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Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB Dortmund, am 19 ...

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<strong>Peter</strong> <strong>Junge</strong>-<strong>Wentrup</strong>, <strong>Geschäftsführer</strong> <strong>des</strong> <strong>IBB</strong> <strong>Dortmund</strong>, <strong>am</strong> <strong>19</strong>. April 2013<br />

Sehr geehrte Frau Präses Kurschus,<br />

Sehr geehrte D<strong>am</strong>en und Herren,<br />

Liebe Freundinnen und Freunde,<br />

vielen Dank, dass Sie zu unserer Veranstaltung „27 Jahre Tschernobyl, 2 Jahre nach<br />

Fukushima – wo stehen Politik, Kirche und Zivilgesellschaft? “ gekommen sind.<br />

Mit dieser Veranstaltung eröffnen wir auch die 2. Europäischen Aktionswochen „Für eine<br />

Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“. Herzlichen Dank, Frau Präses Kurschus, dass Sie<br />

in unserem Gespräch im November letzten Jahres gleich Ihren Kalender gezückt haben und<br />

ihre Beteiligung zusagten. Frau Höhn war bei unserer Partnerschaftskonferenz 2011 in Minsk<br />

dabei; heute wird sie etwas später dazu kommen. Für uns ist natürlich Ihr Bericht, Herr<br />

Kobayjashi, von besonderer Bedeutung. Wie geht es den Menschen in Fukushima? Mit<br />

welchen Ängsten und Unsicherheiten müssen Sie leben? Und wie organisiert sich die<br />

japanische Umweltbewegung? Dein Leben, Dennis, hängt eng mit Tschernobyl zus<strong>am</strong>men –<br />

aufgewachsen in Belarus und als Jugendlicher auch in Deutschland gewesen bist du heute<br />

<strong>Geschäftsführer</strong> der größten britischen Tschernobyl-Organisation „Chernobyl Children Life<br />

Line“; Du hast die Möglichkeit, haupt<strong>am</strong>tlich in der Solidaritätsbewegung tätig zu sein.<br />

Herzlichen Dank auch an dich, lieber Klaus Breyer, dass wir diese Veranstaltung gemeins<strong>am</strong><br />

entwickelt haben und nun gemeins<strong>am</strong> durchführen. Die Aktionswochen werden gefördert<br />

von der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Stiftung Umwelt und Entwicklung –<br />

Herr Knauf, Herr Oberkirchenrat Dr. Möller - vielen Dank für diese Unterstützung und die<br />

Begleitung unserer Arbeit nun seit Jahren. Hier vor Ort unterstützen die Vereinigten<br />

Kirchenkreise diese Veranstaltung; auch herzlichen Dank an Sie, Herr St<strong>am</strong>m.<br />

Europäische Aktionswochen „Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima“


- Was sind sie eigentlich? Wie sind sie entstanden?<br />

- Wer beteiligt sich heute an ihnen?<br />

- Warum halten wir sie für notwendig?<br />

- Was sind die Perspektiven der Europäischen Aktionswochen?<br />

Ein Rückblick – wie sind sie entstanden?<br />

Aus Anlass <strong>des</strong> 25. Jahrestags von Tschernobyl haben wir die Ausstellung „Tschernobyl:<br />

Menschen – Orte – Solidarität“ entwickelt, die wir in 49 Städten zeigen konnten.<br />

Zwei Erfahrungen aus dieser Ausstellung sind für die jetzigen Aktionswochen zentral. Die<br />

erste Erfahrung:<br />

In allen Städten waren Zeitzeugen, also ehemalige Liquidatoren, mit dabei, die in der Zeit<br />

<strong>19</strong>86 bis 89 <strong>am</strong> Reaktor von Tschernobyl gearbeitet haben – sie berichteten von ihrem<br />

Leben. Diese Lebensberichte fanden bei Jugendlichen ein besonderes Interesse –<br />

Tschernobyl bek<strong>am</strong> so ein Gesicht und eine Lebensgeschichte.<br />

Und die zweite Erfahrung:<br />

Bei der Recherche zur Ausstellung stellte sich heraus, dass es die Solidaritätsbewegung auch<br />

in zahlreichen anderen europäischen Ländern gibt – über 1 Mio. Kinder aus Belarus und der<br />

Ukraine waren bei F<strong>am</strong>ilien in westeuropäischen Ländern. Akteure dieser Initiativen trafen<br />

sich im November 2010 zum 1. Mal - so entstand dann das Netzwerk „European Chernobyl<br />

Network“, in dem wir seit 2010 zus<strong>am</strong>men arbeiten.<br />

Wir waren mit unserer Ausstellung 2 Monate unterwegs, als sich Fukushima ereignete. Die<br />

Ausstellung und insbesondere die Zeitzeugen fanden von einem Tag auf den anderen ein<br />

völlig anderes Interesse; Zeitungen, Radiosender, Fernsehen suchten das direkte Gespräch<br />

mit den Zeitzeugen.<br />

Entscheidend war natürlich der Verlauf der Katastrophe in Fukushima selbst; heute wissen<br />

wir, dass sich der atomare Gau nur wenige Stunden nach dem Unfall ereignete. Wir konnten<br />

d<strong>am</strong>als nur Anteil nehmen auch mit dem Wissen, dass diese Katastrophe die japanische<br />

Gesellschaft für Jahrzehnte beschäftigen wird.<br />

Im politischen Berlin war sehr schnell klar, dass es in Deutschland einen generellen Wandel<br />

in der Energiepolitik geben wird:<br />

- 8 Atomkraftwerken wurden sofort abgeschaltet.<br />

- Es erfolgte eine Verständigung auf die Restlaufzeiten für die einzelnen Reaktoren bis<br />

zum Jahr 2022.<br />

- Und der Ausbau der erneuerbaren Energien sollte beschleunigt werden.<br />

Fukushima führte auch dazu, dass in Italien der Verzicht auf die Atomenergie erneut in<br />

einem Referendum bestätigt wurde und dass in der Schweiz und Belgien Ausstiegsszenarien<br />

beschlossen wurden.


In Frankreich, England oder auch Spanien gab es nur begrenzte Debatten nach Fukushima. In<br />

Belarus und Polen halten die Regierungen daran fest, neue Atomkraftwerke zu bauen. In der<br />

Türkei sollen 3 neue Atomkraftwerke gebaut werden.<br />

D<strong>am</strong>it stand für uns fest, dass wir eine europäische zivilgesellschaftliche Bewegung brauchen<br />

– es ist für uns wenig gewonnen, wenn Deutschland aussteigt, aber die Risiken der<br />

Atomenergie in unseren Nachbarländern weiter bestehen bleiben. Seit Tschernobyl wissen<br />

wir, dass radioaktive Wolken an nationalen Grenzen nicht haltmachen.<br />

Wir sind jedoch auch überzeugt, dass der Beschluss <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>tags, bis 2022 auszusteigen,<br />

noch lange nicht umgesetzt ist. Auch in Deutschland bedarf es einer aktiven Zivilgesellschaft<br />

und kritischen Öffentlichkeit, d<strong>am</strong>it die Beschlüsse nicht verwässert oder gar revidiert<br />

werden. Diese Lage ist der Hintergrund, warum wir die Europäischen Aktionswochen für<br />

notwendig halten.<br />

Die Europäischen Aktionswochen werden vorrangig von Tschernobyl- und Umweltinitiativen<br />

in den einzelnen Ländern getragen (Graphik).<br />

In diesem Jahr finden sie in 10 europäischen Ländern in 150 Städten statt:<br />

- In der Ukraine sind es die Liquidatoren selbst, die die Veranstaltungen tragen und das<br />

Gespräch mit Jugendgruppen und Schulklassen suchen.<br />

- Dennis wird davon berichten, wie sich das Netzwerk der britischen Initiativen<br />

entwickelt hat und wie die Initiativen dort heute arbeiten.<br />

- In Österreich, Tschechien, Polen und der Türkei sind es vorrangig<br />

Umweltorganisationen, die die Zeitzeugen einladen und die Gespräche mit<br />

Jugendgruppen oder Schulklassen suchen.<br />

Wir haben uns darauf verständigt,<br />

- dass in allen Städten Zeitzeugengespräche stattfinden; in der kommenden Wochen<br />

werden also ehemalige Liquidatoren in den 150 Städten sein und von ihrem Schicksal<br />

berichten;<br />

- <strong>am</strong> Vorabend von Tschernobyl, also dem 25. April um 20.00 Uhr Greenwich Zeit,<br />

werden Kerzenaktionen europaweit stattfinden und<br />

- die Initiativen vor Ort suchen nach Möglichkeiten, wie die Perspektiven einer<br />

nachhaltigen Energiepolitik aussehen können und wie hierzu eine öffentliche Debatte<br />

anregt werden kann.<br />

„Lernen aus der Geschichte von Tschernobyl und Fukushima für eine nachhaltige<br />

Energiepolitik“, dieses Ziel verbinden wir den Europäischen Aktionswochen.<br />

Wir freuen uns sehr, dass diese Initiativen im politischen Raum wahrgenommen und<br />

unterstützt werden – und zwar parteiübergreifend. Die Schirmherrschaft auf europäischer<br />

Ebene hat der Präsident <strong>des</strong> Europäischen Parl<strong>am</strong>ents übernommen, Martin Schulz, in NRW


haben wir die Unterstützung von Frau Ministerin Löhrmann und in Brandenburg von Herrn<br />

Ministerpräsident Matthias Platzeck.<br />

Aktionswochen in 150 Städten in 10 Ländern sind einerseits ein Erfolg und doch stellen sich<br />

auch kritische Fragen:<br />

- Wird es möglich sein, dass die Europäischen Aktionswochen in Zukunft verstärkt von<br />

den Kirchen und den Umweltverbänden mitgetragen werden?<br />

- Können wir den Druck gegenüber der Politik so aufrechterhalten, dass 2022 wirklich<br />

die letzten Meiler abgeschaltet werden? Können die zivilgesellschaftlichen Initiativen<br />

in unseren Nachbarländern an Stärke gewinnen und einen Dialog mit der Politik in<br />

ihren Ländern so entwickeln, so dass es zu Ausstiegsszenarien kommt?<br />

- Können wir unser Netzwerk so weiter entwickeln, dass die Partnerschaft und der<br />

partnerschaftliche Umgangsstil im Mittelpunkt stehen? Wie können wir verstärkt<br />

junge Menschen erreichen und mit einbeziehen?<br />

- Wie kann es uns gelingen, verstärkt Anteil zu nehmen an dem Leben der Menschen in<br />

der Ukraine, Belarus und in Japan, die von der Verstrahlung unmittelbar betroffen<br />

sind?<br />

Liebe Freundinnen und Freunde,<br />

Als Zivilgesellschaft haben wir sehr viel erreicht. Unendlich viele Begegnungen haben<br />

stattgefunden und insbesondere die Kinder haben Brücken der Verständigung ermöglicht.<br />

Viele Freundschaften sind entstanden.<br />

In ganz Europa gibt es Tschernobyl- und Umweltinitiativen, die in vielen Projekten aktiv sind.<br />

In Deutschland gibt es den Beschluss zum Ausstieg. Viele weitere Erfolge könnten genannt<br />

werden.<br />

Heute und in den kommenden Jahren brauchen wir die Kontinuität in der Tschernobyl- und<br />

Umweltbewegung und verstärkt auch eine Vernetzung mit Gruppen außerhalb dieser<br />

Initiativen:<br />

- Können verstärkt die Kirchen in Deutschland und in den europäischen<br />

Nachbarländern mit angesprochen werden?<br />

- Gelingt es, Politiker in den verschiedenen europäischen Ländern anzusprechen, die<br />

sich heute schon für eine nachhaltige Energiepolitik einsetzen und<br />

- können Kooperationen mit den Unternehmen gelingen, die heute schon erneuerbare<br />

Energien erzeugen und den energieeffizienten Umbau unserer Gesellschaften<br />

bewerkstelligen?<br />

Ich freue mich, dass Sie sich, Frau Präses Kurschus, heute die Zeit nehmen, bei der Eröffnung<br />

der Europäischen Aktionswochen dabei zu sein. Ihr Thema lautet: „Tschernobyl und<br />

Fukushima und das Engagement der Kirche für den Klimaschutz und die Energiewende“.


Welche Rolle spielen die beiden Katastrophen in der kirchlichen Debatte zur Bewahrung der<br />

Schöpfung? Gerne gebe ich Ihnen das Wort.

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