HD Dr. Gyburg Radke
HD Dr. Gyburg Radke
HD Dr. Gyburg Radke
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Preisträgerin<br />
<strong>HD</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Gyburg</strong> <strong>Radke</strong><br />
Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis<br />
Mit ihrem Fächergrenzen überschreitenden<br />
Ansatz – sie forscht sowohl<br />
in der antiken Philosophie als<br />
auch in der klassischen Literatur, in<br />
den zwei Bereichen also, die bislang<br />
streng voneinander getrennt untersucht<br />
worden – hat sie wesentliche<br />
Beiträge zur Rezeptionsgeschichte<br />
der Antike vorgelegt. Für diese Forschungsarbeiten<br />
wurde die Dozentin<br />
der Universität Marburg – sie ist<br />
mit Abstand die Jüngste – mit dem<br />
Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis<br />
2006 ausgezeichnet.<br />
Die Altertumswissenschaftlerin<br />
(30) hat an den Universitäten Marburg<br />
und Heidelberg studiert und<br />
ihre Habilitation 2003 abgeschlossen.<br />
Seit ihrer Rückkehr von einem<br />
Forschungsaufenthalt an der Harvard<br />
University 2004 ist sie Hochschuldozentin<br />
in Marburg. Sie hat<br />
zudem Lehrstuhlvertretungen in<br />
Münster und Heidelberg übernommen<br />
und vertritt zurzeit den Lehrstuhl<br />
für lateinische Philologie an<br />
der Universität Marburg. Ihre Arbeiten:<br />
»Die Theorie der Zahl im Platonismus«,<br />
»Tragik und Metatragik.<br />
Euripides. Backchen und die moderne<br />
Literaturwissenschaft« und »Der<br />
Inhalt der Form«.<br />
ist der höchstdotierte deutsche Förderpreis. Ziel des 1985 eingerichteten<br />
Leibniz-Programms ist es, die Arbeitsbedingungen herausragender<br />
WissenschaftlerInnen zu verbessern, deren Forschungsmöglichkeiten<br />
zu erweitern, sie von administrativem Arbeitsaufwand zu entlasten und<br />
ihnen die Beschäftigung besonders qualifizierter, jüngerer WissentschaftlerInnen<br />
zu erleichtern.<br />
Pro Jahr erhalten etwa zehn exzellente Wissenschaftler bis zu € 1,55 Millionen,<br />
die sie in einem Zeitraum von fünf Jahren flexibel, jedoch ausschließlich<br />
für ihre Forschungsprojekte verwenden dürfen. Vier der bisherigen<br />
Leibniz-Preisträger erhielten später den Nobelpreis. Insgesamt<br />
250 herausragende WissenschaftlerInnen<br />
wurden in<br />
den letzten beiden Jahrzehnten<br />
mit dem bedeutendsten<br />
deutschen Forschungsförderpreis<br />
geehrt.<br />
Quelle: Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG)<br />
In unserem WWW-Journal gehen<br />
wir der Frage nach: Wie haben<br />
erfolgreiche Frauen ihre<br />
Karriere aufbauen können?<br />
Wenn Sie uns bitte in diesem<br />
Sinne erläutern könnten, wie es<br />
bei Ihnen abgelaufen ist?<br />
Wenn es um Wissenschaft geht, ist es<br />
immer äußerst schwierig, Karrieretips<br />
zu formulieren, die allgemein nützlich<br />
sind, oder von Erfahrungen zu berichten,<br />
die auf andere Lebensläufe übertragbar<br />
sind.<br />
Der Grund dafür ist m.E., dass eine<br />
wissenschaftliche Karriere nicht oder<br />
nicht in demselben Maße wie eine Karriere<br />
in der Wirtschaft als Karriere und<br />
mit Blick auf den äußeren Erfolg geplant<br />
werden kann: Der Erfolg in der<br />
Wissenschaft muss – oder sollte idealerweise<br />
– aus der größtmöglichen Sachkompetenz<br />
in einem bestimmten Fach<br />
und der Fähigkeit, diese Erkenntnisse<br />
auch auf andere Disziplinen zu übertragen<br />
und dadurch Forschungsverbünde<br />
zu schaffen, entstehen. Wissenschaftlicher<br />
Erfolg ist die Folge, nicht<br />
das Ziel bei der Gewinnung wichtiger<br />
Erkenntnisse in einem Fach.<br />
Wenn Sie mich persönlich fragen,<br />
warum ich meiner Meinung nach nun<br />
Erfolg in meiner Wissenschaft habe,<br />
dann ist die erste und allgemeinste Antwort,<br />
dass ich mich mit dem größten Engagement<br />
um die Inhalte und Texte, mit<br />
denen es die Klassische Philologie und<br />
die antike Philosophie zu tun hat, bemüht<br />
habe. Die Freude an der Beschäftigung<br />
mit diesen Texten und daran, Erkenntnisse<br />
an diesen und über diese Texte<br />
zu gewinnen, ist es, die mich so sehr<br />
fasziniert hat, dass ich meine ganze Arbeitskraft<br />
darauf gerichtet habe, in diesen<br />
Erkenntnissen voranzukommen:<br />
Neues herauszufinden und meinen<br />
Wissenshorizont zu erweitern.<br />
Die Folge dieser Freude an der Sache<br />
war bei mir eine strenge Disziplin und<br />
ein gewisser Fleiß, hartnäckig ein Thema<br />
und einen Gedanken zu Ende zu<br />
verfolgen.<br />
Das Interesse kommt natürlich<br />
nicht aus dem Nichts, sondern es haben<br />
dabei verschiedene Faktoren in meiner<br />
Vita eine wichtige Rolle gespielt, die ich<br />
gleich erwähnen möchte. Am wichtigsten<br />
aber ist die große Bedeutung und<br />
Qualität der antiken Dichtung und<br />
Philosophie, die schließlich die eigentliche<br />
Antwort ist, wenn Sie mich fragen,<br />
warum ich dieses Fach gewählt habe,<br />
und warum ich Erfolg damit habe.<br />
Bevor ich von diesen Inhalten spreche,<br />
möchte ich kurz die anderen Faktoren<br />
erwähnen: Diese sind das universitäre<br />
und das private Umfeld, die mich<br />
fördern und unterstützen. Ich habe einen<br />
begeisternden, akademischen Lehrer,<br />
meinen Doktorvater Arbogast<br />
Schmitt, der mir vieles davon, was die<br />
Bedeutung der Antike für die Gegenwart<br />
und für die europäische Geistesgeschichte<br />
ausmacht, vermittelt hat. Er<br />
ist ein Lehrer, der seinen Studenten beibringt,<br />
dass sie sich den antiken Texten<br />
und Philosophen nicht mit einem modernen<br />
Überlegenheitsgefühl zuwenden<br />
sollten, sondern mit einer Bescheidenheit,<br />
die zuerst einmal prüft, was<br />
diese Denker sagen wollten, was ihre<br />
Konzepte sind; die dazu anleitet, verstehen<br />
und erkennen zu wollen, um erst<br />
dann zu einem Urteil darüber zu kommen,<br />
ob man diesen Konzepten folgen<br />
kann oder nicht. Dies ist m.E. eine<br />
Grundbedingung dafür, ein guter Klassischer<br />
Philologe zu sein.<br />
Auch meine Familie hat mich immer<br />
unterstützt und viele Grundlagen für<br />
meine wissenschaftliche Karriere gelegt.<br />
Mein Vater war Ordinarius für Altgermanistik<br />
in Marburg, meine Mutter<br />
warLateinlehrerinundisteineneulateinische<br />
Dichterin, die die humanistische<br />
Tradition des Neulateinischen wach<br />
hält. Vieles davon, was eine humanistische,<br />
literarische und philosophische,<br />
Bildung ausmacht, ist – wenn man in<br />
einer solchen Umgebung aufwächst –<br />
schon vertraut. Damit hat man eine<br />
Basis, auf der man aufbauen kann.<br />
Mein Freund – er ist Theoretischer<br />
Physiker an der Universität in Jena –<br />
ist sehr wichtig für mich und meine Arbeit.<br />
Er hat, weil er selbst Wissenschaftler<br />
ist, Verständnis für meine Arbeit<br />
und alle möglichen wissenschaftlichen<br />
und mit dem Wissenschaftsbetrieb zusammenhängenden<br />
Probleme und er<br />
ist für mich in jeder Hinsicht eine liebevolle<br />
Unterstützung.<br />
Außerdem habe ich einige sehr nette<br />
Kollegen und Freunde in meinem Fach<br />
und darüber hinaus, mit denen ich viele<br />
wissenschaftliche Probleme und Projekte<br />
besprechen kann.<br />
Das alles gehört zu dem guten Umfeld,<br />
das die Basis für eine wissenschaftliche<br />
Karriere ist.<br />
Jetzt möchte ich aber noch etwas zu<br />
den Texten und Inhalten sagen, die die<br />
beste Antwort auf die Frage sind, warum<br />
ich dieses Fach studiert habe und<br />
warum ich erfolgreich darin bin.<br />
Ich habe mich für dieses Studium<br />
entschieden, weil die Klassische Philologie<br />
ein Grundlagenfach unter den<br />
traditionellen Geisteswissenschaften<br />
»Wer Weisheit hat, suchet aller Nutzen,<br />
wer Weisheit hat, nutzet vielen.«<br />
Gottfried Wilhelm Leibniz<br />
(1646–1716)<br />
Universalgelehrter: Philosoph, Mathematiker,<br />
Physiker, Historiker, Theologe, Politiker, Diplomat,<br />
Wissenschaftler.<br />
Er entwickelte die Differential- und Integralrechnung, die erste Rechenmaschine<br />
und das binäre Zahlensystem. Er formulierte als erster das Gesetz<br />
zur Erhaltung der Energie, begründete die Logistik und wandte sich<br />
früher als alle anderen dem Unbewussten zu. Er kämpfte für die Einheit<br />
des Abendlandes, der beiden großen Konfessionen und des Rechts. Er<br />
konstruierte Maschinen. Er ersann die Lehre von den Monaden.<br />
Monaden: jene seltsam-faszinierende Substanzen, in denen sich das<br />
gesamte Universum abbildet und alle Grenzen zwischen Geist und Materie<br />
verschwinden.<br />
30 WorldWomenWork-Journal<br />
WorldWomenWork-Journal 31
ist. Diesen Status verdient sie nicht aus<br />
irgendwelchen äußeren Gründen, etwa<br />
wegen eines hohen Renommés oder aufgrund<br />
der Größe des Faches oder der<br />
Studentenzahlen. Diese Faktoren sind<br />
heute leider nicht mehr in dem Maße<br />
gegeben, wie noch in der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts. Die Klassische<br />
Philologie verdient den Status eines<br />
Grundlagenfachs auch nicht mehr deshalb,<br />
weil sie von großen Forscherpersönlichkeiten<br />
in der gebildeten Öffentlichkeit<br />
repräsentiert wird – auch das<br />
ist gegenwärtig nicht mehr der Fall.<br />
Persönlichkeiten wie Bruno Snell oder<br />
Wolfgang Schadewaldt, die jedem Geisteswissenschaftler<br />
und jedem humanistisch<br />
gebildeten Bürger ein Begriff waren,<br />
sucht man heute vergeblich (was<br />
freilich nicht ausschließt, dass es einmal<br />
wieder zu einer Renaissance in dieser<br />
Hinsicht kommen könnte).<br />
Die Klassische Philologie ist aufgrund<br />
ihrer Inhalte ein Grundlagenfach.<br />
Die Antike, deren Texte diese Disziplin<br />
bewahrt und interpretiert, steht<br />
nicht nur am Anfang Europas, am Anfang<br />
der abendländischen Literatur,<br />
Kunst, Philosophie und Wissenschaftstradition,<br />
sondern prägt das Abendland<br />
durch alle Epochen und Jahrhunderte<br />
hindurch bis in die Gegenwart.<br />
Sie übt diesen Einfluss nicht nur deshalb<br />
aus, weil die Rezeptionsgeschichte<br />
antiker dichterischer Werke oder philosophischer<br />
Schriften unüberschaubar<br />
reich ist, sondern vor allem deshalb,<br />
weil es nicht übertrieben ist zu sagen,<br />
dass jede bedeutende Epoche, jeder bedeutende<br />
Philosoph, jeder bedeutende<br />
Dichter ihr bzw. sein Selbstverständnis<br />
und ihre bzw. seine eigentümliche<br />
Identität in Auseinandersetzung mit<br />
der Antike, mit den großen Denkern<br />
und Autoren der Antike, ausgebildet<br />
hat. Die moderne Kultur ist eine Kultur,<br />
die die radikale Abgrenzung von<br />
dem Früheren sucht, die ihr eigenes<br />
Selbstverständnis dadurch konstituiert,<br />
dass sie einen Bruch, einen Paradigmenwechsel<br />
mit allem vorher Dagewesenen<br />
vollzieht.<br />
Der Prototyp des Früheren, der Tradition,<br />
des ›Alten‹ aber ist seit dem<br />
Bruch, den die frühe Neuzeit mit dem<br />
Aristoteles der Scholastik vollzogen hat,<br />
die Antike. Von ihr distanziert man<br />
sich als aufgeklärter moderner Mensch,<br />
der das unkritische Denken überwunden<br />
habe, als von einer Bewusstseinsstufe,<br />
die noch ganz anschaulich und<br />
an die Objektwelt gebunden ist; von ihr<br />
distanziert man sich als von einer Zeit,<br />
die noch nicht solch feine Sitten ausgebildet<br />
habe wie die Moderne.<br />
Der Prototyp der Überwindung der<br />
Antike durch die Scholastikgegner (die<br />
freilich zugleich eine Hinwendung zur<br />
römischen Antike, aber gegen den systematischen<br />
Aristoteles war) wirkt weiter<br />
zum Beispiel in der »Querelle des Anciens<br />
et des Modernes« oder auch in der<br />
Zermalmung der traditionellen Metaphysik<br />
durch Kant und an vielen weiteren<br />
Stationen der europäischen Geistesgeschichte<br />
bis hin zu den großen Turns<br />
des 20. Jahrhundert, etwa dem »linguistic<br />
turn« oder dem »pragmatic turn«<br />
mit ihrem antidogmatischen, antimetaphysischen<br />
Impetus. Dies alles sind<br />
auch Themen, mit denen sich das Projekt,<br />
das mein akademischer Lehrer<br />
Arbogast Schmitt seit vielen Jahren unter<br />
der Überschrift ›Neuzeitliches<br />
Selbstverständnis und Deutung der Antike‹<br />
betreibt, befasst, und die auch die<br />
Basis für einen neuen BA-Studiengang<br />
sind, den wir in Marburg konzipiert haben<br />
(der Name dieses Studiengangs ist<br />
›Die Antike in Europa‹).<br />
Wenn Sie mich also fragen, was mich<br />
an der Klassischen Philologie fasziniert,<br />
dann ist es diese identitätsstiftende<br />
Bedeutung für die Europäische Kultur<br />
(die übrigens auch die theologische<br />
Fundierung des Christentums durch<br />
die Platonische Philosophie in der<br />
Spätantike einschließt: auch das christliche<br />
Abendland ist insofern (zumindest<br />
auch) ein Erbe der antiken Kultur).<br />
Ich möchte das noch etwas präzisieren,<br />
indem ich etwas über die Bedeutung<br />
des Faches für die Gegenwart sage.<br />
Man lernt durch die Beschäftigung<br />
mit der Antike m.E. vor allem zwei<br />
Dinge. Zum einen die »longue durée«<br />
scheinbar in der Moderne entstandener<br />
Vorstellungen. Denn viele dieser genuin<br />
modernen Konzepte stammen aus der<br />
Antike, und zwar vor allem aus der römischen<br />
Antike. Die Affinitäten mit<br />
dieser antiken Epoche sind sehr groß<br />
und bis heute nicht hinreichend erforscht.<br />
Zum anderen aber lernt man,<br />
wenn man sich mit antiken philosophischen<br />
und dichterischen Texten befasst,<br />
dass viele Überzeugungen und Vorstellungen,<br />
die uns selbstverständlich oder<br />
gar notwendig zu sein scheinen, tatsächlich<br />
gar nicht notwendig sind, sondern<br />
dass es in der Geschichte des europäischen<br />
Denkens Alternativen gegeben<br />
hat, die sich zu differenzierten<br />
philosophischen Systemen und Literaturtheorien<br />
entwickelt haben. Man<br />
lernt etwa, wenn man sich mit dem<br />
Platonismus und Aristotelismus der<br />
Spätantike befasst, dass es Alternativen<br />
zu unseren zumeist bewusstseinsphilosophischen<br />
Erkenntniskonzepten gibt.<br />
Dass es alternative Bildungskonzepte<br />
gibt, die unser Ideal einer ganzheitlichen<br />
Bildung vielleicht besser und widerspruchsfreier<br />
erfüllen als unsere eigenen<br />
modernen oder postmodernen<br />
Konzepte, dass es Konzepte eines in<br />
sich stimmigen Wissenschaftssystems<br />
gibt, das, ohne unkritisch zu sein, nicht<br />
zu einer isolierenden Vereinzelung der<br />
Wissenschaften führt und auch nicht<br />
zu einer kategorialen Trennung von<br />
Geistes- und Naturwissenschaften, usw.<br />
usw. Das heißt, man lernt bestimmte<br />
Konzepte kennen, die uns fremd sind,<br />
die aber trotzdem Denkmöglichkeiten<br />
sind und Anstöße geben zu einer neuen<br />
Offenheit bei der Suche nach alternativen<br />
Antworten auf die großen Fragen,<br />
die Menschen zu allen Zeiten bewegt<br />
haben. Weil ich es für wichtig halte,<br />
dies beides, also sowohl das, was wir<br />
von der Antike geerbt haben und was<br />
uns immer noch bestimmt, als auch<br />
das, was wir vergessen haben, was uns<br />
fremd geworden ist, selbst zu verstehen,<br />
kennenzulernen und weiterzudenken<br />
und auch an andere zu vermitteln, bin<br />
ich eine Klassische Philologin geworden.<br />
Dieses alles hat auch etwas mit dem<br />
Leibniz-Preis zu tun und damit, welche<br />
Bedeutung dieser Preis für mich<br />
hat.<br />
Der Leibniz-Preis ist eine außergewöhnlich<br />
große Ehre für mich. Für<br />
mich persönlich bedeutet er eine Anerkennung<br />
meiner Forschungen zum antiken<br />
Platonismus und meiner Studien<br />
zur methodischen Begründung der Interpretation<br />
antiker Dichtung. Diese<br />
Anerkennung bestärkt mich in diesen<br />
beiden Schwerpunkten meiner Forschung.<br />
Doch diese Würdigung erfahre ich –<br />
was mich zusätzlich ganz besonders<br />
freut – nicht alleine, sondern mit mir<br />
zusammen auch das ganze Fach Klassische<br />
Philologie, das ich eben versucht<br />
habe, kurz vorzustellen. Die Bedeutung<br />
dieser Wissenschaft als Grundlagenfach<br />
unter den Geisteswissenschaften<br />
wird mit dem Preis von der DFG<br />
hervorgehoben und für die (wissenschaftliche)<br />
Öffentlichkeit wieder stärker<br />
ins Bewusstsein gehoben. Das ist in<br />
Zeiten, in denen wir als Klassische Philologen<br />
seit Jahren (und für viele Kollegen<br />
heißt das auch: seit Jahrzehnten)<br />
unter einem permanenten Rechtfertigungsdruck<br />
stehen und um den Erhalt<br />
des Faches an den Universitäten und<br />
den Erhalt des altsprachlichen Unterrichts<br />
an den Gymnasien bangen und<br />
dafür kämpfen müssen, ein wichtiges<br />
Signal – wie mir auch in vielen sehr<br />
freundlichen Glückwunschschreiben<br />
von vielen meiner Kollegen bestätigt<br />
wurde.<br />
Ich habe mich in meinen Arbeiten<br />
darum bemüht, eine fachwissenschaftliche<br />
Forschung auf möglichst hohem<br />
Niveau zu betreiben, aber dabei auch<br />
immer wieder auf die allgemeine geistesgeschichtliche<br />
Bedeutung dieser Inhalte<br />
der antiken Texte hingewiesen.<br />
Außerdem ist, wie gesagt, eine stärkere<br />
methodische und literaturtheoretische<br />
Fundierung der Klassischen Philologie<br />
eines meiner wichtigsten Anliegen. Alle<br />
diese auch von vielen anderen berücksichtigten<br />
und verwirklichten Aspekte<br />
erfahren durch den Preis eine Unterstützung.<br />
Noch etwas zum Preisgeld:<br />
Ich höre immer wieder die Frage,<br />
was denn ein Klassischer Philologe mit<br />
so vielen Forschungsmitteln macht. Es<br />
ist richtig, dass wir keine<br />
teuren Experimente durchführen<br />
und keine teuren<br />
Apparate brauchen; das bedeutet<br />
aber nicht, dass wir<br />
ganz ohne Mittel auf hohem<br />
Niveau in Ruhe forschen<br />
können. Es fehlen in<br />
meinem Fach viele Stellen<br />
für Nachwuchskräfte. Für<br />
deren Förderung und zur<br />
Durchführung eines bestimmten<br />
Forschungsthemas<br />
anhand vieler einzelner<br />
Texte braucht man<br />
aber solche Stellen. Der<br />
Preis versetzt mich hier in eine ganz<br />
privilegierte Lage. Ich kann die Projekte,<br />
die mich interessieren, mit anderen<br />
Wissenschaftlern voranbringen, und<br />
diesen Mitarbeitern zugleich damit für<br />
einige Jahre auch die wirtschaftliche<br />
Grundlage für ihre Arbeit bieten.<br />
Außerdem plane ich jedes Jahr oder<br />
auch alle zwei Jahre eine große internationale<br />
und interdisziplinäre Tagung,<br />
sowie Workshops, die diese großen<br />
Tagungen vorbereiten. Auch das<br />
kostet viel Geld. Darüber hinaus werde<br />
ich, je nachdem, was dort wo ich diese<br />
Projekte verwirklichen werde, vorhanden<br />
ist, Bücher anschaffen sowie die<br />
Computer-Ausstattung verbessern usw.<br />
Erreichen möchte ich auf diese Weise,<br />
dass die Themen, die meine Schwerpunkte<br />
sind, durch die Zusammenarbeit<br />
mit internationalen Kollegen, mit<br />
Kollegen aus Nachbardisziplinen (der<br />
modernen Philologien, der Kunstwissenschaften<br />
und der Philosophie) aber<br />
auch mit meinen eigenen Schülern in<br />
Einzelstudien erarbeitet werden und<br />
dass wir in ein paar Jahren wichtige<br />
neue Ergebnisse auf diesen Gebieten<br />
vorstellen können. Das wird nach den<br />
fünf Jahren nicht enden, aber ich hoffe<br />
doch, durch diese Chance neue Impulse<br />
geben zu können. Indirekt<br />
und langfristig erreichen<br />
möchte ich auch durch die<br />
Förderung interdisziplinärer<br />
Forschungen (auch<br />
durch die erwähnten geplanten<br />
Konferenzen), dass<br />
die Klassische Philologie<br />
noch stärker in die Forschungen<br />
der neueren Literaturwissenschaften<br />
und<br />
der Philosophie eingebunden<br />
wird und mit den ihr eigenen<br />
Möglichkeiten diese<br />
Forschungen selbst bereichern<br />
kann. <br />
32 WorldWomenWork-Journal<br />
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