassifiziert.<br />
Die Mitgliedschaft Polens in der EU hat das Land ganz schnell dazu gezwungen,<br />
entsprechende Normen einzuführen – das war ein gewaltiger<br />
Modernisierungsschub.<br />
Folgende Häfen sind die Haupthäfen für Danzig: Antwerpen, Aarhus, Hanko,<br />
Helsinki, Rotterd<strong>am</strong>, Liepaja, H<strong>am</strong>burg, St. Petersburg, Nynash<strong>am</strong>n, Södertalje,<br />
Bremerhaven. Dabei ist H<strong>am</strong>burg der bedeutendere Hafen im Vergleich zu<br />
Bremerhaven. Antwerpen <strong>und</strong> Rotterd<strong>am</strong> spielen de fakto keine Rolle.<br />
Die Ladung in den letzten 5 Jahren <strong>und</strong> in den nächsten 5 Jahren k<strong>am</strong> <strong>und</strong> ging<br />
zu 50 Prozent von/in die nördlichen Ostseehäfen <strong>und</strong> 50 Prozent von/in Fernost.<br />
Bis 2015 wird der Verkehr über Lkws sowie über See steigen, die Eisenbahn<br />
stagniert.<br />
Wilhelmshaven wird als Konkurrenz zum DCT gesehen <strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Alle Hoffnungen der Danziger ruhen auf den Ausbau <strong>und</strong> Erfolg des DCT (siehe<br />
Genaueres unten bei DCT). Darüber hinaus wird bis 2012 noch ein Tiefwasser-<br />
140
Kohlehafen gebaut, das „Center for Logistic“ sowie Eisenbahnverbindungen <strong>und</strong><br />
eine Schnellstraße.<br />
Vorteile der Danziger Häfen:<br />
• Eisfrei,<br />
• tiefes Wasser,<br />
• gute Verbindungen nach Mitteleuropa, Weißrussland, West-Ukraine,<br />
Slowakei <strong>und</strong> Ost-Tschechien.<br />
Der Hauptkonkurrent in der östlichen Ostsee sind die Häfen in St. Petersburg,<br />
<strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg an der Nordsee.<br />
Gdansk Container Terminal (im Inneren Hafen)<br />
Eigentümer: Polnische Investoren.<br />
Technische Daten Containerterminal:<br />
• Ges<strong>am</strong>te Kailänge: 365 m<br />
• max. Tiefgang der Schiffe: 9,2 m<br />
• max. Schiffslänge: 225 m<br />
• Containerkran: 40 t<br />
• Reefer plugs: 95<br />
• output per St<strong>und</strong>e: 20 Boxen.<br />
Dieser Terminal ist das bei weitem unbedeutendere <strong>und</strong> nicht ausbaufähig<br />
(zumindest nicht an dieser Stelle). Es wird immer ein kleiner Ergänzungsterminal<br />
bleiben.<br />
DCT Gdansk (Deepwater Container Terminal):<br />
Eigentümer: Die australische Macquarie Bank als Haupteigentümer (von 2005<br />
an), die zunächst 180 Mio EURO investierte.<br />
Die Ausstattung des DCT ist wie folgt (Dezember 2008):<br />
• Größe des Terminalgebietes: 40 ha;<br />
141
• gute Eisenbahn- <strong>und</strong> Straßenverbindung;<br />
• Lage: Nordhafen Offenes Wasser/Danziger Bucht<br />
• zwei Liegeplätze, davon<br />
Liegeplatz 1:<br />
Liegeplatz 2:<br />
265 m Kailänge, Wassertiefe: 13,5 m<br />
385 m Kailänge, Wassertiefe: 16,5 m<br />
• Länge des Blockzuges: 600 m<br />
• Platz für 6.000 TEU Container;<br />
• 40 m RoRo-R<strong>am</strong>pe;<br />
• Parkplatz für 100 Lkw;<br />
• Drei Post-Pan<strong>am</strong>ax Kräne (STS);<br />
• Fünf Rubber-tyred gantry (RTG) Kräne.<br />
Von März 2006 bis November 2007 wurde dieser Containerterminal in seiner<br />
ersten Ausbaustufe gebaut (von „HochTief“)– ohne Verzögerung, innerhalb des<br />
Budgets. Nun ist er der konkurrenzfähigste in ganz Polen <strong>und</strong> darüber hinaus ist<br />
Danzig eisfrei – im Vergleich zu Riga <strong>und</strong> St. Petersburg, Helsinki etc.<br />
Die Strategie von DCT ist klar: Weg vom reinen „Domestic Port“ hin zu einem<br />
Transhipment Hafen, der Russland, die Ukraine, Slowakei <strong>und</strong> Ost-Tschechien<br />
fest im Blick hat – schon heute werden Autos nach Russland per Lkw gebracht.<br />
Dabei spielt in Zukunft der Transport der Container in das <strong>und</strong> vom Hinterland<br />
per Bahn eine große Rolle: Schon heute werden von der Bahn ca. 55 Prozent der<br />
Container weiter transportiert bzw. kommen in Danzig an. Ziel sind 70 Prozent.<br />
Trotz der <strong>Wirtschaft</strong>skrise erwartet DCT für 2009 einen TEU Umsatz von 280.000<br />
TEU.<br />
Als Tiefwasserhafen (16,5 m) können Post-Pan<strong>am</strong>ax Schiffe (bis zu 5.000 TEU)<br />
dort anlaufen – somit sieht sich der DCT in direkter Konkurrenz zu H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong><br />
auch Bremerhaven. DCT ist aber erheblich billiger. DCT könnte nach<br />
entsprechenden Investitionen bis auf eine Jahreskapazität von 5 Mio TEU<br />
wachsen.<br />
142
DCT wird bedient von den Linien CMA CGM, Containerships, Te<strong>am</strong>Lines <strong>und</strong> seit<br />
dem 1.12.2008 auch Maersk. Maersk ist von dem BCT in Gdingen zum DCT in<br />
Danzig umgezogen, weil hier die Bedingungen (Tiefwasser, aber auch<br />
Erweiterungsmöglichkeiten <strong>und</strong> bessere Betreuung) besser sind.<br />
Fazit<br />
Insges<strong>am</strong>t sprühen die Interviewpartner in Danzig einen ungeheuren<br />
Optimismus aus. Obwohl der Hafen in Gdingen größer ist, beschränken sich hier<br />
die Akteure auf die Bedienung des nationalen polnischen Marktes, während der<br />
DCT in Danzig (<strong>und</strong> auch die Port Authority) bewusst <strong>und</strong> strategisch<br />
Transhipment betreiben wollen (also Verladung von Containern von <strong>und</strong> nach der<br />
Westukraine, Russland, Bjelorus, Slowakei, Ost-Tschechien).<br />
Der DCT steht d<strong>am</strong>it auch direkte Konkurrenz zu H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven:<br />
• Die bisher nach H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven per Bahn <strong>und</strong> Lkw<br />
transportierten Container aus West <strong>und</strong> Südwestpolen, Ost-Tschechien,<br />
der Slowakei etc. sollen nach den Plänen von DCT nun umgeleitet<br />
werden nach Danzig,<br />
• Durch das tiefe Wasser können Liniendienste aus Fernost <strong>und</strong> den USA,<br />
die bisher H<strong>am</strong>burg <strong>und</strong> Bremerhaven angelaufen haben (<strong>und</strong> deren<br />
Ladung dann per Feeder weiter in die Ostsee ging), nun direkt Danzig<br />
anlaufen (bis zu 5.000 TEU Schiffe) – so zumindest die Strategie. Danzig<br />
könnte dann auch Drehscheibe für Feederverkehre oder per Land<br />
werden.<br />
In Gdingen jedoch ist man sich zu sehr seiner Grenzen (Fläche, Wassertiefe etc.)<br />
bewusst <strong>und</strong> fürchtet um die Zukunft.<br />
143
5 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />
In der östlichen Ostsee werden derzeit viele Containerterminals erheblich aus<strong>und</strong><br />
neu gebaut, einiges davon ist noch in Planung.<br />
Diese gewaltigen Kapazitätserweiterungen <strong>und</strong> Modernisierungen beruhen<br />
• Zum ersten auf konkreten Engpässen der vorhandenen Häfen in der<br />
östlichen Ostsee,<br />
• Zum zweiten auf erwartete Steigerungen des Güterverkehrs,<br />
insbesondere von <strong>und</strong> nach Russland, Weißrussland, der Ukraine etc.<br />
• Zum dritten auf einer Strategie, durch den Bau von Tiefwasserhäfen<br />
einen Teil der Liniendienste, die bisher in den Häfen der Nordrange<br />
(Antwerpen, Rotterd<strong>am</strong>, vor allem aber Bremerhaven <strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg)<br />
beheimatet <strong>und</strong> deren Ladung dann per Feederdienste/Lkw/Bahn in den<br />
Ostseeraum weiter transportiert werden, direkt in diese Häfen<br />
umzuleiten,<br />
• Zum vierten auf der Hoffnung, in ferner Zukunft Container aus <strong>und</strong> nach<br />
West-China, Zentralasien <strong>und</strong> an das Schwarze Meer (Süd-Ukraine) per<br />
Bahn an die Ostsee Häfen zu binden.<br />
Unter der Voraussetzung, dass nach der derzeitigen ökonomischen Krise wieder<br />
an die Zeiten des globalen Wachstums angeknüpft werden kann, scheinen die<br />
ersten beiden Motive durchaus gerechtfertigt. Die Strategie der teilweisen<br />
Ablösung der Häfen der Nordrange in ihrer Funktion der Güterumverteilung<br />
Richtung Ostseeraum (<strong>und</strong> umgekehrt) – Punkt 3 der Liste - entspricht eher dem<br />
Wunschdenken denn der zu erwartenden Realität. Ebenso utopisch ist die vierte<br />
Hoffnung, für die Ladung von <strong>und</strong> nach Fernost <strong>und</strong> an das Schwarze Meer<br />
verantwortlich zu sein – die entsprechenden Versuche endeten kläglich.<br />
Insofern soll ein Reeder zitiert werden: „Nimmt man alle Ausbaupläne für den<br />
Ostseeraum zus<strong>am</strong>men, könnte es Überkapazitäten geben. Der klügste<br />
Terminalbetreiber ist dann der, der seinen Terminal Stufe für Stufe ausbaut <strong>und</strong><br />
nach jeder Stufe schaut, ob sich die nächste Stufe noch lohnt“.<br />
144
Interessant sind die Konkurrenzen zwischen den von uns untersuchten<br />
Ostseehäfen <strong>und</strong> zwischen den Häfen der Nordrange als Main Hubs <strong>und</strong><br />
Verteilzentren von Containern Richtung Ostsee.<br />
Um mit dem ersten Punkt zu beginnen: Sowohl die objektiven Voraussetzungen<br />
als auch die subjektiven Meinungen der Akteure lassen St. Petersburg (aber nur<br />
einen von mehreren Stadthäfen), Ust-Luga – trotz des im März 2009 verhängten<br />
vorläufigen Baustopps , Klaipeda <strong>und</strong> auch Danzig in vorderster Reihe derjenigen<br />
Häfen stehen, die ökonomisch in der Zukunft <strong>am</strong> erfolgreichsten mit ihren<br />
Ausbau-/Modernisierungsplänen agieren.<br />
Was die Konkurrenz der Häfen der Nordrange untereinander anbetrifft, so ist <strong>und</strong><br />
bleibt H<strong>am</strong>burg der bedeutendste „Verteilhafen“ Richtung Ostsee (<strong>und</strong><br />
umgekehrt). Zwar wird auch Bremerhaven viel von Feederverkehren Richtung<br />
östliche Ostsee berührt, aber aufgr<strong>und</strong> mangelnder Feederliegeplätze, der im<br />
Vergleich zu H<strong>am</strong>burg ungünstigeren geografischen Lage bezüglich des<br />
Ostseeverkehrs (so werden z. B. Container von H<strong>am</strong>burg per Bahn <strong>und</strong> Lkw nach<br />
Lübeck verbracht <strong>und</strong> dort per Feeder weiter in die Ostsee) <strong>und</strong> der reinen<br />
Menge (H<strong>am</strong>burgs Containerumschlag ist etwa doppelt so hoch wie der in<br />
Bremerhaven) wird Bremerhaven in der zweiten Reihe verbleiben.<br />
Unterschätzen soll man auch in diesem Zus<strong>am</strong>menhang nicht die Rolle<br />
Rotterd<strong>am</strong>s, welches sich zunehmend auch im Feederverkehr mit <strong>und</strong> von der<br />
Ostsee als Konkurrent H<strong>am</strong>burgs <strong>und</strong> Bremerhavens entwickelt.<br />
Der geplante Tiefwasserhafen Wilhelmshaven (JadeWeserPort, erste Ausbaustufe<br />
soll Ende 2011 übergeben werden) wird von den Akteuren im Ostseeraum nicht<br />
als Konkurrenz zu Bremerhaven <strong>und</strong> H<strong>am</strong>burg, sondern als deren Ergänzung<br />
gesehen. Allerdings war es für die Verfasser dieser Studie schon erstaunlich zu<br />
erfahren, wie gering zum Teil die Kenntnis der „Ostsee“-Akteure über den<br />
JadeWeserPort waren. Ob das nun immer nur an diesen Akteuren oder auch an<br />
Anderen liegt, mag dahin gestellt sein.<br />
145
Aber insges<strong>am</strong>t soll daran erinnert werden, dass durch die starke Einbindung<br />
Russlands <strong>und</strong> der baltischen Länder ebenso wie Polen in den europäischen<br />
<strong>Wirtschaft</strong>sraum sich die wirtschaftlichen Gewichte gen (Nord)Osten verschoben<br />
haben, unterstützt noch durch den skandinavischen Raum. Und hier können die<br />
norddeutschen Häfen ihre „natürliche“ Schlüsselrolle nur dann weiter spielen,<br />
wenn sie<br />
• trotz der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation unbeirrt an ihren<br />
Ausbau- <strong>und</strong> Kooperationsplänen festhalten,<br />
• neben der notwendigen Konkurrenzsituation <strong>und</strong> in Überwindung aller<br />
historisch gewachsenen Eitelkeiten bereit sind, auch miteinander zu<br />
kooperieren.<br />
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