WAS UNTERNEHMERN NÜTZT _STORYTELLING KSB-Pensionär ...
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<strong>WAS</strong> <strong>UNTERNEHMERN</strong> <strong>NÜTZT</strong><br />
viel Vorwissen er in seinen Geschichten<br />
vorausgesetzt hatte. Höchstens ein intimer<br />
Kenner seiner Arbeit würde mit seinen<br />
Erzählungen etwas anfangen können. Für<br />
jeden anderen sei es „eine Zumutung“.<br />
Also begann er, seine Erinnerungen anschaulicher<br />
zu formulieren und zu ergänzen,<br />
bevor die Beraterin sie bearbeitete, an<br />
seine Mitarbeiter verschickte und um Rückmeldung<br />
bat. Denen fehlte: was man von<br />
den Erfahrungen mit deutschen Kraftwerken<br />
in die USA übertragen könne; welche<br />
Arbeiten regelmäßig auf die Abteilung<br />
zukämen; worauf bei Verhandlungen in<br />
Südkorea besonders zu achten sei.<br />
Wallerius hatte sein zweites Aha-Erlebnis:<br />
„In einem normalen Übergabegespräch<br />
hätte ich vieles nicht thematisiert.“<br />
Nun ging er auf die konkreten Fragen ein.<br />
Im Transfer-Workshop, an dem Erlach und<br />
sein komplettes Team teilnahmen, stand<br />
er noch einmal Rede und Antwort.<br />
Dann stellte die Beraterin eine CD mit<br />
den Ergebnissen zusammen, die allen aus<br />
der Abteilung im Intranet zugänglich ist<br />
und die Erfahrungen nach den wichtigsten<br />
Stichworten per Mausklick erschließt, von<br />
„Auslandsgeschäft: Strategien und Potenziale“<br />
über „Pumpentypen“ bis zu „Personalpolitik<br />
und Aufgaben des Abteilungsleiters“.<br />
Die Informationen sind oft mit<br />
Geschichten von Wallerius im O-Ton hinterlegt.<br />
„Sie ergänzen die als Tabellen angelegten<br />
Fakten und Daten um das nötige<br />
Kontextwissen“, sagt Christine Erlach.<br />
Verrät die Zahl der Mausklicks,<br />
ob sich die Mühe gelohnt hat?<br />
Wallerius, seit Januar 2007 im Ruhestand,<br />
hat sich mittlerweile bei den einstigen Kollegen<br />
erkundigt, ob sie die Datei schon gebraucht<br />
hätten. „Bisher hatte ich noch keine<br />
Zeit“, lautete häufig die Antwort. Und<br />
Werner Foshag, der neue Abteilungsleiter,<br />
der einen Überblick auf die Zugriffe hat,<br />
sagt: „Ich hätte gedacht, die Dokumentation<br />
würde öfter benutzt.“<br />
Fünf Tage hat Erlach bei <strong>KSB</strong> zugebracht,<br />
rund 13 Tage insgesamt am Projekt<br />
<strong>KSB</strong>-Manager Joachim Schulz: Ob sich Berufserfahrung wie Tiefkühlkost einfrieren lässt?<br />
gearbeitet. Einen fünfstelligen Betrag hat<br />
Narrata Consult dafür in Rechnung gestellt.<br />
Zählte man den Arbeitsausfall durch<br />
Interviews oder Workshops hinzu, stiege<br />
der Betrag deutlich. War die Investition in<br />
die Erfahrungen des Abteilungsleiters also<br />
ein schlechtes Geschäft, gar ein Reinfall?<br />
Für Klaus North, Autor des Buches<br />
„Wissensorientierte Unternehmensführung“<br />
und Professor für Betriebswirtschaftslehre<br />
an der FH Wiesbaden, ist die<br />
zunächst schwache Nachfrage kein Grund,<br />
den Wert der Wissensdatenbank infrage zu<br />
stellen. Vielleicht, sagt er, sei die Nachfolge<br />
bei <strong>KSB</strong> noch nicht richtig geklärt gewesen.<br />
Oder der Nachfolger habe keine<br />
Wissenslücken erkannt. Oder es fehlten<br />
konkrete Vorstellungen, welches Wissen<br />
von Wallerius man überhaupt verwenden<br />
wollte. „Wissenstransfer“, sagt North,<br />
„funktioniert niemals angebotsorientiert.“<br />
Zu häufig werde Wissen erhoben, ohne<br />
dass man jemanden im Blick habe, der es<br />
direkt und unmittelbar anwenden könne –<br />
wie bei <strong>KSB</strong>, wo Wallerius’ Erfahrungen<br />
vorsichtshalber für die ganze Abteilung erhoben<br />
worden seien. Man lege das Wissen<br />
dann „wie Tiefkühlkost“ irgendwo auf<br />
einer CD oder Festplatte ab. Die Folge, laut<br />
North: „Entweder vergisst man es im Eisschrank.<br />
Oder man taut es irgendwann<br />
wieder auf. Nur dann hat keiner mehr<br />
Lust, es zu essen.“<br />
Um das Einfrieren des Wissens zu verhindern,<br />
legt der Arbeitswissenschaftler<br />
Piorr großen Wert darauf, dass es bereits<br />
konkrete Nachfolger – Wissensnehmer –<br />
für eine Stelle gibt. Mit deren Vorgesetzten<br />
bespricht er, welches Wissen vom ausscheidenden<br />
Mitarbeiter erhoben werden<br />
soll. Dabei hilft ein sogenannter Wissensbaum,<br />
ein Überblick, den Piorr mit dem<br />
angehenden <strong>Pensionär</strong> erarbeitet. Gemeinsam<br />
legen alle Beteiligten anschließend<br />
Erfolgskriterien fest, anhand derer<br />
der Nachfolger später den geglückten<br />
Transfer belegen muss. Die Frage der<br />
Dokumentation spiele für ihn keine Rolle.<br />
„Der Motor bei der Wissensübergabe ist<br />
der Wissensnehmer, der später einen Job<br />
erledigen muss. Je konkreter, umso besser“,<br />
sagt Rüdiger Piorr. Ob Erfahrungswissen<br />
weitergegeben werde, solle nicht<br />
davon abhängen, wie gut man es dokumentieren<br />
könne, sondern davon, ob es<br />
den Kopf des Nachfolgers erreiche. 3<br />
BRAND EINS 05/08<br />
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