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Solare Liaison mit Wärmepumpen - Taz

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tazthema energie & umwelt<br />

taz<br />

25 apple SONNABEND/SONNTAG, 17./18. MAI 2008<br />

TAZ THEMA, DIE VERLAGSBEILAGE DER TAGESZEITUNG, E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE, FAX: 030 -25 106 94<br />

<strong>Solare</strong><strong>Liaison</strong> <strong>mit</strong> <strong>Wärmepumpen</strong><br />

<strong>Wärmepumpen</strong>systeme lassen sich <strong>mit</strong> Techniken der erneuerbaren Energien kombinieren. Wenn die Preise für fossile<br />

Energien weiter steigen, machen sich die höheren Investitionskosten für <strong>Wärmepumpen</strong>systeme künftig schneller bezahlt<br />

Redaktion: Engels/Klaaßen<br />

Fotored.: Ann-Chri. Jansson<br />

Anzeigen: Yonca Tül<br />

VON DIERK JENSEN<br />

<strong>Wärmepumpen</strong> haben weiterhin<br />

Konjunktur.Bundesweit wurden<br />

2007 rund 50.000 <strong>Wärmepumpen</strong>heizungen<br />

installiert. Insgesamt<br />

sorgen inzwischen über<br />

250.000 <strong>Wärmepumpen</strong> in<br />

Deutschland für Wärme, die zumeist<br />

durch elektrisch betriebene<br />

Pumpen aus der in Luft, Erde<br />

oder Wasser gespeicherten Sonnenenergie<br />

gewonnen wird. „Die<br />

Nachfragefür diese regenerative<br />

Systemtechnologie wird sich<br />

angesichts steigender Kosten für<br />

Öl und Gas in den nächsten Jahren<br />

weltweit vervielfachen“,<br />

blickt Joachim Schreier vom<br />

Hersteller Güstrower GMB optimistisch<br />

in die Zukunft. „Im<br />

Zuge der von der Bundesregierung<br />

forcierten Gebäudesanierungsmaßnahmen<br />

rechnen wir<br />

bis 2020 <strong>mit</strong>einer Million installierter<br />

<strong>Wärmepumpen</strong>heizungsanlagen,<br />

die jährlich rund 4Millionen<br />

Tonnen Kohlendioxid einsparen“,<br />

beurteilt ein Sprecher<br />

des Branchenverbandes BWP die<br />

Perspektivendurchwegrosig.<br />

Und in der Tat: Wenn sich die<br />

Preisspirale auf dem Heizölmarkt<br />

weiterdreht, machen sich<br />

die höheren Investitionskosten<br />

für <strong>Wärmepumpen</strong>systeme in<br />

Zukunft schneller bezahlt. Zudem<br />

geben der allseits diskutierte<br />

Klimawandel und das anstehende<br />

Wärmegesetz – analog<br />

zum Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG) – der Wärmeerzeugung<br />

aus der umgebenden Luft,<br />

aus Erde und Wasser neuen Auftrieb.<br />

Weil der <strong>Wärmepumpen</strong>markt<br />

eine große Nachfrageverspricht,<br />

engagieren sich dort<br />

auch mehr und mehr Firmen aus<br />

der Solar- und Bioenergie. Diese<br />

Unternehmen kombinieren die<br />

bewährte <strong>Wärmepumpen</strong>technologie<br />

<strong>mit</strong> Heiztechniken der<br />

erneuerbaren Energien wie Solarthermie,<br />

Biomasse, Biogas<br />

oder Pellets. Die Bielefelder<br />

Schüco International KG hat<br />

Wärmepumpe plus Dämmung erzielen zufriedenstellende Heizergebnisse<br />

2007 <strong>mit</strong> ihrer Solar-<strong>Wärmepumpen</strong>-Kombination<br />

Furore<br />

gemacht. Pressesprecher ThomasLauritzen<br />

erläutertdas Prinzip:<br />

„Über ein einfaches Umschaltventil<br />

pumpen wir die auf<br />

dem Dach erwärmte Solarflüssigkeitanjenen<br />

Tagen in die Erd-<br />

FOTO: ERIK-JAN OUWERKERK<br />

sonde, an denen die Solarwärme<br />

nichtmehr für den Warmwasserspeicher<br />

genutzt werden kann,<br />

aber im Erdreich den durch den<br />

Wärmeentzug entstandenen Kältekegel<br />

erwärmt.“<br />

Da<strong>mit</strong> schlägt Schüco zwei<br />

Fliegen <strong>mit</strong>einer Klappe. Zumeinen<br />

steigt der Nutzungsgrad der<br />

<strong>Solare</strong>nergie aufdem Dach. Zum<br />

anderen spartjedes Grad Celsius<br />

mehr Temperatur im Erdreich<br />

rund 2,5 Prozent Strom für den<br />

Betrieb der Wärmepumpe; da<strong>mit</strong><br />

ist die Effizienz der <strong>Wärmepumpen</strong>heizung<br />

angehoben.<br />

Dieses Beispiel demonstriert,<br />

dass Solar- und <strong>Wärmepumpen</strong>technik<br />

peu àpeu zusammenwachsen.<br />

Offenbar überwindet<br />

eine neue Generation von Ingenieuren<br />

alte ideologische Gräben,<br />

die die Akteure der erneuerbaren<br />

Energien von den Befürwortern<br />

der „Strom fressenden“<br />

<strong>Wärmepumpen</strong>branche lange<br />

Zeittrennten.<br />

Das hatte Gründe. Denn die<br />

ersten <strong>Wärmepumpen</strong>, die man<br />

nach der Ölpreiskrise in den<br />

Siebzigerjahren einbaute, wiesen<br />

im Betrieb oftmals negative<br />

Energiebilanzen auf: 1Kilowattstunde<br />

Strom erzeugte weniger<br />

als 3 Kilowattstunden Wärme.<br />

Fachleute sprechen dann von<br />

Werten, die unterhalb einer Jahresarbeitszahl<br />

von 3liegen, wo<strong>mit</strong>diese<br />

Pumpen mehr Primärenergie<br />

verbrauchten, als sie<br />

Wärme erzeugten.<br />

Heute liegen die installierten<br />

<strong>Wärmepumpen</strong>systeme bei den<br />

Jahresarbeitszahlen in der Regel<br />

über 3und daher im grünen Bereich.<br />

Allerdings sollte der Einsatz<br />

von <strong>Wärmepumpen</strong> im Zusammenspiel<br />

<strong>mit</strong> einer optimalen<br />

Wärmedämmung stehen.<br />

Nur in einem gut gedämmten<br />

Haus bringt die Wärmepumpe<br />

zufriedenstellende Heizergebnisse,<br />

die nicht nur das Kohlendioxidkonto,<br />

sondern auch den<br />

Geldbeutel schonen.<br />

Dies ist besonders in energieeffizient<br />

konzipierten Neubauten<br />

der Fall. „Bei solchen Niedrigenergiehäusern<br />

bietet sich eine<br />

Luftwärmepumpe an, die ohne<br />

große Investitionskosten installiert<br />

werden kann“, sagt Klaus<br />

Bartel von der Forschungsgruppe<br />

„Zukünftige Energie und Mobilitätsstrukturen“<br />

amWuppertal<br />

Institut für Klima, Umwelt<br />

und Energie. Allerdings bemängelt<br />

der Physiker, dass bislang<br />

noch keine unabhängigen Ergebnisse<br />

vonPraxisuntersuchungen<br />

vorliegen, die verlässliche Werte<br />

zur energetischen Beurteilung<br />

von <strong>Wärmepumpen</strong>systemen<br />

bieten.<br />

hagen .....................................<br />

ausgezeichnet<br />

Strom gespart<br />

Die Stadt Hagen ist leuchtendes<br />

Vorbild: Durch die Modernisierung<br />

der Straßenbeleuchtung<br />

wird sie den jährlichen Energieverbrauch<br />

in einem Zeitraum<br />

von10Jahren um bis zu 700 Megawattstunden<br />

(MWh) verringern.<br />

Dies entspricht420 Tonnen<br />

Kohlendioxid. Dafür wurde die<br />

Stadt <strong>mit</strong> der GreenLight-Partnerschaft<br />

des europäischen<br />

GreenLight-Programms ausgezeichnet.<br />

Mehr als ein Drittel<br />

aller deutschen Straßen ist <strong>mit</strong><br />

ineffizienten Beleuchtungsanlagen<br />

aus den 60er-Jahren ausgestattet.<br />

Durch den Einsatz moderner<br />

Straßenbeleuchtungstechnik<br />

könnten jährlich 1,6 Millionen<br />

Tonnen Kohlendioxid eingespart<br />

werden. Insgesamt werden<br />

in Hagen jährlich 520 Leuchten<br />

über einen Zeitraum von<br />

12 Jahren auf energiesparende<br />

Technik umgerüstet. Das entsprichtgut<br />

30 Prozentaller Lichtpunkte<br />

der öffentlichen Beleuchtung<br />

in Hagen. Das GreenLight-<br />

Programm wurde von der Generaldirektion<br />

Energie und Verkehr<br />

der Europäischen Kommission<br />

aufgelegt. Es zeichnet private<br />

und öffentliche Organisationen<br />

aus, die den Stromverbrauch<br />

von Beleuchtungsanlagen durch<br />

Steigerung der Energieeffizienz<br />

erheblich reduziert haben. Die<br />

Teilnahme am Programm ist<br />

freiwillig. Die Partner verpflichten<br />

sich, ihre Beleuchtung zu<br />

modernisieren und die Beleuchtungsqualität<br />

zu verbessern.<br />

Standard dabei ist der Einsatz<br />

moderner Technik. Ziel ist eine<br />

Verringerung des Gesamtstromverbrauchs<br />

für die Beleuchtung<br />

um mindestens 30 Prozent. Die<br />

Berliner Energieagentur ist nationale<br />

Kontaktstelle des Green-<br />

Light-Programms.<br />

www.energiesparende-beleuchtung.de<br />

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26 DIE TAGESZEITUNG apple SONNABEND/SONNTAG, 17./18. MAI 2008 energie & umwelt FAX: 030 -25 106 94 E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE<br />

Die Energiepreise<br />

steigen drastisch<br />

Experten erwarten weiter drastische<br />

Energiepreissteigerungen<br />

in Deutschland. „Beim Ölpreis<br />

haben wir eine Steigerung um<br />

20 Prozent in diesem Jahr, im<br />

kommenden Herbst wird der<br />

Gaspreis dann auch um 20 Prozent<br />

steigen“, sagt Claudia Kemfert,<br />

Energieexpertin des Deutschen<br />

Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW). Auch für Strom<br />

„werden wir deutlich höhere<br />

Preise bekommen“. Laut der internationalen<br />

Energieberatungsstelle<br />

NUS Consulting wurde der<br />

Strom in den vergangenen fünf<br />

Jahren um nahezu 70Prozent<br />

teurer.<br />

Streit über Preis<br />

von Windenergie<br />

Wirtschaftsminister Michael<br />

Glos (CSU) hat Umweltminister<br />

Sigmar Gabriel (SPD) aufgefordert,<br />

die Preise für an Land erzeugte<br />

Windenergie nicht zuerhöhen.<br />

Der Wirtschaftsminister<br />

errechnete ein zusätzliches Vergütungsvolumen<br />

von 5,3 Milliarden<br />

Euro bei 20-jähriger Förderungsdauer.<br />

Dies würde die<br />

Stromverbraucher zusätzlich belasten.<br />

Gabriel plant eine Preiserhöhung<br />

um 1,2 Cent pro Kilowattstunde,<br />

um die angekündigten<br />

Einschränkungen beim Ausbau<br />

der Biospritproduktion in<br />

Deutschland auszugleichen.<br />

Gemüse<strong>mit</strong> Persönlichkeit<br />

Der Saatgutgärtner Reinhard Ehrentraut züchtet und vermehrt regionale Gemüsesorten. Mehr als 180 Saatherkünfte<br />

hat der 40-Jährige in privaten Gemüsegärten bislang ausfindig gemacht. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit ist der Grünkohl<br />

VON DIERK JENSEN<br />

Reinhard Ehrentraut ist ständig<br />

alten Gemüsesorten auf der<br />

Spur.Der Saatgutgärtner ausder<br />

Gemeinde Rauderfehn in Ostfriesland<br />

sichtet, züchtet und<br />

vermehrt seit über zehn Jahren<br />

regionale Gemüsesorten. Mehr<br />

als 180 Saatherkünfte hatder 40-<br />

jährige Bauernsohn in privaten<br />

Gemüsegärten der Umgebung<br />

schon ausfindig gemacht. Als<br />

Mitglied von Dreschflegel, einer<br />

Vereinigung von bundesweit elf<br />

biologischen Saatgutvermehrern<br />

und Züchtern, vertreibt er<br />

seine Saataninteressierte Hausgärtner<br />

und Selbstversorger.Insgesamt<br />

110 Sorten zählt sein Angebotssortimentinzwischen.<br />

Die<br />

Nachfragesteigt.<br />

Ein Schwerpunkt seiner Arbeit<br />

ist der Grünkohl, das einst für<br />

die nordwestdeutsche Region so<br />

typische Gemüse. Ehrentrauthat<br />

<strong>mit</strong>tlerweile26Herkünfte in seinem<br />

Garten. „Schauen Sie, wie<br />

unterschiedlich die in Wuchs,<br />

Farbe und Blattbeschaffenheit<br />

sind“, freut sich Ehrentraut an<br />

den Nutzpflanzen auf seinem<br />

ein Hektar großen Beobachtungs-<br />

und Vermehrungsgarten.<br />

Grünkohl ist nicht gleich Grünkohl: Ehrentraut hat 26 verschiedene Herkünfte in seinem Garten FOTO: UTE KLAPHAKE<br />

Dortgedeihtauch die sogenannte<br />

Ostfriesische Palme, die <strong>mit</strong>einer<br />

stattlichen Höhe von 1,80<br />

Metern alleanderen Sorten überragt.<br />

Nomen est omen: Ihr<br />

Strunk und die seitwärts abstehenden<br />

Blätter ähneln tatsächlich<br />

tropischen Palmen. Ein<br />

Gramm Saat reicht für ein Palmenwald<br />

<strong>mit</strong> 100 Pflanzen.<br />

Gleich daneben steht ein fast<br />

bläuliches Exemplar, der „Diepholzer<br />

Dickstrunk“. „Das sind<br />

ganz unterschiedliche Charaktere,<br />

jede Landsorte ist eine eigene<br />

Persönlichkeit“, spricht der<br />

Züchter respektvoll von seinen<br />

Sorten –als seien sie Menschen.<br />

Begeistert ist Ehrentraut auch<br />

von der geschmacklichen Vielfalt<br />

der alten Landsorten, die<br />

in normalen Saatguthandlungen<br />

schon aus saatgutrechtlichen<br />

Gründen gar nicht anzufinden<br />

sind. Bemerkenswert die gesundheitliche<br />

Robustheit des<br />

alten Regionalgemüses, die sich<br />

Direkt hinter dem Elbdeich des<br />

Hamburger Stadtteils Finkenwerder<br />

befindet sich der Obstbetrieb<br />

der Familie Fick. Drei Generationen<br />

wohnen hier unter dem<br />

Dach eines Hauses aus dem Jahr<br />

1880 und bewirtschaften 20 Hektar<br />

Obst: Äpfel, Birnen und Sauerkirschen.<br />

Dreimal die Woche<br />

wirdder Hamburger Großmarkt<br />

von den Familien<strong>mit</strong>gliedern<br />

<strong>mit</strong>frischer Ware beliefert.<br />

Der 28-jährige Juniorchef<br />

Henning Fick wird die lange<br />

Obstbautradition der Familie<br />

weiter fortsetzen. Zugleich hater<br />

den Obstbetrieb in den letzten<br />

Monaten energetisch ziemlich<br />

auf den Kopf gestellt. So ging im<br />

Sommer 2007 eine neue Heizungsanlage<br />

in Betrieb,<br />

die über zwei Pufferspeicher<br />

à1.500 Liter sowohl<br />

die Wärme voneinem <strong>mit</strong><br />

der Züchter <strong>mit</strong> der optimalen<br />

Anpassung an den jeweiligen<br />

Standorterklärt.<br />

Jedoch drohen die alten Sorten<br />

wie die Ostfriesische Palme<br />

unwiederbringlich verloren zu<br />

gehen, wenn sich nicht Ehrentraut<br />

und seine wenigen Mitstreiter<br />

um die alten Sortenherkünfte<br />

kümmern. Viel Geld<br />

ist da<strong>mit</strong> auf jeden Fall nicht zu<br />

verdienen. Da kam essehr gelegen,<br />

dass seine aufwendige<br />

Sammelarbeit im Rahmen eines<br />

EU-Projekts (Regionen-Aktiv)<br />

für eine gewisse Zeit finanziertwurde.<br />

Der Hauptgrund für den Verlust<br />

alter Gemüsesorten liegt in<br />

der Tatsache, dass das tradierte<br />

Erhaltungssystem <strong>mit</strong>der heutigen<br />

Rentnergeneration zuEnde<br />

Hackholzschnitzeln gefeuerten<br />

Brenner als auch<br />

die Sonnenenergie, eingefangen<br />

auf 30 Quadratmeter<br />

auf dem Schuppendach<br />

installierter Dachfläche, verwertet.<br />

Die <strong>Solare</strong>nergie steuert dabei<br />

rund 15 Prozentbei.<br />

„Wir sind stolzdarauf, so etwas<br />

Modernes zu haben“, sagt Henning<br />

Fick und greift <strong>mit</strong> seiner<br />

Hand in seinen Biobrennstoff.<br />

„Unsere Hackschnitzel haben wir<br />

bei einer Feuchtigkeit von 15 bis<br />

18 Prozent eingelagert“, erklärt<br />

der Hamburger Obstbauer. „Das<br />

Holz kommt von unseren Obstplantagen.<br />

Jedes Jahr roden wir<br />

etwaein Dreiviertel Hektar unseres<br />

Bestandes, um dort wieder<br />

neue Bäume zu pflanzen. Das<br />

anfallende Holz lagern wir, da<strong>mit</strong><br />

es schnell trocknet, unter<br />

einem Spezialvlies ein. Nach<br />

einem Jahr Lagerung lassen<br />

wir es dann von einem Lohnunternehmen<br />

schreddern.“ Ungefähr<br />

100 Kubikmeter Hackholzschnitzel<br />

fallen so jährlich an –<br />

mehr oder wenig gratis.<br />

Der Schredder macht kurzen<br />

Prozess: In zwei Stunden ist das<br />

gesamte Holz zu Hackschnitzeln<br />

verarbeitet und im 30 Kubikmeter<br />

fassenden Lager,einer früheren<br />

Garage, verstaut. Über eine<br />

kleine Förderschnecke gelangt<br />

der Brennstoff je nach Bedarf in<br />

den 40-kW-Brenner des österreichischen<br />

Kesselherstellers<br />

Hargassner, der in einem benachbarten<br />

Raum untergebracht<br />

ist. Nur ganz wenig Asche bleibt<br />

übrig. Diese wird anschließend<br />

als Dünger wieder in die Obstplantage<br />

gebracht.<br />

Die Familie Fick kann <strong>mit</strong>dem<br />

Holz und der <strong>Solare</strong>nergie den<br />

Wärmebedarf ihres 400 Quadratmeter<br />

großen Wohnhauses,<br />

in dem insgesamt fünf Familien<br />

leben, inzwischen abdecken. Nur<br />

im Notfall kommtdie abgestellte<br />

Ölheizung wieder zum Einsatz.<br />

„Wir sparen durch unseren Wechsel<br />

von Heizöl auf Holzhackschnitzel<br />

mehr als 5.000 Euro<br />

Heizkosten im Jahr“, sieht der<br />

28-jährige Juniorchef gelassen in<br />

die Zukunft.<br />

zu gehen scheint. Die Jüngeren<br />

nehmen sich in der Regel nicht<br />

mehr die Zeit, einen Nutzgarten<br />

zu halten. Sie säen lieber Rasen<br />

und basta.<br />

Für Ehrentraut ist das ein<br />

schwerwiegender kultureller<br />

Verlust, der nichtnur in Ostfriesland,<br />

sondern in vielen Regionen<br />

Europas zu beobachten ist. Darüber<br />

zu lamentieren bewege allerdings<br />

wenig, meintder begeisterungsfähige<br />

Saatgutgärtner.<br />

„Statt zu jammern, ist für mich<br />

viel spannender, herauszufinden,<br />

wie es gelingt, die Nutzgartenkultur<br />

und da<strong>mit</strong> die Vielfalt<br />

in die Moderne hinüberzuretten.“<br />

Denn für ihn istSäen, Wachsen,<br />

Pflegen, Ernten und Essen<br />

nicht nur ein Zyklus, sondern<br />

auch eine Sache des Lebensstils.<br />

Die Wertschätzung dafür will er<br />

in der Öffentlichkeit wieder wecken<br />

und wirbt dafür aufVorträgen.<br />

So ist der Rotschopf in der<br />

ostfriesischen Region <strong>mit</strong>tlerweile<br />

bekannt für sein Engagement.<br />

Manchmal kommen sogar<br />

wildfremde Leute bei ihm vorbei<br />

und geben alte Saatab.<br />

Welche Schätze der ostfriesische<br />

Noah bewahrt, ist in seinem<br />

halb unterirdischen Saatgutlager,<br />

einem ausrangierten<br />

Tank ausdem Hamburger Hafen,<br />

zu bestaunen. Schachtel an<br />

Schachtel liegt hier Saat von Gemüse<br />

und auch vonZierblumen:<br />

Andenbeere, Ochsenzungensalat,<br />

Wilde Rauke, Erdbeerspinat,<br />

Dauerwirsing, Bechermalve,<br />

Sonnenflügel. Dabei stehtEhrentraut<br />

erst amAnfang. „Sich auf<br />

engem Raum züchterisch zu bewegen<br />

istspannend. Es gibt noch<br />

viel zu tun.“ Kein Zweifel besteht<br />

daran, dass seine Zuchtarbeit in<br />

Zeiten des Klimawandels und bedrohter<br />

biologischer Vielfaltvon<br />

großem Wert ist. Auch für die<br />

Landwirtschaft.<br />

Sonne, Holz und Äpfel<br />

Die Hamburger Obstbauernfamilie Fick setzt auf hofeigene Bioenergien: Ein <strong>mit</strong><br />

Hackholzschnitzeln gefeuerter Brenner wird durch 30 Quadratmeter Solardach ergänzt<br />

Wir sparen durch unseren<br />

Wechsel von Heizöl auf<br />

Holzhackschnitzel mehr als<br />

5.000 Euro Heizkosten im Jahr<br />

Dabei istdie Investitionindie<br />

energetische Grunderneuerung<br />

des Hofes ein finanzieller Kraftakt.<br />

Denn neben der Hackschnitzelheizung<br />

und der installierten<br />

Solarthermie hat man zugleich<br />

die komplette Dämmung sowohl<br />

im erdnahen Bereich als auch<br />

der Wände und des Dachs <strong>mit</strong><br />

Steinwolle und darüber hinaus<br />

<strong>mit</strong>dem Einbauneuer Fenster in<br />

Angriff genommen: Inklusive<br />

der Förderung aus dem Haus<br />

der Hamburger Wirtschaftsbehörde<br />

hat die Familie insgesamt<br />

130.000 Euroinvestiert.<br />

„Wir koppeln uns da<strong>mit</strong> von<br />

steigenden Heizölpreisen ab und<br />

nutzen unsere eigenen Ressourcen<br />

so optimal wie möglich.“<br />

Fick bereut die richtungweisende<br />

Entscheidung in<br />

keiner Weise, „denn sie<br />

rechnet sich“.<br />

Sein 81-jähriger Großvater,<br />

der auf dem Obsthof<br />

immer noch <strong>mit</strong> anpackt,<br />

lächeltund stimmt<br />

seinem Enkel voll und ganz zu:<br />

„Das ist wirklich top.“ Dabei<br />

steht die nächste große Herausforderung<br />

noch an: Die Kühlung<br />

der Apfellagerräume läuft derzeit<br />

noch über Kompressoren,<br />

die reichlich (konventionellen)<br />

Strom fressen.<br />

Über 10.000 Euro Kosten<br />

schlagen jährlich zu Buche.<br />

„Wenn die passende wartungsarme<br />

Technik aufder Basis vonerneuerbaren<br />

Energien auf dem<br />

Markt ist, dann gehen wir auch<br />

dieses Problem an“, wagt Henning<br />

Fick schon mal einen energischen<br />

Blick nach vorne.<br />

DARG DÄNEMARK


FAX: O3O -25 106 94 E-MAIL: ANZEIGEN@TAZ.DE energie & umwelt SONNABEND/SONNTAG, 17./18. MAI 2008 apple DIE TAGESZEITUNG 27<br />

VON KLAUS LEONARD<br />

Er ist uralt, erkommt von ganz<br />

unten –und dort war er extremem<br />

Druck ausgesetzt. Mehrere<br />

hundert Meter tief sind die Stollen,<br />

ausdenen Schiefer geborgen<br />

wird. Seit rund 400 Millionen<br />

Jahren ruht das Material dort.<br />

Was damals feinstkörnige Tonschlammmassen<br />

waren, wurde<br />

in den Tiefen zu Gestein gepresst.<br />

Das Ergebnis dieses Prozesses<br />

erfreut sich schon seit<br />

Jahrhunderten großer Beliebtheit.<br />

Der Schiefer hat es nach<br />

ganz oben geschafft, auf die Dächer<br />

von Kirchen, Schlössern<br />

und Herrenhäusern. Aber auf<br />

Giebeln –obhistorischen oder<br />

nostalgischen –lässtessich heute<br />

nichtmehr ausruhen.<br />

Der Absatz von Schiefer für<br />

das geneigte Dach istnach Angaben<br />

des Schiefer-Fachverbands<br />

in Deutschland 2005 um 10 Prozentgesunken.<br />

Für das Jahr 2006<br />

veranschlagt der eingetragene<br />

Verein ein Minus von weiteren 5<br />

Prozent. Doch es gibt auch gute<br />

Nachrichten aus der Natursteinbranche:<br />

Der Markt ist imGroßen<br />

und Ganzen stabil. Denn<br />

Denkmalschutzspielt<strong>mit</strong> einem<br />

Anteil von15Prozenteine kleine<br />

Rolle. Mit rund 25 Prozent fällt<br />

der Einsatz an Neubauten schon<br />

etwas schwerer ins Gewicht. Im<br />

Jahr 1975 war Schiefer in Europa<br />

auf knapp 8Millionen Quadratmetern<br />

Dachfläche vertreten,<br />

2005 auf über 28 Millionen. Seit<br />

2000 verzeichnet der Fachverband<br />

zwar beim Neubaugeringere<br />

Zuwächse, aber große Nachfrage<br />

besteht nach wie vor: In<br />

Deutschland wird Schiefer zu<br />

über 60 Prozentbei Renovierungen<br />

und Sanierungen eingesetzt.<br />

Diese Zahlen bestätigen, dass der<br />

Baustoff schon seit einer ganzen<br />

Weile anders in Erscheinung<br />

tritt, als ein Blick aufseine lange<br />

Schieferdächer sind ein Klassiker. Doch das Material hat inzwischen auch den Weg ins Haus hinein gefunden<br />

VomSchloss ins Hochhaus<br />

Der einst elitäreBaustoff Schiefer erfreut heute auch die Mittelschicht. Für Innen- wie Außenbereiche<br />

gilt: Das natürliche Material bringt die richtige Ästhetik <strong>mit</strong> und punktet ökologisch<br />

Im Unterschied zu keramischen<br />

Fliesen unterliegt ein Gestein<br />

wie jedes Naturmaterial<br />

einem natürlichen Verschleiß<br />

Bautradition vermuten<br />

lassen könnte.<br />

Schiefer istnicht<br />

nurgefragtes Material<br />

für Historisches,<br />

sondern vor<br />

allem für modernes<br />

Bauen –innen wie außen.<br />

„Modern“ heißt spätestens<br />

seit den 90er-Jahren auch „natürlich“.<br />

Zum einen ist optische<br />

Individualität gefragt: „Im Unterschied<br />

zu keramischen Fliesen<br />

unterliegt ein Gestein wie<br />

jedes Naturmaterial einem natürlichen<br />

Verschleiß. Dieser<br />

führtzueiner charakteristischen<br />

Alterung, die im Gegensatz zu<br />

künstlichen Werkstoffen eine bestimmte<br />

Gebrauchsästhetik bewirkt“,<br />

erläutert Jörn Wichert,<br />

Geologe und Verfasser des<br />

Portals www.schieferlexikon.de.<br />

Dass Schiefer wenig Pflege benötigt,<br />

macht ihn zudem alltagstauglich.<br />

„Die Oberfläche<br />

kann <strong>mit</strong>einem Pflege<strong>mit</strong>tel für<br />

Naturstein imprägniert werden“,<br />

so Wichert. „Dadurch erhalten<br />

die Platten ihren kräftigen Farbton<br />

und sind gleichzeitig gegen<br />

Alkohol,Fruchtsäfte, Öl und ähnliche<br />

Verschmutzungen widerstandsfähig.“<br />

Stark verschmutzte<br />

Stellen können <strong>mit</strong> feiner<br />

Stahlwolle abgerieben werden.<br />

Anschließend einfach neu versiegeln.<br />

Nach dem Verlegen sollte<br />

<strong>mit</strong> handelsüblichen Mitteln<br />

zuerst der Zementschleier entfernt<br />

werden. Danach können<br />

zur Pflege handelsübliche Steinpflegeöle<br />

verwandt werden, da<br />

der Stein pflanzliches Öl aufsaugt.<br />

Dieses Öl gibt dem Schiefer<br />

eine schöne dunkleFarbe und<br />

macht ihn pflegeleicht. Er muss<br />

nurnoch abgewischtwerden.<br />

Schiefer kann darüber hinaus<br />

auch <strong>mit</strong> Nachhaltigkeit punkten.<br />

Er istschadstofffrei, muss lediglich<br />

abgebaut und weder aufwendig<br />

aufbereitet noch behandelt<br />

werden. Während bei einer<br />

Vielzahl von Sanierungen die<br />

Entsorgung alter Baustoffe zum<br />

Problem wird, steigt das Interesse<br />

am Naturstein auch in dieser<br />

Hinsicht. Wenn das lange haltbare<br />

Material später doch einmal<br />

wieder herausgerissen werden<br />

soll, gibt’s auch in dieser Hinsichtkeine<br />

Schwierigkeiten.<br />

Neben der Ökologie überzeugt<br />

auch die Ökonomie. Schiefer<br />

rechnet sich in mehrerlei Hinsicht.<br />

„Er istkein elitärer Baustoff<br />

mehr, der sich lediglich auf noblen<br />

historischen Gebäuden findet“,<br />

sagt Georg Guntermann,<br />

Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft<br />

Schiefer.Das istauch neuen<br />

Techniken zu verdanken, <strong>mit</strong><br />

denen Dächer und Fassaden<br />

<strong>mit</strong>tlerweileeingedeckt werden.<br />

Exklusive und dekorative<br />

Deckarten, wie sie im historischklassischen<br />

Stil angewandt werden,<br />

haben noch einen Anteil<br />

von rund 27 Prozent inDeutschland.<br />

Die sogenannte Altdeutsche<br />

Deckung etwa zählt nach<br />

wie vorzuden Spitzenleistungen<br />

des Dachdeckerhandwerks. Ihre<br />

FOTO: BILDAGENTUR-ONLINE<br />

Merkmale: unterschiedlich große<br />

Steine, die so verlegt werden,<br />

dass sich am First die kleinsten<br />

und an der Traufe – <strong>mit</strong> dem<br />

größten Wasseranfall –die größten<br />

Decksteine befinden. Dadurch<br />

wirkt das Dach höher. Die<br />

Altdeutsche Deckung eignet sich<br />

aufgrund ihrer Variabilität besonders<br />

für anspruchsvolle und<br />

komplizierte Dachgeometrien –<br />

und hat ihren Preis: Mit 85Euro<br />

pro Quadratmeter muss gerechnet<br />

werden. Andere Deckarten<br />

sind deutlich günstiger. Ein Beispiel:<br />

Die Rechteck-Doppeldeckung.<br />

Sie entspricht <strong>mit</strong> ihren<br />

geraden, klaren Linien der Ästhetik<br />

moderner Bauwerke, gilt als<br />

handwerklich einfach und solide.<br />

An der Fassade ist sie ab<br />

etwa 45Euro pro Quadratmeter<br />

im Angebot, auf dem Dach ab<br />

60 Europro Quadratmeter.<br />

irreführende ..................................... werbung<br />

Keine 100 Prozent<br />

Das Landgericht Berlin hat dem<br />

Papierhersteller Portucel <strong>mit</strong><br />

(noch nicht rechtskräftigem)<br />

Urteil verboten, sein DIN-A4-<br />

Büropapier „explorer“ als „100<br />

Prozent recycelt“ zu bezeichnen.<br />

Portucel verwendet bei<br />

der Herstellung zu 50 Prozent<br />

Schnittreste, die bei der Produktion<br />

vonFrischfaserpapier anfallen,<br />

also noch nicht imUmlauf<br />

waren. Das Gericht schloss sich<br />

der Auffassung der Klägerin an,<br />

dass ein solches Produkt nichtals<br />

Recyclingpapier beworben werden<br />

könne, da seine Herstellung<br />

dem für das Recycling charakteristischen<br />

Kreislaufgedanken widerspreche.<br />

Der Verbraucher erwarte,<br />

dass ein Recyclingpapier<br />

unter Verwendung vonAltpapier<br />

hergestellt werde, das zuvor benutzt<br />

und im Umlauf gewesen<br />

sei. Die Bewerbung des Produkts<br />

als „100 Prozentrecycelt“ sei deshalb<br />

irreführend und stelle eine<br />

unlautere Geschäftspraktik dar.<br />

„Die Jury Umweltzeichen wertet<br />

dieses Urteil als klaren Erfolg für<br />

den Umwelt- und Verbraucherschutz.<br />

Es verhindert eine Verwässerung<br />

der hohen Standards<br />

für Recyclingpapier und stärkt<br />

die Glaubwürdigkeit von Produktkennzeichnungen,<br />

da sie<br />

künftig verlässliche Angaben<br />

zum tatsächlichen Inhalt gewährleisten.<br />

Der Verbraucher<br />

muss sich darauf verlassen können,<br />

dass dort, wo ‚Recyclingpapier‘<br />

draufsteht, auch echtes Recyclingpapier<br />

drin ist“, soEdda<br />

Müller, stellvertretende Vorsitzende<br />

der Jury Umweltzeichen.<br />

Das einzige Umweltzeichen, das<br />

die Verwendung von100 Prozent<br />

Altpapier vorschreibt und den<br />

Einsatz schädlicher Chemikalien<br />

verbietet, istder Blaue Engel.<br />

www.initiative-papier.de<br />

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