Dr. Sonja Kretzschmar - Heinz-Kühn-Stiftung
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Südafrika<br />
<strong>Dr</strong>. <strong>Sonja</strong> <strong>Kretzschmar</strong><br />
schnell die Branche wechseln. Kaum jemand in den Redaktionen hat mehr<br />
als fünf Jahre Arbeitserfahrung“, hat mir Mathatha Tsedu von SANEF erklärt.<br />
Das schlägt oft auf die Qualität der Berichterstattung, Lösungen sind<br />
für dieses Problem nicht in Sicht. „Guter Journalismus, der viel Zeit für<br />
Recherche braucht, dafür aber Missstände aufdecken kann, rechnet sich finanziell<br />
oft nicht; das ist in Südafrika auch nicht mehr anders als in westlichen<br />
Industrienationen. Früher wurden Themen der Schwarzen von den<br />
weißen Medien unterdrückt. Im Prinzip ist das heute anders, aber wenn beispielsweise<br />
in Soweto der Strom abgeschaltet wird, weil die armen Leute<br />
dort die Rechnungen nicht bezahlen können, dann berichten die Zeitungen<br />
darüber kaum. Das ist kein politischer böser Wille. Aber die kommerziellen<br />
Medien, wie Tageszeitungen, berichten eben über Themen, die ihre Leser<br />
interessieren. Sie zielen auf kaufkräftige Lesergruppen, denn die sind attraktiv<br />
für die Anzeigen, die die Zeitung finanzieren. Die Bewohner der<br />
Townships aber sind arm, sie sind keine Bevölkerungsgruppe, die für die<br />
Wirtschaft interessant ist, denn sie können nichts kaufen. Das ist ein Problem<br />
unseres kommerzialisierten Mediensystems: dass die Interessen der Armen<br />
nicht wahrgenommen werden“ sagt Jane Duncan, Leiterin des FXI, die im<br />
Anschluss an Prof. Kupe spricht.<br />
Die zuhörenden Studierenden nicken beifällig. Ob sie die neue soziale<br />
Bewegung bilden werden, um das Mediensystem der Zukunft zu befreien,<br />
wie Jane Duncan es fordert?<br />
12. Der Abschied<br />
Mein südafrikanischer Mitbewohner bringt mich zum Flughafen in Johannesburg.<br />
„Und, wie war es?“ fragt er mich, als wir nach dem Einchecken<br />
des Gepäcks noch einen Kaffee trinken und darauf warten, dass ich boarden<br />
kann. „Anders“, sage ich. „Nüchterner.“ Das Land aus meinen Kindheitsträumen,<br />
das wunderbare Urlaubsland, das Vorzeigeland eines neuen<br />
Südafrika mit friedlichem Übergang, es ist realer geworden. Ich habe den<br />
Lack der Oberfläche abgekratzt, und darunter war nicht nur die freundliche<br />
Regenbogennation.<br />
Jeremy, mein Mitbewohner, ist typisch für viele südafrikanische Weiße,<br />
die ich in meiner Zeit von Februar bis April 2004 getroffen habe. Geboren<br />
in Namibia, aufgewachsen in Zimbabwe, das damals noch Rhodesien war.<br />
Sein Vater hat dort eine Mine geleitet. Zum Internat ging es erst mit bewachtem<br />
Autokonvoi, und als auch das zu gefährlich wurde einmal im Monat mit<br />
dem Flugzeug nach Hause. Als die ersten Einschusslöcher am Flugzeug zu<br />
sehen sind, verlässt seine Familie das Land, und zieht nach Johannesburg,<br />
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