Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel?
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Weekendavisen erschienenen Artikel "Hvad er højest, Rundetårn eller et<br />
tordenskrald?" 2 entnommen, in dem der Verfasser als Mitglied der zuständigen EU-<br />
Kommission darlegt, welche Kriterien der Vergabe des von der EU gestifteten<br />
Aristeion-Übersetzerpreises "für <strong>ein</strong>e hervorragende [europäische] Übersetzung<br />
<strong>ein</strong>es wichtigen zeitgenössichen literarischen Werkes” zugrundeliegen.<br />
“Opmuntret af dette indledende blodbad begav juryen sig ud i en principiel<br />
diskussion af, hvordan man kan kende en god oversættelse, udover altså at der<br />
ikke må være for mange fejl i den. Et vigtigt punkt, som denne jury var enig<br />
om, var, at oversættelselsen bør være ligeså “normal” eller ligeså særpræget<br />
på sit eget sprog som originalen er det på sit. Det er et krav, som ikke altid<br />
lader sig honorere, men som i praksis betyder, at man gerne vil have, at<br />
oversættelsen så vidt muligt fremtræder, som om den var “født” på sit eget<br />
sprog, og at man ser med umilde øjne på oversættelser der er så præget af<br />
originalsprogets f.eks. sætningsbygning eller stående vendinger, at de virker<br />
unødigt aparte i forhold til oversættelsessproget.” 3 [Hervorhebung von mir]<br />
(Thomas Harder in Weekendavisen 3.-9. Februar 1995)<br />
Es wird hier im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung, den <strong>Stil</strong>, für <strong>ein</strong> maximal<br />
adaptierendes Verfahren plädiert, indem verlangt wird, daß dem <strong>Ziel</strong>text die fremde<br />
Herkunft soweit möglich nicht anzusehen ist. Der Verfasser des zweiten Zitats <strong>–</strong> aus<br />
<strong>ein</strong>er in der norwegischen Wochenzeitung Morgenbladet erschienenen Rezension<br />
<strong>ein</strong>er norwegischen Übersetzung von Kants Kritik der Urtheilskraft <strong>–</strong> sch<strong>ein</strong>t<br />
demgegenüber dem verfremdenden Verfahren <strong>ein</strong>en etwas größeren Spielraum zu<br />
lassen; ganz <strong>ein</strong>deutig ist die Aussage, der Übersetzer habe die Eigenart des<br />
Kantschen Textes bewahrt, allerdings nicht.<br />
2 'Was ist höher/lauter, der Runde Turm [<strong>ein</strong> 36 Meter hoher Turm in Kopenhagen] oder <strong>ein</strong><br />
Donnerschlag?'<br />
3 'Von diesem Blutbad ermuntert ließ sich die Jury auf <strong>ein</strong>e grundsätzliche Diskussion <strong>ein</strong>, wie <strong>ein</strong>e<br />
gute Übersetzung zu erkennen sei, abgesehen davon, daß sie nicht allzu viele Fehler enthalten solle.<br />
Ein wichtiger Punkt, in dem sich diese Jury <strong>ein</strong>igen konnte, war, daß die Übersetzung ebenso<br />
"normal" oder ebenso auffällig in ihrer eigenen Sprache s<strong>ein</strong> sollte wie das Original in s<strong>ein</strong>er. Diese<br />
Forderung, die sich nicht immer erfüllen läßt, bedeutet in der Praxis, daß gewünscht wird, daß die<br />
Übersetzung soweit möglich den Ansch<strong>ein</strong> erweckt, als sei sie in ihrer eigenen Sprache "geboren",<br />
und daß man ungern Übersetzungen sieht, die z.B. vom Satzbau oder von festen Wendungen der<br />
Ausgangssprache so stark geprägt sind, daß sie im Verhältnis zur <strong>Ziel</strong>sprache unnötig eigenartig<br />
wirken.' (Der Leser möge selber beurteilen, wo auf der Skala Adaption-Verfremdung diese von mir<br />
vorgenommene Übersetzung des Zitats anzusiedeln ist.)<br />
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